PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2023-0046
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Den Superkunden verstehen!
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Wolfgang Glitscher
Zur Steuerung nachhaltiger Entwicklungen, wie sie z. B. für das Schließen von Stoffkreisläufen notwendig sind, benötigt Projektmanagement eine erweiterte, in Unternehmenshandlungen umsetzbare Definition über das Liefern von Projektergebnissen in geschlossene, strukturierte Systeme hinaus. Projektmanager sind Gestalter von Zukünften. Im Sinne der Steuerung nachhaltiger Prozesse sind sie selbst von den Ergebnissen aus der Realisierung ihrer Projekte betroffen. Ein Next7G Project Management basiert auf einem Grundsatz aus der Überlieferung der Irokesen. Diese berücksichtigt die Auswirkungen von Handlungen auf die nächsten sieben Generationen. Damit wird eine Beachtung machbarer und visionärer Weiterentwicklungen von Projektergebnissen in Richtung nachhaltiges Projektmanagement notwendig. Der Autor sieht dies als einen wesentlichen Faktor für die Zukunft des Projektmanagements und darüber hinaus ebenfalls als Herausforderung für die Unternehmensleitungen. Erste Ansätze werden hier zur Diskussion gestellt.
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11 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 03/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0046 Next7G Project Management-- Nachhaltiges Projektmanagement für die nächsten sieben Generationen Den Superkunden verstehen! Wolfgang Glitscher Für eilige Leser | Zur Steuerung nachhaltiger Entwicklungen, wie sie z. B. für das Schließen von Stoffkreisläufen notwendig sind, benötigt Projektmanagement eine erweiterte, in Unternehmenshandlungen umsetzbare Definition über das Liefern von Projektergebnissen in geschlossene, strukturierte Systeme hinaus. Projektmanager sind Gestalter von Zukünften. Im Sinne der Steuerung nachhaltiger Prozesse sind sie selbst von den Ergebnissen aus der Realisierung ihrer Projekte betroffen. Ein Next 7 G Project Management basiert auf einem Grundsatz aus der Überlieferung der Irokesen. Diese berücksichtigt die Auswirkungen von Handlungen auf die nächsten sieben Generationen. Damit wird eine Beachtung machbarer und visionärer Weiterentwicklungen von Projektergebnissen in Richtung nachhaltiges Projektmanagement notwendig. Der Autor sieht dies als einen wesentlichen Faktor für die Zukunft des Projektmanagements und darüber hinaus ebenfalls als Herausforderung für die Unternehmensleitungen. Erste Ansätze werden hier zur Diskussion gestellt. Schlagwörter | Zukunft des Projektmanagements, Unterstützung für nachhaltige Entwicklungen, Einbindung des Superkunden „Because the people who are crazy enough to think they can change the world are the ones who do.” Steve Jobs, Stanford 2005 Projektmanagement und das Anthropozän Unser gegenwärtiges Zeitalter wird als Anthropozän bezeichnet. Der menschliche Einfluss auf den Planeten ist offensichtlich. Alle Systeme, sowohl die ökologischen und die sozialen, gesellschaftlichen und politischen Systeme, sind durch seine Handlungen beeinflusst. Der Mensch beginnt die Auswirkungen seines Handelns auf seine Lebensgrundlagen zu verstehen und erste Handlungen daraus abzuleiten, um dies zu ändern. Projektmanager sind Designer von Zukünften Projektergebnisse werden in geschlossene Strukturen geliefert. Ein erweiterter Lebenszyklus dieser Ergebnisse im Sinne eines nachhaltigen, methodischen Projektmanagements, orientiert an den 17 SDGs (Sustainable Development Goals) der UN-Charta 2030, wird bisher gering bis gar nicht berücksichtigt. Die Projektergebnisse, durch Projektmanager realisiert, beeinflussen alle Bereiche, in denen der Mensch aktiv ist. Notwendig ist eine andere, erweiterte Sicht des Menschen auf alle seine Handlungen und deren langfristige Auswirkungen im Vorausblick mehrerer Generationen. Und nicht nur für seine eigene Art, sondern holistisch für das komplexe Gesamtsystem des Planeten. Die Verdoppelung der menschlichen Population innerhalb einer Generation hat den Ressourcenverbrauch signifikant erhöht. Die Aktivitäten zur Erhaltung der menschlichen Art verdrängen andere Arten aus ihren Lebensräumen. Auch die über eine Generation hinausreichenden Auswirkungen menschlicher Handlungen fließen nicht ausreichend in die durch den Menschen ausgelösten Aktivitäten ein. Sein Verhalten und seine Aktivitäten so zu ändern bzw. zu erweitern, dass sie nachhaltig sind, ist für das Überleben entscheidend. [1] Damit ist auch das Projektmanagement herausgefordert, seine methodischen Ansätze zu erweitern. Wissen | Den Superkunden verstehen! 