eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 33/5

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2022-0094
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2022
335 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

„Offenheit und Kommunikation blühten auf“

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2022
Steffen Scheurer
Oliver Steeger
Ein neues Bürogebäude verändert buchstäblich die Arbeitswelt für viele Menschen. Mehr als 3.000 Mitarbeiter haben im Axel-Springer-Neubau ihre neue Heimat gefunden. Sie lernen, das Gebäude mit seinen vielen Möglichkeiten optimal für ihre Zusammenarbeit zu nutzen. Im Interview beschreibt Jasmin Heumann (Expert New Work & New Workplace), welche Herausforderungen auf die Mitarbeiter nach dem Umzug zukamen, wie das Unternehmen sie unterstützt – und weshalb erfolgreiches hybrides Arbeiten vor allem eine Frage guter Organisation ist.
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17 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0094 Wie ein Gebäude die Zusammenarbeit verändert „Offenheit und Kommunikation blühten auf“ Steffen Scheurer, Oliver Steeger Ein neues Bürogebäude verändert buchstäblich die Arbeitswelt für viele Menschen. Mehr als 3.000 Mitarbeiter haben im Axel-Springer-Neubau ihre neue Heimat gefunden. Sie lernen, das Gebäude mit seinen vielen Möglichkeiten optimal für ihre Zusammenarbeit zu nutzen. Im Interview beschreibt Jasmin Heumann (Expert New Work & New Workplace), welche Herausforderungen auf die Mitarbeiter nach dem Umzug zukamen, wie das Unternehmen sie unterstützt-- und weshalb erfolgreiches hybrides Arbeiten vor allem eine Frage guter Organisation ist. Frau Heumann, kann ein Bürogebäude die Zusammenarbeit in einem Unternehmen verändern? Jasmin Heumann: Ja, auf jeden Fall! Wir haben viele Veränderungen in unserem Axel-Springer-Neubau wahrgenommen. Nach dem Umzug blühten hier Offenheit und Kommunikation unter den Kolleginnen und Kollegen auf. Die Menschen sind sich mehr begegnet-- sowohl buchstäblich als auch im übertragenen Sinne. Man sieht sich, läuft sich über den Weg, trifft auf Events zusammen. Und dann tauscht man sich beispielsweise spontan über Projekte aus. Hat es dies früher-- etwa in den alten Bürogebäuden-- nicht gegeben? Es hat dies dort auch gegeben-- etwa beim Weg zum Lunch. Doch außerhalb der Mittagszeit hat man seltener jemanden getroffen. Man ist mit dem Fahrstuhl in sein Büro gefahren, saß an seinem Platz und hat bestenfalls die gesehen, mit denen man ohnehin zusammengearbeitet hat. Es gab wenig Begegnungen in der Breite. Nochmals zur Frage-- kann ein Gebäude ein Werkzeug sein, die Arbeitskultur zu verändern? Ich denke, ja. Unser Neubau ist quasi Arbeitskultur zum Anfassen, wie wir sie uns wünschen und wie wir sie wollen. Wir wollen Transparenz, flache Hierarchien und Kommunikation. Dies sollten die Menschen auch physisch in einem Gebäude spüren und erleben. Ich bin überzeugt, dass das Bürogebäude eng mit der Kultur zusammenhängt und Kulturwandel unterstützen kann-… …-oder ihm entgegenwirken kann? Natürlich. Es ergibt keinen Sinn, dies zu predigen-- und dann die Menschen in Einzelbüros zu schicken. Existieren keine für alle zugängliche Begegnungsflächen, kommen die Menschen abseits ihrer Abteilung auch nicht spontan zusammen. Selbstverständlich gibt es auch in der traditionellen Bürowelt Meetingräume. Doch man muss solche Zusammenkünfte häufig organisieren, also Leute bewusst einladen und die Räume reservieren. Daraus können Hürden entstehen. Flexibilität und Spontaneität geht verloren. Spontaneität ist für Sie wichtig? Wir bei Axel Springer haben gesagt, dass wir allen die Möglichkeit geben wollen, so zu arbeiten, wie sie in ihrer Funktion und entsprechend ihrer