eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 31/3

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
10.2357/PM-2020-0046
713
2020
313 Gesellschaft für Projektmanagement

Projektauftraggeber und Lenkungsausschuss als Erfolgsfaktor

713
2020
Dorothee Feldmüller
Thomas Hunziker
Gerhard Ortner
Christian Rudischer
Verbesserungsbedarf bei der Zusammenarbeit zwischen Projekt und Linie besteht, und einen Teil davon macht ein zielführendes gemeinsames Verständnis von den Rollen und Verantwortlichkeiten zwischen dem Projekt und den beaufsichtigenden Linienfunktionen aus. Die Fachgruppe hat dazu Empfehlungen formuliert, die auf internationalen Standards beruhen und diese an einem kompakten Fallbeispiel illustriert. Gute Praxis ist, das Linienmanagement in seinen wichtigsten Aufgaben für die Projektarbeit in angemessener Art zu schulen. Derzeit wird daran gearbeitet, eine Community für den Erfahrungsaustausch unter Führungskräften im geschützten Rahmen aufzubauen. Es wird auch ein Tool entwickelt, mit dem der Reifegrad der eigenen Organisation in Bezug auf die Ausübung der Projekt-Governance-Rollen beurteilt und verglichen werden kann.
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Angebote und Ergebnisse aus fünf Jahren Fachgruppenarbeit Projektauftraggeber und Lenkungsausschuss als Erfolgsfaktor Dorothee Feldmüller, Thomas Hunziker, Gerhard Ortner, Christian Rudischer Für eilige Leser | Verbesserungsbedarf bei der Zusammenarbeit zwischen Projekt und Linie besteht, und einen Teil davon macht ein zielführendes gemeinsames Verständnis von den Rollen und Verantwortlichkeiten zwischen dem Projekt und den beaufsichtigenden Linienfunktionen aus. Die Fachgruppe hat dazu Empfehlungen formuliert, die auf internationalen Standards beruhen und diese an einem kompakten Fallbeispiel illustriert. Gute Praxis ist, das Linienmanagement in seinen wichtigsten Aufgaben für die Projektarbeit in angemessener Art zu schulen. Erfahrungen und einen Schnupperkurs für diese durchaus heikle Aufgabe kann die Fachgruppe dazu anbieten. Derzeit wird daran gearbeitet, eine Community für den Erfahrungsaustausch unter Führungskräften im geschützten Rahmen aufzubauen. Es wird auch ein Tool entwickelt, mit dem der Reifegrad der eigenen Organisation in Bezug auf die Ausübung der Projekt-Governance-Rollen beurteilt und verglichen werden kann. Schlagwörter | PM-Karriere, PM-Laufbahn, PMO, PM-Standards, Projektauftraggeber, Projektmanagement, Projekt-Portfoliomanagement, ICB 4.0, Lenkungsausschuss, Projekt-Management-Office, Senior-Management, Unternehmensführung, General-Management, Projekt-Governance Unterstützung durch das Senior-Management ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Projektarbeit. Hier gibt es noch Potential, doch wie kann dies gehoben werden? Die trinationale Fachgruppe „PM goes Boardroom“ beschäftigt sich mit dieser Frage und kann nach fünf Jahren Arbeit über Ergebnisse und Good Practices berichten und Angebote vorstellen, die an der Schnittstelle zwischen Projektarbeit und Business Verbesserungen erzielen. Motivation Projektarbeit macht mehr als ein Drittel der Wertschöpfung aus-- mit wachsender Tendenz. Mit Projekten wird die Zukunft gestaltet, werden Strategien umgesetzt [1]. Diese Arbeit ist mit größeren Risiken behaftet und Fehlschläge hat jede Organisation schon erlebt. Wesentlich für den Projekterfolg ist die Unterstützung des Senior-Management für das Projekt und die Steuerung durch einen Lenkungsausschuss mit einem engagierten Projektauftraggeber an der Spitze. Da in großen Konzernen nicht nur die obersten Führungskräfte involviert sind, verwenden wir den allgemeineren Begriff „Senior-Management“ anstelle von „Top-Management“, der oft auch verwendet wird. Die Fachgruppe „PM goes Boardroom“ der drei deutschsprachigen Projektmanagement-Gesellschaften GPM, pma und spm befasst sich seit 2014 mit dem Erfolgsbeitrag für die Projektarbeit durch das Senior-Management. Nach mittlerweile fünf Jahren gemeinsamer Arbeit möchten wir die wesentlichen Erkenntnisse zusammenfassen und unsere Angebote in der PM-Community und beim Senior-Management bekannter machen. Anstoß, Vorgeschichte und Hintergründe zur Fachgruppe „PM goes Boardroom“ Bei der D-A-CH Forschungswerkstatt 2014 hat sich die Arbeitsgruppe „PM goes Boardroom“ mit dem Ziel gebildet, das Verhältnis zwischen Senior-Management und Projektmanagement zu untersuchen und zu verbessern. Bei der D-A-CH Forschungswerkstatt 2015 in Wien wurde die Zusammenarbeit GPM-Themen Projektauftraggeber und Lenkungsausschuss als Erfolgsfaktor DOI 10.2357/ PM-2020-0046 1. Jahrgang · 03/ 2020 53 DOI 10.2357/ PM-2020-0046 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 1. Jahrgang · 03/ 2020 F_GPM_Themen_02_Fedlmueller.indd 53 F_GPM_Themen_02_Fedlmueller.indd 53 19.06.2020 12: 58: 56 19.06.2020 12: 58: 56 konkretisiert und erste Arbeitsschritte wurden vorgestellt. Zur D-A-CH Forschungswerkstatt 2016 in Berlin konnten dann konkrete Ergebnisse aus einer Befragung (s. u.) präsentiert werden. In der Folge hat sich die Gruppe 2017 offiziell als länderübergreifende Fachgruppe (D-A-CH) konstituiert und arbeitet an der Schnittstelle zwischen Projektmanagement (PM) und Senior-Management. Zielsetzung für die gemeinsame Arbeit ist: • Potentielle Problemfelder in der Zusammenarbeit zwischen PM und Senior-Management aus Sicht beider Seiten und ihre Auswirkungen erkennen, bewerten und Maßnahmen zur Verbesserung erarbeiten. • Zusammenwirken von Senior-Management und PM fördern. • Wertschätzung für PM beim Senior-Management erhöhen. • Organisatorische Rahmenbedingungen für PM in Unternehmen verbessern. Literaturrecherchen, eigene Studien, intensiver Erfahrungsaustausch innerhalb der Gruppe sowie mit externen PM-Expert*innen und Führungskräften sind in die folgenden Ergebnisse und Angebote eingeflossen. Der Erfolgsbeitrag des Projektauftraggebers-- was Studien sagen In den regelmäßig durchgeführten Studien der Standish Group ist die „Unterstützung durch das Senior-Management“ regelmäßig auf den vorderen Plätzen bei den Erfolgsfaktoren, über mehrere Jahre ausgewertet, im Durchschnitt auf Platz zwei. Im Jahr 2012, das die Standish Group auch als „The Year of the Executive Sponsor“ ausgerufen hat, war es der Erfolgsfaktor Nummer eins, begleitet von Angeboten an Führungskräfte, ihre „Sponsoren-Kompetenz“ bewerten zu lassen. Im Chaos Manifest 2012 wird die Ansicht vertreten, dass gute Unterstützung aus dem Senior-Management den Unterschied für ein Projekt macht bzw. dass ein guter Auftraggeber knapp die Hälfte des Projekterfolgs ausmacht. [2][3] Auch in der D-A-CH-Region durchgeführte Studien kommen zu dem Ergebnis, dass der Erfolgsbeitrag des Senior-Management beträchtlich ist [4][5]. In ihrer Studie zu Misserfolgsfaktoren in der Projektarbeit kommen Rietiker, Scheurer und Wald zu den Ergebnissen, dass • die Verbindung zwischen Strategie und Projekt durch das Senior-Management am häufigsten problematisch wird und auch am schwierigsten zu lösen ist, und dass • Rahmenbedingungen wie Entscheidungsbefugnisse und Stellenwert der Projektarbeit ebenfalls zu den am schwierigsten zu lösenden Problemen gehört- - auch diese sind Aufgaben des Senior-Managements. Großprojekte der öffentlichen Hand sind wiederholt mit Problemen oder Misserfolgen behaftet