eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 35/2

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2024-0029
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2024
352 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Vorgehensmodell für Business-Analytics-Projekte – ein hybrider Ansatz aus klassischen und agilen Methoden

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2024
Julia Hollwedel
Peter Preuss
Der Beitrag stellt ein Vorgehensmodell für Business-Analytics-Projekte vor, das mit Hilfe von Data Science Experten entwickelt wurde. Bei diesem hybriden Modell werden agile und klassische Projektmanagement-Methoden kombiniert. Es gliedert sich in eine Definitions-, Implementierungs- und Produktphase, wobei jede Phase spezifische Aktivitäten und Ziele umfasst. Der Ansatz betont die Bedeutung von Proof of Concept (PoC) und Minimum Viable Product (MVP) in der frühen Projektphase, um Unsicherheiten bezüglich der Datenqualität und Projektumsetzung zu adressieren.
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34 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 02/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0029 Vorgehensmodell für Business-Analytics- Projekte-- ein hybrider Ansatz aus klassischen und agilen Methoden Julia Hollwedel, Peter Preuss Für eilige Leser | Der Beitrag stellt ein Vorgehensmodell für Business-Analytics-Projekte vor, das mit Hilfe von Data Science Experten entwickelt wurde. Bei diesem hybriden Modell werden agile und klassische Projektmanagement- Methoden kombiniert. Es gliedert sich in eine Definitions-, Implementierungs- und Produktphase, wobei jede Phase spezifische Aktivitäten und Ziele umfasst. Der Ansatz betont die Bedeutung von Proof of Concept (PoC) und Minimum Viable Product (MVP) in der frühen Projektphase, um Unsicherheiten bezüglich der Datenqualität und Projektumsetzung zu adressieren. Schlagwörter | Business-Analytics-Projekte, Hybrides Modell, Agile Methoden, Klassische Methoden, Proof of Concept (PoC), Minimum Viable Product (MVP) 1. Einleitung Die Analyse von Daten und das evidenzbasierte Lösen betriebswirtschaftlicher Problemstellungen kann Unternehmen zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil führen. Bei diesen Business-Analytics-Projekten ist zu Projektbeginn häufig nicht absehbar, welche Informationen und Muster in den Daten stecken und in welche Richtung sich das Projekt entwickeln wird. Dennoch ist ein strukturiertes Vorgehen notwendig und es muss die Bereitschaft gegeben sein, solche Projekte abzubrechen, sollten die Daten nicht das gewünschte Ergebnis erzielen. In diesem Beitrag wird ein Vorgehensmodell vorgestellt, das mithilfe verschiedener Experten aus den Bereichen Business Analytics und Data Science entwickelt wurde. Bei diesem Ansatz handelt es sich um ein hybrides Modell, das aus agilen und klassischen Projektmanagement- Bestandteilen besteht. 2. Business Analytics Vorgehensmodell 2.1 Überblick Das Vorgehensmodell lässt sich in eine Definitions-, eine Implementierungs- und eine Produktphase unterteilen. Jede Phase beinhaltet verschiedene Aktivitäten, die linear oder iterativ durchgeführt werden (siehe Abbildung 1). Die Definitionsphase gliedert sich in eine Ideen- und eine Spezifikationsphase. Ziel der Ideenphase ist es, ausgehend von einem bestimmten Bedürfnis oder einer Herausforderung des Unternehmens oder eines Fachbereiches, Anforderungen für eine Projektidee zu sammeln. In der darauffolgenden Spezifikationsphase geht es um die Bewertung der Ideen und um die Erarbeitung eines eindeutigen Zielbildes, welches für die weitere Projektplanung und -umsetzung genutzt werden kann. Auf die Definitionsphase folgt die Implementierungsphase. In einem ersten Proof-of-Concept (PoC) wird eine technische Machbarkeitsanalyse durchgeführt. In dieser Phase werden die Datenquellen angebunden, die Daten aufbereitet, der Markt nach einer fertigen Lösung durchsucht und eine erste Analyse durchgeführt bzw. ein erstes Modell gerechnet. Am Ende dieser Phase wird das Zielbild bestätigt, angepasst oder abgelehnt. Nach dem PoC ist die Erstellung