PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2025-0002
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/0404
2025
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Die drei Buchstaben für neue Bürogebäude
0404
2025
Oliver Steeger
Steffen Scheurer
ESG. Diese drei Buchstaben sind in vielen Bürogebäude-Projekten heiß diskutiert. Das „E“ steht für Environment; es geht um energieeffizientes und ressourcenschonendes Bauen. Das „S“ steht für Social: In Bürogebäuden arbeiten Menschen; Bürogebäude können soziale Nachhaltigkeit unterstützen. Das „G“ zielt auf Governance, auf eine neue Art der Führung in einem neuen Gebäude. Wie dies heute in der Praxis funktioniert, zeigen zwei Bürogebäude-Projekte. In Stuttgart-Vaihingen sowie Wendlingen setzten Ingenieure, Organisationsentwickler und Top-Manager ESG beispielhaft um.
In Vaihingen hat das auf Bau und Immobilien spezialisierte Beratungsunternehmen Drees & Sommer sein „Innovationsgebäude OWP12“errichtet. Sein Bürogebäude das zeigt, was technisch in Sachen klimagerechtem und umweltfreundlichem Bauen möglich ist. Inspiriert auch von diesem Vorbild, machte sich die Volksbank Mittlerer Neckar eG daran, dem „S“ und „G“ im ESG buchstäblich Raum zu geben – und zwar in seinem neuen Bürogebäude. Die Volksbank Mittlerer Neckar eG hat vier Fusionen hinter sich; es nennt seinen hochmodernen Neubau ein „neues Nest“ für die Mitarbeiter. Hier will die Bank eine neue Unternehmenskultur und New Work verankern – und auch moderne Führungsansätze verwirklichen. Wir haben mit Professor Dr. Michael Bauer (Partner von Drees & Sommer) und Markus Schaaf (Vorstandssprecher Volksbank Mittlerer Neckar eG) darüber gesprochen, wie sie ESG in ihren Projekten durchbuchstabiert haben – und was ESG für das praktische Projektmanagement bei solchen Bauvorhaben bedeutet.
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4 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0002 Wie ESG in zwei Bauprojekten verwirklicht wurde Die drei Buchstaben für neue Bürogebäude Oliver Steeger, Steffen Scheurer ESG. Diese drei Buchstaben sind in vielen Bürogebäude-Projekten heiß diskutiert. Das „E“ steht für Environment; es geht um energieeffizientes und ressourcenschonendes Bauen. Das „S“ steht für Social: In Bürogebäuden arbeiten Menschen; Bürogebäude können soziale Nachhaltigkeit unterstützen. Das „G“ zielt auf Governance, auf eine neue Art der Führung in einem neuen Gebäude. Wie dies heute in der Praxis funktioniert, zeigen zwei Bürogebäude-Projekte. In Stuttgart-Vaihingen sowie Wendlingen setzten Ingenieure, Organisationsentwickler und Top-Manager ESG beispielhaft um. In Vaihingen hat das auf Bau und Immobilien spezialisierte Beratungsunternehmen Drees & Sommer sein „Innovationsgebäude OWP12“errichtet. Sein Bürogebäude das zeigt, was technisch in Sachen klimagerechtem und umweltfreundlichem Bauen möglich ist. Inspiriert auch von diesem Vorbild, machte sich die Volksbank Mittlerer Neckar eG daran, dem „S“ und „G“ im ESG buchstäblich Raum zu geben- - und zwar in seinem neuen Bürogebäude. Die Volksbank Mittlerer Neckar eG hat vier Fusionen hinter sich; es nennt seinen hochmodernen Neubau ein „neues Nest“ für die Mitarbeiter. Hier will die Bank eine neue Unternehmenskultur und New Work verankern-- und auch moderne Führungsansätze verwirklichen. Wir haben mit Professor Dr. Michael Bauer (Partner von Drees & Sommer) und Markus Schaaf (Vorstandssprecher Volksbank Mittlerer Neckar eG) darüber gesprochen, wie sie ESG in ihren Projekten durchbuchstabiert haben-- und was ESG für das praktische Projektmanagement bei solchen Bauvorhaben bedeutet. Der Buchstabe "E" in ESG Die legendären Hängegärten von Babylon zählten zu den antiken Weltwundern. Doch Pflanzen senkrecht an einer Fassade zum Blühen zu bringen-- auf dieses Wagnis kam damals kaum jemand. Anders die Bauingenieure und Projektmanager in einem Gewerbegebiet in Stuttgart-Vaihingen. Die Nordfassade des „Innovationsgebäude OWP12“ verblüfft seine Gäste mit einem vertikalen Blumenbeet: über 100 Quadratmeter, drei Geschosse überspannend, ein Meer aus vielfarbigen Blumen und