gewesen. Das Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen hat eine Untersuchung dazu angestellt und ebenfalls Probleme in der Projekt-Governance als Schlüsselfaktor ausgemacht. In der Folge wurde dort das Competence Center Project Leadership (CC Key) gegründet [6], um Verantwortliche für die Beauftragung, Steuerung oder Leitung von großen und/ oder komplexen Projekten dabei zu unterstützen, diese zum Erfolg zu führen. Das erste Fachgruppen-Treffen von „PM goes Boardroom“ fand in St. Gallen statt, in Kombination mit einem Treffen der Ansprechpartner bei CC Key. Normen Internationale Empfehlungen bzw. Standards zur Projekt Governance sind seit jüngster Zeit definiert, zu nennen sind hier: • DIN ISO 21505, Projekt-, Programm- und Portfoliomanagement-- Leitlinien zu Governance (ISO 21505: 2017), deutsche Übersetzung in 2018 [7] • GAPPS Global Alliance for Project Performance Standards: A Guiding Framework for Project Sponsors [8] • PM² project management methodology guide, EU Commission [9]. Der PM² methodology guide zeigt den komplexen Überbau zur Steuerung der Projektarbeit wie folgt (Abb. 1): Abb. 1: Governance-Ebenen nach PM2 GPM-Themen | Projektauftraggeber und Lenkungsausschuss als Erfolgsfaktor 54 DOI 10.2357/ PM-2020-0046 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 1. Jahrgang · 03/ 2020 F_GPM_Themen_02_Fedlmueller.indd 54 F_GPM_Themen_02_Fedlmueller.indd 54 19.06.2020 12: 58: 56 19.06.2020 12: 58: 56 Ein Projekt dient der Umsetzung von strategischen oder wirtschaftlichen Zielen einer Organisation, wie sie von der Geschäftsleitung vertreten werden. Diese beauftragt explizit das Projekt oder hat durch Governance-Regeln festgelegt, dass und wie eine Beauftragung erfolgt und die Zielkonformität eines Projektes regelmäßig geprüft wird (z. B. in einem Projektportfoliogremium). Dementsprechend werden ein Auftraggeber- - und auch ein Vertreter der auftragnehmenden Seite- - definiert, ein Lenkungsausschuss und eine Projektleitung sowie ein Vertreter des Business. Die saubere Trennung von Governance und Management hilft auch, Machtkonzentration und daraus entstehende Interessenskonflikte zu vermeiden. Ergebnisse einer qualitativen Untersuchung mit dem C-Level-Management in 2016/ 17 Die Ergebnisse einer qualitativen Befragung durch die Fachgruppe, die unter 27 Senior Managern auf C-Level-Ebene in den D-A-CH-Ländern in 2016 und 2017 durchgeführt wurde, zeigt die hohe Bedeutung des Projektmanagements. Projekt-Portfoliomanagement ist noch nicht durchgehend vorhanden. Das Senior-Management nimmt seine Rolle als Auftraggeber wahr, sieht sich aber weniger als Gestalter der Projekt-Landschaft im Sinne der Strategieumsetzung- - hier besteht nach wie vor Potential. Laufbahnmodelle im Projektmanagement sind vielfach vorhanden, sie führen eher vom Projekt in die Linie als umgekehrt, und sie enden ein bis zwei Ebenen unter den Karrieremodellen der Linie. Insofern ist Projektmanagement nicht „auf Augenhöhe“ mit dem Senior-Management. Die Soll-Vorstellungen über eine gute Zusammenarbeit zwischen Projekt und Linie stimmen überein, im IST besteht noch Verbesserungsbedarf. [10] Beziehungsmodell zwischen PAG, LA, PL und dem Projektteam Auf Basis der Interviews mit Führungskräften und der genannten Studien und Standards sind in der Fachgruppe kompakte Übersichten entstanden, die Aufgaben, Befugnisse und Verantwortlichkeiten aller Beteiligten, die gegenseitige Erwartungshaltung (Abb. 2) und die Verantwortungsverteilung im Projektablauf (Abb. 3) veranschaulichen sollen. Die Erwartungen können und sollen als Checkliste für ein Gespräch zwischen den Beteiligten dienen, das zum Einstieg in die Projektarbeit unbedingt erfolgen