eines Minimum Viable Products (MVP) das nächste Ziel. Die Implementierungsphase wird in Experimenten durchgeführt, an deren Ende jeweils eine neue Produktversion mit Inkrementen entsteht. In dieser Phase sollte möglichst iterativ gearbeitet werden, damit die Datenlösung schrittweise verbessert werden Wissen | Vorgehensmodell für Business-Analytics-Projekte 35 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 02/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0029 kann. Die Experimente werden so lange durchgeführt, bis das Zielbild erreicht ist. Hierbei ist es sinnvoll, eindeutige Erfolgskriterien festzulegen und diese kontinuierlich zu erheben, um so die Erreichung der Ziele messbar zu machen. In der abschließenden Produktphase liegt der Schwerpunkt auf dem Betrieb des Produktes. Ist der Nutzen des Produktes nicht mehr vorhanden, sollte das Produkt zurückgebaut werden. Die drei Phasen sind durchlässig, sodass Erkenntnisse beispielsweise für die Detaillierung der Projektziele fließen können. Aus der Produktphase kann bei auftretenden neuen Anforderungen auch wieder in die Implementierungsphase gewechselt werden. Im Folgenden werden die Definitions- und die Implementierungsphase genauer beschrieben. 2.2 Definitionsphase Ausgangspunkt der Ideenphase ist das Vorhandensein eines Grundes oder einer Motivation für ein Business-Analytics- Projekt. Die in dieser Phase beteiligten Personen versuchen, unterschiedliche Lösungswege für ein bestehendes Problem aufzuzeigen. Dabei beinhaltet diese Phase nicht die Bewertung der Lösungswege, sondern stellt eine kreative Herangehensweise und die Überlegung dar, wie mithilfe von Daten und Modellen bestimmte Bedürfnisse erfüllt oder vorhandene Herausforderungen und Probleme gelöst werden können. Typischerweise stammt eine Projektidee aus dem Fachbereich des Unternehmens, der mithilfe eines Datenprojektes einen Mehrwert schaffen möchte. Für das Projekt sollte möglichst genau spezifiziert werden, worin der Wert des Projektes liegt und mit welchen Metriken dieser gemessen werden kann. Dies können monetäre Größen wie die Steigerung des Umsatzes aber auch Kunden-Metriken wie die Verbesserung der Kundenbindung sein. Der Erfolg eines Projektes kann zudem in der Verbesserung eines Prozesses liegen, sodass z. B. Zeit eingespart wird. Auch die Skalierbarkeit einer Lösung wirkt sich auf den Wert einer Lösung aus. Wird eine Lösung z. B. zunächst nur für einen kleinen Teil der Daten entwickelt und lässt sich flexibel auf weitere Datenmengen anwenden, hat dies einen positive Auswirkung auf den Geschäftswert. Um kreative Ideen zu sammeln, eignet sich eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Abbildung 2: Zielbild eines Business-Analytics-Projekts als Ergebnis der Spezifikationsphase Abbildung 1: Vorgehensmodell für Business-Analytics-Modelle Wissen | Vorgehensmodell für Business-Analytics-Projekte 36 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 02/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0029 Fachbereich und den Projektverantwortlichen. Ideen können beispielsweise in einem gemeinsamen Workshop diskutiert werden. Methoden, die kreative Ideen fördern wie beispielsweise Brainstorming, Event Storming oder Design Thinking, können Anwendung finden. Nach der Ideenphase folgt die Spezifikationsphase. Hier werden die Projektidee oder mehrere Projektideen bewertet und erste Ziele sowie Anforderungen definiert. Die Priorisierung der Ideen kann beispielsweise anhand von Aufwand und Nutzen erfolgen. Projekte mit geringem Aufwand und großem Nutzen sollten priorisiert werden. Das Ergebnis dieser Phase ist ein mit den involvierten Parteien abgestimmtes Zielbild. Um die Bewertung zu objektivieren, sollten einheitliche Merkmale evaluiert werden. Das Zielbild beinhaltet die folgenden Elemente (siehe Abbildung 2): • Projektziel (Wozu? ): Im Zentrum des Zielbildes steht das Projektziel. Die Frage, die hier beantwortet werden soll, ist die nach dem Zweck des Projektes: Welche Herausforderung kann mit dem Projekt gelöst werden? Oder welche Veränderung bewirkt die Umsetzung des