eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 31/4

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
10.2357/PM-2020-0074
914
2020
314 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Projektmanagement

914
2020
Heinz Schelle
Herausgegeben von Franz Xaver Bea, Steffen Scheurer und Stephanie Hesselmann. 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2020, UVK Verlag. ISBN 978-3-8252-8706-1, 724 Seiten, EUR 59,00.
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Buchbesprechung Projektmanagement Herausgegeben von Franz Xaver Bea, Steffen Scheurer und Stephanie Hesselmann. 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2020, UVK Verlag. ISBN 978-3-8252-8706-1, 724 Seiten, EUR 59,00. Heinz Schelle Es kommt nicht oft vor, dass ich mehrere Auflagen des gleichen Buches bespreche. Das Werk von Bea, Scheurer und Hesselmann habe ich zum ersten Mal ausführlich im Jahre 2009 (1. Auflage) und zum zweiten Mal kurz im Jahre 2011 (2. Auflage) rezensiert. Jetzt ist die dritte Auflage erschienen. Ich habe in der ersten Besprechung geschrieben, dass ich das Buch für einen Meilenstein in der Entwicklung unserer Disziplin halte. Dass ich mit dieser Bewertung nicht alleinstehe, zeigen eine ganze Reihe von späteren Beurteilungen. Meine immer wieder geäußerte Forderung, dass sich die Betriebswirtschaftslehre stärker mit der Disziplin Projektmanagement befassen sollte, wird zunehmend erfüllt. Es dominieren nicht mehr nur die Ingenieure, die zum Teil immer noch der Meinung sind, dass es präzise Begriffe (z. B. die Unterscheidung von Auszahlungen, Ausgaben, Aufwand und Kosten im Rechnungswesen) nur in den Ingenieurwissenschaften gibt. Die an Universitäten gelehrte BWL hat sich der Leistungserstellung mit Projektcharakter bisher kaum gewidmet. Die Werke von Patzak / Rattay und Gareis sind eher Ausnahmen. Dabei wären in diesem Fach zahlreiche Schätze zu heben. Außerdem könnte für die Lehre vom Projektmanagement ein solideres Fundament gelegt werden. Es sei nur daran erinnert, dass zahlreiche Stellen in der ICB 3.0 und 4.0 betriebswirtschaftlich schlicht falsch sind, und dass das Rad von Autoren, die mit der Betriebswirtschaftslehre nicht genügend vertraut sind, immer wieder neu erfunden wird. Aus den genannten Gründen freut mich die vorliegende Publikation von Prof. F. X. Bea (Emeritus der Universität Tübingen) und seinen beiden Mitstreitern ganz besonders. Die Verfasser betonen gleich am Anfang die strategische Bedeutung des Projektmanagements, die viel zu lange sträflich vernachlässigt wurde. Sie begreifen Projektmanagement als Mittel der strategischen Unternehmensplanung und schreiben: Es ist „höchste Zeit, Projektmanagement neu im Kontext der Unternehmensführung zu interpretieren“. Sie betrachten Projektmanagement als Führungskonzeption und verstehen darunter „die grundsätzliche Ausrichtung der Unternehmensführung bei der zielorientierten Gestaltung des Unternehmens“. Dem kann man nur aus vollem Herzen zustimmen. Bea und seine Koautoren sehen im Rahmen der Unternehmensführung zwei Ziele des Projektmanagements, nämlich • die Strategische Unternehmensentwicklung und • die Steigerung des Unternehmenswerts. Der Prozess der Auswahl von Vorhaben sollte sich an qualitativen und quantitativen Kriterien einer strategischen Unternehmensentwicklung ausrichten. Angestrebt wird zudem eine nachhaltige Steigerung des Shareholder Value, wobei die Interessen der verschiedenen Stakeholder berücksichtigt werden müssen. Das bedeutet, etwas anders ausgedrückt, dass das Projektportfolio so zusammengestellt werden muss, dass sich eine aus Sicht des Kapitalgebers notwendige Wertsteigerung des Unternehmens erzielen lässt. In dem voluminösen Werk wird ein Entwicklungskontinuum des Projektmanagements beschrieben. Es wird unterschieden zwischen • dem Management von Projekten, • dem Management durch Projekte (Projekte, wie schon betont, als Mittel der Unternehmensentwicklung und zur Steigerung des Unternehmenswerts) und • dem projektorientierten Unternehmen. Der Schwerpunkt liegt hier auf einer „sukzessiven Anpassung der Führungsfunktion zur Unterstützung des wachsenden Projektgeschäfts“. Rezension Projektmanagement DOI 10.2357/ PM-2020-0074 31. Jahrgang · 04/ 2020 62 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0074 16_Schelle.indd 62 16_Schelle.indd 62 14.08.2020 16: 28: 01 14.08.2020 16: 28: 01 Der Teil „Management von Projekten“ bietet die klassischen Lehrbuchinhalte. Bereits hier findet man eine Fülle von