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PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
121
2013
245 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.
INHALT www.pmaktuell.org EDITORIAL 2 Unsicherheit, Risiko und Komplexität in Projekten REPORT „30. Internationales Projektmanagement Forum“ mit breit gefächertem Programm: 3 Wie Projektmanager einen Helden vom Himmel fallen ließen Die evangelische Kirche vor umstrittenen Veränderungsprojekten: 7 „Wer will schon den Abrissbagger an ‚seiner‘ Kirche sehen? “ WISSEN M. Griguscheit: 22 EnBW: Unternehmensweite Implementierung schlanker Standards für Projektmanagement und Projektportfoliomanagement A. Oswald, J. Köhler: 30 Schnelles und langsames Denken in Projekten, Teil 1 D. Lang: 37 Take a Walk on the Wild Side - Mit dem „Faktor Mensch“ auf Risiko-Safari im Dschungel komplexer Projekte S. Borgert: 44 „Irgendwas ist immer“ - Machen Sie Ihre Projektorganisation H.A.P.P.I. A. Huber, M. Diener: 51 Fallstudie: Interventionen als Praktik der sozialen Führung von Projekten, Teil 1 J. Köhler: 55 Projektgeschichten und Fallstudien: Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ J. Irrgang: 56 Projektgeflüster: Pst … schon gehört? Stakeholder? Was soll das sein? M. M. Meyer: 57 PM-Software Meisterplan: Strategie-Brett für das Projektportfolio 59 Buchbesprechungen Projekt-Teams erfolgreich führen NACHRICHTEN 60 PM-Termine ■ Mittsommerkonferenz in Oslo ■ Coaching-Forschungsprojekt startet ■ Projektmanagement in der Windenergie GPM INTERN 64 3. Methodentag Projektmanagement in Augsburg zum Thema Projektkrisen ■ GPM stellt ihr Angebot beim Software Campus vor 66 Veranstaltungen der GPM Regionen 69 SPM INTERN 70 PMA INTERN 71 GPM KONTAKTE Zwischen den Seiten 16 und 17 finden Sie die Checkliste „Mehr-Ebenen- Modell des Risikomanagements“. Impressum Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Frankenstraße 152, D-90461 Nürnberg, unter Mitwirkung von spm - Swiss Project Management Association Flughofstraße 50, CH-8152 Glattbrugg und Projekt Management Austria Palais Schlick, Türkenstraße 25/ 2/ 21, A-1090 Wien Dipl.-Ing. Dipl.-Kfm. Reinhard Wagner (Geschäftsführender Herausgeber) Redaktion: Prof. Dr. Heinz Schelle, Oberau (Chefredakteur) Oliver Steeger, Bonn (Ressort Report) Dr. Mey Mark Meyer, parameta Projektberatung GmbH & Co. KG, Bremen (Ressort Software) Elisabeth Kraus, GPM, Nürnberg Anke Piwetzki-Wenicker, TÜV Media GmbH, Köln Dipl.-Ing. Norbert Hillebrand, BEHR GmbH, Stuttgart Prof. Dr. Siegfried Seibert, Hochschule Darmstadt Redaktionsbeirat: Prof. Dr. Hans Georg Gemünden, TU Berlin Prof. Dr. Nino Grau, FH Gießen-Friedberg, Friedberg Dr. Hans Knöpfel, Rosenthaler + Partner AG, Zürich Dr. Thor Möller, con-thor, Ganderkesee Dipl.-Ing. Manfred Saynisch, SPM-CONSULT, München Mag. Brigitte Schaden, BSConsulting, Wien Dr. Andreas Sebe-Opfermann, Universität Bremen Prof. Dr.-Ing. Konrad Spang, Universität Kassel Verlag: TÜV Media GmbH, TÜV Rheinland Group Am Grauen Stein, D-51105 Köln Postfach 90 30 60, D-51123 Köln Telefon: 02 21/ 8 06-35 11 Telefax: 02 21/ 8 06-35 10 www.tuev-media.de Geschäftsführerin: Gabriele Landes Koordination: Anke Piwetzki-Wenicker Telefon: 02 21/ 8 06-35 14 E-Mail: Anke.Piwetzki@de.tuv.com Anzeigenverwaltung: Gudrun Karafiol Telefon: 02 21/ 8 06-35 36 E-Mail: Gudrun.Karafiol@de.tuv.com © 2013 TÜV Media GmbH, Köln Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlages. Namentlich gekennzeichnete Beiträge sowie die Inhalte von Interviews geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder. Erscheinungsweise: 5 Hefte pro Jahr Bezugspreise: Preis des Einzelheftes: EUR 20,-. Jahresbezugspreis: EUR 67,-. Studentenjahresbezugspreis: EUR 47,-. Preisänderungen vorbehalten. Der Bezugspreis für Mitglieder der GPM ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Kündigung: sechs Wochen vor Ende eines Kalenderjahres schriftlich an den Verlag. Preise zuzüglich Versandkosten, Inlandspreise inkl. 7 % Mehrwertsteuer. Sonderausgaben werden zusätzlich berechnet. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift ohne Verschulden des Verlages oder infolge höherer Gewalt entfällt für den Verlag jegliche Lieferpflicht. Druckvorstufe und Druck: B.o.s.s Druck und Medien GmbH, Goch Titelfoto: © RASCHKE - CTC, Renate Raschke aus „Vernetztes Denken im Projektmanagement“, projektMANAGEMENT aktuell 2/ 2007 G 6010 24. Jahrgang 2013, 5/ 2013 ISSN 0942-1017 3 PM Forum 2013 in Nürnberg: Art Thompson, Technical Director „Red Bull Stratos Project“, berichtete über das Projektmanagement hinter Felix Baumgartners Sprung aus der Stratosphäre. 22 Die EnBW Energie Baden-Württemberg AG im strukturellen Wandel: Unternehmensweite Implementierung schlanker Standards für Projekt- und Projektportfoliomanagement › Veränderte energiepolitische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen › Geschäftsmodell infrage gestellt › Konzentration aller Energien auf die zwei strategischen Stoßrichtungen › Flexibles Umfeld braucht flexible Organisation › Wirtschaftlicher Wohlstand › Erfolgreiches Geschäftsmodell › (Finanzielle/ zeitl.) Spielräume für Einzelinteressen › Stabiles Umfeld stabilisiert Organisation Sicherheitsorientierung mit Tendenz zur Fehlervermeidung Loyalität mit Bereitschaft zum Sondereinsatz Selbstständigkeit mit Tendenz zur Verselbstständigung Primat der Linie im lange stabilen Umfeld Harmoniebedürfnis mit Tendenz zur Konfliktvermeidung Risiken managen und unternehmerische Chancen nutzen Transparenz über Auftrag und Zielerreichung Verpflichtung auf die neue Konzernstrategie Sachliche Konfliktentscheidung entlang der Konzernstrategie Gleichwertigkeit von Linie und Projektarbeit Bisheriges Umfeld Derzeitiges Umfeld Kultur bisher Kultur künftig projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 1 7 Pfarrer Matthias Dargel im Interview: „Die Kirchen in Deutschland befinden sich in starkem organisatorischen Wandel. Und dieser Wandel muss gestaltet werden.“ PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 1 2 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 2 EDITORIAL Unsicherheit, Risiko und Komplexität in Projekten E cclesia semper reformanda“, die Kirche muss sich ständig erneuern. Ein frühes Programm aus der Reformationszeit, das organisatorischen Wandel einschließt. Wer wäre besser dazu geeignet, dazu etwas zu sagen, als unser Interviewpartner, Pfarrer Matthias Dargel (Die evangelische Kirche vor umstrittenen Veränderungsprojekten: „Wer will schon den Abrissbagger an ‚seiner‘ Kirche sehen? “)? Er ist studierter evangelischer Theologe und Wirtschaftswissenschaftler und auf die Beratung von kirchlichen und diakonischen Organisationen spezialisiert. Er erläutert im Gespräch mit Oliver Steeger, vor welchen enormen Herausforderungen die evangelische Kirche in Deutschland steht. Sie leidet, wie die katholische Kirche, unter dem Rückgang der Zahl der Gläubigen. Pfarrer Dargel schildert, wie er mit den enormen Widerständen umgeht, die die notwendigen Projekte des Wandels gerade im kirchlichen und karitativen Bereich, also im Not for Profit- Bereich, hervorrufen. In einem zweiten Artikel berichtet Oliver Steeger über unser 30. Forum in Nürnberg. Wie schon in den Vorjahren erfreute sich unsere größte Veranstaltung hohen Zuspruchs und bot viele interessante Beiträge zur Weiterentwicklung der Disziplin. Die Energiewende stellt die traditionellen Geschäftsmodelle der großen Energieversorger infrage. Die EnBW Energie Baden-Württemberg nimmt eine strategische Neuausrichtung vor, die zu einem großen Teil über Projekte läuft. Welche Schwerpunkte die EnBW bei der Einführung von Standards im Projekt- und Projektportfoliomanagement gesetzt hat und wie der Spagat zwischen Standardisierung und Flexibilität gelingen kann, erfahren wir aus dem Erfahrungsbericht, den Martina Griguscheit für die Gesamtprojektleitung abgibt (EnBW: Unternehmensweite Implementierung schlanker Standards für Projektmanagement und Projektportfoliomanagement). Alfred Oswald und Jens Köhler beschreiben in ihrem Beitrag „Schnelles und langsames Denken in Projekten. Zur Beherrschung von Unsicherheiten in komplexen Projekten“, ausgehend von den bahnbrechenden empirischen Arbeiten von Kahneman (Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften 2002) und Tversky, welche intuitiven Denkfehler Menschen in Projekten machen. Sie demonstrieren, wie Intuition und Rationalität bei Entscheidungen, die nahezu immer unter Unsicherheit getroffen werden müssen, integriert werden können. Im zweiten Teil (in Heft 1/ 2014) wird die Brücke zur Theorie des Collective Mind geschlagen, die sich mit Teamzusammensetzung und Teamarbeit befasst und die von Oswald und Köhler entwickelt wurde. Einem ganz ähnlichen Thema (Take a Walk on the Wild Side - Mit dem „Faktor Mensch“ auf Risiko-Safari im Dschungel komplexer Projekte) widmet sich Dunja Lang: dem Risikomanagement von Projekten. Wer ihre Ausführungen liest, dem wird sofort klar, welche unzureichenden Werkzeuge das klassische Risikomanagement bislang zur Verfügung stellt. Ihre These: „Risiken sind ein Konstrukt, das aus menschlicher Wahrnehmung resultiert. Kombinieren wir neurowissenschaftliche Erkenntnisse mit denen der Systemwissenschaften, wird eine neue, bessere Form des Risikomanagements möglich.“ Für dieses neue Risikomanagement stellt die Autorin auch eine Checkliste zur Verfügung. Einen neuen Begriff führt Stephanie Borgert im Projektmanagement ein: den der Resilienz („Irgendwas ist immer“ - Machen Sie Ihre Projektorganisation H.A.P.P.I.). Resilienz ist hier zu verstehen als „Widerstandsfähigkeit, als Fähigkeit, mit Turbulenzen umzugehen“, eine in komplexen Projekten unverzichtbare Fähigkeit. „Resilienz“ - so Borgert weiter -„ist ein zentraler Aspekt, wenn es darum geht, Krisen frühzeitig zu antizipieren und sie erfolgreich zu meistern.