PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Virtuelle Führung – Was können wir aus Projekten lernen?
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Christian Stadler
Anke Brinkmann
Virtuelle Führung hat seit 2020 im Zuge von Social Distancing eine neue Verbreitung und völlig
neue Bedeutung erhalten. Schon 2018 zeigte der „Virtual Team Report 2018“ (CULTUREWIZARD.COM) auf, dass global die virtuelle Zusammenarbeit von 64 % (2010) auf 89 % (2018) gestiegen ist (bezogen auf die an der Befragung teilnehmenden Branchen weltweit). Dieser Anstieg von 25 % zeigt in welche Richtung sich die Zusammenarbeit entwickelt. Seit 2020 ist diese Entwicklung auch in Branchen sichtbar, die noch nicht virtuell tätig waren. Dies verlangt nicht nur Führungskompetenz, sondern auch Fähigkeiten im Umgang mit persönlicher Distanz und virtueller Kommunikation. In Projektteams gab es diese Herausforderung branchenübergreifend im Zuge der Globalisierung und Einführung von digitalen Systemen seit langem. Die Teammitglieder müssen sich in kurzer Zeit aufeinander einlassen und Vertrauen zueinander aufbauen, um erfolgreich das Ziel zu erreichen. Hierbei ist die Kommunikation ein wichtiger Bestandteil sowie das gemeinsame Commitment das Projektziel zu erreichen. Damit alle ihre Rolle im Projekt wahrnehmen können,
braucht es Klarheit zur Rolle, Freiheitsgrade (damit Eigenverantwortung gelebt werden kann), Transparenz über die vorhandenen Informationen (um gute Entscheidungen zu treffen) und Empathie unter den einzelnen Teammitgliedern.
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43 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 03/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0050 Virtuelle Führung-- Was können wir aus Projekten lernen? Christian Stadler, Anke Brinkmann Für eilige Leser | Virtuelle Führung hat seit 2020 im Zuge von Social Distancing eine neue Verbreitung und völlig neue Bedeutung erhalten. Schon 2018 zeigte der „Virtual Team Report 2018“ (CULTUREWIZARD.COM) auf, dass global die virtuelle Zusammenarbeit von 64 % (2010) auf 89 % (2018) gestiegen ist (bezogen auf die an der Befragung teilnehmenden Branchen weltweit). Dieser Anstieg von 25 % zeigt in welche Richtung sich die Zusammenarbeit entwickelt. Seit 2020 ist diese Entwicklung auch in Branchen sichtbar, die noch nicht virtuell tätig waren. Dies verlangt nicht nur Führungskompetenz, sondern auch Fähigkeiten im Umgang mit persönlicher Distanz und virtueller Kommunikation. In Projektteams gab es diese Herausforderung branchenübergreifend im Zuge der Globalisierung und Einführung von digitalen Systemen seit langem. Die Teammitglieder müssen sich in kurzer Zeit aufeinander einlassen und Vertrauen zueinander aufbauen, um erfolgreich das Ziel zu erreichen. Hierbei ist die Kommunikation ein wichtiger Bestandteil sowie das gemeinsame Commitment das Projektziel zu erreichen. Damit alle ihre Rolle im Projekt wahrnehmen können, braucht es Klarheit zur Rolle, Freiheitsgrade (damit Eigenverantwortung gelebt werden kann), Transparenz über die vorhandenen Informationen (um gute Entscheidungen zu treffen) und Empathie unter den einzelnen Teammitgliedern. Schlagwörter | 5 Erfolgsfaktoren, VUCA, Teamerfolg, virtuell, Social Distancing, Beziehungen Welche Herausforderungen ergeben sich für die virtuelle Führung von Projektteams? Führung auf Distanz erfordert ein neues Führungsverständnis. Die Projektleiter müssen in der Lage sein, Vertrauen aufzubauen, einen Team-Spirit für ein gemeinsames Wirken herbeizuführen, ohne einen persönlichen Kontakt zu ihren Mitarbeitern zu haben. Abstandsregelungen und Social Distancing haben uns vor Augen geführt, dass Menschen soziale Wesen sind. Unsere Lebens- und Arbeitsqualität bemisst sich zu einem großen Teil an der Qualität der Interaktionen mit den Menschen um uns herum. Gute, gesunde Beziehungen machen uns glücklich und widerstandsfähig, auch angesichts von Rückschlägen