PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2024-0089
1216
2024
355
GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Nutzenerwartung und Anwendungsfälle von KI im Projektmanagement
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2024
Helge F. Wildhttps://orcid.org/0000-0002-8835-676X
Agnetha Florehttps://orcid.org/0000-0003-1186-2741
176 Studienteilnehmende lassen uns wissen: KI-Nutzung ist vor allem im Bereich Projektkommunikation angekommen. Nutzende aller Erfahrungsstufen verwenden sie gleichermaßen. Am stärksten wird Kommunikation unterstützt. Gesteigerte Nutzung von KI im Risikomanagement scheint den größten Nutzenzuwachs zu erzeugen. Möglicherweise entstehen Anwendungsrisiken durch Diskrepanzen zwischen Digitalkompetenzen und KI-Anwendung. Junge Leute nutzen KI für andere, diversere Anwendungsfälle als ältere.
Unsere Studie liefert weitere Einblicke in die erfolgreichen und erfolglosen Anwendungsversuche und beleuchtet Herausforderungen für den weiteren Vormarsch der Künstlichen Intelligenz im Projektmanagement. Wichtig ist, mehr über die Art und Weise zu lernen, wie Anwender generative KI nutzen.
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42 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 05/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0089 Nutzenerwartung und Anwendungsfälle von KI im Projektmanagement Helge F. Wild, Agnetha Flore Für eilige Leser | 176 Studienteilnehmende lassen uns wissen: KI-Nutzung ist vor allem im Bereich Projektkommunikation angekommen. Nutzende aller Erfahrungsstufen verwenden sie gleichermaßen. Am stärksten wird Kommunikation unterstützt. Gesteigerte Nutzung von KI im Risikomanagement scheint den größten Nutzenzuwachs zu erzeugen. Möglicherweise entstehen Anwendungsrisiken durch Diskrepanzen zwischen Digitalkompetenzen und KI-Anwendung. Junge Leute nutzen KI für andere, diversere Anwendungsfälle als ältere. Unsere Studie liefert weitere Einblicke in die erfolgreichen und erfolglosen Anwendungsversuche und beleuchtet Herausforderungen für den weiteren Vormarsch der Künstlichen Intelligenz im Projektmanagement. Wichtig ist, mehr über die Art und Weise zu lernen, wie Anwender generative KI nutzen. Schlagwörter | Künstliche Intelligenz, Projektmanagement, KI, AI, Anwendungsfälle von KI Einleitung Möglicherweise auf der Höhe des Hypes angekommen, lohnt es sich, die tatsächlichen Potentiale der Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Projektmanagement genauer anzuschauen. Dies kann helfen zu erkennen, ob die in der Praxis häufig genannten Anwendungsfälle tatsächlich in der Breite bereits erfolgreich angewandt worden sind und welche Projektmanagement-Domänen tatsächlich am meisten profitieren. Ziel der Studie Das Hauptziel dieser Studie war es zu untersuchen, wie Künstliche Intelligenz (KI) im Projektmanagement angewendet wird. Die Studie verfolgte auch Teilziele: Zum einen sollen erfolgreiche und gescheiterte Anwendungsfälle identifiziert werden. Darüber hinaus sollte ein Überblick über genutzte Tools und Anwendungen, die zu KI-Anwendungen gezählt werden können, geschaffen werden. Letztlich sollten Erkenntnisse über die Nutzenerwartung je Projektmanagement-Handlungsgebiet erlangt und der tatsächlichen Nutzung gegenübergestellt werden. Damit soll zum einen ein Beitrag zum allgemeinen Verständnis der Bedeutung von Künstlicher Intelligenz im Projektmanagement geleistet werden. Zum anderen sollen in der Wirtschaftsinformatik bekannte Modelle der Technologieakzeptanz auf ihre Anwendbarkeit in dem spezifischen Fall von Künstlicher Intelligenz im Projektmanagement überprüft und ggf. angepasst und erweitert werden. Technologieakzeptanzmodelle sind vielfach erforscht und erfolgreich darin, die Anwendung von neuen Technologien durch einzelne Personen vorherzusagen [1]. Obwohl einzelne Studien dies nahelegten, sind Konzepte wie Digital- und Datenkompetenz bislang nicht in Modelle der Technologieakzeptanz eingeflossen. Hier soll untersucht werden, ob diese Auslassung im Bereich KI noch sinnvoll ist. Erhebung und Methodik In der Zeit von Februar bis Juni 2024 schalteten wir einen So- SciSurvey-Onlinefragebogen frei. Dieser wurde auf mehreren Veranstaltungen mit Projektmanagement-Bezug, wie Vorträge und Workshops, sowie durch die GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., die SPM Swiss Project Management Association, der PMA Projekt Management Austria sowie den Branchenverband BITKOM (speziell die Arbeitsgruppe Projektmanagement) und Veranstaltungen an anderen Universitäten (z. B. Universität Hamburg) beworben. Wissen | Nutzenerwartung und Anwendungsfälle von KI im Projektmanagement 43 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 