“ An aktuellen Beispielen erläutert sie die sechs Dimensionen des Konstrukts. Andreas Huber und Markus Diener (Interventionen als Praktik der sozialen Führung von Projekten.Wie können Beeinträchtigungen in der Zusammenarbeit im Projekt erkannt und wirkungsvoll beseitigt werden? Teil 1) erläutern anhand einer Fallstudie (Projekt Rigi) ihren am Institut für Informatik der Universität Zürich entwickelten Ansatz zur Führung von sozialen Prozessen in Erst- und Einmal-Vorhaben. Die Lösung der Fallstudie wird im nächsten Heft vorgestellt. Unsere beiden Kolumnisten, Jens Köhler und Jacqueline Irrgang, erklären in unterhaltsamer Form den Unterschied zwischen komplex und kompliziert bzw. warum es sich auch im Alltag lohnt, zu Stakeholdern nett zu sein. Mey Mark Meyer (PM-Software Meisterplan: Strategie-Brett für das Projektportfolio) bespricht ein ganz ungewöhnliches Softwarepaket, das helfen soll, die Frage zu beantworten, welche Projekte sich mittelbis langfristig mit den vorhandenen Ressourcen tatsächlich umsetzen lassen. Meisterplan ist also für eine Portfolioplanung entwickelt worden. „ Oliver St PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 2 projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 3 REPORT Art Thompson, Technical Director des „Red Bull Stratos Project“, erläuterte das technische Projekt hinter Felix Baumgartners Sprung aus 39 Kilometer Höhe. Foto: Oliver Steeger E in Mann stürzt aus der Stratosphäre zur Erde. Im freien Fall durchbricht der Extremsportler bei 1.356 Kilometer pro Stunde die Schallmauer. Ein Wagnis, das im Oktober 2012 die Menschheit zu neuen Grenzen führte − und hinter dessen Gelingen Projektmanagement steht. Der US-Amerikaner Art Thompson leitete dieses Programm, er ermöglichte technisch Felix Baumgartners Sprung. Auf dem „Internationalen Projektmanagement Forum“ der GPM gab Thompson PM-Fachleuten Einblick in sein spektakuläres Projekt, das weltweit rund drei Milliarden Zuschauer an die Bildschirme holte. Projektmanagement kann Grenzen sprengen. Dies führte das PM Forum einmal mehr vor Augen. Unter dem Motto „Neue Dimensionen, neue Chancen − Vorsprung durch Projektmanagement“ diskutierten Wissenschaftler, Praktiker und Berater aktuelle Themen, erörterten neue Methoden und analysierten Erfahrungsberichte. Der diesjährige Kongress der GPM markierte zudem ein Jubiläum. „Wir führen das Forum zum dreißigsten Mal durch“, erklärte GPM Vorstandsvorsitzender Reinhard Wagner, „seit dem ersten Forum im Jahr 1983 hat sich unsere Veranstaltung zum größten PM- Kongress Europas entwickelt.“ In den vergangenen dreißig Jahren ist nicht nur das Forum vorangekommen, sondern auch das Projektmanagement selbst. Trotzdem bleiben Herausforderungen für Projektmanager: Projekte werden immer internationaler und komplexer; die Projektarbeit verlagert sich zunehmend in virtuelle Räume. „Es gibt weiterhin viel für uns zu tun“, stimmte Reinhard Wagner die Kongressteilnehmer auf die beiden Veranstaltungstage ein, „und wir brauchen mehr denn je den Austausch im Projektmanagement.“ Das zwölfköpfige Programmkomitee der GPM mit Prof. Steffen Rietz an der Spitze war bewusst sehr heterogen besetzt. Es erarbeitete ein breit gefächertes Programm mit Einblick in verschiedene Methoden, Branchen und zahlreiche Beispielprojekte. Rund 50 PM-Fachleute stellten in neun teils parallel stattfindenden Vortragsstreams ihre Erfahrungen und Ergebnisse vor. Für den Kongressbesucher oftmals die Qual der Wahl: Die Erfolgsrezepte des Bauprojekts Wie Projektmanager einen Helden vom Himmel fallen ließen „30. Internationales Projektmanagement Forum“ mit breit gefächertem Programm Es gilt als mittlerweile größtes PM-Event Europas: Mit 850 Besuchern und über 50 Referenten ging Ende Oktober das „30. Internationale Projektmanagement Forum“ der GPM an den Start. Der Kongress stellte Best Practices vor und präsentierte unter anderem Konzepte zum Portfoliomanagement und für Großprojekte. Fachleute berichteten über internationale Projektarbeit, die Nutzung „weicher“ Erfolgsfaktoren und über Trendthemen wie Agilität, Risikomanagement und Changeprojekte. Das diesjährige Motto: „Neue Dimensionen, neue Chancen − Vorsprung durch Projektmanagement“. Oliver Steeger „Gotthardtunnel“ kennenlernen − oder im Nachbarraum einen Bericht über die Anwendung von Projektmanagement im Profifußball hören? Sich für die Diskussion zur virtuellen Projektarbeit entscheiden oder für den zeitgleichen Vortrag über Frühwarnsysteme im Projekt? Einen Höhepunkt des PM Forums bildete traditionsgemäß die Verleihung des Preises „Deutscher Project Excellence Award“. Erstmals in der Geschichte dieses Wettbewerbs standen zwei Sieger auf der Bühne: ein Team der Deutschen Telekom und ein Team der Volkswagen AG. Die Leistungen der Teams lagen nach Meinung der Jury auf gleich hohem Niveau (siehe Bericht auf Seite 4). „Bei den beiden Gewinnern handelt es sich um völlig verschiedene Projekte, nämlich um ein Innovationsprojekt und ein Organisationsprojekt“, führte PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 3 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 4 REPORT Gleich zwei stolze Sieger standen auf der Bühne. Den Preis „Deutscher Project Excellence Award“ nehmen in diesem Jahr je ein Team der Deutschen Telekom und der Volkswagen AG mit nach Hause. Die Leistungen beider Teams lagen auf gleich hohem Niveau. Die Projekte zeigen, wie entscheidend heute Führungsstärke, Kommunikation, Interessenausgleich, Mitarbeitermotivation und Teamgeist für den Projekterfolg sind. So trägt das Telekom-Projekt technisch zum effizienten Umgang mit Energie im Haushalt bei. Das Projekt von Volkswagen hilft Arbeitsplätze in der Region Kassel nachhaltig zu sichern. Mit über 15.000 Beschäftigten gilt Volkswagen als größter Arbeitgeber in Kassel. Das dortige Werk versorgt den Konzern unter anderem mit Getrieben. Das Volkswagen-Projekt „Antriebsforum - Projekt, Produkt und Kompass für die Zukunft“ hat einen Beitrag zur Sicherung dieses Standorts geleistet. Es entwickelte innovative Rahmenbedingungen dafür, die Produktion in Deutschland nachhaltig auszubauen. Das Ergebnis: Volkswagen kann in Kassel auf mehr als 70.000 Quadratmetern Fläche profitabel fertigen; die erzielten Synergien zahlen sich aus. Die Award-Jury lobte insbesondere das starke Führungsteam des Projekts, die arbeitsfördernde Projektkultur sowie den Einsatz eines durchgängigen Systems von Projektmanagement. Seinen Mitarbeitern bot das Projekt viel Freiheit, Aufgaben zu gestalten und Entscheidungen zu treffen; zudem fand ihre Arbeit Wertschätzung im Team und bei Vorgesetzten. Den Beifall der Jury fand insbesondere das Innovationsdenken im Projekt, das zu teils verblüffenden Lösungen führte. Beispielsweise können die Mitarbeiter wahlweise im Stehen oder Sitzen arbeiten. Der Energiemarkt wandelt sich rasant - auch technisch. Seit drei Jahren dürfen in Europa nur noch digitale Energiezähler installiert werden, die sich aus der Ferne auslesen lassen (sogenanntes „Smart Metering“). Diese Chance hat die Deutsche Telekom bereits 2008 erkannt. Sie erarbeitet Dienstleistungen rund um das „Smart Metering“, angefangen beim elektronischen Fernauslesen der Zähler für Strom, Wasser und Gas bis hin zur Übermittlung der Rohdateien an die Versorgungsbetriebe. In seinem jetzt preisgekrönten Programm „Smart Metering Rollouts Phase III“ hat das Unternehmen einen weiteren Meilenstein erreicht und eine bundesweit agierende Programmorganisation aufgebaut - ein klassisches Organisationsprojekt. Beim Projektmanagement bewies das Team Glanzleistungen. So hatte das Kernteam seine Ziele gemeinsam entwickelt - mit der Folge, dass jeder die Ziele teilte und die Mannschaft an einem Strang zog. Anschließend folgte das Team konsequent einer einheitlichen Projektmanagementmethodik, wertete seine Arbeit aus und verbesserte laufend seine Vorgehensweise. Konsequent plante es die Kommunikation; es band die Interessengruppen seines Projekts ein, blieb während des Projekts im Dialog mit ihnen und traf verbindliche Absprachen mit den Gruppen. Was der Jury sympathisch war: Während des Projekts konnten sich Mitarbeiter weiterbilden. Ältere Projektmanager teilten ihr Wissen mit jüngeren Kollegen, und durch das Vorhaben wurden Teammitgliedern neue Karrierechancen eröffnet. Stolzer Sieger: Projektmanager Jürgen Pascheka von der Deutschen Telekom (rechts) mit der Award-Trophäe Foto: Oliver Steeger Projektmanager Heijo Jacobs (Volkswagen AG) mit GPM Vorstand Dr. Claus Hüsselmann (rechts im Bild) Foto: Oliver Steeger Projektteams sichern Arbeitsplätze und ermöglichen effiziente Energienutzung PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 4 GPM Vorstand Dr. Claus Hüsselmann aus, „beide Teams haben vorbildlich den Menschen ins Zentrum des Projektgeschehens gestellt.“ Fünf Keynote Speaker warfen einen inspirierenden Blick auch über den Tellerrand des Projektmanagements hinaus. Art Thompson, Technical Director des „Red Bull Stratos Project“, erläuterte das hinter dem Jahrhundertsprung stehende Projektmanagement. Eine der Herausforderungen: Das Projekt war von einem Privatunternehmen gesponsert. Thompsons Wissenschaftler und Ingenieure mussten sich nicht nur mit Raumtechnik, Behördenauflagen und Sportpsychologie auseinandersetzen, sondern auch mit Marketing und Werbeeffekten, die der Sponsor von dem Projekt erwartete. Thompsons Empfehlungen für derart komplexe Projekte: „Keep your eyes on the big picture.