PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.„Wir verstehen und als Start-up!“
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Steffen Scheurer
Oliver Steeger
Hamburg gilt bundesweit als Smart-City-Vorbild. Viermal hat der Branchenverband Bitkom der Hansestadt den ersten Platz beim jährlichen „Smart City Index“ zuerkannt, zuletzt 2022. Zu dieser Auszeichnung leistete auch das DigiLab des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer Hamburg einen Beitrag. Im DigiLab entwickeln rund 40 Spezialisten intelligente Digitalisierungsprodukte für Verkehrsmanagement und Verwaltungsprozesse. Zudem arbeiten sie am Ingenieursarbeitsplatz der Zukunft. Auf Besucher wirkt das DigiLab wie ein kalifornisches Tech-Start-up mitten in einer Behörde. Und tatsächlich verändern hier die Leiter Marina Zöfeld und René Binnewerg die Verwaltungskultur. Im Interview berichten sie, welchen Beitrag die Digitalisierung zur Mobilitätswende leistet, wie Digitalisierung Verwaltungsprozesse zukunftsfest macht – und weshalb sie die Hälfte ihrer Arbeitszeit in Stakeholdermanagement investieren.
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10 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 01/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0003 Mit dem „DigiLab“ zur Mobilitätswende in Hamburg „Wir verstehen uns als Start-up! “ Steffen Scheurer, Oliver Steeger Hamburg gilt bundesweit als Smart-City-Vorbild. Viermal hat der Branchenverband Bitkom der Hansestadt den ersten Platz beim jährlichen „Smart City Index“ zuerkannt, zuletzt 2022. Zu dieser Auszeichnung leistete auch das DigiLab des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer Hamburg einen Beitrag. Im DigiLab entwickeln rund 40 Spezialisten intelligente Digitalisierungsprodukte für Verkehrsmanagement und Verwaltungsprozesse. Zudem arbeiten sie am Ingenieursarbeitsplatz der Zukunft. Auf Besucher wirkt das DigiLab wie ein kalifornisches Tech-Start-up mitten in einer Behörde. Und tatsächlich verändern hier die Leiter Marina Zöfeld und René Binnewerg die Verwaltungskultur. Im Interview berichten sie, welchen Beitrag die Digitalisierung zur Mobilitätswende leistet, wie Digitalisierung Verwaltungsprozesse zukunftsfest macht-- und weshalb sie die Hälfte ihrer Arbeitszeit in Stakeholdermanagement investieren. Frau Zöfeld, Herr Binnewerg, 2017 hatten Sie die Idee für das DigiLab im Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer Hamburg. 2019 folgte die Gründung, ab 2021 wurde das DigiLab weiter verstetigt. Seither ist das Lab enorm gewachsen. Für wen genau führen Sie Digitalisierungsprojekte im DigiLab durch? Marina Zöfeld: Unsere digitalen Produkte kommen am Ende immer den Bürger: innen zugute, direkt oder indirekt. Direkt für bessere Mobilität in Hamburg. Dies spüren sie. Und indirekt, indem wir intern bei der digitalen Transformation unterstützen-- was wiederum eine positive Wirkung auf die Mobilität hat. René Binnewerg: Wir sind auf fünf Feldern unterwegs: Erstens, wir erarbeiten Lösungen für den Bereich Verkehrsmanagement, um die Mobilitätswende in Hamburg voranzutreiben. Zweitens, wir entwickeln Digitalisierungsprodukte für den Bereich Tiefbau mit den zugehörigen Bauprozessen. Unsere Infrastruktur braucht dringend Erneuerung und weiteren Umbau und Ausbau. Wir gehen bei der Arbeitsweise neue Wege- - mit Digitalisierung und hybridem Projektmanagement. Drittens, wir entwickeln zum Beispiel KI-unterstützte Tools, welche uns in der täglichen Arbeit helfen. KI unterstützende Tools? Etwa Chatbots? René Binnewerg: Chatbots trifft es nicht