Ausführungen, so die Bemerkungen zur Projektkultur, die in Lehrbüchern eher selten sind. Besonders interessant war für mich der originelle Beitrag zur integrierten Projektkostenplanung mit den Bausteinen Prozesskostenrechnung, Lebenszyklusorientierung und Target Costing. Die Einbeziehung der Prozesskostenrechnung wird durch die hohe Bedeutung indirekter Leistungsbereiche, die Berücksichtigung von Target Costing durch das steigende Gewicht der Kundenorientierung plausibel begründet. Ein ausführliches Beispiel, das freilich dem Leser einiges abverlangt, erläutert das Konzept. Eine Anregung für die nächste Auflage: Die Organisationspsychologie, insbesondere die Schule von Lutz von Rosenstiel, hat in den letzten Jahren Projektmanagement als Forschungsgebiet entdeckt und sich z. B. zum traditionellen Risiko- und Chancenmanagement sehr kritisch geäußert. Eine Berücksichtigung der Ergebnisse in einigen Kapiteln, z. B. auch bei der Teamentwicklung, wäre eine Bereicherung. Richtig spannend wird es dann im Teil „Management durch Projekte“. Die Autoren betonen hier nochmals die beiden strategischen Ziele. Sie stellen dann verschiedene Modelle der Unternehmensentwicklung vor, wie zum Beispiel den „Market-based View of Strategy“ und den „Resource-based View of Strategy“ und leiten daraus Gestaltungsempfehlungen für ein Management durch Projekte ab. Ich halte dieses Kapitel aus mehreren Gründen für besonders wichtig und möchte sie allen, die an der Weiterentwicklung unserer Disziplin interessiert sind, ans Herz legen: • Vergleichbar konkrete Inhalte finden sich in keinem der vielen PM-Bücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe, das heißt, diese Abschnitte des Buches sind wirklich neu und gehen über die vagen und unbefriedigenden Aussagen wie sie etwa im PMBoK, in der ICB 3.0 und im OPM3-Manual zu finden waren, weit hinaus. Sie bilden eine theoretische Grundlage für viele Aspekte, die sich jetzt in der ICB 4.0 wiederfinden und geben zugleich Anregungen für weitere Forschung. • Bea und seine Mitstreiter liefern eine überzeugende Argumentationsbasis, um das Topmanagement für das Führungskonzept Projektmanagement zu gewinnen. • Die Passagen bestätigen mich in meiner Auffassung, dass man nicht unbedingt in entlegenen Wissensgebieten Anregungen für die Weiterentwicklung suchen muss. Nicht minder anregend sind die Gedanken zum zweiten Ziel „Wertsteigerung durch Projekte“. Betrachtet man ein Vorhaben als betriebliche Investitionsalternative, stellt sich die Frage, welchen Beitrag zur Steigerung des Unternehmenswerts ein Projekt leisten kann. Ausgehend von dieser Problemstellung behandeln die Autoren die verschiedenen Verfahren der Investitionsrechnung, der Ermittlung von Entscheidungswerten auf Gesamtunternehmensebene und auf Projektebene. Letztendlich wird die Grundstruktur einer wertorientierten Projektwirtschaftlichkeitsrechnung vorgestellt. In einem weiteren Teil wird dann das Multiprojektmanagement behandelt. Auch hier werden viele neue Aspekte sichtbar, auf die aus Platzmangel nicht im Detail eingegangen werden kann. Erwähnt sei hier nur eine für mich neue, wertvolle Klassifizierung von strategischen Projekten und eine Einordnung in eine Balanced Scorecard, das Projektwertbeitrags-Erfolgswahrscheinlichkeitsportfolio und das Wandlungsfähigkeitsportfolio sowie- - für mich besonders interessant-- die operative und strategische Multiprojektkontrolle. Im letzten Abschnitt entwickeln die Verfasser die Zukunftsvision einer rein projektorientierten Unternehmensentwicklung. Dabei folgen sie teilweise den Gedanken von Patzak / Rattay und Gareis. Fazit Die Autoren haben ein Buch geschaffen, das mit diesem Umfang und mit dieser Originalität meines Wissens in der deutschsprachigen Literatur einmalig ist. Sie haben gezeigt, dass in ihrer Disziplin ein erhebliches Entwicklungspotential steckt. Mit dem Werk, das übrigens zu einem sehr vernünftigen Preis zu haben ist, sollten sie die Lehre vom Projektmanagement auch an Universitäten hoffähig gemacht haben. Besonders erfreulich finde ich, dass die Autoren intensiven Kontakt zur GPM haben und auch auf diese Weise dazu beitragen, dass das Fundament unserer Disziplin fester wird. Ich wünsche dem Buch eine weite Verbreitung und aufmerksame LeserInnen. Eingangsabbildung: © iStock.com / nicolamargaret Rezension | Projektmanagement 63 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0074 16_Schelle.indd 63 16_Schelle.indd 63 14.08.2020 16: 28: 03 14.08.2020 16: 28: 03