05/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0089 Die Fragen wurden in mehreren Workshops von Arbeitsgruppen zum Thema erarbeitet. Wo aus Perspektive der Technologieakzeptanzmodelle oder eigener digitaler Fähigkeiten Fragen gestellt wurden, wurden zuvor publizierte Fragen genutzt und angepasst. Nutzenerwartung wurde stets ausgestaltet als Trias aus Effizienzerwartung, Effektivitätserwartung und Qualitätserwartung [2, 3]. Die Auswertungen erfolgten mit einschlägigen Tools, Programmiersprachen und Bibliotheken, aber gerade im Falle qualitativer Angaben auch KI-gestützt (Modelle von OpenAI, Anthropic, Anwendung von maxQDA). Quantitativ wurde sich beschränkt auf die Errechnung von Korrelationen, die Durchführung einfacher linearer Regressionen, Gruppenvergleiche und likelihood-ratios. Ergebnisse In den Monaten von Februar bis Juni 2024 nahmen insgesamt 176 Teilnehmende an der Online-Studie teil. 120 Teilnehmende schlossen die Umfrage vollständig ab. Die Teilnehmenden wiesen eine breite Spanne an Berufserfahrung auf. Die durchschnittliche Berufserfahrung lag bei 20 Jahren (Median) und reichte bis zu 40 Jahren. Getrennt durch den Median schien es zwei Teilgruppen zu geben, deren Berufserfahrung normal verteilt war, mit Mittelwerten bei 10 bzw. 34 Jahren. Die Stichprobe zeigt auch eine vielfältige Altersverteilung, mit einem Höhepunkt zwischen den Altersgruppen von 36 bis 50 Jahren und einer Abnahme der Häufigkeit bei jüngeren und älteren Altersgruppen. Ebenfalls grob normal verteilt war die spezifische Erfahrung im Projektmanagement. Hier lag die durchschnittliche Erfahrung bei 10 Jahren, mit einem Maximum von 36 Jahren. Die Teilnehmenden der Studie verfügten über unterschiedliche Projektmanagement-Zertifizierungen. Insgesamt gaben 41 Personen an, eine IPMA D-Zertifizierung oder eine vergleichbare Qualifikation zu besitzen. 16 Teilnehmende hatten eine IPMA C-Zertifizierung, 19 eine IPMA B-Zertifizierung und 10 eine IPMA A-Zertifizierung. Ein beträchtlicher Teil der Teilnehmenden (68 Personen) hatte keine Zertifizierung oder beantwortete diese Frage nicht. Die Mehrheit der Teilnehmenden stammt aus dem Bereich Informationstechnologie und Softwareentwicklung (38). Weitere bedeutende Branchen sind das Ingenieurwesen und die Konstruktion (jeweils 26), sowie Bildung und Forschung und Unternehmensberatung, mit jeweils 17 Teilnehmenden. Eine relevante Anzahl (14) gab keine Nennung oder Auswahl einer Branche an. Der Regierungs- und öffentliche Sektor war mit 11 Teilnehmenden vertreten, gefolgt vom Gesundheitswesen und der Pharmazie (7 Teilnehmende) sowie Energie und Umwelt (7 Teilnehmende). Weitere Branchen wie Logistik und Lieferkette (6 Teilnehmende), Produktion und Fertigung (4 Teilnehmende), Finanzdienstleistungen und Bankwesen (2 Teilnehmende), Einzelhandel und E-Commerce (2 Teilnehmende), Telekommunikation (1 Teilnehmer*in), Medien und Unterhaltung (1 Teilnehmer*in) sowie Marketing und Werbung (1 Teilnehmer*in) waren ebenfalls vertreten, jedoch in geringerer Zahl. Die Mehrheit der Teilnehmenden (110 Personen) sind angestellte Projektmanager oder Projektmitarbeitende. 24 Teilnehmende arbeiten freiberuflich auf Kundenprojekten. Ein größerer Anteil (41 Personen) gab an, dass keine der vorgegebenen Kategorien auf sie zutrifft oder beantwortete diese Frage nicht. Die Teilnehmenden der Studie kamen aus Unternehmen unterschiedlicher Größe. Die Mehrheit der Teilnehmenden (60 Personen) arbeitet in sehr großen Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitenden. 41 Teilnehmende gaben an, in kleinen Unternehmen mit 1-50 Mitarbeitenden tätig zu sein. 28 Teilnehmende arbeiten in mittleren Unternehmen mit 51-250 Mitarbeitenden und 22 Teilnehmende in großen Unternehmen mit 251-1.000 Mitarbeitenden. Ein kleiner Anteil von 3 Teilnehmenden gab keine Nennung oder Auswahl bezüglich der Unternehmensgröße an. Abbildung 1: Tatsächliche Nutzungsgründe. Je Nutzungsbereich (1 - 5, 5-= vollkommene Zustimmung zur Aussage „Ich nutze generative KI für eine gesteigerte {Grund} in {Funktion}“), Durchschnittswerte. Wissen | Nutzenerwartung und Anwendungsfälle von KI im Projektmanagement 44 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 05/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0089 Diese Vielfalt spiegelt sich auch im Alter der Unternehmen wider, aus denen die Teilnehmenden stammen. Die Mehrheit der Unternehmen, in denen die Teilnehmenden arbeiten, besteht bereits seit mehr als 25 Jahren (94 Unternehmen). 38 Unternehmen haben ein Alter von 10-25 Jahren, während 15 Unternehmen seit 2-10 Jahren bestehen. 