ganz, aber Algorithmen der künstlichen Intelligenz, die uns Arbeit abnehmen können, beispielsweise für Bürgeranfragen hier im Landesbetrieb. Bisher bearbeiten zwei Vollzeitkräfte die Anfragen und Kommentare rund um Lichtsignalanlagen auf Hamburger Straßen. Die Zahl der Anfragen nimmt stetig zu. Deshalb kam beispielsweise die Idee auf, einen „fachlichen Helfer“ zu entwickeln, der automatisiert Arbeit abnimmt, die Anfragen vorsortiert und auch Antwortvorschläge entwirft. Verstanden! Was machen Sie noch? René Binnewerg: Wir befassen uns damit, durch Voranbringen der digitalen Transformation die Arbeitsweise in unserem Landesbetrieb zu verändern. Beispielsweise entwickeln wir für die Personalabteilung KI-basierte Visualisierungs- und Reportingmöglichkeiten auf Knopfdruck. Damit kann die Abteilung Personalarbeit effektiver durchführen. Und wir setzen auf ein breites Netzwerk und erhalten teilweise Aufträge von Dritten. So kooperieren wir beispielsweise mit dem Digital Hub Mobility oder arbeiten mit anderen Städten wie München und Stuttgart aktiv zusammen. Marina Zöfeld: Die Zahl der Projekte ist in den vergangenen vier Jahren stark gewachsen. Derzeit begrenzen wir es ein wenig. Wir wollen den Fokus auf Tiefbau und Mobilität halten-- was übrigens ein faszinierendes und vielversprechendes All you can read Alles zusammen zum Superpreis: Die Papierausgabe in hochwertigem Druck, das ePaper zum Blättern am Bildschirm und auf dem Smartphone, dazu alle bisher erschienenen Ausgaben im elektronischen Archiv - so haben Sie Ihre Fachzeitschrift für den urbanen Wandel immer und überall griffbereit. AboPlus: Print + ePaper + Archiv www.transforming-cities.de/ magazin-abonnieren | abo@narr.de expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Foto von Jon Tyson auf Unsplash Reportage | „Wir verstehen uns als Start-up! “ 12 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 01/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0003 Thema für Digitalisierung ist. Damit haben Städte und Metropolregionen einen großen Hebel, eine zukunftsfähige Infrastruktur zu entwickeln und Klimaschutz voranzubringen. Inwiefern einen großen Hebel? René Binnewerg: Viele Städte und Kommunen initiieren Projekte für beispielsweise attraktive Bürger-Apps und Dashboards. Jedoch höre ich auch häufig, dass die Verwaltung zunächst ihre Prozesse verbessern soll, um etwa Probleme im Ausbau der Infrastruktur zu lösen oder die Mobilitätswende zu schaffen. Quasi erst einmal die Hausaufgaben machen-…? René Binnewerg: Wir würden sagen, beides zahlt bipolar aufeinander ein. Dies berücksichtigen wir bei unseren Projekten. So verbessern wir zum Beispiel das Baustellenmanagement in Hamburg in dem Prozesse organisationsübergreifend vereinheitlicht werden, alle relevanten Informationen in einem gemeinsamen Tool für alle bauenden Parteien bereitgestellt werden und somit beispielsweise eine Zusammenlegung von Baumaßnahmen organisationsübergreifend ermöglicht wird. Dies kann wiederum zu Staureduzierung führen-… Marina Zöfeld: …- auch, wenn Bürger: innen dies vielleicht nicht unmittelbar spüren. Mittelbar werden Baustellen diverser Bauender besser aufeinander abgestimmt und abgewickelt. So dauern sie vielleicht nicht mehr so lange oder werden als Kooperationsmaßnahme organisationsübergreifend durchgeführt. Besucher Ihres DigiLabs äußern häufig Staunen über Ihre technischen Möglichkeiten. Es gibt hier beispielsweise einen Drohnenleitstand für professionell ausgebildete Drohnenpiloten. René Binnewerg: Richtig. Wir planen hier Drohnenmissionen, führen sie durch und werten