Bedürfnisse am besten arbeiten können-- sowohl Einzelpersonen als auch Teams. Sie sollen allein entscheiden, wie sie mit ihren Aufgaben optimal weiterkommen und was sie dafür brauchen. Wir geben dafür die Freiheit-- auch in Form von offenen, flexiblen Flächen im Neubau. Wer spontan ein Meeting plant, kann sich mit seinem Team beispielsweise an einem freien MeetingPod im Atrium niederlassen. Ohne Reservierung oder Anmeldung. Reportage | „Offenheit und Kommunikation blühten auf“ 18 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0094 An diese neue Offenheit und Freiheit mussten sich einige Mitarbeiter zunächst gewöhnen. Sie mussten die neuen Arbeitsformen, die Ihr Neubau unterstützt, erst lernen. Das ist richtig. Es reicht nicht, flexible Arbeitsmöglichkeiten im Gebäude anzubieten, etwa Coworking-Arbeitsplätze, LearningLabs oder eine Eventfläche. Die Menschen müssen damit umgehen können, und da brauchen sie anfangs einige Unterstützung. Es geht mehr als nur darum, die neuen Räume optimal für sich zu nutzen. Letztlich muss man lernen, seine Arbeit zu planen und zu organisieren. Wie darf ich dies verstehen? In vielen klassischen Bürogebäuden steuern die Menschen morgens ihren persönlichen Arbeitsplatz an, etwa ihren Schreibtisch. Völlig automatisch. Diese persönlichen Schreibtische gibt es bei Ihnen nicht mehr-… Wir sehen das Gebäude als ein vielseitiges Tool, das uns hilft, Ziele zu verwirklichen. Deshalb muss man aber auch bewusst planen, an was man arbeiten will-- und wo man dies im Gebäude machen will. Also: Was habe ich über den Tag zu tun? Arbeite ich im Coworking-Space, weil ich die Nähe zu meinem Team brauche? Bleibe ich im Mobile Office, weil dies besser in meinen Tag passt? Nehme ich an einer Besprechung online teil- - oder ist es besser, ins Büro zu kommen, um die Nähe zum Team zu spüren? Was nicht nur für Einzelpersonen gelten wird, sondern vermutlich auch für Teams. Viele Teams arbeiten bei uns selbstorganisiert. Sie müssen dann entscheiden, wo sie ihre Aufgaben erledigen wollen. Soll ein Meeting im Büro stattfinden-- welcher Arbeitsbereich unterstützt die Ziele des Meetings am besten? Etwa eine offene Arena im Atrium? Oder auch mal ein abgeschlossener Konferenzraum, weil es im Team Vertrauliches zu besprechen gibt? Viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter probieren die Möglichkeiten gerade für sich aus- - und lernen voneinander. Lernen voneinander-- inwiefern? Da profitieren wir von der Offenheit und Transparenz unseres Gebäudes. Jeder kann sehen, was andere tun. Beispielsweise beobachtet ein Kollege, wie ein Team im Coworking-Bereich oder an einem MeetingPod im Atrium eine kleine Brainstorming-Veranstaltung durchführt. Oder eine Kollegin hört von einer Eventfläche, an der sie zufällig vorbeikommt, spontanen Applaus nach einer Präsentation. Oder man sieht eine Gruppe kurz vor Feierabend beim Get-together auf unserem Dachgarten; jeder hat ein Glas in der Hand. Diese Impulse regen an, ähnliches selbst mit seinem Team oder für sich „auszuprobieren“. Dies bringt Menschen auf den Geschmack. Sich gewissermaßen anstecken lassen von anderen? Das ist das eine: Die Möglichkeiten entdecken. Das andere ist: Jeder braucht die Haltung, dass er regelmäßig reflektiert, was er gerade tut, was er dafür braucht und wo er dies im Haus findet. Diese Haltung muss man natürlich entwickeln. Sie haben vorhin von der Freiheit gesprochen. Die meisten Ihrer Mitarbeiter haben die Möglichkeit, dort zu arbeiten, wo sie es am besten können. Provozierend gefragt: Darf jemand auch im Park arbeiten, wenn er dort produktiv ist? Oder in einem der vielen Berliner Straßencafés? Wie gesagt, wir stellen die Wahl in Rahmen der in den jeweiligen Bereichen gültigen Vereinbarungen