6 Unternehmen sind jünger als 2 Jahre. Nutzung und Nutzenerwartung Die Studienteilnehmenden konnten angeben, in welchem Projektmanagement-Tätigkeitsbereich sie KI anwenden, und aus welcher Absicht heraus: Qualitäts-, Effizienz-, oder Effektivitätssteigerung. Aufgeteilt auf wesentliche Handlungsfelder im Projektmanagement und die Nutzungsgründe „Effizienz“, „Effektivität“ und „Qualität“ sehen wir zunächst ein sehr homogenes Bild (siehe Abb. 1). Grundsätzlich werden generative KI-Werkzeuge in etwa gleich verteilt und aus in etwa gleich lautenden Gründen genutzt. Abbildung 2 zeigt ein leicht abgewandeltes Bild. Hier wird je Nutzungsbereich der Maximalwert der Nutzungsgründe verwendet. So zeigt sich ein erkennbareres Muster davon, wo KI überhaupt zum Einsatz kommt. Hier stellt sich heraus, dass Projektkommunikation der herausragendste Anwendungsfall von generativer KI im Projektmanagement ist. In der Gesamtschau wird die Technologie am wenigsten für die Projektsteuerung und Ressourcenallokation verwendet. Dennoch ist festzustellen, dass in allen Bereichen Teilnehmer angaben, KI zu nutzen. Eine Ableitung der Nutzungsintensität kann aus den Daten nicht gemacht werden, da eine verlässliche Messung beispielsweise der Nutzungsart oder -dauer nicht Bestandteil der Studie war. Die große thematische Vielfalt der Anwendungsfälle (siehe Abschnitte unten) lässt jedoch vermuten, dass genau hier relevante Unterschiede zu finden sind. Diese Unterschiede könnten auch erklären, warum die Lücke zwischen aktuell wahrgenommenem Nutzen und den wahrgenommenen Nutzenpotentialen größer oder kleiner ist. Derzeit zeigt sich, dass die Nutzenpotentiale für Effizienz, Effektivität und Qualität im Projektmanagement noch deutlich vor dem realisierten Nutzen rangieren (Zustimmung, 1-5, zur Aussage „KI kann ein hilfreicher Faktor für {Effizienz-, Effektivitäts-, Qualitäts-}steigerung im Projektmanagement sein.“, Mittelwerte jeweils 4,2; 4,0; 3.8, gegenüber Mittelwert 2.5 zur Aussage „… bereits jetzt Faktor-(…) des Erfolgs“.). Korrelationen und Wahrscheinlichkeiten Kontrollen Die Daten zeigen mehrere bemerkenswerte Korrelationen (grafisch in Abb. 3). Zunächst können wir festhalten, dass potenzielle Kontrollparameter wie Alter, Projektmanagement und Berufserfahrung nicht mit anderen gemessenen Variablen signifikant korrelieren. Wahrnehmung der Nützlichkeit und potenziellen Nützlichkeit Uns interessieren am meisten die Einflüsse auf die wahrgenommene Nützlichkeit von KI im Projektmanagement. Anwendungsfallbezogen gilt: Sie scheint am stärksten beeinflusst zu sein durch die Nutzung von KI für Risiko-Management-Anwendungsfälle (Maximal-Berechnung, s. o.). Projektkommunikation und Scope Management belegen dabei den zweiten und dritten Platz. Im Allgemeinen zeigen jedoch alle Anwendungsfälle im Projektmanagement eine ausgeprägt positive Verbindung mit der wahrgenommenen Nützlichkeit von KI (rmin = 0.43, ravg = 0.5, rmax = 0.57). Nutzungsgrundbezogen gilt: Der aktuell wahrgenommene Nutzen von KI in PM-Anwendungsfällen zeigt schwache bis mäßige Korrelationen mit potenziell erwartetem Effizienz-, Effektivitäts- und Qualitätsnutzen messen (r{ei,ea,qu}=0.3, Abbildung 2: Tatsächliche Nutzungsgründe. Wie Abb. 1, jedoch Maximalwert aus Nutzungsgrund {Effizienz, Effektivität, Qualität} je Befragtem Wissen | Nutzenerwartung und Anwendungsfälle von KI im Projektmanagement 45 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 05/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0089 0.3, 0.37). Dies spiegelt die Unterschiede zwischen Abbildung 1 und 2 oben; Anwender nutzen KI aus ganz unterschiedlichen Erwägungen heraus. Bemerkenswert ist, dass die praktische KI-Nutzung keine sehr ausgeprägte, teilweise sogar gar keine signifikante Rolle für die Einschätzung von Nutzen potentialen spielt. Egal, ob effizienz-, effektivitäts-, oder qualitätsbezogen. Nutzungsabsicht Wie erwartbar, erklärt die aktuelle Nutzung aus Gründen der Effizienz, Effektivität und Qualität jeweils gut die Intention zukünftiger KI-Nutzung. Interessanterweise ist diese Verbindung aber deutlicher ausgeprägt als die zwischen Nutzungsintention und Einschätzung potenziellen Nutzens. Dies ließe sich dadurch erklären, dass mit zunehmender Nutzungsintensität sich kein Desillusionseffekt einstellt und hohe Erwartungen an die Nützlichkeit sich tatsächlich erfüllen. Unter den PM-Anwendungsfällen zeigt die geplante KI-Nutzung die stärkste Korrelation mit der aktuellen KI-Nutzung für Projektkommunikation (r- = 0.43). Projektkommunikation scheint ein verlässlicher Einstiegspfad in die PM-bezogene KI- Nutzung zu sein. Bemerkenswert ist die ausbleibende Korrelation zwischen derzeit wahrgenommenem KI-generierten Nutzen für den Projekterfolg und der Eigenwahrnehmung digitaler Problemlösungskompetenzen. Projektmanager nutzen KI nicht zur