eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 32/1

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0886
UVK Verlag Tübingen
10.2357/PM-2021-0005
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2021
321 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Mit der Bürgerplattform im Lockdown

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2021
Oliver Steeger
Sie wollten an der Universität Würzburg Projektmanagement lernen. Als sie ihr reales Projekt im April 2020 starteten und eine Plattform für Bürgerbeteiligung entwickelten, kam der Corona-Lockdown. Das sechsköpfige, interdisziplinäre Team aus Studentinnen und Studenten ließ sich von dem Vorhaben nicht abbringen. Obwohl sie sich persönlich kaum kannten, starteten sie ihr Vorhaben online, verbunden durch Videokonferenzen und Kollaborationssoftware. Erst im Sommer, als sie die Klausur für ihr Seminar schrieben, lernten sie sich persönlich kennen. Franziska Lehner und Michael Weber sprechen über ihr Projekt, dem das Virus keinen Strich durch die Rechnung machen konnte. Ganz im Gegenteil: Die Remote Arbeitsweise begünstigt das Projekt ihrer Einschätzung nach.
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Im Interview mit Franziska Lehner und Michael Weber: Studentenprojekt trotz Pandemie Mit der Bürgerplattform im Lockdown Oliver Steeger Sie wollten an der Universität Würzburg Projektmanagement lernen. Als sie ihr reales Projekt im April 2020 starteten und eine Plattform für Bürgerbeteiligung entwickelten, kam der Corona-Lockdown. Das sechsköpfige, interdisziplinäre Team aus Studentinnen und Studenten ließ sich von dem Vorhaben nicht abbringen. Obwohl sie sich persönlich kaum kannten, starteten sie ihr Vorhaben online, verbunden durch Videokonferenzen und Kollaborationssoftware. Erst im Sommer, als sie die Klausur für ihr Seminar schrieben, lernten sie sich persönlich kennen. Franziska Lehner und Michael Weber sprechen über ihr Projekt, dem das Virus keinen Strich durch die Rechnung machen konnte. Ganz im Gegenteil: Die Remote Arbeitsweise begünstigt das Projekt ihrer Einschätzung nach. Frau Lehner, Herr Weber, Projektmanagement ist heute Bestandteil in vielen Studiengängen-- zumeist als optionale Seminare, mit denen Studentinnen und Studenten ihr Fachstudium ergänzen können. Was hat Sie bewegt, ein Projektmanagement-Seminar zu belegen und an einem echten Projekt mitzuwirken? Franziska Lehner: In meinem Studiengang ist Projektmanagement nicht nur eine Option, sondern ein Pflichtmodul. Ich studiere Diversitätsmanagement. In diesem humanwissenschaftlichen Fach gehört ein Projektmanagement-Seminar obligatorisch dazu. Diversitätsmanagement-- was darf ich darunter verstehen? FL: Beim Diversitätsmanagement gilt es, der Vielfalt von Menschen besser Rechnung zu tragen. Es hilft die Interessen unterschiedlicher Gruppen etwa in Unternehmen oder anderen Organisationen zu berücksichtigen. Im Studium befassen wir uns mit diesen Gruppen. Es geht vielfach um die sogenannten Differenzkriterien, beispielsweise um Alter, Gesundheit, Gender-- also Kriterien, nach denen heute noch diskriminiert wird. Geht es beispielsweise in Unternehmen allen Mitarbeitern gut, weil mit ihnen sensibel umgegangen wird-- so erhöht sich auch die Produktivität. Das kann für die Wirtschaft ein wichtiger Erfolgsfaktor sein. Uns im Diversitätsmanagement geht es zudem erstrangig um Menschen, und dann um