eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 32/4

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2021-0069
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2021
324 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Erfolgsmuster in Groß- und Megaprojekten

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2021
Michael Frahm
Der Beitrag gibt einen Einblick in die faszinierende Welt der Groß- und Megaprojekte und befasst sich insbesondere mit „Erfolgsprojekten“ und den Gründen, warum diese erfolgreich waren. Der Beitrag versucht durch die Auswertung von Projekten und durch Literaturrecherche einen ersten Beitrag für die Bildung von „Erfolgsmustern“ zu liefern.
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40 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 04/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0069 Erfolgsmuster in Groß- und Megaprojekten Michael Frahm Für eilige Leser | Der Beitrag gibt einen Einblick in die faszinierende Welt der Groß- und Megaprojekte und befasst sich insbesondere mit „Erfolgsprojekten“ und den Gründen, warum diese erfolgreich waren. Der Beitrag versucht durch die Auswertung von Projekten und durch Literaturrecherche einen ersten Beitrag für die Bildung von „Erfolgsmustern“ zu liefern. Schlagwörter | Erfolgsprojekte, Erfolgsmuster, Risiko, Guggenheim Museum Bilbao, Heathrow Einleitung 1 Die Berichterstattung und akademische Literatur hat sich in der Vergangenheit mehrheitlich mit der schlechten Performance von Groß- und Megaprojekten befasst. Das bedeutet, man weiß zumindest zu Teilen, warum etwas nicht funktioniert. Was ist aber mit den Projekten, die ein Erfolg waren? Schenkt man Flybjergs „Iron Law of Megaprojects 2 “ [1] vollständig Glauben, so müsste wenigstens jedes 10. Projekt ein Erfolg sein; folgt man Merrow [2], so sind 1 / 3 der Projekte ein Erfolg im Kontext der Iron Triangle 3 . Aus diesem Grund erscheint es sinnvoll, sich einmal weniger mit den Ursachen des Scheiterns und mehr mit Mustern des Erfolges zu beschäftigen [3]. Der vorliegende Artikel beschäftigt sich daher mit vermeintlichen Erfolgsprojekten im Kontext der Iron Triangle und mit relevanter Literatur und stellt die Erkenntnisse daraus dar. Definition: Großprojekt, Megaprojekt Für Groß- und Megaprojekte gibt es keine einheitliche Definition. So zählt Greiman [4] z. B. eine Liste von 25 Faktoren auf, einige davon sind: • die lange Laufzeit (10, 20, 30 Jahre oder mehr), • Entwurf und Konstruktion (Superlative, Innovation, Neuland), • großes öffentliches Interesse (Betroffene, Bürger, Medien), • unterschiedlichste Stakeholder (extrem viele), • Risiken (extrem hohe Risiken). Greiman stellt sinnhafterweise einen Kontext zur Organisations / Systemgröße (Relation Investitionsbedarf zu Investitionsvermögen) her. Das BMVI beschreibt in seinem Endbericht [5] ebenfalls keine starre Definition. Es wird ein grober Anhaltspunkt von 100 Mio. € Investitionsvolumen für Großprojekte genannt. Aber auch Projekte mit niedrigerem Investitionsvolumen, aber dafür einer langen Realisierungsdauer, einer hohen politischen und gesellschaftlichen Bedeutung, einer hohen Komplexität 4 und hohen Risiken können ein Großprojekt sein. Flyvbjerg [1] wiederum definiert mit seiner Faustformel 5 grob Großprojekte im Bereich von 100 Mio US $ und Megaprojekte im Bereich von 1 Mrd. US $. Die