Business- Analytics-Projektes? Beispiele für Projektziele sind Umsatzgenerierung/ -sicherung, Kostenreduktion, Prozessverbesserung, Steigerung der Kundenzufriedenheit. Das Ziel des Projektes sollte auf die Strategie des Unternehmens einzahlen. Das Projektziel oder die Projektziele sind typischerweise auf einen Zeitraum von drei bis sechs Monate ausgerichtet. • Vision: Die Ziele, die darüber hinausgehen und langfristiger ausgerichtet sind, beschreiben die Projektvision. Die Vision ist inspirierend und weniger konkret als die Ziele. • Projektumfang (Was und was nicht? ): Entscheidend ist neben den Projektzielen und dem Projektumfang auch festzulegen, welche Ziele nicht enthalten sind und damit im Projekt zunächst nicht angegangen werden. • Erfolgs- und Abnahmekriterien (Wie gut? ): Bei der Formulierung des Projektziels sollten Erfolgskriterien berücksichtigt werden. Es sollte ermittelt werden, woran sich der Projekterfolg und die Wertschöpfung im Projekt erkennen lassen. Dies sollte eine messbare Größe sein. Beispielsweise soll durch das Projekt eine bestimmte Umsatzsumme erzielt werden oder die Optimierung eines Prozesses spart eine gewisse Zeit ein, die wiederum für andere Tätigkeiten im Unternehmen genutzt werden kann. • Stakeholder und / oder Auftraggeber (Für wen? ): Als Teil des Zielbildes sollte auch ermittelt werden, wer Nutzer des Projektes ist und wer von dem Projekt darüber hinaus als Stakeholder betroffen ist. Dies kann beispielsweise auch das interne Team sein. Nur wenn diese relevanten Parteien bekannt sind, kann das Projekt so durchgeführt werden, dass die Nutzer oder Stakeholder am Ende vom Projekt profitieren und sich eine Veränderung ergibt. 2.3 Implementierungsphase Nach der Definitionsphase folgt die Implementierungsphase. Diese sollte mit einem PoC beginnen, um die Machbarkeit des Projektes und die Umsetzung der festgelegten Ziele zu validieren. Fällt dieser positiv aus, folgt die Entwicklung des MVP und das Projekt wird anschließend schrittweise weitergeführt und das Produkt bzw. die Lösung entwickelt, um letztendlich die festgelegten Ziele zu realisieren. 2.3.1 Proof of Concept und weitere Projektspezifizierung Die PoC-Phase beinhaltet die Validierung der Projektidee. In einem PoC sollte die wichtigste Annahme, die einem Projekt zu Grunde liegt, überprüft werden. Hierfür sollte der Umfang dieser Fragestellung möglichst klein gehalten werden, auf einen oder wenige Teilaspekte fokussiert sein und mit den Stakeholdern im Projekt abgestimmt werden. Nur wenn diese Überprüfung positiv ausfällt, kann das Projekt weitergeführt werden. Ist das Projekt beispielsweise darauf ausgelegt, eine bestimmte Größe wie den Absatz eines Produktes vorherzusagen, könnte für einen PoC eine Datenbasis aus der Vergangenheit zu Grunde gelegt werden und anhand dieser Daten ein erstes Modell trainiert und evaluiert werden. Bereits vor diesem Test sollten die Projektverantwortlichen überlegen, mit welcher Güte die Vorhersage mindestens gelingen muss. Kann der Test diese Güte annähernd erfüllen, ist dies ein Zeichen, das Business-Analytics-Projekt fortzuführen. Gelingt es auch nach einiger Zeit nicht, den Absatz mit der Nutzen und Ziele Entwicklung der Lösung Kosten und Aufwand Daten Ergebnisse Risiken Welches Problem soll gelöst werden? Erfolgskriterien Stakeholder u. Nutzer Projektscope Datenaufbereitung, explorative Analyse Marktlösung? Eigenes Modell Evaluation Technische Infrastruktur Hardware, Software, Cloud Personal u. Expertise Datenquellen Datenqualität Data Governance Zugriff und Integration Visualisierung Analyse, Report Code, Repository Dokumentation Gesetzlicher Rahmen Datenschutz Compliance Datenverfügbarkeit und -qualität Kosten Aufwand Arbeitspakete Zeit plan Abbildung 3: Spezifizierung des Projektes nach Abschluss des PoCs Wissen | Vorgehensmodell für Business-Analytics-Projekte 37 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 02/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0029 erwarteten Güte vorherzusagen, sollte das Projekt abgelehnt werden. Darüber hinaus wird die Business-Analytics-Lösung in dieser Phase weiter konkretisiert