eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 33/5

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0886
UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2022-0103
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2022
335 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Die Evolution eines Projektmanagement Offices

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2022
Michael Schulz-Berthold
Erfahren Sie mehr über die Evolution eines Projektmanagement Offices (PMO) – von der Etablierung über die Definition einer Multiprojektumgebung bis hin zur Integration von agilen Arbeitsweisen. Welche Hauptaufgaben erfüllt ein PMO, und was sind die Top Ten der bereitgestellten Hilfsmittel? Im Rahmen des GPM PM Forums am 07. und 08. 07. 2022 haben wir als GISA unser Projektmanagement Office (PMO) und seine Entwicklung vorgestellt. Dieses hat sich von der Etablierung 2009 über die Definition einer Multiprojekt-Umgebung bis hin zur Integration von agilen Arbeitsweisen entwickelt. Aktuell besteht das PMO aus vier selbstorganisierenden Teams und bildet die Klammer zwischen Projektmethoden und operativ tätigen VollzeitprojektleiterInnen in einem IT-Unternehmen. Im zweiten Teil unseres Workshops diskutierten wir mit den ca. 40 TeilnehmerInnen im Rahmen eines World Café die Schwerpunkte Etablierung eines PMOs, Hauptaufgaben eines PMOs, Integration von agilen Methoden und die Top-Ten-Hilfsmittel, die ein PMO bereitstellen kann. Während der Diskussionen wurden viele interessante Standpunkte ausgetauscht und dokumentiert.
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59 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0103 Erfahrungsbericht des IT-Dienstleisters GISA Die Evolution eines Projektmanagement Offices Michael Schulz-Berthold Für eilige Leser | Erfahren Sie mehr über die Evolution eines Projektmanagement Offices (PMO)-- von der Etablierung über die Definition einer Multiprojektumgebung bis hin zur Integration von agilen Arbeitsweisen. Welche Hauptaufgaben erfüllt ein PMO, und was sind die Top Ten der bereitgestellten Hilfsmittel? Im Rahmen des GPM PM Forums am 07. und 08. 07. 2022 haben wir als GISA unser Projektmanagement Office (PMO) und seine Entwicklung vorgestellt. Dieses hat sich von der Etablierung 2009 über die Definition einer Multiprojekt-Umgebung bis hin zur Integration von agilen Arbeitsweisen entwickelt. Aktuell besteht das PMO aus vier selbstorganisierenden Teams und bildet die Klammer zwischen Projektmethoden und operativ tätigen VollzeitprojektleiterInnen in einem IT-Unternehmen. Im zweiten Teil unseres Workshops diskutierten wir mit den ca. 40 TeilnehmerInnen im Rahmen eines World Café die Schwerpunkte Etablierung eines PMOs, Hauptaufgaben eines PMOs, Integration von agilen Methoden und die Top-Ten-Hilfsmittel, die ein PMO bereitstellen kann. Während der Diskussionen wurden viele interessante Standpunkte ausgetauscht und dokumentiert. Schlagwörter | Projektmanagement Office, Projektmanagement-Methoden, Etablierung PMO, Aufgaben eines PMOs, PM-Hilfsmittel, Agile Methoden Die Evolutions-- „Geschichte“ des GISA-PMO Der IT-Dienstleister GISA hat 2009 ein unternehmensübergreifendes Programm zur Implementierung von Projektmanagementstandards auf Multiprojekt- und Einzelprojektebene initiiert. Hierbei wurden Themen wie Anforderungs- und Ressourcenmanagement, Portfoliosteuerung, Wirtschaftlichkeits- und Nutzenanalysen der Projekte und die Integration in Vertriebs- und Service-Prozesse auf der Multiprojektumgebung definiert und beschrieben. Im Zusammenhang mit Einzelprojekten erfolgte die Etablierung eines einheitlichen Projektstandards sowie die Definition und Bereitstellung