eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 34/2

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2023-0028
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2023
342 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Agiles Personalmanagement

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2023
Agnetha Flore
Frank Edelkraut
Agilität ist seit Jahren unverzichtbar und hat bereits in viele Unternehmen Einzug gehalten. Doch es ist immer noch sehr unterschiedlich, auf welche Art und Weise Unternehmen ihre agile Transformation umsetzen. Vor allem gibt es signifikante Unterschiede in der Intensität, mit der unterschiedliche Funktionsbereiche ihre agile Transformation angehen. Dieser Beitrag soll dazu dienen, die Rolle von Human Ressource (HR) in einer agilen Transformation darzustellen. Wie sieht diese im Idealfall aus und wie ist HR selbst davon betroffen?
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25 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 02/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0028 Wie sollte HR von morgen aussehen? Agiles Personalmanagement Agnetha Flore, Frank Edelkraut Für eilige Leser | Agilität ist seit Jahren unverzichtbar und hat bereits in viele Unternehmen Einzug gehalten. Doch es ist immer noch sehr unterschiedlich, auf welche Art und Weise Unternehmen ihre agile Transformation umsetzen. Vor allem gibt es signifikante Unterschiede in der Intensität, mit der unterschiedliche Funktionsbereiche ihre agile Transformation angehen. Dieser Beitrag soll dazu dienen, die Rolle von Human Ressource (HR) in einer agilen Transformation darzustellen. Wie sieht diese im Idealfall aus und wie ist HR selbst davon betroffen? Schlagwörter | Agiles Arbeiten, Agiles Lernen, HR, Mindset, Organisationsentwicklung, Projektmanagement Wenn uns eine gute Fee die Frage stellen würde, welche drei Wünsche wir an die Arbeitswelt der Zukunft haben, würden wir folgende Punkte wünschen: 1. Die Human Capability sollte organisatorisch in den Fokus gestellt werden. 2. Es sollte mit einem Limited Work in Process und einer prioritätsgesteuerten (Projekt)Portfoliosteuerung gearbeitet werden. 3. Die Organisationssteuerung sollte agil erfolgen. Dieser Artikel soll aufzeigen, was sich hinter diesen drei Wünschen verbirgt und warum aus unserer Sicht genau diese drei Wünsche priorisiert sind. Dabei starten wir bei der aktuellen Ausgangslage der Arbeitswelt, beschreiben, welche Bedeutung sich daraus für das Projektmanagement ergibt und leiten daraus auch Folgen für HR im Allgemeinen ab. Die Welt, in der wir täglich arbeiten verändert sich permanent. Das Umfeld ist dynamischer, komplexer und vor allem schneller geworden. Somit ändern sich auch die Anforderungen an die Zusammenarbeit, die Kompetenzen der einzelnen Mitarbeiter, aber auch an Human Resource (HR) sehr stark. Die Frage mit der sich der Großteil der Unternehmen-- egal ob klein oder groß, Start-up oder etablierte Aktiengesellschaft-- auseinandersetzen müssen, ist, wie sie weiterhin erfolgreich am Markt bestehen können. Welcher Veränderungen bedarf es dafür im Projektmanagement, in der Aufbau- und Ablauforganisation, der Produktion und den Stabsstellen wie HR? Welche Wege sollten dafür eingeschlagen werden? 