eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 35/2

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2024-0028
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2024
352 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Neue Perspektiven für Projektleiter

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2024
Frank Liebermann
Der Text analysiert die Auswirkungen von KI auf den Beruf des Projektleiters. Er betont, dass trotz automatisierter Prozesse durch KI, Projektleiter weiterhin essenziell bleiben, da sie personenbezogene und kontextbezogene Aufgaben übernehmen. Die Rolle des Projektleiters wandelt sich, wobei Soft Skills wie Kommunikation und Konfliktmanagement an Bedeutung gewinnen. Projektleiter müssen kritisch denken und KI-Kompetenz entwickeln, um die potenziellen Vorteile und Grenzen von KI zu verstehen. Die Zusammenarbeit zwischen Projektleitern und KI-Systemen eröffnet neue Möglichkeiten und erfordert gleichzeitig eine Anpassung der Arbeitsweise.
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28 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 02/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0028 Künstliche Intelligenz im Projektmanagement Neue Perspektiven für Projektleiter Frank Liebermann Für eilige Leser | Der Text analysiert die Auswirkungen von KI auf den Beruf des Projektleiters. Er betont, dass trotz automatisierter Prozesse durch KI, Projektleiter weiterhin essenziell bleiben, da sie personenbezogene und kontextbezogene Aufgaben übernehmen. Die Rolle des Projektleiters wandelt sich, wobei Soft Skills wie Kommunikation und Konfliktmanagement an Bedeutung gewinnen. Projektleiter müssen kritisch denken und KI-Kompetenz entwickeln, um die potenziellen Vorteile und Grenzen von KI zu verstehen. Die Zusammenarbeit zwischen Projektleitern und KI-Systemen eröffnet neue Möglichkeiten und erfordert gleichzeitig eine Anpassung der Arbeitsweise. Schlagwörter | Künstliche Intelligenz im Projektmanagement, Soft Skills, Technologischer Wandel, Projektleiterberuf, Herausforderungen im Projektmanagement, Zukunft der Arbeit 1. Einleitung Schon immer waren Menschen von Maschinen fasziniert, die intelligente Leistungen nachbildeten. Technologische Fortschritte in der Disziplin der Künstlichen Intelligenz (KI) und der Digitalisierung haben in den letzten Jahren zu Anwendungen geführt, die viele Tätigkeiten revolutionieren. Dadurch entstanden neue Berufe, alte verschwanden. Bei etlichen Aufgaben ist absehbar, dass durch die Unterstützung von KI weniger Arbeitskräfte notwendig sind. Betroffen sind Lektoren, Kreditprüfer, Übersetzer, Controller oder Programmierer, die spürbare Effizienzsteigerungen durch KI-Tools erleben. Arbeiten, wie sie Callcenteragenten, Datentypisten und Buchhalter ausführen, verschwinden unter Umständen vollständig [1]. KI wird den Beruf des Projektleiters nicht vor ihren Auswirkungen verschonen. Daher ist es sinnvoll zu prüfen, inwieweit KI Einfluss ausübt und was die Effekte in den nächsten Jahren sind. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob Projektleiter noch notwendig sind und falls ja, welche neuen Kompetenzen sie entwickeln müssen? KI und Projektmanagement Für den Begriff der KI gibt es zahlreiche Definitionen. Da der Fokus von diesem Text nicht auf der technologischen Perspektive liegt, sondern in der Anwendung von KI, ist es sinnvoll zu klären, wie eine nutzerorientierte Betrachtungsweise aussehen kann. Allgemein lässt sich KI als die Entwicklung von Systemen definieren, die Aufgaben ausführen, für die, wenn sie ein Mensch