und Entbehrungen. In die Verbundenheit der Mitarbeitenden zu investieren ist folglich eine Investition in die Zukunft. Austausch, gemeinsames Lernen und interdisziplinäre Teams gehören zu den Basics einer modernen (Netzwerk-)Organisation. Dies verlangt ein Mindset, basierend auf Vertrauen in der Zusammenarbeit. Der offene Austausch von Informationen stärkt die Leistungsbereitschaft und den Kooperationswillen. Dies ist ebenso in Teams, die sich persönlich sehen. In der virtuellen Welt kommt jedoch hinzu, dass der Informationsaustausch reduziert stattfindet-- eMails, die kurzgefasst werden, knappe Telefonate etc. Ist der Austausch nur darauf ausgerichtet, kann es dazu führen, dass der Kooperationswille und die Motivation nachlassen und es zu Konflikten innerhalb der Gruppe kommen kann. Diese stellen die größte Herausforderung für die Projektleiter dar. Kommunikations- und Koordinationsprobleme, die in jedem Team auftreten können, fallen bei virtuellen Teams oft besonders ins Gewicht. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass die Kommunikation über räumliche, temporale und organisationale Grenzen hinweg um einiges schwieriger und anspruchsvoller ist als eine von Angesicht zu Angesicht. Die Schwierigkeiten fokussieren sich neben den genannten, veränderten Rahmenbedingungen hauptsächlich auf die Eigenschaften der Teammitglieder. Während Konflikte bei den Rahmenbedingungen noch schnell zu identifizieren sind, wird dies bei den Eigenschaften der Personen (der Grundlage der Beziehungsebene) sehr schwierig. Was in lokalen Teams durch „Bauchgefühl“ und Gespräche, verbunden mit Mimik Wissen Virtuelle Führung - Was können wir aus Projekten lernen? DOI 10.24053/ PM-2021-0050 32. Jahrgang · 03/ 2021 Wissen | Virtuelle Führung-- Was können wir aus Projekten lernen? 44 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 03/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0050 und Gestik, in den Teeküchen und Büros unserer Organisation wettgemacht wird, stößt im virtuellen Raum an seine Grenzen. Die kanadische Psychologin Susan Pinkert beschreibt in ihrem Buch „The Village-Effect“ anhand von Forschungsergebnissen, wie wichtig persönliche Begegnungen sind und warum sich diese nicht durch virtuelle Kontakte ersetzen lassen. Persönliche Kommunikation löst ein Ausschütten von Neurotransmittern und Hormonen aus, die Stress reduzieren und Wohlbefinden erzeugen. Das ist ein Grund dafür, warum Menschen mit wenigen echten Kontakten sogar ein 30 % höheres Sterberisiko haben. Ein simpler Händedruck oder ein Schulterklopfen erhöhen laut Pinkert die Ausschüttung des Hormons Oxytocin und das wiederum reduziert Stress und erhöht das Vertrauen. Susan Pinkert beschreibt eine Studie, bei der herausgefunden wurde, dass eine ermutigende SMS der Mutter nach einem Test keinen Einfluss auf die Cortisolwerte im Speichel hat- - im Gegensatz zu einem Telefongespräch oder einem persönlichen Treffen. Sie schließt daraus, dass in der virtuellen Kommunikation oft ein Großteil der Botschaft verloren geht. Das nämlich, was wir durch unseren Tonfall, unsere Mimik und Körpersprache unbewusst mitteilen. Diese Botschaften bestimmen die Beziehungsebene (vgl. Personalmagazin 5 / 16 Seite 30 ff.). Deshalb ist es in der Führung auf Distanz besonders wichtig, den Kontakt zu den einzelnen Teammitgliedern so persönlich wie möglich zu halten. Viele Beschäftigte verbringen den ganzen Tag in Videomeetings und gönnen sich zu wenige Pausen. Raum für spontane Kreativität geht verloren. Gerade dies ist etwas, dass in Projekten, da es oft neue Ansätze sind, benötigt wird. Das bedeutet, dass es unabhängig, ob wir uns in einem Projektkontext im Unternehmen oder operativen Tagesgeschäft befinden, wichtig ist, für die Teilnehmenden Räume zu schaffen. Räume, wo es Anlässe gibt, neben dem fachlichen Austausch auch Beziehungen zueinander aufzubauen. Dies kann zum Beispiel durch • virtuelle Coffee und Lunch