frei. Weshalb dann noch ein Bürogebäude? Vielleicht wird es im Büro weniger konzentrierte Einzelarbeit geben. Aber ich gehe davon aus, dass unser Bürogebäude zukünftig noch mehr eine Art soziale Rolle hat: Man kommt künftig ins Büro, um sich dort zu treffen und menschlichen Kontakt zu haben. Menschen wollen die Nähe zum eigenen Team spüren. Sie wollen gemeinsam an etwas arbeiten-- und dabei wirklich zusammensein. Die Architektur strahlt Offenheit und Transparenz auf. Foto: © Axel Springer und Dominik Tryba Reportage | „Offenheit und Kommunikation blühten auf“ 19 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0094 Das bedeutet? Ich denke, wir werden im Büro immer stärker beispielsweise auf Teamevents setzen, etwa mit dem Ziel, Teamspirit zu entwickeln oder Erfolge zu feiern. Natürlich gilt dies nicht für alle bei uns Beschäftigten. Dies hängt von den jeweiligen Rollen und Aufgaben ab. Ein TV-Moderator wird nicht vor der Entscheidung stehen, ob er ins Studio kommt oder mobil arbeitet. Ähnliches gilt für Menschen mit Rollen etwa in der Gastronomie oder im Sicherheitsbereich. Diese freie, offene Art des Arbeitens kommt vermutlich vor allem jüngeren Menschen entgegen, die eine Art Campus-Atmosphäre am Arbeitsplatz lieben. Braucht man ein gewisses Mindset, um mit dieser Arbeitsweise zurechtzukommen? Vielleicht eine extrovertierte Ader? Man braucht das Mindset, neugierig zu sein, verschiedene Ansätze zu testen und mit Räumen experimentieren zu wollen. Das ist aber überhaupt keine Frage des Alters, und auch eher introvertierte, stille Kolleginnen und Kollegen finden in unserem Neubau genug Raum sich zu entfalten. Es gibt schließlich keine Patentrezepte oder Generallösungen für alle Arbeitssituationen. Manchmal funktionieren auch bestimmte Ansätze nicht. Beim hybriden Zusammenarbeiten kann es sein, dass die Kommunikation dann doch nicht so intensiv ist, wie sich das Team es wünscht. Dann sollte man etwas Neues ausprobieren. Dieses ständige Verbessern bei der Arbeitsweise ist uns wichtig. Vorhin sagten Sie, dass Sie auch Reflexion über die Arbeitsweise und die Orte der Arbeit wünschen. Wie kommt ein Einzelner oder ein Team zu optimalen Arbeitsergebnissen-- und wo? Das ist ein wichtiger Punkt. Ein Beispiel dafür: Wir führen regelmäßig sogenannte Flächen-Retrospektiven durch. Das heißt: Wir sprechen mit Nutzerinnen und Nutzern einer bestimmten Fläche. Wir wollen wissen, was gut läuft und wo es noch Verbesserungen braucht. Manchmal handelt es sich um Kleinigkeiten. Ein Schrank, der bei der Kommunikation im Weg steht. Oder es fehlen Pflanzen, um mehr Gemütlichkeit zu schaffen. Also eine Art kontinuierlicher Verbesserungsprozess? Ja, vielleicht kann man dies so nennen. Die Flächen-Retrospektiven haben allerdings noch ein zweites Ziel: Wir wollen damit Einzelne und Teams anregen, selbst die eigene Arbeitsweise zu hinterfragen und sich zu überlegen, was sie selbst verbessern können. Vielleicht kommt ein Team dabei auf die Idee eines regelmäßigen Teamabends, wenn es den Eindruck gewinnt, sich nicht mehr häufig genug zu sehen. Austausch zwischen den Menschen anregen, durch Offenheit Transparenz bewirken, die Helligkeit-- wir haben einige Vorteile des Axel-Springer-Neubaus genannt. Wo Licht ist, ist aber häufig auch Schatten. Welche Nachteile ergeben sich durch das neue Konzept? Die Akustik ist hier ein Thema. Durch die räumliche Offenheit gibt es eine gewisse Geräuschkulisse. Ein gewisses „Summen“ ist erwünscht, doch manche fühlen sich vielleicht gestört. Das ist sehr individuell. Wir werden die Akustik weiter beobachten und Erfahrungen sammeln. Die Akustik war Ihnen beim Neubau als ein neuralgischer Punkt bekannt-… Ja. Nicht wenige befürchteten anfangs, dass es zu laut und unruhig wird, besonders