sollte. Eine wichtige Aussage ist, dass die Verantwortung für ein Projekt im Sinne von Haftung bei Auftraggeber und Lenkungsausschuss liegt. Die Mitarbeit in einem solchen Gremium erfordert aktives Engagement und für Fehler muss die Verantwortung übernommen werden, wie ein Aufsichtsratsmitglied auch für Fehler bzw. Unaufmerksamkeit haftbar gemacht werden kann. [11][12] Fallstudie „Der Lenkungsausschuss-- Grundlage des Projekterfolges“ Um die Problematik rund um Lenkungsausschüsse einmal aus der Perspektive einer Führungskraft exemplarisch darzu- Abb. 2: Die wechselseitigen Erwartungen zwischen Senior-Management, Projektauftraggeber/ Lenkungsausschuss und Projektteam GPM-Themen | Projektauftraggeber und Lenkungsausschuss als Erfolgsfaktor 55 DOI 10.2357/ PM-2020-0046 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 1. Jahrgang · 03/ 2020 F_GPM_Themen_02_Fedlmueller.indd 55 F_GPM_Themen_02_Fedlmueller.indd 55 19.06.2020 12: 58: 57 19.06.2020 12: 58: 57 stellen, entstand 2019 eine Fallstudie mit Informationen und Empfehlungen zum Themenkreis Lenkungsausschüsse und Projektauftraggeberschaft. Die Fallstudie berichtet aus einem IT-Projekt in einem mittelständischen Unternehmen, das in Schwierigkeiten gerät. Die beteiligten Führungskräfte schildern jeweils ihre Sicht auf das Projekt. Deutlich wird, dass etwa die Erwartung (vgl. Abb. 2) „Entscheiden als ein schlagkräftiges Team“ in diesem Fallbeispiel gar nicht erfüllt werden kann-- zu sehr beherrschen „Abteilungs-Egoismen“ den Lenkungsausschuss. Wie in vielen Fällen der Praxis sind der Projektauftrag und die Ressourcenverfügbarkeit nicht hinreichend geklärt, und das ist noch nicht alles. Die wichtigsten Empfehlungen an die Entscheidungsträger zusammengefasst lauten [13]: • Business Case ausarbeiten und im Vergleich zu anderen Projekten priorisieren. Die Priorisierung ist eine typische Aufgabe des Projektportfoliogremiums, von Projektportfoliomanagern oder einem PMO. Daraus folgt die Entscheidung, ob das Projekt fortzusetzen (und andere anzuhalten sind) oder anzuhalten ist, bis andere Projekte beendet sind und genug Ressourcen für die Bearbeitung zur Verfügung stehen. • Projektauftrag inkl. Auswirkungen auf den Business-Case ausarbeiten. • Lenkungsausschuss handlungsfähig machen: ggf. auf die notwendige Größe reduzieren (optimal: 5-7 Personen, ansonsten untergeordnete Fachausschüsse bilden) und betreffende Manager entlasten, die Arbeit im LA regeln und alle für die Arbeit im LA schulen. • Ressourcenmanagement und Projektpriorisierung konsequent für alle Projekte einführen. Eine Stelle, die hier dauerhaft Verantwortung übernimmt, ist unbedingt erforderlich (z. B. ein PMO- - Projekt Management Office [14]). Aufgrund der Priorisierung der Projekte, Ressourcen verteilen und niedriger priorisierte Projekte anhalten, bis dafür genug Ressourcen zur Verfügung stehen. • Rollen und Verantwortlichkeiten für Projektmanagement und Projekt-Governance festlegen und schulen. Ein Glossar zu Begriffen des Projektmanagements erstellen und in den Schulungen nutzen. Workshops mit Vertretern aller Hierarchiestufen durchführen und Ansätze für die Gestaltung eines förderlichen Kontextes für erfolgreiches Projektmanagement entwickeln und umsetzen. Zu diesem Themenkreis gehört auch, wie Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden. • Das erarbeitete Gesamtverständnis für die Projektbeauftragung und -steuerung schulen, so dass alle Beteiligten und auch das Senior-Management für eine bessere aktive Steuerung befähigt werden. „Too cool for school“-- Wie qualifiziert man Auftraggeber? Aus der Praxis: In der SBB Personenverkehr (Schweizerische Bundesbahnen) werden seit 