PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
pm
2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
10.2357/PM-2020-0011
11
2020
311
GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.„New Work“ – Erwartungen von High Potentials an Organisationsstrukturen und Projekt-Management
11
2020
Wolfgang Glitscher
Abhirami Irusupillai Gnanavallal
Abhijeet Singh
Diego Edmundo R. Hernandez
Neil Kadakia
Rahil Sheth
Unter dem Begriff „New Work“, auch geprägt durch Begriffe wie „Generation X“ und „Generation Y“, wird diskutiert, was Absolventen tatsächlich von potentiellen Arbeitgebern erwarten und wie die (Projekt-)Arbeit der Zukunft gestaltet werden kann, um sie für „High Potentials“ attraktiv zu machen. Die Nachwuchskräfte selbst kommen dabei wenig zu Wort und in Diskussionen und Gesprächen des Autors mit Führungskräften und „High Potentials“ selbst wurde dies auch nicht klar und deutlich. Um mehr Licht ins Dunkel zu bringen, führte er im Rahmen des Masterstudiengangs Global Production Engineering an der TU Berlin ein studentisches Projekt durch, in dem mit einem Fragenkatalog der Hintergrund, was für „High Potentials“ tatsächlich wichtig ist, untersucht wurde. Daraus abgeleitet werden Empfehlungen für das Management erarbeitet, welche Rahmenbedingungen zu schaffen sind. Die Ergebnisse wurden u. a. auf einer Veranstaltung des Manager Magazins („manager lounge“) im Capital Club Berlin im Juli 2018 vorgestellt und diskutiert.
pm3110065
65 DOI 10.2357/ PM-2020-0011 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 01/ 2020 „New Work“-- Erwartungen von High Potentials an Organisationsstrukturen und Projekt-Management Wolfgang Glitscher unter Mitwirkung von Abhirami Irusupillai Gnanavallal, Abhijeet Singh, Diego Edmundo Rojas Hernandez, Neil Kadakia, Rahil Sheth Für eilige Leser | Unter dem Begriff „New Work“, auch geprägt durch Begriffe wie „Generation X“ und „Generation Y“, wird diskutiert, was Absolventen tatsächlich von potentiellen Arbeitgebern erwarten und wie die (Projekt-)Arbeit der Zukunft gestaltet werden kann, um sie für „High Potentials“ attraktiv zu machen. Die Nachwuchskräfte selbst kommen dabei wenig zu Wort und in Diskussionen und Gesprächen des Autors mit Führungskräften und „High Potentials“ selbst wurde dies auch nicht klar und deutlich. Um mehr Licht ins Dunkel zu bringen, führte er im Rahmen des Masterstudiengangs Global Production Engineering an der TU Berlin ein studentisches Projekt durch, in dem mit einem Fragenkatalog der Hintergrund, was für „High Potentials“ tatsächlich wichtig ist, untersucht wurde. Daraus abgeleitet werden Empfehlungen für das Management erarbeitet, welche Rahmenbedingungen zu schaffen sind. Die Ergebnisse wurden u. a. auf einer Veranstaltung des Manager Magazins („manager lounge“) im Capital Club Berlin im Juli 2018 vorgestellt und diskutiert. Gespräche mit Führungskräften und Kollegen und Medienberichte zeigen: Führungskräfte und Projektmanager wissen oft nicht, was unter „New Work“ zu verstehen ist. Welche Erwartungen haben Hochschulabsolventen, die erste Erfahrungen mit Projektarbeit haben und Projektmanagement als wichtigen Teil ihres Masterstudiums verstehen, an künftige Arbeitgeber? Was sollten und müssen diese tun, um den Anforderungen gerecht zu werden? Der innovative und ideenreiche Nachwuchs wird dringend