PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Der Schlüssel zur Stärke
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Oliver Steeger
Viele Unternehmen wollen sich nach der schwierigen Zeit der Pandemie besser gegen Krisen aufstellen. Das schließt auch die Resilienz von Mitarbeitern und Teams ein. Wissenschaftler sind sich sicher: Jeder kann die Fähigkeit lernen, bei Krisen zügig aus der Schockstarre zu kommen und handlungsfähig zu werden. Doch mit einem einzelnen Resilienz-Training ist es nicht getan. Der Aufbau von Resilienz ist kein Sprint, sondern ein Marathonlauf. Dr. Susanne Marx (CSL Behring GmbH) führt in ihrem Unternehmen seit mehr als zwei Jahren ein vielfältiges Programm für Gesundheit und Resilienz durch. Im Interview berichtet sie, wie man in Teams und Organisationen Resilienz aufbaut, welche Handlungsebenen es gibt – und weshalb Achtsamkeit der Schlüssel zur Stärke ist.
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13 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0030 Wie Teams resilient und „krisenfest“ werden Der Schlüssel zur Stärke Oliver Steeger Viele Unternehmen wollen sich nach der schwierigen Zeit der Pandemie besser gegen Krisen aufstellen. Das schließt auch die Resilienz von Mitarbeitern und Teams ein. Wissenschaftler sind sich sicher: Jeder kann die Fähigkeit lernen, bei Krisen zügig aus der Schockstarre zu kommen und handlungsfähig zu werden. Doch mit einem einzelnen Resilienz- Training ist es nicht getan. Der Aufbau von Resilienz ist kein Sprint, sondern ein Marathonlauf. Dr. Susanne Marx (CSL Behring GmbH) führt in ihrem Unternehmen seit mehr als zwei Jahren ein vielfältiges Programm für Gesundheit und Resilienz durch. Im Interview berichtet sie, wie man in Teams und Organisationen Resilienz aufbaut, welche Handlungsebenen es gibt - und weshalb Achtsamkeit der Schlüssel zur Stärke ist. Viele Manager verstehen unter Resilienz, sich mit Notfall-Plänen auf Krisen vorzubereiten. Im Projektmanagement sind solche Krisenpläne seit Jahrzehnten Bausteine des Risikomanagements. Doch Krisenpläne allein reichen nicht. Man braucht auch resiliente Mitarbeiter, die nach dem Schock einer Krise schnell wieder arbeitsfähig werden und die Pläne umsetzen. Man hat die persönliche Resilienz-- also Widerstandsfähigkeit bei Krisen-- lange Zeit als Eigenschaft gesehen. Entweder man war resilient-- oder nicht. Sie dagegen sagen: Resilienz ist eine Fähigkeit, die jeder Mitarbeiter lernen kann. Dr. Susanne Marx: Richtig. Bei menschlicher Resilienz handelt es sich um eine erlernbare Kompetenz. Dem einen fällt das Erlernen aufgrund seiner Veranlagung etwas leichter, dem anderen vielleicht etwas schwerer. Entscheidend ist: Alle können an ihrer Resilienz arbeiten. Dies gilt auch für Teams. Auch sie können etwas für ihre Resilienz tun und sich so auf Krisen vorbereiten. Was macht diese Resilienfähigkeit genau aus? Gleich, ob wir über Einzelne oder Teams sprechen: Bei Krisen ist es entscheidend, dass Menschen rasch wieder ins Lösungsdenken kommen. Für eine Organisation ist es dabei ein entscheidender Vorteil, wenn Mitarbeitende schnell aus der Schockstarre kommen. Nehmen Sie ein Projekt als Beispiel, das plötzlich in Terminschwierigkeiten kommt, etwa wegen unerwarteter technischer Probleme. Mit welchen Prozessen man diese Krise lösen kann, liegt ja auf der Hand: Das Team muss prüfen, was es anders machen kann. Also den Fehler analysieren und sehen, wie man damit umgehen und wie es weitergehen kann. Es kommt nun darauf an, dass es schnell die Kraft und Antworten findet, die Lösungen umzusetzen. Sprechen wir bitte über den Aufbau-- das Erlernen-- der Fähigkeit zur Resilienz. Sie unterscheiden zwischen vier Handlungsfeldern oder Ebenen von Resilienz: die physische Ebene, die psychische Ebene, die Ebene der Interaktion mit anderen sowie eine Ebene, die sich gut mit dem „Wortsinn“ beschreiben lässt-… Vielleicht sollten wir zuvor