die Daten aus. Die Daten aus den Flügen machen die Planung, Wartung und den Ausbau der Hamburger Infrastruktur einfacher. Man kann Sie also beauftragen, beispielsweise eine Baustelle abzufliegen, um den Baufortschritt zu verfolgen? René Binnewerg: Ja genau. Ein simples Beispiel: Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit ist es bei manchen bedeutenden Baustellen sinnvoll, den Baufortschritt zu dokumentieren und entsprechend zu kommunizieren. Des Weiteren gibt es viele andere, deutlich komplexere Anwendungsfälle, für die wir Drohnen einsetzen. Solche Drohneneinsätze sind ein Beitrag zum Ingenieursarbeitsplatz der Zukunft. Wir wollen die Ingenieur: innen im LSBG künftig mit aktuellen und hochwertigen Daten zu verschiedenen Anwendungsfällen versorgen. Das trägt zur Effizienz der Arbeit bei. Wer sich bei Ihnen umschaut, kommt um den Eindruck nicht umhin, dass es sich beim DigiLab mehr um ein Start-up handelt als um einen Teil einer öffentlichen Verwaltung. René Binnewerg: Wir verstehen uns hier durchaus als Startup! Damit dürften Sie die Managementkultur einer öffentlichen Verwaltung gegen den Strich kämmen. Agilität ist vielen Verwaltungen fremd. René Binnewerg: Langsam! Richtig ist, dass wir im DigiLab ein agiles Mindset haben. Wir arbeiten aber mit hybriden Projektmanagement-Ansätzen. Das heißt, wir verwenden für die nutzerorientierte Entwicklung die agilen PM-Elemente. Die klassischen PM-Elemente setzen wir ein, um bei der Steuerung anschlussfähig für die Verwaltung zu bleiben. Zum Beispiel? Marina Zöfeld: Bei der Produktentwicklung haben wir Rollen wie Product Owner, Scrum Master und selbstorganisierte Entwicklerteams. Wir setzen auf flexible Werkzeuge wie Vision, Product Backlog oder User Stories. Unsere Kommunikation ist nach dem Pull-Prinzip ausgerichtet, beispielsweise durch Sprint Reviews und Burndown-Charts. Änderungen nehmen wir in kurzen Iterationszyklen nach Anwender: innenfeedback vor. Mittlerweile haben wir auch einen eigenen Agile Coach, der unsere Teams im „Doing“ begleitet. René Binnewerg: Die klassischen Elemente in unserem hybriden Ansatz sind deutlich näher an der Weise, wie Projekte in einer Verwaltung gesteuert werden. Wir verwenden beispielsweise klassische Ansätze für Risikomanagement oder Budgetmanagement. Auch die Rollen sind kompatibel mit einer Verwaltung: Es gibt die klassischen Auftraggeber: innen, Lenkungsgruppen, Projektleiter: innen, Teilprojektleiter: innen und Projektmitarbeitenden. Die Kommunikation erfolgt nach Push-Prinzipien, etwa mit Statusberichten, Protokollen und in Sitzungen. Und auch die Werkzeuge sind klassisch, etwa der Projektplan, Phasenplan oder Strukturplan. Haben Sie damit das „Magische-Dreieck“-Denken mit definierten Zielen aus der klassischen Projektmanagement-Welt integriert? René Binnewerg: Ja. Diese klassischen Elemente stellen den Anschluss zur Kernverwaltung her- - über Meilensteine, Abrechnungspunkte und Controlling. Diese Connection-Points sind wichtig für die Verwaltung. Die Hansestadt Hamburg ist Mitglied der GPM. Hat auch dies geholfen bei der Einführung Ihres hybriden Ansatzes? René Binnewerg: Das hat definitiv geholfen, weil Hamburg dem IPMA-Standard folgt. Dieser Standard wurde in allen Hamburger Behörden verpflichtend eingeführt. Ohne Zertifikat beziehungsweise einer adäquaten Ausbildung leiten hier immer weniger ein Projekt. Das beobachten wir überall in der Stadt. Und das finden wir auch gut. War Ihre Verwaltung besonders offen für Ihre Arbeitsweise im DigiLab? Marina Zöfeld: Nicht besonders offen. Unsere Verwaltung ist eigentlich