Produktivität. Wie kommt es, dass Sie sich in diesem Zusammenhang so intensiv mit Projektmanagement befassen? FL: Unser Projektmanagement-Seminar ist das zentrale Modul, das direkt die Schritte des Projektmanagements lehrt, und zwar mit einer strengen Ausrichtung auf die praktische Umsetzbarkeit. Das Projektmanagement-Modul ist das einzige, das so stark in die Richtung von Management und Umsetzung geht. Mit Projektmanagement können wir Vorhaben im Diversitätsmanagement methodisch kontrolliert, kritisch reflektiert und für Stakeholder wie Shareholder transparent umsetzen. Wie war es bei Ihnen, Herr Weber? War auch für Sie das Projektmanagement-Seminar die erste Berührung mit diesem Thema? Michael Weber: Vor meinem Studium habe ich eine Ausbildung als Fachinformatiker gemacht. Dabei habe ich bereits verstanden, wie wichtig das Thema Projektmanagement in diesem Bereich ist. Ich studiere heute Human Computer Interaction. Geben Sie auch zu dieser Studienrichtung bitte eine kurze Erläuterung? MW: Human Computer Interaction heißt, das Programmieren vom Menschen her zu denken. Der Nutzer mit seinen Bedürfnissen steht im Zentrum unserer Arbeit. Wie können wir etwas entwickeln, was ihn unterstützt und zufriedenstellt, ohne dass er sich an das System anpassen oder lange gewöhnen muss? Da spielt auch Psychologie eine große Rolle. Ist auch in Ihrem Studiengang Projektmanagement Pflicht? MW: Nein, das ist für uns ein Wahlpflichtmodul, also eine Option. Mich hat eine Dozentin auf das Projektmanagement-Seminar angesprochen und es mir empfohlen. Sie hat meine Neugier geweckt; auch die Projekte, die an meiner Universität ( Julius-Maximilians-Universität Würzburg, d. Red. ) angeboten wurden, fand ich gut. Im vergangenen Jahr, dem Pandemie-Jahr, haben Sie an Ihrem Projektmanagement-Seminar teilgenommen. Der Ansatz des Seminars an der Universität Würzburg liegt in der Praxis. Studentinnen und Studenten lernen nicht nur die Strategien, Ansätze und Methodik im Hörsaal, sondern sie wenden diese auch in einem Lehr-Projekt an. In einem interdisziplinären Team haben Sie ein eigenes Projekt agil aufgesetzt, bearbeitet und abgeschlossen-- und dabei den gesamten Projektprozess kennengelernt. Hat Ihnen die Praxis geholfen, die Theorie besser zu verstehen? FL: Ich hatte vor diesem Seminar noch nie mit Projektmanagement zu tun. Offen gesagt, die ganzen Methoden und Reportage Mit der Bürgerplattform im Lockdown DOI 10.2357/ PM-2021-0005 32. Jahrgang · 01/ 2021 23 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 01/ 2021 DOI 10.2357/ PM-2021-0005 Theorien, die man im Seminar lernt, sind im ersten Moment sehr abstrakt. Ich konnte keine Vorstellungen damit verbinden. Für mich war es hilfreich, alles direkt in die Tat umsetzen zu können-- und auch Fehler dabei zu machen, aus denen ich lernen konnte. Wende ich etwas an, dann lerne ich es besser, als wenn ich es auf einem Blatt Papier theoretisch durchgehe. MW: Der gute Lerntransfer ist auch für mich ein wichtiger Vorteil. Durch die Praxis wird Lernstoff viel besser verankert als durch bloßes Lernen oder Klausuren schreiben. Zudem hilft die Praxis, die Nuancen und die Details zu sehen. Was kann in der Praxis wirklich schiefgehen? Was ist anders als in der Theorie, und wie reagiert man darauf? Welche Theorieanteile sind vielleicht in der Praxis eher unwichtig? An solches Praxiswissen kommt man nur durch Anwendung. Praxis