12 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 03/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0046 Ein Next 7 G Project Management basiert auf einem Grundsatz aus der Überlieferung der Irokesen, die die Auswirkungen von Handlungen auf die nachfolgenden sieben Generationen berücksichtigt. [2] Damit wird eine Beachtung machbarer und visionärer Weiterentwicklungen von Projektergebnissen in Richtung nachhaltiges Projektmanagement notwendig, wie es z. B. für eine zirkulare Economy gilt. Der Mensch als invasivste Spezies des Planeten geht durch seine Beherrschbarkeitsideologien das Risiko ein, seine Überlebensgrundlagen in Frage zu stellen. Darwins Survival of the fittest , so interpretiert, dass nur die Stärksten überleben, ist anders zu verstehen: Es überleben die, die zur Evolution fähig sind und sich Veränderungen anpassen. Diese Qualität müssen Projektmanager übernehmen in ihre Verantwortlichkeit und die Ergebnisse ihrer Projekte nachhaltig gestalten und weiterentwickeln. Erste Ansätze des Next 7 G Project Management habe ich publiziert und in zwei Vorträgen im Jahr 2022 diskutiert. [3] [4] [5] Erste Forschungen über mögliche und bereits publizierte Managementansätze in Richtung nachhaltiges Projektmanagement wurden durchgeführt. [6] Weitere Vorhaben in dieser Richtung sind in Vorbereitung. Projektmanagement benötigt erweiterte und in die Unternehmenshandlungen umsetzbare Definition seines Wirkungsbereiches über das Liefern von Projektergebnissen in geschlossene, strukturierte Systeme hinaus. Zukünfte nachhaltig zu gestalten bedeutet, zu verinnerlichen, dass Projektmanager als Gestalter der Zukünfte selbst von den Ergebnissen aus der Realisierung ihrer Projekte betroffen sind. Sie sind Bestandteil dieser Zukünfte. Sie müssen sich als Designer verstehen-- und nicht ausschließlich als Realisierer von Ideen, die meist nicht ihre eigenen sind. Voraussetzung ist eine Erweiterung ihrer inneren Haltung und ein Kommunikationsmanagement für das durch sie generierte Wissen für die Weiterentwicklung unter den Kriterien für nachhaltiges Projektmanagement. Der bislang verfügbare Methodenbaukasten des Projektmanagements muss die kommenden sieben Generationen hinsichtlich der Auswirkungen der Projektergebnisse berücksichtigen und ist entsprechend zu erweitern. [7] Was ist dafür notwendig an Methoden, Kompetenzen und Fähigkeiten? Den Superkunden verstehen Eine Re-Integration von Kunde , Kooperation und Kreativität sind aktuelle Entwicklungen im Projektmanagement. [8] Für die Entwicklung nachhaltigen Projektmanagements ist ein Superkunde zu definieren: der Heimatplanet. Der Superkunde Heimatplanet stellt Ressourcen zur Verfügung, die Allgemeingut sind, aber keinen Preis haben: Wasser, Luft, Erde, Rohstoffe etc. Der Superkunde Heimatplanet liefert diese Güter für alle, kann sich aber nicht artikulieren und ist nicht in die Projektarbeiten eingebunden und verfügt nicht über eigene Rechte hinsichtlich seiner Verwertung. Ein möglicher Weg, um dies zu ändern, kann z. B. das Mar Menor bei Valencia (Spanien) sein, dass eine eigene Rechtspersönlichkeit erhalten hat. [9] Der Superkunde Heimatplanet ist Lieferant von Ressourcen und Infrastrukturen, die einer Zerstörung und Ausbeutung durch die menschlichen Aktivitäten unterliegen. Wie ist es möglich, den Superkunden Heimatplanet mit den Ressourcen, die er zur Verfügung stellt, in die Projektentwicklungen und in das Projektmanagement einzubinden? Im Folgenden wird versucht, einen möglichen Ansatz zu liefern. Konfrontiert mit zunehmender Komplexität und dem Management von Megaprojekten in globalen Herausforderungen [10] sind Projektergebnisse unabdinglich als fortlaufender