nicht anders als andere Verwaltungen auch. Wir müssen hier immer wieder von unserer Arbeit überzeugen und die Vorteile unserer Arbeitsweise kommunizieren. Unsere besondere Position in einer Behörde führt auch dazu, dass wir eine große Menge an Stakeholder: innen haben, die wir erreichen und mitnehmen müssen. Das bedeutet letztlich auch einen erhöhten Arbeitsaufwand und Bedarf an Ressourcen. Reportage | „Wir verstehen uns als Start-up! “ 13 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 01/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0003 Wie hoch schätzen Sie den Anteil Ihrer Arbeitszeit, den Sie für das Stakeholdermanagement aufwenden? Marina Zöfeld: Gut fünfzig Prozent. Etwa die Hälfte des Tages. Aber das Stakeholdermanagement ist tief in die Projektarbeit integriert. Das ist nicht etwas, was man „on top” macht. Fünfzig Prozent-- das ist viel! René Binnewerg: Zum einen haben wir eine breite Vielfalt von Stakeholder: innen. Zum anderen müssen wir bestimmte Stakeholdergruppen nicht nur einmal gewinnen, sondern mehrmals. Inwiefern mehrmals? René Binnewerg: Personen wechseln. Beispielsweise kann sich die Politik mit jeder Wahl ändern. Solche personellen Wechsel können grundsätzliche Auswirkungen haben. Vieles wird neu gedacht und umgestellt. Man muss wieder von Neuem beginnen, die Menschen für das DigiLab und seine Projekte zu gewinnen? René Binnewerg: Ja. Neues Personal, etwa in der Politik oder auf Führungsebene, hat Ideen und möchte Signale setzen. Unsere Projekte sind oftmals äußerst komplex und nicht sofort einfach durchdringbar. Es gehört zu unserer Aufgabe, diese Projekte immer wieder zu erklären und Menschen dafür zu gewinnen. Aber letztlich bleiben die Themen, die es zu bewegen gilt-- und das macht es wieder einfacher. Nämlich die Herausforderungen von Infrastruktur, Mobilität, Fachkräftemangel bei Ingenieur: innen oder der demografische Wandel im Allgemeinen. Wir im DigiLab arbeiten konsequent an Lösungen. Wie gelingt es Ihnen, Stakeholder zu überzeugen? René Binnewerg: Zum einen durch Erfolge. Zum anderen dadurch, dass wir den jeweiligen Stakeholder: innen jeweils die Vorteile aufzeigen, die sie durch unsere Arbeit bekommen. Wir lassen sie erleben, dass wir gemeinsam mit ihnen ein Problem lösen, ungeliebte Aufgaben automatisieren- - wodurch sie beispielsweise spürbar Zeit gewinnen oder neue Tools zur Arbeitserleichterung erhalten. Selbst erfolgreich zu sein heißt also auch andere erfolgreich zu machen? Ihre Probleme und Schmerzpunkte aufzuspüren und sie zu lösen? René Binnewerg: Das ist aus meiner Sicht der Kern von Stakeholdermanagement. Dies bringen wir auch unseren Projektmanager: innen bei: Durch geschicktes Stakeholdermanagement Promotor: innen finden. Und was gibt es Besseres als eine Win-win-Situation für alle zu schaffen? Marina Zöfeld: Ich verstehe dies als strategisches Stakeholdermanagement. Dabei geht es nicht nur darum, die Probleme und Schmerzpunkte aufzuspüren und dann eine Lösung anzubieten-- sondern die Betroffenen in die Lösungsgenerierung einzubinden. Dazu gehört auch, Entscheider abzuholen und ihnen zu verdeutlichen, welche Erwartungen sie etwa als Lenkungsgruppenmitglieder erfüllen müssen, damit ein Projekt erfolgreich durchgeführt werden kann René Binnewerg: Im Grunde haben sich Entscheider anfangs gegen Lenkungsgruppen gewehrt. Sie waren nicht immer bereit, daran teilzunehmen. Wir haben dann intensive Gespräche mit unseren internen Auftraggebern geführt, um ihnen deutlich zu machen, wie wichtig diese Gruppen sind. Wir haben die Mitglieder der Lenkungsgruppen sogar