Lösung von Problemen, sondern als Werkzeug. Dies werden wir weiter unten noch genauer unter die Lupe nehmen. Tiefergehende Datenanalysen zeigen wichtige unerwartete Zusammenhänge zwischen der Informations- und Datenkompetenz von Individuen und ihrer KI-Nutzung. Personen, die im Vergleich eine niedrigere Selbsteinschätzung im Bereich der Informations- und Datenkompetenz (Suchen und Finden von Informationen) aufweisen, nutzen generative KI 2,3 bis 3,5-mal häufiger in den Bereichen Ressourcenallokation und -kontrolle sowie Umfangs- und Risikomanagement. Dies könnte zum einen bedeuten, dass KI an dieser Stelle bei der Informationsverarbeitung von besonderer Hilfe ist. Zum anderen könnte es aber auch auf ein übermäßiges Vertrauen in KI-generierte Lösungsvorschläge hindeuten. Ähnliche Rückschlüsse lässt folgende Analyse zu: Personen mit selbstattributiert geringen Fähigkeiten in der Speicherung und Organisation digitaler Inhalte fühlen sich 3,4-mal wahrscheinlicher in der Lage, generative KI im Projektmanagement gezielt zur Problemlösung zu nutzen, statt als Werkzeug. Dies legt nahe, dass diese Anwender KI gebrauchen, um ihre Defizite in der Anwendung von Computersystemen zu überkommen. Hier sollten Unternehmen sehr genau hinsehen, wem sie KI als Werkzeug anvertrauen und welche Werkzeuge sie genau zur Verfügung stellen. Leichtfertiger Umgang mit sehr generischen Systemen kann zur Übernahme ungeprüfter Lösungsvorschläge führen, mit möglichen negativen Folgen. Die Nutzer selbst sind aber auch vorsichtig: Skepsis gegenüber KI-Einsatz, mangels Wertschöpfungstiefe oder Vertrauenswürdigkeit, ist bei jenen mehr als doppelt so häufig hoch ausgeprägt, die sich geringe KI-bezogene Informations-, Daten- und Problemlösungskompetenzen zuschreiben. Diese Erkenntnisse liefern wertvolle Hinweise darauf, welche Rolle Digitalkompetenzen bei der KI-Nutzung spielen. Sie betonen die Notwendigkeit für Unternehmen, in Digitalkompetenzen zu investieren, bevor KI-Werkzeuge voreilig und breit verteilt werden. Alternativ müssen Lösungen geschaffen werden, bei denen es entweder weniger auf KI-Mensch-Kollaboration ankommt, sondern bei denen KI-Probleme an sich behoben werden, oder die klare Nutzungsgrenzen und mehr spezifische Kontextinformationen aufweisen. In der Betrachtungsweise der Wahrscheinlichkeiten differenzieren sich nun auch junge (<30) von erfahreneren (>40) Projektmanagern. Sie setzen 1,5bis 2,5-mal wahrscheinlicher KI für die Anwendungsfälle der Ressourcenallokation und Organisation / Steuerung / Koordination ein (Effizienz / Effektivität). Darüber hinaus schätzen sie sich ca. doppelt so häufig als problemlösungskompetent für die Lösung nicht- Abbildung 3: Korrelationsmatrix der gemessenen Konstrukte. Berechnung nach Maximal-Prinzip für Konstrukte der Nutzungsgründe Wissen | Nutzenerwartung und Anwendungsfälle von KI im Projektmanagement 46 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 05/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0089 technischer Probleme in KI-Umgebungen ein. Hier fühlen sie sich also grundsätzlich im Umgang mit der neuen Technologie selbstsicherer. Erfolgreiche und erfolglose Anwendungsfälle Von den 176 Teilnehmenden haben 52 angegeben (ca. 30 %), bereits erfolgreich mit KI gearbeitet zu haben. Auffällig dabei ist, dass nur 11 Personen nur einen Anwendungsfall genannt haben. Bei allen anderen waren es i. d. R. drei Anwendungsfälle aufwärts. Von den 176 Teilnehmenden haben hingegen nur 30 Personen angegeben, auch erfolglos mit KI gearbeitet zu haben. Das heißt es gibt mehr Personen, bei denen Versuche erfolgreich waren, als welche, wo die Versuche der KI-Nutzung gescheitert sind. Aber jeder, der einen erfolglosen KI-Anwendungsfall hatte, hatte auf der Gegenseite auch erfolgreiche Anwendungsfälle. Es gibt also keinen Teilnehmenden, der nur erfolglose KI-Anwendungsfälle gehabt hat und nicht einen Erfolg. Das heißt 58 % der Teilnehmenden, die bereits mit KI- Anwendungsfällen gearbeitet haben, hatten auch erfolglose Anwendungsfälle. Nur bei ca. 42 % der Teilnehmenden haben alle gewählten KI-Anwendungsfälle Erfolg ergeben. Um die Daten besser analysieren zu können und etwaige Muster zu erkennen, haben wir die Anwendungsfälle zuerst kategorisiert. Dabei haben wir sechs Hauptkategorien sondiert, die in Tabelle 1 dargestellt werden. Die Tabelle fasst zusammen und stellt gegenüber, welche KI-Anwendungsfälle im Projektmanagement erfolgreich bzw. erfolglos waren. Dies ermöglicht einen klaren Vergleich und zeigt auf, wo Stärken und Schwächen der KI-Anwendungen liegen. Aus der Analyse der Daten lassen sich im Allgemeinen einige Schlussfolgerungen ziehen. Bei den erfolgreichen KI-Anwendungsfällen zeigt die häufige