Prozess für den Produktlebenszyklus innerhalb eines Projekts vom Kunden her zu denken: Was benötigt er wirklich und welche Auswirkungen hat dies? Neuere, sogenannte agile Methoden des Projektmanagements binden den Kunden bereits in alle Phasen eines Projekts ein. Weiterhin ist die Notwendigkeit von Kooperationen für die Komplexitätsbewältigung, die Grenzen von Organisationen als auch von Staaten zu berücksichtigen. Innerhalb einer Projektrealisierung können Ideen und Ansätze von Projektmanagern aufgegriffen werden und für die Weiterentwicklung der Projektergebnisse in Richtung Nachhaltigkeit fortgeschrieben werden. Damit werden Projektmanager Gestalter von Kooperationen und die Initiatoren von Kreativität , die die dafür notwendigen Prozesse initiieren und steuern. Sie entwickeln ein Verständnis für Prozesse, die zu nachhaltigen Innovationen führen können. Diese Innovationen sind Grundlagenwissen für eine Weiterentwicklung in Richtung Nachhaltigkeit der Projektergebnisse. Die 17 SDGs könnten hier beispielsweise als Basis für die Entwicklung von KPIs (Key Performance Indicators) in Richtung eines nachhaltigen Projektmanagements verwendet werden. Darüber hinaus sind Key Competence Indicators (KCI) für nachhaltiges Projektmanagement zu definieren. Ein Hinausdenken über Lieferung von Projektergebnissen nach Zeit und Kosten ist notwendig. Voraussetzung ist ein Denken in Stoffwechselaspekten, ein metabolisches Systemdenken , wie z. B. in den Stoffwechselprozessen in Organismen. [11] Die menschlichen Gesellschaften und die für ihren Erhalt notwendigen Aktivitäten folgen physiologischen Systemmodellen, wie in Stoffwechselprozessen. [12] [13] [14] Für die urbane Architektur wurde ein metabolisches Denken bereits 1960 als Manifest formuliert. [15] Im Hinblick auf die Betrachtung der Möglichkeiten der Weiterentwicklung der Projektergebnisse in Richtung Nachhaltigkeit für Next 7 G Project Management sind Prozesse in Anlehnung an den Dualismus von schnellem Denken und langsamen Denken, wie es z. B. abgeleitet aus Kahnemann für das Projektmanagement definiert wurde. [16] Der Superkunde Heimatplanet leidet und muss in die menschlichen Handlungen eingebunden werden. Nachhaltigkeit für die Weiterentwicklung von Projektergebnissen ist als metabolisches Systemdenken, als ein Denken und Handeln in die Tiefe zu verstehen. Dieses Denken und Handeln in die Tiefe bezeichne ich als ein Metabolisches Systemdenken - - ein zirkulares Denken in Kreisläufen nach systemischen Grundsätzen, die immer wieder ein Gleichgewicht zur unmittelbaren Umgebung herstellen. In diesem Sinne sind alle Projektergebnisse als Zwischenprodukte zu verstehen, für die eine Weiterverwendung zugedacht wird. Erste zu diskutierende Ansätze und ihre möglichen Auswirkungen finden sich in der Klassifizierung möglicher Eingriffe menschlicher Handlungen auf Klimaentwicklung und Ressourcenverbrauch. [17] Wissen | Den Superkunden verstehen! 13 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 03/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0046 Eine notwendige Re-Integration des Kunden , der Kooperation und der Kreativität in alle Handlungen und Aktivitäten in und zwischen den Unternehmungen von Menschen ist in der Diskussion. Diese 3Ks-- Kunde, Kooperationen und Kreativität [18] als Faktoren der Re-Integration in die Organisationen und damit auch in die dort durchgeführten Projekte samt der Lieferung ihrer Ergebnisse-- benötigen Erweiterungen durch die Integration eines vierten Faktors: Der Integration des Superkunden in das Projektmanagement. Wissen aus der Menschheitsgeschichte über nachhaltige Technologien, die Metabolisches Systemdenken enthalten, existiert. Metabolisches Systemdenken ist keine Neuerfindung. Die australische Architektin Julia Watson untersuchte, wie indigene Völker einfache Technologien für ihr Überleben in für menschliches Leben schwierigen Lebensräumen (Wüsten, Hochgebirge, Feuchtgebiete, Wälder) entwickelten und diese auch innerhalb der in diesen Strukturen eingehenden zeitlichen Veränderungen weiterentwickeln. [19] Diese alten, vergessenen Technologien, brachten nachhaltige und klimaresistente Infrastrukturen