für ihre Rolle als Lenkungsgruppenmitglied ausgebildet. Weshalb ausgebildet? Marina Zöfeld: Für die Projektleitung ist es wichtig, dass ihre Lenkungsgruppe auf einer gewissen Ebene die gleiche Sprache spricht und zumindest ihre AKV in diesem Zusammenhang kennt und diese wahrnimmt. Zu unserem Verständnis-- was sind AKVs? Marina Zöfeld: AKVs sind die jeweiligen Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung etwa von Projektleitern oder eben von Mitgliedern der Lenkungsgruppe. Durch gezielte Schulungen vermitteln wir den benannten Lenkungsgruppenmitgliedern sowie den Auftraggebern unserer Projekte die wesentlichen Rollen und deren AKV sowie ein Grundverständnis für Projektmanagement. Mittlerweile gibt es sogar offizielle Schulungen vom Zentrum für Aus- und Fortbildung (ZAF) für Lenkungsgruppenmitglieder. René Binnewerg: Man muss den Mitgliedern von Lenkungsgruppen klarmachen, welche AKVs sie in ihrer Rolle erfüllen sollten-- und welche zum Beispiel ein: e Projektleiter: in erfüllen muss. Bestimmte Themen gehören allein in den Kompetenzbereich der Projektleitung. Wir haben den Führungskräften, die in der Lenkungsgruppe vertreten sind, klargemacht: Finger weg von diesen Themen! Von den AKVs der Projektleiter: innen! Eher untypisch für eine Verwaltung-… René Binnewerg: Das ist richtig. So wurden auch in unserer Verwaltung bisher keine Projekte gemacht. Doch das starre System in Verwaltungen entsteht auch dadurch, dass Verantwortung so lange hochdelegiert wird, bis sie etwa bei den Amtsleitungen sind- - und dort wird entschieden. Dies passt nicht zu erfolgreichem Projektmanagement oder gar einem agilen Start-up wie unserem DigiLab, bei dem es auf zügigen Erfolg und Nutzer-Fokussierung ankommt. Vorhin haben Sie vom Wechsel der zentralen Personen in Stakeholdergruppen gesprochen. Vor einiger Zeit gab es solch einen markanten Wechsel in der Politik. Nach der zurückliegenden Wahl in Hamburg haben wir jetzt einen grünen, jungen Senator. Er setzt sich stark für die Verkehrswende ein. René Binnewerg: Der Wechsel hat hier im Landesbetrieb zu größeren Veränderungen geführt. Neben einem neuen Senator hatten wir kurz zuvor auch eine neue Geschäftsführung bekommen und durch den Aufbau der Autobahn GmbH einen gesamten Geschäftsbereich „Fernstraßen“ an den Bund abgegeben. Die übergeordnete Behörde wurde sukzessive umgebaut. Es trägt heute das Oberziel im Namen- - Mobilitätswende. Die Aufträge an den Landesbetrieb haben sich entsprechend dem neuen Umfeld angepasst. Mobilitätswende-- was ist damit genau gemeint? René Binnewerg: Bis vor Kurzem war die Hamburger Infrastruktur ganz auf Autos und Individualverkehr ausgelegt. Jetzt gilt es die Mobilitätswende hier in Hamburg erfolgreich umzu- Reportage | „Wir verstehen uns als Start-up! “ 14 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 01/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0003 setzen. Mehr Bürger: innen sollen das Fahrrad nehmen, zu Fuß gehen oder in Busse und Bahnen einsteigen. Dies braucht vermutlich auch einen Umbau der Infrastruktur-… René Binnewerg: Ja. Wir bauen in Hamburg beispielsweise gerade eine neue U-Bahnlinie. Bald werden auch autonome S- Bahnen fahren. Durch den Neubau von hunderten neuen Bushaltestellen können neue Buslinien entstehen oder bestehende erweitert werden. Dies hilft, die Taktung zu verkürzen und mehr Züge auf die Schiene und mehr Busse in die gesamte Stadt zu bringen. Ich denke, da ist eine Menge in Bewegung. Wir unterstützen diese Mobilitätswende mit digitalen Produkten, etwa mit dem Projekt „#transmove“ (siehe Bericht) . Die