“ Details seien wichtig, doch Projektmanager dürften sich darin nicht verlieren. Zudem dürfe Bürokratie und Formalismus weder den Projektmanager noch das Projekt erdrücken. Projektmanagement ist ein Motor der Weltwirtschaft. Es ist mit der wirtschaftlichen Entwicklung vielfach unmittelbar verknüpft. Deshalb fanden die Analysen und Einschätzungen des ehemaligen Vorsitzenden der „Wirtschaftsweisen“ Prof. Wolfgang Franz großes Echo. Er erläuterte neue Prognosen zur Konjunkturentwicklung und stellte in Aussicht, dass die Rezession in Europa 2014 ausgestanden sei (geschätztes Wirtschaftswachstum 0,9 Prozent für die EU). Auch sei in absehbarer Zeit in den Euroländern mit keiner nennenswerten Inflation zu rechnen. „Im Euroraum haben wir genau betrachtet nicht eine, sondern drei Krisen“, erläuterte er. Nämlich eine Staatsschuldenkrise, eine Bankenkrise und eine makroökonomische Krise. Jeder Vorschlag müsse alle drei Krisen lösen. Beim derzeitigen Krisenmanagement hätten die Regierungen den richtigen Weg gewählt. Beispielsweise habe Griechenland Beachtliches zur Behebung der Krise geleistet. Trotzdem blieben Wünsche offen. Beispielsweise fehle ein Automatismus für Maßnahmen, die finanzpolitisches Fehlverhalten einzelner Länder sanktionieren und etwa bei zu hohem Staatsdefizit unweigerlich in Kraft treten. „Günter“ − so nennt der Arzt, Betriebswirt und Buchautor Dr. Stefan Frädrich den „inneren Schweinehund“. Jeder kennt ihn, jeder hat ihn. „Günter lebt in Ihrem Kopf und bewahrt Sie vor allem, was neu, mutig oder anstrengend ist“, erklärte Frädrich. Doch Günter lässt sich mit geschickten Strategien locken und sogar motivieren. Beispielsweise will Günter den Hintergrund einer mühevollen Aufgabe kennen, ihren „Sinn“. Versteht er den Sinn des Tuns, dann feuert er sogar an. Frädrichs pointierte Ausführungen trafen durchaus einen praktischen Kern: Jeder kann sich seinen Günter zum Freund machen. Wie dies? Hemmende Routinen kritisch prüfen, seine eigenen Stärken erfahren, den Sinn des Tuns erkennen, einen Weg statt des Ziels fokussieren, mit Freude handeln: Viele kleine Bausteine tragen dazu bei, sich auch für schwierige Aufgaben zu motivieren − und sich dabei nicht „hängen zu lassen“. Über ein Projekt an der Elfenbeinküste berichtete Hans-Hermann Dube (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit − GIZ). Der Hintergrund: Der Schokoladenrohstoff Kakao könnte bald merklich teurer werden, wie Lebensmittelkonzerne befürchten. In dem afrikanischen Land Elfenbeinküste, Hauptlieferant für Kakao, verschlechtert sich die Qualität des Rohstoffs durch ineffiziente und teils schädliche Landwirtschaft. Die GIZ setzt sich an der Elfenbeinküste im Schulterschluss mit dem Lebensmittelhandel für nachhaltigen Kakaoanbau ein. In einer Schulungsinitiative wurden bislang rund 1.000 einheimische Trainer ausgebildet, die die rund 1.000.000 Kleinbauern beim ökologischen Anbau beraten und die Arbeitsbedingungen der Menschen verbessern. „Bei solchen Projekten kommt es darauf an, die Stakeholder vollständig zu ermitteln und intensiv einzubeziehen“, erklärte Hans-Hermann Dube. Dieses Prinzip gelte noch mehr für Entwicklungsprojekte in Afghanistan. Der Konsens mit wirklich allen Gruppen trage dort zur persönlichen Sicherheit von Projektmanagern bei (siehe auch Beitrag „Kommunikation als Herzstück des Projektmanagements am Hindukusch“, Interview mit Hans-Hermann Dube in projekt- MANAGMENT aktuell 4/ 2013). Einen aromatischen Gruß brachte Projektmanagerin und Keynote-Referentin Yvonne Kuger (Flughafen München) von ihrem derzeitigen Einsatzort mit. Sie ließ duftendes Weihrauchharz aus dem Oman durch die Reihen der Zuhörer gehen, ein Alltagsgeruch in dem nahöstlichen Sultanat. Yvonne Kugers Aufgabe im Oman: Sie bereitet mit einem sechsköpfigen Team die Inbetriebnahme des in Bau befindlichen Flughafens der Hauptstadt Maskat vor − ein auf Jahre angelegtes Bau- und Organisationsprojekt, an dessen Ende 12.000 Flughafenmitarbeiter reibungslos zusammenarbeiten werden. „Wir berücksichtigen die enge Verzahnung von Bauprojekt und Organisationsprojekt“, erklärte Yvonne Kuger, „dabei müssen wir die enormen Erwartungen unserer internen und externen Stakeholder beachten.“ Hinzu kommen die kulturellen Besonderheiten: Das Team habe wöchentlich bis zu sechzig Meetings zu bewältigen, nach den omanischen Gepflogenheiten vielfach langwierige Unterredungen bei Kaffee und Datteln (siehe auch den Beitrag „12.000 Mitarbeiter werden am ,Tag X‘ reibungslos zusammenarbeiten“, Interview mit Yvonne Kuger in projektMANAGEMENT aktuell 1/ 2013). projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 5 Keynote Speakerin Yvonne Kuger, Flughafen München, leitet ein groß angelegtes Organisationsprojekt im Oman: Sie bereitet mit einem sechsköpfigen Team die Inbetriebnahme des in Bau befindlichen Flughafens der Hauptstadt Maskat vor. 12.000 Flughafenmitarbeiter sollen, so der Auftrag, am Eröffnungstag reibungslos zusammenarbeiten. Foto: Oliver Steeger PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 5 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 6 REPORT Oliver St Projektmanagement an Hochschulen zu fördern − dies schreibt sich die GPM seit 18 Jahren auf die Fahne. Mit ihrem „Deutschen Studienpreis Projektmanagement“ zeichnet die GPM jährlich akademischen Nachwuchs aus. Beim PM Forum 2013 standen drei Gewinner auf der Bühne, engagierte Absolventen und Doktoranden. Schwerpunkte bei den prämierten Arbeiten bildeten dieses Mal die Untersuchung von kooperativem Verhalten in unternehmensübergreifenden Projekten, die Entwicklung eines Reifegradmodells für Multiprojektmanagement und ein Konzept für Portfoliomanagement als ganzheitlicher Managementansatz. Die Jury aus Mitgliedern des GPM Kuratoriums sowie weiteren PM-Experten hatte aus zahlreichen Einsendungen diese drei hervorragenden Arbeiten ausgewählt. Dr. Timo Braun (Freie Universität Berlin) forschte zu einem im Projektmanagement weit verbreiteten und viel beklagten Problem. Bei zwischenbetrieblichen Projekten prallen unterschiedliche Organisationsstrukturen und Projektkulturen aufeinander. Die Frage: Wie gelingt es, die Zusammenarbeit zwischen diesen Partnern kooperativ zu gestalten? Welche Bedeutung hat die Kooperationsbereitschaft für das Erreichen gemeinsamer Projektziele? Fest steht, dass Projekte vom Engagement der beteiligten Partner leben. Dieses kooperative Engagement muss über die vertraglich vereinbarten Minimalforderungen hinausgehen, ohne dass dies finanziell direkt vergütet wird. Die Arbeits- und Organisationspsychologie hat solche Verhaltensweisen seit den 1980er-Jahren intensiv erforscht. Sie entwickelte das Konzept „Organizational Citizenship Behavior“ (OCB) − allerdings nur für die klassische Linienorganisation, also für permanente Organisationen. Hier setzt Dr. Timo Braun an. In seiner Dissertation „Kooperatives Verhalten in interorganisationalen Projekten − Eine konzeptionelle und empirische Weiterentwicklung des OCB-Ansatzes“ überträgt er OCB auf die Projektwelt und untersucht in diesem Zusammenhang die besonderen Merkmale und Eigenheiten von Projekten. Damit forciert er eine neue, deutlich mehr verhaltensbezogene PM-Forschung, aus der er praxisnahe Empfehlungen für die kooperative Projektarbeit ableitet. Mit dem Aufbau und Ausbau von Ansätzen für Multiprojektmanagement befasste sich Kai Wilhelm (Technische Universität Darmstadt). Bestehende Reifegradmodelle, die beim Multiprojektmanagement unterstützen, haben oft Schwächen. Es mangelt an Fundierung; der Fokus liegt häufig einseitig auf Prozessen, es fehlen Nachweise für die Gültigkeit. In seiner Diplomarbeit arbeitet Kai Wilhelm diese Schwächen heraus und entwickelt ein fundiertes, ganzheitliches und empirisch validiertes Reifegradmodell für Multiprojektmanagement. Er folgt dem Erfolgsfaktorenansatz, wertet Studien mit solchen Erfolgsfaktoren aus und wählt für ihn relevante Faktoren. Auf drei Forschungsfragen findet er Antworten in seiner Diplomarbeit, die er unter dem Titel „Entwicklung eines Reifegradmodells für das Multiprojektmanagement“ verfasst hat: Welche Aspekte sind zur ganzheitlichen Erfassung des Reifegrads zu beachten? Wie lassen sich die identifizierten Aspekte im Sinne eines Reifegradmodells messen? Ist das vorgeschlagene Modell gültig? Portfoliomanagement ist Chefsache, so behauptet Daniel Zimmermann (DHBW Duale Hochschule Baden- Württemberg) in seiner Bachelorarbeit. Er hat bei einem Energiekonzern umfangreiche Untersuchungen angestellt. Der Markt fordert von Unternehmen viel Flexibilität − bis hin zur projektbasierten Unternehmensführung. Projekte stehen dann allerdings unweigerlich im Kampf um Ressourcen. Portfoliomanagement „glättet“ diesen Kampf und hilft, die Ressourcen effizient einzusetzen. Doch bringt Portfoliomanagement im „Inhouse-Umfeld“ nach wie vor Probleme mit sich. Auf Basis seiner Untersuchungen entwickelte Daniel Zimmermann einen Portfoliomanagementansatz speziell für unternehmensinterne Dienstleister. Er belegt seine These, dass Portfoliomanagement seine volle Hebelwirkung mit einem integrierten Ressourcenmanagement entfaltet. So kann Portfoliomanagement als ganzheitlicher Managementansatz interpretiert werden. Mit seinem Portfoliomodell ging Daniel Zimmermann in die Praxis, untersuchte 75 Services des Unternehmens und zeigt, wie Portfoliomanagement konkret als Instrument zur Effizienzsteigerung und Kostenersparnis verwendet werden kann. Der Titel der Diplomarbeit: „Analyse, Konzeption und Umsetzung eines Service- und Projektportfoliomanagements für den Bereich Business Solutions des internen IT-Dienstleisters der EnBW AG“. ■ Die diesjährigen Träger des von der GPM verliehenen „Deutschen Studienpreis Projektmanagement“: Dr. Timo Braun, Kai Wilhelm und Daniel Zimmermann (v. l. n. r.) Foto: Oliver Steeger „Deutscher Studienpreis Projektmanagement“ verliehen PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 6 projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 7 Herr Pfarrer Dargel, in den evangelischen Kirchen im Rheinland und in Westfalen gehört Projektmanagement bereits seit Mitte der 1990er-Jahre zur Ausbildung von Pfarrern - und ist seit 2007 auch Teil des Examens. Jüngere Pfarrer sollten heute sowohl predigen als auch Projekte managen können. Aber wie passt dies zusammen - Pfarramt und Projektmanagement? Matthias Dargel: Die Kirchen in Deutschland befinden sich in starkem organisatorischen Wandel. Und dieser Wandel muss gestaltet