PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Einsatzmöglichkeiten und Potenziale
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Frank Liebermann
KI bringt wesentliche Effizienzsteigerungen im PPM mit sich, indem es Prozesse automatisiert. Durch die Analyse von aktuellen und historischen Daten kann es Muster erkennen und Trends prognostizieren. So wird es möglich, frühzeitig Probleme zu erkennen, was proaktive Interventionen ermöglicht. Verbesserungen gibt es auch bei der Entscheidungsfindung, da sich diese durch Daten unterlegen lassen. EDA ist ein statistischer Ansatz zur Entdeckung von Datenmustern und Hypothesenbildung. KI kann EDA zugänglicher machen, indem sie Daten analysiert und Muster erkennt. Die Anwendung von EDA ermöglicht eine realistischere Planung, Trendvorhersagen und die Identifizierung von Projekterfolgsfaktoren.
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43 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 04/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0068 Projektportfoliomanagement mit Künstlicher Intelligenz und Big Data Einsatzmöglichkeiten und Potenziale Frank Liebermann Für eilige leser | KI bringt wesentliche Effizienzsteigerungen im PPM mit sich, indem es Prozesse automatisiert. Durch die Analyse von aktuellen und historischen Daten kann es Muster erkennen und Trends prognostizieren. So wird es möglich, frühzeitig Probleme zu erkennen, was proaktive Interventionen ermöglicht. Verbesserungen gibt es auch bei der Entscheidungsfindung, da sich diese durch Daten unterlegen lassen. EDA ist ein statistischer Ansatz zur Entdeckung von Datenmustern und Hypothesenbildung. KI kann EDA zugänglicher machen, indem sie Daten analysiert und Muster erkennt. Die Anwendung von EDA ermöglicht eine realistischere Planung, Trendvorhersagen und die Identifizierung von Projekterfolgsfaktoren. Schlagwörter | Künstliche Intelligenz im Projektportfoliomanagement, Big Data, technologischer Wandel, Explorative Datenanalyse, Zukunft des PPM 1. Einleitung Die Verwaltung eines Projektportfolios ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Die Komplexität ergibt sich aus verschiedenen Faktoren. Die Gründe liegen in den Abhängigkeiten zwischen den Projekten begründet und den ständigen Veränderungen und Unsicherheiten auf technologischer, prozessualer und organisatorischer Ebene [1]. Künstliche Intelligenz (KI) bietet Potenziale, die sich auf das Projektportfoliomanagement (PPM) auswirken. In den Disziplinen des PPM können signifikante Optimierungen erzielt werden. Warum ist das so? Projektportfolios enthalten eine Vielzahl von Informationen. In der alten Welt wurden diese mit Reportingtools, PPM-Software und Business-Intelligence- Lösungen ausgewertet. Diese Auswertungen erfordern Knowhow, das meist eng mit der spezifischen IT-Landschaft verbunden ist. Gerade in großen Unternehmen mit divisionalen Strukturen, Konzernbereichen oder Silos entsteht eine Komplexität, die nicht gewünscht ist. Ziele des PPM Das PPM verfolgt drei gleichrangige Hauptziele. An erster Stelle steht die strategische Ausrichtung (z. B. Markterweiterung, Produktentwicklung, Digitalisierung), die sicherstellt, dass die Projekte das Unternehmen optimal unterstützen. Der effiziente Einsatz von Ressourcen (Personal, Finanzen, Sachmittel) und die Machbarkeit sind die nächsten Aspekte. Fehlt beispielsweise das Know-how in Form von Mitarbeitern, kann die Umsetzbarkeit gefährdet sein. Das dritte grundlegende Ziel ist die Maximierung des Unternehmenswertes im Sinne des Unternehmenszwecks, z. B. durch die Erwirtschaftung hoher Erträge [2]. Je nach Situation können weitere Kriterien hinzukommen, wie die Identifikation von Synergien, die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit oder die Optimierung des Shareholder Value. Herausforderungen im PPM Unternehmensumfelder und Arbeitswelten sind dynamisch und instabil, Veränderungen bilden die Regel. Die Anzahl der