Erwähnung von Kommunikations- und Dokumentationsaufgaben, dass KI-Tools besonders nützlich für die Erstellung und Optimierung von Texten sind. Dabei sind die Anwendungsfälle sehr vielfältig und decken viele Aspekte des Projektmanagements, der Datenanalyse, der Ideenentwicklung und der technischen Unterstützung ab. Es kann beobachtet werden, dass KI-Tools oft zur Effizienzsteigerung und Automatisierung verwendet werden, was darauf hinweist, dass sie helfen können, Zeit und Ressourcen zu sparen. Ebenso zeigt die Nutzung von KI zur Ideen- und Konzeptentwicklung, dass diese Technologien auch kreative Prozesse unterstützen können. Bei den erfolglosen KI-Anwendungsfällen lässt sich ablesen, dass eine fehlende Integration von KI in interne Systeme und dadurch resultierende Schnittstellenprobleme die effektive Nutzung von Automatisierung und Ressourcenplanung behindern. Ebenso sind die Qualität und Genauigkeit der Präsentationen und Grafiken oft unzureichend, was die Nutzung in professionellen Kontexten erschwert. Logische, rechtliche und technische Probleme sind komplex und erfordern verbesserte Algorithmen sowie mehr Vertrauen und Vertraulichkeitszusagen. Auch Umfangsbeschränkungen und Datenschutzprobleme schränken die Datenanalyse mit KI erheblich ein. Es kann geschlussfolgert werden, dass mangelnde Kompetenz oder Hindernisse in der automatisierten Nutzung generativer KI und schlechte Datenqualität die Nutzung und Effizienz von KI-Anwendungen behindern. Im Folgenden werden wir noch einen detaillierteren Vergleich je Hauptkategorie anstellen. In der Kategorie Kommunikation und Dokumentation lässt sich vergleichend festhalten, dass sich erfolgreiche Anwendungen auf die Erstellung und Optimierung standardisierter Dokumente und Kommunikationsinhalte konzentrieren, während erfolglose Anwendungen oft an der Komplexität und den Sicherheitsanforderungen in der Organisation scheitern. Daraus lässt sich ableiten, dass die Stärke der KI in der Automatisierung und Effizienzsteigerung bei routinemäßigen Kommunikationsaufgaben liegt, während komplexe technische Inhalte und Datenintegration noch Herausforderungen darstellen. In der Kategorie Planung und Risikomanagement zeigen erfolgreiche Anwendungsfälle, dass KI bei der strukturierten und systematischen Planung von Projekten und der Risikominderung gut funktioniert. Im Gegensatz dazu versagen die KI-Modelle oft bei komplexeren Planungsprämissen und der effizienten Ressourcenplanung, was auf die Notwendigkeit besserer Datenintegration und fortschrittlicherer Algorithmen hinweist. In der Kategorie Recherche und Analyse nutzen erfolgreiche Anwendungen die Fähigkeit der KI zur schnellen Verarbeitung und Analyse großer Datenmengen, während erfolglose Anwendungen oft an den technischen Einschränkungen der Datenverarbeitung und den Datenschutzanforderungen scheitern. Dies zeigt die Notwendigkeit, KI-Tools weiterzuentwickeln, um umfangreichere und sicherere Datenanalysen zu ermöglichen. In der Kategorie kreative Aufgaben ist KI bei der Erstellung von einfachen Bildern und Texten erfolgreich, hat jedoch Schwierigkeiten bei der Erfüllung komplexerer kreativer Anforderungen wie detaillierten Animationen und qualitativ hochwertigen Bildern. Dies deutet darauf hin, dass KI-Algorithmen weiter verbessert werden müssen, um anspruchsvollere kreative Aufgaben zu bewältigen. In der Kategorie Kompetenz und Nutzung von KI lässt sich erkennen, dass die erfolgreiche Nutzung von KI stark von der Schulung und Kompetenz der Mitarbeitenden abhängt. Während gut geschulte Teams die Vielseitigkeit der KI effektiv nutzen können, haben unzureichend geschulte Mitarbeitende Schwierigkeiten, das Potenzial der Technologie auszuschöpfen. Dies unterstreicht die Bedeutung von Schulungsprogrammen und der Benutzerfreundlichkeit von KI-Tools. In der Kategorie technische und fachliche Inhalte zeigen die erfolgreichen Anwendungsfälle, dass KI besonders nützlich bei standardisierten und strukturierten Aufgaben ist, die auf klar definierte Daten zurückgreifen, wie bei der Erstellung von Anforderungsprofilen und der Wettbewerbsanalyse. Im Gegensatz dazu scheitert die KI oft bei komplexen technischen Inhalten und präzisen Aufgaben, insbesondere wenn Datenschutzprobleme oder unzureichende Modellierungsfähigkeiten ins Spiel kommen. Um die Potenziale der KI besser zu nutzen, sollten Algorithmen weiter optimiert, Mitarbeitende intensiver geschult und die Integration der KI-Tools in bestehende Systeme verbessert werden. Besonders komplexe Aufgaben sollten in Kombination mit menschlicher Expertise angegangen werden. Genutzte KI-Tools Von den 176 Teilnehmenden haben 43 (ca. 24 %) angegeben, mit welchen KI-Tools sie gearbeitet haben. Es wurden