Kapitelkosten geben demnach ein Indiz, aber der Kontext und das Zusammenkommen verschiedener Faktoren sind relevant. Performance Die Performance von Groß- und Megaprojekten wird, wie bei allen Projekten, maßgeblich an der „Iron Triangle“ festgemacht. Nun ist es fraglich, ob dies diesen Projekten gerecht wird. So beschreibt z. B. Vickermann [6], dass es einen weiträumigen positiven wirtschaftlichen Einfluss von 10-20 % der kalkulierten Investitionskosten auf das Projektumfeld gibt. Auch der sogenannte „Bilbao“-Effekt 6 im Kontext des Guggenheim Museums soll nicht unerwähnt bleiben. Eine evidente Datenbasis ist hierzu allerdings nicht bekannt. Dennoch ist ein multiperspektivischer Ansatz, wie diesen Shenhar [7] empfiehlt, interessant und für Groß- und Megaprojekte zu diskutieren. Shenhar schlägt dazu folgende Performance-Dimensionen vor: 1.) Projekteffizienz: z. B. Kosten, Termine, Qualität 2.) Einfluss auf Kunde / Nutzer: Wissen | Erfolgsmuster in Groß- und Megaprojekten 41 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 04/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0069 z. B. Kundenzufriedenheit, Nutzungsintensität 3.) Finanzieller Nutzen: Ausgaben / Einnahmen-Verhältnis 4.) Einfluss auf die Gesellschaft: z. B. Menschheit, Umwelt, Wissenschaft Shenhar [7] hat anhand einer Studie 14 Megaprojekte ausgewertet und folgende unabhängige Erfolgsfaktoren identifiziert, welche erfolgreiche Projekte ausmachen und vorhanden sein müssen. Diese sind: 1. Strategische Vision: Ziele, Mission, Wert-Generierung 2. Gleichrichtung der Interessen: z. B. adäquate Kommunikation und schnelle Reaktionsfähigkeit, Ausgereifte Organisationsstrukturen, Kooperation und Partnerschaft, hohes Maß an Identifikation mit den Projektzielen 3. Adaptierung der Komplexität: z. B. Einsatz geeigneter Technologie und Methoden, schnelle Reaktion der Organisation auf Veränderung Nachstehend werden zwei Projekte mittels kurzem Steckbrief dargestellt und ausgewertet. Diese Projekte waren „Erfolgsprojekte 7 “ ohne (nennenswerte) Überschreitungen im Bereich der Kosten und Termine. Die Projekte werden anhand der von Shenhar empfohlenen Performance-Dimensionen und Erfolgsfaktoren während ihrer Bauzeit betrachtet und anschließend ausgewertet. Erfolgsprojekte Großprojekt: Guggenheim-Museum Bilbao Das Guggenheim-Museum Bilbao ist ein Kunstmuseum für Moderne Kunst in Bilbao im spanischen Baskenland. Es hat eine Ausstellungsfläche von 11.000 m². Projektart: Bauprojekt, Hochbau, Museum, innerorts. Spanien Projekteffizienz: Bauzeit: 1993-1997, Baukosten: ca. 100 Millionen US-Dollar. Komplizierte Konstruktion mit hochwertigen Bauteilen Einfluss auf Kunde / Nutzer: Das Guggenheim-Museum verfügt über 32.673 Google-Rezensionen und erreicht im Durchschnitt 4,5 von 5 Sternen. Finanzieller Nutzen: Die erwartete Besucherzahl von 600.000 Besuchern wurde jedes Jahr übertroffen. Zum zehnjährigen Bestehen 2007 wurde der zehnmillionste Besucher begrüßt. Die Besucherzahl hat sich bei jährlich einer Million Besucher eingependelt, davon kommen 60 % aus dem Ausland. Einfluss auf die Gesellschaft: Es handelt sich um eines der berühmtesten Gebäude des 20. Jahrhunderts. Das Museum ist neben der großen kulturellen Bereicherung für Bilbao und die ganze Region Nordspaniens auch ein wirtschaftlicher Erfolg, der mehrere tausend Arbeitsplätze geschaffen hat. Die dadurch stattgefundene Aufwertung der Stadt und der Region wird wie im Text bereits erwähnt, der Bilbao-Effekt genannt. 