werden. Da kommt den Pfarrerinnen und Pfarrern eine besondere Rolle und Verantwortung zu. Wegen der zahlreichen Kirchenaustritte? Die Austritte fallen gar nicht mal so stark ins Gewicht. Hauptsächlich stehen die evangelischen Kirchen vor demografischen Entwicklungen. Die Mitgliederzahlen nehmen insgesamt bereits seit den 1970er-Jahren ab - allerdings mit großen regionalen Unterschieden aufgrund von Wanderungsbewegungen, etwa durch Umzüge, mancherorts wächst eine Gemeinde sogar noch. Wir erkennen also starke, aber unterschiedliche Veränderungen - darauf müssen die kirchenleitenden Gremien reagieren. Etwa, indem Gemeinden fusionieren, nicht mehr benötigte Gebäude aufgegeben werden oder die Verwaltung effizienter organisiert wird. Dieser Wandel ruft bei den Betroffenen Sorgen hervor, manchmal auch Angst. Nicht nur mit ihren Gemeinden steht die Kirche vor einem Wandel, sondern auch bei ihren Einrichtungen wie der Diakonie. Krankenhäuser, Altenhilfe, Einrichtungen für Jugendliche und Behinderte - überall zeichnen sich Veränderungen ab. Es wird mehr Effizienz und Qualität gefordert. Das Gesundheitswesen mit all seinen Reformen war quasi nur die Vorhut. Auch in diesem Bereich müssen die Kirchen mit ihren diakonischen Einrichtungen - wie alle Unternehmen - „Wer will schon den Abrissbagger an ‚seiner‘ Kirche sehen? “ Die evangelische Kirche steht vor umstrittenen Veränderungsprojekten Ein Bürocenter in „meiner“ Kirche? Ein Wohnhaus? Oder eine Kneipe? Fast jedes zehnte Gotteshaus soll in Deutschland zur Disposition stehen. Vom Mitgliederschwund gebeutelt legen die Kirchen Gemeinden zusammen, fusionieren Kirchenverwaltungen und geben Gebäude auf. Auch die Evangelische Kirche im Rheinland steht vor diesem schmerzhaften Wandel. Mehr noch: Sie muss zudem in ihren Einrichtungen - etwa in Altenheimen oder Krankenhäusern - „Changeprojekte“ starten. „Die Veränderungen rufen teils enormen Widerstand hervor“, erklärt Pfarrer Matthias Dargel, der seine Kirche nicht nur von der Kanzel her kennt. Als Projektmanagementexperte und Unternehmensberater hat er viele Projekte des organisatorischen Wandels begleitet. Sein Motto: „Wenn niemand dagegen ist, habe ich nichts verändert.“ Wie er mit hartnäckigem Widerstand politisch geschickt umgeht, erklärt er im Interview. Oliver Steeger Pfarrer Matthias Dargel (Jahrgang1965) studierte Evangelische Theologie und Wirtschaftswissenschaften. Er war sechs Jahre lang Pfarrer, bevor er zu einer Unternehmensberatung nach Hamburg wechselte, bei der er als Partner den Bereich der Beratung von kirchlichen, diakonischen und kommunalen Organisationen ausbaute und verantwortete. 2005 wurde er Vorstandssprecher der Kaiserswerther Diakonie in Düsseldorf, einem der ältesten diakonischen Unternehmen in Deutschland. 2012 wechselte er als Vorstandsvorsitzender zur Theodor Fliedner Stiftung. Darüber hinaus nimmt er Lehraufträge im Predigerseminar Wuppertal (Gemeindeaufbau und Diakonie) und an der Evangelischen Fachhochschule Bochum wahr. Über Aufsichtsratsmandate ist er in die Entwicklung verschiedener großer diakonischer Organisationen im Rheinland aktiv involviert. Foto: Haroc Marcard/ Marcard-Fotodesign PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 7 die Strukturen und Arbeitsweisen permanent anpassen, um handlungsfähig zu bleiben. Die vielen erforderlichen Projekte, die den organisatorischen Wandel vorantreiben sollen, erklären den Bedarf an Projektmanagement. Projekte des Wandels gehören heute zur evangelischen Kirche wie der Gottesdienst am Sonntag. Wie nehmen die Pfarrer die Projektmanagementausbildung an? Bei einigen Pfarrern kommt die Projektmanagementausbildung gut an, bei anderen weniger. Es gibt durchaus Pfarrer, die grundsätzlich jedem Management sehr skeptisch gegenüberstehen, denen schon die Terminologie des Projektmanagements viel zu kalt und zu rational ist. Der Veränderungsdruck ist in den vergangenen Jahren mächtig gewachsen. Die Zahl der Kirchenmitglieder sinkt. In manchen Kirchen sind zum Sonntagsgottesdienst gerade einmal die ersten beiden Sitzreihen gefüllt. Man muss Gemeinden zusammenlegen und Kirchen aufgeben. Der Widerstand gegen diesen Wandel wächst. Die Betroffenen tragen Konflikte öffentlich und in aller Schärfe aus. Demonstrationen, Leserbriefaktionen bis hin zu wüsten Beschimpfungen begleiten die Projekte. Wie kommt es zu diesem plötzlichen Veränderungsdruck? Der Druck kam nicht plötzlich. Die Vorzeichen des Wandels waren in der evangelischen Kirche lange be- PM-Ausbildung für Pfarrer kannt. Um die demografische Entwicklung und die rückläufigen Mitgliederzahlen wissen die Kirchen im Grunde seit vierzig Jahren. Auch die noch stärker rückläufigen Einnahmen aus Kirchensteuermitteln sind seit mindestens fünfzehn Jahren bekannt. Trotzdem wuchs beispielsweise in der westfälischen Kirche noch bis vor zehn Jahren durch Neueinstellungen die Zahl der Pfarrer … … und jetzt werden etwa im Ruhrgebiet Dutzende Kirchen geschlossen und anders genutzt. In einigen entwidmeten Kirchen finden sich heute beispielsweise Hotels, Wohnhäuser oder Restaurants. Oder die Kirchen werden von anderen Glaubensgemeinschaften weitergeführt. Diese Umnutzung ist ein nach außen gut erkennbares Zeichen des Wandels. In manchen Städten des Ruhrgebiets hatte eine Kirchengemeinde zum Beispiel Ende der 1940er-Jahre vielleicht vierbis fünftausend Mitglieder. Durch Zuzug und starke Geburtenjahrgänge wuchs dies in den 1970er-Jahren auf über 20.000 Mitglieder; zusätzliche Kirchen und Gemeindezentren wurden gebaut. Dann fiel die Zahl wieder auf derzeit um die 5.000 Mitglieder - mit weiter sinkender Tendenz. Einige der damals gebauten Kirchen stehen heute in vorwiegend von muslimischen Bürgern bewohnten Stadtteilen. Die Gemeindemitglieder sind in andere Stadtviertel oder ins Umland verzogen. Und so kommt es, dass stark geschrumpfte Gemeinden ihre Gebäude weder aktiv nutzen noch unterhalten können. Das Schiff hat also ziemlich Schräglage. So ist es. Anhand der kommunalen Bevölkerungsstatistiken und -prognosen lässt sich aber sehr gut die Zahl der Kirchenmitglieder hochrechnen und abschätzen, wo die Kirchen beispielsweise in zwanzig Jahren stehen werden. Doch der Widerstand gegen den Wandel ist groß. Solange es geht, halten viele Gemeinden lieber am Status quo fest, an der Kirche, in der man getauft und konfirmiert wurde und in der man geheiratet hat. Über den Widerstand - und den Umgang im Veränderungsprojekt damit - will ich mit Ihnen sprechen. Der Abschied von Gebäuden schmerzt. Aber dies ist doch nicht der einzige Grund für den Widerstand? Die Schließung oder gar der Abriss von Kirchen rührt für viele Menschen an einem wunden Punkt. Die persönliche Biografie, viele Erinnerungen sind mit dem Gebäude verknüpft. Solche Konflikte eskalieren bis in die Medien hinein. Gerade Kirchenmitglieder, die dem kirchlichen Leben sonst eher distanziert gegenüberstehen, werden dann oft sehr aktiv in ihrem Protest gegen die Schließung einer Kirche. Es gibt aber noch eine andere, mindestens ebenso bedeutsame Quelle von Widerstand: Die evangelische Kirche wird auch in ihrer Leitung stark von Ehrenamtlichen getragen, etwa von Mitgliedern der örtlichen Presbyterien oder der Kirchenkreis-Synoden. Widerstand gegen Wandel Kirchen werden umgewidmet 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 8 REPORT Kirchengemeinden stehen vor einem tief greifenden Wandel: Ihnen gehen die Kirchenmitglieder aus - ein demografisches Problem, wie Fachleute wissen. Foto: eyetronic - Fotolia.com PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 8 Diese Ehrenamtlichen wollen in ihrer Gemeinde etwas bewegen. Sie wollen nicht die Angebote reduzieren und etwa Gemeindezentren schließen. Solche „Negativaufgaben“ haben nichts mit dem Selbstverständnis zu tun, mit dem diese Menschen ihr Ehrenamt angetreten haben. Sie sagen, solche Konflikte stehen denen bei „Stuttgart 21“ kaum nach. Wenn Menschen emotional betroffen sind und sich stark engagieren und identifizieren, kann die Auseinandersetzung auch bei Kirchenschließungen in puncto Mittel und Stil gelegentlich eskalieren. Zum Glück gab es bislang keine Polizeieinsätze oder körperliche Gewalt. Aber die in den Medien geführten Auseinandersetzungen machen deutlich, dass viel Enttäuschung und Wut dabei sind. Mit Projektmanagement versucht die evangelische Kirche den Wandel praktisch in den Griff zu bekommen und ihre Veränderungsaufgaben zu kanalisieren. Beispielsweise hat die Evangelische Kirche von Westfalen unter dem Titel „Kirche mit Zukunft“ von 1997 bis 2005 ein groß angelegtes Projekt zum Wandel initiiert. Zukunftsszenarien wurden den Kirchenkreisen und Gemeinden vorgelegt. Es gab Informationsabende. In Diskussionsrunden wurden angemessene Strukturen erörtert. Auch in puncto Projektmanagement wurde geschult. Das Ziel bestand und besteht darin, auch mit weniger Einnahmen und einer kleiner und älter werdenden Mitgliederzahl ein angemessenes kirchliches Angebot für alle sicherzustellen. Die Maßnahmen reichen von Fusionen bei Gemeinden und Kirchenkreisen über größere Verwaltungseinheiten, die leistungsfähiger und effizienter als bisher arbeiten können, bis hin zur Reduktion von Personal und Gebäuden. Konkret? Das Gebiet der Evangelischen Kirche von Westfalen umfasste Ende der 1990er-Jahre 33 Kirchenkreise. Es wurde dann im Rahmen eines Projekts in elf sogenannte „Gestaltungsräume“ gegliedert, denen jeweils drei bis vier Kirchenkreise zugeordnet waren. Innerhalb dieser „Gestaltungsräume“ für die Kirchen Gestaltungsräume sollen dann die Kirchenkreise Partnerschaften schließen bis hin zur Fusion. Ähnliches haben manche Kirchenkreise dann auch jeweils für ihr Gebiet mit den Gemeinden durchgeführt. Die Schwierigkeit: Den selbstständigen Kreisen und Gemeinden können die erforderlichen Fusionen nicht verordnet werden. Und mancherorts ist es auch sinnvoll, „unterhalb“ einer Fusion zu kooperieren und lediglich