gesucht-- nur was muss, was soll getan werden, um diese Nachwuchskräfte für das eigene Unternehmen zu begeistern? Welche Randbedingungen sind zu schaffen? In einem studentischen Projekt am Produktionstechnischen Zentrum der Technischen Universität Berlin wurde im Sommersemester 2018 der potentielle Nachwuchs diesbezüglich befragt. Die Ergebnisse sind hier veröffentlicht. „New Work“-- Erwartungen und Realität Der Mangel an Fachkräften ist offensichtlich- - auch für Führungskräfte und für Projektmanager insbesondere. Er betrifft alle Branchen. Vor einigen Jahren las ich in einem Interview mit Personalverantwortlichen eines deutschen Unternehmens, dass Hochschulabsolventen, die sich für eine Position im Unternehmen interessierten, mit eigenen Evaluierungsbögen in Interviews gehen und den potentiellen Arbeitgeber bewerten. Einige Bewerber kommunizieren dann am Schluss des Interviews ihren Standpunkt zum Unternehmen und der angebotenen Position. Gespräche in den letzten Jahren auf diversen Veranstaltungen mit Führungskräften zeigten immer wieder, dass die Wünsche des hochqualifizierten Nachwuchses für diese oft eine „Black Box“ darstellten, sprich: Sie wissen wenig bis nichts darüber. Eine von der Fachgruppe ProjektPersonal der GPM 2011 durchgeführte Erhebung über Anforderungen, Erwartungen und Wünsche von Projektleitern an Firmen und Auftraggeber zu den Attraktivitätsfaktoren von Arbeitgebern (1) zeigten, dass flexible Arbeitszeitregelungen, ein angenehmes Arbeitsumfeld und die Unternehmenskultur wichtige Kriterien darstellen. Aber was erwarten Absolventen von Hochschulen und Universitäten tatsächlich von potentiellen Arbeitgebern? Was steht für sie im Vordergrund, um eine Position anzunehmen? Was macht Arbeitgeber attraktiv für „High Potentials“ und was muss das Management tun, um attraktiv zu sein? Diesen Fragen gingen wir im internationalen Masterstudiengang Global Production Engineering (www.gpe.tu- Wissen „New Work“ - Erwartungen von High Potentials DOI 10.2357/ PM-2020-0011 31. Jahrgang · 01/ 2020 PM_aktuell_01_2020.indb 65 PM_aktuell_01_2020.indb 65 20.02.2020 10: 38: 29 20.02.2020 10: 38: 29 Wissen | „New Work“-- Erwartungen von High Potentials 66 DOI 10.2357/ PM-2020-0011 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 01/ 2020 berlin.de) an der Technischen Universität Berlin in einem studentischen Projekt außerhalb des Lehrplans im Sommersemester 2018 nach. Mit fünf ausgewählten Studenten, alle Absolventen der Lehrveranstaltungen zum Projektmanagement, wurde unter meiner Supervision ein Fragenkatalog mit insgesamt 20 Fragen zu den fünf ausgewählten Themenfeldern 1. Innovation, Nachhaltigkeit und Kreativität, 2. bevorzugter Arbeitsstil, 3. soziales Umfeld, 4. Motivation und 5. Erwartungen an das (Projekt-)Management entwickelt und mit freundlicher Unterstützung der Studienkoordination online zur Verfügung gestellt. Zusätzlich wurden mit einzelnen Studenten mündliche Interviews zum Thema durchgeführt, um die Antworten zu vertiefen. Der Rücklauf verblüffte: 250 Studenten aus dem gesamten vier-semestrigen Masterstudium schickten den ausgefüllten Online-Fragenkatalog zur Auswertung zurück. Der Altersdurchschnitt der Befragten bewegte sich zwischen 22 -30 Jahren und sie kamen aus insgesamt 24 Ländern. Vom Hintergrund her hatten 60 % einen Bachelorabschluss