Mobilitätswende bedeutet für viele Menschen Veränderungen. Veränderungen finden nicht immer Beifall. Sie bedeuten, Gewohnheiten zu verändern und auf Liebgewonnenes zu verzichten. Der neue Verkehrssenator Dr. Anjes Tjarks hat gesagt, die Verkehrswende werde wehtun-- auch der Verwaltung, die man für die Einschränkungen verantwortlich macht. Wie gehen Sie damit um? René Binnewerg: Der Senator hat dabei auch gesagt, dass wir unsere Erfolge zeigen müssen. Darauf kommt es an. Es ist immer eine Frage, wie man diese Erfolge kommuniziert. Damit sind wir wieder beim Stakeholdermanagement. Wir müssen als Verwaltung lernen, unsere Erfolge präsenter nach außen zu tragen. Dr. Anjes Tjarks geht dabei aus unserer Sicht mit gutem Beispiel voran. Ihr Senator-- ein Vorbild in Sachen Kommunikation auch für Sie? Marina Zöfeld: Ja, auf jeden Fall. Transparenz und Kommunikation sind auch im Projektmanagement essenziell. Stakeholdermanagement heißt, Dinge immer wieder zu erklären und nicht müde dabei zu werden. Dabei müssen wir zum einen erklären, warum wir etwas machen und weshalb es möglicherweise Einschränkungen gibt- - und auch die Erfolge zur Sprache bringen. Und zwar nicht nur einmal, sondern ständig und über viele verschiedene Kanäle. Das ist auch unsere Botschaft an unsere Projektteams: Macht mehr Promotion für eure Projekte! Stakeholdermanagement ist eine zentrale Aufgabe im Projektmanagement-- besonders in öffentlichen Verwaltungen! Eingangsabbildung: © iStock.com / piola666 Marina Zöfeld Marina Zöfeld ist Fachbereichsleiterin in der Freien und Hansestadt Hamburg, Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) und leitet dort das DigiLab gemeinsam mit René Binnewerg. Sie ist verantwortlich für die operative Führung sowie für die strategische Weiterentwicklung des Digi- Labs. Schwerpunkt ihres Schaffens ist die Leitung des Programms Ingenieursarbeitsplatz der Zukunft. Sie verantwortet im DigiLab speziell das Themenfeld Intelligente Infrastruktur und technische Transformation. Vor allem die Kombination von Projektmanagement, Organisationsentwicklung und Digitalisierung treibt sie an. Sie ist gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau und hat BWL sowie Wirtschaftspsychologie studiert. Ihre berufliche Karriere startete sie bei der TRi TOP GmbH im Produktmanagement, bevor sie 2010 zum Großprojekt „Sprung über die Elbe“ zum LSBG wechselte. In den folgenden Jahren leitete sie als zertifizierte Projektleiterin (IPMA Level B) verschiedene Projekte aus den Bereichen Personal sowie IT. Foto: privat Marina Zöfeld René Binnewerg René Binnewerg ist Fachbereichsleiter in der Freien und Hansestadt Hamburg, Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) und leitet dort das DigiLab gemeinsam mit Marina Zöfeld. Er ist verantwortlich für die operative Führung sowie für die strategische Weiterentwicklung des DigiLabs. Als verantwortlicher Manager für kognitives Computing und künstliche Intelligenz liegt sein Hauptaugenmerk auf der Weiterentwicklung von hybridem Projektmanagement, dem Ausbau von KI-Projekten und dem Aufbau eines Drone-as-a-service-Geschäftsfelds. Er hat Volkswirtschaftslehre in Hamburg studiert und ist zertifizierter und akkreditierter PM-Trainer der deutschen Gesellschaft für Projektmanagement. Seine berufliche Karriere begann er als Offizier bei der Bundeswehr und setzte diese als zertifizierter Projektleiter (IPMA Level B) bei einer Unternehmensberatung sowie dem Studierendenwerk Hamburg fort. Seit 2016 leitet er Projekte und Programme für seinen „Heimathafen“ Hamburg. Foto: LSBG René Binnewerg