bedeutete für Sie ja, dass Sie an einem realen, authentischen Vorhaben gearbeitet haben-- inklusive „echtem” Auftraggeber. Sie haben eine IT-Plattform für Bürgerbeteiligung erarbeitet. Die Grundlagen für die sogenannte „Consul”-Plattform wurden vor einigen Jahren in Spanien entwickelt. Sie ist heute Open-Source-Software. Diese Plattform haben Sie für die Stadt Würzburg adaptiert, also übersetzt und hiesigen Anforderungen angepasst. Beispielsweise kann die Stadt über diese Plattform ihre Bürger an Planungen beteiligen oder zu kommunalen Problemen hören. Was hat für Sie den Ausschlag gegeben, dieses Projekt für sich zu wählen? MW: Einerseits fand ich das Thema Bürgerbeteiligung und Partizipation generell reizvoll für mich, weil ich selbst politisch interessiert bin und auch schon in der Vergangenheit an Arbeiten in diesem Gebiet mitgewirkt habe. Andererseits hat bei der Gruppenzuteilung auch der Zufall mitgespielt. Es gab weitere spannende IT-Projekte zum Thema Smart City. Letztlich hat es bei mir für dieses Projekt gepasst. FL: Bei mir war es ähnlich. Es standen sechs Projekte zur Wahl. Ich habe mich als Humanwissenschaftlerin zunächst gefragt, was ich zu einem IT-Projekt beisteuern soll. …-und dann? FL: Mir wurde klar, dass dieses auf den ersten Blick technische Projekt die Beteiligung von Menschen zum Ziel hat. Es geht um Partizipation, die durch die Plattform ermöglicht wird. Dazu hatte ich einen Bezugspunkt. Natürlich spielte auch etwas Zufall und Neugier eine Rolle. Niemand von uns Humanwissenschaftler*innen wusste recht, was uns genau erwartet und wie unser jeweiliger Beitrag aussehen könnte. Weder kannte ich Projektmanagement noch konnte ich programmieren. Auch hatte ich mich zuvor kaum mit digitalen Tools und neuen Rollen befasst. Doch es hat sich schnell gezeigt, wie ich mich als Humanwissenschaftlerin in dieses Projekt einbringen konnte. Ist es schwierig, in solch einem interdisziplinären Studentenprojekt zu arbeiten? FL: In einem interdisziplinären Projekt sollen ja verschiedene Sichtweisen zusammenkommen. Ich als Diversitätsmanagerin achte auf andere Aspekte als Informatiker und Programmierer. Da muss man zunächst schauen, wie man sich verständigen kann und wie man Kompromisse findet. Man lernt in solchen Projekten viel über Kommunikation. Ressourcenplanung, die funktioniert Projektportfolio-Management Ressourcenplanung Zeit-/ Leistungserfassung Kosten-Controlling Die Testumgebung in der Cloud steht für Sie bereit Scheuring AG CH-4313 Möhlin � +41 61 853 01 54 www.scheuring.ch � info@scheuring.ch www.ressolution.ch Anzeige MW: In solch einem Projekt lernt man viel Methodik etwa zu Risikomanagement, Kommunikation oder Planung. Aber ich denke, man profitiert darüber hinaus-- und zwar persönlich. Inwiefern persönlich? MW: Ich habe gelernt, wie ich selbstbewusst an Projekte herangehen kann. Ich weiß, was ich bedenken muss. Zum Beispiel? MW: Ich habe viel darüber gelernt, welche Rollen es in Projekten gibt und wie ich welche richtig ausfülle. Bei uns im Team gab es regelmäßig Rollenwechsel. Jeder bei uns im Team war für kurze Zeit mal Product Owner oder Scrum Master. So etwas hatte ich in meinem Studiengang bis dahin noch nicht erfahren. Es macht schon einen Unterschied, ob man im Team auf die Anweisung vom Product Owner wartet-- oder ob man selbst dieser Product Owner ist, aktiv werden und das Team darauf aufmerksam machen muss, dass