Einflussfaktoren ist merklich gestiegen genauso wie Kundenanforderungen [3]. Damit ein PPM Wirkung erzielt, muss es die Komplexität der Umwelt abbilden. Projektportfoliomanager sehen sich mit drei typischen Herausforderungen konfrontiert. Diese haben technische, organisatorisch-prozessuale oder inhaltliche Ursachen. Technische Limitationen haben ihre Basis häufig in der fehlenden Integration von Systemen, Daten und Prozessen. Dieses Problem ist oft bei Großunternehmen anzutreffen. Jede Organisationseinheit baut eine eigene Infrastruktur mit Software, Datenformaten und Schnittstellen auf und optimiert Wissen | Einsatzmöglichkeiten und Potenziale 44 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 04/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0068 sich. Eine Integration ist dann meist schwierig. Es entstehen Inkonsistenzen, die zu einer mangelnden Datenqualität und zu uninformierten Entscheidungen führen. Hinzu kommt, dass die zunehmende unternehmerische Komplexität zu einer wachsenden Datenmenge führt, die ohne den Einsatz von Technologie schwer zu bewältigen ist [4]. Portfolios sind dynamische Konstrukte, die sich nicht in festen Zyklen planen lassen [5]. Da ein PPM in die Prozesse eines Unternehmens eingebunden ist, führt eine fehlende Abstimmung zu Problemen (Finanzen, Beschaffung, Produktentwicklung), da das Portfolio die unternehmerische Realität nicht oder verspätet abbildet. Ein weiteres Problem stellen heterogene Bereichsportfolios und unterschiedliche Projekttypen dar. Die Aggregation gestaltet sich schwierig, da sie auf verschiedenen Daten basieren, die von den spezifischen Anforderungen der Projekte und den angewandten Methoden abhängen (ein Bauprojekt benötigt andere Daten als ein IT-Projekt). Die Entwicklung einheitlicher Metriken und Strukturen ist herausfordernd. Oftmals bilden sie den kleinsten gemeinsamen Nenner. Die Steuerungsmöglichkeiten sind limitiert. Entscheidungsträger werden mit Informationen konfrontiert, die kaum Mehrwert bieten. Inhaltliche Mängel bestehen, wenn eine gute Informationsqualität nicht vorhanden ist. Diese lässt sich mit den Kriterien (Genauigkeit, Objektivität), Kontext (Relevanz, Vollständigkeit), Repräsentation (Interpretierbarkeit, Format) und Zugänglichkeit charakterisieren [6]. Damit eine PPM-Akzeptanz erreicht wird, muss es Daten liefern, die diesen Anforderungen genügen. Fehlen einzelne Attribute (z. B. Vollständigkeit oder Aktualität), fehlt der Mehrwert. KI bietet Möglichkeiten, die Effizienz und Effektivität des PPM zu verbessern. Sie kann Probleme lösen, indem sie bekannte Prozesse automatisiert und Zusammenhänge durch explorative Datenanalysen aufdeckt. Fragestellung Dieser Text zeigt auf, welche Chancen die Explorative Datenanalyse (EDA) und Big Data in Kombination mit KI liefern. Anschließend wird die Frage beantwortet, was für KI Einsatzmöglichkeiten im PPM vorhanden sind und wie es bei der Bewältigung der Portfolioaufgaben helfen kann. 2. Explorative Datenanalyse und Big Data EDA ist ein Ansatz in der Statistik, der darauf abzielt, die Hauptcharakteristika von Datensätzen zu entdecken, Muster Abbildung 1: Datendimensionen [adaptiert nach (7)] Abbildung 2: Machine Learning im PPM zu erkennen, Anomalien zu identifizieren und Theorien für weitere Analysen zu bilden, bevor man spezifische statistische Modelle anwendet. Im Gegensatz zu konfirmatorischen Datenanalysen, die vordefinierte Hypothesen testen, ist die EDA offen und sucht nach dem, was die Daten offenbaren, ohne vorher festgelegte Vermutungen. Sie dient als Werkzeug am Anfang des Analyseprozesses, um ein besseres Verständnis für die Datenstruktur zu gewinnen, fehlende Werte oder Datenfehler zu erkennen und relevante Fragen zu entwickeln [7]. Dies ermöglicht nicht nur ein tieferes Verständnis von Projektzusammenhängen, sondern auch eine realistischere Planung des Aufwands unter Einbeziehung historischer Daten. Die Auswertung großer Datenmengen