von Methoden und Hilfsmittel. Der Change-Prozess innerhalb der GISA wurde über ein eigenes Kommunikationsprojekt begleitet. Zudem erfolgte die Integration in die Prozesslandschaft der GISA. Abschließend flossen alle Konzeptionen in die Auswahl und Einführung einer Multiprojekt-Systemumgebung, die 2011 produktiv gesetzt wurde und bis heute die Abbildungen der Einzelprojekte und Projektportfolios ermöglicht. Aktuell werden jährlich ca. 1300 Projekte in der Software verwaltet. Ein wesentlicher Akzeptanz- und Erfolgsfaktor ist die tiefe Integration in das kaufmännisch führende SAP-System. Hier werden neben Kontierungsstrukturen täglich alle projektrelevanten Aufwands-, Kosten und Erlöswerte ausgetauscht. Nach dem Start des Programms wurde 2011 ein nächster Meilenstein genommen: Das PMO der GISA hat seine Arbeit aufgenommen, um in den folgenden drei Jahren sein internes Angebot an die Projektorganisationen der GISA zu etablieren. Die Hauptaufgaben liegen bis heute in: • der Weiterentwicklung der Methoden, Prozesse und Standards im Projektmanagement, • der Unterstützung des Ressourcenmanagements für interne und externe Ressourcen, • der Bereitstellung von Projekt- und Portfolioberichten, • der Bereitstellung von Projektservices (Coaching, Moderation von Kickoffs und Lessons Learned), • der Unterstützung der Projektmanagement-Kompetenzentwicklung übergreifend, • der Weiterentwicklung der Prozess- und Inhalte der Projektportfolio-Software, • der Sammlung und Aufbereitung von Wissen in und aus Projekten, • der Darstellung der Projektmanagement-Kompetenz der GISA nach außen und • Führung der internen Projektmanagement-Community. Als nächster Schritt folgte 2018 die Integration von agilen Frameworks in das PMO. Die steigende Anzahl agil geführter Projekte zeigte uns als GISA die Notwendigkeit, neben klassischen Projektvorgehen auch agile und hybride Ansätze zu definieren und zu unterstützen. Hierzu haben wir die Rollen Agile Coach und Scrum Master im PMO ausgeprägt und damit den Weg zu einem agil arbeitenden IT-Dienstleister geebnet. Unsere PMO-Evolution fand ihren bisherigen Höhepunkt 2020 durch die Zusammenlegung der PM-Methoden mit operativ arbeitenden ProjektleiterInnen. Seitdem ist das PMO in folgende vier selbstorganisierende Teams aufgeteilt: 1. Projektmanagement-Methoden (ursprüngliche PMO-Aufgaben) PM Forum Leipzig | Die Evolution eines Projektmanagement Offices 60 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0103 2. Zentrale Projektplanung GISA für die Abbildung von Kleinprojekten in den Prozessen und der Bereitstellung von Projektportfolioberichten 3. Agile Office zur Unterstützung der agilen Arbeitsweisen 4. Operative VollzeitprojektleiterInnen der GISA, die ausschließlich mittlere und große Projekte der GISA leiten Ob der gewählte Weg der GISA der richtige ist und welche Erfahrungen andere Unternehmen gesammelt haben, besprachen wir im Rahmen des PM Forums in Leipzig mit Workshop- TeilnehmerInnen. Dazu wählten wir die vier Themenblöcke und kamen zu folgenden Ergebnissen: Etablierung eines Projektmanagement Offices Die TeilnehmerInnen waren sich einig, dass es ohne Management-Unterstützung für die Gewährung von Freiräumen nicht gelingen wird, ein PMO zu etablieren und die dafür nötige Akzeptanz herzustellen. Hierbei ist es essenziell, dass sich jedes Unternehmen die Frage stellt: Für welchen Zweck benötige ich ein Projektmanagement Office? Daran lässt sich knüpfen, welche Roadmap aufgestellt werden soll und was Quick Wins sein können. Ob man als Unternehmen hierzu auf externe Unterstützung setzt, liegt in den Präferenzen der jeweiligen Unternehmen. Ein Blick von außen kann meist aber hilfreich