PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
10.2357/PM-2020-0043
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2020
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Projektmanagement im Dialog
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2020
Martina Peuser
Über die Interviewerin:
Prof. Dr. Martina Peuser, Professorin für allgemeine BWL, insbesondere Organisation und Projektmanagement an der Leibniz Fachhochschule in Hannover. Sie ist Inhaberin des Instituts Prof. Peuser. In ihrem Beitrag interviewt sie Experten aus Wissenschaft und Praxis zu Herausforderungen im Projektmanagement und gibt Einblicke in spannende Fragestellungen und Projekte.
Vorstellung des Interviewten:
Mein Name ist Dr. Jens Reiche und ich bin Physiker, Projektleiter am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) Hannover in der Abteilung Interferometry in Space von Prof. Karsten Danzmann. An Projekten arbeite ich seit 1997 und habe aufgrund vielseitiger Interessen diverse Projektarten durchgeführt. Das größte und aktuelle von diesen Projekten ist die internationale Weltraummission LISA. LISA ist das größte jemals geplante astronomische Observatorium und soll Gravitationswellen im All messen. Das Projekt wird von der ESA geleitet. Die USA sind mit der NASA als Juniorpartner zusammen mit weiteren Nationen beteiligt. Diese Länder leisten wesentliche Beiträge für die Mission.
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Im Interview mir Dr. Jens Reiche Projektmanagement im Dialog Martina Peuser Über die Interviewerin | Prof. Dr. Martina Peuser, Professorin für allgemeine BWL, insbesondere Organisation und Projektmanagement an der Leibniz Fachhochschule in Hannover. Sie ist Inhaberin des Instituts Prof. Peuser. In Ihrem Beitrag interviewt sie Experten aus Wissenschaft und Praxis zu Herausforderungen im Projektmanagement und gibt Einblicke in spannende Fragestellungen und Projekte. Vorstellung des Interviewten | Mein Name ist Dr. Jens Reiche und ich bin Physiker, Projektleiter am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) Hannover in der Abteilung Interferometry in Space von Prof. Karsten Danzmann. An Projekten arbeite ich seit 1997 und habe aufgrund vielseitiger Interessen diverse Projektarten durchgeführt. Das größte und aktuelle von diesen Projekten ist die internationale Weltraummission LISA. LISA ist das größte jemals geplante astronomische Observatorium und soll Gravitationswellen im All messen. Das Projekt wird von der ESA geleitet. Die USA sind mit der NASA als Juniorpartner zusammen mit weiteren Nationen beteiligt. Diese Länder leisten wesentliche Beiträge für die Mission. So wird z. B. der deutsche Beitrag im Wesentlichen vom DLR finanziert, das auch die sogenannte Leitungsagentur stellt. Der Start der Mission ist für 2034 geplant. Momentan befinden wir uns in der sogenannten Phase A (Konzeption und hier bereits auch frühe Definition). Prof. Karsten Danzmann, der Direktor unseres Instituts leitet das wissenschaftliche Konsortium. Darüber hinaus leiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Instituts die Entwicklung der komplexen Nutzlast und koordinieren deren einzelne Beiträge, beauftragen und steuern Airbus Defense and Space GmbH in Friedrichshafen als Systemintegrator und entwickeln gemeinsam mit der Dänisch Technischen Universität die Messeinheit zur Phasenauslesung - einem Herzstück der Mission - sowie diverse weitere Technologien und Testausrüstung. Wie sind Sie überhaupt zum Projektmanagement gekommen? Meine erste Berührung mit Projekten war in der Forschung. Während meiner Promotion habe ich an einem Forschungsprojekt zu Grundlagenuntersuchungen an Lichtbogenlampen gearbeitet, die unter anderem für Fahrzeuglampen eingesetzt werden. Später habe ich an Entwicklungsprojekten in der IT, Vertriebs- und Marketingprojekten in einem Start-up- Unternehmen aus dem Bereich der Machine to Machine Communication und dem Internet of Things und dann an Organisationsprojekten in einer Beratung gearbeitet. Von dort bin ich dann zurück in die Forschung und damit zu Weltraumprojekten wie LISA Pathfinder, LISA, GRACE Follow-On sowie zu diversen Technologie-Entwicklungsprojekten mit der ESA und der Raumfahrtindustrie in diesem Rahmen gegangen. An LISA Pathfinder und LISA arbeite ich als nationaler Projektmanager des deutschen Beitrags. Warum haben Sie eine Projektmanagement- Karriere statt Fachkarriere gewählt? War dies Zufall oder geplante Karriere? Ich habe Spaß an vielfältigen Herausforderungen, der Arbeit mit Menschen, Technik, Organisation und Finanzen. Hierzu zählen die Zusammenarbeit mit internationalen