eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 35/4

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2024-0078
0923
2024
354 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

spm intern

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Stefan Ruchti
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70 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 04/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0078 Aus den DACH-Verbänden | spm intern 24. spm. Frühjahrstagung in Zürich Stefan Ruchti, Leiter spm.stammtisch Bern Am 6. Juni 2024 fand im Papiersaal Zürich die 24. Frühjahrstagung unter dem Motto Future Skills- - die Projektwelt von morgen statt. Nach der Begrüssung durch die spm-Präsidentin Ingrid Giel und den Moderator Jos. Linssen begann die Tagung mit einem faszinierenden Vortrag von Georges T. Roos, einem der führenden Schweizer Zukunftsforscher und Gründer des Zukunftsinstituts ROOS Trends & Futures. Mit seinen Kernaussagen „Megatrends und Transformationen: Die richtigen Skills für die Arbeitswelt von morgen müssen zu den künftigen Herausforderungen passen» betonte Georges T. Roos, dass Megatrends langfristige und weitreichende Entwicklungen sind, die global spürbar sind. Sie helfen dabei, zukünftige Veränderungen zu erkunden und bieten somit eine verlässliche Prognose zukünftiger Entwicklungen und deren Projekte. Georges T. Roos erläuterte, basierend auf UN-Projektionen, dass die Weltbevölkerung bis 2050 auf 9,7 Milliarden und bis 2100 auf 11,2 Milliarden anwachsen wird. Die Wachstumsraten variieren erheblich zwischen den Kontinenten: Asien wird bis 2050 um 22 %, die Amerikas um 28-31 % und Afrika um 120 % zulegen. Europa hingegen erwartet einen Bevölkerungsrückgang von 10 %. In Nordamerika wird die Zahl der 25bis 65-Jährigen bis 2040 um 21 Millionen steigen, während in Europa ein Rückgang um 16,5 Millionen prognostiziert wird. In den Ländern südlich der Sahara wird für dieselbe Altersgruppe ein Anstieg auf 500 Millionen erwartet. Die Alterung der Bevölkerung ist ein globales Phänomen, das besonders außerhalb Afrikas ausgeprägt ist. Laut den Vereinten Nationen wächst die Gruppe der über 60-Jährigen am schnellsten und umfasst derzeit 960 Millionen Menschen weltweit. Prognosen zufolge wird diese Zahl bis 2030 auf 1,4 Milliarden und bis 2050 auf 2,1 Milliarden ansteigen. Hauptursachen sind die sinkende Geburtenrate und die steigende Lebenserwartung. Georges T. Roos propagierte ebenfalls den Megatrend einer zunehmenden Transparenz in verschiedenen Bereichen. Diese umfasst die Offenlegung von Daten, Strukturen, Prozessen und Interessen und entspricht den Forderungen eines wachsenden Teils der Weltöffentlichkeit. Viele Länder haben das Öffentlichkeitsprinzip für staatliche Tätigkeiten eingeführt, wobei alles offengelegt werden muss, was nicht als vertraulich oder geheim erklärt ist. Whistleblower geniessen vermehrt gesetzlichen Schutz, und internationale Organisationen wie die OECD und die EU bekämpfen die Steuervermeidung multinationaler Firmen. Die Öffentlichkeit fordert auch von NGOs und Unternehmen zunehmende Offenlegung ihrer Prozesse und Interessen. In der Forschung und Wissenschaft setzen sich die Prinzipien „open data“, „open access“ und „open source“ durch. Transparenz ist ein Teil der Internetkultur, wird jedoch oft ohne die direkte Zustimmung der Betroffenen praktiziert, da Nutzer auf sozialen Medien viele persönliche Informationen preisgeben und durch Internetnutzung „gläsern“ werden. Zudem führt die Markttransparenz zu einer besseren Vergleichbarkeit von Angeboten und der Bewertung von Produkten und Dienstleistungen durch Kunden. Georges T. Roos diskutiert neue Möglichkeiten zur Veränderung von Pflanzen und Lebewesen sowie die Verschmelzung von Lebewesen mit Technologien. Er betont, dass dies zu einem Megatrend führen könnte, den er als „Bio-Transformation“ bezeichnet. Marcel Ursprung von der Zürcher Kantonalbank stellte erst die provokative These auf, dass Projektleiter und Projektleiterinnen möglicherweise überflüssig geworden seien, was im Publikum für Unbehagen sorgte. Er widersprach dieser These dann