Verwaltungen, Jugendarbeit oder diakonische Angebote zusammenzuschließen. Hat man Erfolg mit diesen Konzepten? Auf jeden Fall, wenn auch nicht flächendeckend einheitlich. Einige Kirchenkreise und Gemeinden sind schon projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 9 Taufe, Hochzeit, Konfirmation - Kirchengebäude sind bei vielen Kirchenmitgliedern fest mit der Biografie verwoben. Wo Kirchen aufgegeben werden, regt sich häufig Widerstand. Foto: elisabetta figus - Fotolia.com Anzeige www.rillsoft.de Download 30-Tage-Vollversion Rillsoft GmbH • Mollenbachstrasse 14 • 71229 Leonberg Tel.: 07152-395745 • Fax: 07152-395744 • E-Mail: info@rillsoft.de Projektmanagement Software - Terminplanung - Ressourcenmanagement - Kapazitätsplanung - Personaleinsatzplanung - Projektportfolio - Integrierter Report-Generator - Terminplanung - Ressourcenmanagement - Kapazitätsplanung - Personaleinsatzplanung - Projektportfolio - Integrierter Report-Generator PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 9 sehr weit. So haben sich beispielsweise die ursprünglich vier Kirchenkreise in Dortmund zu einem zusammengeschlossen und auch die Verwaltung vollständig integriert. Auch viele Gemeindezusammenschlüsse sind zu verzeichnen. Dennoch ist viel Protest zu hören. Manche Gemeinden schließen sich dem Wandel nicht an. Nach evangelischem Kirchenverständnis sind die Gemeinden letztlich selbst verantwortlich dafür, Personal abzubauen oder Gebäude aufzugeben. Sie können nicht „von oben“ dazu gezwungen werden. Deshalb nimmt man vor allem den Weg der Ermutigung und Motivierung: „Macht euch auf den Weg“. Im Projekt wurden Einige Gemeinden schon sehr weit positive Beispiele für den Wandel gesammelt. Man hat Informationen, Prognosen, Szenarien, Ziele sowie Konzepte präsentiert. Angebote zur Strukturierung und Planung des Vorgehens mit dem erforderlichen Projektmanagement wurden unterbreitet. Kann man nicht über die Finanzen das Umdenken erzwingen? Leere Gemeindekassen sind doch ein überzeugender Grund für den Wandel … Das ist auch eine Frage der Wahrnehmung und Transparenz. Das kirchliche Finanzwesen fußte lange Zeit faktisch auf einer Ein- und Ausgabenrechnung auf Jahresbasis - ähnlich wie bei kommunalen Haushalten. Insbesondere der Werteverzehr bei Anlagen und Gebäuden wurde und wird zum Teil bis heute nicht abgebildet. Stichwort „Abschreibungen“ … Lange Zeit ging dies ja auch gut. Jetzt aber stellen viele Gemeinden fest, dass sie die anstehende Sanierung ihrer Immobilien kaum noch bezahlen können. Man hat die Einrichtungen jahrelang auf Verschleiß gefahren, um Veränderungen zu umgehen und so weiterzuarbeiten wie in den Jahrzehnten zuvor. Vielerorts wurde vom Vermögen gezehrt - ohne Nachhaltigkeit zu sichern. Kein inhabergeführtes mittelständisches Unternehmen würde so wirtschaften. Allerdings haben mittlerweile unter anderem die Evangelische Kirche im Rheinland und die Evangelische Kirche von Westfalen begonnen, ein neues kirchliches Finanzwesen einzuführen. Es soll diese Fehlsteuerung vermeiden - ebenfalls ein mehrjähriges Projekt mit vielen Problemen, vor allem bei der EDV und der Anlagenbewertung. Sprechen wir über Strategien. Welche Strategien bieten sich für solche Veränderungsprojekte an? Theoretisch gibt es drei Optionen. Die erste Option: Die Gemeinde nimmt sich über Jahre Zeit für den Wandel und gewöhnt ihre Mitglieder langsam an die Veränderungen. Der Konfirmandenunterricht findet beispielsweise für mehrere Bezirke nur noch in dem Gemeindezentrum statt, das langfristig Bestand haben wird. Hochzeiten und andere Veranstaltungen mit hoher emotionaler Bindung der Kirchenmitglieder werden in die Kirchen verlegt, die langfristig erhalten werden sollen. So werden die Bindungen beispielsweise an bestimmte Gebäude gelockert und damit der Abschied von bestimmten Gebäuden erleichtert. Ein schleichender und wirkungsvoller Prozess. Wo ist der Haken? Der Veränderungsdruck ist anfangs zu niedrig. Kaum jemand geht diesen langen Weg, weil er viele Jahre dauert und viel Erklärungszwang mit sich bringt. Deshalb die zweite Option: Man versucht mit mehreren Gemeinden eine regionale Lösung durch Aufbau einer mittelfristigen Planung. Dies setzt aber politische Einigung voraus. Strategien für den Wandel „Macht euch auf den Weg“ 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 10 REPORT Im Ze berate in ein Sie an FÜR PROJE Immer weniger Kirchgänger: Schätzungsweise jede zehnte Kirche in Deutschland muss geschlossen werden. Foto: Phoxo - Fotolia.com PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 10 Der X-Moment: Wir sind bereit für den nächsten Level. Wird das Projekt gelingen? Sind unsere Prozesse effizient? Können wir diesen Gipfel gemeinsam erreichen? Welche Route sollen wir wählen? Vor uns liegt ein langer Weg, gehen wir’s an! Wird das Team den Wandel mittragen? Im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen Sie. Unsere Experten in sechs Ländern beraten Sie ebenso professionell wie innovativ und begleiten Sie mit großem Einsatz in eine erfolgreiche Zukunft. Effiziente Lösungen und begleitendes Training bringen Sie an Ihr Ziel. FÜR X-MOMENTS, DIE BEWEGEN. www.nextlevelconsulting.eu PROJEKTMANAGEMENT | PROZESSMANAGEMENT | CHANGE MANAGEMENT PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 11 Wie sieht die dritte Option aus? Das kurzfristige Hau-Ruck-Verfahren. Das Geld ist „plötzlich“ weg. Mit allen Schmerzen und Verwerfungen, die beim Handeln unter großem Zeitdruck entstehen, wird ein Gebäude geschlossen oder abgegeben. „Sachzwänge“ sind dann das Argument. Dafür müssen die Verantwortlichen dann aber auch „schlechte Presse“ und kurzfristig massiven Widerstand aushalten können. Sprechen wir von der Diakonie. Die evangelische Kirche ist auch Unternehmerin. In der Diakonie mit ihren Einrichtungen für Senioren, Behinderte und Jugendliche sind allein im Rheinland und in Westfalen weit über 100.000 Hauptamtliche beschäftigt. Diese Einrichtungen unterliegen ebenfalls einem Wandel. Allein die Finanzierung etwa von Krankenhäusern, Jugendarbeit oder Altenhilfe hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend verändert. Wer so wie vor zehn Jahren wirtschaftet, steht bald vor leeren Kassen. Das ist richtig und betrifft aber nicht nur die Kirchen und ihre Diakonie. Die sogenannte Ökonomisierung des sozialen Handelns ist staatlich gewollt und Teil einer Veränderung gesellschaftlicher Steuerungsprozesse in Deutschland insgesamt. Aha? Inwiefern? Grob gesagt, früher haben die sozialen Einrichtungen ihre Kosten auf Nachweis mehr oder weniger komplett erstattet bekommen. Dabei wurden die höheren kirchlichen Tarife ebenso anerkannt wie manche diakonische „Zusatzleistung“, beispielsweise ein Krankenhausseelsorger. Heute rechnet man in Fallpauschalen, Fachleistungsstunden oder Pflegestufen. Die Preise sind gedeckelt. Die Leistungen sind statistisch normiert über alle Anbieter, sei es privat, öffentlich oder kirchlich. Diakonische Zusatzleistungen müssen nun über Gewinne oder Spenden finanziert werden. Hinzu kommt: Die Preisfindung erfolgt dabei nicht immer nach tatsächlichen Kosten, sondern manchmal einfach nach Kassenlage der Versicherungssysteme oder öffentlichen Haushalte. Stichwort „Kostendruck“. Was ist zu tun? Zunächst: Strukturell wird es weniger mittelgroße Einrichtungen geben. Entweder eine Einrichtung positioniert sich als relativ kleiner Nischenanbieter ohne teuren Overhead - allerdings in der Regel auch ohne großes Innovations- und Investitionspotenzial - oder es gibt Zusammenschlüsse zu Großunternehmen mit mehreren Tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dann: Prozesse müssen effizienter gestaltet werden - so, wie man es aus der Wirtschaft kennt. Dies ruft teilweise massive Widerstände unter den Mitarbeitern hervor, vor allem im mittleren Management. Dort kommt es in der Regel zu den meisten Veränderungen. Und auch hier gilt: Die Einrichtungen der Diakonie sind selbstständige Unternehmen. Niemand kann ihnen zentral ein strategisches und ökonomisches Denken verordnen. Augenblick! Der Geschäftsführer oder der Vorstand einer Stiftung, die eine Einrichtung trägt, haftet doch. Eine gewisse Einsicht in ökonomische Notwendigkeit darf man voraussetzen. Natürlich gibt es eine Haftung für grobe Pflichtverletzung oder Verschulden. Aber einen verantwortlichen, persönlich haftenden Eigentümer im klassischen Sinne suchen Sie bei diesen Einrichtungen vergebens. Denn der Anlass für die Gründung eines solchen Unternehmens war ja auch nicht der Wunsch, Eigentum zu bilden. Es geht um das Hilfsangebot bei sozialen oder gesundheitlichen Problemen in der Gesellschaft. Viele Mitarbeiter dieser Einrichtungen halten bis heute diese Ökonomisierung und die damit verbundenen Managementaufgaben für unvereinbar mit ihrem Auftrag. Sie wollen individuell auf Menschen eingehen. Dieser Wunsch reicht bis in die Vorstände hinauf. Die Einführung von Leistungsnormierung und Festpreisen führt hingegen zur Rationalisierung und Standardisierung der sozialen Arbeit. Die dabei empfundene Kälte widerspricht dem beruflichen Selbstbild vieler Mitarbeiter. Argument „Kostendruck“? 