Blättern. Diese Technologie hat „Drees & Sommer“ mit der Firma Vertiko für Hochhausgebäude weiterentwickelt. „Es ist faszinierend, wie die einzelnen Pflanzen in die High-Tech-Taschen an der Fassade eingesetzt wurden“, erklärt Michael Bauer, Partner von Drees & Sommer. Die Pflanztaschen sind mit Substrat gefüllt; die Wurzeln der Pflanzen werden von einer Art Fleece gehalten. Das Material ist nicht brennbar (Brandschutz! ), die hängenden Pflanzen werden mit Regenwasser aus einer Zisterne bewässert. „Während des Baus haben Gärtner in Kleinarbeit die Taschen bepflanzt“, berichtet Michael Bauer. Er hat von seinem Bürofenster aus beobachtet, wie die Gärtner in mühsamer Handarbeit die Wurzeln vom Erdreich befreiten und in die Pflanztaschen setzten. Doch anders als bei dem antiken Weltwunder hatte Michael Bauer nicht die Prachtentfaltung im Sinn. Ihm geht es um Nachhaltigkeit: Die innovative Grünfassade hilft das Gebäude kühlen. Zudem produziert sie Sauerstoff, filtert Schadstoffe aus der Luft und leistet einen Beitrag zur Biodiversität. Bei unserem Besuch des „Innovationsgebäude OWP12“ stehen wir mit ihm vor dem Hängegarten „made in Stuttgart“. Michael Bauer sagt uns, dass das Grün auch die Stimmung der Mitarbeiter hebt. Diesen Effekt kann man nicht aufs Komma genau messen, räumt der Ingenieur ein. Zahlen aber Reportage | Die drei Buchstaben für neue Bürogebäude 5 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0002 liefert er uns zu einem anderen Vorteil der Gartenfassade. Sie ist ein Paradies für Bienen. Einige Mitarbeiter bei Drees & Sommer sind Hobby-Imker. Bis zu 90 Kilogramm Honig im Jahr produzieren sie hier an dem Gebäude-- mitten in einem Gewerbegebiet, dicht an einer Autobahn. „Alles andere als ein Mauerblümchen“, wirbt die Website des Unternehmens für seine Grünfassade. Sie soll wie ein Leuchtturm weithin zeigen, was beim nachhaltigen und klimagerechten Bauen heute möglich ist. Das Innovationsgebäude OWP12 (OWP steht für die Adresse: Obere Waldplätze 12): Es ist das Headquarter des Beratungsunternehmens mit seinen weltweit mehr als 6.000 Mitarbeitern. Vor allem aber es gilt als Leuchtturm in Sachen nachhaltigem, klimagerechtem und umweltfreundlichem Bauen. Drees & Sommer ist dafür bekannt, es bei Bauprojekten mit ESG ernst zu meinen. ESG gilt als mächtiger und wichtiger Zukunftstrend der Branche. Das 2022 bezogene Innovationsgebäude OWP12 liefert eine Blaupause dafür, was heute vor allem beim „E“ technisch möglich und sinnvoll ist. Dies zieht Fachleute, Bauherren und Investoren an. Michael Bauer führt sie oft durch die fünf Etagen des Gebäudes und demonstriert ihnen den „State-of-the-Art“ nachhaltigen Bauens. Nicht nur, weil ESG immer mehr Bedeutung gewinnt. Auch, weil Kommunen neuerdings nachhaltiges Bauen vorschreiben können. In Stuttgart ist im Gespräch, Fassadenbegrünung in bestimmten Bebauungsplänen festzuschreiben. Als Michael Bauer uns die Grünfassade erklärt, weist er auf ein weiteres Detail an anderer Stelle hin: die in die Fassade integrierte Photovoltaik. Beim genauen Hinsehen sind in der mattschwarzen Fassade feine, rechteckige Strukturen zu erkennen. Photovoltaik ist sehr wirtschaftlich geworden, sagt uns Michael Bauer bei unserem Besuch. Handelsübliche Solarelemente bieten heute in der Praxis 26 bis 27 Prozent Effizienz. Vor wenigen Jahren noch lag die Effizienz bei nur 20 Prozent. „Mit den modernen Elementen können wir bei Gebäuden nicht nur die reinen Sonnenseiten nutzen“, erklärt er, „es kann sich lohnen, alle Fassaden mit Photovoltaik auszurüsten.