das gemeinsame Fundament dieser Ebenen betrachten. Da gibt es eine wichtige Grundvoraussetzung für die Fähigkeit zur Resilienz. Das ist die Fähigkeit zum Innehalten. Zur Achtsamkeit. Inwiefern Achtsamkeit? Eine Krise ist ein Stressor. Dieser Stressor löst beim Menschen Stress aus. Stress ist ein biologisch festgelegtes „Kampf- oder Fluchtprogramm“. Wenn wir im Stressmodus sind, verengt sich unser Blick: der sprichwörtliche Tunnelblick. Dieser Tunnelblick ist für die Krisenbewältigung wenig hilfreich. In Krisen brauchen wir einen weiten Blick - buchstäblich Weitblick, eine neutrale Beobachtungsposition. Wer Achtsamkeit vor Reportage | Der Schlüssel zur Stärke 14 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0030 der Krise geübt hat, kann in Krisensituationen besser innehalten. Man ist quasi geschult darin, seinen Blick bewusst zu weiten. Diese Wahrnehmung ist der erste Schritt, die Krise zu bewältigen. Unter Achtsamkeit verstehen nicht wenige blanke Esoterik statt eine im Beruf nützliche Fähigkeit. Esoterisch ist dies bestimmt nicht. Die Forschung belegt, dass viele Menschen unter Druck automatisch reagieren. Sie handeln basierend auf ihrem individuellen Erfahrungsschatz - statt in der Situation angemessen zu agieren. So verständlich dieses Verhalten sein mag-- wir können es in Krisen nicht gebrauchen. Wir müssen stattdessen genau und vorurteilsfrei nachschauen, was die Krise auslöst, wie die Krise etwa auf ein Projekt und das Team wirkt - und was man nun braucht, um Lösungen zu finden. Und auch: was die Menschen selbst jetzt brauchen. Was die Menschen in Krisen brauchen-- wie darf ich das verstehen? Krisen sind kein normaler Arbeitsmodus - auch psychisch und körperlich nicht. Weder für das Team noch für die Einzelnen. Dies wird häufig vernachlässigt. Einige brauchen jetzt vielleicht Rückzug, um die Veränderung zu verarbeiten, andere vielleicht Bewegung und körperliches Abreagieren. Wieder andere suchen Beistand von außen. Achtsamkeit schärft in Krisensituationen den Sinn für solche Bedürfnisse. Entscheidend aus meiner Sicht ist, dass man die Fähigkeit zur Achtsamkeit vorher trainiert. Wie kann man Achtsamkeit trainieren? Dafür gibt es viele Übungen, beispielsweise Atemübungen, Methoden wie Bodyscan oder Embodiment-Übungen. Sie setzen beim Wechselspiel zwischen Körper und Psyche an. Progressive Muskelentspannung gehört ebenfalls in diese Reihe von Übungen. Wie darf ich mir diese Übungen genau vorstellen? Ein Beispiel: Eine veränderte Körperhaltung beeinflusst das psychische Geschehen. Solche Wirkungen können Wissenschaftler gehirnphysiologisch nachweisen. Wer beispielsweise seine Arme öffnet und nach hinten ausstreckt, also den Bereich von Brust und Herz öffnet - der kann dadurch empathischer und offener werden. Diese Offenheit führt zu einer veränderten Arbeitshaltung. Man wird aufmerksamer für andere. Solche einfachen Embodiment-Übungen unterstützen, mehr Resilienz zu entwickeln. Sie haben damit zwei Ebenen der Resilienz angesprochen-- die physische, körperliche Ebene und die psychische Ebene. Betrachten wir bitte diese Ebenen näher-- zunächst die physische Ebene. Was kann man auf dieser Ebene tun, um Menschen resilienter zu machen? Gehört beispielsweise auch gesundheitliche Prävention dazu? Die betriebliche Förderung von Gesundheit ist mit Sicherheit ein wichtiger Baustein. Gesunde Menschen haben die körperlichen Ressourcen, besser durch eine Krise zu kommen. Der Begriff Gesundheit wird heute allerdings recht weit gefasst. Gesundheit bedeutet mehr als die Abwesenheit von Krankheit. „Nicht-krank“ ist also noch lange nicht gesund? Es geht um einen ganzheitlichen Begriff. Man bezieht physisches, psychisches und soziales Wohlbefinden mit ein. Sogar die WHO zählt dies dazu. Konkret: Unternehmen können beispielsweise die Embodiment-Übungen oder einfache Mindfulness-Übungen anbieten. Sie können ein Teil von Projektbesprechungen werden - natürlich