1 Ausgangslage der Arbeitswelt 1.1 Business Agility Die Wirtschaftsunternehmen in der heutigen Zeit sehen sich weiterhin mit exponentiell verlaufenden Entwicklungen konfrontiert. Dadurch nimmt die Veränderungsgeschwindigkeit weiter zu, was wiederum neue Arbeitsmethoden erfordert. Hinzu kommt, dass die exponentielle Entwicklung der Wirtschaft nicht Hand in Hand geht mit der Gesetzgebung und anderen Normen und Standards. Auch die rasante Entwicklung der Technologien ist oft viel schneller als sie beispielsweise in der Organisationsentwicklung nachvollzogen werden kann. Der Spagat zwischen innovativen, agil-organisierten Organisationseinheiten und den effizienz- und konformitätsgesteuerten Einheiten wird immer größer. Wenn man sich die zuvor beschriebene unterschiedliche Entwicklung anschaut und die jetzige Lage und die Anforderungen an die Arbeitswelt und insbesondere an Projekte überlegt und diese in das Stacey-Diagramm einträgt (siehe Abb. 1), wird man feststellen, dass immer mehr der neu aufgelegten Projekte statt in den Domänen „simple” und „complicated” in den Bereichen „complex” oder sogar „chaotic” anzusiedeln sind. Dies macht deutlich, dass eine andere Art Wissen | Agiles Personalmanagement 26 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 02/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0028 und Weise der Unternehmensorganisation und -steuerung nötig ist, um den Spezifika der Arbeit in komplexen Themenfeldern gerecht zu werden [2]. Da der größte Teil der neuen Entwicklungen in die Domäne „komplex“ gehört, steigt die Bedeutung agiler Arbeitsorganisation, denn diese ist vor allem für komplexe Themen und eingeschränkt vorhersehbare Arbeitsabläufe geeignet. Unternehmen werden zunehmend agil. Unter Agilität verstehen wir die Fähigkeit einer Organisation, sich pro- und / oder reaktiv an verändernde Bedingungen bzw. Anforderungen anzupassen, eine hierzu passende Arbeitsorganisation zu entwickeln, permanent zu lernen und sich schneller weiterzuentwickeln, als das Umfeld bzw. Mitbewerber es tun, um permanent Kundennutzen zu generieren. Für Unternehmen bedeutet dies massiven Reorganisationsbedarf, denn die etablierten Organisationen und Projektmanagementstandards sind selten in der Lage, agil zu agieren. Der Transformationsbedarf bedeutet auch einen stark erhöhten Lernbedarf- - sowohl für das Individuum als auch für die Organisation. Lernen wird zu einer Kernkompetenz der Arbeitswelt von Morgen, denn der Lernfortschritt ist allzu oft der zeitliche Engpass für Veränderungen. Im nächsten Abschnitt betrachten wir, wie und warum Agilität bei den nötigen Veränderungen gestaltet werden kann [2]. Lernen und damit die Personalentwicklung sind nicht die einzigen Themenfelder in der Personalarbeit, die sich aktuell verändern. Auch die Organisationsentwicklung, Führung etc. sind im Umbruch. Dies bringt die Personalabteilungen in die schwierige Lage, viele Veränderungen umsetzen zu müssen, dafür jedoch nur begrenzt ausgestattet, organisiert und qualifiziert zu sein. Daher wundert es nicht, dass Personalverantwortliche selbst die eigene Umsetzungsfähigkeit hin zu jener modernen Personalarbeit als begrenzt einschätzen. Abbildung: 1 Stacey-Diagramm [4] Abbildung 2: BCG [1] Wissen | Agiles Personalmanagement 27 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 02/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0028 1.2 Agilität als Methodik der schnellen Wirtschaft Nachdem wir im ersten Abschnitt über die Themen Wirtschaft, Geschwindigkeit und Komplexität gesprochen haben, soll es hier um die entscheidenden Punkte der agilen Arbeit gehen: Mindset, Governance und Methoden. Dabei ist uns wichtig hervorzuheben, dass das Zusammenspiel dieser drei Aspekte gemäß Management 4.0-Ansatz mit Mindset (1000), zu Governance (100) zu Techniken (1) zu verstehen ist [6], [7].Um ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, wie agiles Arbeiten helfen kann, ist ein Blick auf das Cynefin-Framework sinnvoll. Dieses Framework erinnert stark an das Stacey-Diagramm. Es gibt die vier Bereiche simpel, kompliziert, komplex und chaotisch. Beim Cynefin-Framework gibt es darüber hinaus aber zwei wichtige Ergänzungen: 1. Ergänzung der vier Bereiche