erledigen würde, Intelligenz notwendig wäre [2]. Hinzu kommt, dass eine KI Tätigkeiten erledigt oder sich an diese anpasst, für die sie nicht zwangsläufig trainiert wurde [3]. Die Anwendungsgebiete im Projektmanagement dafür sind vielfältig. Themen sind in den Bereichen Controlling, Reporting, Analysen und der Planung zu finden. Diese lassen sich automatisieren oder deren Erledigung wird beschleunigt. Gemäss Gartner entfallen bis zum Jahr 2023 rund 80 Prozent der heutigen Projektleiteraufgaben, da künstliche Intelligenz diese übernehmen kann. Die Analysen prognostizieren, dass neue Tools auf den Markt kommen, die Projektleiter bei Managementaufgaben unterstützen [4]. Entwicklung des Projektleiterberufs In den letzten Jahren wurde der Projektleiter einige Male totgeschrieben. Manche Unternehmen ersetzten diese durch Scrum Master, Product Owner, Release Train Engineers oder Business Owner [5]. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass dies zu kurz gedacht war. Firmen, die diese abgeschafft haben, sind zurückgerudert. Der Beruf erlebte ein Comeback. Der Grund ist offensichtlich. Viele Aufgaben, die ein Projektleiter erledigt, fallen bei agilen Ansätzen unter den Tisch, was zu Problemen führte. Ein Projekt muss eben nicht nur Ergebnisse liefern, es ist in Organisationen eingebettet, die Anforde- Wissen | Neue Perspektiven für Projektleiter 29 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 02/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0028 rungen an Prozesse, Stakeholder und Strategie haben. Wenn diese nicht berücksichtigt werden, wird es kaum erfolgreich sein. Hinzu kommen immer mehr Vorhaben, die in einem internationalen und multikulturellen Umfeld stattfinden. Die von der Agilität geforderte Selbstorganisation umzusetzen ist dort problematisch, da länder-, kulturelle- und fachspezifische Barrieren Sensibilität und ein verlässliches Management verlangen. Der letzte Trend, der eine maßgebliche Veränderung mit sich brachte und den Projektleiterberuf eher stärkt, ist die Etablierung von Homeoffice, was sich seit der Coronapandemie sich als Arbeitsform etabliert hat. Verteilte und virtuelle Teams erfordern Führung, da sonst Effizienzverluste eintreten. Diese neuen Herausforderungen zeigen, dass der Projektleiter noch immer notwendig ist, was ein Blick in die Stellenbörsen im Internet bestätigt. Fragestellung Basierend auf diesen Entwicklungen und der Annahme, dass Projektleiter auch in Zukunft notwendig sind, lassen sich folgende Fragestellungen formulieren: • Wie verändert sich der Projektleiterberuf durch KI? • Welche Themenfelder des Projektmanagements gewinnen an Bedeutung? • Was sind die wichtigsten Lernfelder für Projektleiter? 2. Veränderungen des Projektleiterberufs Der Projektleiterberuf war schon immer Veränderungen entworfen. Ein Projektleiter nimmt unterschiedliche Rollen ein. Zum einen sind dort die personenorientierten. Er trifft Entscheidungen, moderiert Gruppen und ist gleichzeitig ein Mitglied davon. Er kümmert sich um politische Fragen, in die das Projekt involviert ist, hat Spezialistenwissen und vertritt es nach aussen. Innerhalb der Institution, für die er aktiv ist, übernimmt er die Funktionen eines Arbeitgebers, Unternehmers, Kulturvermittlers und Pragmatikers. Interaktionen nimmt er als Führungsperson, Bürger, Wissensvermittler, Berater, Schlichter, Mitarbeiter und Emotionsarbeiter war. Bei den funktionsorientieren Rollen stehen Aufgaben wie Planer, Krisenmanager, Netzwerker, Organisator, Innovator, Controller, Visionär und Stratege im Vordergrund. Eine