PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2021-0098
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Modernes Projektmanagement in der Praxis. Mit System zum richtigen Vorgehensmodell
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Heinz Schelle
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Buchbesprechung | Modernes Projektmanagement in der Praxis 76 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0098 Buchbesprechung Modernes Projektmanagement in der Praxis. Mit System zum richtigen Vorgehensmodell Timinger, H., ISBN: 978-3-527-53053-3, Wiley-VCH 2021, 384 Seiten, Preis 28,00 Heinz Schelle Bücher über Projektmanagement, die von Fachhochschulbzw. Universitätsprofessoren geschrieben wurden, waren in der Vergangenheit ziemlich selten. An den Hochschulen wurde die Disziplin kaum gelehrt und die GPM nahm die wenigen Professuren, an denen Projektmanagement unterrichtet wurde- - an manchen war es lediglich bis in die neuere Zeit Netzplantechnik- - kaum zur Kenntnis, wenn sie nicht Mitglieder waren. Durch die enormen Aktivitäten des Kollegen Wehnes hat sich dieser beklagenswerte Zustand geändert. Viele Hochschulleute betätigen sich nun in unserer Gesellschaft und die Ergebnisse sind hocherfreulich. Ein besonders erfreuliches Resultat ist das Buch von Holger Timinger von der Fachhochschule Landshut über Vorgehensmodelle. Ich habe schon sehr viel über das Thema gelesen, aber so gut strukturierte, umfangreiche und verständlich geschriebene Informationen noch nie. Die Literatur über Vorgehensmodelle ist sehr umfangreich und wird durch die zurzeit im Gange befindliche Diskussion über agile Methoden von Tag zu Tag größer. In diesem Dschungel ist das Werk eine großartige Hilfe, schon allein deshalb, weil die im akademischen Bereich üblichen Regularien, wie z. B. genaue Quellenangaben-- hier sehr reichlich-- genau eingehalten werden. Das Buch ist freilich keineswegs nur für fortgeschrittene Studenten, sondern genauso für Praktiker geeignet, die einen umfassenden Überblick und Unterstützung bei der Installation eines eigenen Vorgehensmodells brauchen. Im Kapitel 1 wird eine knappe Einführung in das Projektmanagement geboten und der Unterschied zwischen planbasierten Methoden, z. B. PSP und Terminplanung, und agilen Methoden herausgearbeitet. Sehr gut gemachte Grafiken und Checklisten sowie Übungsfragen und Beispiele (hinter jedem Kapitel) fallen bereits hier sehr positiv auf. Im Kapitel 2, aus dem ich besonders viel gelernt habe, behandelt der Verfasser die Ziele und den Aufbau von Vorgehensmodellen des Projektmanagements. Hier wird die Grundlage für die spätere Behandlung von Auswahl und Tailoring von Vorgehensmodellen gelegt. Timinger unterscheidet strukturelle, prozessuale und funktionale Bausteine von Modellen und stellt das Framework FELICS (FramEwork for the construction and taiLorIng of the projeCt desSign) für das zu entwickelnde und konfigurierende Vorgehensmodell vor. Die Bausteine werden dann ausführlich besprochen. • Strukturelle Bausteine sind Projektphasen und Meilensteine, (Haupt-)Aktivitäten je Phase, Methoden, Werkzeuge und Hilfsmittel für die Bearbeitung und für Rollen in Projekten. • Prozessuale Bausteine sind die Ziele Orientierung, Qualitätssicherung, Synchronisation, Kommunikation, Kollaboration, Messung und Wissensmanagement und Reflexion, auf die später noch einzugehen sein wird. • Unter funktionalen Bausteinen versteht Timinger die im Projekt angewandten Methoden, deren Verknüpfung zu Abläufen, dabei eingesetzte Werkzeuge wie z. B. Software und Checklisten, sowie weitere Instrumente des Prozessmanagements. Diese Klassifikation erweist sich bei der Auswahl eines Vorgehensmodells dann als sehr wertvoll und zeigt die Anatomie eines Modells im Detail. Kapitel 3 stellt standardisierte Vorgehensmodelle vor. Dabei wird unterschieden in • sequenzielle, • nebenläufige, • wiederholende und • agile Vorgehensmodelle. Für jede Kategorie erläutert der Autor mindestens ein Vorgehensmodell und bewertet es. Untersucht werden u. a. das V-Modell, das Wasserfallmodell und besonders ausführlich Scrum. Behandelt werden auch hybride Vorgehensmodelle. Als Bewertungshilfe hat der Autor dafür folgenden Forderungskatalog formuliert. Vorgehensmodelle sollen-- so Timinger (siehe oben)-- • Orientierung im Projekt bieten, • die Qualität sichern, • Aufgaben synchronisieren, • die Kommunikation und die • Kollaboration fördern, • wichtige Kennzahlen messen und • Wissen sichern und abrufen. Kapitel 4 unterstützt bei der Auswahl und dem Tailoring von Vorgehensmodellen, eine Hilfestellung, die in der Literatur nicht gerade oft geboten wird. Für die Auswahl wählt der Verfasser zunächst ein ziemlich grobes Werkzeug, die Stacey- Matrix, und dann ein etwas feineres, abgeleitet aus dem Diamantmodell von Shenhar und Dvir. (Übrigens ein Modell, das in Deutschland viel zu wenig bekannt ist und benutzt wird.) Letztendlich wird freilich ein sehr viel differenzierterer Ansatz für die Wahl zwischen planbasiertem und agilem Vorgehensmodell gewählt. Mithilfe des Baukastensystems FELICS wird dann gezeigt, wie strukturelles und funktionales Tailoring vollzogen werden können. Diese Ausführungen sind besonders lesenswert, weil der Autor umfangreiche Hilfsmittel zur Verfügung stellt. Es folgen dann sieben umfangreiche Beispiele für Modelle und eine Darstellung des Baukastensystems FELICS, nochmals zusammengefasst in Form von Steckbriefen, eine her- Buchbesprechung | Modernes Projektmanagement in der Praxis 77 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0098 vorragende Idee der Strukturierung. So finden sich strukturelle Bausteine (Beispiel Rolle Projektsponsor) und funktionale Bausteine (Beispiel Reifegradmodell oder Quality Gates) in einer Kurzbeschreibung und einer Erläuterung der Anwendung. Ich komme zum Schluss und greife die bereits eingangs formulierte positive Bewertung nochmals auf: Das Werk von Timinger gehört zum Besten, was ich in den letzten Jahren zum Thema Projektmanagement gelesen habe. Es ist, wie eingangs schon erwähnt, in seiner systematischen Struktur und mit den zahlreichen Beispielen eine hervorragende Orientierungshilfe in der schwer überschaubaren Landschaft der Vorgehensmodelle. Die didaktisch geschickte Darstellung macht die Lektüre leicht. Erfreulich dazu: Holger Timinger ist in der GPM seit einiger Zeit aktiv. Jetzt online lesen in unserer neuen eLibrary www.pmaktuell.de Der Online-Zugriff ist in den Leistungen für GPM Mitglieder inbegriffen. Noch kein GPM Mitglied? Schreiben Sie uns unter mitglieder@gpm-ipma.de. Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L Anzeige