zum Überleben der Menschen hervor. Dieses Wissen ist in einem Transformationsprozess, der als Inklusion verstanden werden kann, z. B. mit dem Wissensgebiet der Bionik zusammenzuführen, [20] um hier nachhaltige und robuste Technologien zu entwickeln, die im Sinne des Next 7 G Project Managements als Projekte auf den Weg gebracht werden. Wie kann es gelingen, den Superkunden Heimatplanet in das Gesamtsystem des Projektmanagements mit allen Beteiligten Einzelpersonen und Interessensgruppen zu integrieren? Wie kann das in Projekten entstandene Wissen zur Weiterentwicklung, wie z. B. für Prozesse des Re-Manufacturing nach der Auslieferung der Ergebnisse, sofort in die nächsten Entwicklungsarbeiten in Richtung nachhaltige Verfahren und Produkte einfließen? Wie kann ein Denken mit Handlungsableitungen unter Berücksichtigung der kommenden sieben Generationen realisiert werden? Auf welchen Grundlagen kann eine Methode dafür entwickelt werden, die aufbauend auf vorhandenem Wissen dieses erweitert und seine Fortschreibung beinhaltet? Wie kann es an Hochschulen und Universitäten global gelehrt werden? Wie kann es in die Managementpraxis als Realisierungs-, Führungs- und Fähigkeitsentwicklung eingeführt, umgesetzt und weiterentwickelt werden? Wie kann es frei von Dogmen und Ideologien gestaltet werden? In dieser Publikation wird zunächst diskutiert, wie methodische Realisierungsansätze für das Projektmanagement und Unternehmensführungen aussehen könnten. Alle weiteren Fragestellungen müssen in naher Zukunft diskutiert werden. Ein möglicher strategischer Ansatz Antworten auf diese Fragen beinhalten nicht nur notwendige Maßnahmen zum Überleben, sondern auch, wie eine nachhaltige Organisation wirtschaftlich realisiert werden kann, die zum globalen Erhalt unserer Art notwendig ist und ihren Beitrag leistet und für den Superkunden Heimatplanet arbeitet. Radikale Lösungen können hier das Gegenteil bewirken. Die dafür notwendigen Verfahren und Technologien müssen fortlaufend entwickelt, implementiert und nachhaltig Schritt für Schritt weiterentwickelt werden. Dies wird primär über Projekte realisiert. [21] Projektdenken wird damit Infinite im Sinne von Next 7 G Project Management . Jede organisatorische Änderung bedingt strategische Entscheidungen. Entscheidungen über die zukünftige und nachhaltige Ausrichtung von Organisationen benötigen in dem hier diskutierten Kontext die Erweiterung strategischer Ausrichtung von Organisationen gegenüber den Herausforderungen, die durch Next 7 G Project Management gestellt sind. Bisherige Strategien sind nicht ausreichend. Sie berücksichtigen die langfristige nachhaltige Ausrichtung von Organisationen nicht. Was bedeutet das für die alltägliche Unternehmensführung? Was bedeutet das für das Projektmanagement und seine ausführenden Personen? Wie in der nachstehenden Abbildung ersichtlich, wurden erste Ansätze hierzu 2012 publiziert. [22] In diesem Kontext ist das klassische Magische Dreieck des Projektmanagements, in die alle verfügbaren Ressourcen nach Zeit, Budget und Inhalten koordiniert und in ein Gleichgewicht zu bringen sind, zu erweitern. Diese Erweiterungen berücksichtigen unter strategischen Aspekten die ESG-Kriterien (Environmental Social Governance) in den Handlungen und Ergebnissen eines Projekts. [23] Abbildung 1: Modell für Nachhaltiges Projektmanagement. Wie hier gezeigt, wird bereits eine Erweiterung des Projektmanagements hin zur Nachhaltigkeit dargestellt, wobei das Projektmanagement und das Management in Richtung Nachhaltigkeit die Global Society und weiter des Superkunden Heimatplanet beachten müssen. (Quelle: 22) Wissen | Den Superkunden verstehen! 