“ Auch dort, wo das Gebäude im Schatten liegt. Nachhaltiger Einsatz von Energie hat Michael Bauer bereits während seines Ingenieurstudiums in Stuttgart interessiert. Er spezialisierte sich Anfang der 1990er Jahre auf energiesparende Gebäudetechnik. Dann promovierte er über energiesparende Heizanlagen- - zu einer Zeit, als kaum jemand an CO2-Emissionen und Klimawandel dachte. Heute ist er stolz darauf, dass das Innovationsgebäude nicht nur emissionslos ist, sondern sogar Energie produziert. Dabei hilft auch die Wärmepumpe, die sowohl die Außenluft als auch Geothermie nutzt, mit 20 bis zu 55 Metern tief ins Erdreich gehende Sonden. Im Sommer bringt die Pumpe die Abwärme der Klimaanlage ins Erdreich. Im Winter holt sie die gespeicherte Wärme wieder hervor. „Wir haben übers Jahr gesehen in Summe einen Energieüberschuss“, sagt er. Das rechnet sich. Sehr gut sogar. Beispiel Fassaden-Photovoltaik: Ursprünglich war vorgesehen, dass sie sich nach dreizehn Jahren amortisiert. Wegen der gestiegenen Strompreise macht sich die Anlage schon nach der Hälfte der Zeit bezahlt. Auch solche Zahlen zur Rentabilität interessieren die Besucher, denen Michael Bauer das Innovationsgebäude vorstellt. Nachhaltiges Bauen kostet mehr. Doch auf mittlere bis lange Sicht spielen sich die Investition wieder ein. Ein Beispiel: Die Fassade des Innovationsgebäude besteht aus Modulen. Diese Module wurden gewissermaßen an das Gebäude angesetzt. Man muss eines wissen, um dies zu begreifen: Das Bürogebäude hat ein tragendes Skelett aus Stahl und Beton. Die Außenwände sind quasi wie eine schützende und dämmende Haut-- und anders als etwa bei einem Einfamilienhaus nicht gemauert. Michael Bauer erklärt uns: Nach den aktuellen Wärmeschutz-Standards müssten diese Module ungefähr 55 Zentimeter tief sein. Anders beim Innovationsgebäude. „Uns ist es gelungen, die Fassadenteile auf 22 Zenti- Professor Dr. Michael Bauer führt Gäste durch das „Innovationsgebäude OWP12“. An der Gebäudetechnik auf dem Dach mit Professor Steffen Scheurer, Chefredakteur der „Projektmanagement aktuell.“ Foto: Oliver Steeger Professor Dr. Michael Bauer, Partner von Drees & Sommer, verweist immer auch auf die Rentabilität des nachhaltigen Bauens. Foto: © Drees & Sommer Reportage | Die drei Buchstaben für neue Bürogebäude 6 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0002 meter zu reduzieren“, sagt er, „wir verwenden einen speziellen Dämmstoff, der auch etwa für hochklassige Automobile verwendet wird.“ Durch die innovativen Module spart man mehr als dreißig Zentimeter „Wanddicke“. Das bedeutet auf jeder Seite dreißig Zentimeter mehr Platz im Haus. Gerechnet auf fünf Etagen, einer Gebäudelänge von rund 70 Metern und einer Breite von 30 Metern ergibt dies erheblichen Raumgewinn. Immobilienkaufleute unter seinen Besuchern verstehen sofort: Bei den gängigen Grundstückspreisen rechnet sich die Investition in die schlanken Module. Außerdem wird weniger Baumaterial verarbeitet. Also ressourcenschonend. Als wir im Treppenhaus unterwegs sind, entdecken wir viel unversiegelten Sichtbeton. Ästhetisch zwar, aber auch pures, möglichst reines Baumaterial. Diesen Purismus erklärt uns Michael Bauer vor einem Regal, auf dem Muster der Baustoffe stehen: Proben etwa der verwendeten Hölzer, der Teppiche, der Böden, des Stahls. Damit will er zeigen, wie ressourcenbewusst Drees & Sommer gebaut hat-- nicht nur bei der Auswahl der Materialien, sondern auch bei der Verwendung. „Wir haben in einer Datenbank dokumentiert, wo wir im Haus welches Material verbaut haben“, sagt er. Jede Tür, jedes Fenster, jeder Boden und jede Wand hat einen Ressourcen-Pass. Er hält genau die Eigenschaften des verwendeten Materials fest. Also ein umfassendes, lückenloses Material-Kataster. Die Idee dahinter ist: Wie auch jedes andere Gebäude kommt irgendwann das Innovationshaus ans Ende seines Lebenszyklus. Die Gebäude werden heute abgerissen, der Schutt auf Deponien verbracht. Eine ökologische Einbahnstraße. Den Rückbau des Innovationsgebäudes- - in ferner Zukunft-- stellen sich die Ingenieure anders vor. Es wird auseinandergenommen, die Baustoffe vielfach recycelt und wiederverwendet. Deshalb sind viele Baustoffe hier pur verwendet, ohne sie unnötig mit anderen Stoffen zu verbinden. Nichts ist schwieriger, als die Mischungen später wieder zu trennen. „Cradle-to-Cradle“ nennt sich dieses Konzept, übersetzt von der Wiege zur Wiege, kurz: C2C. Ende der 1990er Jahre entwickelten ein deutscher Chemiker und ein amerikanischer Architekt die Idee der Kreislaufwirtschaft von Baumaterialien. Sie orientierten sich dabei am Vorbild der Natur. In der Natur gibt es keinen Abfall. So soll auch der nachhaltige Umgang mit Baumaterial sein. Das Material wird entweder aufbereitet und als Material wiederverwendet. Oder es kehrt zurück zur Natur, indem es biologisch abgebaut wird. Am Ende-- so das Ideal-- bleibt von dem Gebäude kein Schutt. Michael Bauer vergleicht den Ansatz mit einem Lager. „Das Haus“, sagt er, „ist ein gebautes Materiallager, und unsere Datenbank zeigt, wo sich welches Material befindet.