eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 33/1

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2022-0017
31
2022
331 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Auswirkungen agiler Methoden auf die Zusammenarbeit im Unternehmen

31
2022
Jadena Bechtel
Eine der bedeutendsten Herausforderungen im Multiprojektmanagement ist die Koordination der Stakeholder unter Berücksichtigung all ihrer Interessen. Insbesondere am Projektportfoliomanagement sind verschiedenste Stakeholder beteiligt, die Einfluss auf das Projektportfolio haben. Durch das Hinzukommen neuer Trends, wie das agile Projektmanagement, ändern sich die Interaktionen zwischen den Interessensgruppen im Portfolio. Daher wurde in der Arbeit untersucht, welche Merkmale die Zusammenarbeitsqualität auf Portfolioebene beeinflussen. Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere kulturelle Faktoren wie die Risiko- und Innovationskultur im positiven Zusammenhang mit der Zusammenarbeitsqualität stehen. Die Anwendung von Business Cases wirkt sich allerdings bei einem Portfolio mit vielen agilen Projekten weniger positiv auf die Zusammenarbeit aus.
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63 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 01/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0017 Agilität im Multiprojektmanagement Auswirkungen agiler Methoden auf die Zusammenarbeit im Unternehmen Jadena Bechtel Für eilige Leser | Eine der bedeutendsten Herausforderungen im Multiprojektmanagement ist die Koordination der Stakeholder unter Berücksichtigung all ihrer Interessen. Insbesondere am Projektportfoliomanagement sind verschiedenste Stakeholder beteiligt, die Einfluss auf das Projektportfolio haben. Durch das Hinzukommen neuer Trends, wie das agile Projektmanagement, ändern sich die Interaktionen zwischen den Interessensgruppen im Portfolio. Daher wurde in der Arbeit untersucht, welche Merkmale die Zusammenarbeitsqualität auf Portfolioebene beeinflussen. Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere kulturelle Faktoren wie die Risiko- und Innovationskultur im positiven Zusammenhang mit der Zusammenarbeitsqualität stehen. Die Anwendung von Business Cases wirkt sich allerdings bei einem Portfolio mit vielen agilen Projekten weniger positiv auf die Zusammenarbeit aus. Schlagwörter | Projektportfoliomanagement, Multiprojektmanagement, Zusammenarbeit, Benchmarking-Studie, Agile Praktiken 1. Einleitung Eine der größten Herausforderungen im Multiprojektmanagement ist die Koordination der Stakeholder und Berücksichtigung ihrer Interessen. Häufig wird in diesem Zusammenhang von einem kritischen Erfolgsfaktor des Unternehmens gesprochen. Insbesondere am Projektportfoliomanagement sind verschiedenste Stakeholder beteiligt und haben Einfluss auf das Projektportfolio. Die Zusammensetzung und Handhabung von Projektportfolios haben sich aufgrund einer immer dynamischer werdenden Umwelt in den letzten Jahren gewandelt. Mittlerweile gibt es nur noch wenige Projektportfolios, die rein klassische Projektmanagementmethoden verwenden. Meistens setzt sich das Projektportfolio aus klassischen, agilen und hybriden* Projekten anteilig zusammen. Unternehmen stehen vor der Herausforderung alle Projektformen mit den bestehenden Prozessen im Portfoliomanagement abzustimmen. Ebenfalls bedürfen hoch innovative Projekte einer anderen Handhabung. Da durch Agilität und Innovation in Projekten oftmals Kreativität und Autonomie der Mitarbeiter gefordert wird, stellt sich die Frage, ob die neuen Projektansätze Konflikte zwischen den verschiedenen Stakeholdern verursachen oder die Zusammenarbeit fördern. Neben Untersuchungen zur Zusammenarbeit in Teams gibt es bisher wenig quantitative Studien zur projektübergreifenden Zusammenarbeit im Unternehmen. Die Auswirkungen von agilen Projekten auf das Projektportfoliomanagement sind ebenso wenig erforscht. Daher wurde in der Arbeit untersucht, welche Merkmale die Zusammenarbeitsqualität auf Portfolioebene beeinflussen und welchen Effekt Innovativität und agile Projekte auf die Zusammenarbeitsqualität