14 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 03/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0046 Der durch ESG und wirtschaftliche Sicherung der Organisation erweiterte Prozess des Magischen Dreiecks ist mit einem dem Metabolischem Denken angepassten Kreisprozess zu verbinden, der immer wieder auf der Basis von gemachten Erfahrungen und generiertem Wissen Möglichkeiten für die Weiterentwicklung in Richtung Nachhaltigkeit evaluiert. Somit sind Projektergebnisse hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit (Economically Viable ), ihrer Umweltverträglichkeit ( Environmental Sound ) und ihrer sozialen Auswirkungen ( Socialy Responsible ) zu planen und zu realisieren. Diese drei Faktoren müssen in jedem Falle die Randbedingungen der Machbarkeit und ihrer Auswirkungen berücksichtigen. Sind Machbarkeiten, wie z. B. bei Re-Manufacturingprozessen aktuell nicht lösbar, bedingt dies Forschungs- und Entwicklungsprojekte für eine Weiterentwicklung unter Nachhaltigkeitsaspekten-- und erfüllt somit die Bedingungen eines Metabolischen Systemdenkens . Für nachhaltige Entwicklungen von Organisationen im Kontext des Next 7 G Project Managements ist nicht nur das Projektmanagement, das zugeordnete Management und dessen Governance, anzupassen. Die Lieferung der Projektergebnisse nach Kosten, Zeit und Inhalten des klassischen Magischen Dreiecks sind hier unzureichend. Ohne Beteiligung der obersten Führungsebenen ist es zweifelhaft, ob Unternehmen zu nachhaltiger Entwicklung fähig sind, da die oberste Führungsebene mehrere entscheidende Rollen in organisatorischen Prozessen spielt. Unternehmenslenker haben durch ihr Engagement und ihre Führungsqualitäten einen wesentlichen Einfluss auf Organisationskultur und Entscheidungsprozesse im Unternehmen. Sie stellen Ressourcen zur Verfügung und schaffen Anreize für Mitarbeiter, um Nachhaltigkeitsinitiativen zu fördern und organisatorisch zu begleiten. [24] [25] Führungsqualität kann man so definieren, dass firmenphilosophische Grundsätze formuliert und primär Mitarbeiter und Kunden von diesen Grundsätzen zu überzeugen sind. Führungskräfte-- und Projektmanager sind darin einzuschließen- - müssen darüber hinaus verstehen, dass sie nicht nur ausschließlich für das Weiterbestehen ihrer Unternehmen und aller mit diesem verbundenen Stakeholder verantwortlich sind. Der Stakeholderkreis ist zu erweitern um den Superkunden Heimatplanet . Führungskräfte sind gefordert, die Auswirkungen ihrer Handlungen mit ihrer Organisation zu erkennen, zu reflektieren und alle Beteiligten in diesen Prozess einzubinden. Für das Top-Management lassen sich in diesem Kontext folgende Aufgaben definieren: • Die Nachhaltigkeitsziele und die Strategien dafür festzulegen. • Die aktuellen Nachhhaltigkeitsinitiativen und ihre Auswirkungen auf die Organisation, die Projekte und ihr Umfeld zu verstehen. • Nachhaltigkeitsrichtlinien für das Projektmanagement zu implementieren, die die Geschäftspläne und -ziele sowie die Nachhaltigkeitsstrategien unterstützen. • Diesen Strategieprozess kontinuierlich zu evaluieren und an sich verändernde Situationen anzupassen im Sinne eines metabolischen Systemdenkens . • Methoden zu definieren, zu implementieren, zu steuern und weiterzuentwickeln, die diese Führungsprozesse in der Breite wie in der Tiefe systemisch unterstützen und robust absichern. Ein Implementierungsansatz Die Umsetzung von Next 7 G Project Management innerhalb von Organisationen bedarf der Einbeziehung aller in der Organisation tätigen Menschen und der Stakeholder . Die primäre Verantwortlichkeit liegt bei den strategisch und taktisch verantwortlichen Führungskräften für das Projektmanagement und das Management. Die dafür notwendigen Aufgaben und Entscheidungen für das Management sind in der nachfolgenden Abbildung dargestellt. Primär besteht die Notwendigkeit, strategische Entscheidungen zu treffen, wie die Organisation hinsichtlich der Nachhaltigkeit die dafür notwendigen Prozesse und Vorhaben zu organisieren und diese Strategie entsprechend in der Organisation zu kommunizieren ist. Die nachstehende Abbildung verdeutlicht diese Aufgaben für das Management in Form einer Potenzialanalyse im strategischen Kontext : Für eine Umsetzung dieser Prozesse ist die Kommunikation der strategischen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung in Abbildung 2: Das Magische Dreieck im Projektmanagement (inneres Dreieck) im strategischen Kontext erweitert um die Faktoren für die nachhaltige Organisationsentwicklung durch Projekte: Wirtschaftlichkeit, Umweltfaktoren und soziale Verantwortlichkeit (äußeres Dreieck). (Quelle: 23) Wissen | Den Superkunden verstehen! 