und spezifiziert. Abbildung 3 veranschaulicht in einem Projekt-Canvas die Projektfaktoren, die am Ende der PoC-Phase definiert sein sollten. Stellt sich in der PoC-Phase heraus, dass das Projekt nicht umsetzbar ist, sollte das Projekt abgelehnt werden. Alternativ sollten die Projektziele angepasst werden. In diesem Fall würde das Projekt wieder in die Definitionsphase zurückversetzt und es werden neue Ziele definiert. Die PoC-Phase kann die Bildung eines ersten Prototyps eines Produktes beinhalten. Ein Prototyp kann beispielsweise ein Dashboard sein, was die Ergebnisse des Modells bereitstellt oder ein Mockup einer Nutzeroberfläche. Dies kann für die Veranschaulichung des Projektes helfen oder Projektsponsoren überzeugen, dass das Projekt sinnvoll ist. Die Bildung eines Prototyps ist jedoch in der PoC-Phase nicht zwingend notwendig. Die PoC-Phase sollte linear durchgeführt werden, es ist aufgrund ungewisser Faktoren nicht sinnvoll, iterativ und in fest geplanten Sprintzyklen zu arbeiten. Bestimmte Komponenten müssen erst aufgebaut werden. Dies ist beispielsweise die Anbindung der Daten oder der Aufbau der Infrastruktur. Es bietet sich in der Explorationsphase daher ein Kanban- Ansatz an, bei dem die Arbeitspakete flexibel abgearbeitet, verfeinert und definiert und dann bearbeitet werden können. Die Durchführung des PoCs führt dazu, dass die nächsten Entwicklungsschritte im Projekt planbar sind. So lassen sich nach dieser Phase die Aufwände für eine erste Produktversion, das MVP und weitere Entwicklungsschritte in gewissem Maße abschätzen. Diese Entwicklungsschritte sollten dokumentiert werden und befüllen den Produkt-Backlog für die weitere Entwicklung der Lösung. Abbildung 4: Datenexperiment 2.3.2 Minimum Viable Product Nach der Durchführung eines PoC zur Entscheidungsfindung bietet sich ein iteratives Vorgehen an, und das MVP-Konzept sollte angewendet werden. Ein MVP erfüllt die Mindestanforderungen und Grundfunktionalitäten einer zu entwickelnden Lösung und kann damit den beabsichtigten Nutzen vermitteln. Um das MVP entwickeln zu können, sollten zu Beginn die notwendigen Anforderungen definiert werden. Die MVP-Phase beinhaltet die typischen Phasen eines datenbasierten Projektes. Hierzu zählen die Integration der primären Datenquellen, die Datenvorverarbeitung. Des Weiteren beinhaltet die MVP- Phase die Entwicklung eines initialen Modells, dessen Evaluation und die erstmalige Bereitstellung. Das MVP als initiale Produktversion sollte allen relevanten Stakeholdergruppen und vor allem den Nutzern präsentiert werden. So werden die Stakeholder aktiv in den Produktentwicklungsprozess eingebunden und das Entwicklungsteam kann vom Feedback profitieren. Das Feedback wird verwendet, um die weitere Projektplanung zu adaptieren und zu spezifizieren. 2.3.3 Iterative Weiterentwicklung mithilfe von Experimenten Die Entwicklung eines MVPs erlaubt die Einbeziehung der Kunden und Nutzer und sichert die Möglichkeit, wertvolles Feedback für die weitere Entwicklung der Business Analytics Lösung zu erhalten. Um weitere Versionen der Lösung zu entwickeln, sollte ein inkrementelles und iteratives Vorgehen in einer agilen Arbeitsweise verwendet werden. Ein inkrementelles Vorgehen erlaubt es, die Planung und Produktentwicklung schrittweise zu verfeinern. Ein Inkrement ist eine neue Version eines Produktes und ein Zwischenschritt, um die Produktziele zu erreichen. Ein Inkrement baut auf den vorherigen Versionen eines Produktes auf und funktioniert mit diesen zusammen. In einem iterativen Vorgehen gibt es festgelegte Zyklen, die sich typischerweise über einen Zeitraum von zwei bis vier Wochen erstrecken. Am Ende einer Iteration können ein oder mehrere Inkremente entstehen, die anschließend vom Nutzer genutzt werden können und einen Mehrwert zur vorherigen Version darstellen. Das iterative Vorgehen ermöglicht ein kontinuierliches Verproben und die Evaluation bestimmter Parameter. Sollte das initial ausgewählte Modell nicht das gewünschte Ergebnis liefern, ist es einfach möglich, die Umsetzung den Erkenntnissen anzupassen. Das Gesamtziel kann in