Forschungsinstitutionen, Raumfahrtagenturen wie DLR, ESA und NASA sowie verschiedenen Raumfahrtunternehmen. Welche Projekte haben Sie besonders geprägt oder waren für Sie besonders wichtig? Das größte Projekt, an dem ich vor LISA gearbeitet habe, ist die Mission LISA Pathfinder, bei der die kritischen Schlüssel- Wissen Projektmanagement im Dialog DOI 10.2357/ PM-2020-0043 1. Jahrgang · 03/ 2020 43 DOI 10.2357/ PM-2020-0043 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 1. Jahrgang · 03/ 2020 D-Wissen_06_Peuser.indd 43 D-Wissen_06_Peuser.indd 43 19.06.2020 12: 28: 19 19.06.2020 12: 28: 19 technologien von LISA entwickelt und im All sehr erfolgreich getestet wurden. Das Projekt fing 2004 an und ich bin 2005 dazu gestoßen. Der formale Projektabschluss findet 2020 statt, während die wissenschaftliche Datenauswertung voraussichtlich auch in den Folgejahren weiterläuft. Hinzu kommen diverse kleinere überschaubarere Projekte sowie weitere größere Raumfahrtprojekte, bei denen unser Institut und die deutsche Raumfahrtindustrie in unserem Unterauftrag bzw. in enger Kooperation eine führende Rolle gespielt haben. Von daher war der Wechsel in das jetzige Institut ein großer Schritt in meiner persönlichen Projektmanager-Karriere. Das Thema „Work-Life-Balance“ wird nicht zuletzt durch die Generation der Millennials auch im Projektmanagement stark diskutiert. Wie verschaffen Sie sich einen Ausgleich zwischen beruflichem und privatem Bereich? Zum Ausgleich treibe ich gerne Sport und kümmere mich um meine Familie mit Frau, Sohn und Hund mit insgesamt zu wenig Zeit für den „Balance“-Teil. Welche Projektmanagement-Standards gelten in Ihrem Bereich? Sind bestimmte Methoden bei Ihnen besonders wichtig? Wichtig sind für uns die ECSS (European Committee for Space Standards), und bei den kleineren Projekten klassische und agile Projektmanagement-Methoden, die wir situativ einsetzen. Welche Tipps haben Sie für Projektmanagement- Newcomer? Haben Sie zudem Wünsche an Projektmanagement-Kurse an Hochschulen und Universitäten? Neben einer guten Fachausbildung haben mir einige Zusatzkurse aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften und Fortbildungen geholfen, Methodenkenntnisse zu erlernen und zu vertiefen. Wo sehen Sie die Zukunft von Projektmanagement? Wo geht die Reise hin, setzen Sie agile Methoden ein? Bei kleineren Projekten ist der Einstieg in agile Methoden wie z. B. Scrum leichter und sehr effizient, was beides die Akzeptanz erhöht. Bei größeren Projekten erscheint mir aufgrund der Vergabeverfahren und üblicherweise verwendeten Standards ein klassischer Ansatz nach wie vor gefordert. Hinzu kommt, dass im Raumfahrtbereich die meisten Personen klassische Methoden verinnerlicht haben. Demgegenüber werden bei unseren Softwareentwicklungsprojekten gerne agile Methoden benutzt. Hilfreich sind für den Übergang zwischen agilen und klassischen Methoden hybride Ansätze. Ich gehe davon aus, dass sich die Projektmanagement-Methoden dynamisch weiterentwickeln werden und agile Methoden auch immer mehr im klassischen Umfeld Einzug halten werden. Projektmanager werden die unterschiedlichen Methoden kennen müssen und dann angepasst je nach Projektart und -Umfeld situativ einsetzen. Das erhöht die Anforderungen an die Projektmitarbeiter und -Leiter in Bezug auf kontinuierliche Weiterbildung. Und wie werden junge Leute an Projektmanagement bei Ihnen herangeführt? Die Ausbildung könnte auch bei naturwissenschaftlich geprägten Studiengängen in das Studium oder auch in der Ausbildung integriert werden. Hierzu versuche ich regelmäßig Trainings für unsere Teams anzubieten. Über was würden Sie in Bezug auf Projektmanagement gerne noch sprechen, was würden Sie den Lesern gerne noch mit auf den Weg geben? Mir hat über die letzten Jahre immer wieder der Austausch mit anderen Projektmanagern und Trainern geholfen. Hierzu gefällt mir das Angebot der Projektmanagement-Organisation GPM und auch der Agilen Community von VW. Hier gilt mein Dank an die Personen, die das mit großem Engagement ermöglichen! Herzlichen Dank für das Interview! Eingangsabbildung: © iStock.com/ piranka Wissen | Projektmanagement im Dialog 44 DOI 10.2357/ PM-2020-0043 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 1. Jahrgang · 03/ 2020 Ressourcenplanung, die funktioniert Projektportfolio-Management Ressourcenplanung Zeit-/ Leistungserfassung Kosten-Controlling Die Testumgebung in der Cloud steht für Sie bereit Scheuring AG CH-4313 Möhlin � +41 61 853 01 54 www.scheuring.ch � info@scheuring.ch www.ressolution.ch Anzeige D-Wissen_06_Peuser.indd 44 D-Wissen_06_Peuser.indd 44 19.06.2020 12: 28: 19 19.06.2020 12: 28: 19