haben. Basierend auf der theoretischen Arbeit von Davis et al. [1] wurden Hypothesen zur Zusammenarbeit im Unternehmen aufgestellt. Darüber hinaus werden zwei mögliche Moderationseffekte berücksichtigt. Zum einen wird die Auswirkung agiler Projekte im Portfolio untersucht und zum anderen wird Wissen | Auswirkungen agiler Methoden auf die Zusammenarbeit im Unternehmen 64 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 01/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0017 der Einfluss des Innovationsgrads des Portfolios betrachtet. Getestet werden die Hypothesen unter Zuhilfenahme der 8. Multiprojektmanagementstudie. Die Arbeit leistet einen quantitativen Forschungsbeitrag zur Zusammenarbeitsqualität anhand einer branchenübergreifenden Studie. Ergänzend werden agile Methoden auf Projektportfolioebene quantitativ erforscht. Außerdem können im Hinblick auf praktische Implikationen kritische Merkmale identifiziert werden, auf die bei der Implementierung agiler Methoden oder Umsetzung innovativer Projekte geachtet werden muss. 2. Forschungsgegenstand agiles Projektportfoliomanagement Projektportfoliomanagement (PPM) hat einerseits die Aufgabe die richtige Auswahl an durchzuführenden Projekten zu identifizieren, welche mit der Strategie des Unternehmens einhergeht. Andererseits wird ein projektübergreifendes Ressourcenmanagement als zweite Hauptaufgabe identifiziert. Effektives und effizientes PPM ist für viele Unternehmen mittlerweile eine Kernaufgabe geworden, um die zahlreichen Projekte ihres Portfolios gleichzeitig zu koordinieren. Agilität ist die Fähigkeit eines Unternehmens Chancen für wettbewerbsorientiertes Handeln zu erkennen und die notwendigen Ressourcen zu mobilisieren, um Marktchancen zu nutzen. Auch Innovationsmaßnahmen eines Unternehmens in Form neuer Produkte und Dienstleistungen sowie die Anpassungsfähigkeit gegenüber neuen Herausforderungen sind Eigenschaften agiler Ansätze einer Organisation. Erstmals wurde agiles Projektmanagement im Bereich der Softwareentwicklung verwendet. Hieraus entstand das agile Manifest (agilemanifesto.org), welches von Praktikern für agile Methoden formuliert wurde. Im agilen Projektmanagement gibt es eine Vielzahl an Methoden, die aus dem Feld der Softwareentwicklung entstanden sind. Die meistgenutzte Methode, die auch für andere Projekttypen genutzt wird und einen Zusammenhang zum Projektmanagement herstellt ist Scrum. Viele Unternehmen versuchen nun, agile Praktiken auf der Portfolioebene anzuwenden. Ein weit verbreiteter Ansatz für agiles Portfoliomanagement ist das Scaled Agile Framework (SAFe) von Leffingwell [3] oder Frameworks, die von Krebs oder Vähäniitty entwickelt wurden. Allerdings haben Unternehmen immer noch Schwierigkeiten, agile Methoden auf Portfolioebene zu skalieren, und die meisten Unternehmen verwenden weiterhin gleichzeitig agile und traditionelle Projektmanagementmethoden in einem traditionell verwalteten Projektportfolio. Die Erweiterung des Projektbacklogs, das bereits aus dem agilen Projektmanagement bekannt ist, ist auf Portfolioebene eine zentrale Methode, die von agilen Portfolios genutzt wird [4]. Auch die SAFe-Methode verwendet Portfoliobacklogs, welche durch sogenannte „Epics“ definiert werden. „Epics“ formulieren übergeordnete Ziele des Unternehmens, die auf Projektebene in „Features“ unterteilt und in den Projektbacklog aufgenommen werden. Ein weiterer Aspekt agiler Portfolios ist die Zusammenarbeit über die verschiedenen Abteilungen hinaus. Unterstützend wirken direkte Kommunikation und Wissensdokumentation, um die Agilität nachhaltig im Unternehmen zu integrieren. Abschließend wird in agilen Projektportfolios die Überprüfung des Portfolios frequentierter durchgeführt, was in der schnelleren Fertigstellung von Prototypen auf Projektebene begründet ist. Auch in klassischen Ansätzen ist eine regelmäßige Überwachung des Portfolios sinnvoll, um gegenüber des Linienmanagements eine transparente Verteilung der Ressourcen auf die Projekte begründen zu können. Die Forschung zeigt, dass agile Fähigkeiten auf Portfolioebene die Erkennung emergenter (bottom-up) Strategien verbessern, weil sie einen intensiven Wissensaustausch und größere Vertrautheit zwischen den einzelnen Personen in Teams ermöglichen. Außerdem sind sich Unternehmen mit einer starken strategischen Kontrolle emergenter Strategien stärker bewusst und unterstützen agile Teams, da sie wissen, dass auch emergente Strategien für ihren Erfolg erforderlich sind [5]. 