PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
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UVK Verlag Tübingen
10.24053/PM-2025-0026
0512
2025
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Künstliche Intelligenz im Projektkontext
0512
2025
Christoph Schneider
Andreas Wald
Timo Braun
Simon Staudigl
An der Studie beteiligten sich 1.193 Personen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auch wenn der Einsatz von KI bisher eher zurückhaltend erfolgt, sehen die meisten Befragten einen klaren Nutzen in der Unterstützung durch KI-Tools – insbesondere zur Erhöhung der Effizienz und Produktivität. KI wird bereits in vielen Unternehmen im Projektmanagement eingesetzt, ohne dass es dabei größere Berührungsängste gibt.
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50 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 02/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0026 Künstliche Intelligenz im Projektkontext Christoph Schneider, Andreas Wald, Timo Braun, Simon Staudigl Für eilige Leser | An der Studie beteiligten sich 1.193 Personen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auch wenn der Einsatz von KI bisher eher zurückhaltend erfolgt, sehen die meisten Befragten einen klaren Nutzen in der Unterstützung durch KI-Tools-- insbesondere zur Erhöhung der Effizienz und Produktivität. KI wird bereits in vielen Unternehmen im Projektmanagement eingesetzt, ohne dass es dabei größere Berührungsängste gibt. Schlagwörter | Projektmanagement, Künstliche Intelligenz, Projekterfolg, Projektmanagement-Tools Einleitung An den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen werden große Erwartungen geknüpft. Es wird erwartet, dass KI zu einer tiefgreifenden Veränderung der Arbeitswelt führt [Holzmann et al., 2022]. Prognosen zufolge wird der zunehmende Einsatz von KI einen fundamentalen Wandel bewirken, der auch deutliche Auswirkungen auf die Fähigkeiten und das Anforderungsprofil von Mitarbeitern haben wird. Es wird davon ausgegangen, dass der Einsatz von KI auch das Projektmanagement grundlegend verändern wird. Zu trennen sind hier jedoch die Erwartungen und Versprechungen des Einsatzes von KI im Projektmanagement von dem tatsächlichen Anwendungsstand und den bisherigen Erfahrungen [Müller et al. 2024]. Die hier ausgewählten Studienergebnisse zeigen den Anwendungs- und Erfahrungsstand von KI im Projektmanagement in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf. Die Befragung dazu wurde als Schwerpunktthema in der Gehalt- und Karrierestudie 2024 integriert, deren Ergebnisse in der letzten Ausgabe der Projektmanagement Aktuell vorgestellt wurden [Schneider et al., 2025]. Zentrale Fragestellungen der Studie sind unter anderem: • Wird KI bereits im Bereich Projektmanagement der Unternehmen genutzt? • Welche Erfahrungen haben die Studienteilnehmer im privaten wie im beruflichen Umfeld mit dem Einsatz von KI? • Was sind die persönlichen Einschätzungen zu den Risiken des Einsatzes von KI? Studiendesign und Stichprobenstruktur Die Datenerhebung erfolgte zusammen mit der Gehalts- und Karrierestudie in Deutschland durch die GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., in Österreich durch die pma-- Projekt Management Austria und in der Schweiz durch die spm- - Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement . Die standardisierte Online-Erhebung wurde im Zeitraum vom 3. Juni bis 6. August 2024 durchgeführt. Insgesamt wurden 1.193 verwertbare Fragebögen ausgefüllt. Davon stammen 937 aus Deutschland (78,5 %), 200 aus Österreich (16,8 %) und 56 aus der Schweiz (4,7 %). Da die Ergebnisse zur KI zwischen den Ländern sehr ähnlich waren, wurde auf eine differenzierte Analyse nach den Ländern verzichtet und länderspezifische Unterschiede nur bei Bedarf kommentiert. An der Studie beteiligten sich 67 % Männer und 33 % Frauen, die im Wesentlichen angestellte Personen aus großen Unternehmen des Dienstleistungssektors der freien Wirtschaft (80 %) mit einem abgeschlossenen Studium (78 %) sind, das überwiegend in den Bereichen Ingenieurwesen (36 %) und Wirtschaftswissenschaften (35 %) absolviert wurde (vgl. Abbildung 2). Eine abgeschlossene Ausbildung können 11 %vorweisen, von denen mehr als die Hälfte (6 %) einen Meister- oder Technikerabschluss erworben hat. Das durchschnittliche Alter der Befragten liegt bei 42 Jahren, wobei der Altersdurchschnitt der Frauen mit 40 Jahren um drei Jahre niedriger liegt als der