als Ingenieur, 20 % einen IT-Hintergrund und weitere 20 % Bachelorabschlüsse unterschiedlicher Fachrichtungen (u. a. Medizin, Kunst, Ökonomie etc.). Die Ergebnisse wurden im Juli 2018 auf der manager lounge im Capital Club Berlin vorgestellt und diskutiert. Im Folgenden werden die Ergebnisse dargestellt und erläutert. Projektmanagement als wichtiger Karriereschritt für Innovation, Nachhaltigkeit und Kreativität Im Fokus standen hier Fragen zur Innovationsfähigkeit von Unternehmen sowie zur Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle, zur Arbeitsatmosphäre sowie zu den Karrieremöglichkeiten in Unternehmen. Bei den Fragen zu Innovation und Nachhaltigkeit beantworten 89 % der Studenten, dass die Innovationsfähigkeit von Unternehmen für sie einen sehr wichtigen Faktor darstellt. In diesem Zusammenhang war es überraschend, dass in gleichem Umfang die Position eines General Managers ab dem fünfzigsten Lebensjahr von den Absolventen angestrebt wird und dass als Sprungbrett für das Erreichen dieser Position ein Karriereschritt als Projektmanager zwischen dem fünfunddreißigsten bis fünfundvierzigsten Lebensjahr als entscheidend angesehen wird (Abb. 1). Dieses Ergebnis zeigt die Bedeutung, die Projektarbeit, Projektführung, Führungskultur und darüber hinaus gute Arbeitsbedingungen für die Absolventen haben. Im Ergebnis zeigt dies, dass fast 90 % der Absolventen erwarten, dass eine Position im Projektmanagement über ca. 10 Jahre einen wichtigen und entscheidenden Baustein in Richtung Top-Management darstellt. Dieses Ergebnis korrelierte mit den Erwartungen der Absolventen hinsichtlich der Möglichkeit, die Arbeitsprofile ändern zu können und weitere Rollen innerhalb einer Organisation auszufüllen. Dies ist als ein hoher Wunsch nach persönlicher Weiterentwicklung innerhalb von Organisationen zu werten. Fragen zu Innovation, Nachhaltigkeit und Kreativität Anmerkungen / Empfehlungen f. Management Ziehen Sie es vor, dass Unternehmen Innovationen als Teil der täglichen Arbeit fördern, anstatt sie durch spezialisierte Teams zu kultivieren? Die große Mehrheit der Befragten (89 %) will zu Innovationen Beiträge leisten. Dies wird als Motivationstreiber angesehen. Möchten Sie die Möglichkeit haben, Ihr Stellenprofil in verschiedene Rollen des Unternehmens zu ändern? Bei dieser Frage wurde die Möglichkeit gegeben, die gewünschten Positionen als Karriereweg zu nennen. Glauben Sie, dass ein Unternehmen mit nachhaltigem Geschäftsmodell Sie motiviert und interessiert? Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Motiv. Auch kleine Schritte dorthin werden positiv gesehen. Glauben Sie, dass Unternehmen mit Freiflächen, in denen Begegnungen in entspannter Atmosphäre möglich sind, Ihre Produktivität verbessern würden? Welcher Art sollten diese sein? Sie dienen der Entspannung und dem kollegialen Austausch und sind auch für Meetings interessant. Abbildung 1: Projektmanagement als wichtiger Karrierebaustein wird angestrebt. PM_aktuell_01_2020.indb 66 PM_aktuell_01_2020.indb 66 20.02.2020 10: 38: 29 20.02.2020 10: 38: 29 Wissen | „New Work“-- Erwartungen von High Potentials 67 DOI 10.2357/ PM-2020-0011 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 01/ 2020 Mit dem gleichen Ergebnis von 89 % Ja-Antworten wurden Fragen nach nachhaltigen Geschäftsmodellen und