2001 erhielt das Gebäude den „Outstanding Structure Award“. Strategische Vision: Das Bilbao Museum war strategischer Bestandteil der Revitalisierung der angeschlagenen Wirtschaft der Stadt Bilbao mit dem Neubau der Metro Bilbao, einem neuen Flugzeug-Terminal, einem Bahnhof, einer 25.000 m² großen Musikhalle und der „Zubizuri / Calatrava“- Brücke. Gleichrichtung der Interessen: Das Unternehmen IDOM wurde aufgrund seiner kollaborativen Arbeitskultur für das Management von Planung und Bau engagiert. Als Projektmanager und ausführender Architekt hatte IDOM von der Auftraggeber-Organisation klare Ziele bekommen. Sie waren für die Einhaltung der Kosten, die Eröffnung 1997, höchste Bauqualität, die Nutzung von lokalen Ressourcen und eine kooperative Zusammenarbeit mit dem Entwurfsarchitekten Frank Gehry und Team verantwortlich. Adaptierung der Komplexität: Die Planungs- und Bauphasen wurden überlagert. Es gab „Freeze Zones“ für Planungsänderungen. Die Kostensteuerung erfolgte mittels eines „Echtzeit“-Kostenkontrollmodells (alle 6 Wochen). IDOM schlug 20 % für Unvorhergesehenes auf die Kalkulation. Ver- Abbildung 1: Guggenheim Museum Bilbao - MykReeve.-- Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https: / / commons.wikimedia.org / w/ index.php? curid=54 632 Wissen | Erfolgsmuster in Groß- und Megaprojekten 42 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 04/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0069 gabe und Bau wurde in „Pakete“ aufgeteilt. Es erfolgte eine 3-dimensionale-Planung als Grundlage für die Fertigung. [8] Megaprojekt: Heathrow Terminal 5 Der Heathrow Terminal 5 ist ein Flughafen-Terminal am Heathrow Airport am Rand von London. Die 2008 eröffnete Stahl- Glas-Konstruktion (Länge: 396 m, Breite: 176 m, Höhe 40 m) ist das größte freistehende Gebäude in Großbritannien. Es ist ein ultra-funktionales Gebäude mit 60 Flugzeugstandplätzen und einer 26 km langen Gepäckabfertigungsanlage für 4.000 Gepäckstücke die Stunde. Projektart: Flughafen, Bauprojekt, England, Gewerbegebiet Projekteffizienz: Bauzeit: 2002-2008 (Anfangsschwierigkeiten mit der Gepäckabfertigung nach der Inbetriebnahme), Baukosten: 4,3 Mrd. britische Pfund (ca. 4,6 Mrd. €). Einfluss auf Kunde / Nutzer: Zwischen 2012 und 2016 wurde die Anlage 5-mal zum besten Flughafen-Terminal der Welt gewählt (Skytrax World Airport Awards). Finanzieller Nutzen: Das Terminal wurde für die Abfertigung von ca. 35 Millionen Passagieren pro Jahr (ca. 95.000 Passagiere / Tag) konzipiert. Im Jahr 2018 wurden im Terminal 5, 32,1 Millionen Passagiere auf 211.000 Flügen abgefertigt. Das Terminal gilt als der verkehrsreichste, größte und sicherste Flughafen in Großbritannien. Er wird von 90 Fluggesellschaften verwendet, welche zu 170 Zielen (11 % britische Reisende, 43 % Kurzstrecke, 46 % Langstrecke) fliegen. Einfluss auf die Gesellschaft: Während der 19-jährigen Projektlaufzeit (davon 6 Jahre Bauzeit) schaffte das Terminal 60.000 Arbeitsplätze in verschiedensten Arbeitsbereichen. Durch den Betrieb des Terminals wurden 68.000 Arbeitsplätze geschaffen. Strategische Vision: Neue Kapazitäten für den Flugverkehr und somit neue Einkunftsquellen mit einem der modernsten Flughäfen der Welt. Verbesserung der öffentlichen Wahrnehmung des