3. Zusammenarbeitsqualität der verschiedenen Stakeholder im Projektportfoliomanagement Ein Unternehmen, das sowohl aus Projekten als auch einer Linienorganisation besteht, umfasst verschiedenste Rollen: Leitung, Auftraggeber, Anwender / Kunden, Linienbzw. Ressourcenpoolverantwortliche, Projektleiter und Projektmitarbeiter. Ergänzt wird diese Auswahl, sofern ein Projektportfolio besteht, durch den Projektportfoliokoordinator und das Project Management Office (PMO). Die Zusammenarbeitsqualität beschreibt daher inwieweit sich Projektteams gegenseitig unterstützen und eine konfliktfreie Zusammenarbeit zwischen Projekt und Linie herrscht. Im Folgenden wird die Rolle des Projektleiters und Projektportfoliokoordinators erläutert sowie Auswirkungen verschiedener Interkation zwischen den Stakeholdern analysiert. Der Projektleiter ist verantwortlich für die Zielerreichung des Projektes und vertritt sein Projektteam gegenüber anderen Interessensgruppen im Unternehmensumfeld. Er ist primär an seinem Projekterfolg interessiert [6]. Projektleiter sollen über Fachwissen in Projektmanagement verfügen und dieses praktisch anwenden können. Neben der fachlichen Komponente zeichnet sich ein guter Projektleiter durch ausgeprägte zwischenmenschliche Fähigkeiten aus. Hierunter fallen beispielsweise Führungsqualitäten, Konfliktbewältigung und Kommunikationsfähigkeiten. Der Projektportfoliokoordinator begleitet und überwacht die Phasen des Portfoliomanagements. Eine grundlegende Aufgabe ist die Koordination des Portfolios und die entsprechende Bereitstellung von Informationen zur Unterstützung der Geschäftsleitung. Oftmals übernimmt der Koordinator zusätzlich die Überwachung des Risiko- und Ressourcenmanagements innerhalb des Portfolios. Aufgrund der Vielfalt der Aufgaben ist eine klare Definition und Abgrenzung der Rolle des Portfoliokoordinators wichtig. Zudem wird der Koordinator in seinen Managementaufgaben gestärkt, wenn er in hohem Maße an der Steuerung des Portfolios beteiligt ist und dies durch die Geschäftsleitung unterstützt wird. In der Literatur gibt es viele Belege dafür, dass Zusammenarbeit in Teams wichtig für Projekte ist [7]. Zudem ist ein stetiger Informationsaustausch zwischen einzelnen Projektteams einer Organisation wichtig, um Synergien oder mögliche Konkurrenzverhältnisse zwischen Projekten zu erkennen. Wissensaustausch auf Unternehmensebene kann für komplexere Projekte oder Strukturen eine Herausforderung sein. Allerdings kann diese Fähigkeit ebenso einen kompetitiven Vorteil im Unternehmen schaffen, da Erfahrungen oder Wissen | Auswirkungen agiler Methoden auf die Zusammenarbeit im Unternehmen 65 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 01/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0017 Ideen aus früheren Projekten auf neue Projekte übertragen und angewendet werden. Ein zentrales Problem auf Portfolioebene ist die Ressourcenaufteilung zwischen Linienmanagern und Projektleitern. Im Multiprojektmanagement kann eine problematische Ressourcenzuteilung durch Abhängigkeiten zwischen Projekten und politisch getriebenen Gründen entstehen. Die Zusammenarbeit verbessert sich wiederum, je transparenter und nachvollziehbarer die Ressourcenverteilung gestaltet wird. Zwischen dem Projektportfoliokoordinator und Linienmanagern müssen Rollen und Ermächtigungen klar definiert werden. Mögliche Konflikte entstehen, sofern diese Verhältnisse nicht geklärt sind. Schließlich ist eine Betrachtung der Interaktionen zwischen Projektportfoliokoordinator und Projektleiter interessant. Im Multiprojektmanagementkontext unterstützen Projektleiter das Projektportfoliomanagement, indem sie ausreichend Informationen zu ihrem Projekt bereitstellen. Des Weiteren kann ein effektives Portfoliomanagement durch offene Kommunikation der Projektleiter gewährleistet werden, da infolgedessen schnelle Anpassungen im Projektportfolio ermöglicht werden. 