PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Ohne Vertrauen helfen die besten Methoden nichts
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René Mittelstädt
Am 15. Juni findet in Berlin das Creative Bureaucracy Festival statt. Rund 1.000 Gäste aus Verwaltung, Politik und Gesellschaft werden erfolgreiche Innovationen und neue Trends im Öffentlichen Sektor diskutieren. Auch in diesem Jahr wird sich die GPM wieder mit einem eigenen Programmslot inhaltlich einbringen. Im Vorfeld ihrer Keynote gibt Prof. Dr. Martina Peuser einen Einblick und erklärt, wie Kreativität und Bürokratie zusammenpassen. Das Interview führte René Mittelstädt (Sprecher Public Affairs).
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70 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 02/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0035 Ohne Vertrauen helfen die besten Methoden nichts René Mittelstädt Am 15. Juni findet in Berlin das Creative Bureaucracy Festival statt. Rund 1.000 Gäste aus Verwaltung, Politik und Gesellschaft werden erfolgreiche Innovationen und neue Trends im Öffentlichen Sektor diskutieren. Auch in diesem Jahr wird sich die GPM wieder mit einem eigenen Programmslot inhaltlich einbringen. Im Vorfeld ihrer Keynote gibt Prof. Dr. Martina Peuser einen Einblick und erklärt, wie Kreativität und Bürokratie zusammenpassen. Das Interview führte René Mittelstädt (Sprecher Public Affairs). Frau Professorin Peuser, wann sind Sie in ihren privaten und beruflichen Leben zum ersten Mal mit Projektmanagement in Berührung gekommen? Obwohl ich Ökonomin bin, hatte ich in meinem Studium keine spezifische Ausbildung. Mir ist erst viel später aufgefallen, dass ich, beispielsweise während der Promotion, eigentlich die ganze Zeit über in Projekten gearbeitet habe. Richtig offiziell wurde es aber erst im Beruf. Als Assistentin der Geschäftsführung eines mittelständischen Unternehmens habe ich sehr projektorientiert gearbeitet, wodurch auch mein Interesse an diesem Feld geweckt wurde. Projekte und Projektmanagement sind ja recht weit verbreitete Begriffe, wie definieren Sie diese für sich? Projekte sind einzigartige, neue Dinge, die nicht nach Schema F abgearbeitet werden können. Das macht sie so spannend. Die öffentliche Verwaltung, die ja im Mittelpunkt des CBF steht, denkt nun aber stark in festen Strukturen, passen Kreativität und Bürokratie überhaupt zusammen? Ich finde diese Überschrift ganz fantastisch. In der öffentlichen Verwaltung dominiert häufig das Denken in historisch gewachsenen Strukturen, weswegen es dem Staat oft schwerfällt, auf neue Herausforderungen zu reagieren. Auch einer der Gründe, warum Bürokratie für viele Menschen negativ konnotiert ist. Dabei hat die öffentliche Verwaltung sehr viel Potenzial. Die digitale Transformation, aber auch die neue Arbeitswelt bieten die Chance, viele Verwaltungsprozesse zukünftig flexibler, transparenter und vor allem nutzerfreundlicher zu gestalten. Verwaltung darf sich nicht als Blockade verstehen, sondern muss den Anspruch haben, ein Ermöglicher zu sein. Diesen Mut zum kreativen Denken vermisse ich manchmal, doch auch in unseren wissenschaftlichen Diskussionen kommt das Thema zu kurz. Vermutlich, weil auch wir uns nicht an das Aufbrechen dieser historischen Strukturen wagen. Deswegen braucht es meiner Meinung nach zuallererst eine kulturelle Transformation. Untersuchungen zeigen, dass Qualität nicht primär auf der Sach-, sondern auf der Beziehungsebene gelingt. Anders ausgedrückt, wenn das Vertrauen in die Führungskraft fehlt, hilft auch das schönste Methodenwissen nichts. In Berlin, dem Austragungsort des Creative Bureaucracy Festivals musste kürzlich die Landtagswahl aufgrund massiver Wahlpannen wiederholt werden und Umfragen weisen eine hohe Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger nach. Hat der Staat Vertrauen verspielt? Vertrauen ist die Vermutung, dass ein bestimmtes Ereignis in der Zukunft eintritt. Vertrauen ist also auch immer mit Risiko verbunden. Wenn die Menschen immer und immer wieder enttäuscht werden, dann schwindet das Grundvertrauen natürlich. Das wieder aufzubauen, dauert lange, ist aber möglich. Berechenbarkeit und Transparenz wären hierfür die zentralen Säulen. Nun könnte man einwerfen, dass staatliche Bürokratie durch die Vielzahl von Kontrollen seinen Bürger auch nicht immer so ganz zu vertrauen mag. Die Kultur eines Unternehmens oder eben einer öffentlichen Verwaltung spiegelt immer die Kultur der Leitungsebene wider. Aber vielleicht kann das Festival eben dazu beitragen, einige Mauern in den Köpfen einzureißen. Worauf freuen Sie sich denn am meisten? Die Welt besteht nicht nur aus Großprojekten. Jeder Schritt, egal wie klein er ist, kann einen Beitrag zum Umdenken geben. Das Creative Bureaucracy Festival bringt viele Menschen mit ganz unterschiedlichen Ansätzen und Denkweisen zusammen und davon ein Teil zu sein und meinen Beitrag leisten zu können, darauf freue ich mich schon sehr.