Analyse der Tätigkeiten zeigt, dass vor allem die funktionsorientierten Rollen von KI betroffen sind. Aufgaben in den Bereichen Controlling (Finanzen, Reporting, Lieferumfang- …) und Planung (Finanzen, Ressourcen, Termine- …) lassen sich am einfachsten durch KI optimieren. Diese Aktivitäten hinsichtlich der Arbeitslast zu quantifizieren, ist nicht zielführend, obwohl einige Autoren das versucht haben [7, 8]. Projekte sind zu verschieden, um dies seriös zu messen. Beispielsweise kann der Aufwand für Stakeholdermanagement in einem Projekt minimal sein, da es kaum Widerstände gibt, in einem anderen verursacht es den Großteil davon. Ähnliches gilt für die sonstigen Aktivitäten. Diese hängen vom projektspezifischen Kontext ab. Trotz dieser fehlenden Möglichkeit zur genauen Quantifizierung ist festzuhalten, dass eine Entlastung bei den Tätigkeiten stattfindet, die bei den funktionsorientierten Rollen angesiedelt sind. KI lässt sich bei etlichen Aufgaben einsetzen. Potenzielle Einsatzbereiche sind folgende [9, 10]: • Automatisierung von Routinetätigkeiten: KI-Systeme können alltägliche Aufgaben wie die Erstellung von Statusberichten oder die Aktualisierung von Planungen automatisieren. • Optimierte Entscheidungsfindung: Durch die Verarbeitung grosser Datenmengen kann KI helfen, genaue und aktuelle Informationen bereitzustellen. Sie ist in der Lage, Muster in Daten zu erkennen, die menschlichen Betrachtern möglicherweise entgehen, und unterstützt damit eine bessere Entscheidungsfindung. • Risikomanagement: Durch das Analysieren historischer Projektdaten kann KI Muster identifizieren und Risiken vorhersagen, die dem menschlichen Auge verborgen bleiben. Sie kann präventive Massnahmen priorisieren und planen und sie kann Eintrittsindikatoren tracken. • Interaktive Dashboards und Berichterstattung: KI-unterstützte-Dashboards können Daten in Echtzeit interpretieren und Vorhersagen treffen. Sie ermöglichen eine dynamische Anpassung an zukünftige Herausforderungen und bieten detaillierte Einblicke in spezifische Projektbereiche. • Unterstützung bei der Projektplanung: KI kann aus Daten vergangener Projekte lernen und Empfehlungen für die Struktur und den Zeitplan zukünftiger Vorhaben geben. Abbildung 1: Projektleiterrollen, adaptiert nach [6] Wissen | Neue Perspektiven für Projektleiter 30 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 02/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0028 • Chatbots für administrative Aufgaben: Chatbots können in Projektmanagement-Tools integriert werden, um repetitive Arbeiten wie die Meeting-Organisation, das Versenden von E-Mails und die Freigabe von Prozessschritten zu übernehmen. Wichtige Helfer sind dabei Projektmanagementsoftware, Datenanalyse-Tools und Chatbots [11]. Durch die Optimierung von Aktivitäten, die bereits heute möglich sind, entstehen Freiräume, die Projektleiter für andere Tätigkeiten aufwenden können. Außerdem ist davon auszugehen, dass Softwareanbieter Lösungen entwickeln, die spezifische Projektmanagementanforderungen erfüllen, die weit über ChatGPT-Requests hinausgehen. Daher sind für die Zukunft noch stärkere Entlastungen zu erwarten. 