erleichtert das Erkennen von Mustern. Die Entstehungs- und Verarbeitungsgeschwindigkeit beschreibt die Velocity. In zahlreichen Anwendungen ist Echtzeitverarbeitung erforderlich, um schnelle Entscheidungen zu ermöglichen. EDA und KI können tagesaktuelle Analysen erstellen und bei Trendvorhersagen helfen, die das Portfolio widerstandsfähiger gegen Marktentwicklungen oder interne Herausforderungen machen. Variety steht für Datenvielfalt. Die Integration verschiedener Datenquellen (Finanzsysteme, Projektplanungstools, Berichte, Zeiterfassung) ermöglicht eine umfassendere Sicht auf das Projektportfolio und unterstützt Auswertungen, die über klassische Metriken hinausgehen. Veracity stellt die Konsistenz und Richtigkeit der Daten sicher. Da Informationen oft erst spät im Finanzsystem verarbeitet werden, führen Portfoliomanager eine Schattenbuchhaltung, die nicht mit den Werten in den IT-Sys- Wissen | Einsatzmöglichkeiten und Potenziale 45 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 04/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0068 temen übereinstimmt, obwohl diese die Realität besser abbilden. Solche Daten kann KI integrieren. Value beschreibt den Mehrwert. Es geht darum, greifbare Vorteile zu generieren, wie beispielsweise Kosteneinsparungen, Effizienzsteigerungen und eine verbesserte Projektleistung. Variabilität erklärt Schwankungen und Veränderungen, die in den Daten auftreten, sei es durch saisonale Entwicklungen oder andere externe Einflüsse. Visualisierung hat zum Ziel, Daten in eine Form zu bringen, die für das Erkennen von Mustern, Trends und Zusammenhängen entscheidend ist. Visualisierungstools können dabei helfen, komplexe Daten in verständliche Diagramme und Dashboards umzuwandeln, die die Entscheidungsfindung unterstützen. Machine Learning als Teildisziplin der KI macht EDA-Statistik Laien zugänglich, da sie die Arbeit im Hintergrund erledigt. Sie kann Datensätze aus abgeschlossenen, laufenden und geplanten Projekten aus unterschiedlichen Quellen (Umfang, Datenmenge) analysieren. Der große Mehrwert der explorativen Datenanalyse liegt in der kombinierten Anwendung der 7V (vgl. Abb.2). Die meisten Erkenntnisse ergeben sich aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Elemente. Clusteranalysen können neue Zusammenhänge aufdecken. Dies ermöglicht es Managern, erfolgreiche Projektmerkmale zu identifizieren und das Wissen auf zukünftige Projekte zu übertragen. Ebenfalls lassen sich wiederkehrende Fehler entdecken und eliminieren. Die Bildung von Projektclustern hilft die risikoreichen von sicheren Projekten zu separieren. Darauf basierend lässt sich das Ressourcenmanagement optimieren, genauso wie das Tracking von Risiken und der Einsatz eines Controllings. 3. KI Einsatz im PPM Die nachstehende Grafik zeigt die wesentlichen Grundfunktionen des PPM. Dabei bilden sie einen Regelkreis, der sich wechselseitig beeinflusst. Hier sind exemplarisch die wichtigsten Disziplinen dargestellt, in denen KI einen Mehrwert bringen kann. Demandmanagement Primäres Ziel des Demandmanagements ist die Ausrichtung von Projekten und Initiativen auf die strategischen Unternehmensziele. Dabei muss es den Bedarf erkennen und typische Verbrauchsmuster identifizieren [8]. Der Prozess beginnt mit der systematischen Erfassung aller Anforderungen an Projekte und Technologien. Jede Anfrage wird hinsichtlich ihrer Ziele, Nutzen, Kosten und Ressourcen dokumentiert. Es folgt eine Bewertung anhand definierter Kriterien [9]. Ein Element des Demandmanagements ist der Genehmigungsprozess. Hier geben Entscheidungsträger Vorhaben frei, die in das Portfolio kommen. Darüber hinaus spielt die Ausbalancierung des Portfolios eine Rolle. Bestreben ist, eine ausgewogene Mischung von Projekten. Risiko, Ertrag, strategische Bedeutung und Ressourcenverfügbarkeit sind zu beachten. KI kann die systematische Erfassung und Dokumentation von Anträgen unterstützen, indem sie große Datenmengen aus