2014 systematisch alle Lenkungsausschuss-Mitglieder geschult. Über 200 Führungskräfte wurden seitdem in dieser Disziplin aus- und weitergebildet. Das war jedoch nur möglich, weil der Vorstand mit gutem Beispiel voranging, die Schulung selbst absolviert und sein OK dazu gegeben hat. Mit diesem Entscheid bestätigte sich, dass die Überzeugung des PMO geteilt wurde, dass geschulte LA-Mitglieder zu einem professionellen Projektmanagement dazugehören. Aus Sicht des Vorstandes liefert diese Schulung auch einen wertvollen Beitrag zum Gelingen der laufenden und künftigen Projekte und wirkt sich dadurch direkt und positiv auf die Unternehmensziele aus. [15] Abb.3: Verantwortlichkeiten über den Projektlebenszyklus GPM-Themen | Projektauftraggeber und Lenkungsausschuss als Erfolgsfaktor 56 DOI 10.2357/ PM-2020-0046 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 1. Jahrgang · 03/ 2020 F_GPM_Themen_02_Fedlmueller.indd 56 F_GPM_Themen_02_Fedlmueller.indd 56 19.06.2020 12: 58: 57 19.06.2020 12: 58: 57 Nach anfänglicher Skepsis kam der Kurs bei den Führungskräften sehr gut an. Die Kursleitung aus dem PMO erhielt oft Top-Feedbacks und die Projektleiter haben gemerkt, dass die Lenkungsausschüsse die Projekte nun wacher, kritischer und aktiver begleiten. Um vorzustellen, was SBB Personenverkehr in diesem Bereich leistet, wurde in der D-A-CH Forschungswerkstatt 2019 in Wien und beim PM-Forum 2019 in Nürnberg ein solches Schnuppertraining im Workshop-Format angeboten. Ausblick: Damit in der SBB die nächste Stufe erreicht werden kann, bietet das PMO ab der 2. Hälfte 2020 eine völlig neu konzipierte 3-stufige Schulung an. Sie ist so ausgestaltet, dass sie problemlos im ganzen SBB-Konzern angeboten werden könnte. Auch die Fachgruppe selbst hat im Zusammenhang mit den angebotenen Workshops eine Trainings-Simulation durchlaufen. Das beeindruckende Erlebnis in der Selbstreflexion war, dass man als Teilnehmer schnell in eine Rolle schlüpfte und Bereichs-Egoismen vertrat, die man vernünftigerweise im Sinne des Projektes hätte zurückstellen sollen-- genau das, was im quirligen Alltag der Lenkungsausschussarbeit auch passiert. Parallel zu den Schnuppertrainings ist auch umfangreiche Gedankenarbeit eingegangen in die Entwicklung von Personas, um die Zielgruppen solcher Qualifikationsangebote besser greifbar zu machen. Das Beispiel der SBB ist „Good Practice“ in diesem Bereich, von dem andere Unternehmen sich etwas „abschauen“ könnten. Die SBB ist jedoch nicht das einzige Unternehmen, das seine Führungskräfte für die Arbeit in der Projektaufsicht schult. Die Fachgruppe kann hier auf einige Expertise in den eigenen Reihen zurückgreifen. Derzeit wird ein Tool entwickelt, mit dem Organisationen den eigenen Reifegrad in Bezug auf die Ausübung der Projekt-Governance-Rollen beurteilen und vergleichen sowie Entwicklungsfelder identifizieren können. Interaktive Workshops für Führungskräfte mit Aufsichtsfunktion in großen Investitionsprojekten Die Fachgruppe sieht ihre Aufgabe darin, das zusammengetragene Wissen und die Erfahrungen zum Erfolgsbeitrag des Senior-Management bei der Projektarbeit bekannt zu machen, und zwar in der PM Community, vor allem aber außerhalb derselben, etwa bei Führungskräften, die große Projekte beaufsichtigen. Eine Teilhabe an den Ergebnissen der Fachgruppenarbeit, insbesondere aber auch ein Erfahrungsaustausch mit und unter solchen Führungskräften wird die Zusammenarbeit zwischen Senior-Management und Projektmitwirkenden verbessern, so die Idee. Aufgrund dieser Überlegung hat die Fachgruppe im Herbst 2019 in Frankfurt einen ersten Workshop für Führungskräfte veranstaltet. Angesprochen waren- - und sind