es sich etwa auf eine Besprechung am nächsten Tag vorbereitet. FL: Dies sind Fähigkeiten, die ich ohne solch ein Seminar vielleicht nicht entwickeln würde- - oder zumindest nicht so intensiv. In diesem Projektmanagement-Seminar wird man viel mit Neuem konfrontiert, beispielsweise mit den vielen digitalen Tools, die wir benutzt haben. Sie sprechen von digitalen Tools. Wegen des Lockdowns im Frühjahr hat Ihr Projekt komplett digital stattgefunden. Sie haben remote zusammengearbeitet, buchstäblich vom ersten Kennenlernen an-… Reportage | Mit der Bürgerplattform im Lockdown 24 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 01/ 2021 FL: Die allermeisten kannten sich nicht, als wir im April gestartet sind. In einer Videokonferenz haben wir uns diesem Projekt zugeordnet, und in einer weiteren Videokonferenz haben wir uns das erste Mal getroffen. Eine Studentin im Team kannte ich aus meinem Studiengang. Die anderen waren mir fremd. Sehen Sie darin eine Herausforderung? FL: Natürlich ist das eine Herausforderung. Wir haben uns zum ersten Mal im Sommer persönlich bei einem Klausurtermin gesehen, als das Projekt fast beendet war. Alles andere lief digital. MW: Aus meiner Perspektive lief das Projekt in der Coronazeit insgesamt besser als man das erwarten sollte. Vielleicht hing dies auch mit dem Umstand zusammen, dass es sich um einen digitalen Projektauftrag handelte und wir an einer digitalen Plattform arbeiteten. FL: Hätten wir zusammen beispielsweise einen Roboter gebaut, wäre dies mit einer remote Arbeitsweise deutlich schwieriger gewesen. Bei solchen Projekten muss man sich treffen, Zwischenergebnisse und Prototypen in die Hand nehmen, vielleicht auch etwas Praktisches tun, etwa gemeinsam etwas bauen mit Schraubenziehern in der Hand. Bei einem IT-Projekt braucht man quasi nur die Bildschirme zu teilen. Alle können dann sehen, an was gerade wie gearbeitet wird. Hat die Pandemiezeit bei Ihrem Risikomanagement eine Rolle gespielt? MW: Eine solche Krise bringt natürlich spezielle Risiken mit sich. Viele Teams mussten ihre Arbeitsweise umstellen. Das galt für uns nicht; wir haben von Anfang an remote gearbeitet, ohne das Risiko einzugehen, erst später umstellen zu müssen. Beim Risikomanagement haben wir stärker berücksichtigt, dass vielleicht jemand im Team abspringen könnte-- aus welchen Gründen auch immer. Ich höre häufig, dass eine rein digitale Zusammenarbeit bei Projekten möglich ist- - doch etwas Entscheidendes fehlt dabei. Was haben Sie bei der remote Projektarbeit vermisst? FL: Ganz klar der persönliche Kontakt. MW: Beispielsweise gehen Körpersprache und Gestik bei Videokonferenzen ein Stück weit verloren. Diese Informationen werden reduziert. Das erschwert die Interpretation und Kommunikation mitunter. FL: Ich konnte nicht immer die Körpersprache einschätzen. Hat jemand mal ein grimmiges Gesicht gemacht, war es schwierig herauszufinden, was gemeint war und wie man reagieren sollte. Kennt man die Menschen nicht, mit denen man zusammenarbeitet, und sieht man sie nur in einem kleinen Kamera-Ausschnitt auf dem Bildschirm, ist das Einschätzen solcher Signale schwierig. MW: Die Kommunikation ist insgesamt stark auf die Arbeit ausgerichtet. FL: Dies sehe ich ähnlich. Vor allem Videokonferenzen sind stark auf Arbeit ausgerichtet. Man trifft sich zum Arbeiten. Man erledigt zusammen seine Arbeit und die offenen Punkte. Danach ist die