Flughafens in Heathrow. Gleichrichtung der Interessen: Der Auftraggeber, BAA-- British Airport Authority, setzte das Projekt gegenüber seinen Auftragnehmern mit einer Open-Book-Philosophie um. Durch den Auftraggeber wurden die organisatorischen Rahmenbedingungen vorgegeben, um die multiparteilichen Verhältnisse der 60 Hauptauftragnehmer und deren Nachunternehmer zu regeln. Alle Risiken verblieben bei der BAA. Für die konzertierte Zielerreichung erhielten die Auftragnehmer Bonus-Zahlungen, welche aus dem Risikobudget verwendet wurden. Alle Beteiligten mussten auf der Baustelle arbeiten. Adaptierung der Komplexität: Die Auftraggeber-Organisation legte sehr großen Wert auf einen kollaborativen Planungsprozess und wendete die Last-Planner-Methode an. Durch den Einsatz von 3D-CAD-Modellen wurde jedes Bauteil des Terminals digital vorgebaut. Die Auftraggeber-Organisation förderte durch Vorfinanzierung ausdrücklich Standardisierung, modulares Bauen und Vorfertigung. [9] Erfolgsmuster Beschäftigt man sich mit Groß- und Megaprojekten wird immer wieder die Frage gestellt, wie gehen denn nun erfolgreiche Projekte? Wie sieht das „geheime“ Erfolgsrezept aus? Welche einfache Lösung gibt es zur Lösung der komplexen Aufgabenstellung. Einfache Lösungen wurden vom Autor nicht gefunden- - aber es gibt einige Punkte in welchen sich die „erfolgreichen“ Projekte ähneln. Hier kann man erste Regelmäßigkeiten, Wiederholungen, Ähnlichkeiten oder eben Muster erkennen. Neben den zwei dargestellten Projekten wurden weitere Projekte betrachtet (Metro Madrid, Oresundbrücke, Mall of America, Steinbühltunnel). Auf dieser Basis und unter Würdigung einschlägiger Literatur, wie z. B. [2], [4], [5], [7], aber insbesondere Denicol [3], wurde die Bildung von Bereichen vorgenommen, unter welchen sich diese Punkte subsumieren lassen. Die Bereiche sind nachfolgend dargestellt und grob erläutert: • Entscheidungsfindung (Decision Making) Hier finden sich vor allem Themen, welche die Entscheidungsfindung verbessern und das „Debiasing 8 “ von Entscheidungen sicherstellen soll. Naturgemäß ist die Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit zu Projektbeginn am größten, daher sollte das Thema hier sicherlich seine Bedeutung finden, tatsächlich ist es aber über den gesamten Projektverlauf wichtig. • Organisationsgestaltung (Manage Organisation) Folgt man Merrow 9 [2] oder Greiman 10 [4] spielen die organisatorischen Rahmenbedingungen eine sehr wichtige Rolle, wenn es um den Erfolg geht. Daher finden sich in diesem Bereich Themen der Organisationsgestaltung, welche Aufbau, Prozess und Steuerungsorganisation im Kontext Lebenszyklus umfassen. Aber auch die Themen Management Abbildung 2: Heathrow Terminal 5 By Warren Rohner-- Flickr, CC BY-SA 2.0, https: / / commons.wikimedia.org / w/ index.php? curid=8 723 297 Wissen | Erfolgsmuster in Groß- und Megaprojekten 43 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 04/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0069 und Personal sind hier verortet. Bei der Organisationsgestaltung handelt es sich um einen Themenbereich, welcher über den gesamten Projektverlauf anspruchsvoll ist. Während der baulichen Umsetzung ist der Ressourcenbedarf wohl am größten, dies ist strategisch zu berücksichtigen. • Strategische Ausrichtung (Strategic Orientation) In diesem Bereich findet sich die Strategie bzw. die