“ Auch hier macht er eine Rechnung auf: Mit diesem Ansatz müssen Unternehmen nicht mehr-- wie bisher-- nach einiger Zeit ihre Immobilien bilanztechnisch als wertlos abschreiben. Die Immobilien behalten Wert: nämlich das verbaute, „eingelagerte“ Material. „Dafür“, sagt er, „muss man anfangs etwas mehr investieren. Unter dem Strich ist dies häufig aber das bessere Geschäftsmodell.“ Auch dies will er seinen Besuchern deutlich machen. Viele haben Berührungsängste mit neuen Technologien und neuen Bauweisen, häufig wegen der Kosten oder der finanziellen Risiken. „Wir wollen ihnen hier im Innovationsgebäude zeigen, dass es sich um sinnvolle Investitionen handelt“, sagt er. Der Buchstabe „S“ in ESG Wir gehen durch die helle, offene Bürolandschaft. In jeder Etage dominiert eine andere Farbe; helles Holz und Pflanzen machen die Büros fast wohnlich. Nach der Pandemie war es nicht immer leicht, die rund 300 hier ansässigen Mitarbeiter ins Büro zurückzuholen. Michael Bauer schätzt, dass seine Kolleginnen und Kollegen heute rund 20 Prozent ihrer Arbeitszeit im Homeoffice verbringen-- ein niedriger Wert verglichen etwa mit Mitarbeitern in den USA. Auch die freundliche, offene Gestaltung lockt die Mitarbeiter zurück ins Büro. Es gibt keine festen Arbeitsplätze mehr; jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin kann über eine App den Platz wählen und buchen, den sie gerade brauchen (oder wo sie arbeiten mögen): Einen Schreibtisch, einen Besprechungsraum, einen Rückzugsort für konzentriertes Arbeiten. „Junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen coole Projekte und eine coole Arbeitsumgebung“, sagt Michael Bauer. Die Büros sollen dieses Bedürfnis erfüllen. Gleiches gilt für die Kantine, die einem urbanen Café ähnelt. „Die Mitarbeiter verabreden sich bewusst hier“, sagt er, „es ist eines der Attraktionen hier im Viel Raum für Ideen und Kommunikation: Die Bürolandschaft im „Innovationsgebäude OWP12“. Foto: Oliver Steeger Reportage | Die drei Buchstaben für neue Bürogebäude 7 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0002 Praxisnahe Workshops Top Keynotes Netzwerken mit Experten Tag 1 | 14. Mai 2025 Fokus Öffentliche Verwaltung Sie wünschen sich weniger Bürokratie und mehr Effizienz? Lernen Sie, wie Digitalisierung und systematisches Vorgehen das Projektmanagement und die Zusammenarbeit im öffentlichen Sektor verbessern! Tag 2 | 15. Mai 2025 Hauptveranstaltung Projektmanagement-Event 2025 Kämpfen Sie mit komplexen Projekten, digitalen Umbrüchen oder ineffizienten Prozessen? Die PMWelt 2025 liefert Lösungen: von KI-Einsatz über digitale Transformation bis zu Praxiswissen für Ihren Projektalltag. Tag 3 | 16. Mai 2025 Seminare KI und Projektmanagement Sie stehen vor der Herausforderung, Transformationsprozesse effizient zu steuern oder KI sinnvoll in Ihrem Umfeld einzusetzen? Unsere Seminare liefern konkrete Lösungen: von smarter Arbeitserleichterung bis zu strategischem Portfoliomanagement - praxisnah, direkt umsetzbar. Für Ihren Projekterfolg. www.pmwelt.com 14. - 16. Mai 2025 | München Transformation jetzt! Menschen. Projekte. KI. Reportage | Die drei Buchstaben für neue Bürogebäude 8 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0002 Gebäude.“ A „third place“, wie man im Englischen sagt: ein gut erreichbarer Ort der Gemeinschaft jenseits von Büro und Wohnung, geprägt von zwangloser Atmosphäre, Offenheit und Begegnung. Mit der Kantine, sagt er, „adressiere man dieses Bedürfnis.