unterschiedlichen Quellen analysiert und relevante Informationen extrahiert. Durch den Einsatz von Natural Language Processing (NLP) ist es möglich, Projektdokumente automatisch zu analysieren und zu kategorisieren. Dies reduziert den manuellen Aufwand und verbessert die Datenqualität. Ebenfalls kann KI Simulationen und Analysen erstellen, um die optimale Zusammensetzung des Projektportfolios zu ermitteln und auszubalancieren. Die Fähigkeit, verschiedene Szenarien zu modellieren und deren Auswirkungen zu untersuchen, hilft Unternehmen, bei der Entscheidungsfindung. Damit verbunden ist der Genehmigungsprozess. Durch die automatisierte Bewertung von Projekten anhand definierter Kriterien können KI-Systeme Vorschläge unterbreiten, welche prioritär sind (siehe Priorisierung). Ebenfalls kann KI historische und aktuelle Daten analysieren. Durch die Prognose von Trends, Marktbedingungen und internen Anforderungen, können Organisationen Ressourcen und Kompetenzen rechtzeitig bereitstellen. Priorisierung Für die Projektpriorisierung bestehen unterschiedliche Möglichkeiten. Zuerst ist eine Differenzierung nach Muss (gesetz- Abbildung 3: Grundfunktionen des PPM Wissen | Einsatzmöglichkeiten und Potenziale 46 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 04/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0068 liche Vorgaben, Einhaltung von Normen) und Kann (Produktentwicklung, Umsatzsteigerung) vorzunehmen [10]. Da die Muss-Projekte nicht zur Diskussion stehen, erfolgt in einem folgenden Schritt die Priorisierung der verbleibenden. Hier sind verschiedene Kriterien relevant. Für den wirtschaftlichen Nutzen sind Amortisationszeit, Umsatz, Gewinn oder Kosten zu betrachten. Strategische Themen sind Beiträge zur Unternehmensstrategie, Wettbewerbsvorteile, Kostensenkungen, Kundenzufriedenheit und Reputationsgewinn. Weitere Merkmale beziehen sich auf die Machbarkeit von Projekten, z. B. die Verfügbarkeit von Ressourcen, Technologien und Know-how. Als letztes Cluster lässt sich prüfen, ob Probleme entstehen, wenn das Projekt nicht realisiert wird, z. B. in Form von Verlust von Marktanteilen, erhöhten Risiken oder Imageverlust [10, 11]. Die Fülle an Kriterien für die Priorisierung erzeugt eine hohe Komplexität. Machine Learning und Deep Learning sind in der Lage, aus großen Datenmengen Muster zu erkennen, die für Menschen nicht ohne weiteres sichtbar sind. Ein gewichtiger Einflussfaktor sind historische Daten. So wissen erfahrene PPM-Mitarbeiter oft, welche Projekte risikobehaftet sind, ob ein Projektleiter für das Thema geeignet ist oder ob kommunizierte Finanzzahlen erreichbar sind. Dieses Know-how lässt sich oft nicht mit Fakten belegen, weshalb diese Informationen unter den Tisch fallen. KI-Systeme können aus vergangenen Projekten lernen und Hypothesen verifizieren und diese mit Daten begründen. Auf dieser Basis lassen sich Priorisierungsstrategien kontinuierlich optimieren. Hier ist menschliches Eingreifen notwendig, um die relevanten Daten aus den Clustern zu extrahieren und eine Relevanzbewertung vorzunehmen. Der Mehrwert für die Priorisierung ist beträchtlich. Durch die grössere Datenvielfalt ergeben sich neue Prognosemöglichkeiten und eine Entlastung der PPM-Mitarbeiter durch die Automatisierung. Ressourcenmanagement Das Ressourcenmanagement muss eine optimale Balance zwischen überlappenden Projekten finden und gleichzeitig die Verfügbarkeit der richtigen Ressourcen sicherstellen [12]. Das Ressourcenmanagement arbeitet eng mit dem Demandmanagement zusammen, um die benötigten Mitarbeiter, finanziellen Mittel, Ausrüstungen, Technologien und Räumlichkeiten zu beschaffen. Im nächsten Schritt ist der spezifische Bedarf zu erheben, sprich Art, Menge und Zeitraum, in dem die Ressourcen zum Einsatz kommen. Diese sind den Projekten zuzuordnen. Die Projekte sind zu diesem Zeitpunkt idealerweise priorisiert, sodass die wichtigen Projekte bei der Ressourcenzuteilung die höchste