um die Art und Weise, wie dort Arbeiten sinnvoll ist. • Im Bereich „simpel” sind Ursachen und Wirkungen vorhersehbar und wiederholbar. Für sie funktionieren Entscheidungen im Sinne von: Wahrnehmen-- Kategorisieren-- Reagieren . In der Regel existieren für simple Systeme Best Practices, nach denen vorgegangen werden kann. • Bei „komplizierten” Systemen ist der Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung nicht selbsterklärend. Hier sollten Entscheidungen nach dem Vorgehen: W ahrnehmen- - Analysieren- - Reagieren getroffen werden. In diesem Bereich kann noch oft auf Good Practices zurückgegriffen werden. • Der nächste Bereich „komplex” ist dadurch gekennzeichnet, dass keine Ursache-Wirkungs-Abhängigkeit vorhersagbar ist. Das Entscheidungsmodell sollte hier sein: Ausprobieren- - Wahrnehmen- - Reagieren . Hier gibt es keine Vorlagen, nach denen gehandelt werden kann, es werden Experimente durchgeführt und daraus resultierende jeweilige Reaktionen. Es wird hier auch von Emergent Practice gesprochen. • „Chaotische” Systeme entstehen durch bewusste Innovationen oder Zufälle. Hier ist das Vorgehen: Handeln-- Wahrnehmen-- Reagieren zu empfehlen. In diesem Bereich ist alles neu, hier ist es wichtig, immer wieder schnell auf Entwicklungen zu reagieren und sich zu stabilisieren [2]. 2. Der fünfte Bereich-- hier als mittleres Feld dargestellt-- ist “disorder”. Da den Beteiligten eines Unternehmens oder speziell eines Projekts nicht immer klar ist, in welchem der anderen vier Bereiche sie sich befinden, wurde der fünfte Bereich „disorder” eingeführt. Hier befinden wir uns, wenn wir nicht genau sagen können, in welchen Bereich das eigene Projekt zugeordnet werden kann. In der Praxis ist disorder für viele Unternehmen und Projekte schon fast der Normalzustand [2]. 1.3 Präzisierung der drei Wünsche Im Anschluss an die Beleuchtung der aktuellen Herausforderungen der Arbeitswelt, möchten wir unsere drei Wünsche an eine zukünftige Arbeitswelt wieder aufgreifen. Es soll erläutert werden, was sich dahinter verbirgt und wie dies bei der Bewältigung der Herausforderungen helfen kann. 1. Die Human Capability sollte organisatorisch in den Fokus gestellt werden. Hier geht es darum, Kompetenzen und Lernen in den Fokus zu stellen und damit die Human Capability (Workforce Quality) zu steigern und auf diese Weise, eine kompetentere und schnellere Bearbeitung neuer Themen und eintretender Veränderungen sicherzustellen (Task Force, Sondereinsatzteams-… you name it. (Leit-KPI: Time2Skill). 2. Es sollte mit einem Limited Work in Process und einer prioritätsgesteuerten Portfoliosteuerung gearbeitet werden. Hierunter verbirgt sich eine Wertflusssteuerung, die auf schnelle Lieferung und auf eine Minimierung von Wait-Times ausgerichtet ist. Dazu wird die Arbeit im System auf die Lieferkapazität des Engpasses ausgerichtet und nur so viele Pro- Abbildung 3: Cynefin-Framework [4] Wissen | Agiles Personalmanagement 28 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 02/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0028 jekte in Arbeit genommen, wie das Liefersystem bearbeiten kann (Leit-KPI: Time2 Delivery). 3. Die Organisationssteuerung sollte agil erfolgen. Eine agile Organisationssteuerung könnte bspw. über Flightlevel [3] erfolgen. Dabei konzentrieren sich die Organisation und die Führung auf einen störungsfreien Gesamtablauf der Wertrealisierung. Dabei muss sich alles den Bedürfnissen der operativen Teams unterordnen (Leit-KPI: Time2 Change). Warum sind es genau diese drei Wünsche geworden? Das liegt daran, dass die Arbeit der Zukunft vorwiegend durch die Geschwindigkeit der Ergebnislieferung bestimmt wird. Bereits in der Darstellung der aktuellen Arbeitswelt haben wir das Thema