auf den offenen Atriumflächen. Tatsächlich bemerken wir jetzt eine Nachfrage nach Zimmern oder Konferenzräumen, in die man sich zurückziehen kann, etwa für Videokonferenzen. Vieles wird sich noch einspielen. Wir sind noch nicht an dem Punkt, an dem wir die Sache abschließend bewerten können. Bei vielem experimentieren wir derzeit, etwa bei der Gestaltung von hybriden Arbeiten. Wie viele „Pflichttage“ im Büro sind sinnvoll? Einige Bereiche sagen, dass 15 Office-Tage im Jahr ausreichen, häufig für Team-Events oder für echten Austausch. Andere halten eine 50: 50-Lösung für sinnvoll. Das hat am Ende auch Konsequenzen darauf, wie die Akustik empfunden wird. Das müssen letztlich aber Bereiche und Teams selbst für sich ausprobieren und entscheiden. Mich würde ein Punkt interessieren: Wenn viele Mitarbeiter entweder im Mobile Office oder im Bürogebäude verstreut arbeiten-- wie gehen Führungskräfte damit um? Sie haben ihre Leute nicht mehr im Blick-… Wir setzen hier vielfach auf agile Methoden und Vorgehensweisen bei der Teamarbeit. Wir bauen darauf, dass die Teams selbst die Entwicklung und den Fortschritt ihrer Arbeit planen und verantworten. Die Führungskraft unterstützt in dieser Vorstellung idealerweise das Team und räumt tendenziell eher Steine aus dem Weg. Trotzdem mag es der eine oder andere als „Unterstützung“ verstehen, das Team um sich herum zu versammeln und im Blick zu halten. Wir haben solche Fragen durchaus diskutiert. In den Diskussionen sind auch Ängste laut geworden. Doch mögliche Probleme sind größtenteils organisatorischer Natur und hängen weniger mit dem hybriden Arbeiten selbst zusammen, also dem Arbeiten wahlweise im Büro oder im Mobile Office. Zum Beispiel? Wir haben uns unlängst mit unseren Führungskräften dazu in Workshops beschäftigt. Die Frage: Welche Herausforderungen gibt es beim hybriden Arbeiten-- und wie kann man diesen Herausforderungen begegnen? Ein Beispiel: Ein Team berichtete, dass sein Leiter immer wieder ad-hoc-Aufgaben an den erstbesten verteilt hat, den er im Büro vorgefunden hat. Führungskräfte, die schnell im Vorbeigehen Aufgaben verteilen, werden Probleme haben, wenn ihre Mitarbeiter nicht permanent an einem Ort arbeiten. Diese Führungskräfte werden das Modell „persönlicher Schreibtisch“ lieben. Sie wissen, wo wer zu finden ist. Mag sein. Dennoch spricht das Bedürfnis, flexibel Aufgaben zu vergeben, nicht gegen hybrides Arbeiten. Häufig ist der Wunsch nach „schneller Aufgabenverteilung“ sogar nachteilig-- und ein Zeichen schlechter Organisation. Reportage | „Offenheit und Kommunikation blühten auf“ 20 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0094 Inwiefern ein Zeichen schlechter Organisation? Im schlimmsten Fall vergibt man Aufgaben an denjenigen, der zuerst greifbar ist. Manchmal wirklich an den Erstbesten-… Wobei dieser Erste dann nicht unbedingt der Beste für diese Aufgabe ist. Vielleicht ist er gerade mit Wichtigem beschäftigt. Oder er ist nicht ausreichend eingearbeitet in diese Aufgabe. Um nochmals auf den Ausgangspunkt zurückzukommen: Auch beim hybriden Arbeiten kann eine Führungskraft gut und flexibel Aufgaben verteilen. Man könnte beispielsweise ein digitales Planungstool nutzen. In diesem Tool werden eilige Aufgaben denen zugeordnet, die Zeit haben und für die jeweilige Aufgabe auch qualifiziert sind. Wir haben bei diesen Gesprächen festgestellt, dass es beim hybriden Arbeiten für Führungskräfte kaum Herausforderungen gibt, die nicht gelöst werden könnten. Man muss vielleicht nur bestimmte Routinen umstellen und verbessern. Man sagt, dass beim hybriden Arbeiten Themen wie Teamspirit, Austausch und Zusammenhalt ein Problem werden können. Der Punkt: Die Teammitglieder sehen sich nicht genug. Dies macht einigen