Dates, • Spaziergänge „walk the talk“, • virtuelles Chat-Roulette oder ein virtuelles Quiz (spielerisch), • Check-Ins bei Meetings-- „Wie geht es mir? “ oder „womit habe ich heute schon jemandem eine Freude bereitet? “-- unterstützt werden. Diese Methoden erfüllen zu einem akzeptablen Grad das Bedürfnis nach sozialer Nähe und nach informellen Kontakten der Teammitglieder. Sie erschaffen hiermit einen gemeinsamen Wohlfühleffekt. Dies minimiert die Grundlage von Konflikten. Die Führungskraft schafft somit einen Raum für anlassfreie Kommunikation im virtuellen Raum, da sonst durch eine stetige Versachlichung der Kommunikation ein „wir spüren uns nicht mehr“ Gefühl eintritt. Hier stehen den Führungskräften viele Möglichkeiten offen. Was sind die Erfolgsfaktoren virtueller Führung? 5 Erfolgsfaktoren, die ineinandergreifen, unterstützen die Führung und Zusammenarbeit. Klarheit und Transparenz Die Aufgabe, das Ziel sollte für alle eindeutig formuliert sein. Durch Rückfragen und dem Verschriftlichen der Ziele können Missverständnisse vermieden werden. Gegebenenfalls müssen Erwartungshaltungen der Projektmitglieder vorab in Einzelgesprächen abgefragt und abgeklärt werden, um Konflikte durch Frustration zu verhindern. Dies kann ein regelmäßiger virtueller Jour fixe mit den einzelnen Teammitgliedern sein, in dem nicht nur Arbeitsstände besprochen werden, sondern auch Erwartungen abgeglichen und Befindlichkeiten ausgetauscht werden können. Damit kann die Projektleitung das fehlende Live-Bauchgefühl in verschiedenen Situationen bestmöglich kompensieren. Auch sollte für alle Mitwirkenden klar werden „Warum setzen wir dies um? “; „Woran erkenne ich, dass das Ziel erreicht wurde? “; „Was ist anders als vor dem Projekt? “. Neben der Aufgabe sollten auch die Regeln der Zusammenarbeit festgelegt werden. Verabreden, wie häufig sich alle austauschen und über welche digitalen Medien dies stattfindet. Transparenz sollte geschaffen werden, indem Berechtigungskonzepte für den Austausch von Informationen auf Plattformen und Laufwerken so angelegt werden, dass sich die Mitarbeitenden eigenständig Informationen holen können. Sehr wichtig für Klarheit und Transparenz ist auch die Protokollierung und Dokumentation von Diskussionen und Entscheidungen. Diese helfen dabei, Missverständnisse und daraus hergeleitete Fehlentwicklungen rechtzeitig wahrzunehmen. Sie sind eine gute Grundlage für die routinemäßigen Feedback-Gespräche. Auch kann eine gute Dokumentation helfen, Entscheidungswege zu einem späteren Zeitpunkt nachvollziehbar zu machen. Vertrauen Vertrauen ist kein Selbstzweck-- es ist immer die Eigenschaft einer Beziehung zwischen zwei oder mehreren Menschen. Vertrauen ist also Beziehungssache und somit im Team für den Erfolg oder Misserfolg entscheidend. In einer erfolgreichen Beziehung schenken sich Teammitglieder und Führungskraft einander wechselseitig Vertrauen. Dieses Vertrauen ist in virtuellen Teams besonders wichtig, weil die Führungskraft die Arbeitsleistung weniger gut direkt überschauen kann als in lokalen Teams. Durch die veränderten Rahmenbedingungen und besonders der veränderten Kommunikation stehen in virtuellen Teams Beziehungen somit unter einem erheblichen Druck. Daher wirkt sich Vertrauen besonders positiv auf die Motivation und das Zusammengehörigkeitsgefühl aus. Es wird gestärkt, indem die Führungskraft den Teams unabhängig von Hierarchie oder Status Wertschätzung gibt und Gestaltungsspielraum. Beschäftige, die sich einbringen dürfen, da, wo dies von der Führungskraft gefördert wird, tauschen sich mehr aus und können auf Veränderungen von außen flexibler reagieren. Sie identifizieren sich mehr mit dem Projektziel, der Aufgabe. Persönliche Treffen Durch persönliche Treffen zu Beginn, zum Beispiel bei einer Kick-off-Veranstaltung, in der ein gemeinsames Commitment gegeben wird, ein stabiles Vertrauen entwickelt werden kann, analog der Teams, die in Präsenz zusammenarbeiten. Auch eine informelle „Online-Zusammenkunft“, kann dies unterstützen, wenn ein persönliches Treffen nicht möglich ist. Auch hier ist das Ziel, Klarheit über den eigenen Beitrag zu bekommen. Schaffe ich, was ich zusage? Verbindlichkeit fördert Vertrauen und reduziert das Auftreten von Konflikten. Wissen | Virtuelle Führung-- Was können wir aus Projekten lernen? 