Priorität haben. Während der Projektlaufzeit ist ein Monitoring erforderlich, das bei Planabweichungen Anpassungen vornimmt. Da Aktualisierungen meist über Statusberichte erfolgen, sind einmal freigegebene Ressourcen häufig blockiert. Grund dafür sind verspätete oder fehlende Informationen. Hier KI kann von Nutzen sein. Wenn der Ressourcenbedarf mit den bestehenden abgestimmt ist, lassen sich Szenarien bilden, mit dem Ziel einen optimalen Mitteleinsatz zu gewährleisten. Ebenfalls ist es möglich aufzuzeigen, welche Ressourcen über- oder unterlastet sind und was bei einer Umpriorisierung geschieht. Ein weiterer Vorteil ist die Prognose des zukünftigen Bedarfs. Anhand von Projekten in der Pipeline lässt sich der Einsatz besser planen. Es können bei Engpässen automatisierte Beschaffungsaufträge erfolgen, die für die Bereitstellung der Ressourcen zum benötigten Zeitraum sorgen. Risikomanagement Im Gegensatz zum Risikomanagement auf Projektebene, das sich auf spezifische Risiken innerhalb eines einzelnen Projekts konzentriert, betrachtet es auf Portfolioebene die aggregierten Risiken über alle Projekte hinweg. Es gilt sicherzustellen, dass das Portfolio als Ganzes seine Ziele erreicht und zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens beiträgt [13]. Dazu ist eine portfolioübergreifende Risikoidentifikation notwendig, die eine Analyse auf finanzieller, operativer und strategischer Ebene durchführt und interne und externe Faktoren berücksichtigt. Themen sind strategische, finanzielle oder operationale Risiken [14]. In der Bewertung sind diese hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und ihres Einflusses auf das Portfolio qualitativ und quantitativ zu prüfen. Die Bewertung bildet die Grundlage für die Priorisierung. Darauf aufbauend sind Maßnahmen zu formulieren und ein Tracking ist zu etablieren. KI kann die Datenmenge analysieren und Zusammenhänge aufdecken. Interdependenzen zwischen Projekten können das Gesamtrisikoprofil des Portfolios erhöhen oder verringern. Eine Bewertung auf Portfoliobasis ermöglicht die Gestaltung eines ausgewogenen Portfolios, das die Unternehmensziele unterstützt und die Risiken minimiert. Auf dieser Basis ist es möglich Risikocluster zu bilden, um den gewünschten Mix aus risikoreichen und risikoarmen Projekten zu erhalten. KI kann bei der Entwicklung von Kriterien helfen, die aufzeigen, wann ein Projekt zu stoppen ist. Durch den Abgleich von historischen mit aktuellen Projektdaten lassen sich Muster entdecken, die Aufschluss über den Erfolg eines Projekts geben. Darauf basierend entstehen Vorhersagemodelle, die kontinuierlich lernen und sich weiterentwickeln. Der Vorteil von KI-Analysen ist, dass diese frühzeitig während der Projektlaufzeit entstehen. Darauf basierend lassen sich Maßnahmen definieren oder Empfehlungen zum Abbruch aussprechen. Frühzeitige Interventionen sind möglich, und nicht erst, wenn das Projekt offensichtliche terminliche oder finanzielle Probleme hat. Controlling Das Controlling überwacht den Fortschritt und die Performance der Projekte und des Portfolios. Dazu gehört die Überprüfung von Meilensteinen, die Einhaltung von Budgets und Zeitplänen sowie die Bewertung der Qualität der Projektergebnisse. Das macht es möglich, Probleme frühzeitig zu identifizieren und Korrekturmaßnahmen einzuleiten. Das Controlling liefert Berichte über den Status des Portfolios, einschließlich Leistungsindikatoren, Risikostatus und Ressourcenverbrauch. Dies ermöglicht es den Entscheidungsträgern, informierte Entscheidungen zu treffen und es entsteht eine Kultur der Transparenz. [15] KI kann die Projektdaten in Echtzeit analysieren, inklusive den Zeitplänen, der Budgets, der Ressourcennutzung und den Fortschrittsberichten. Machine-Learning-Modelle erlauben es Trends in den Daten aufzudecken, die für das menschliche Auge nicht offensichtlich sind. Dies gibt eine bessere Einsicht in die Performance jedes Projekts und des Portfolios. Ebenfalls ist es möglich, kontinuierlich den Fortschritt der Projekte zu überwachen und Abweichungen von den geplanten Zeit- Wissen | Einsatzmöglichkeiten und Potenziale 47 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 04/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0068 plänen, Budgets und Leistungszielen zu erkennen. Durch die frühzeitige Identifizierung solcher Werte können Projektmanager proaktiv Maßnahmen ergreifen, um Projekte wieder auf Kurs zu bringen, bevor kleinere Probleme zu größeren Herausforderungen werden. 