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 12 REPORT Mitarbeiter der Krankenhäuser befürchten, dass Changeprojekte zur „Ökonomisierung“ von Medizin und Pflege führen. Foto: Gina Sanders - Fotolia.com Auch die Einrichtungen der Kirche müssen sich anpassen und Projekte des organisatorischen Wandels durchführen. Foto: Peter Atkins - Fotolia.com PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 12 Dort Gewinnstreben und Ökonomisierung, hier Mitmenschlichkeit und tätige Nächstenliebe? Ich begegne in diakonischen Einrichtungen viel intrinsischer Motivation, also Motivation, die sich aus dem Interesse an dem sozialen Beruf und dem Helfenwollen speist. Es gibt besondere Gründe, weshalb jemand Arzt, Pflegekraft oder auch ehrenamtlicher Mitarbeiter wird. Dieses Für-andere-da-Sein hat bei diesen Menschen sicher einen höheren Stellenwert als sonst in der Gesellschaft. Manche verdeutlichen dies an einem Dreieck, dessen drei Spitzen die Begriffe „Struktur“, „Kultur“ und „Ziele“ bilden. Die Mitarbeiter verorten sich also auf der Achse „Kultur - Ziele“ … … derweil die Strukturaspekte subjektiv in den Hintergrund treten. In diesem Punkt unterscheiden sich die diakonischen Unternehmen sicher von Organisationen der Wirtschaft, hier ist vermutlich die Achse „Ziele - Struktur“ viel dominanter ausgeprägt. Da bleibt manchmal die Kultur auf der Strecke … Mangelnde Kultur wird ja der Wirtschaft häufig vorgeworfen, gerade von Menschen aus sozialen Berufen. Ja, das ist ein kaum überprüfbares Vorurteil. Es prägt aber das eigene Handeln in Kirche und Diakonie erheblich: „So wie in der Wirtschaft wollen wir nicht sein.“ Aber der Widerstand richtet sich ja nicht nur gegen die vermeintliche oder tatsächliche Ökonomisierung, sondern gegen fast jeden Wandel. Beispielsweise will die Geschäftsführung den Organisationsaufbau restrukturieren und die Abläufe verändern. Die Mitarbeiter widersetzen sich. Sie sind auch über Sachargumente kaum zu erreichen. Da spielt viel Emotionales mit. Richtig. Mit den klassischen Sachargumenten erreicht man insbesondere intrinsisch motivierte Mitarbeiter nicht, also Menschen, die man mitunter „Überzeugungstäter“ nennen kann. Dies können Sie anhand der Konflikte von „Stuttgart 21“ gut studieren. Niemand kann die hartgesottenen Projektgegner mit Sachargumenten überzeugen. Es handelt sich um Menschen mit Idealen, mit innerer Überzeugung und festen Wertvorstellungen, aus denen heraus sie gegen das Projekt sind. Dies gilt auch für viele Mitarbeiter in der Medizin oder Pflege. Inwiefern? Das Ökonomische gehört nicht vorrangig zum Selbstbild der Mitarbeiter - zumindest so lange, wie die Mitarbeiter keinen persönlichen Veränderungsdruck, also eigene ökonomische Not spüren. Veränderungen „nur“ aus Gründen der Wirtschaftlichkeit werden in der Regel abgelehnt. Die Ökonomisierung wird von den Mitarbeitern als Beitrag zur Rationierung von Leistungen erlebt, daraus ergibt sich die eher ablehnende Haltung auch gegenüber vielen Managementbausteinen. PM zunächst abgelehnt Emotional gefärbte Widerstände Auch gegen das Projektmanagement? Projektmanagement versachlicht und rationalisiert Entwicklungsprozesse. Man bringt einen bestimmten Prozess von Entscheidungen und Ausführung in eine logische Reihenfolge. Bei den Mitarbeitern steht hingegen die ganz und gar nicht immer sachlogische individuelle Beziehung zum Klienten im Vordergrund. projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 13 Viele Einrichtungen wie Krankenhäuser, Rehakliniken oder Pflegeheime sind mit den Kirchen verbunden. Foto: Robert Kneschke - Fotolia.com Sichern Sie Ihren Erfolg durch unsere Expertenteams aus China und Taiwan. Wir sind Profis in PM-Beratung, Echtzeit-Controlling, Führungs-Coaching, Team-Bildung und interkulturellem Training. www.huang-jaumann.de MANAGEMENT KNOW-HOW FÜR CHINA-PROJEKTE China-Projekte effektiv durchführen. Wir zeigen den Weg. Anzeige PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 13 Angebote zum Projektmanagement - etwa Schulungen - laufen also ins Leere? Zumindest ist es sehr schwer, einen akzeptierten Zugang zu finden. Einen zunächst schwer zu durchschauenden Gruppenprozess methodisch transparent zu machen, professionelle Beziehungen zu versachlichen gilt manchmal schon als menschenverachtend. Die Methode steht von ihrem eigenen Anspruch her dem entgegen, was diese Menschen erwarten und wollen. Diesen Widerstand kennen wir auch von den Versuchen her, Qualitätsmanagement im sozialen Bereich einzuführen. Bestimmte Beziehungsprozesse im Geschehen etwa zwischen Pflegekraft, Arzt und Klient sollen in eine nachvollziehbare, standardisierte Form gebracht werden. Qualitätsmanagement rationalisiert diese Prozesse, macht sie messbar und überprüfbar. Dies verbessert die Verlässlichkeit und Güte einer Dienstleistung. Aber wie will man so etwas wie menschliche Zuwendung in dieses Raster pressen? Beziehungsgeschehen, so entgegnen Kritiker, kann man halt nicht rationalisieren. Man erreicht mit dem Management offenbar eine Grenze. Sicher kann man menschliche Zuwendung nicht standardisieren. Doch sind viele, vielleicht sogar die meisten Tätigkeiten etwa von Ärzten und Pflegekräften nicht von menschlicher Zuwendung geprägt. Es ist technisches Handeln - oft ohne Patientenkontakt. Standardisierung und Technisierung macht einen Teil dieser Prozesse günstiger sowie sicherer und besser. Betten zu reinigen, eine Operation vorzubereiten, eine Pflegeplanung zu erstellen - dies alles ist Sacharbeit und keine Beziehungsarbeit. Hier kann man gut technisch rationalisieren, ohne die Patientenbeziehung zu beeinträchtigen. Ähnliches gilt für das Projektmanagement. Viele Aufgaben auch im Gemeindeleben und in der Diakonie kann man versachlichen - zumal dies unter dem Strich dem Klienten zugutekommt. Und offen gesagt: Dies wissen viele Mitarbeiter in der Regel auch. Was steckt also letztlich hinter dem Widerstand und steht dem Wandel entgegen? Der Wandel verändert massiv den Beruf etwa von Ärzten oder Pflegepersonal. Ein Beispiel: Die Pflegeausbildung in Deutschland war lange davon geprägt, dass jede Pflegekraft „alles“ macht. Dies führt insbesondere bei kurzen Verweildauern der Patienten und knappem Personal zu permanenten Informationsdefiziten und zu Verwirrung beim Patienten, wer denn sein Ansprechpartner sei. Daher orientieren sich heute viele Krankenhäuser verstärkt an dem im Ausland verbreiteten „Primary- Nurse“-System. Der Patient hat genau eine Pflegekraft als Ansprechpartner, als Bezugspflegekraft. Genau! Diese überwacht den Pflegeprozess und setzt die anderen Kräfte passend ein. Der Patient fühlt sich interessanterweise dadurch besser versorgt und informiert. Dieses System verändert den Pflegeberuf massiv. Während die Bezugspflegekraft eher aufgewertet wird (tendenziell auch in der Ausbildung etwa durch ein Bachelorstudium), entfallen manche anderen Arbeitsplätze für Pflegekräfte zugunsten von Servicekräften. Und nicht jeder hat mehr den gleichen Kontakt zum Patienten und das Gefühl, er sei Bezugsperson für den Patienten. Dies stört nicht nur das Selbstbild der Mitarbeiter, sondern betrifft auch Entlohnungsfragen und einen ganzen Berufsstand. Um es auf den Punkt zu bringen: Einrichtungen im Gesundheitswesen sind sogenannte „Expertenorganisationen“. In diesen Organisationen machen einzelne Mitarbeiter deswegen Karriere, weil sie über Expertenwissen verfügen, oft sogar als Einzige. Will ich etwas verändern oder gar Abläufe standardisieren, gehe ich damit an die Grundinteressen der Stakeholder. Ein Projektmanager in der Diakonie sollte daher die Stakeholder mit ihren speziellen Sichtweisen sehr genau kennen. Er sollte versuchen, die Wurzel des Widerstands schnell zu erreichen. Und nicht immer sind das dann Sachargumente, sondern oft trifft er dann auch auf Ängste vor Statusverlust oder auf Erwartungen, die sich aus dem Berufsbild ableiten. Leicht gesagt! Einige Einrichtungen nehmen lieber eine Teilschließung in Kauf, als dass sie ihre Arbeitsweise modernen Anforderungen anpassen. Mit Sachargumenten, dies sagten wir, lässt sich der Widerstand nicht überwinden … … solange der Veränderungsdruck fehlt. Die Kunst bei solchen Projekten ist es, einerseits den Problemdruck der Geschäftsführung in den Problemdruck der Mitarbeiter zu verwandeln und andererseits diesen mit einem Veränderungssog, also einer positiv besetzten Lösungsidee, zu verbinden. Es braucht also immer zweierlei, einen spürbaren Problemdruck und eine attraktive Lösungsidee - und zwar immer aus Sicht der Mitarbeiter und möglichst auch der Patienten. Die erkennbaren Vor- „Berufsbild“ im Fokus der Diskussion Mitarbeiter Problemdruck spüren lassen 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 14 REPORT Stakeholdermanagement in Krankenhäusern: Interessengruppen wie Ärzte und Pfleger müssen beim organisatorischen Wandel mit einbezogen werden. Foto: lilibella - Fotolia.com PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 14 teile und die anlassgebenden Notwendigkeiten für das Changeprojekt müssen von den beteiligten Mitarbeitern verstanden werden. Im Umkehrschluss …? Sind sich die Mitarbeiter einig, dass weder sie noch die Klienten ein Problem haben, sondern nur die Geschäftsführung - dann hat es das Projektmanagement richtig schwer. Dies ist, oft aus Zeitgründen, bei vielen Veränderungsprojekten die Hauptursache für großen Widerstand. Anlass und Ziel des Projekts bleiben den Betroffenen fremd. Auf der einen Seite sollen sie schmerzhaft ihr Selbstbild verändern, auf der anderen Seite sollen offenbar „nur“ die Probleme der Geschäftsleitung gelöst werden. Angenommen, der „Worst Case“ tritt ein. Die Mitarbeiter verschließen sich Sachargumenten. Ein harter Kern von Projektgegnern sträubt sich mit aller Macht gegen die geplanten Veränderungen; Zorn und Wut schäumen hoch, der Widerstand zieht in der gesamten Belegschaft Kreise, es droht ein Flächenbrand. Was kann ein Projektmanager tun? Diskussionen fruchten in dieser Situation kaum noch. Er kann versuchen, eine kritische Masse zu gewinnen. Mit Mehrheiten arbeiten? Wie darf ich dies verstehen? Bei Veränderungsprojekten beobachte ich immer wieder ein Muster: Ein verhältnismäßig kleiner Teil der von dem Projekt betroffenen Stakeholder wendet sich anfangs gegen das Projekt, eine weitere kleine Gruppe begrüßt es von Anfang an. Beide Gruppen umfassen normalerweise jeweils rund 20 Prozent der Stakeholder. Der Rest - also bei Weitem die Mehrheit! - ist unentschieden. Daraus ergeben sich zwei Fragen: Erstens, wie kann der Projektmanager die große Gruppe der Unentschiedenen auf seine Seite bekommen? Zweitens, wie kann er die Gruppe der Gegner möglichst ruhigstellen? Denn die Kritiker werden ebenfalls