angesprochen, und die Geschwindigkeit wird weiter zunehmen, wie man an Sprung-Innovationen wie ChatGPT und deren Einfluss auf das eigene Unternehmen sehen kann. 2. Führung in der zukünftigen Arbeitswelt Der Führungsfaktor mit dem größten Relevanzzuwachs ist die Unvorhersehbarkeit. Daher ist agiles Arbeiten in der Welt von morgen so besonders wichtig, da es dazu dient, trotz Unvorhersehbarkeit schnell einen Wert zu generieren, der auch in die Anwendung kommt. Weiterhin ist nur „agil“ in der Lage, Kopfarbeit (Knowledge Work), das Rückgrat der Entwicklung, transparent und damit steuerbar zu machen. 2.1 Das zukünftige Projektmanagement Was bedeutet das bisher Diskutierte für das Projektmanagement in den Unternehmen? Der Anteil an zu bearbeitenden Projekten bzw. Aufgaben, die projekthaft bearbeitet werden, wird in den meisten Unternehmen weiter ansteigen. In agil bearbeiteten Projekten wird allerdings das magische Dreieck (Kosten-- Zeit-- Qualität) auf den Kopf gestellt werden. „Qualität” wird künftig in der Regel nicht mehr Ausgangspunkt für Projekte sein können. In komplexen Themenfeldern kann das zu liefernde Ergebnis nicht definiert werden (Lasten-, Pflichtenheft), es wird im iterativ gestalteten Vorgehen nach und nach erarbeitet. Aber nicht nur die Ausrichtung in der Projektarbeit sowie die Art und Weise wie gearbeitet wird- - nämlich agil- - wird sich ändern. Da sich auch die Teamstrukturen und die Aufbauorganisation durch eine agile Transformation im Unternehmen ändern, liegt der Schluss nahe, dass das auch Auswirkungen auf die Einbindung des Projektmanagements in die bestehende Aufbauorganisation hat. 2.2 Lernen für die Zukunft Die allgemeinen Folgen für die Arbeitswelt von morgen sind, dass immer mehr Mitarbeitende kontinuierlich qualifiziert werden müssen. Auch für das Lernen muss in Organisationen ein größerer Stellenwert eingeräumt werden. Lessons Learned (Reviews / Retrospektiven) sollten wirklich konsequent durchgeführt werden. Ebenso sollte im Allgemeinen die Lernkultur im Unternehmen gefördert werden, wie beispielsweise durch Learning-Experience-Plattformen. Darüber hinaus sollte man es als Experiment versuchen, mehrere Projekte parallel durchzuführen. Denn auch die Portfoliosteuerung wird wichtiger und sollte ebenfalls agil organisiert werden. Das bedeutet schlussendlich, dass auch alle Führungskräfte viel stärker in die Pflicht zu nehmen sind. Das alles für die zukünftige Arbeitswelt: Agil, agil und nochmal agil! Warum gleich dreimal? Zum einen geht es um agiles Denken , um Unvorhersehbarkeit organisieren zu können. Zum zweiten geht es um agiles Organisieren , wie durch agile Frameworks (bspw. LeSS, SAFe) und eine agil taugliche Aufbauorganisation. Als Drittes geht es um agiles Lernen , also Lernen als selbstorganisierte, arbeitsplatznahe, kompetenzorientierte Investition in den persönlichen und unternehmerischen Erfolg. 3. Folgen für HR Wie wir in der Einleitung bereits gesehen haben, sind die Beschleunigung und zunehmende Bedeutung komplexer Themen auch für die Personalabteilung- - stellvertretend für Abbildung 4: Evolution of Human Capability Agenda [8] Wissen | Agiles Personalmanagement 29 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 02/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0028 alle Stabsstellen- - relevant. Damit HR zukünftig erfolgreich arbeiten kann, muss auch die Personalarbeit, wo sinnvoll, agil arbeiten. Dazu gehören unter anderem: • Es sollte ein Portfolio für die strategischen und operativen HR-Initiativen angelegt und geführt werden (Backlog). • Das Critical Chain Project Management sollte als Maßstab genommen werden, denn HR selbst ist als Cost Center viel zu oft ein Engpass. Die Identifikation und Bearbeitung