sein. Abschließend waren sich die TeilnehmerInnen einig, dass es sinnvoll ist, eine schrittweise Einführung anzustreben, damit die Organisationen vom begleitenden Change- Prozess nicht gebremst werden. Hauptaufgaben eines Projektmanagement Offices Hierbei relevant sind vor allem die Bereitstellung von Methoden und Hilfsmitteln sowie notwendiger Tools. Dies immer mit dem Hinblick auf Standardisierung und Arbeitserleichterung für die Projektorganisationen. Darüber hinaus muss das PMO auch die Entwicklung der PM-Kompetenz im Unternehmen fördern und steuern. Hierbei sind Schulungen, Zertifizierungen und die Bildung von Netzwerken ein wesentlicher Arbeitsschwerpunkt. Neben ProjektleiterInnen gibt es weitere AdressatInnen wie die Managementebene, die Leistungen eines PMOs beziehen können. Hierbei sind Transparenz im Projektportfolio, Vergleichbarkeit und Entscheidungsunterstützungen für Projekte sowie Statusinformationen wesentlich. Das PMO kann in der Rolle als Qualitätssicherung und neutrale Projektbegleitung einen weiteren Mehrwert für Projekte liefern. Abschließend sei an der Stelle auf die Fachgruppe „PMO“ der GPM verwiesen, die die zwölf Wirkungsfelder eines PMOs beschrieben hat. Die Rolle der Agilität in einem PMO Mit Blick auf die Aufgaben eines PMOs stellt Agilität eine Besonderheit dar. Zum einen hängt sie stark von den Erfordernissen des Unternehmens ab, zum anderen ist sie stark mit der Kultur verwoben, die auch projektübergreifend herrscht. Agile Methoden können ein Bestandteil des PMO-Methodenkoffers sein und sollten mit Augenmaß für die geeigneten Projekte angewendet werden. In der Wahl des Projektvorgehens liegt hier das größte Unterstützungspotenzial eines PMOs. Wird ein agiles oder hybrides Projektvorgehen gewählt, muss ein PMO aber in der Lage sein, dies zu unterstützen, im Idealfall mit der Rolle Scrum Master auch personell zu besetzen. Ob die Rolle Scrum Master ein Teil des PMO sein kann oder muss, wurde kontrovers diskutiert und nicht abschließend geklärt. Im Zuge der Umsetzung agiler Projekte kam von verschiedenen TeilnehmerInnen der Hinweis auf die Angebots- und Vertragsgestaltungen vor allem für Festpreis-Projekte. Hierbei kann das PMO unterstützen und im Idealfall auch einen Standard liefern. Die Top-Ten-Hilfsmittel, bereitgestellt von einem PMO Was sind nun die Top-Ten-Hilfsmittel, die ein PMO bereitstellen kann? Um diese Frage zu beantworten, braucht es einen Blick auf die möglichen AdressatInnen. Neben ProjektleiterInnen nehmen Business Owner und EntscheiderInnen PMO-Leistungen in Anspruch. Während ProjektleiterInnen eher den Austausch mit Gleichgesinnten suchen und vorrangig Ausbildung, Coaching und Sparring nutzen, sind Business Owner an Standardisierung und damit Kostenoptimierung interessiert. Hierzu benötigen sie umfangreiche und aussagekräftige Berichte sowie definierte Prozesse und Rollen. Unabhängig von den AdressatInnen haben wir folgende Top-Ten-Hilfsmittel festgehalten: 1. PM-Standards in einem Projektmanagement-Handbuch 2. Tools und Templates (Einzelprojektmanagement) 3. Coaching und Mentoring 4. Projektmanagement-Ausbildung 5. Projektprozesse und Rollenbeschreibungen 6. Projektcontrolling-Sichten 7. Projektportfolio-Berichte 8. Austauschplattform für ProjektleiterInnen 9. Best Practice und Wissensmanagement-Unterstützung 10. Transparenz in der Planung der Ressourcen Michael Schulz-Berthold Michael Schulz-Berthold ist Director des Project Management Office der GISA GmbH und IPMA® Level B- - Certified Senior Project Manager. Seit 16 Jahren ist er als Projektmanager und im PMO der GISA tätig. Die Führung des PMO hat er 2017 übernommen. eMail: michael.schulz-berthold@gisa.de