3. Themenfelder Es ist nicht neu, dass der Erfolg von Projekten wesentlich von Soft Skills abhängig ist. Die steigende Bedeutung von interkulturellem Management, Konfliktmanagement, Kreativität, Motivation und partnerschaftlichem Arbeiten ist in den letzten Jahren stärker in das Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt [12]. Wer sich die häufigsten Gründe für das Scheitern von Projekten anschaut, findet die Themen «Schlechte Kommunikation» und «Unklare Anforderungen und Ziele» auf den Spitzenplätzen [13]. Projektleiter sind zukünftig mit neuen Methoden, Altersgruppen und Technologien konfrontiert. Die technischen Aspekte sind herausfordernd, lassen sich aber mit einer ausreichenden Fachkompetenz bewältigen. Kritischer ist das Zusammenspiel zwischen Menschen. Babyboomer bis zur Generation Z arbeiten zusammen, demnächst kommen die Alphas hinzu (ab Jahrgang 2010). Jede davon hat unterschiedliche Lebensmodelle, die es zu integrieren gilt. Agile Ansätze sind auf dem Vormarsch, die sich durch Flexibilität in komplexen Umfeldern auszeichnen [14]. Was bei diesen Vorgehensweisen häufig vergessen geht, sind Soft Skills. Methoden wie Scrum und SAFe fokussieren stark auf den Delivery Prozess und die Ergebnisentwicklung. Welche weichen Faktoren begleitend zu beachten sind, nimmt dabei weniger Bedeutung ein. Deshalb ist es bei vielen agilen Projekten der Fall, dass parallel ein Projektleiter beschäftigt wird. Hinzu kommen Entwicklungen wie KI, die einen weiteren Veränderungsschub im Projektumfeld mit sich bringen. Eine Fokussierung auf Soft Skills, wie sie in der IPMA Competence Baseline in den Kompetenzbereichen «Menschen» und «Kontext» beschrieben sind, ist notwendig [15]. Themen wie Führung, Offenheit, Wertschätzung, Strategie, Kultur und Werte sind Themen, denen sich Projektleiter verstärkt annehmen müssen. Daher sind hier exemplarisch einige aufgeführt, die zukünftig an Bedeutung gewinnen. Menschen führen Für Projektleiter ist eine Aufgabe, die Kommunikation gegenüber allen Stakeholdern. KI kann die Automatisierung von repetitiven Tätigkeiten übernehmen, beispielsweise das Versenden von E-Mails, die Erstellung von Protokollen und die Analyse von grossen Datenmengen. Noch gelingt es KIs nicht, Personen einzuschätzen. Welche Präferenzen diese haben und was für Reaktionen bestimmte Kommunikationsinstrumente auslösen, müssen Menschen herausfinden. Des Weiteren ist zu prüfen, wie der Wissensstand aussieht und ob eine positive Grundhaltung vorhanden ist. All diese Elemente sind vor der Ansprache zu berücksichtigen. So bevorzugt eine Person ein Treffen, während die andere ein Protokoll als Informationsquelle erwartet. Eine andere wichtige Rolle spielt im Projekt das Konfliktmanagement. Mitarbeiter, Auftraggeber, Lieferanten, Kunden, etc. sind potenzielle Verursacher von Konflikten. KI hat die Möglichkeit mit themenbezogenen Analysen zu unterstützen. Bei der frühzeitigen Evaluation, vor allem in den Phasen vor der Eskalation, hilft ein Projektleiter. Seine Aufgabe ist es, diese zu erkennen und zu beseitigen, bevor diese eskalieren. Hier sind Fähigkeiten gefragt, die bei Konsensfindungen, Verhandlungen oder Problemlösungen helfen. Beim Änderungsmanagement unterstützt KI bei Analysen, genauso wie bei der Aktualisierung der Planung und Aufwandschätzung. Schwerpunkt ist dabei das Management von Terminen und Ressourcen. Diese harten Fakten sind notwendig, um den Impact abzuschätzen. Anders sieht es bei den soften Faktoren aus. Eine Veränderung hat eine weitere Dimension. Sie kann für Menschen Konsequenzen haben, beispielsweise durch neue Prozesse, die Teamzusammensetzung oder Anforderungen an das Know-how. Projektleiter müssen daher Empathie für ihr Team und die Stakeholder entwickeln, um darauf angemessen zu reagieren [16]. Abbildung 2: Neufokussierung im Kontext der IPMA Baseline Wissen | Neue Perspektiven für Projektleiter 31 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 02/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0028 