für die Wissen | Nutzenerwartung und Anwendungsfälle von KI im Projektmanagement 47 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 05/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0089 beschriebenen Anwendungsfälle sehr verschiedene Modelle genutzt (ChatGPT, Mistral, MS Copilot usw.), was zeigt, dass die Unternehmen bereits Zugang zu verschiedenen KI-Technologien haben. Personen mit längerer Berufserfahrung (25-40 Jahre) nutzten eine Vielzahl von KI-Tools wie Mistral, Nomic, ChatGPT, DALL-E, MS Copilot und spezialisierte Tools wie Gemini, OpenAI Plugins oder Nele.ai. Dem hingegen nutzten Personen mit weniger Berufserfahrung (< 10 Jahre) eher eine kleinere Bandbreite Tools wie MS Copilot und ChatGPT. Dies kann auch wiederum auf verschiedene Nutzungsarten hinweisen, oder aber von der technischen Vorbildung abhängen. Der benannte Schulungsbedarf der Nutzergruppe älterer Nutzer variiert deutlich. Einige benötigen nur geringes zusätzliches Wissen bei der Prompt-Erstellung oder haben sehr spezifische Fragestellungen. Andere berichten von sehr hohem Schulungsbedarf hinsichtlich des Verständnisses der Funktionsweise von KI und ihrer Algorithmen. Weniger erfahrene Nutzende greifen eher auf etablierte und zugängliche Tools zurück. Nutzende mit moderater Erfahrung melden wiederum einen hohen Bedarf an professioneller Weiterbildung, insbesondere in den Bereichen der Interpretation und dem praktischen Einsatz von KI-Tools. In Summe lässt sich sagen: je spezieller die genutzten KI-Tools, desto spezieller und individueller ist auch der Schulungsbedarf. Auch scheinen die mit dem Einsatz von KI-Tools wahrgenommenen Herausforderungen sehr mit der Berufserfahrung zu korrelieren. Wo die erfahrenen Nutzenden spezielle Herausforderungen wie z. B. die Unzuverlässigkeit der KI-Ergebnisse, dem Machtgewinn bei den Betreibern der KI-Tools und der Notwendigkeit, den organisatorischen Wandel zu bewältigen, um KI effektiv einsetzen zu können, benennen, sind es bei jüngeren Nutzenden auch allgemeinere Herausforderungen, wie der Mangel an Unterstützung für die Umsetzung von KI-Lösungen. Es lässt sich daraus ablesen, dass erfahrene Anwendende i. d. R. größere strukturelle oder technische Herausforderungen sehen, während sich andere auf interne Umstellungen und Unterstützung konzentrieren. Auch der formale Bildungsstand erzeugt kein Muster bei den benannten Schulungsbedarfen. Die Analyse zeigt zum einen, dass KI in bestimmten Bereichen wie der Kommunikation Erfolge zeigt, aber technische und strategische Herausforderungen bestehen bleiben, insbesondere in Bezug auf die Automatisierung komplexer Pro- Hauptkategorie Erfolgreiche Anwendungsfälle Erfolglose Anwendungsfälle Kommunikation und Dokumentation • Erstellung von Stakeholder-Kommunikationsinhalten • Erstellung von Trainingsmaterial • Gesprächsprotokollierung • Zusammenfassung von Texten • E-Mail-Erstellung • Erstellung technischer Inhalte • Prozessanweisungen zur Automation • Zusammenführung von Informationen aufgrund IT-Sicherheitsrichtlinien Planung und Risikomanagement • Optimierung der Work Breakdown Structures (WBS) • Optimierung der Meilensteinplanung • Generierung von Risikominderungsmaßnahmen • Erstellung von Risikoplänen und Checklisten • Modelle nicht in der Lage, Planungsprämissen umzusetzen • Effiziente Ressourcenplanung aufgrund fehlender Schnittstellen und Integration Recherche und Analyse • Durchführung von Rechercheaufgaben • Textanalyse • Erstellung von Anforderungsprofilen • Wettbewerbsanalyse • Umfangsbeschränkungen bei Datenanalyse • Datenschutzprobleme bei Datenanalyse • Schwierigkeiten bei der Extraktion spezifischer Daten aus PDF-Dokumenten Kreative Aufgaben • Generierung von Bildern • Verfassen von Texten und Nachrichten • Erstellung von Präsentationen • Unterstützung bei Brainstorming und Ideengenerierung • Ungenaue und fehlerhafte Bilder • Schwierigkeiten bei der Erstellung komplexer Animationen • Qualitätsprobleme bei generierten Bildern für Präsentationen Kompetenz und Nutzung von KI • Effektive Nutzung von KI durch gut geschulte Mitarbeiter • Vielseitiger Einsatz in verschiedenen Aufgabenbereichen • Mangelnde Kompetenz der Mitarbeiter zur Nutzung generativer KI • Probleme bei der Nutzung spezialisierter Software aufgrund von Komplexität und Kosten Technische und fachliche Inhalte • Unterstützung bei der Erstellung von Anforderungsprofilen • Wettbewerbsanalyse • Generierung von Ideen • Risikomanagement • Textanalyse und Bearbeitung • Schwierigkeiten bei der korrekten Darstellung komplexer technischer Inhalte • Softwareentwicklung bei Kunden aufgrund mangelnder Vertraulichkeitszusagen Tabelle 1: Gegenüberstellung erfolgreicher und erfolgloser KI-Anwendungsfälle