“ Das klingt bereits nach dem S von ESG, dem „Social“. Es ist nicht immer leicht, Investoren, Bauherren und Bauwirtschaft von Strategien für nachhaltiges Bauen zu überzeugen. Viele kommen mit festen Vorstellungen zu diesem Thema. Manchmal ist es schwierig, die Skepsis von Profis in Neugier zu verwandeln. Doch anders die Bauherren, die nicht jeden Tag ein Bauprojekt vorantreiben: Für einige von ihnen ist der Besuch im Innovationsgebäude OWP12 eine Initialzündung, sich mit Nachhaltigkeit im Bauen auseinanderzusetzen. Manchmal sogar so sehr, dass der Funke vom „E“ auf „S“ und „G“ überspringt. Ein solches Unternehmen ist die Volksbank Mittlerer Neckar eG, ein Geldinstitut mit heute 720 Mitarbeitern, 45 Filialen und mehr als 185.000 Kunden. Nach Fusionen ist die Volksbank Mittlerer Neckar jüngst aus vier regionalen Volksbanken hervorgegangen. Ihr neuer Sitz für die internen Bereiche ist in Wendlingen, geographisch in der Mitte ihres Heimat-Landkreises Esslingen. Dort bezieht sie soeben ihr neues Headquarter, ein markanter Bau am Rande der Kleinstadt. Viele der Ideen aus dem Innovationsgebäude OWP12 hat die Volksbank adaptiert, beispielsweise Photovoltaik-Anlagen auch in den Fassaden und die Geothermie-Anlage in Verbindung mit einer Wärmepumpe. In Teilen des Neubaus wurde recycelter Beton verwendet. Die verbauten Hölzer kommen zu mindestens achtzig Prozent aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Da schimmert viel „Cradle-to-Cradle“ durch. Die Volksbank will den Neubau jetzt bei der „Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen“ (DGNB) auf der höchsten Stufe zertifizieren lassen, also das Platin-Siegel anstreben. Die Verantwortlichen sind zuversichtlich, dass diese Zertifizierung gelingt. Sie verweisen beispielsweise darauf, dass ihr Haus eine negative primär Energiebilanz ausweist- - dass es also mehr Energie produziert als verbraucht. Wir sprechen mit Markus Schaaf, dem Vorstandssprecher der Volksbank Mittlerer Neckar eG. Wir fragen, wie das Stuttgarter Innovationsgebäude ihn bei seinem Projekt inspiriert hat. „Wir haben uns einige Bürogebäude angeschaut, das Innovationsgebäude war eines darunter“, antwortet Markus Schaaf, „wir wollten die Atmosphäre kennenlernen und uns ein Gefühl dafür verschaffen, wie dort gearbeitet wird.“ Denn die Motivation, mit denen sie ihr Bürogebäude errichtet haben, lag etwas anders als die bei Drees & Sommer. „Nachhaltigkeit ist für uns ein sehr wichtiger Aspekt“, erklärt Markus Schaaf. Doch er dachte beim Neubauprojekt von Anfang an das „S“ und das „G“ mit. Social und Governance. Bei ihren Fusionen gingen die Volksbank Nürtingen eG mit der Volksbank Esslingen eG und der Berkheimer Bank eG zusammen. Im Jahr 2023 kam die VR Bank Hohenneuffen-Teck eG dazu. Heute deckt die Bank einen Großteil des Landkreis Esslingen ab. „Das Gute an der Fusion ist, dass wir größer wurden“, sagt Markus Schaaf, „auf der anderen Seite aber wuchs unsere Organisation auf mehr als das Doppelte.“ Die Zahl der Mitarbeiter, die heute zusammenarbeiten, machte einen Sprung Das Gebäude der Volksbank Mittlerer Neckar eG: Nach vier Fusionen das neue „Nest“ für die Mitarbeiter. Foto: Muffler Architekten, Tuttlingen Markus Schaaf, Vorstandssprecher der Volksbank Mittlerer Neckar eG. Foto: Volksbank Mittlerer Neckar eG Reportage | Die drei Buchstaben für neue Bürogebäude 9 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0002 auf 720. Die Hälfte von ihnen arbeitet in zentralen Bereichen wie interne Revision, Controlling, Rechnungswesen oder die Steuerung der gesamten Bank. „Produktion“ nennt Markus Schaaf dies und grenzt diesen Bereich ab vom „Vertrieb“ vor Ort in den Filialen. Die Produktion, so der Fusionsplan, sollte zentral unter ein Dach kommen. Wobei Markus Schaaf den Begriff Dach sowohl wörtlich als auch metaphorisch versteht: Ein gemeinsames Dach der neuen Unternehmenskultur, und ein physisches Dach, nämlich den Neubau. Ein „Nest“ für die zusammenwachsende Organisation. „Der Neubau hat für uns zwei Funktionen“, sagt er, „wir setzen mit ihm zum einen eine Art grünen Haken an die erfolgreichen Fusionen. Zum anderen wollen wir das neue Wir-Gefühl der Volksbank Mittlerer Neckar eG emotional verankern. Der Neubau gibt der Organisation Orientierung und Struktur beim Zusammenwachsen.