der Männer, der 43 Jahre beträgt. Der überwiegende Anteil der Studienteilnehmenden ist im Kontext von Einzelprojekten (40 %) oder im Multiprojektmanagement (38 %) beschäftigt. Im Programm- und im Portfoliomanagement sind jeweils 11 % aktiv. Wissen | Künstliche Intelligenz im Projektkontext 51 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 02/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0026 Nutzung von KI im Projektkontext Die Frage war, inwieweit KI in den Unternehmen im Projektmanagement bereits zum Einsatz kommt. Die Ergebnisse zeigen, dass diese in der Mehrheit der Unternehmen eingesetzt wird (57 %), allerdings in relativ geringem Maße (vgl. Abbildung 1). Nur 15 % der Befragten geben an, dass KI in ihrem Unternehmen stark oder sogar sehr stark zum Einsatz komme. 41 % der Befragten (Antwortkategorien 2 und 3) dagegen berichteten, dies passiere eher sporadisch. In einer Anschlussfrage wollten wir wissen, welche Erfahrungen die Befragten mit KI bereits gemacht hatten. Die Ergebnisse hierzu sind recht eindeutig: Die überwiegende Mehrheit hat bisher weder Erfahrungen in der Interaktion mit verschiedenen Arten von KI wie Chatbots, oder visuellen Erkennungsagenten, noch Erfahrung im Umgang mit KI durch Interaktionen im täglichen Leben. Beide Fragen erhielten auf einer Skala von 0 (trifft überhaupt nicht zu) bis 100 (trifft voll und ganz zu) zum einen 5 und zum anderen 8 Skalenpunkte (vgl. Abbildung 2). Einstellungen zu KI Der Einsatz und die Leistungsmöglichkeiten von KI werden häufig ambivalent beurteilt und kontrovers diskutiert, insbesondere wenn es um einen Vergleich der Leistungsfähigkeiten von Mensch und KI geht. Ein zentrales Argument in diesem Kontext ist, dass menschliche Intelligenz im Gegensatz zur KI den Vorzug habe, zu lernen, zu denken und Probleme zu lösen. Insbesondere seien Menschen bei Aufgaben, die Empathie erfordern, der KI überlegen. Zu diesem Thema wurden die Studienteilnehmer gebeten, vier Fragen auf einer 5er-Skala zu beantworten, die Ausprägungen von 0 (trifft überhaupt nicht zu) bis 100 (trifft voll und ganz zu) aufwiesen [Nach Gursoy et al. 2019; basierend auf Venkatesh et al. 2012]. Die Ergebnisse zeigen- - weitgehend alters- und geschlechtsunabhängig-- eine grundlegende Skepsis gegenüber verschiedenen Leistungsparamtern von KI (vgl. Abbildung 3). Bei allen vier gestellten Teilfragen wurde eher dem Menschen als der KI eine höhere Leistungsfähigkeit zugesprochen. Insbesondere der Aspekt, KI-Tools bieten einen konsistenteren Service als Menschen, wurde nur mit 38 von 100 Skalenpunkten als zutreffend bewertet. Auch die Aussagen, KI-Tools seien genauer als Menschen (40 Skalenpunkte) und die von KI- Tools bereitgestellten Informationen konsistenter (44) wurden mehrheitlich abgelehnt. Lediglich der Aspekt, KI-Tools sind genauer und weisen weniger menschliche Fehler auf, wurde von knapp der Hälfte als zutreffend bejaht (48). Neue Technologien bieten Chancen bringen aber auch Risiken mit sich, die Ängste bei den involvierten Personen auslösen können. Insbesondere existiert die Befürchtung, KI werde Arbeitsplätze vernichten und dem Menschen grundsätzlich überlegen sein. Auch dieses Thema haben wir in die Befragung aufgenommen und drei Fragen gestellt [Li & Huang 2020], die auf einer 5er-Skala von 0 (stimme überhaupt nicht zu) bis 100 (stimme voll und ganz zu) beantwortet werden konnten. Das Ergebnis ist deutlich: Die überwiegende Mehrheit der befragten Projektmanager teilt die Ängste gegenüber der KI nicht (vgl. Abbildung 4). Am wenigsten haben diese davor Angst, mit einer KI zu arbeiten, die schlauer ist als man selbst (15 Skalenpunkte) oder macht sich darüber Sorgen, dass die KI in Zukunft die eigene Arbeit ersetzt (18). Am häufigsten noch besteht die Befürchtung, die KI werde die Arbeit vieler Menschen ersetzen (35). Abbildung 1: Nutzung von KI im Projektmanagement Abbildung 2: Erfahrungen mit KI Abbildung 3: Mensch versus KI Abbildung 4: Ängste vor der KI Wissen | Künstliche Intelligenz im Projektkontext 52 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 02/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0026 Diese Einschätzungen sind weitgehend unabhängig vom Geschlecht und Alter der Befragten. Mit zunehmendem Alter nehmen zwar die Befürchtungen leicht zu, dieser Unterschied ist aber statistisch nicht signifikant. Fazit In der jüngeren Vergangenheit hat die schnell voranschreitende Entwicklung von KI-Tools für das