4. Konzeptionelles Modell Abbildung 1 gibt einen Überblick des konzeptionellen Modells der Arbeit. Insgesamt wurden vier übergreifende Hypothesen aufgestellt. Die grundsätzliche Annahme der Thesis ist, dass kulturelle Faktoren (hier, Voice Behavior, Risikokultur und Innovationskultur) sich positiv auf die Zusammenarbeitsqualität im Projektportfolio auswirken. Dieser Zusammenhang wird durch einen hohen marktorientierten Innovationsgrad und durch eine steigende Anzahl agiler Projekte im Projektportfolio noch weiter verstärkt. Zuletzt wird angenommen, dass die Verwendung von Business Cases sich negativ auf die Zusammenarbeitsqualität auswirkt, wenn der Innovationsgrad und die Anzahl agiler Projekte hoch ist. Der Business Case ist ein Kontrollmechanismus, der sich im Projektportfoliomanagement etabliert hat. Starke Kontrolle von Mitarbeitern kann das Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten im Unternehmen aufgrund von fehlendem Vertrauen schwächen. Die Mitarbeiter fühlen sich möglicherweise eingeschränkt und die Zusammenarbeitsqualität sinkt. Agile Methoden basieren auf Vertrauen und intrinsischer Motivation. Ebenso schränken Business Cases die Kreativität und Innovativität während des Projektverlaufs ein, da oftmals zu Beginn des Projektes das Budget und der Projektplan im Business Case festgelegt werden müssen [8]. Deshalb wird durch eine steigende Anzahl agiler Projekte die Zusammenarbeitsqualität weiter geschwächt-- so die Annahme. Die aufgestellten Hypothesen der Thesis orientieren sich an der Stewardship-Theorie. Diese stützt sich auf ein kollektivistisches Verhalten der beteiligten Parteien. Stewardship bedeutet aus dem Englischen übersetzt Verwaltung oder auch Verantwortung. Folglich ist ein Steward in diesem Zusammenhang ein Manager, der die Interessen seines Prinzipals vertritt. Der Prinzipal ist im Managementsinne ein Vorgesetzter des Stewards. Die Stewardship-Theorie beschreibt demnach ein Verhältnis zwischen zwei Parteien, die in einem unterschiedlichen Machtverhältnis zueinanderstehen. Bezogen auf das Multiprojektmanagement ist dies bei unterschiedlichen Stakeholdern der Fall wie bspw. dem Projektleiter und seinem Team oder dem Projektportfoliokoordinator. Grundsätzlich baut die Stewardship-Theorie auf soziologischen und psychologischen Verhaltensweisen auf. Zwei dieser Verhaltensweisen, die eine Zusammenarbeit im Unternehmen beeinflussen können, sind die Philosophie des Managements und die Kultur des Unternehmens. Die ausgewählten Faktoren der Hypothesen lassen sich den Verhaltensweisen zuordnen (siehe Abbildung 1). 5. Methodik und Einblicke in die Ergebnisse Die Hypothesen werden anhand einer branchenübergreifenden Stichprobe deutscher Unternehmen getestet. Der Datensatz ist aus der Multiprojektmanagement-Benchmarking- Studie (MPM-Studie) von 2017 entnommen. Grundsätzlich untersucht die MPM-Studie im Rahmen regelmäßiger Benchmarking-Studien bewährte Praktiken und Erfolgsfaktoren im Projektportfoliomanagement. Für diese Arbeit werden die Antworten von zwei der drei befragten Informanten eines Unternehmens oder einer Geschäftseinheit verwendet. Der erste Informant ist Koordinator wie z. B. Multiprojekt-Manager, Portfolio-Manager, Programm-Manager oder Verantwortlicher des Abbildung 1: Konzeptionelles Modell der Thesis; I: Informant; KO: Koordinator; EN: Entscheider Wissen | Auswirkungen agiler Methoden auf die Zusammenarbeit im Unternehmen 66 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 01/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0017 Project Management Office (PMO) und wird für die unabhängigen Variablen und Moderatoren verwendet. Für die abhängige Variable (Zusammenarbeitsqualität) ist der Informant der Portfolio-Entscheider aus Vorstand, Geschäfts-, Bereichs- und Abteilungsleiter. Die finale Stichprobe enthält 134 Projektportfolios. Eine