“ Das ist das „S“ in seinem Projekt. „Früher kannte ich als Vorstand fast alle Mitarbeiter beim Namen“, sagt Markus Schaaf. Mit dem Wachstum von Bank und Belegschaft kann dies schwierig werden. Gleiches gilt auch für die Mitarbeiter selbst, die von vier unterschiedlichen Instituten kommen. Sie kennen sich nicht. Das neue Miteinander muss sich erst noch finden, die Unternehmenskultur sich entwickeln. Zudem hat die Corona-Pandemie die Fusionen erschwert. Vier sehr unterschiedliche Organisationen sollten zusammenfinden. Doch sich persönlich die Hand reichen durften die Menschen nicht. Der Lockdown verwehrte jede Begegnung. „Es ist unmöglich, eine neue Unternehmenskultur zu entwickeln, wenn sich die Menschen nicht treffen dürfen“, sagt Markus Schaaf. Es half nichts. Die Treffen mussten warten bis nach der Pandemie. „Wir wussten aber, dass diese Begegnungen dann viel intensiver sein mussten als anfangs geplant“, ergänzt er. Eine Art Nachholeffekt. „Während der Pandemie war ein soziales Defizit entstanden. Wir mussten es ausgleichen.“ In der Pandemie erkannte die Volksbank: Das Neubau-Projekt würde eine Schlüsselrolle beim Aufbau der neuen Unternehmenskultur einnehmen können. Der Neubau symbolisiert den Aufbruch in eine neue Organisation. Er gibt buchstäblich Raum für eine neue Unternehmenskultur. Der gemeinsame „Nestbau“ hilft beim Zusammenwachsen. „Wir haben erkannt, dass der Neubau für uns nicht nur ein umweltfreundliches, energieeffizientes Bürogebäude ist, sondern auch ein Ort der sozialen Nachhaltigkeit“, sagt Markus Schaaf, „mit einem Mal stand die Frage im Raum, wie wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitnehmen können beim Neubau. Wie können wir in dem neuen Gebäude die Organisation dabei unterstützen, kulturell zusammenzuwachsen? Wie können wir den Bau selbst zu einem Werkzeug des Changemanagements machen? “ Für die Bank wuchs das „E“ ihres Projekts mit „S“ zusammen. Und dann auch mit dem „G“. Mit der Governance. Für Projektmanagement bringt dieser konsequente ESG- Ansatz zusätzliche Herausforderungen. Klimagerechtes, umweltfreundliches Bauen fällt zumeist ins Ressort von Ingenieuren und Finanzfachleuten. Wenn jedoch die Dimensionen „S“ und „G“ gleichberechtigt im Projekt eine Rolle spielen sollen, müssen auch die Erwartungen von Mitarbeitern und Führungskräften ins Projekt integriert werden. Die Dimensionen „S“ und „G“ gehen buchstäblich alle an. Markus Schaaf weist darauf hin, wie stark die Pandemie die Arbeitsweise und Kooperation fast aller seiner Mitarbeiter verändert hat. „Heute ist bei uns beispielsweise mobiles Arbeiten selbstverständlich“, sagt er, „vor Corona war dies bei uns unüblich, es gab kein mobiles Arbeiten. Auch die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien waren vor Corona weitgehend unbekannt, etwa Videokonferenzen.“ Hinzu kam das Bedürfnis nach New Work, nach einem Umgang mehr auf Augenhöhe. Markus Schaaf nennt ein Beispiel dafür, wie die Volksbank in dem Neubau eine neue Ära des Arbeitens und Kooperierens eingeläutet hat: Die Mitarbeiter haben nicht mehr ihren „persönlichen“ Schreibtisch. Ähnlich wie im Innovationsgebäude buchen sie ihren Schreibtisch für den jeweiligen Tag. „Das Desk Sharing war für viele unserer Kollegin und Kollegen neu“, erklärt Markus Schaaf, „wir mussten die Menschen auf diesem Weg zu dieser neuen Arbeitsweise mitnehmen und auch Ängsten begegnen.“ Solche Veränderungen gelingen nur, wenn die Mitarbeiter nicht nur Stakeholder am Rande sind-- sondern aktiv an dem Eine moderne Bürolandschaft für die Mitarbeiter der Volksbank. Foto: Muffler Architekten, Tuttlingen Reportage | Die drei Buchstaben für neue Bürogebäude 10 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0002 Projekt mitwirken. „Wir haben unseren Plan in einer Botschaft zusammengefasst: wir tauschen Fläche gegen Qualität“, erklärt Markus Schaaf, „wir bieten vielleicht weniger Fläche, aber dafür investieren wir stark in die Qualität der Arbeitsplätze.