45 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 03/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0050 Trainings in den Tools und Methoden Damit die Zusammenarbeit gut funktioniert, ist es wichtig, ein einheitliches Verständnis an Methoden und Tools zu haben, die genutzt werden. Denn, wenn in Teams die Tools bekannt sind, entsteht kein Ungleichgewicht. Beispielsweise dadurch, dass eine Person ein Tool besser kennt, möglicherweise schneller antwortet oder vermeintlich professioneller wirkt. Wer eine Plattform gut kennt, fühlt sich sicherer und wohler. Ungleichgewichte werden vermieden. Denn auf Augenhöhe zu arbeiten ist für ein konstruktives Miteinander wichtig. Neben der Methodenkenntnis sollte es auch Räume für den informellen Austausch geben. Auf welchem Weg dies stattfindet, entscheidet der Teilnehmerkreis, hier gibt es kein „Richtig“ oder „Falsch“. Psychologische Sicherheit Verunsicherung mindert Leistung wie Wohlbefinden. Gerade für die virtuelle Zusammenarbeit ist ein offenes Ansprechen von Spannungen und Fehlern wichtig, da sich die einzelnen Akteure nicht sehen. Es ist zudem förderlich für Innovationen und den Teamerfolg. Die Führungskraft sollte hierbei Vorbild sein und Hilfe erbitten, einen Fehler anzusprechen oder ein Projekt zu kritisieren. Dies kann beispielsweise in einem Feedbackmeeting getan werden. In einer „sicheren“ Organisation zeichnen sich Führungskräfte dadurch aus, dass sie sich selbst zurücknehmen, eigenes Nichtwissen eingestehen und Probleme offen ansprechen. Gleichzeitig motivieren sie so Ihre Teams, sich auch so zu verhalten und aktiv einzubringen, ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen. Bei Führung auf Distanz ist die Vermittlung psychologischer Sicherheit noch wichtiger, auch wenn dies schwieriger als in physischer Präsenz zu vermitteln ist. Zum Beispiel ist der Verlust der „Verbindung“ zum Unternehmen und zur Führungskraft eine große Furcht von Teammitgliedern in der virtuellen Zusammenarbeit. Zwar wird gemeinsam erfolgreich gearbeitet, aber es besteht die Gefahr des berühmten Sprichworts: „Aus den Augen aus dem Sinn“. Die Teammitglieder fühlen sich oftmals (ohne das entsprechende Feedback) abgekoppelt von der Karriereplanung, Beförderungen, Bonusprogrammen etc. Die Führungskraft sollte daher besonders auf die Bedürfnisse der „Wahrnehmung“ der Teammitglieder achten. Auch virtuell gibt es einen hohen Bedarf an Personalentwicklung. Es muss ein Zugehörigkeitsgefühl aufgebaut werden, um die Loyalität der Teammitglieder langfristig zu sichern. Denn Sicherheit zu bekommen, steigert die Verbundenheit zum Team und damit verbessern sich das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit. Wie kann die Organisation die Führungskräfte unterstützen, um Beschäftigte arbeitsfähig zu halten und eine Beschäftigungsfähigkeit wiederherzustellen? „Resilienz“ heißt das Wort der aktuellen Zeit. Es lässt sich als „Widerstandsfähigkeit“ übersetzen, mit der Fähigkeit, sich von äußeren Einflüssen nicht so schnell verunsichern zu lassen, sondern situativ unter veränderten Bedingungen weiterzumachen. In der VUCA-Welt (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität) erleben wir Situationen, in denen wir flexibel und unter Unsicherheit Entscheidungen treffen, die komplexe Zusammenhänge beinhalten. Dies stellt unsere Unternehmen vor Herausforderungen und es benötigt Widerstandskraft in der Organisation. Wie kann diese aufgebaut werden? Es benötigt Führung und Struktur, aber nicht kontrolllastig, sondern auf Vertrauen basierend und unterstützend. Denn