Online-Konferenz vorbei. MW: Die informelle Kommunikation- - beispielsweise am Kaffeeautomaten oder vor Beginn des Treffens-- fällt vielfach weg. Dadurch geht Zwischenmenschliches verloren. Dies muss man im Hinterkopf behalten bei der remote Arbeitsweise. FL: Wir versuchten uns online besser kennenzulernen. Beispielsweise haben wir bei Meetings häufig eine Frage der Woche gehabt, also eine persönliche Frage für das Team. Eine persönliche Frage-- welche zum Beispiel? FL: Meine erste Frage war: „Wie groß seid Ihr eigentlich? ” Man sieht ja auf dem Bildschirm nicht, wie hoch jemand gewachsen ist. Die Frage der Woche drehte sich auch um anderes, etwa um Geschwister oder Hobbies. Das klingt alles sehr simpel und profan, ist aber ein guter Weg, sich besser kennenzulernen. Diese Fragerunden haben unsere Zusammenarbeit gefördert und auch den Zusammenhalt gestärkt. Wir haben über die Nachteile der remote Arbeitsweise während der Coronazeit gesprochen. Welche Vorteile hat sie gebracht? MW: Diese Arbeitsweise hat die Kommunikation sehr flexibel gemacht. Man kann von allen Orten an Besprechungen teilnehmen, etwa von zu Hause oder der Uni aus. Dadurch ist es auch einfacher, gemeinsame Termine zu finden. Spontane Besprechungen sind besser möglich. Man konnte mal schnell etwas präsentieren und Feedback einholen, auch nur für eine halbe Stunde. FL: Wir hatten keine Anfahrtszeiten, etwa von der Stadt zur Uni oder ins Gründerzentrum unseres Auftraggebers. Jeder konnte sich flexibel hinzuschalten. In Ihrem Projekt haben Sie agil gearbeitet. Agile Arbeitsweise hat viel mit Feedback zu tun, also anderen Feedback geben oder selbst Feedback empfangen. Wie hat sich diese Feedbackkultur in Ihrem Team gestaltet? FL: Offen gesagt, da war aus meiner Sicht durchaus noch Verbesserungspotenzial. Angesichts der digitalen Arbeitsweise hat es dennoch gut funktioniert. Wir waren im Team schnell auf gemeinsamer Wellenlänge. Es war schnell klar, dass alle im Team gleichberechtigt waren. Wir waren sehr ehrlich zueinander. Wir haben uns nicht zurückgenommen, sondern deutlich gesagt, was uns gut gefiel und weniger gefiel. Aber? MW: Bei Videokonferenzen ist man generell ständig beieinander. Jeder hört jeden. Alles ist für alle zugänglich. Auf der einen Seite ist das gut. Auf der anderen Seite wird es schwierig, sich mal unter vier Augen Feedback zu geben-- ohne dass die anderen gleich alle mithören. So, wie man das in einem Büro mal am Kaffeeautomaten macht. In bestimmten Situationen kann solch unkompliziertes Feedback hilfreich sein. Spontanes, vertrauliches Feedback ist also schwierig? MW: In einer analogen Umgebung geht es mir zumindest schneller von der Hand. So ein kurzes: „Hey, das hast Du eben echt gut gemacht.” In einer Videokonferenz, die ja geordnet verläuft, ist dies schwieriger, wenn man das Feedback nicht nur schriftlich geben möchte. Sie haben vorhin das Würzburger Gründerzentrum und Ihren Auftraggeber erwähnt. Für Ihr Projekt hatten Sie einen realen Auftraggeber, mit dem Sie zu- Reportage | Mit der Bürgerplattform im Lockdown 25 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 01/ 2021 DOI 10.2357/ PM-2021-0005 sammengearbeitet haben. Wie sind Sie vorgegangen? MW: Dr. Christian Andersen, unser Auftraggeber, hat uns seinen Auftrag vorgestellt. Als wir uns für diesen Auftrag entschieden haben, hat er in weiteren Gesprächen mit uns erörtert, auf was es ihm ankommt. Er