nähere Beschreibung der Stichprobe finden Sie in Tabelle 1. Die Regressionsanalysen wurden unter Zuhilfenahme der Methode der kleinsten Quadrate durchgeführt. Die Moderationseffekte werden hierarchisch aufgebaut und durch einzelne Regressionsanalysen dargestellt. Es konnte eine Hypothese (H2 a und b) statistisch bestätigt werden. Das bedeutet, dass der Einsatz von Business Cases am besten funktioniert, wenn das Portfolio gering innovativ handelt und wenige agile Projekte beinhaltet. Steigt die Anzahl der agilen Projekte oder ist das Portfolio innovativer, sind die Ergebnisse weniger eindeutig. Hier zeigt sich, dass die Zusammenarbeitsqualität im Projektportfolio auch sinken kann, wenn Business Cases verwendet werden. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass eine Risikokultur sowie eine Innovationskultur einen positiven Einfluss auf die Zusammenarbeitsqualität haben. 6. Implikationen für die Praxis Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung geben einige Empfehlungen für Portfoliokoordinatoren und das höhere Management in der Praxis. Insbesondere Projektportfoliokoordinatoren sind an einer guten Zusammenarbeit der Stakeholder im Portfolio interessiert, da sie mit allen Parteien kommunizieren. Zum einen müssen sie bei Allokationskonflikten zwischen Projektleitern und Linienmanagern vermitteln. Ferner berichten sie an das obere Management über das Projektportfolio. Die Einführung einer Unternehmenskultur, die von Offenheit, Transparenz und Vertrauen geprägt ist, kann förderlich für die Zusammenarbeit auf Portfolioebene sein. Dies kann durch eine offene Risiko- und Innovationskultur ermöglicht werden. Überdies sind entsprechende Trainings für Projektleiter zu leisten, um eine einheitliche Managementphilosophie zu implementieren. Die Führungsstile können weiterhin situativ vom Projekt abhängig sein, sollten jedoch die Grundwerte des Unternehmens berücksichtigen. Neue Ansätze wie agiles Projekt- oder gar Portfoliomanagement bergen viele Herausforderungen und Barrieren bei der Implementierung, die erst überwunden werden müssen. In innovativen Portfolien und mit einer hohen Anzahl an agilen Projekten ist der Business Case als Kontrollmechanismus weniger wichtig oder gar kontraproduktiv. Das Management muss sich bewusstwerden, dass die Anforderungen an agile oder hoch innovative Projekte im Vergleich zu klassischen Projekten differenziert betrachtet werden müssen. Kontrollgegenstände wie Business Cases sollten gegebenenfalls angepasst werden. 7. Fazit und Ausblick Die Arbeit trägt in mehrfacher Hinsicht zum Verständnis der Zusammenarbeitsqualität auf Unternehmensebene bei-- insbesondere, wenn Unternehmen sich dazu entscheiden, agile Projekte in das Portfolio aufzunehmen. Die Möglichkeiten zum Einsatz agiler Methoden sind groß, sollten allerdings immer mit dem Kontext des Projektes bzw. Projektportfolios abgestimmt werden. Nicht für jedes Projekt ist ein Einsatz agiler Methoden sinnhaft und kann möglichweise sogar Konflikte hervorrufen. Weitere Forschung hat gezeigt, dass es auch zu Problemen bei der Zusammenarbeit auf Teamebene kommt, wenn die Projekte agil durchgeführt werden, aber das Portfoliomanagement weiterhin an einem traditionellen Ansatz orientiert ist [9]. Darüber hinaus wird die Anwendung agiler Methoden auch im Bereich von Forschungs- & Entwicklungsabteilungen untersucht, da sie eine schnelle und reaktionsschnelle Produktentwicklung ermöglichen [10]. Die Daten der vorliegenden Arbeit sind aus der 8. MPM- Studie entnommen. Im Frühling 2022 startet die 10. MPM Benchmarking Studie in Deutschland und Europa. Neben den traditionellen Erfolgsfaktoren sind die Fokusthemen dieser Jubiläumsausgabe der Studie insbesondere Nachhaltigkeit und Resilienz im Projekt- und Portfoliomanagement. Teilnehmer der Studie erhalten kostenfrei einen umfassenden individuellen Auswertungsbericht, der sowohl die allgemeinen Studienergebnisse als auch einen individuellen Benchmark des MPMs mit Stärken und konkreten Handlungsimplikationen enthält. Alle Informationen zur Studie, einen exemplarischen individuellen