Projektkontext managen Projekte stellen ein unverzichtbares Instrument für Organisationen dar, um ihre strategischen Ziele zu verwirklichen. Sie transformieren abstrakte Strategien in konkrete, umsetzbare Initiativen, indem sie eine klare Struktur für Planung, Durchführung und Operationalisierung bieten. Durch die gezielte Zuweisung von Ressourcen wie Zeit, Geld und Personal ermöglichen Projekte eine effiziente Nutzung von Ressourcen, um maximale Ergebnisse zu erzielen. Darüber hinaus fördern sie die interdisziplinäre Zusammenarbeit zur Erreichung von Zielen. KI unterstützt hier bei der Entwicklung von Szenarien, Prognosen und Analysen, genauso wie bei der Überwachung von kritischen Erfolgsfaktoren und Key Performance Indicators. Projektleiter müssen kulturelle und strukturelle Aufgaben übernehmen und im Kontext der Unternehmensstrategie geeignete Priorisierungen vornehmen, die es erlauben, Vision und Mission der Organisation zu berücksichtigen. Das Thema Compliance beschreibt im Projektmanagement, welche Vorgaben zu beachten sind. Branchenspezifische Normen, unternehmensinterne Regularien oder gesetzliche Vorschriften sind einzuhalten. KI-Systeme können grosse Mengen von Projekt- und Compliance-Daten analysieren, um sicherzustellen, dass alle Aspekte den geltenden Regelungen entsprechen. Durch die Automatisierung dieser Überprüfungen lassen sich Fehler reduzieren und der Zeitaufwand für manuelle Kontrollen verringern. Der Projektleiter ist notwendig, um diese Informationen kritisch zu validieren. Vorschriften sind an spezifische Situationen anzupassen, so dass ein pragmatisches Arbeiten möglich ist. Eine Übererfüllung von Vorgaben behindert Projekte durch unnötigen Aufwand. Eine zu geringe Beachtung führt zu Risiken und Problemen. In Interaktion mit dem Management ist es Projektleiteraufgabe, hier die richtige Granularität zu entwickeln. Die Interessen der verschiedenen Stakeholder zu managen, ist prinzipiell mit KI möglich. Durch die Analyse von Dokumenten, Mails, Social Media, Umfragen, etc. entstehen Resultate. Allerdings dürften diese mit Lücken versehen sein, da meist nicht alles Relevante zugänglich ist. Mit Predictive Analytics lassen sich Verhaltensweisen prognostizieren. Der Projektleiter hat die Aufgabe, diese zu interpretieren und angemessen darauf zu reagieren. 4. Lernfelder KI führt zu neuen Herausforderungen und Anforderungen, die ein Projektleiter zu bewältigen hat. Er muss fähig sein, KI-generierte Analysen zu interpretieren, inklusive deren Begrenzungen. Kritisches Denken und ein gutes Verständnis von Technologien sind daher notwendig. Bewertung von Informationen Kritisches Denken umfasst einen systematisch reflektierten Prozess, welcher sich durch die Aneignung und die Anwendung von Methoden der Informationsbeschaffung und Auswertung auszeichnet. Es beinhaltet die Fähigkeit zur Entscheidungsfindung und zur Bewertung von Wissen. Dieser Denkprozess stützt sich auf rationale Verfahren, die sich nachvollziehbar beschreiben lassen [17, 18]. Vor dem Hintergrund eines verstärkten KI-Einsatzes, dürfen Projektleiter Informationen nicht unkritisch übernehmen. Diese sind hinsichtlich Logik, möglichen Fehlern und der Herkunft zu hinterfragen, um dann daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Daten können problematisch sein, deren Qualität ist zu prüfen, auf denen KI-Analysen basieren. Daher ist es notwendig, ein Bewusstsein für kognitive Verzerrungen zu entwickeln. Menschen neigen zu Bestätigungsfehlern, bei denen sie nach Informationen suchen, die bestehende Überzeugungen