PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.„Langsamkeit ist keine Option.“
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Mit der Entwicklung eines Frameworks für agile Software-Entwicklung hat Jeff Sutherland das Agile Projektmanagement geprägt. Visionär und mit seinem tiefgreifenden Verständnis komplexer Systeme führte er Scrum ein: einen transformativen Ansatz, der Anpassungsfähigkeit, Zusammenarbeit und iterativen Fortschritt vereint. In seinem Online-Vortrag "The Secret to a Successful Agile Transformation" wies Sutherland am 27. Juni rund 1.000 Teilnehmenden den erfolgreichen Weg zur agilen Organisation. Willy Wijnands, der Entwickler von eduScrum, führte durch diese exklusive Veranstaltung der GPM Regionalgruppe Dortmund / Ruhrgebiet.
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64 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 05/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0099 Jeff Sutherlands Appell an die Agilität von Personen und Organisationen „Langsamkeit ist keine Option.“ Mit der Entwicklung eines Frameworks für agile Software-Entwicklung hat Jeff Sutherland das Agile Projektmanagement geprägt. Visionär und mit seinem tiefgreifenden Verständnis komplexer Systeme führte er Scrum ein: einen transformativen Ansatz, der Anpassungsfähigkeit, Zusammenarbeit und iterativen Fortschritt vereint. In seinem Online-Vortrag "The Secret to a Successful Agile Transformation" wies Sutherland am 27. Juni rund 1.000 Teilnehmenden den erfolgreichen Weg zur agilen Organisation. Willy Wijnands, der Entwickler von eduScrum, führte durch diese exklusive Veranstaltung der GPM Regionalgruppe Dortmund / Ruhrgebiet. Beschleunigte Prozesse, weniger Bürokratie, geringere Kosten-- die agile Transformation birgt Potenziale, aber auch Risiken: Laut Forbes Insight and MIT Sloan Management Review scheitern 53 Prozent der Unternehmen bei diesem Prozess. Diese Misserfolgsquote sei jedoch geringer als die Konkursrate von Unternehmen von 67 Prozent, stellte Jeff Sutherland Chance und Risiko gegenüber. Wie gelingt also eine erfolgreiche agile Transformation? Dies zeigte Scrum-Pionier Jeff Sutherland anhand prominenter Unternehmen auf, die er in seiner jahrzehntelangen Karriere begleitete. Tesla: Die Power agiler Innovationen Ein Erfolgsaspekt von Scrum liegt in der Fähigkeit, sich an neue Technologien anzupassen und davon zu profitieren. Jeff Sutherland wies auf neue Technologien wie Elektrofahrzeuge, Künstliche Intelligenz und weitere innovative Entwicklungen hin, welche die Zusammenarbeit und Interaktion von Unternehmen stark beeinflusse. Der Elektrofahrzeughersteller Tesla etwa bringe wöchentlich mehr als 20 neue Software- und Hardware-Innovationen auf den Markt; die neue Technologie werde buchstäblich am laufenden Band ausgetauscht. Das gesamte Unternehmen werde durch Künstliche Intelligenz gesteuert: Teams verwalten sich selbst, werden aber von der KI geführt, die ihnen zeige, welche Prioritäten bei der Zusammenarbeit untereinander gesetzt werden müssen. Dies führe dazu, dass Tesla um ein Vielfaches effektiver sei als andere Anbieter und zu einer viermal höheren Marktkapitalisierung als jene des Wettbewerbers Toyota, berichtete Sutherland. Rocket Mortgage: Agilität im Finanzsektor Als Musterbeispiel für beschleunigte Innovation führte Sutherland den Hypothekenanbieter Rocket Mortgage an, der sich von einer SAFe-Kultur zu einer Lieferkultur bewegte: Das Unternehmen implementierte True Scrum, straffte Organisation und Meetings und stellte von vierteljährlichen auf tägliche Releases um. Das Scrums@scale-Modell wurde im gesamten Unternehmen eingeführt und alle SAFe-Implementierungen