4. Fazit Die Anwendung der 7V in der EDA und KI ermöglicht es, Zusammenhänge besser zu verstehen und zu kommunizieren. Die Kombination dieser Elemente erzeugt neue Erkenntnisse, die es Managern ermöglichen, erfolgreiche Projektmerkmale zu identifizieren, Fehler zu eliminieren, das Ressourcenmanagement und das Risikotracking zu optimieren. Proaktive Handlungen werden frühzeitig möglich, was dem Scheitern von Projekten vorbeugt. Die Integration von KI in Unternehmensprozesse bietet weite Vorteile. Durch die Automatisierung manueller Prozesse im Demandmanagement, der Priorisierung, im Ressourcen- und Risikomanagement sowie im Controlling lassen sich Effizienz und Genauigkeit im PPM steigern. Gleichzeitig erlaubt es die Analyse großer Datenmengen durch KI Muster und Trends zu erkennen, was die Entscheidungsfindung verbessert. Darüber hinaus ermöglicht KI eine frühzeitige Identifizierung von Problemen in Projekten, was eine proaktive Intervention ermöglicht, um negative Auswirkungen zu minimieren. Die verbesserte Qualität der Entscheidungen trägt dazu bei, Unternehmensziele effektiver zu erreichen. Die Kombination traditioneller Analysemethoden mit KI-gestützten Ansätzen wie der EDA kann zusätzlich neue Erkenntnisse generieren und zu kontinuierlichen Verbesserungen beitragen. Insgesamt unterstützt die Integration von KI in Unternehmensprozesse eine effizientere und zielgerichtete Arbeitsweise. Durch die Nutzung von KI kann das PPM proaktiver, präziser und anpassungsfähiger gestaltet werden, was zu einem effizienteren Management und besseren Projektergebnissen führt. Insgesamt wird sich die Aufgabe des Projektportfoliomanagers verändern. KI erleichtert die Bewältigung von administrativen Aufgaben, vor allem im Bereich der Datenpflege und -analyse. Steuernde Aufgaben gewinnen an Bedeutung, was eine Aufwertung des PPMs in Unternehmen mit sich bringt. Literatur [1] Blichfeldt, Bodil Stilling & Pernille Eskerod (2008): Projectportfoliomanagement-There’s more to it than what management enacts. In: International Journal of Project Management 26.4 (2008): 357-365. [2] Lappi, Teemu; Aaltonen, Kirsi & Kujala, Jaakko (2019): Project governance and portfolio management in government digitalization. Transforming Government: People, Process and Policy, 13(2), 159-196. [3] Stephan, Mario (2015): Enterprise Performance Management: Grundlagen, Bestandteile und Anwendungszyklus, 21-35. In: Andreas Klein & Mario B. Stephan (Hrsg): Enterprise Performance Management, Haufe. [4] Bues, Joachim (2019): IT-Unterstützung im Projektportfolio-Management. Projektportfolio-Management: Strategisches und operatives Multi-Projektmanagement in der Praxis, 2019, S. 153-168. [5] Sterrer, Christian (2014): Das Geheimnis erfolgreicher Projekte: Kritische Erfolgsfaktoren im Projektmanagement-Was Führungskräfte wissen müssen, Springer. [6] Wang, Richard Y.& Strong, Diane M. (1996): Beyond accuracy: What data quality means to data consumers. Journal of management information systems, 1996, 12(4) S. 5-33. [7] Mayer-Schönberger, Viktor & Cukier, Kenneth (2013). Big Data: A Revolution That Will Transform How We Live, Work, and Think. Houghton Mifflin Harcourt. [8] Kleiner, Fritz (2023): IT Service Management: aus der Praxis für die Praxis. MITP. 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Anschrift: Dr. Frank Liebermann Max-Daetwyler-Platz 1 CH-3014 Bern frank.liebermann@phw.ch