Führungskräften Sorgen. Führungskräfte fragen sich, wie sicherstellen können, dass die Diskussionen im Team funktioniert und kein Teammitglied sich abgehängt fühlt. Aber diese Herausforderung hat man generell bei agilen Ansätzen-… …-also nicht nur bei hybriden Arbeitsmodellen? Nein, ich denke nicht. Ein Beispiel: Beim klassischen SCRUM tauscht sich das Team täglich darüber aus, wo die Arbeiten stehen und was gemacht werden muss. Wichtig ist, dass dieses Meeting stattfindet. Wo es stattfindet, spielt eigentlich eine untergeordnete Rolle. Das lässt sich organisieren. Meiner Ansicht geht es bei alledem nicht um die Frage, wie man speziell mit hybridem Arbeiten klarkommt-- sondern generell mit modernen Arbeitsweisen. Ich möchte zum Abschluss einen Punkt noch vertiefen. Als Sie uns in Berlin durch Ihr neues Bürogebäude geführt haben, ist mir ein Satz im Ohr hängengeblieben. Die Mitarbeiter, sagten Sie, waren an dem Konzept für das Gebäude beteiligt. Wie darf ich mir diese Beteiligung genau vorstellen? Ein roter Faden war: Wir wollten bei der Entwicklung des Konzepts verstehen, wie die Kolleginnen und Kollegen arbeiten und was für sie wichtig ist. Wir wollten ihre Bedürfnisse kennenlernen. Das heißt im Umkehrschluss: Die Mitarbeiter waren nicht an der architektonischen Entwicklung direkt beteiligt? Nein, das waren sie nicht. An diesem Punkt finden partizipative Prozesse unserer Einschätzung nach ihre Grenzen. Es fehlt Laien an Expertise, an Fachwissen, ihre Bedürfnisse in Architektur zu übersetzen. Dies ist dann eine Kernaufgabe der Architekten. Wir haben deshalb Botschafterinnen und Botschafter aus den verschiedenen Unternehmensbereichen zu Workshops eingeladen und die Bedürfnisse erfragt. Dann haben wir diese Informationen dann durch die „Change-Brille“ analysiert: Wo stehen die einzelnen Bereiche? Wie ist ihr Verhältnis zur neuen Arbeitswelt? Wie wird in den Bereichen kommuniziert? Wie weit sind sie bei der Digitalisierung vorangeschritten? Wie weit wird noch papiergebunden gearbeitet? Gibt es Vorbehalte oder Widerstand etwa gegen mobiles Arbeiten? Mit einigen Instrumenten- - etwa „Barometern“ zu verschiedenen Aspekten-- haben wir dann die Bereiche eingeordnet. Wie haben Sie später Ihre Mitarbeiter an die neue Arbeitswelt herangeführt? Wir haben viel Weiterbildung angeboten, etwa Trainings zum Umgang mit digitalen Tools oder zur Frage, wie man künftig ohne persönlichen Schreibtisch oder Arbeitsplatz auskommt und wie man den Übergang meistern kann. Zudem gab es Events und andere Austauschformate für die Begegnung mit denen, die bereits Erfahrungen mit der neuen Arbeitsweise gemacht hatten. Einiges kam auch aus den Teams selbst: Vor dem Umzug haben Teams die neue Arbeitsweise in den alten Räumlichkeiten ausprobiert. Sie haben sich Schritt für Schritt an das Neue herangetastet, in dem sie beispielsweise persönliche Schreibtische aufgegeben und sie ausgeräumt haben. Am Anfang war ihnen das vielleicht fremd. Dann wurde quasi der Schalter im Kopf umgelegt, und sie haben gemerkt: Die neue Arbeitsweise funktioniert großartig. Eingangsabbildung: Ein Bürogebäude, das die Zusammenarbeit im Unternehmen verändert. © Laurian Ghinitoiu Jasmin Heumann Jasmin Heumann arbeitet im Team Organisational Development an der Schnittstelle verschiedener Bereiche und Disziplinen, um die Organisation auf dem Weg in die Arbeitswelt der Zukunft zu begleiten. Als Techniksoziologin und Design Thinkerin mit Produktmanagement-Erfahrung liegt ihr Fokus im Bereich Employee Experience sowie auf der Entwicklung nutzungszentrierter Produkte und Angebote, die das Zurechtfinden in der neuen Arbeitswelt unterstützen. Jasmin Heumann hat mit weiteren Kollegen und Kolleginnen den Umzug in den Axel Springer Neubau begleitet.