Projektmanagement eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten geschaffen. Die ausgewählten Ergebnisse der Studie zeigen, dass der tatsächliche Nutzungsgrad von KI im Projektmanagement noch recht gering ist. Ermutigend ist dabei, dass es offenbar kaum Berührungsängste gibt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Haltung zur KI sowie auch die tatsächliche Verwendung im Projektmanagement in der Zukunft entwickeln. Literatur [Agarwal & Prasad 1998] Agarwal, R.; & Prasad, J. (1998): A Conceptual and Operational Definition of Personal Innovativeness in the Domain of Information Technology. Information Systems Research, 9(2), 204-215. [Gursoy et Al. 2019] Gursoy, D.; Chi, O. H.; Lu, L.; Nunkoo, R. (2019): Consumers acceptance of artificially intelligent (AI) device use in service delivery. International Journal of Information Management, 49, 157-169. [Holzmann et al. 2022] Holzmann, V.; Zitter, D.; Peshkess, S. (2022). The Expectations of Project Managers from Artificial Intelligence: A Delphi Study. Project Management Journal, 53(5), 438-455. [Li & Huang 2020] Li, J.; Huang, J.-S. (2020): Dimensions of artificial intelligence anxiety based on the integrated fear acquisition theory. Technology in Society, 63, 101 410. [Moore & Benbasat 1991] Moore, G. C.; Benbasat, I. (1991): Development of an instrument to measure the perceptions of adopting an information technology innovation. Informations Systems Research, 2(3), 192-222. [Müller et al. 2024] Müller, R.; Locatelli, G.; Holzmann, V.; Nilsson, M. ; Sagay, T. (2024): Artificial Intelligence and Project Management: Empirical Overview, State of the Art, and Guidelines for Future Research. Project Management Journal, 55(1), 9-15. [Schneider et al. 2024] Schneider, C.; Wald, A.; Braun, T. (2025): Ergebnisse der 8. Studie zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2024. Projektmanagement Aktuell. [Venkatesh et al. 2012] Venkatesh, V.; Thong, J. Y. L.; Xu, X. (2012): Consumer acceptance and use of information technology: Extending the unified theory of acceptance and use of technology. MIS Quarterly, 36(1), 157-178. Eingangsabbildung: © GPM Veröffentlichung: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. (2025): Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2024. Sonderthema: Die Anwendung Künstlicher Intelligenz (KI) im Projektmanagement. UVK-Verlag. Andreas Wald Andreas Wald (Dr. rer. pol. habil.) Professor für Strategie an der School of Business and Law der University of Agder in Kristiansand. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Temporäre Organisationen, Entrepreneurship, Management Control und Innovation. Seine Arbeiten erscheinen unter anderen in wissenschaftlichen Zeitschriften wie Project Management Journal, International Journal of Project Management und International Journal of Managing Projects in Business. Internet: https: / / www.uia.no/ en/ kk/ profile/ andreasw eMail: andreas.wald@uia.no Timo Braun Timo Braun (Univ.-Prof. Dr. habil.) ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Arbeitswissenschaft und Prozessmanagement und leitet das Fachgebiet „Projektmanagement in der Digitalen Transformation“ an der Universität Kassel. Er kooperiert in verschiedenen Projekten und Gremien seit fast 15 Jahren mit der GPM und ist wissenschaftlicher Leiter der aktuellen GPM Gehalts- und Karrierestudie. Internet: http: / / uni-kassel.de/ go/ pmdt eMail: timo.braun@uni-kassel.de Simon Staudigl Simon Staudigl leitet seit 2023 Projekte im Project Management Office der GPM, darunter die aktuelle Gehalts- und Karrierestudie. Zudem unterstützt er Projektmanagende der GPM methodisch. eMail: s.staudigl@gpm-ipma.de Christoph Schneider Christoph Schneider studierte Soziologie und Politikwissenschaft an der Universität Heidelberg. Seit 2007 ist er Forschungsdirektor und Institutsleiter an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht. Gemeinsam mit der GPM leitete er Studien zum Projektmanagement, z. B. zur makroökonomischen Vermessung der Projekttätigkeit (2015, 2023), Gehalts- und Karrierestudien (2013-2024), „Mit Projekten Unternehmen erfolgreich führen“ (2012), die Global Project Management Survey (2010), Potentiale und Bedeutung des Projektmanagements aus der Perspektive des Topmanagements (2009). Internet: https: / / www.ebs.edu/ forschung/ institute-centerlabs/ institute-for-technology-innovation-customer-centricity eMail: christoph.schneider@ebs.edu