Auswertungsbericht und die Möglichkeit der Anmeldung finden Sie auf der offiziellen Studienhomepage unter www. multiprojectmanagement.org. Unternehmen in der Stichprobe (n=134) Mitarbeiterzahl Branchen durchschn. Anzahl durchgeführter Projekte im Jahr N % N % N % ≤250 30 22,4 Chemie / Pharma 29 21,6 ≤10 15 11,2 251-2000 46 34,3 Bau 28 20,9 11-100 82 61,2 2001-5000 17 12,7 Banken / Versicherung 19 14,2 101-500 32 23,9 >5000 41 30,6 Elektro- und Informationstechnik 15 11,2 >500 5 3,7 Rest 43 32,1 Tabelle 1: Stichprobenbeschreibung Wissen | Auswirkungen agiler Methoden auf die Zusammenarbeit im Unternehmen Jadena Bechtel Jadena Bechtel ist derzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Technologie- und Innovationsmanagement der TU Darmstadt. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf der Anpassungsfähigkeit und Nachhaltigkeitsintegration in Projektportfolios. Technische Universität Darmstadt eMail: jadena.bechtel@tu-darmstadt.de Orcid: https: / / orcid.org / 0000-0003-4586 - 258X Literatur [1] J. H. Davis, F. D. Schoorman, and L. Donaldson, "Toward a stewardship theory of management," Academy of Management Review, vol. 22, no. 1, pp. 20-47, 1997. [2] Multiprojektmanagement- - Management von Projektportfolios, Programmen und Projekten- - Teil 1 : Grundlagen , DIN 69 909-1, 2013. [3] D. Leffingwell, Agile software requirements: lean requirements practices for teams, programs, and the enterprise . Boston: Pearson Education, 2010. [4] C. J. Stettina and J. Hörz, "Agile portfolio management: An empirical perspective on the practice in use," International Journal of Project Management, vol. 33, no. 1, pp. 140-152, 2015. [5] C. Kaufmann, A. Kock, and H. G. Gemünden, "Emerging strategy recognition in agile portfolios," International Journal of Project Management, vol. 38, no. 7, pp. 429-440, 2020. [6] D. Jonas, A. Kock, and H. G. Gemünden, "Predicting project portfolio success by measuring management quality—a longitudinal study," IEEE Transactions on Engineering Management, vol. 60, no. 2, pp. 215-226, 2013. [7] M. Hoegl and H. G. Gemuenden, "Teamwork quality and the success of innovative projects: A theoretical concept and empirical evidence," Organization Science, vol. 12, no. 4, pp. 435-449, 2001. [8] J. Kopmann, A. Kock, C. P. Killen, and H. G. Gemünden, "Business case control in project portfolios—an empirical investigation of performance consequences and moderating effects," IEEE Transactions on Engineering Management, vol. 62, no. 4, pp. 529-543, 2015. [9] J. Bechtel, C. Kaufmann, and A. Kock, "Agile Projects in Nonagile Portfolios: How Project Portfolio Contingencies Constrain Agile Projects’ Teamwork Quality," IEEE Transactions on Engineering Management, pp. 1-15, 2021. [10] A. Meier and A. Kock, "Agile R&D Units’ Organization Beyond Software—Developing and Validating a Multidimensional Scale in an Engineering Context," IEEE Transactions on Engineering Management, pp. 1-13, 2021. *Die Beschreibung der Projekte als klassisch, hybrid und agil trägt zur vereinfachten Schreibweise bei. Gemeint ist hiermit die jeweils angewendete Projektmanagementmethode. Eingangsabbildung: © iStock.com/ http: / / www.fotogestoeber.de Ulrich Engelmann, Martin Baumann Zielführend moderieren Kompetenzen - Methoden - Wege zum Gesprächserfolg 1., Auflage 2022, 438 Seiten €[D] 34,90 ISBN 978-3-8252-5689-0 eISBN 978-3-8385-5689-5 In der Teamarbeit wird Moderation zum Erfolgsfaktor, der jedoch häufig unterschätzt wird. Ausgehend vom persönlichen Kompetenzniveau verknüpft dieses Buch Grundlagen und Methoden zu Wegen, um Ihre persönliche Entwicklung individuell zu begleiten: Einsteiger: innen finden hilfreiche Checklisten und Basistechniken für ihre ersten Moderationen, Fortgeschrittene wertvolle Praxistipps und Methoden für den Ausbau ihrer Moderationskompetenz. Profis schließlich genießen eine raffinierte Aussicht auf weniger bekannte Techniken und neue Anwendungen. Weiterführende Exkurse zum Meeting-Management und zur Online-Moderation runden den Anwendungshorizont ab. 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