stützen. Ankereffekte führen dazu, dass Entscheidungen auf Basis von anfänglich präsentierten Fakten verankert werden, während Rahmungseffekte die Entscheidungsfindung durch die Art der Präsentation beeinflussen [20]. Wenn ein Projektleiter mit KI konfrontiert ist, sollte er unterschiedliche Blickwinkel einnehmen, beispielsweise die von Stakeholdern, um zu hinterfragen, ob die gelieferten Informationen zielführend sind. Abhängig von der Perspektive entstehen neue Einsichten, die eine KI kaum vollständig abbilden kann. Fachkompetenz gewinnt an Bedeutung, eine reine methodische Projektführung ist nicht mehr ausreichend. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Projektgegenstand ist zwingend. Die Zusammenarbeit mit Experten hilft, um KIgenerierte Informationen zu hinterfragen. Abbildung 3: Datenqualität, adaptiert nach [19] Wissen | Neue Perspektiven für Projektleiter 32 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 02/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0028 KI-Kompetenz Insgesamt zeigt sich, dass kritisches Denken im Kontext der KI nicht nur die Fähigkeit umfasst, Informationen zu analysieren und zu bewerten, sondern zusätzlich ein Verständnis für die Grenzen und potenziellen Verzerrungen der KI verlangt. Dies ist wichtig, da KI-Systeme in der Lage sind, komplexe Aufgaben zu übernehmen, aber nicht über die menschliche Tiefe des Bewusstseins verfügen. KI-Systeme haben das Problem, dass sie Wissen halluzinieren, wenn es nicht vorhanden ist. Erkennt der Projektleiter das nicht, sitzt er falschen Analysen auf, zieht daraus die falschen Schlüsse und trifft unter Umständen Fehlentscheide. Weitere Probleme sind fehlerhafte und unvollständige Daten, Fehlinterpretationen, Generalisierungen, Halluzination etc. Häufig werden KI-Modelle irrtümlich als fehlerfrei betrachtet, obwohl sie Verzerrungen in den Trainingsdaten oder durch Modellbegrenzungen anfällig für Fehler sind. KI-Systeme, die auf Deep-Learning basieren, agieren wie eine „ Black Box “ mit mangelnder Transparenz, was das Verständnis ihrer Arbeitsweise und Entscheidungsfindung erschwert. Projektleiter müssen sich mit den Limitierungen von KI auseinandersetzen und deren Funktionsweise verstehen. Nur so ist sichergestellt, dass sie bereitgestellte Informationen richtig interpretieren. 5. Fazit KI wird zukünftig ein wichtiges Arbeitsmittel im Projektmanagement sein. Bei zahlreichen Aufgaben entstehen Möglichkeiten, die Effizienzsteigerungen und Erkenntnisgewinne mit sich bringen. Gerade die Sammlung von Informationen und die Analyse davon war zentral für das klassische Projektmanagement, da Entscheide und Ergebnisse darauf basierten. Projektleiter müssen sich intensiv mit KI-Tools beschäftigen, da die neue Technologie traditionelle Aufgaben verändert. Hier liegt der Fokus neben dem Verständnis der Technologie auf deren Limitierungen, um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Noch sind viele Tools umständlich und nicht ergiebig. Dies wird sich schnell ändern. Projektleiter sollten darauf vorbereitet sein. KI übernimmt langweilige und mühsame Aufgaben. Gleichzeitig entstehen Freiräume. Diese gewonnene Zeit gilt es zu nutzen. Die Interaktion mit Menschen wird einen größeren Raum einnehmen und es bleibt mehr Zeit für Kreativität und Innovation genauso wie für strategische Aufgaben. Der Beruf entwickelt sich weiter und wird spannender. Projektleiter können sich darauf freuen. Literatur [1] Skandul, Emil (2023): Verlierer der Künstlichen Intelligenz: 13 Jobs, die es bald wohl nicht mehr geben wird, Business Insider, Link: https: / / www.businessinsider. de / wirtschaft / kuenstliche-intelligenz-diese-jobs-wirdes-in-zukunft-nicht-mehr-geben/ (Stand 19. Januar 2024). [2] Siepermann, Markus (2024): Künstliche Intelligenz (KI), Gabler Wirtschaftslexikon Online, Link: https: / / wirtschaftslexikon.gabler.de / definition / kuenstliche-intelligenz-ki-40 285 (Stand 20. 