oberste normative und strategische Ausrichtung wieder, wo Themen wie Sicherheit, Transparenz, Kooperation und Gleichrichtung der Interessen platziert sind. Die richtige Weichenstellung eines Projektes von Beginn an und ein durchgängiger Kurs sind erfolgsentscheidend. • Risiko und Unsicherheit (Risk and Uncertainty) In diesem Bereich sind z. B. die Themen faire Risikoverteilung, Risikominimierung durch Einsatz erprobter Technologie, aber auch das Phänomen des „Black Swans“ verortet. Im Kontext des Projektverlaufes ist zu berücksichtigen, dass insbesondere in frühen Projektphasen mit Risiken noch besser umgegangen werden kann. • Stakeholder Management (Stakeholder) In diesem Bereich ist das sehr wichtige Stakeholder Managements festgehalten. Erfahrungsgemäß spielt dies insbesondere vor Umsetzung eine entscheidende Rolle, um abstrakte komplizierte Sachverhalte zur transportieren. Ist man mit einem Projekt im Bau, kann man oft mit der Umsetzung an sich begeistern. • Planung (Planning) Hier ist die Planung und Vorbereitung verortet. Häufig dauert diese sehr lange und macht bei einigen Projekten 2 / 3 der gesamten Laufzeit aus. Erfolgsevident ist hier die sehr hohe Planungstiefe in frühen Planungsphasen, aber auch das wirksame Management von Änderungen und Schnittstellen. Es sollte grundsätzlich das Kredo gelten „Erst planen, dann bauen“ Die Planung hat Ihren Schwerpunkt vor Umsetzung, spielt aber über den gesamten Projektverlauf eine erfolgsentscheidende Rolle. • Produktion (Production) Wenn alle zuvor genannten Punkte gut umgesetzt wurden, ist die Produktion die stabilste Projektphase. Wenn nicht, dann kann diese sehr chaotisch sein. Erfahrungsgemäß ist es positiv für die Produktion, wenn handelnde Personen von Auftraggeber und Auftragnehmer vom Ort der Produktion aus arbeiten und es ein gemeinsames Produktionssystem gibt, welches sich auf die Produkterstellung fokussiert. Auf Grundlage der oben genannten Datenbasis konnten 40 Punkte (siehe Tabelle 1) identifiziert und den zuvor erläuterten Bereichen zugeordnet werden. Da sich auch die Frage stellt, wie diese Gruppen und Punkte zusammenhängen, wurden die Punkte 11 in einer Social Network Analyse (siehe Abbildung 3) mit Kumu.io verbunden und untersucht. Die Bereiche und Punkte sind nicht abschließend. Es ist ersichtlich, dass es nicht die eine alleinstehende erfolgversprechende Vorgehensweise gibt. Vielmehr ist ein gutes Zusammenspiel vieler Vorgehensweisen und Maßnahmen und deren wirksame Adaption wichtig. Zu diesem Ergebnis kommt auch Denicol [3]. Entscheidungs Findung (Decision Making) ja nein 1 Auf Optimism Bias achten 2 Auf Hirschmanns Hidings Hand achten 3 Auf Escalating Commitment achten 4 Auf Strategic Misrepresentation achten 5 Reference Class Forecasting durchführen 6 Kontrolle durch unabhängige Experten durchführen Organisationsgestaltung (Manage Organisation) 7 Autorisierte und erfahrene Manager 8 Erfahrenes Projektpersonal 9 Klare Aufbau, Prozess- und Steuerungsorganisation 10 Autonomie und Kohesion (z. B. zwischen Programm und Projekt) 11 Schneller und geeigneter Personalaufbau 12 Weiterentwicklung der Organisation entlang des Lebenszyklus Strategische Ausrichtung (Strategic Orientation) 13 Sicherheit zur obersten Priorität machen 14 Transparente und konstruktive Fehlerkultur 15 Schaffung einer „One Team“ Mentalität zur Förderung von proaktivem