je mehr Interdependenzen ein System enthält, desto komplexer ist es. Wissen Sie, wie sich Ihr Team fühlt? Was jeden beschäftigt? Was deren individuelle aktuelle Herausforderungen sind? Wo Sie sie ggf. unterstützen können oder gemeinsam nach Lösungen suchen? Gerade wenn virtuell gearbeitet wird, ist es wichtig zuzuhören, nachzufragen und empathisch im Projektteam aufeinander einzugehen. In einem ersten Schritt kann dies sicher durch eine „Puls- Umfrage“ geschehen, um ein Gesamtbild zu erhalten. Es ersetzt jedoch nicht das persönliche Gespräch. Projektleiter sollten sich diese Gespräche als Routine in ihren Alltag einbauen. Folgende Leitsätze können dabei helfen: • Ich möchte nicht nur hören, was du sagst, sondern ich möchte verstehen, was du mir sagen möchtest und was du brauchst, damit es dir gut geht und wir gut zusammenarbeiten können. • Ich achte in unserem Gespräch auf die „nonverbalen Zeichen“. • Ich wiederhole, was ich verstanden habe, und kläre, ob das, was ich meine, was du brauchst, auch das ist, was du suchst. Gerade wenn diese Gespräche keine Routinen sind, sollte der Austausch da ansetzen, wo das Team steht, um auch authentisch angenommen werden zu können. Entwickelt sich mit der Zeit eine Kultur des offenen Austausches und Miteinanders, profitieren alle davon. • Es wird als Wertschätzung von den Teams angenommen. • Es steigert das Zugehörigkeitsgefühl und die Verbundenheit miteinander. • Es kann dabei helfen, Prioritäten zu setzen und die vorhandenen Kapazitäten besser einzuschätzen und zu nutzen. Dies ist eine gute Basis der Zusammenarbeit, bei der sich die einzelnen Mitarbeitenden wohlfühlen und dadurch motiviert, Ihren Beitrag zum Ergebnis leisten. Denn Führen auf Distanz heißt, den Kontakt zu den einzelnen Teammitgliedern zu halten, präsent zu sein. Durch zeitnahes Feedback können aufkommende Konflikte zeitnah geklärt, Problemlösungskompetenz gestärkt und die Erfahrung der Wirksamkeit in den Teams genutzt werden. Gute, gesunde Beziehungen machen uns glücklich und widerstandsfähig, auch angesichts von Rückschlägen. In die Verbundenheit der Mitarbeitenden zu investieren ist folglich eine Investition in den Erfolg des Projektes. Austausch, gemeinsames Lernen und interdisziplinäre Teams gehören zu den Basics einer modernen Projektorganisation. Welche Möglichkeiten gibt es in der Praxis, den Zusammenhalt in den Teams zu fördern? 1. Wenig Silos und schlanke Prozesse, um Abstimmungsschleifen abzuschaffen und Ergebnisse mit dem Kunden rückzukoppeln und anzupassen. Das setzt voraus, dass Mitarbeitende Spielräume haben und der Projektleiter auf die Kompetenzen und das Urteilsvermögen seines Teams vertraut. Wissen | Virtuelle Führung-- Was können wir aus Projekten lernen? 46 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 03/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0050 2. In Rollen denken und dabei auf Aufgaben und auf die Nutzer*innen fokussieren. Beispielsweise wenn das Thema „gesundes Essen“ stärker in den Arbeitsalltag integriert werden soll- - die Rolle eines „Vitamin Managers“. Jeder Rolle sollte eine Beschreibung zugeordnet werden, aus der die Verantwortlichkeiten und Aufgaben ersichtlich werden und auf die alle Mitarbeitenden Zugriff haben. 3. Soziale Interaktion, um sich kennenzulernen und Spaß zu haben. Beispielsweise spielerisch durch ein „Glücksrad“, bei dem Schätzfragen beantwortet werden oder kleine Geschichten zu einem Thema überlegt werden oder Fragen wie „Was wollte ich schon immer einmal machen? “ oder Challenges zu starten, indem man gemeinsam tanzt. Mit etwas Mut und Experimentierfreude können dadurch neue kreative Ideen entstehen. Um die Beschäftigten arbeitsfähig zu halten, ist es wichtig im Dialog zu bleiben und zu schauen, wo die aktuellen Handlungsfelder im Team sind. Angefangen vom Vertrauen bis hin zum Spaß oder Humor, der die Widerstandskraft stärkt. Zusammenfassend soll die Projektleitung, unterstützt