der Engpässe im Unternehmen wird überwiegend mit Menschen (Kompetenzen, Verfügbarkeiten usw.) zu tun haben. • Es gibt neue Rollen zu entwickeln, wie beispielsweise den agilen Lerncoach und agile Führungskräfte. • Es sollten hybride Organisationen gestaltet und ertüchtigt werden, dafür sind die Themen Mitbestimmung und Rahmenbedingungen zu hinterfragen. Es werden Systeme benötigt, die die Logik agilen Arbeitens unterstützen und nicht konterkarieren. • Beim Recruiting sollte künftig nicht mehr nach Kandidaten gesucht werden, die möglichst genau auf eine Stelle passen, sondern welche, die gut mit Veränderungen umgehen, schnell lernen können und einen wertvollen Beitrag im Team leisten. • Die Personalentwicklung sollte nicht mehr für vordefinierte Anforderungs- oder Stellenprofile angeboten werden, sondern es sollte die Fähigkeit, selbstorganisiert zu lernen, geschult werden. • Auch beim Lohn und Gehalt müssen neue Wege gefunden werden, statt beispielsweise individueller Boni für das Erreichen von vordefinierten Zielen werden andere Mechanismen zur Entlohnung benötigt. • Laufbahnmodelle müssen überarbeitet werden, da sie nicht mehr widerspiegeln, was agile Mitarbeitende von Karriere erwarten [2]. Die Grafik (siehe Abb.- 4) von Ulrich (2022) zeigt, dass sich die Personalfunktion weiter verändert, neue Aufgaben hinzukommen und aktuell der Sprung von Human Resources über Human Capital zu Human Capability ansteht. Das bedeutet, dass durch steigende Ansprüche bei höherer Geschwindigkeit auch mehr Aufgaben auf die HR-Organisation zukommen. Der Weg von HR in die Zukunft und die steigende Komplexität der Personalarbeit sollte daher agil erfolgen und muss einen signifikanten Wert für die Mitarbeiter und Führungskräfte hinsichtlich der Employability und Leistungsfähigkeit in der agilen Zukunft bieten. Das lässt den Schluss zu, dass die HR-Organisation in vielen Unternehmen komplett umgebaut werden muss. Zusätzlich ist zu klären, wie HR selbst agil wird? Da HR einen wesentlichen Anteil am Gelingen der agilen Transformation einer Organisation hat, liegt der Schluss nahe, dass HR ein agiler Treiber in der Organisation sein muss, da hier zentrale Themen wie die Organisationsentwicklung, das Lernen und die Umgestaltung der HR- und Führungsprozesse verantwortet werden. Daher kann HR die Chance nutzen, großen Einfluss auf die Entwicklung der Organisation zu nehmen und die eigene Professionalität in eine agile Zukunft mit einzubringen. Dabei muss die agile Personalabteilung folgende Agilitätsausprägungen aufweisen: • Strategische Agilität , d. h. ein gutes Verständnis haben, wo und wie das eigene Unternehmen im Wettbewerb steht bzw. welchen Veränderungen es sich gegenübersieht. 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Eine Möglichkeit hierfür ist, ein HR-Lab einzurichten. Dort könnten Experimente und die Entwicklung von Methoden, Instrumenten und Innovationen ausprobiert werden, es könnte Simulationen und Tests von Prototypen geben und es könnten Recherche-- und Analysetätigkeiten etabliert werden (Sensor für Entwicklungen). Darüber hinaus könnten Qualifizierungen, also Kompetenzvermittlungen vorgenommen werden, Sonderorganisation getestet und / oder angesiedelt werden und zu guter Letzt moderne Arten von Führung erarbeitet und ausprobiert werden. Eine gute Vorgehensmöglichkeit dabei ist klein anzufangen und dann zu skalieren, also positive Beispiele zu erarbeiten und diese sichtbar zu machen. Danach kann wieder von vorne und dieses Mal größer angefangen werden [2]. Wissen | Agiles Personalmanagement 30 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 02/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0028 Tipps für Agile Personaler: • Agiles Mindset und Agile