Zwischenziele heruntergebrochen werden, sodass ständig überprüft wird, ob die für das Produktziel festgelegten Erfolgskriterien angenähert oder erreicht werden. Das Verproben verschiedener Parameter kann auch als Experiment bezeichnet werden. Ein Experiment bezeichnet in den Naturwissenschaften eine systematische Methode, um Hypothesen zu testen oder einen kausalen Zusammenhang zu prüfen. Es werden dabei verschiedene Variablen verändert, um zu überprüfen, welche Auswirkungen dies auf die zu untersuchende Variable hat. Ein Experiment sollte möglichst in einer oder wenigen Iterationen durchgeführt werden, sodass bei einer erfolgreichen Durchführung ein neues Inkrement entsteht. Die Durchführung eines Experiments enthält die in Abbildung 4 genannten Phasen. Die Veränderung der Variablen kann sich entweder auf die verwendeten Daten oder das Modell beziehen. Es kann bei- Wissen | Vorgehensmodell für Business-Analytics-Projekte 38 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 02/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0029 Julia Hollwedel Julia Hollwedel hat an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in München Big Data & Business Analytics studiert. Beruflich ist sie als Product Owner bei ProSiebenSat.1 im Bereich AI Products tätig. Prof. Dr. Peter Preuss Prof. Dr. Peter Preuss lehrt Wirtschaftsinformatik an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Stuttgart. Parallel zu seiner Lehrtätigkeit ist Peter Preuss geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung People Consolidated GmbH. spielsweise ein Datenfeld hinzugenommen werden und als Feature in das bestehende Modell fließen. Eine weitere mögliche Anpassung ist das Verändern eines Modellparameters. Es kann auch ein neues Modell ausprobiert werden. Dabei ist wichtig, dass die Veränderung so klein ist, dass diese möglichst in einer Iteration umgesetzt werden kann. Dies ist nur möglich, da bereits beim ersten Experiment auf eine erste Produktversion (MVP) aufgebaut werden kann. In Ausnahmefällen und bei größeren Experimenten können auch mehrere Iterationen darauf verwendet werden. In einem Experiment sollte nur eine Variable verändert werden und die Evaluationsmethoden möglichst gleich gehalten werden, sodass die Beeinflussung des Resultats eindeutig auf eine Größe zurückzuführen ist. Verbesserungen der initialen Lösung sollten so oft wie möglich bereitgestellt werden. Mit zunehmender Verwendung und Reife der Analytics-Lösung kommt neben den Entwicklungsaufgaben auch der Betrieb des Produktes hinzu. Die Experimentierphase im Projekt wird so lange durchgeführt, bis die Ziele erreicht sind. In der anschließenden Produktphase wird die Lösung so lange betrieben bis das Produkt nicht mehr in ausreichendem Maße genutzt wird und die Kosten über dem erzielten Geschäftswert liegen. Ist dies der Fall, sollte das Produkt abgebaut werden, damit die freigewordenen Kapazitäten für andere Projekte genutzt werden können. 3. Resümee Business-Analytics-Projekte zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass eine bestimmte Herausforderung im Unternehmen mit Hilfe von Daten gelöst werden soll und letztlich Wert geschaffen wird. In diesem Beitrag wurde ein Vorgehensmodell für solche Business-Analytics-Projekte vorgestellt. Bei diesem Modell handelt es sich um ein hybrides Modell, das agile und klassische Methoden kombiniert. Zu Beginn eines Business-Analytics-Projekts werden wie in einem klassischen Projekt eine anfängliche Planung und ausführliche Anforderungs- und Zieldefinition durchgeführt. Im Anschluss werden ein PoC und ein MVP entwickelt. Das Vorgehen mithilfe von PoC und MVP ist dann sinnvoll, wenn das Projektvorhaben zu Beginn sehr schwer einschätzbar und die Datenqualität unklar ist. Die anschließende Umsetzung wird iterativ und inkrementell vorgenommen. Das Vorgehensmodell ist nutzbar für mittlere bis kleine Projekte in einem Team von drei bis sieben Personen. Bei sehr großen und komplexen Vorhaben oder bei Projekten, die eine feste Zeitstruktur haben, ist das Vorgehensmodell weniger geeignet. Eingangsabbildung: © iStock.com / metamorworks