versuchen, die Unentschiedenen für sich zu gewinnen. Letztlich geht es bei solchen Projekten des organisatorischen Wandels immer um Mehrheiten, es handelt sich um einen politischen Prozess. Das Projekt „Stuttgart 21“ hat diesen Prozess deutlich gemacht. Eine kleine Gruppe von Kritikern und Gegnern hat virtuos die öffentliche Meinung für sich genutzt, etwa über die Presse, über das Internet oder auf Kundgebungen. In dem schrillen Getümmel sind die positiven Botschaften zum Projekt hoffnungslos übertönt worden. Eben in diesem Punkt liegt die Lösung. Die Kritiker sind normalerweise nicht von Anfang an laut. Sie formieren ihren Widerstand erst während des Projekts. Anfangs wollen sie sich vielleicht auf die Veränderungen sogar noch einlassen. Der Widerstand regt sich erst, wenn die Kritiker merken, dass zentrale Bedingungen nicht erfüllt werden oder die Veränderungen zu massiv ihre Vorstellungen infrage stellen. Zu diesem Zeitpunkt sollte dann aber das Projekt mit positiven Botschaften schon gepunktet haben. Es muss mit seiner Kommuni- Mit Mehrheiten arbeiten kation schneller, immer einen Schritt voraus sein und die Themen bereits formuliert haben. Die Kommunikation wird also stark von der Zeit getrieben. Hinter der Kommunikationsplanung muss eine stringente Zeitplanung stehen. Steht das Projekt einmal in der Defensive, wird es sehr mühsam. Die Chancen auf ein wenigstens mehrheitlich akzeptiertes Finale sinken. Kleiner Exkurs: Auch beim Berliner Hauptstadtflughafen hat man von Anfang an versucht, positive Botschaften zu senden … … die sich dann leider von der Realität abgekoppelt haben. Der Kommunikation fehlte es an Substanz, irgendwann ist die Blase dann geplatzt. Bei „Stuttgart 21“ dagegen scheint es mir so, dass man von vornherein in der Defensive war und gar nicht erst dazu gekommen ist, die öffentliche Diskussion mit positiven Botschaften zu bestimmen. Gegen die laute Stimme der Gegner ist dieses Projekt zumindest am Anfang nicht angekommen. Dies zeigt, wie kompliziert diese Kommunikationsaufgaben sind. Die Kommunikationsaufgaben können im Einzelfall wirklich sehr schwierig sein. Aber: Die Phase der Kommunikation, Ideenfindung und Meinungsbildung ist die Hauptaufgabe bei solch einem Projekt. Darauf muss das Projektmanagement anfangs seine Kraft konzentrieren. Zum einen muss die Sachlösung vorankommen, zum anderen die Kommunikation gut organisiert werden. Dies ist häufig ein Zielkonflikt. Ein Zielkonflikt - weshalb? Manche Projektmanager kommunizieren endlos mit Gruppen und Gremien, weil sie Beteiligung herstellen wollen - bringen aber das Projekt sachlich nicht voran. Dies ist eine verbreitete Falle bei Projekten Zielkonflikte bei der Kommunikation projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 15 Der Kostendruck erfordert die Neugestaltung von Prozessen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Foto: M. Schuppich - Fotolia.com PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 15 des organisatorischen Wandels gerade in Diakonie und Kirche! Gestatten Sie mir bitte einen Einspruch! Stakeholder wollen ihre Bedenken und Sorgen äußern. Widerstand braucht seinen Ort - gleich, ob er das Projekt weiterbringt oder nicht. Richtig! Manche Stakeholder sind beispielsweise voll zufrieden, wenn ihre Bedenken gehört und sichtbar Teil des Projekts werden. Widerstand braucht seinen Ort im Projekt, wie Sie sagen. Projektmanager sollten also hinreichend viele Orte für Kommunikation und Beteiligung schaffen. Dafür müssen Zeit und Raum zwar klar angekündigt, aber begrenzt sein. Sonst drohen bei der Kommunikation Endlosschleifen. Man tritt von der Sache her auf der Stelle. Welche Methoden bieten sich für die Kommunikation an? In der Kirche arbeitet man gerne mit Großgruppenmoderation. Sie bringt viele Stakeholder in einen Raum; jeder darf in einem geregelten Verfahren das Wort ergreifen und seine Sichtweise einbringen. Dies hat auch für den Projektmanager Vorteile. Er lernt bei solchen Veranstaltungsformen alle wichtigen Argumente und deren Vertreter kennen. Er kann diese dann im weiteren Verlauf gut einbinden, ohne die Ziele des Vorhabens und die optimale Sachlösung aus dem Blick zu verlieren. Aber: Nicht immer ist das, was eine Gruppe als Kompromiss anbietet, auch eine sachlich gute Lösung. Der ehemalige amerikanische Außenminister Henry Kissinger soll einmal gesagt haben, ein Kompromiss sei nur dann gerecht, brauchbar und dauerhaft, wenn alle Parteien damit unzufrieden sind. Weshalb ich Kissinger zitiere: Die Kommunikation mit Stakeholdern gestaltet sich häufig schwierig - weil die Stakeholder sich selbst nicht einig sind. Der „brauchbare“ Kompromiss Und weil Rollen und unterschiedliche Betroffenheit berücksichtigt werden müssen. Ein Beispiel: Ein Krankenhaus will einen neuen OP-Trakt bauen. Es soll mit der Stakeholder-Gruppe „Ärzteschaft“ mit angenommen 120 Ärzten aus zehn Fachabteilungen gesprochen werden. Diese Fachabteilungen sind von dem Vorhaben unterschiedlich betroffen. Die erste Frage, die sich stellt: Wer spricht mit wem? Mit den Chefärzten spricht die Geschäftsführung, nicht der Projektmanager. Mit den übrigen Ärzten kann eventuell der Projektmanager sprechen; vielleicht nur unter Einbeziehung des zugehörigen Chefarztes. Krankenhäuser sind steil hierarchisch organisiert. Dies passt nicht unbedingt zur projektorientierten Arbeitsweise … Die Rollen und Hierarchien sind also zu klären. Wie sieht es in der Sache selbst aus? In der Sache selbst werden sich die Anästhesisten vielleicht auf den neuen Arbeitsplatz freuen. Einigen Chirurgen hingegen missfällt vielleicht die Gewöhnung an einen neuen OP-Tisch. Den Internisten ist die Veränderung weitgehend gleichgültig, da sie kaum im OP-Bereich arbeiten. Würden Sie in dieser Situation die Ärzte kollektiv befragen, ständen Sie am Ende vor einer Kakofonie von Stimmen aus unterschiedlichen Motivationslagen heraus - und die Mehrheit wäre auf jeden Fall dagegen. Wem also wollen Sie glauben? Dem, der am lautesten ruft? Möglicherweise wettert der internistische Chefarzt am lautesten gegen einen neuen OP-Trakt - obwohl er ihn gar nicht nutzen wird. Aber er ist vielleicht besonders anerkannt im Ärzteteam oder fürchtet Geldmangel für seine eigenen Anliegen. Daher muss man auch ihn individuell für eine optimale Sachlösung ins Boot holen. Kurz und gut - was ist zu tun? Hier gibt es leider kein Patentrezept. Manchmal kommt man nur in Einzelgesprächen voran - immer die Hierarchie und die „politische Augenhöhe“ im Blick. In anderen Projekten bleibt einem nichts anderes übrig, als politisch zu verhandeln, also Angebote zu machen, die vielleicht gar nichts mit dem Projekt zu tun haben. … der klassische Kuhhandel? ! ? Etwa dem Arzt neue Gerätschaften anbieten, den Pflegekräften verbesserte Dienstpläne? Zur Not, ja. Zumindest Sicherheit verschaffen, dass die Ziele dieser Mitarbeiter auch Berücksichtigung finden. Ich kenne kaum einen Projektmanager, der von sich aus solche Angebote machen darf. In der Tat, die Projektleitung kann solch einen „Deal“ nie allein aushandeln. Dafür muss das Projekt hoch verankert sein, möglichst direkt bei der Geschäftsführung. Der Projektmanager muss sich also einerseits in seiner Rolle klar an seine Möglichkeiten halten; er muss sich hüten, zu viel zu versprechen. Andererseits muss er kurzfristig die entscheidungsfähigen Personen an den Tisch holen können. Und die müssen bei Zugeständnissen Wort halten können. Dieses politische Verhandeln ist die „Kuhhandel“ als Notlösung? 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 16 REPORT Die Interessen der unterschiedlichen Stakeholdergruppen im Krankenhaus unter einen Hut zu bringen - dies gilt als schwierige politische Aufgabe. Foto: Rido - Fotolia.com V I THOST Projek Planu Immo Leistu Hande Für die Karrie Pforzh Moska THOST PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 16 V I S I O N E N W E R D E N W I R K L I C H K E I T THOST Projektmanagement zählt zu den führenden Unternehmen im Projektmanagement. Wir koordinieren und steuern die Entwicklung, Planung und Realisierung komplexer Projekte in den Bereichen Immobilien, Mobilität, Anlagen und Energie. Mit einer einzigartigen Leistungsbandbreite betreuen wir Kunden aus Industrie, Gewerbe, Handel und der Öffentlichen Hand. Für diese anspruchsvollen Herausforderungen bieten wir hervorragende Karrierechancen im Projektmanagement - regional und international: Pforzheim, Berlin, Duisburg, München, Hannover, Hamburg, Köln, Moskau, Abu Dhabi, Luzern und Mumbai. THOST Projektmanagement GmbH · Villinger Str. 6 · D-75179 Pforzheim · Tel +49 72 31 15 60-0 · info@thost.de PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 17 „kleine“ Variante, oft gebraucht und vergleichsweise geräuschlos; sie braucht aber Zeit und strategische Perspektive. Die andere Variante? Schnell und hart das Projekt durchziehen. Wenn die Einrichtung quasi mit dem Rücken zur Wand steht und Sachzwänge Eile erfordern, dann muss man konsequent und schnell das Projekt durchziehen. Dann verzichtet man auf ein Beteiligungsprojekt und organisiert eine Sanierung oder Teilsanierung. Proteste und in die Öffentlichkeit getragene Diskussionen sind dann in Kauf zu nehmen; man kann sie über begleitende Kommunikation abmildern, aber nicht vermeiden. Die Überlegung einiger Projektmanager: Lohnt es sich, ein großes Veränderungsvorhaben in kleine, nacheinander zu bearbeitende Projekte aufzuspalten? Der Vorteil liegt auf der Hand: Diese kleineren Projekte könnten besser vermittelt werden. Man hat mit einer überschaubaren Zahl von Stakeholdern zu tun. Quasi eine Salamitaktik. Der Wandel wird den Mitarbeitern scheibchenweise verkauft. Ein Lob der „Salamitaktik“! Eine durchaus naheliegende Strategie. Aus meiner Erfahrung befürworte ich diese Vorgehensweise sehr - sofern das Gesamtvorhaben für alle transparent und „die ganze Salami“ sichtbar bleibt. Dann gibt die Geschäftsleitung das Ziel sowie eine Reihe von zugehörigen Projekten bekannt, das Projektmanagement startet aber zunächst nur das erste. Um in Ihrem Bild zu bleiben: Die Geschäftsleitung als Auftraggeber verwendet die Salamitaktik, zeigt aber zunächst die ganze Wurst, die scheibchenweise und mundgerecht zerteilt wird. In diesem Punkt muss Ehrlichkeit und Offenheit herrschen! Also kein verdecktes Spiel, keine „Guerilla“-Taktik. Was ist außerdem wichtig für die Salamitaktik? Die einzelnen Schritte müssen zeitlich sortiert sein, man braucht Termin-Wegmarken. Was wird sofort angegangen, was erst in fünf Jahren? Dann können sich die Stakeholder besser darauf einstellen. Sie wissen, dass der Wandel auch sie erreicht, dass dies aber noch etwas dauert. Des Weiteren: Die Geschäftsführung muss eine langfristige Veränderungsstrategie haben. Sie muss heute angeben, welche Themen sie in drei bis fünf Jahren angehen will. Und: Auch dieser Projektserie muss - wie generell bei Veränderungsprojekten - eine ausgiebige Analysephase vorausgehen. Dies vergessen viele Projektmanager, wenn sie anfangs unter Zeitdruck stehen. 