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Auflage, Verlag Franz Vahlen, Link: https: / / www.buchreport.de / news / pp-wie-steuert-man-ein-projekt/ (Stand 20. Januar 2024) [7] Wanner, Roland (2021): Wer ist der Projektcontroller und was macht er? Link: https: / / rolandwanner.ch / der-projektcontroller-was-macht-er/ (Stand 20. Januar 2024) [8] Perjohann, Horst (2024): Der Projektmanager. Aufgaben und Verantwortlichkeiten, Link: https: / / www.peterjohannconsulting.de / projektmanager/ (Stand 30. Januar 2024) [9] Hecker Consulting (2024): Projektmanagement und Künstliche Intelligenz (KI)- - Möglichkeiten und Anwendungen. Projektmanagement im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz (KI)- - Potenziale, Ideen und Beispiele, Link: https: / / www.hco.de / blog / projektmanagement-undkunstliche-intelligenz-ki-moglichkeiten-und-anwendungen (Stand 23. Januar 2024) [10] Treffenstädt, David (2024): KI im Projektmanagement. Chance oder Risiko? Link: https: / / www.assure.de / artikel / ki-im-projektmanagement (Stand 23. Januar 2024) [11] Tiba.de (2024): Die Rolle der KI Projektmanager in modernen Projekten, Link: https: / / www.tiba.de / ki-projektmanager-ueberblick-tbs/ (Stand 25. Januar 2024) [12] Steeger, Oliver (2002): PM-Studie: Den «Soft Skills» gehört die Zukunft, Projektmanagement 4 / 2002 [13] GPM (2007): Jährliche Studie der GPM und PA Consulting seit 2004 Link: https: / / www.projektmagazin.de / fuenf-Erfolgsfaktoren (Stand 24. Januar 2024) [14] Oetter, Alexandra (2018): Bitkom-Umfrage sieht agiles Projektmanagement auf dem Vormarsch, Link: https: / / www.melaschuk-medien.de / aktuelles / technonews / techno-news-details / bitkom-umfrage-sieht-agiles-projektmanagement-auf-dem-vormarsch.html (Stand 30. Januar 2024) [15] VZPM und SPM (2016.): Swiss Individual Competence Baseline (swiss.ICB4) Version 4.0 Domäne Projektmanagement, Link: https: / / www.vzpm.ch / fileadmin / dokumente / downloads / Deutsch / swiss.ICB4_PM_DE.pdf (Stand 6. 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Kognitive Verzerrungen, Link: https: / / www.spektrum.de / news / kognitive-verzerrungen-viele-denkfehlerfolgen-demselben-prinzip / 2 135 787 (Stand 30. Januar 2024) Eingangsabbildung: generiert mit KI © StockWorld-- stock. adobe.com Dr. Frank Liebermann Dr. Frank Liebermann hat an der Charles Sturt University in Australien promoviert. An der Universität Konstanz studierte er Informations- und Verwaltungswissenschaften. Mehr als 30 Jahre arbeitete er als Projekt-, Programm- und Portfoliomanager in verschiedenen Großunternehmen. Aktuell ist er als Studiengangsleiter an der Privaten Hochschule Wirtschaft (PHW) in Bern tätig. Dr. Frank Liebermann Max-Daetwyler-Platz 1 CH-3014 Bern frank.liebermann@phw.ch Die neue Buch-Reihe aus der Kooperation von UVK und der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Die Reihe behandelt insbesondere neue Fachthemen und neue Herangehensweisen in der Projektmanagementpraxis. Dabei steht der konkrete Nutzen für die praktische Anwendung im Vordergrund. Leser: innen dürfen sich sowohl auf einen Wissenszuwachs als auch Tipps für den Praxisalltag freuen. Bestellen Sie unter www.uvk.de . Projektmanagement neu denken Anzeige