“ Was diese Qualität der Arbeitsplätze bedeutet- - dies hat die Volksbank in dem Projekt gemeinsam mit ihren Mitarbeitern bestimmt. Dies ging weit hinaus über die Nutzungsanalyse, die man bei der Konzeption von solchen Bauprojekten macht. Die Volksbank hat gemeinsam mit den Mitarbeitern ausgemessen, was das ein nachhaltige „S“ für dieses Projekt bedeutet. Beispielsweise hat sie nach den Bedürfnissen der Mitarbeiter gefragt und ist ihnen vielfach entgegengekommen. Ein Detail: Erstmals in der Geschichte der Volksbank gibt es im Bürogebäude Duschen und Umkleideräume für Mitarbeiter, die beispielsweise mit dem Fahrrad kommen. Ein anderes Detail: Ins Bürogebäude ist ein Gesundheitszentrum eingezogen, das auch den Mitarbeitern offensteht. Zudem gibt es eine Betreuungsstätte für Kinder, eine Tagesstätte in Zusammenarbeit mit einem örtlichen Elternverein. „Wir haben sogar eine Bürofläche entwickelt für Eltern mit Kindern“, sagt Markus Schaaf, „Eltern können dort ihr Kind mitnehmen, wenn sie beispielsweise keine Betreuung gefunden haben. Das werden wir nun praktisch testen und herausfinden, wie dies optimal funktioniert: Arbeiten, wenn im Hintergrund ein Kind spielt.“ Er spricht von Mehrwerten, die die Volksbank bewusst für die Mitarbeiter geschaffen hat- - auch mit Blick darauf, dass sie sich in dem neuen Nest wohlfühlen. Die Herausforderung für das Projektmanagement: Es hatte das Changemanagement mit dem Bauprojekt zu verbinden. Dies bedeutet mehr als Architekten und Bauingenieure eine Liste von Anforderungen abarbeiten zu lassen. Das „S“ beim ESG für solche Bauprojekte holt die Bauherren und Nutzer ins Projekt. Mit einem Mal sitzen Organisationsentwickler mit am Tisch, Changemanager, HR-Fachleute, Arbeitnehmervertreter, Arbeitspsychologen und die Vertreter der unterschiedlichen Mitarbeiter-Generationen. Nicht nur unterschiedliche Fachdisziplinen arbeiten im Projekt zusammen, sondern auch Menschen mit höchst unterschiedlichen Interessenlagen und Bedürfnissen. Lösungen, die in diesem interdisziplinären Miteinander entstehen, machen die Mehrwerte für die soziale Nachhaltigkeit aus. Der Buchstabe "G" in ESG Markus Schaaf hat erlebt, wie schwierig dies in der Praxis sein kann. Er berichtet von einem Beispiel: Mit Blick auf den Trend zum Home-Office hat die Volksbank die Zahl der Schreibtische reduziert. Nur für 70 Prozent der 350 Beschäftigten stehen Schreibtische bereit. Markus Schaaf nennt das die „Mobilitätsquote“. Sie hat Mitarbeiter anfangs verunsichert („Wie bitte? Es gibt nicht mehr für jeden einen Schreibtisch? ? “). Dass die Mitarbeiter am Ende dem Desk Sharing und der Mobilitätsquote doch zugestimmt haben- - dies hing auch mit der Führung zusammen, dem „G“ im ESG. „Für uns hatte das Einbeziehen und Beteiligen der Mitarbeiter von Anfang an hohe Priorität“, erklärt Markus Schaaf und geht ins Detail: „Wir haben sehr früh die Führungskräfte an Bord geholt und um Akzeptanz geworben. Wir haben ihnen auch anhand anderer Bürogebäude gezeigt, wohin bei uns mit dem Neubau die Reise gehen könnte. Sind die Führungskräfte überzeugt, ist es einfacher, auch die Mitarbeiter mitzunehmen.“ Wir fragen Markus Schaaf, wie er genau dabei vorgegangen ist. „Wir hatten aus jedem Bereich unseres Unternehmens Change-Agents ins Projekt geholt“, erklärt er, „das waren Mitarbeiter, die den Change Prozess begleitet haben.“ Diese Change-Agents wirkten in zwei Richtung. Change-Agents haben zum einen Wünsche und Anregungen einzelner Mitarbeiter aufgenommen und weitergeleitet. Zum anderen haben Sie Informationen aus dem Projekt ihrem Bereich mitgeteilt, meistens zusammen mit ihren Führungskräften. „Uns war es wichtig, uns regelmäßig mit den Change Agents auszutauschen und sie vor Ort mit dem Fortschritt des Bauprojekts bekannt zu machen, etwa auf Baustellenbesichtigungen“, sagt Markus Schaaf. Außerdem waren die Change Agents an den so genannten „Pilotierungen“ beteiligt. „Zum Beispiel haben wir zum Desk Sharing einen Pilotversuch in den Büros von Vertriebsmanagement und der Unternehmenskommunikation unternommen“, erklärt Markus Schaaf. In dem Versuch wurde die Zahl der Schreibtische reduziert auf die Anzahl, die später im Neubau zur Verfügung stehen sollten. „Wir wollten sehen, wie das Desk Sharing und das mobile Arbeiten funktionieren“, fügt Markus Schaaf an, „dabei kamen auch die Change Agents zum Einsatz. Sie waren beispielsweise an der Auswahl der Möblierung beteiligt, an den Möbelierungplänen oder auch beim Farbkonzept.