15 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 03/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0046 Richtung Projektmanagement notwendig. Damit sind drei Horizonte innerhalb der Projekte in Organisationen definierbar: Horizont 1 Projekte: Run the Business - das ist das Kerngeschäft. Streben nach funktionaler Exzellenz. Es geht um die Notwendigkeiten, die sich auf die aktuelle Wettbewerbsposition beziehen. Hier sind die Spielräume eng, es darf nichts anbrennen. Horizont 2 Projekte: Re-Invent the Business - Diese Projekte verlassen das Hier und Jetzt. Diese Projektteams entwickeln zukünftige, aber realistische Geschäftsmodellinnovationen unter den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit. Die Mitarbeiter haben hier mehr Freiheiten. Horizont-1-Projekte zeigen oft schwache Signale für zukünftige Erweiterungen oder Veränderungen, die auf mögliche Horizont-2-Projekte hinweisen. Horizont 3 Projekte: Transform the Business - Hier werden Ideen verfolgt, die zwar denkbar, aber in Bezug auf die Machbarkeit vage sind. Diese Projekte ähneln Start-ups, bei denen die Regel lautet, die Regeln zu brechen. Viele dieser Projekte führen ins Leere. Die Frustrationstoleranz der Mitarbeiter ist dementsprechend hoch. Allerdings können diese Projekte bahnbrechende Neuigkeiten in Richtung nachhaltiger Entwicklung und in Richtung neue Märkte für diese Projektergebnisse enthalten. Sie können sich aus Horizont- 2-Projekten entwickeln, werden dort wegen ihres spekulativen Charakters nicht weiterverfolgt. Sie können die Basis für zukünftige Projekte für das Next 7 G Project Management liefern. Dieses Modell wurde nach einem älteren methodischen Ansatz, von der Unternehmensberatung McKinsey 2009 als Rahmenwerk für Wachstumsstrategien publiziert. [26] Wie hier dargestellt, wurde es transformiert auf das Next 7 G Project Management . Es liefert eine Klassifizierung von Projekten in Organisationen unter den Aspekten der Wirtschaftlichkeit, der nachhaltigen Entwicklung und der sozialen Verantwortung. Dementsprechend ist das Projektmanagement gefordert, hier die entsprechenden fachlich geeigneten Ressourcen zu definieren, einzusetzen und zu entwickeln. Ein Wissensmanagement ist entsprechend aufzubauen. [27] Organisationen müssen als Organismen verstanden werden und alle Handlungen sind dementsprechend darauf auszurichten. Dieser Organismus steht in einen stetigen Austauschprozess mit seiner Umgebung. Abbildung 3: Modell für den Aufbau strategischer Entscheidungen in Organisationen für nachhaltige Entwicklung und deren Realisierung durch Projekte als Aufgaben für das Management von Organisationen. (Quelle: Autor) Abbildung 4: Mögliche inhaltliche Ausgestaltung für den Aufbau des Projektmanagements in Richtung Nachhaltigkeit. (Quelle: Autor) Wissen | Den Superkunden verstehen! 16 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 03/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0046 Organisatorische Aspekte Wie kann der Prozess einer Potenzialanalyse und die 3-Horizonte-Projektklassifizierung innerhalb von Unternehmen organisatorisch gestaltet werden? Eine bereits bekannte und bewährte Methode ist das Projekt-Portfoliomanagement (PPM). Ein Portfolio wird als Sammlung von Projekten oder Programmen beschrieben, die gebündelt werden, um ein effektives Management dieser Bemühungen zur Erreichung strategischer Unternehmensziele zu erleichtern. Die Projekte oder Programme des Portfolios sind nicht voneinander abhängig oder direkt miteinander verbunden, aber die Komponenten eines Portfolios müssen quantifizierbar sein, d. h. sie können gemessen, eingestuft und nach Prioritäten geordnet werden. Ein Projekt-Portfoliomanagement existiert innerhalb einer Organisation und besteht aus einer Reihe von aktuellen Komponenten und geplanten oder zukünftigen Initiativen. Sowohl Management als auch Projektmanagement wird damit in die Lage versetzt, einen Prozess über eine nachhaltige Entwicklung der Organisation kontinuierlich zu verfolgen und zu steuern. [28] [29] Die Ausgestaltung des Projekt-Portfoliomanagements ist jeweils individuell orientiert an der Situation der jeweiligen Organisation