auf freiwilliger Basis. Es handelt sich um keine langen Trainings oder stundenlange Meditationen. Zweimal die Woche Übungen von zehn Minuten oder einer Viertelstunde bringen bereits gute Effekte! Als Start in die Projektroutine bieten sich auch sehr kurze, zweiminütige Übungen an. So etwas ist bereits sehr wirksam! Die zweite Ebene ist die psychische Ebene. Wie kann man sich auf der psychischen Ebene die Resilienzfähigkeit entwickeln? Da sind wir erneut beim Thema Achtsamkeit, neudeutsch: Mindfulness. Darunter verstehe ich eine mentale Kompetenz, Krisen zu bewältigen. Forschungen haben gezeigt, dass etwa Dankbarkeit sich sehr gut auf diese mentale Kompetenz auswirkt. Dankbarkeit-- wirklich? Durch Dankbarkeit entwickeln Menschen eine positive Haltung; dies ist wissenschaftlich gut untermauert. Genau diese Haltung ist eine gute Unterstützung, um in einer Krise nach vorne zu schauen. Ein Beispiel: In einer Projektkrise betrachtet ein Team mit Dankbarkeit und Wertschätzung das, was bisher erreicht wurde. Aus dieser Haltung heraus kann das Team nun einen Schritt zurücktreten, um nach vorne gerichtete Lösungen zu finden. Dabei hilft der beobachtende Blick darauf, was nicht funktioniert hat und was genau zu dieser Krise geführt hat. Das Team kann nun seinen Blick weiten und Antworten suchen: Was kann es anders machen? Was braucht es jetzt? Kann man Dankbarkeit wirklich üben? Wie soll dies gehen? Auch dafür braucht es keine stundenlangen Reflexionsübungen. Wir sprechen über kleine Werkzeuge. Mein Tipp: Seien Sie morgens achtsam und fragen Sie sich, was Sie körperlicher und psychisch brauchen, um gut in den Tag zu starten. Und abends: Blicken Sie zurück auf den Tag und betrachten Sie das, wofür Sie dankbar sind. Über längere Zeit praktiziert, kann dies Ihre Resilienz stärken. Sie haben eben vom Team gesprochen. Damit sind wir auf der dritten Ebene: die Interaktion mit anderen. Vorhin sagten Sie, dass man die Übungen auch gemeinsam im Team durchführen kann, etwa vor Besprechungen. Das ist richtig. Es lohnt sich, diese Übungen gemeinsam zu machen. Sie helfen, dass Teammitglieder sich einander vorurteilsfrei und offen wahrnehmen-- das heißt, ohne sich direkt zu beurteilen. Menschen neigen ja zu schnellen Urteilen und Bewertungen, manchmal wegen Schubladendenken, manchmal auch wegen ihrer vermeintlichen Erfahrung. Hilfreich ist da der Perspektivwechsel: Wie stellen sich Sachverhalte aus der Perspektive von jemand anderem da? Wie fühlt sich jemand anderes in einer bestimmten Situation? Welche Bedürf- Reportage | Der Schlüssel zur Stärke Abnahme: Alle Daten auf einen Klick Als Projektleiter sind Sie gut beraten, wenn Sie die aktuellen Projektdaten immer im Blick behalten. Nur so sehen Sie, wenn sich die Dinge anders entwickeln, als sie sollten - und können nachjustieren. Wir haben eine Software entwickelt, die Ihnen alle benötigten Daten auf einen Klick anzeigt. Das Besondere: Bei G2 handelt es sich um eine No-Code-Software, für die man keine Programmierkenntnisse benötigt. Die Daten liegen auf einem zentralen Datenbankserver und nicht verteilt in verschiedenen MS Office-Lösungen. Im Meeting müssen Sie sich nicht erst nach dem aktuellen Stand der Dinge erkundigen, weil Sie sich dank No Code bereits selbst informiert haben. Das spart Zeit. Weiterer Vorteil: In die Abnahmeprotokolle lassen sich getypte Werte wie Zahlen und Ja-/ Nein- Angaben eintragen. G2 erledigt das langwierige, nervenaufreibende Vergleichen von Ist- und Soll- Werten, das früher zu Ihren Aufgaben gehörte. Die Software wirft Ihnen in Sekundenschnelle alle relevanten Grenzwertüberschreitungen aus. Damit können Sie sich auf das Wesentliche konzentrieren und überlegen, wie Sie mit den Abweichungen umgehen. G2 sorgt auch gleich für später vor. Die Software ermöglicht z.B. die Bewertung Ihrer Lieferanten, weil sie die Daten aller früheren Abnahmen, Protokoll- und Terminübersichten wohlgeordnet