es auch weiterhin-- Führungskräfte, die große Investitionsprojekte beaufsichtigen. Gefolgt waren der Einladung acht Teilnehmer aus verschiedenen großen Unternehmen und Branchen in den drei D-A-CH-Ländern. „Welche DO’s and DON’T’s für diese Arbeit sehen Sie? “- - die Antworten auf diese Einstiegsfrage erbrachten schon eine lohnende Sammlung, die in der Zwischenzeit systematisch aufbereitet worden ist. Neben der Vorstellung von Fachgruppen-Ergebnissen und einem Key-Note-Vortrag zum Thema „Governance in strategischen Projekten“ bildeten die Teilnehmer kleine Arbeitsgruppen zur Diskussion von Fragestellungen, die sie selbst als Anliegen eingebracht hatten. Die Gespräche verliefen sehr engagiert und in angenehmer Atmosphäre. Jeder der Teilnehmer bereicherte den Workshop mit seinen wertvollen Erfahrungen aus eigener Aufsichtsarbeit in Projekten. Die Idee, sich im kleinen geschützten Rahmen offen auszutauschen, soll fortgesetzt und eventuell auch auf andere Projektarten ausgeweitet werden. Der Folgetermin für Investitionsprojekte für Mitte März 2020 war schon geplant und der Teilnehmerkreis leicht erweitert, doch der Workshop musste aufgrund der Corona Pandemie leider verschoben werden. Ergebnisse der Studie zu Governancestrukturen in Projekten und Programmen Die Bedeutung der Governanceebene für den Projekt- und Unternehmenserfolg ist zwar unbestritten, empirisches Material darüber, wie diese Ebene in der Praxis ausgestaltet ist, fehlt jedoch. Daher hat die Fachgruppe im Herbst 2019 eine Online-Studie zu Governancestrukturen in Projekten und Prof. Dr. rer. nat. Dorothee Feldmüller Prof. Dr. rer. nat. Dorothee Feldmüller ist Professorin für Wirtschaftsinformatik auf dem Campus Velbert/ Heiligenhaus der Hochschule Bochum. Zuvor war die promovierte Mathematikerin lange Jahre in der IT tätig, sie leitete als freie Projektleiterin und Beraterin zahlreiche IT-Projekte in Unternehmen. Seit 2004 ist sie auch aktiv bei der GPM. Anschrift: Hochschule Bochum Campus Velbert/ Heiligenhaus, Kettwiger Str. 20, 42579 Heiligenhaus, Tel. +49 2056 5848-16721 E-Mail: d.feldmueller@gpm-ipma.de Thomas Hunziker Thomas Hunziker, MAS Projektmanagement, leitet seit 2012 das Project Management Office der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), Division Personenverkehr. In seiner Funktion ist er u. a. verantwortlich für den Betrieb und die Weiterentwicklung des Einzelprojektmanagements. Vorher arbeitete er über 20 Jahre als Projektmanager in der Bank- und IT-Industrie. E-Mail: thomas.hunziker3@sbb.ch GPM-Themen | Projektauftraggeber und Lenkungsausschuss als Erfolgsfaktor 57 DOI 10.2357/ PM-2020-0046 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 1. Jahrgang · 03/ 2020 F_GPM_Themen_02_Fedlmueller.indd 57 F_GPM_Themen_02_Fedlmueller.indd 57 19.06.2020 12: 59: 02 19.06.2020 12: 59: 02 Zusammenfassung und Ausblick In der Projektarbeit sind kundige Projektauftraggeber und Lenkungsausschussmitglieder ein wichtiger Erfolgsfaktor für Projekte und damit für das Business. Studien und Normen zeigen auf, wie es sein sollte-- es fehlt also nicht am grundlegenden Know-how, wohl aber an der Umsetzung im täglichen Geschäft, und wohl auch am aktuellen Wissen oder Bewusstsein bei Beteiligten. Wissen und Bewusstsein zu fördern ist also wichtig. Hier bietet die Fachgruppe „PM goes Boardroom“ eine Publikation mit kompakten Informationen und Checklisten an, baut eine Community zum Austausch unter Führungskräften mit Aufsichtsfunktion auf und kann auf Expertise in Führungskräfte-Trainings im Sinne von „Good Practices“ verweisen. Ein Tool zur Bestimmung des Reifegrads ist frisch entwickelt und kann genutzt werden, um in einer