vorzunehmen. Eine weitere Möglichkeit für die Gestaltung von Next 7 G Project Management in Organisationen besteht in der Einrichtung einer Stabsfunktion, wie beispielsweise von BMW durchgeführt für die Entwicklung neuer Mobilitätskonzepte. Die dort tätigen Mitarbeiter entwickelten innovative Möglichkeiten für die Organisation von Mobilität im Kontext des Unternehmens. Ergebnisse wurden dem Vorstand präsentiert. Ein ähnliches Konzept ist auch für das Next 7 G Project Management denkbar. [30] Epilog Die globalen Herausforderungen sind gewaltig. Die Bereitstellung von Nahrung und Wasser für die wachsende Erdbevölkerung, Klimawandel, Ausbeutung und Erschöpfung von Rohstoffen, Umweltprobleme und Energieerzeugung aus nachhaltigen Quellen, Bevölkerungsexplosion gegen Überalterung- - das sind einige der essenziellen Herausforderungen, deren Lösung neben dem politischen Willen und der damit verbundenen strategischen Entscheidungen ein intelligentes, ein anderes, ein innovatives Management und Projektmanagement als bisher benötigt. Ein bewusster Umgang mit diesen Herausforderungen, ohne in auflösende Panik oder seelentötende Erstarrung zu verfallen, ist zwingend notwendig, um den notwendigen Wandel zu gestalten. Wir müssen verstehen, dass wir nicht mehr am Fließband stehen, sondern auf diesem. Und dieses befindet sich auf einer tektonischen Platte. Das nächste Beben kommt-- aber wann und mit welcher Stärke, wissen wir nicht. Initiativen zu Änderungen scheitern. Manager und Führungskräfte gehen den Dingen nicht auf den Grund, weil als Folge der bisher verfolgten Grundsätze des Projektmanagements wesentliche Aspekte für eine nachhaltige Entwicklung dieser wichtigen Managementmethode nicht beachtet wurden. Wir bewegen uns immer noch in über hundert Jahre alten Denksystemen und Methoden und hoffen damit, den Weg in die Zukunft zu erkennen und zu beschreiten. Die tektonischen Platten unter uns und die Turbulenzen und Strömungen, in die sie geraten, werden nicht ausreichend wahrgenommen. Verharren in Bequemlichkeit ist einfacher, als kontinuierlich zu erkennen, wo Handlungsbedarf besteht, wie gehandelt werden kann und was diese Handlungen systemisch verursachen. Dieses Verständnis zu entwickeln, ist entscheidend für unsere zukünftigen Entwicklungen. Abbildung 5: Beispiel für einen Projekt- Portfoliomanagementprozess über ein Geschäftsjahr verteilt. (Quelle: Autor) Wissen | Den Superkunden verstehen! 17 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 03/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0046 Die deutlich erhöhte Systemgeschwindigkeit kann nur mit klaren und perspektivisch besseren und schnelleren Informationssystemen einschließlich wirksamen und zu entwickelnden Steuerungssystemen beherrscht werden. Benötigt werden Projektmanager, die bereit sind, sich diesen Herausforderungen zu stellen. Next 7 G Project Management ist als ein Ansatz zu verstehen, hier voranzugehen. Wir benötigen Pioniere und Abenteurer, die bereit sind, unbekannte Risiken einzugehen. [31] Danksagung: An dieser Stelle möchte ich mich bei Herrn Peter Renner, Vorstand Bundesstiftung Klima und Entwicklung, und bei Karl-Wilhelm Freiherr von Rotenhan, perconpro, Bamberg, für die Edition dieser Publikation bedanken. Literatur [1] Behavior is Leverage, Nature Climate Change, 12, 1069 (2022) [2] Watson, Julia: A New Mythology of Technology, in: Lo- TEK-- Design by Radical Indigenism, Taschen 2019 [3] Glitscher, W: https: / / www.gpm-blog.de / denken-in-ewigkeitslasten-eine-vision-fuer-das-projektmanagementder-zukunft/ November 2021 [4] Glitscher, W: Denken in Ewigkeitslasten-- Eine Vision für das Projektmanagement der Zukunft, ESG-Curriculum Die neue Realität, April 2022 https: / / www.forum-anthropozaen.com / files / content / kooperationen-GPM-2022 / Ewigkeitslasten_270 422.pdf [5] Glitscher, W.: Re-Thinking Project Management-- Denken in Ewigkeitslasten for the Next7G, PM-Forum on-line, 11. November 2022 [6] Nikhil Narasipura Umesh: Thinking in Terms of Eternal Loads- - A Vision for Project Management of the Future; Master Thesis, TU Berlin 2022 [7] Siehe z. B.: https: / / www.innerdevelopmentgoals.org [8] Siehe