Arbeitsumgebungen, wie offene Gestaltung von Arbeitsumgebungen, Cafeterias etc., beantwortet. Bevorzugter Arbeitsstil Hat eine Kleiderordnung Einfluss auf die Produktivität zukünftiger Mitarbeiter in den Unternehmen? Welche Rolle spielt die Arbeitszeitgestaltung und die Wahlmöglichkeit des Arbeitsortes? Welchen Einfluss hat die Arbeit in interkulturellen Teams und welche Rolle spielen Start-Ups in diesem Zusammenhang? Für 69 % der Befragten spielt eine freie Gestaltung der Kleiderordnung eine wichtige Rolle. Im Detail wurde dies mit höherer persönlicher Produktivität begründet, wenn die Wahl dafür frei ist. Immerhin 31 % verneinten dies. Als Grund hierfür nannten sie vor allem einen möglichen Verlust an Disziplin. Bei der Frage zur Arbeitszeitgestaltung gaben 77 % an, dass sie eine flexible Arbeitszeit bevorzugen. Dazu wurden z. B. Gründe genannt wie: „Ich möchte gerne zu meinen produktivsten Zeiten am Tag arbeiten und nicht in einer vorbestimmten Zeit am Schreibtisch sitzen. Dadurch wird der Wert, den ich erzeugen kann, eingeschränkt.“ Spannend wurde es bei der Frage nach der Wahl des Arbeitsortes. Nur 9 % der Befragten gaben an, dass sie ausschließlich einen Heimarbeitsplatz bevorzugen, wobei die Verteilung zwischen flexibler und fester Arbeitszeit mit jeweils 50 % hier gleich war. Weitere 40 % bevorzugten grundsätzlich das Unternehmen als Arbeitsort, wobei die Verteilung zwischen fester und flexibler Arbeitszeit hier 21 % bzw. 79 % betrug. Als Gründe wurden genannt, dass die Arbeitsumgebung im Unternehmen dabei hilft, sich auf die Aufgaben zu fokussieren und dass man die Kollegen benötigt, um ausreichend effektiv zu sein. Der Anteil der Befragten, die eine Wahlmöglichkeit zwischen Heimarbeitsplatz und Unternehmensarbeitsplatz bevorzugten, war mit 51 % am Höchsten. Die Verteilung zwischen fester und flexibler Arbeitszeit war hier mit 29 % zu 71 % etwas höher als bei denen, die ausschließlich einen Arbeitsplatz im Unternehmen bevorzugen. Für die Wahlmöglichkeit zwischen Heim- und Unternehmensarbeitsplatz wurden Gründe genannt wie: Verminderung der Fahrzeiten ins Unternehmen bzw. Vermeidung störender Einflüsse sowie eine verbesserte Work-Life-Balance. Für den Arbeitsplatz im Unternehmen wurden Gründe genannt wie: Zugang zu effektiven Arbeitsmitteln sowie Teamarbeit (siehe Abb. 2). Eine Arbeitsumgebung mit interkulturell zusammengesetzten Teams wurde von 84 % der Befragten bevorzugt, wie dies in Projekten bereits oft der Fall ist. Erwartet wird hier, Problemlösungen aus anderen Perspektiven als der gewohnten zu erhalten sowie die Befriedigung, Teil eines globalen Teams zu sein. Weiterhin sehen sie dies als Aufstiegschance, um später die Leitung globaler Teams zu übernehmen. Ein Standpunkt, der für das Projektmanagement wichtig ist und entsprechend berücksichtigt werden sollte. Bei der Frage, ob Start-Ups bevorzugt werden, war die Verteilung mit 53 % für Ja leicht im Vorteil, während 5 % hier weder mit Ja noch mit Nein antworteten. Als Gründe, Start- Up’s zu bevorzugen, wurden genannt: Schnelleres Wachstum des Unternehmens, höhere Flexibilität, Lernchancen, Innovationsfähigkeit und eine wahrscheinlich um den Faktor drei bis vier höhere Erfahrungsdichte, die in kurzer Zeit erreichbar ist. Offensichtlich ist dies ein wichtiges Karrierekriterium. Soziales Umfeld Für 90 % der