hat seine Vorstellungen von dem Projekt präzisiert und erläutert. Außerdem hat er uns erklärt, wie er die Rollen sieht und wie er mit uns zusammenarbeiten will. Wir haben ihn dann in unsere Kommunikationstools eingeladen. Haben Sie ihm auch Ihre Kollaborationssoftware geöffnet? MW: Ja, an den wichtigsten Bereichen konnte er teilhaben. Er war involviert. FL: Er hat uns sehr gut unterstützt. Ein Beispiel: Er hat uns Türen geöffnet in die Stadtverwaltung. Wir konnten Kontakte in die Verwaltung knüpfen. Auch hat er uns Möglichkeiten verschafft, unser Projekt außerhalb der Universität zu präsentieren, etwa in der Stadt oder bei interessierten Gruppen. Alles online natürlich-… Im Umkehrschluss-- Sie haben im Team auch mehr für das Projekt getan als eigentlich für das Seminar erforderlich war? MW: Ich glaube schon. Beispielsweise ist die Dokumentation sehr umfangreich und detailliert geworden. Wir wussten ja, dass wir die Plattform an andere Menschen übergeben, die das Projekt nach dem Seminar weiterführen. FL: Wir haben viel Zeit investiert und sehr überlegt, welche Informationen unsere Nachfolger*innen brauchen. Unsere Nachfolger*innen sollten genau wissen, was wir uns im Einzelnen gedacht und wie wir Features realisiert haben. Ihr Projekt war weit mehr als ein Übungsprojekt oder Planspiel. Welche Rolle hat es für Ihre Motivation gespielt, dass Ihr Projektergebnis am Ende tatsächlich genutzt wurde in Würzburg und heute Bürgern zugutekommt? MW: Wir haben dieses Projekt ja auch wegen des Themas und des politischen Hintergrunds gewählt. Wir wollten mit unserem Projekt Bürgern die Möglichkeit geben, sich politisch zu engagieren. Diese Plattform spricht Menschen an, die sich Franziska Lehner Franziska Lehner studiert seit Oktober 2019 „Diversitätsmanagement, Religion und Bildung“ (Masterstudium M. A.) an der Universität Würzburg. Sie hat einen Bachelorabschluss B. A. in Vergleichenden Kulturwissenschaften an der Uni Regensburg und der Universidad Austral de Chile (Nebenfächer mit Fokus auf interkulturelle Kommunikation, Philosophie und Gender Studies). Seit Oktober 2020 ist sie Tutorin für Erstsemester-Studierende. Foto: privat Michael Weber Michael Weber studierte nach einer Ausbildung zum Fachinformatiker „Mensch-Computer-Systeme“ in Würzburg von 2016 bis 2020, einen Bachelor-Studiengang mit einem Schwerpunkt auf Informatik plus Psychologie. Seit April 2020 studiert er im Masterstudiengang „Human- Computer Interaction“ zur Vertiefung der Kenntnisse und Methoden. Zudem ist er als studentische Hilfskraft in Projekten zur digitalen Bürgerbeteiligung aktiv (http: / / forschung.psyergo.uni-wuerzburg.de/ ); auch privat ist er interessiert an der Entwicklung Würzburgs zur Smart City. Foto: Stephan Huber vielleicht noch nicht politisch oder ehrenamtlich engagieren-- vielleicht, weil sie keine Zeit haben, nachmittags analoge Sitzungen im Rathaus zu besuchen. FL: Diese Plattform kann neue Gruppen erreichen, etwa jüngere Menschen oder Schichtarbeiter*innen. Oder Menschen, die lieber schreiben als offen auf Versammlungen zu sprechen. Unsere digitale Plattform soll mit Sicherheit nicht die analoge Bürgerbeteiligung ablösen. Wir sehen sie als Ergänzung, um noch mehr Menschen anzusprechen und für Beteiligung zu gewinnen. Reportage | Mit der Bürgerplattform im Lockdown 26 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 01/ 2021 DOI 10.2357/ PM-2021-0005