Handeln 16 Klare Bereitschaft zu Kooperation und Kollaboration 17 Gleichrichtung der Interessen Wissen | Erfolgsmuster in Groß- und Megaprojekten 44 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 04/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0069 Risiko und Unsicherheit (Risk and Uncertainty) 18 Verwendung von moderner aber auch gerpüfter Technologie 19 Vorbereitungsphase reduzieren (Bei hoher Planungstiefe) 20 Auf den „Black Swan“ achten 21 Etablieren einer fairen Riskoverteilung 22 Intensive Betrachtung von Kosten, Terminen, Risiken, Schnittstellen und Änderungen über alle Projektphasen Stakeholder Management (Stakeholder) 23 Beachte: Öffentlichkeits- und Pressearbeit sind ein wesentlicher Bestandteil eines guten Projektmanagments 24 Projektinformationen sind auf Basis substantieller Planungen abzugeben 25 Schlüssel Stakeholder sind in frühern Phasen zu involvieren und zu informieren 26 Groß- und Megaprojekte sind eine „Public Journey“, d. h. ein professionelles Stakeholdermanagment von Beginn an ist wichtig 27 Die Grenzen der Beteiligung sind auch aufzuzeigen Planung (Planning) 28 Frühe Ingegration von Ausführungs Know-how 29 Hohe Planungstiefe in frühen Projektphasen 30 Freeze Zones im Planungsprozess 31 Wirksames Managen von Änderungen und Schnittstellen 32 Cross funktionale Teams 33 Anwenden eines kontextabhängigen Projektmanagement-Methoden-Mix Produktion (Production) 34 Keine reinen Preisvergaben durchführen 35 Anwenden von Standardisierung, Modularisierung und Vorfertigung 36 Etablieren eines wirksamen Produktionssystem (z. B. mit Lean Management) 37 Kollaboration ist monetär zu fördern 38 Schnelle Entscheidungsfindung 39 Alle Beteiligten sollten vom Ort der Produktion aus arbeiten (auf der Baustelle) 40 Streitigkeiten sollten außergerichtlich gelöst werden Tabelle 1. Erfolgsmuster: Bereiche und Einzelpunkte Die Auswertung der Grad Zentralität 12 der Social Network Analyse ergab ein Ergebnis mit folgender Rangfolge: 1. Erfahrenes Projektpersonal 2. Kollaboration ist monetär zu fördern 3. Gleichrichtung der Interessen 4. Autorisierte und erfahrene Manager 5. Schnelle Entscheidungsfindung 6. Klare Bereitschaft zu Kooperation und Kollaboration 7. Etablieren eines wirksamen Produktionssystems (z. B. mit Lean Management) 8. Hohe Planungstiefe in frühen Projektphasen 9. Verwendung von moderner aber auch geprüfter Technologie 10. Klare Aufbau, Prozess- und Steuerungsorganisation Die Berücksichtigung vieler dieser Punkte ist auch für „normale“ bzw. kleinere Projekte relevant. Die zur Auswertung herangezogene Datenbasis ist allerdings Groß- und Megaprojekt-spezifisch. Das Ergebnis ist insgesamt noch nicht repräsentativ, da der Datensatz zu klein ist, es zeigt aber dennoch eine erste Tendenz auf und lädt ein, sich weiter mit der Thematik zu beschäftigen. Ausblick Es wäre wünschenswert, wenn man sich noch deutlich stärker über erfolgreiche Programme, Projekte und Teilprojekte, welche man Groß- und Megaprojekten zuordnen kann, austauscht und die „Muster“ Ihres Erfolges untersucht, festhält und auf Ihre Adaptierbarkeit prüft. Die IPMA macht dies z. B. mit ihrem Wissen | Erfolgsmuster in Groß- und Megaprojekten 45 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 04/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0069 Global Project Excellence Award für Large & Mega Sized