u.a. R. K. Sprenger: Radikal Digital, Campus, 2018 [9] https: / / www.nationalgeographic.es / medio-ambiente / 2021 / 11 / que-significa-que-el-mar-menor-obtengapersonalidad-juridica-propia [10] Flyvberg, B: What You Should Know About Megaprojects and Why: An Overview, Project Management Journal, Vol. 45 No.2, 6-19, 2014 [11] Chiambretta, P.: Artefakte und Biosphäre; Lettre International, 133, 2021 [12] Dörner, Dietrich: Die Logik des Misslingens- - Strategisches Denken in komplexen Systemen, Rowohlt, 1988 [13] Vester, Frederick: Die Kunst vernetzt zu Denken-- Der Bericht an den Club of Rome, Pantheon, 1992 [14] Persönliche Kommunikation mit Peter Renner, Vorstand Bundesstiftung Klima und Entwicklung, Januar 2023 [15] https: / / evolutionaryurbanism.com / manifesto/ [16] Siehe: Habermann- - over the fence (https: / / overthefence.com.de/ ) abgleitet aus Kahnemann: Schnelles Denken-- Langsames Denken (siehe auch: https: / / de.wikipedia.org / wiki / Schnelles_Denken,_langsames_Denken) [17] Morrison et.al.: Radical interventions for climate-impacted systems, Nature Climate Change, Vol, 12, December 2022 [18] Siehe u. a.: R. K. Sprenger-- Radikal digital, DVA 2018 [19] Julia Watson: Lo-TEK-- Design by Radical Indigenism; Taschen, 2019 [20] Siehe z. B.: Mutschler, H.-D.: Naturphilosophie. Kohlhammer, Stuttgart 2002, hier: 120 f. und: Werner Nachtigall: Bionik: Grundlagen und Beispiele für Ingenieure und Naturwissenschaftler. 2. Auflage, Springer-Verlag Berlin / Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-18996-8, S. 3. [21] Hans von Storch: Erderwärmung-- Wie viel Klima macht der Mensch? 2019, Cicero-- Magazin für Politische Kultur [22] Silvius, G., Schipper, R., Planko, van den Brink, J., & Köhler, A. (2012): Sustainability in projects and project management: A call to action. Surrey, United Kingdom: Gower [23] Tharp, J. (2012). Project management and global sustainability. Paper presented at PMI® Global Congress 2012—EMEA, Marseilles, France. Newtown Square, PA: Project Management Institute. [24] Kiesnere, A., & Baumgartner, R. (2022, January). Top Management Involvement and Role in Sustainable Development of Companies | SpringerLink. Retrieved August 2022, from https: / / link.springer.com / referenceworkentry / 10.1007 / 978-3-319-95726- 5_11#: ~: text=Top%20 managers%20not%20only%20provide,through%20 their% 20commitment%20and%20leadership [25] Epstein MJ (2008) Making sustainability work: best practices in managing and measuring corporate social, environmental and economic impacts, Erste Auflage. Greenleaf Publishing Limited, Sheffield [26] McKinsey & Company | Enduring Ideas: The three horizons of growth | Available at https: / / www.mckinsey. com / capabilities / strategy-and-corporate-finance / ourinsights / enduring-ideas-the-three-horizons-of-growth [27] Siehe Sc.: Nonaka, Takeuchi: The Knowledge Creating Company, Oxford Press, 1995 [28] Siehe PMI 2017: Project Management Body of Knowledge (PMBoK) 6th Ed., Project Management Institute [29] Diana Carolina Leguizamon Romero: Project Portfolio Management a Practical Approach to Pursue Business Strategies, Case: Roadmap Implementation Project Portfolio Management at Deutsche Bahn Cargo; Master Thesis, Technische Universität Berlin, 2018 [30] Jens Monsees, Leadership Forum Hochschule Landshut, November 2017 [31] Glitscher, Wolfgang: Geh dir aus dem Weg- - Projektmanagement für das 21. Jahrhundert, Privatdruck, 2019 Eingangsabbildung: © iStock.com / Romolo Tavani Dr. Wolfgang Glitscher, Biochemiker und Ingenieur f. Technische Chemie. Zehn Jahre F&E am Max-Volmer-Institut der TU Berlin. Danach länger in Institutionen der Fraunhofer-Gesellschaft, dort u. a. von 2001 bis 2004 Programmdirektor der Telematikplattform für medizinische Forschungsverbünde, TMF, langjährige Erfahrungen im Consulting für Projektmanagement bei einer mittelständischen Beratungsgesellschaft. Seit 2005 Universitätsdozent für Project Management an der TU Berlin am Produktionstechnischen Zentrum im internationalen Masterstudiengang Global Production Engineering (GPE). Mitglied der Fachgruppen PM an Hochschulen und PM goes Sustainable der GPM, Delegierter Berlin.