Methoden lernen. • Raus in die Fachabteilungen ( Kunde ) und verstehen, was die Kollegen so treiben. • Einen professionellen Transformationsprozess definieren. • Großes Augenmerk auf die Organisationsentwicklung richten. • Sofort mit dem Betriebsrat zusammensetzen und das weitere Vorgehen regeln. • Dafür sorgen, dass Lernen einen hohen Stellenwert erhält. • Personalentwicklung konsequent auf Employee-Led Learning und Selbstverantwortung/ -organisation umstellen. • Die Digitalisierung von HR vorantreiben. Die knappe Zeit wird für Kulturarbeit, Managementqualifizierung und den Transformationsprozess benötigt. • Agile Methoden einsetzen, Lab aufbauen, machen, lernen, verstehen und besser machen. Fazit Zusammenfassend bedeutet Arbeit in der Zukunft, dass kompetente Belegschaften schnell auf die unterschiedlichsten, nur bedingt vorhersehbaren Veränderungen (re)agieren und in agilen Strukturen für werthaltige Ergebnisse sorgen. Hierzu müssen sich unter anderem HR und die Führungskräfte neu aufstellen, ganz im Sinne der drei Wünsche an die gute Fee: 1. Die Human Capability steht organisatorisch im Fokus. 2. Arbeit wird hinsichtlich Work in Process limitiert, basierend auf einer prioritätsgesteuerten Portfoliosteuerung. 3. Die Organisation ist über die gesamte Wertschöpfungskette agil-kompatibel. Dr.-Ing. Agnetha Flore Dr.-Ing. Agnetha Flore ist seit April 2020 im Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen tätig und hat dort im Oktober 2021 die Geschäftsführung übernommen; studierte Diplom-Kauffrau und promovierte Wirtschaftsinformatikerin; über 20 Jahre Tätigkeit in der Finanzdienstleistungsbranche; 2017 Zertifizierte Projektmanagerin (GPM); 2019 Zusatzzertifikat Hybrid+; 2019 Dozentin IBS Oldenburg für agiles Projektmanagement, 2019 GPM Fachgruppe Agiles Management und seit 2021 mit in der Fachgruppenleitung tätig. Anschrift: ZDIN Escherweg 2 26 121 Oldenburg Telefon: 0441 / 9722 - 102 eMail: agnetha.flore@zdin.de Dr. Frank Edelkraut Dr. Frank Edelkraut ist Geschäftsführer der Mentus GmbH und als Interim Manager in HR-Leitungsfunktionen tätig. Er ist Experte für Projekt- und Transformationsmanagement sowie Agile Organisation und Agiles Personalmanagement. Er publiziert regelmäßig online und hat bereits mehrere Bücher zu Personal- und Managementthemen geschrieben. Seit vielen Jahren engagiert er sich als Mentor für Studierende und Gründer. Mehr zu ihm: https: / / www.linkedin.com / in / frankedelkraut/ Literatur [1] Boston Consulting Group: The Future of People Management Priorities, (2021) [2] Edelkraut, F., Mosig, H.: Schnelleinstieg Agiles Personalmanagement, 1. Auflage, Haufe Grouop Freiburg- - München-- Stuttgart (2019) [3] Leopold, K.: Agilität neu denken, Leanability (2018) [4] Snowden, D. J.: Das Cynefin-Framework, veröffentlicht unter CC BY 3.0, The Cynefin Framework (abgerufen am 18. 03. 2023) [5] Stacey-Diagramm; Quelle: https: / / www.bva.bund. de / DE / Services / Behoerden / Beratung / Beratungszentrum / GrossPM / Wissenspool/ _documents / Standardartikel / stda-stacey-matrix.html (abgerufen am 18. 03. 2023) [6] Tuczek, C. H., Flore, A., Nuhn, H. F. R., Schaffitzel, N.: A systemic approach to agile management and self-organization for a sustainable transformation of organizations, IPMA 8th Research Conference (2020) [7] Tuczek, C. H., Flore, A., Nuhn, H. F. R., Schaffitzel, N.: Agiles Management-- ein systemischer Ansatz. Ohne agiles Mindset der Organisation müssen agile Projekte scheitern, Projektmanagement aktuell, Juliausgabe (2022) [8] Ulrich, D.: Evoluation of Human Capability Agenda, https: / / www.linkedin.com / pulse / esg-human-capability-connecting-emerging-intangibles-dave-ulrich/ (2022) Eingangsabbildung: © iStock.com / eternalcreative