Projects. Diese Erfolgsmuster sind dann im Lebenszyklus des Projektes zur verorten. Das Verständnis um, und der Umgang mit Komplexität, sowie die Überführung in ein wirksames Organisationsmodell [11], [12] spielen hierbei eine wichtige Rolle. Hümmer [13] hat z. B. hierzu erst kürzlich eine interessante Arbeit publiziert, mit welcher er die Komplexität über den Lebenszyklus im Kontext internationaler Groß- und Megaprojekte des deutschen Großanlagenbaus untersucht und darstellt. Ich glaube, dass es mehr erfolgreiche Projekte gibt, als man das landläufig annimmt. Dieses „Glauben“ gilt es allerdings zu hinterlegen. Jedenfalls ist es deutlich einfacher an „vermeintliche“ Informationen des Scheiterns zu gelangen. Es ist auch eine Diskussion über die Performance Dimensionen zu führen und ob die „Iron Triangle“ oder doch ein multiperspektivischer Ansatz in Betracht gezogen werden soll. Sicherlich muss aber die „Iron Triangle“ Kern der Betrachtung bleiben. Sachverhalte wie beispielsweise sehr lange Laufzeiten müssen hierbei aber stärker in den Kontext gezogen werden. Sich den Erfolg genauer anzuschauen, macht nicht nur mehr Spaß als sich mit Scheitern zu beschäftigen, es wird auch ein Schwerpunkt der zukünftigen Auseinandersetzung mit Groß- und Megaprojekten werden. So hat auch Flyvbjerg beim letzten Book Club der Special Interest Group Megaprojects der IPMA angekündigt, bald ein Buch über „Erfolgsprojekte“ zu veröffentlichen. Darauf bin ich gespannt und freue mich. In diesem Sinne wünsche ich der Leserschaft „Happy and Succesful Projects“. Literatur [1] Flyvbjerg, B. (2014). What You Should Know About Megaprojects and Why: An Overview. Project Management Journal, 45(2) [2] Merrow, E. (2012). Industrial Megaprojects: Concepts, Strategies, and Practices for Success (1st ed.). Hoboken, New Jersey: Wiley [3] Denicol, J., Davies A., Krystallis, I. (2020) What Are the Causes and Cures of Poor Megaproject Performance? A Systematic Literature Review and Research Agenda. Project Management Journal [4] Greiman, V. (2013). Megaproject Management Lessons on Risk and Project Management from the Big Dig (1st ed.). Hoboken, New Jersey: Wiley [5] BMVI (Hrsg.) (2015). Reformkommission Bau von Großprojekten-- Endbericht. Komplexität beherrschen-- Kostengerecht, termintreu und effizient. Retrieved 09 06, 2019, from https: / / www.bmvi.de / SharedDocs / DE / Publikationen / G/ reformkommission-bau-grossprojekteendbericht.pdf? __blob=publicationFile [6] Vickermann, R. (2017). Wider Impacts of Megaprojects Curse or Cure? In B. Flyvbjerg (Ed.), The Oxford Handbook of Megaproject Management. Oxford: Oxford Press [7] Shenhar, a., & Holzmann, V. (6. 48 2019). The Three Secrets of Megaproject Success: Clear Strategic Vision, Total Alignment, and Adapting to Complexity. Project Management Journa, S. 29-46 [8] Shih, H. (1998). Case Studies in Project Management. University of Berkely [9] AECmag. (24. 