Wissen | Nutzenerwartung und Anwendungsfälle von KI im Projektmanagement 48 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 05/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0089 zesse, wie im Ressourcenmanagement. Zum anderen macht die Analyse aber auch deutlich, dass die Auswahlprozesse bei den KI-Tools sowie deren Erfolgskriterien oft nicht klar definiert sind. Der Mangel an klar definierten Kriterienkatalogen für die Auswahl von KI-Tools deutet auf die Unsicherheit vieler Unternehmen hin, wie sie die besten Tools für ihre Bedürfnisse identifizieren sollen. Dies könnte an der Komplexität und Vielfalt der auf dem Markt verfügbaren Tools liegen oder Folge des sehr offenen Lösungsraums sein, den KI-Werkzeuge bieten. Fazit und Diskussion Es ist wenig verwunderlich, dass gerade der Aspekt Projektkommunikation einer der stärksten Anwendungsfälle von Künstlicher Intelligenz ist, ist es doch der einfachste Einstieg in die Arbeit mit KI. Immerhin spielen sich hier die allgemeinen Stärken von generativen Textmodellen wie Zusammenfassung, Fragebeantwortung, Stiltransfer, Formulierungsüberarbeitung besonders wertvoll aus. Das Risikomanagement scheint der Hidden Champion der KI-Nutzung zu sein- - hier wird es interessant werden, die konkrete Nutzungsart von Anwendenden zu untersuchen. Um im Bereich der Projektsteuerung tatsächlich hilfreich zu sein, wird KI „agentischer“ werden müssen. Vermutlich fehlen hierzu jedoch zunächst zu viele Kontextinformationen, wie z. B. über die Organisation, über den Kunden, über die Mitarbeitenden und über die Historie. Auch der Aufbau von Corporate AIs, der sich immerhin schon in sehr großen Unternehmen vollzieht, kann diese Informationen noch nur bedingt beisteuern. Aber vielleicht zeigt sich hier perspektivisch eine Stärke größerer Unternehmen in der Einführung von KI-basierten Methoden, einfach aufgrund von Skaleneffekten. Es lässt sich festhalten, dass der Erfolg der Nutzung von KI- Tools von der Expertise der Mitarbeitenden sowie fortschreitender Daten-, System- und Lösungsintegration abhängt. Wenn diese Herausforderungen in der Organisation adressiert werden, können die Potenziale von KI künftig noch besser genutzt werden. Bereits die qualitative Auswertung der erfolgreichen und erfolglosen KI-Anwendungsfälle hat gezeigt, welche Herausforderungen implizit auf Organisationen zukommen. Dies wurde auch durch die Auswertungen mit den spezifischen Fragen nach Herausforderungen an Datenschutz, Ethik und Sonstiges bestätigt. Denn die Nutzung von KI in Unternehmen stellt erhebliche Herausforderungen in den Bereichen Datenschutz, Ethik und technische Zuverlässigkeit dar. Datenschutzprobleme ergeben sich aus der unkontrollierten Datenverteilung und der Nutzung externer Server, besonders in den USA. Ethische Bedenken betreffen die Verantwortung für Fehlerfolge, diskriminierende Tendenzen in den Trainingsdaten und die Nachvollziehbarkeit von KI-Entscheidungen. Zusätzlich erfordert die erfolgreiche Integration von KI einen organisatorischen Wandel, umfassende Schulungen und die Überwindung von Akzeptanzproblemen bei Mitarbeitenden und Führungskräften. Das heißt Organisationen müssen in Schulung von Weiterbildung der Mitarbeitenden investieren, um deren Kompetenz in der Nutzung von KI-Tools zu erhöhen. Unsere Studie hat gezeigt, dass ein wichtiger erster Schritt ist, einfach mal anzufangen. Wenn künftig in einer Organisation auch komplexere Planungsprämissen beachtet, technische Inhalte erzeugt oder kreative Aufgaben bewältigt werden sollen, müssen vorhandene, generische KI-Lösungen zu spezifischen Lösungen weiterentwickelt werden. Bis dahin ist es den Fähigkeiten und der Virtuosität einzelner Anwender überlassen, wie viel Effektivität und Effizienz diese aus der KI-Nutzung ziehen. Generell zeigt sich in der Studie ein Bild, dass wenige Unternehmen bereits eine klare KI-Nutzungsstrategie verfolgen, erst recht nicht im Projektmanagement. In einer solchen KI-Strategie würden Themen wie Vision und Ziele (Wie kann KI zur Erreichung der Geschäftsziele beitragen? ), Anwendungsfälle (Für welche Anwendungsbereiche soll KI zum Einsatz kommen? ), Datenstrategie (Können Daten aus allen Bereichen ohne Probleme zusammengeführt und genutzt werden? ), Technologie und Infrastruktur (Welches ist für das Unternehmen die geeignete KI-Technologie / Tools, wie sind diese zur Verfügung gestellt und mit vorhandenen Informationen integriert? ), Sicherheit und Datenschutz (Was sind angemessene Maßnahmen zum Cyberschutz und Missbrauch von KI-Systemen? Halte ich die Datenschutzbestimmungen ein? ), rechtliche Aspekte (Werden alle relevanten Gesetze und Vorschriften eingehalten? Muss ich Verträge und Vereinbarung an die