Organisation abzuschätzen, wo man „steht“. Alle Angebote zielen darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen Projekt- und Senior-Management zu verbessern, auch außerhalb der PM-Community bekannt zu werden und Früchte zu tragen. Für die kleine Fachgruppe ist dies eine Herausforderung, die die oft knappen Ressourcen immer wieder stark fordert. Unterstützung aus der PM-Community ist willkommen. In der Fachgruppe wirken mit: Michael Atzor, Harald Bader, Michael Boxheimer, Dorothee Feldmüller, Rüdiger Geist, Thomas Hunziker, Tobias Kreutter, Gerhard Ortner, Christian Rudischer, Ralf von Breitenbach, Hartmut Wenzler. Die Fachgruppe dankt allen, die die Arbeit in den letzten Jahren unterstützt haben: den drei Verbänden für die finanzielle Unterstützung sowie allen, die als Interviewpartner zur Verfügung gestanden sind, sich an einer der Studien beteiligt oder dafür Werbung gemacht haben, insbesondere der Fachgruppe PMO. Alle im Artikel erwähnten Ergebnisse sowie weitere Informationen und Möglichkeiten, mit der Fachgruppe in Kontakt zu treten, finden Sie auf der Website www.pm-goes-boardroom.de. Elemente der ICB 4.0 People5: Leadership, Practice 2: Goals, Objectives and Benefits, Practice 14: Select and Balance, Perspective 1: Strategy, Perspective 2: Governance, Structure and Processes, Perspective 4: Power and Interest. Programmen durchgeführt. Einige Erkenntnisse aus den rund 150 erfassten Projekten und Programmen: • 60 % der PAG gehören der obersten Führungsriege an (Vorstand, Geschäftsführung, Geschäftsfeld-, Sparten- oder Regionalleiter); • 80 % der PAG stimmen sich regelmäßig (monatlich oder häufiger) mit ihren Projektleitern ab; • 60 % der Projekte und 80 % der Programme haben einen Lenkungsausschuss; • die meisten LA umfassen vier bis acht Mitglieder und treten mindestens einmal pro Quartal zusammen; • Kunden sind doppelt so häufig in LA vertreten wie Lieferanten; • auch in LA sitzen vor allem Manager der obersten Führungsriege. Detailergebnisse enthält ein ausführlicher Studienbericht, der noch im Sommer 2020 erscheinen soll. Ansprache der Zielgruppen außerhalb der PM- Community Das Senior-Management leistet einen bedeutenden Erfolgsbeitrag zur Projektarbeit- - oder eben nicht. Diese Botschaft gilt es vor allem außerhalb der PM-Community zu verbreiten-- und das ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Das ist es schon seit den Gründungszeiten der Projektmanagement-Verbände, und die Fachgruppe „PM goes Boardroom“ ist nicht die einzige Gruppierung, die an diesem strategischen Thema arbeitet. Neben dem Management selbst können und sollen in die Ansprache auch Aufsichtsräte und Revisoren einbezogen werden- - die im Falle eines Misserfolgs von Projekten in jedem Fall auch involviert sind. Die Fachgruppe hatte die Gelegenheit an einer Tagung der Aufsichtsräte im Jahr 2019 teilzunehmen und wird diesen Kontakt weiter pflegen. Manchmal ist es eine geschickte oder ungeschickte Wortwahl, die darüber entscheidet, ob eine Zielgruppe erreicht wird: Ein CFO spricht lieber über Investitionen als über Projekte. So hat sich die Fachgruppe im Zusammenhang mit den bereits beschriebenen Schnupper-Trainings auch umfangreiche Gedanken gemacht, wie genau bestimmte Personengruppen unter den Führungskräften angesprochen werden sollten. Prof. (FH) Mag. Dr. Gerhard Ortner Prof. (FH) Mag. Dr. Gerhard Ortner ist in den Studiengängen PM & IT (BA) bzw. PM & Organisation (MA) an der Fachhochschule des BFI Wien beschäftigt. Nach dem Studium der Wirtschaftsinformatik an der TU & Universität Wien war er zunächst in der Abt. für Industrielle BWL der TU Wien und später im Büro für Internationale Forschungs- und Technologiekooperation tätig und wechselte 2004 als Fachbereichsleiter für PM an die FH des BFI Wien. U.a. arbeitet er derzeit auch im ISO Technical Committee 258 an der Weiterentwicklung internationaler PM Normen mit. Anschrift: FH des BFI Wien, Wohlmutstr. 