Befragten spielen soziale Aspekte, die Arbeitgeber berücksichtigen sollten, eine wichtige Rolle. Dazu gehören z. B. eine Work-Life-Balance, Teamevents, Sport und Teamentwicklungsangebote. Von den Befragten würden sich 45 % monatliche Angebote für soziale Aktivitäten wie z. B. Fragen zum bevorzugten Arbeitsstil / Outfit Anmerkungen / Empfehlungen f. Management Hat die Wahl der Kleidung einen Einfluss auf die persönliche Produktivität? Wahlfreiheit mehrheitlich erwünscht (69 %). „Casual Fridays“ auch erwünscht. Arbeitszeit: Wie würden Sie bevorzugt zeitlich arbeiten? Qualität der Arbeit als Maßstab und nicht die Zahl der geleisteten Stunden Arbeitsort: Wo würden Sie bevorzugt arbeiten? Mehrfachnennungen möglich Kernarbeitszeiten und virtuelle Meetings werden empfohlen. Sehen Sie eine Effizienzsteigerung durch interkulturelle Teams? Das Mischen von Teams unterschiedlicher kultureller Zusammensetzungen fördert die Zusammenarbeit. Bevorzugen Sie Start-Up oder Großunternehmen als Arbeitgeber? Der Geist von Start-Ups wird als wünschenswert auch für Großunternehmen genannt. Abbildung 2: Zur Wahl des Arbeitsplatzes PM_aktuell_01_2020.indb 67 PM_aktuell_01_2020.indb 67 20.02.2020 10: 38: 29 20.02.2020 10: 38: 29 Wissen | „New Work“-- Erwartungen von High Potentials 68 DOI 10.2357/ PM-2020-0011 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 01/ 2020 Teamevents zur Verbesserung der Kreativität usw. wünschen. Etwa 36 % würden dies vierteljährlich erwarten. Auf die Frage, ob das persönliche Umfeld mit in die sozialen Aktivitäten von Unternehmen einbezogen werden sollte, antworteten 57 % mit Ja, während 43 % dies ablehnten. Motivation Hinsichtlich der Fragen zur Motivation, Beschäftigungsangebote anzunehmen, waren Mehrfachnennungen möglich. Von den Befragten bevorzugten fast 85 % ein flexibles System der Organisation, bei der alle Beteiligten an den Entscheidungen partizipieren können, unabhängig von der Position innerhalb der Organisation. Weitere 30 % gaben an, dass Aufstiegsmöglichkeiten einen Motivationsgrund liefern und 24 % gaben an, dass ein hohes Gehalt bei unflexiblen Organisationssystemen ebenfalls ein Motivationsgrund ist. Weitere 20 % gaben an, dass materielle Vorteile (z. B. Tablets für den persönlichen Gebrauch etc.) einen Motivationsgrund darstellen. Bei der Frage nach der Art der vertraglichen Gestaltung eines zukünftigen Arbeitsverhältnisses bevorzugten an die 48 % ein traditionelles Arbeitsverhältnis. Grund ist hier die Arbeitsplatzgarantie, die immer noch eindeutig im Vordergrund steht. Als andere mögliche Arbeitsmodelle wurde mit ca. 37 % ein hybrides System zwischen freiberuflichen Anteilen und Festanstellung genannt sowie zu 31,5 % ein rein freiberufliches Verhältnis zum möglichen Arbeitgeber. Gründe hierfür waren Nennungen wie: „Der eigene Boss sein“, eher seinen Neigungen folgen zu können sowie die Mischung aus sicherem Einkommen mit Teilzeitanstellung. Ein erstaunliches Ergebnis mit weiteren 23 % war die Nennung von Crowd-Sourcing für Projektfinanzierung mit Provisionsanteilen als überraschendes neues Modell. Dies stellt jedoch eher ein Kooperationsmodell auf Zeit dar-- ist also orientiert an einem definierten Projektergebnis, um dann nach einer neuen Herausforderung zu suchen. Hinsichtlich der Hierarchien in Unternehmen bevorzugten 69 % möglichst