auf dem Datenbankserver abgelegt hat. Sie wählen ein Projekt aus, sehen alles, was dazu gehört - und können Ihre Entscheidung treffen. Und manipulationssicher sind die Daten zudem auch. www.stella-systemhaus.de nisse hat er oder sie? Solche Perspektivwechsel kann man gemeinsam üben. Wie wichtig ist für Teams, dass sie für Krisen eingespielte Routinen und Prozesse haben? Ich halte es für wichtig, dass Teams Krisen „üben“ und bestimmte Prozesse trainieren. Wie wird über Emotionen der Teammitglieder bei Krisen gesprochen? Wie formulieren die Mitglieder ihre Bedürfnisse, und wie geht man damit im Team um? Wie analysiert das Team wertschätzend Fehler? Wie entwickelt es Planänderungen? Wie kommt es in einen lösungsorientierten Arbeitsmodus? Ist es auch mal in Ordnung, Nerven zu zeigen und ärgerlich zu sein? Wie kann das Team gut und aggressionsfrei kommunizieren? Resiliente Teams machen sich im Vorfeld über solche Prozesse Gedanken und versuchen, diese Verhaltensweisen zu üben. Die letzte der vier Handlungsebenen für Resilienz bezieht sich auf Sinn. Wie darf ich diesen Punkt verstehen? Die Sinnhaftigkeit des Tuns ist wichtig, um Lösungen umzusetzen. Da spielen die Werte im Team eine Rolle. Über sein Set an Werten sollte das Team früh nachdenken. Zum Beispiel? Fragen können sein: Welche Werte sind wichtig für die Zusammenarbeit? Wie stehen wir zum respektvollen Umgang? Zu wertschätzender Diskussionen? Zu Pünktlichkeit? Werte geben in Krisen Halt. Kennt das Team seine Ausrichtung, kommt es besser wieder in den produktiven Arbeitsmodus. Aber eines sollten wir bei alledem im Hinterkopf behalten: Resilienz heißt nicht, dass das Team die „Talfahrt“ bei Krisen nicht erlebt. Auch resiliente Teams erfahren, dass ihnen durch eine Krise der Teppich unter den Füßen weggezogen wird? Natürlich erfahren Sie dies! Resiliente Teams kommen aber schneller wieder auf die Beine und machen sich daran, Lösungen auszuprobieren und das Projekt zu stabilisieren. Der erste Schritt zur Lösung ist es, die Krise und sich selbst in dieser Krise zu akzeptieren. Im zweiten Schritt geht es um Selbstfürsorge und eine mentale Haltung, die den Einzelnen und das Team entlastet. Dafür sollte man auch schädliche „Rollen“ auflösen, beispielsweise die „Opferrolle“, bei der man sich ohnmächtig als Opfer äußerer Umstände sieht. Solche Rollen behindern die Krisenbewältigung enorm. Anzeige Reportage | Der Schlüssel zur Stärke 16 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0030 Wir haben die Fähigkeit zur Resilienz bisher recht abstrakt besprochen. Sie kennen dieses Thema direkt aus Ihrem Unternehmen, dem Biotechunternehmen CSL Behring am deutschen Standort. Bei CSL Behring haben Sie vor einigen Jahren begonnen, ein Programm zum Gesundheitsmanagement umzusetzen. Dieses Programm schließt heute auch Resilienz ein. Wie kam es zu dieser Initiative? Wir bei CSL Behring haben angefangen mit klassischen Dingen wie Gesundheitsschutz, Prävention und gesundem Führen. Wir haben dazu ein Programm für die Mitarbeitenden angeboten. Es geht darum, eine gesunde Organisation zu entwickeln und die Menschen in ihrer Gesundheit zu unterstützen. Wir haben schnell gesehen, dass solch ein Programm nicht nur einzelne Impulse geben, sondern auch Regelmäßigkeit bieten muss. Inwiefern Regelmäßigkeit? Ein Beispiel: Wir bieten seit 2020 zweimal wöchentlich einen wiederkehrenden Achtsamkeitsimpuls an-- von jeweils 15 Minuten. Wer will, kann dieses Angebot für sich ausprobieren und sehen, wie das Training auf sich wirkt. Wir sind mit fünf Leuten gestartet. Heute nehmen je nach Impuls zwischen zwanzig und fünfzig Mitarbeitende teil. Kürzlich hatten wir ein wichtiges Audit im Unternehmen. Ich habe jeden Morgen mit Mitarbeitenden Übungen durchgeführt und sie auf die Bewältigung des Stresses vorbereitet. Haben Sie dieses Gesundheits-Programm auch mit dem Ziel der Förderung von Resilienz gestartet? Nein, zumindest nicht