aber und betonte in seinem Vortrag „Mit agilen Berufsbildern in die Zukunft“ die Notwendigkeit, die Rolle des klassischen Projektleiters zu erweitern. Statt die Position abzuschaffen, sollen die Fähigkeiten eines modernen Projektleitenden in Richtung „Agile Leader Management“ ausgebaut werden, einschließlich Kompetenzen eines Scrum Masters, Product Owners oder Agile-Coachs. Soft Skills wie emotionale Intelligenz, Kommunikation, Teamarbeit und Konfliktmanagement gewinnen an Bedeutung, da sie entscheidend für den Projekterfolg sind. Emotional intelligente Projektmanager und Projektmanagerinnen werden als effektive Führungskräfte angesehen, die motivierte und engagierte Teams leiten können. Silvio Moser sprach über das Thema „Agiles Chaos: mit oder ohne PM? “. In der agilen Welt verliert die Rolle des Projektmanagers an Bedeutung. Moser, Mitbegründer von Xebia Switzerland (ehemals SwissQ), hat die Einführung von Agile intensiv miterlebt und begleitet. Als Coach und Trainer hat er Einblicke in zahlreiche Projekte verschiedener Branchen und teilte seine wertvollen Erfahrungen mit uns. Er erläuterte, was im agilen Projektmanagement funktioniert und was nicht. Patrick Mollet von Great Place to Work Switzerland teilte mit uns in „Zwischen ChatGPT und 4-Tage-Woche“ seine Erfahrungen mit neuen Formen der Arbeit. Er reflektierte darüber, welche Skills wir für die Arbeitswelt von morgen brauchen werden. Nach einer Mittagspause, die den Teilnehmenden der 24. Frühjahrstagung ein köstliches Mittagessen bot, folgte ein Überraschungsprogramm. Die Bewegungswissenschaftlerin Michèle Mattle erklärte uns, wie wichtig Bewegung für uns alle ist und aktivierte uns nachhaltig nach der Mittagspause. Roman tschäppeler, Teil des Autorenduos Krogerus & Tschäppeler, ist bekannt für seine prägnanten und amüsanten Kolumnen über Arbeits- und Projektalltag. Er erklärte anschaulich verschiedene Entscheidungstypen und -vorgänge, wodurch wir erkennen konnten, was wir individuell und was wir besser gemeinsam entscheiden sollten. Am frühen Nachmittag wurden in zwei Breakout-Sessions die spannenden Themen der Vorträge von Roman Tschäppe- Aus den DACH-Verbänden | 24. spm. Frühjahrstagung in Zürich 71 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 04/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0078 ler, Silvio Moser, Marcel Ursprung und Patrick Mollet reflektiert und aktiv mit den Teilnehmenden der 24. Frühjahrestagung diskutiert. Nach dem offiziellen Abschluss der Tagung gab es ein ausgiebiges Apéro und die Möglichkeit zum weiteren Networken. Mein Fazit aus den Expertenvorträge und dem persönlichen Austausch mit den Teilnehmenden der 24. Frühjahrstagung des spm. lautet: Die 24. Frühjahrstagung des spm. beleuchtete Innovationen wie das Internet der Dinge (IoT), Künstliche Intelligenz (KI), Industrie 4.0 und die agile Transformation, die neue Herausforderungen im Projektmanagement darstellen. Es zeigt sich ein Trend zu stärkerer projektbasierter Arbeit, wobei das Budgetverhältnis sich von 90 % Betrieb und 10 % Veränderung auf 80 % zu 20 % verschiebt. Expertenvorträge gaben wertvolle Einblicke und neue Strategien für erfolgreiches Projektmanagement. Der Austausch mit anderen Teilnehmern ermöglichte wertvolle Kontakte und den Austausch von Best Practices. Es wurde festgestellt, dass in vielen Unternehmen und Verwaltungen organisatorische Kompetenz im Projektmanagement fehlt. Standardisierte Prozesse, Methoden und effektives Portfolio-Management sind oft noch nicht vorhanden, was die optimale Projektmischung und Ressourcenplanung erschweren. Projekte werden häufig nicht auf ihre strategische Relevanz und Durchführbarkeit geprüft. Diese Herausforderungen bieten jedoch auch Chancen zur kontinuierlichen Verbesserung und zum gemeinsamen Lernen innerhalb der Projektmanagement-Community des spm. Die Tagung endete mit dem Ausblick auf zukünftige Veranstaltungen, die weiterhin die Weiterentwicklung und Vernetzung innerhalb der Community des spm. fördern. Vielen Dank an unsere Sponsoren der spm. Frühjahrstagung 2024 Impressionen von der 24. Frühjahrestagung des spm (Bilder von Stefan Ruchti)