flache Hierarchien. Bei den Antworten ergab sich hier eine signifikante Aufteilung nach Geschlechtern. Frauen bevorzugten nur zu 63 % flache Hierarchien im Gegensatz zu den männlichen Befragten, die dies zu 72 % bevorzugten. Die Gründe dafür sind nicht klar. Als Gründe für die Bevorzugung flacher Hierarchien wurden u. a. genannt, dass man sich als Eigner der Aufgaben versteht und nicht als jemand, dem Aufgaben zugewiesen werden, dass die Arbeit in fachübergreifenden interkulturellen Teams stattfindet und dass eigene Ideen eingebracht werden können. All diese Gründe sprechen aus meiner Sicht für die Förderung und Unterstützung der Projektarbeit in Unternehmen. Auch in diesem Teil der Befragung waren Mehrfachnennungen möglich. Erwartungen an das (Projekt-)Management Die Frage, zunächst das Team zu befragen, wenn jemand befördert werden soll, wurde zu 65 % mit Ja beantwortet. Als Grund wurde genannt, dass intransparente Entscheidungen demotivierend wirken. Werden Beförderungen aktiv behandelt und kommuniziert, erhöht dies aus der Sicht der Befrag- Fragen zum sozialen Umfeld Anmerkungen / Empfehlungen f. Management Soziale Aspekte des Arbeitsumfeldes Förderung von Zufriedenheit und Verständnis durch das Management Kreative Aspekte des Arbeitgebers Unterstützung bei der Entwicklung der Karriere Unterstützung zur Kreativitätsentfaltung erwünscht Verbindung zu Familien der Arbeitnehmer Vertrauensbildende Maßnahmen Abbildung 3: Gewünschte Beschäftigungsarten PM_aktuell_01_2020.indb 68 PM_aktuell_01_2020.indb 68 20.02.2020 10: 38: 29 20.02.2020 10: 38: 29 Wissen | „New Work“-- Erwartungen von High Potentials 69 DOI 10.2357/ PM-2020-0011 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 01/ 2020 ten eher die Motivation und stellt auch Transparenz hinsichtlich der Entscheidungsprozesse durch das Management her. Diese Ergebnisse wurden im Wesentlichen bereits 2017 durch einen Bericht in der Harvard Business Review (2) bestätigt. Die Frage nach der Verwendung sozialer Medien wie z. B. Yammer innerhalb von Organisationen, um die Kommunikation zwischen Management und Mitarbeitern zu verbessern, wurde zu 56 % mit Nein beantwortet. Im Jahr 2017 berichtete das McKinsey Global Institute, dass bei einer Befragung von 4.200 Unternehmen 72 % angaben, soziale Medien zu nutzen, um die Mitarbeiterkommunikation zu verbessern (3). Hier tut sich offensichtlich ein Widerspruch zumindest bei den befragten Studierenden auf, wenn eine Mehrheit bei dieser Befragung dies ablehnt. Gründe hierfür sind möglicherweise, wie das studentische Team herausfand, falsche Annahmen des Managements über die Millennials, eine mögliche Unterdrückung der informellen Kommunikation (sog. „Buschfunk“), eine Versäumnis, Lerneffekte zu erkennen und eine mögliche Fokussierung auf falsche Daten. Offensichtlich bevorzugen gerade „High Potentials“ die direkte Kommunikation mit dem Management. Aus meiner Sicht und Erfahrung ist gerade die direkte Kommunikation in Projekten insbesondere bei sensiblen Fragen, die Risiken, Qualität, Change Requests usw. betreffen, noch immer die Methode der Wahl, um Klärungen herbeizuführen. Die Projektgruppe der Studierenden schloss als Botschaft an das Management daraus, dass sie sich als Menschen motiviert fühlen möchten und einen Sinn in den Dingen finden, die sie tun (sollen). Dies