22, A-1020 Wien E-Mail: gerhard.ortner@fh-vie.ac.at Dr. Christian Rudischer Dr. Christian Rudischer unterstützt als Managementberater Organisationen aus allen Branchen bei der Umsetzung ihrer Strategie, hält Vorträge und Lehrveranstaltungen, ist PM-Assessor sowie subject matter expert im ISO TC 258. Davor hat der promovierte Verfahrenstechniker Managementfunktionen in IT- und Infrastrukturunternehmen bekleidet. E-Mail: christian@rudischer.consulting GPM-Themen | Projektauftraggeber und Lenkungsausschuss als Erfolgsfaktor 58 DOI 10.2357/ PM-2020-0046 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 1. Jahrgang · 03/ 2020 Anzeige F_GPM_Themen_02_Fedlmueller.indd 58 F_GPM_Themen_02_Fedlmueller.indd 58 22.06.2020 12: 14: 12 22.06.2020 12: 14: 12 Literatur [1] Futterer F., Schneider C., Schnellbächer B., Schoper Y., Spanuth T., Wald A.: Makroökonomische Vermessung der Projekttätigkeit in Deutschland, Studie der GPM, Berlin, 2015, Erhältlich unter: https: / / www.gpm-ipma.de/ fileadmin/ user_upload/ GPM/ Know-How/ GPM_Studie_ Vermessung_der_Projekttaetigkeit.pdf [2] The Standish Group: Chaos Manifesto 2012: The Year of the Executive Sponsor. The Standish Group, 2012. [3] The Standish Group: The Standish Group Report: Chaos. https: / / www.projectsmart.co.uk/ white-papers/ chaosreport.pdf, Project Smart, 2014 [4] Komus A., Heupel T.: Ergebnisbericht: Erfolgsfaktoren im Projektmanagement eine evidenzbasierte Studie. Erhältlich unter: www.erfolgsfaktorenprojektmanagement.de, Koblenz 2015. [5] Rietiker S.; Scheurer S.; Wald A.: Mal andersherum gefragt: Ergebnisse einer Studie zu Misserfolgsfaktoren in der Projektarbeit. In: projektmanagement aktuell 4/ 2013, Nürnberg 2013, S. 33-39. [6] CC Key, https: / / www.cckey.org/ de/ , zuletzt abgerufen am 27.3.2020. [7] DIN/ ÖNORM/ ISO 21505, Projekt-, Programm- und Portfoliomanagement -Leitlinien zu Governance (ISO 21505: 2017), Deutsche Übersetzung 2018. [8] GAPPS Global Alliance for Project Performance Standards: A Guiding Framework for Project Sponsors, GAPPS, 2015, https: / / globalpmstandards.org/ downloads/ [9] PM² project management methodology guide, EU Commission, https: / / op.europa.eu/ en/ publication-detail/ -/ publication/ 0e3b4e84-b6cc-11e6-9e3c-01aa75ed71a1 [10] Feldmüller D., Ortner G., Hunziker T. (2017): „PM goes Boardroom! ? “ In: projektMANAGEMENT aktuell 2/ 2017, S. 24-29 [11] Feldmüller D., Hunziker T.: „Kompetenter Lenkungsausschuss-- vom Traum zur Wirklichkeit“, pm forum 2018, 24.10.2018 Nürnberg [12] Rudischer C.: „Wanted: Kompetente Auftraggeber*innen“, pma-Blog, 15.08.2019, https: / / www.pma.at/ de/ blog/ wanted-kompetente-auftraggeber-innen [13] Boxheimer M., Feldmüller D., Ortner G., Wenzler H. (2019): „Der Lenkungsausschuss-- Grundlage des Projekterfolgs, Fallstudie, Empfehlungen und Informationen“, GPM, November 2019 [14] Ortner G., Stur B.: Das Projektmanagement-Office-- Einführung und Nutzen. Springer-Gabler Verlag, Berlin, 2019 [15] Hunziker T., Bachmann T.: Mehr PM Know-how für den Lenkungsausschuss., Projektmagazin 14/ 2015, https: / / www.projektmagazin.de/ artikel/ mehr-pm-know-howfuer-den-lenkungsausschuss_1101675 Eingangsabbildung: © iStock.com/ Thitikorn Suksao GPM-Themen | Projektauftraggeber und Lenkungsausschuss als Erfolgsfaktor Anzeige F_GPM_Themen_02_Fedlmueller.indd 59 F_GPM_Themen_02_Fedlmueller.indd 59 19.06.2020 12: 59: 03 19.06.2020 12: 59: 03