“ Auf eine Sache weist Markus Schaaf hin: Beteiligung heißt nicht, dass jeder Wunsch auf der Liste umgesetzt wird. „Wir haben bei den einzelnen Vorschlägen und Wünschen geprüft, ob sie realisierbar sind und wo der Mehrwert für die Gemeinschaft liegt“, erklärt er. Besonders dieser Mehrwert für alle war ihm wichtig. „Wir wollten sichergehen, dass wir Dinge beschließen, die sich die überwiegende Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wünscht.“ Anderenfalls verzettelt man sich in Einzelinteressen. Ein weiterer Punkt war dem Vorstand der Volksbank wichtig: Die Change Agents der Mitarbeiter waren nicht nur an der Gestaltung beteiligt, sondern auch an den Erfolgen, etwa beim Richtfest oder bei der anstehenden offiziellen Eröffnung. Das Top-Management setzte ein starkes Zeichen. Den feierlichen ersten Spatentisch machte nicht die „Honoratioren“, sondern die Change Agents. „Wir wollten von Anfang an zeigen, dass wir es ehrlich meinen mit der Beteiligung“, erklärt Markus Schaaf, „daraus ist dann eine eigene Dynamik entstanden in den Teams der Change Agents. Sie sind sehr motiviert und andere motivierend mit dem Thema umgegangen.“ Wie ehrlich es Markus Schaaf mit dem Wandel ist, zeigt sich an einem Detail. Auch er wird morgens einen Schreibtisch in der offenen Bürolandschaft buchen. Das gleiche gilt für seine Vorstandskollegen. „Wir haben keine Einzelbüros mehr, sondern sitzen am Tisch gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen“, sagt Markus Schaaf, „wir haben immer gesagt, dass unsere neuen Konzepte für alle gelten. Auch für uns im Vorstand.“ Glaubwürdigkeit, fügt er an, funktioniert nur, wenn für alle die gleichen Regeln gelten-- vom Vorstand zum Azubi. Das zeigt sich das „G“ bei nachhaltigen Bauprojekten. Das Thema Governance. Reportage | Die drei Buchstaben für neue Bürogebäude 11 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 01/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0002 Wer mit Bankfachleuten spricht, kommt früher oder später auch auf das Thema Finanzen zu sprechen. Ganz offen fragen wir: Rechtfertigt sich ESG auch betriebswirtschaftlich? Markus Schaaf räumt ein, dass betriebswirtschaftliches Denken bei den Überlegungen für das neue Bürogebäude eine starke Rolle gespielt haben. Ökonomie und Ökologie müssen einander aber nicht ausschließen. „Es war durchaus wichtig, hier eine sinnvolle Investition auch unter ökonomischen Gesichtspunkten zu positionieren“, erklärt er, „wir haben für uns überlegt, wie sich die Betriebskosten in Zukunft entwickeln könnten. Dabei haben wir festgestellt, dass sich das Projekt in einer überschaubaren Zeit amortisieren würde. Aufgrund der Langlebigkeit des Objekts und der Energieeffizienz war der Weg für uns auf jeden Fall sinnvoll.“ Mit anderen Worten: das Bürogebäude hätte sich auch preiswerter errichten lassen. Doch auf lange Sicht rechnet sich die Investition in ESG für die Volksbank. Das betrifft nicht nur das „E“, sondern auch das „S“ und „G“. Eine moderne Unternehmens- und Führungskultur wirkt beispielsweise attraktiv auf Fachkräfte, einer knapper werdenden „Ressource“, die immer mehr Nachhaltigkeit erfordert. Auf eine Fassadenbegrünung- - einen „hängenden Garten“ wie beim Innovationshaus OWP12- - hat die Volksbank allerdings verzichten müssen. Schweren Herzens. „Ich bin ein großer Freund der Fassadenbegrünung“, sagt Markus Schaaf, „ich finde das eine spannende Idee, und sie hätte auch unserem Gebäude ein gewisses Alleinstellungsmerkmal gegeben.“ Indes, die Begrünung scheiterte nicht am Geld, sondern an den Prioritäten. „Unsere Photovoltaikanlagen laufen komplett um das Gebäude herum“, sagt Markus Schaaf, „Es war schlichtweg kein Platz für eine bepflanzte Fassade.“ Da lag die nachhaltige Energiebilanz näher als das Meer aus vielfarbigen Blumen und Blättern. Eingangsabbildung: Die Außenansicht des „Innovationsgebäude OWP12“. Deutlich zu erkennen die markante Grünfassade. © Jürgen Pollak für Drees & Sommer Anzeige