ausdrücklich. Das Thema Resilienz kam erst später dazu. Wir haben nun dazu ein konkretes Programm aufgestellt. Dieses orientiert sich an den vier Handlungsfeldern, die wir eben besprochen haben. Neben regelmäßigen Übungen sowie vertiefenden Trainingsangeboten bringen wir dabei auch immer wieder Prozesselemente hinein. Wir trainieren, wie man beispielsweise lösungsorientiert arbeitet oder einen Perspektivwechsel vornimmt. Sie sagten mehrmals, dass allein isolierte Einzeltrainings wenig bringen-… Das ist richtig. Man hat ermittelt, dass ein einzelnes Training grob gesagt für etwa zwei Wochen nachhält. Damit die Fähigkeiten dauerhaft verankert werden, braucht es indes Monate regelmäßiger Wiederholung- - also recht lange Zyklen. Deshalb strecken wir die Trainings und bieten immer wieder Refresher an. Regelmäßige Angebote und Ausdauer sind also Erfolgsfaktoren für solch ein Programm. Wichtig sind auch niederschwellige Angebote, also Angebote, die leicht zugänglich sind. Es wird gerne behauptet, dass bei solchen Programmen Führungskräfte Vorbilder sein sollten. Bestätigt sich dies aus Ihrer Erfahrung? Ja, auf jeden Fall. Führungskräfte haben aus meiner Sicht zwei Herausforderungen: Zum einen den Blick auf die eigene Resilienz richten, zum anderen gesund und resilient führen und dabei im Unternehmen als Vorbild vorangehen. Die Haltung von Führungskräften wird in Krisen genau beobachtet. Zum Beispiel: In Krisen hilft es kaum, „Schuldige“ oder Verursacher der Krise zu finden. Auch bringt es nicht weiter, in einer Art Opferrolle zu verharren und darauf zu warten, dass die Organisation Hilfe anbietet. Führungskräfte sollten in Krisen stattdessen aufmerksam sein für das, was Mitarbeitende brauchen. Die Fähigkeit etwa zum Perspektivwechsel ist deshalb wichtig für eine Führungskraft-… …-zum einen für die eigene Führungspraxis, zum anderen für die Veränderung der Kultur generell? Richtig. Behalten Sie immer im Hinterkopf: Es geht um kleine Maßnahmen. Beim Perspektivenwechsel muss niemand andere tief analysieren und völlig verstehen. Häufig reicht die Einsicht, dass andere Menschen andere Bedürfnisse haben. Dann kann man die eigenen Emotionen herausnehmen und die der anderen besser wahrnehmen. Sind bei CSL Behring Führungskräfte in das Resilienz-Programm einbezogen? Ja. Wir werden in Kürze für unser oberes Management am Standort ein Achtsamkeitstraining durchführen, das sich über elf Wochen erstreckt. Danach können die Führungskräfte ihre neue Haltung im Unternehmen multiplizieren. Dies klingt in weiten Teilen nach Kulturveränderung-… In der Tat stecken in dem Programm, die Fähigkeit zur Resilienz zu fördern, eine Reihe von Kulturfragen, etwa die Frage nach dem Umgang mit Fehlern oder den persönlichen Bedürfnissen von Mitarbeitenden. In unserem Unternehmen haben wir seit Jahren eine offene Fehlerkultur. Diese Kultur wurde bewusst gefördert-- und heute durch unser Resilienzprogramm weiter verbessert. Der Vorteil von Resilienz liegt gerade für viele Top-Manager auf der Hand. Eine resiliente Organisation wird in einer Krise schnell wieder handlungsfähig. Diese Botschaft findet heute viele offene Ohren. Eingangsabbildung: © iStock.com/ Nuthawut Somsuk Dr. Susanne Marx Dr. Susanne Marx ist seit 2018 bei CSL Behring GmbH als Gesundheitsmanagerin am Standort Marburg. Sie ist verantwortlich für den Aufbau eines ganzheitlichen Gesundheitsmanagement, sowie für die strategische Ausrichtung und den Transfer des Themas Gesundheit und Resilienz an die anderen europäischen Standorte. Dr. Susanne Marx ist promovierte Apothekerin und hat nach einer Business- Coach-Ausbildung bei Neuland und Partner für verschiedene Organisationen die Themen Gesundheit, gesunde Selbstführung sowie Resilienz entwickelt. Sie engagiert sich im Kontext Moderne Arbeitswelt 4.0. Zudem begleitet sie seit 2019 soziale Einrichtungen auf ihren Wegen zu nachhaltigen, gesunden und resilienten Arbeitsformen.