durch die Organisation, Rahmenbedingungen schaffen, die das Team benötigt, um das Ziel zu erreichen und dieses inspirieren, daran mitwirken zu wollen. Statt sich als Projektleitung um die Frage zu kümmern „wie umgesetzt wird“, sollten sie den Blick darauf richten, Beschäftigte von Tagesroutinen zu entlasten. Mitarbeiter sollten mit voller Priorität die Ziele verfolgen können. Um Mitarbeitende zu begeistern, diese Idee zu unterstützen, benötigt es eine Vision-- warum tun wir, was wir tun? Gerade im virtuellen Raum, wo Körpersprache und Kommunikation nicht täglich stattfindet, ist es wichtig, ein gemeinsames Bild zu entwickeln, welches erreicht werden soll. Wenn dieses gemeinsame Bild klar ist, kann die Entscheidungsmacht an das Team abgegeben werden und die Projektleitung für die kleinen Zwischenschritte loslassen. So kann das Team situativ flexibel und zeitnah reagieren. Das Team ist dadurch handlungsfähig. Die Rolle der Projektleitung richtet sich dann darauf, das Ziel zu fokussieren, die Brücke zwischen den Teammitgliedern oder Teams zu bilden, zuzuhören, Impulse und Ideen aufzunehmen, neu zuzuordnen und an der Vision, dem Purpose auszurichten. Wenn dann noch die Organisation den nötigen, beschriebenen Rahmen bildet, kann Führung im virtuellen Raum genauso erfolgreich sein, wie im persönlichen. Eingangsabbildung: ©Lukas Bieri Pixabay Christian Stadler Christian Stadler wurde 1979 in Bochum geboren. Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann hat er schnell seine Passion für die Personalarbeit entdeckt. Seine Expertise schärfte er durch absolvierte Studiengänge in den Bereichen Wirtschaftsrecht (Schwerpunkt Arbeitsrecht) und Organisationspsychologie. Auch konnte der Autor seine Expertise bereits im Ausland unter Beweis stellen und seinen Horizont erweitern. Beruflich ist Christian Stadler seit knapp 20 Jahren im öffentlichen Dienst zuhause, davon viele Jahre in beratender und verantwortlicher Position im Personal- und Organisationsbereich. Themenschwerpunkte waren dabei u. a. Arbeitsrecht, Personalentwicklung und Recruiting. Am öffentlichen Dienst liebt der Autor besonders das große Potenzial an Chancen, Herausforderungen und Optimierungsmöglichkeiten im HR-Bereich. Handlungsleitend für den Daten- und IT-affinen Autor ist die sinnvolle Digitalisierung von bewährten HR-Methoden und Tools. Aktuell beschäftigt er sich mit diversen Themen rund um „New Work“ und dem „New Normal“. Nebenberuflich ist Christian Stadler als Referent und Dozent bundesweit an verschiedenen Fortbildungseinrichtungen tätig. Ehrenamtlich unterstützt er den Bundesverband der Personalmanager als Mitglied des Gesamtvorstands. Anke Brinkmann Anke Brinkmann wurde 1973 in Räckelwitz geboren. Nach einer Ausbildung zur Konditorin studierte die Autorin an der Technischen Universität in Berlin Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Finanzierung und Investition. Nach ihrem Studium arbeitete sie 10 Jahre in internationalen Managementberatungen als Beraterin für IT- und Restrukturierungsprojekte im Rahmen von Organisationsveränderungen und später als Expertin für Organisationsentwicklung sowie im Bereich der Kompetenz, Personalentwicklung und dem Gesundheitsmanagement. Von Beginn an gehörte das Arbeiten in virtuellen Teams zu ihren Aufgaben. 2010 wechselte sie auf die Unternehmensseite und unterstützt seitdem als Projektleiterin als auch in Führungsrollen im Bereich HR und Gesundheitsmanagement Teams, ihr Potenzial zu nutzen und sich zukunftsfähig aufzustellen, mit flexiblen Organisationsmodellen und neuen Arbeitsmethoden. Durch die rasante Entwicklung im Bereich der Digitalisierung wird das Arbeiten in virtuellen Teams neue Normalität. Dabei ist es ihr wichtig, die Verbundenheit in den Teams und mit der Organisation im Fokus zu halten. Ehrenamtlich ist sie seit 2017 im Präsidium und als Fachgruppenleiterin Gesundheitsmanagement des Bundesverbandes der Personalmanager tätig.