bedeutet einen Wechsel von einer führungszu einer verantwortungsorientierten Denkweise im Management, Erfahrung und Wissen der Mitarbeiter zu nutzen („Pull-Prinzip“) und eine Reduktion dessen, was als „Mikromanagement“ bezeichnet wird. Fazit Vielleicht ist durch diesen Bericht klarer geworden, was künftige „High Potentials“ unter Begriffen wie New Work verstehen und was sie erwarten. Als mehrere Jahrzehnte im Projektmanagement und in der Lehre Tätiger, ziehe ich das Fazit, dass ein Ende des Projektmanagements eher unwahrscheinlich ist- - auch wenn zunehmend neue agile Methoden „en vogue“ sind. Die Projektwelt wird zunehmend komplex und damit steigen auch die Anforderungen an exzellente Projektmanager-- Dr. Wolfgang Glitscher Dr. Wolfgang Glitscher ist seit 2005 Lehrbeauftragter für Projektmanagement am Produktionstechnischen Zentrum der Technischen Universität Berlin im internationalen Masterstudiengang Global Production Engineering- - GPE. Er hat 25 Jahre Erfahrung im Projektmanagement als Abteilungsleiter, Programmdirektor und Managing Consultant, branchenübergreifend im In- und Ausland. Seit 2016 ist er selbständig als Trainer und Berater zum Thema Stressökonomie für Projektmanager. Er ist Mitglied der Fachgruppe Projektmanagement an Hochschulen der GPM. Beitragseingangsfoto: Autor, Studenten und der Organisator der manager lounge Berlin Manfred Geisler im Capital Club Berlin, Juli 2018 egal, ob sie zukünftig als Product Owner oder anders bezeichnet werden. Gerade für die dafür benötigten „High Potentials“ ist ein hervorragendes Arbeitsumfeld bereitzustellen, insbesondere unter dem Aspekt, den diese Studie zeigte: Erfahrungen als Projektmanager werden als Sprungbrett für zukünftige Top-Positionen angesehen. Das Management von Unternehmen ist damit gefordert, die entsprechenden Randbedingungen hierfür zu schaffen. Literatur (1)GPM-Fachgruppe ProjektPersonal: Anforderungen, Erwartungen und Wünsche von Projektleitern an Firmen und Auftraggeber; GPM 2011 (2)Leonardi, Paul; Neeley Tsedal: What Managers Need to Know About Social Tools, December 2017; www: hbr. org / 2017 / 11 / what-managers-need-to-know-about-social-tools? autocomplete=true (3)McKinsey Global Institute 2017: The Future of Work (https: / / www.mckinsey.com / featured-insights / future-of-work / what-is-the-future-of-work) Fragen zur Motivation Anmerkungen / Empfehlungen f. Management Worin besteht Ihre Hauptmotivation: 1 Aufstiegschancen 2 Flexibilität und flache Hierarchien 3 Hohes Einkommen bei geringer Flexibilität 4 Materielle Vorteile (Tablets etc.) Intrinsische Motivation sollte unterstützt werden. Art der Anstellung: 1 Freiberuflich 2 Crowd-Sourcing und Provisionsbasis 3 Traditionell 4 Mischung freiberuflich / traditionell (Mehrfachnennung möglich) Arbeitsplatzsicherheit ist entkoppelt von Innovationen. Realisierbare Projektideen sollten durch Bonuszahlungen unterstützt werden. Bevorzugung flacher vor traditionellen Hierarchien Vom Command & Control Modell hin zu Eigenverantwortlichkeit. Gewinnung von Wissen, Erfahrung und Verantwortung von den Mitarbeitern beziehen. Eingangsabbildung: Autor, Studenten und der Organisator der manager lounge Berlin Manfred Geisler im Capital Club Berlin, Juli 2018 PM_aktuell_01_2020.indb 69 PM_aktuell_01_2020.indb 69 20.02.2020 10: 38: 30 20.02.2020 10: 38: 30