aktualisiert. Das Ergebnis: Die Anzahl der Features verachtfachte sich, während der Umsatz im Jahr 2021 sich verdreifachte. Erfolgsfaktoren der agilen Transformation 1. Schnelle Entscheidungsfindung Wo gilt es also im Transformationsprozess anzusetzen? Fest stehe: Agile Organisationen treffen Entscheidungen zeitnah und effizient, wie Jeff Sutherland anhand des Beispiels der US-amerikanischen Standish-Group illustrierte. Das Unternehmen verfügt über eine Datenbank mit über einer Million Projekten, für die Geschwindigkeit ein entscheidender Erfolgsfaktor ist. „Unternehmen, die in der Lage sind, ihre Entscheidungszeit auf unter eine Stunde zu reduzieren, erzielen im Vergleich zu langsameren Unternehmen eine deutlich höhere Erfolgsquote“, so Sutherland. Dieser Aspekt sei sogar wichtiger als alle anderen agilen Metriken. „Durch die Eliminierung von Bürokratie und die Beschleunigung der Entscheidungszeiten können Unternehmen lineare Skalierbarkeit erreichen“, so der Scrum-Spezialist. Jetzt online lesen in unserer neuen eLibrary www.pmaktuell.de Der Online-Zugriff ist in den Leistungen für GPM Mitglieder inbegriffen. Noch kein GPM Mitglied? Schreiben Sie uns unter mitglieder@gpm-ipma.de. Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L Anzeige PM Forum | „Langsamkeit ist keine Option.“ 2. Sich selbst organisierende Teams Agilität gehe aus der Theorie komplexer adaptiver Systeme hervor, erklärte Sutherland. Ein intelligentes System organisiere sich selbst. Wenn es auf ein Hindernis stoße, umgehe es dieses oder verschiebe es, um schneller zum Ziel zu kommen. So managen sich in einer agilen Organisation auch Teams selbst, um ein Sprint-Ziel zu erreichen. Ein entscheidender Faktor für die Produktivität eines Teams sei seine Größe: „Ein Scrum-Team sollte inkrementell und stückweise wachsen, doch irgendwann wird das Team zu groß, um effizient zu bleiben.“ Sutherland riet den Teilnehmenden, ein großes Entwicklungsteam in zwei kleine Teams aufzuteilen, wenn es bis zum Punkt der Ineffizienz gewachsen ist. Mit mehr als sieben Personen werden Teams erfahrungsgemäß ineffizient. Die Mitglieder der neuen, kleineren Teams sollten sich weiterhin informell und bei Bedarf durch den täglichen Rhythmus von Scrum of Scrums Events miteinander abstimmen, riet der Referent. 3. Agile Führung Organisieren sich Teams selbst, ergeben sich neue Aufgaben und Herausforderungen für Manager, die sich zu Führungskräften transformieren. „Vielen fällt es zunächst schwer, die Teams ‚loszulassen‘ und das Mikromanagement einzustellen“, so Jeff Sutherlands Erfahrung. Doch die Umstellung zahlt sich aus: So zeigt eine Studie der MIT Sloan Management Review, dass 67 Prozent der Unternehmen aus einer Führungspriorität heraus agil geworden sind. „Eine engagierte agile Führung ist entscheidend für den Erfolg einer agilen Transformation. Sie schafft eine ‚agile Blase‘, in der sich die Organisation entwickeln und wachsen kann“, erläuterte Sutherland und führte die Skalierung agiler Methoden und Prozesse als weiteren wichtigen Aspekt ins Feld. Diese Art des Denkens und Handelns treibe eine erfolgreiche agile Transformation voran, resümierte Jeff Sutherland am Ende seines Vortrags. „Was ich gelernt habe ist, dass es mehr auf die Einstellung ankommt. Wer nicht fünfmal schneller wird, hat bald keinen Job mehr.“ Die doppelte Arbeit in der Hälfte der Zeit reiche nicht aus, um die nächsten zehn Jahre zu überstehen. „Analysten sagen, dass Entwickler 2030 mindestens 10 Mal produktiver sein werden als heute. Langsam ist keine Option.“ Und so müssen nach Sutherlands Ansicht nicht nur Unternehmen eine agile Transformation durchführen, sondern wir alle.