11 2019). Case Studies. Von AECmag: www. aecmag.com / case-studies-mainmenue-37 / 253-heathrow-terminal-5 abgerufen [10] Frahm, M. (2021) Success Patterns in Megaprojects. IPMA Global Best Practice Week [11] Frahm, M. (2011) Beschreibung von komplexen Projektstrukturen. PM Aktuell, Fachzeitschrift der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement. Abbildung 3: Erfolgsmuster: Social Network Analyse [10]-- Großformat: elibrary.projektmanagement.digital/ journal/ pm/ 32/ 4 Wissen | Erfolgsmuster in Groß- und Megaprojekten 46 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 04/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0069 Anmerkungen 1 Der Artikel basiert zu Teilen auf dem Buch „Management von Groß- und Megaprojekten“ von Frahm/ Rahebi erschienen 2021 bei Springer. ISBN : 978 - 3 - 658 - 30983 - 1 2 Es handelt sich hierbei um Bent Flyvbjergs festgestellte Gesetzmäßigkeit: „ Over budget, over time, over and over again “, welche zum Ausdruck bringen soll, dass die Performance von Groß- und Megaprojekten in allen Bereichen und auf allen Kontinenten anhaltend schlecht ist [1]. 3 Auch „magisches Dreieck“ genannt, bezeichnet im klassischen (Projekt)Management die maßgeblichen Performancekriterien Kosten, Termine und Qualität und deren direkte Abhängigkeit voneinander. 4 Zur Komplexität gibt es grundsätzlich verschiedene Zugänge und Ansichten. Dies spiegelt wider, dass Komplexität subjektiv ist und vom Kontext, den Akteuren und den Beobachtern abhängt. Ein Basisverständnis kann auf Hans Ulrich , einen der maßgebenden Vertreter und Begründer der St. Gallener Managementschule zurückgeführt werden. Er unterscheidet zwischen Kompliziert und Komplexität wie folgt: Mit Kompliziertheit verbindet er mehr die Zusammensetzung eines Systems, wohingegen die Komplexität mehr die zeitliche Veränderlichkeit beschreibt. Nach Auffassung des Autors hängt Komplexität neben der zeitlichen Veränderlichkeit mit der Anzahl der Elemente im System und mit der Anzahl und der Qualität deren Verbindungen zusammen. Komplexität kann dabei Michael Frahm Michael Frahm, Jahrgang 1979. Ausbildung in Stuttgart, Kaiserslautern, Saarbrücken in Ingenieurwesen und Wirtschaftsrecht. Beruflich seit 15 Jahren im Projektmanagement von Groß- und Megaprojekten tätig. SCiO- - Systems and Complexity in Organisation C / O Steinstr.19, 73 433 Aalen frahm@portalarte.de [12] Frahm, M. (2020) Model based Management Approach in Major/ Megaprojects. IPMA Gobal Best Practice Week. IPMA-- International Project Management Association. [13] Hümmer, M. (2020) Komplexität und deren Beherrschung in internationalen Groß- und Megaprojekten des deutschen Großanlagenbaus. Dissertation, FAU Erlangen- Nürnberg Eingangsabbildung: © iStock.com / saruservice- weiter differenziert werden. Eine Möglichkeit Komplexität zu quantifizieren ist die Maßgröße Varietät. [11] 5 „As a general rule of thumb, ‘megaprojects’ are measured in billions of dollars, ‘major projects’ in hundreds of millions, and ‘projects’ in millions and tens of millions. Megaprojects are sometimes also called ‘major programs.’“ 6 „Bilbao-Effekt“ nach Wolfgang Maennig durch zentrale Lage, in der Umgebung von Gewässern, mit innovativer, oft aber auch wenig funktionaler (oder gar unpraktischer) Architektur, die zugleich provokativ und spektakulär wirkt. 7 Auf Basis vorliegender Informationen und Recherche. 8 Maßnahmen zur Reduktion negativer Effekte durch kognitive Verzerrungen aus menschlichem Verhalten. 9 Ed Merrow (2012): “Success of mega-projects depends on a strong organizational framework” 10 Virginia Greiman (2013): "When projects fail, all roads lead to governance" 11 https: / / www.kumu.io / MichaelF / success-patterns-incomplex-projects 12 Die Gradzentralität gibt an, wie viele Verbindungen ein Punkt zu einem anderen Punkt hat.