Nutzung von KI-Tools anpassen? ), Kompetenz und Schulung (Habe ich KI-Expert*innen im Haus? Wie kann ich meine Mitarbeitenden angemessen schulen? ) sowie Ethik und Compliance (Welche Richtlinien wollen wir im Unternehmen im Umgang mit KI haben? ) adressiert. EU-Regulatorik gibt künftig ja zu Teilen dieser Fragen vor, dass und wie sie adressiert werden müssen. Ausblick Die durchgeführte Studie liefert einige erste Erkenntnisse zur Nutzung von KI im Projektmanagement. Derzeit häufen sich Studien zu diesem Thema und es wird sicherlich noch eine Zeit so bleiben, denn den tatsächlichen Nutzen und die Nutzung von KI im Projektmanagement zu erfassen und zu beschreiben, ist kompliziert. Es ist für künftige Betrachtungen entscheidend, zu erfassen wie intensiv Mitarbeitende KI nutzen, z. B. gemessen in Stunden pro Woche, und wie kompetent, kreativ und virtuos sie dabei sind, zum Beispiel mit Bezug zur Nutzung von Prompting-Techniken, Verknüpfung von Systemen und Informationen etc. Zudem muss nun untersucht werden, wie Mitarbeitende KI in co-kreativen Prozessen, d. h. im besonderen Projektteam-Kontext anwenden und ob ihr Unternehmen eine klare KI-Strategie hat und wie diese umgesetzt wird. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, wie stark Unternehmen die Nutzung von KI regulieren und ob sie ihre Mitarbeitenden aktiv bei der Anwendung von KI unterstützen, oder dies sogar unterbinden. Dabei spielen die Bereitstellung von Ressourcen und kontinuierliche Weiterbildung eine zentrale Rolle, aber auch wie risikoavers oder -affin sich Unternehmen hierzu aufstellen. Wichtig wäre zudem, in Studien vermehrt auf Repräsentativität zu achten, um objektiv sagen zu können, wer oder welche Organisation KI im Projektmanagement wie intensiv und wie gut nutzt wird und welchen Einfluss eine digitale Vorbildung in zugrundeliegenden Technologien hat. Letzteres vor allem dürfte aber nicht nur für das Projektmanagement gelten, sondern allgemein. Wissen | Nutzenerwartung und Anwendungsfälle von KI im Projektmanagement 49 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 05/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2024-0089 Das Thema KI im Projektmanagement ist sehr breit. Offenbar gibt es noch eine große Lücke zwischen tatsächlicher Umsetzung und erwartetem Nutzen. Das Thema scheint sehr unterschiedlich „organisiert“ und strukturiert auf individueller und organisationaler Ebene angegangen zu werden. Es gibt wenig Austausch über konkrete Anwendungsfälle und wenig Informationen über Typologien der Anwendung, Risiken und Mythen. Die Studie unterstreicht jedoch, dass das Potenzial auf allen Ebenen vorhanden ist, um dem Thema Projektmanagement in Organisationen einen deutlichen Schub zu verpassen. Literatur [1] Venkatesh, Morris, Davis, & Davis. (2003). User Acceptance of Information Technology: Toward a Unified View. MIS Quarterly , 27(3), 425. doi: 10.2307 / 30 036 540 [2] Ulfert-Blank, A.-S., & Schmidt, I. (2022). Assessing digital self-efficacy: Review and scale development. Computers &Amp; Education , 191, 104 626. doi: 10.1016 / j.compedu.2022.104626 [3] Mohajan, H. K. (2017). The Roles of Knowledge Management for the Development of Organizations . Retrieved from https: / / api.semanticscholar.org / CorpusID: 55 356 306 Eingangsabbildung: © iStock.com / Jacob Wackerhausen Dr.-Ing. Agnetha Flore Dr.-Ing. Agnetha Flore ist seit April 2020 im Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen tätig und hat dort im Oktober 2021 die Geschäftsführung übernommen; studierte Diplom-Kauffrau und promovierte Wirtschaftsinformatikerin; über 20 Jahre Tätigkeit in der Finanzdienstleistungsbranche; 2017 zertifizierte Projektmanagerin (GPM); 2019 Zusatzzertifikat Hybrid+; seit 2023 Tutorin für Projektmanagement an der WBH; 2019 Dozentin IBS Oldenburg für agiles Projektmanagement, 2019 GPM Fachgruppe Agiles Management und seit 2021 mit in der Fachgruppenleitung tätig. Anschrift: ZDIN Escherweg 2 26 121 Oldenburg Telefon: 0441 / 9722 - 102 eMail: agnetha.flore@zdin.de https: / / orcid.org / 0000-0003-1186 - 2741 Prof. Dr. Helge F. Wild Helge F. Wild ist Vizepräsident für Qualitätsmanagement und Digitalisierung an der Wilhelm Büchner Hochschule und Dekan des Fachbereichs Informatik sowie Professor für Digital Business Engineering. Er leitet die Fachgruppe Agile Management der GPM seit 2020. Wild schaut auf mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Managementberatung zu Digitalisierung und Projektmanagement zurück. Seit 2020 befasst er sich praktisch und in der Forschung mit dem Thema Künstliche Intelligenz im Projektmanagement, veröffentlicht und spricht auf Tagungen regelmäßig hierzu. https: / / orcid.org / 0000-0002-8835 - 676X