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 18 REPORT Abläufe in der Medizin umzugestalten erfordert Umdenken. Die Ziele von Changeprojekten stehen häufig auch im Konflikt mit dem Selbstbild von Medizinern und Pflegepersonal. Foto: Franck Boston - Fotolia.com PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 18 Stakeholderanalyse - darüber haben wir eben gesprochen. Geht es jetzt um Problemanalyse? Ich spreche jetzt nicht von der Diskussion über Lösungswege und Konzepte. Es geht hier nicht um den Veränderungssog, sondern um die Präzisierung und Vermittlung des Problemdrucks. Es geht um eine vorangehende grundsätzliche Verständigung, um eine Analyse der IST-Situation. Der Geschäftsführungskreis einer Organisation mag sich über Schwierigkeiten bei den Abläufen einig sein. Doch dies bedeutet nicht automatisch, dass auch die Mitarbeiter zu einem ähnlichen Analyseergebnis kommen. Die Mitarbeiter sehen vielleicht ganz andere Probleme. Das Bewusstsein, dass man etwas verändern muss, ist nicht bei allen Gruppen gleich ausgeprägt. Zum Beispiel? Um bei dem Krankenhaus zu bleiben: Die Geschäftsführung bemängelt die hohen Personalkosten im OP- Bereich und will Prozesse verbessern. Die Mitarbeiter haben dagegen ein ganz anderes Bild. Es fehlt ihnen etwa an Kollegen, der Krankenstand ist hoch oder es fehlt an Material. Diese Sichtweisen in Übereinstimmung zu bringen, setzt einen längeren Prozess voraus. Aus den unterschiedlichen Sichtweisen resultiert auch der Widerstand. Projektmanager sollten dieser Analysephase möglichst viel Zeit geben. Eine gut abgeschlossene Analysephase bildet später immer die Basis für eine breite Akzeptanz. Je besser das Problem formuliert ist, desto eher kann man sich auf einen Kompromiss verständigen oder die vorhin genannte Gruppe der Unentschiedenen auf die Seite der Unterstützer führen. Eben diese Zeit fehlt in vielen Veränderungsprojekten. Häufig haben die Projektmanager schon viele Monate mit der Geschäftsführung, dem Aufsichtsrat und anderen Gremien die Probleme analysiert. Ein weiteres halbes Jahr mit den Mitarbeitern in Analyse-Workshops zu diskutieren - dies ist kaum vermittelbar. Ein Problem, mit Sicherheit. Kommt eine Geschäftsführung zur Erkenntnis von Problemen, ist meistens auch schon Geld im Spiel. Dann hat sich vermutlich bereits ein Stau an Veränderungsprojekten gebildet. Es geht nur noch um Zeit und Tempo. Leider. Neben der Zeitnot berichten einige Projektmanager von einem weiteren Problem. Sie analysieren mit ihren Stakeholdern die Probleme, sie suchen mühsam Kompromisse, schließen Vereinbarungen; geht es an die Umsetzung, wollen einige Gruppen nichts mehr von ihren Zusagen wissen und sich nicht an das Vereinbarte erinnern. Dann werden längst abgeschlossene Arbeitspakete wieder aufgeschnürt. Ich habe selbst einige Projekte geleitet, bei denen wir viele Stakeholder in der Analyse mitgenommen haben, alles gut zu laufen schien - und dann der Widerstand ausbrach. Die Leute standen nicht mehr zu dem, was sie Wochen zuvor noch gesagt hatten. Plötzlich gab es viele Schwierigkeiten. Es war aus unterschiedlichen Unterschiedliche Sichtweisen übereinbringen Gründen kein Konsens mehr möglich. Viele konnten sich mit einem Mal nicht mehr erinnern, bereits bestimmte Lösungen mit erarbeitet zu haben. Was ist zu tun? Man muss die Zwischenergebnisse sichern, beispielsweise nach Meilensteinen. Dies wird häufig vergessen. Es geht darum, diese Ergebnisse transparent festzuhalten und den Beteiligten gegenüber „öffentlich“ zu machen. Alle Beteiligten müssen verinnerlichen, dass niemand mehr hinter ein Zwischenergebnis zurückgehen kann. Konkret? Das Projektmanagement muss die erzielten Zwischenergebnisse immer wieder zurückkoppeln - sowohl an den Auftraggeber als auch an die Stakeholder. Insbesondere die Gruppe der „Unentschiedenen“ muss über Zwischenergebnisse auf dem Laufenden gehalten werden. Der Projektmanager muss offen spielen und manchmal sogar winzige Schritte kommunizieren. Dieser dauerhafte Dialog hat neben der Sicherung von Zwischenergebnissen einen weiteren Effekt: Die Transparenz und das ständige, nachhaltige Kommunizieren nimmt auch den Kritikern den Wind aus den Segeln. Sie stellen fest, dass offener Dialog eine Stärke des Projekts ist und sie mit ihren Offensiven schwer dagegen ankommen. Nochmals zur Analysephase. Sie empfehlen, die Konzeptionsphase von der anschließenden Umsetzungsphase zu trennen. Diese Trennung hat einen wichtigen Grund. Gerade bei Projekten in der evangelischen Kirche habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Konzeptionsphase mit der Beteiligung der Stakeholder und der Kompromisssuche das Herzstück von Projekten des organisatorischen Wandels bildet. Der Erfolg hängt stark von den Ergebnissen der Analyse und Konzeption ab. In einem ersten Schritt wird das Problembewusstsein geweckt bis hin zu dem allgemein geteilten Willen, eine Lösung zu suchen. Manchmal lässt sich dann der Lösungsraum hinreichend grob beschreiben. Manchmal muss nach dieser Analysephase noch eine weitere Konzeptionsphase durchgeführt werden, die dann mit einem klar definierten Lösungsvorschlag endet. Dies ist der erste, der politische Teil. Der zweite Teil, die Umsetzungsphase ist dann der technische Teil. Da geht es um Feinkonzepte, Detailkonzepte, vielleicht Pilotmaßnahmen bis hin zur eigentlichen Umsetzung. Kann man die Phasen in der Praxis so sauber trennen, wie Sie es beschreiben? In der Praxis kann ein Kompromiss aus der ersten Phase in der zweiten Phase wieder infrage gestellt werden. In diesem zweiten Teil darf es eigentlich keine politischen Nachbesserungen mehr geben, nur noch technisch- (Zwischen-)Ergebnisse transparent machen „Point of no Return“ setzen projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 19 PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 19 sachliche Justierungen. Es gibt also immer einen „Point of no Return“, dies meinte ich eben mit der Sicherung von Zwischenergebnissen. Es darf keine politischen Nachbesserung mehr geben. Aus der Praxis wissen wir aber, dass es sie gibt. Daran ist auch die Projektleitung nicht immer ganz unschuldig. Manchmal sind beispielsweise die politischen Beschlüsse am Ende einer Konzeptionsphase extrem weich gefasst; sie kann man in der Praxis nicht umsetzen. Dahinter steht auch die Strategie einiger Stakeholdergruppen: Sie einigen sich bewusst auf eine schwammige Formel, weil sie in der zweiten Phase noch zu ihren Gunsten nachbessern wollen. Also muss der Projektmanager darauf achten, dass es am Ende der Konzeptionsphase zu einem konkreten Beschluss kommt, mit dem weitergearbeitet werden kann. Dieser Beschluss markiert ein Feld, das nicht verlassen werden darf. Hilfreich ist die Vorstellung, eine andere Projektleitung führe diesen Beschluss aus, die vorher nicht beteiligt war. Dann die Kernfrage: Was muss im Beschluss stehen, damit diese „neue“ Projektleitung das Projekt gut und zielkonform durchführen kann? Welche Rolle hat der Projektmanager in diesem Konzept? Sprechen wir zunächst darüber, welche Rolle die Projektleitung nicht hat. Sie ist auf keinen Fall Entscheidungsträger in der Sache. In der ersten Phase entscheidet die Projektleitung über den Prozess und den Fortlauf des Projekts - nicht aber inhaltlich über die Ergebnisse. Dabei verhält sich die Projektleitung sachlich aber auch Rolle des Projektmanagers nicht absolut neutral. Sie braucht ja einen sachlich vertretbaren, konkreten und für die weitere Arbeit brauchbaren politischen Beschluss. Politisch unabhängig und der Methode und dem Auftrag verpflichtet könnte vielleicht eine Kurzformel für die Rollenbeschreibung des Projektmanagers sein. Beschreibt der Begriff „Moderator“ diese Rolle? Sagen wir besser: Fachmoderator. Man braucht Fachverstand im Hinblick auf den Projektgegenstand, also beispielsweise Verständnis vom Zusammenspiel und den Abläufen in Krankenhäusern. Das Projektmanagement darf und sollte auch eine Meinung zu den diskutierten Fragen haben. Es muss beurteilen können, ob die Lösung, auf die die Diskussion hinsteuert, sachlich in Ordnung ist. Haben die in der Diskussion genannten Argumente Hand und Fuß … … oder „wedelt da einer mit dem Leichentuch“ in der Hoffnung, der Projektmanager sei kein Experte? Ist das Ergebnis also ein fauler oder ein tragfähiger Kompromiss? Dies muss beurteilt werden können aus der Fachsicht. Manchmal hilft hier auch eine Aufteilung der Projektmanagementrolle auf verschiedene Personen. Deswegen spreche ich auch eher von der Projektleitung als vom Projektmanager: Niemand ist in allen Fragen kompetent und Experte. Dies heißt, das Projektmanagement gibt dem Prozess Leitplanken, innerhalb derer Lösungen gefunden werden können. Die Leitplanken dürfen nicht zu eng gesetzt werden, etwa so, dass kein Kompromiss gefunden werden kann. Sie dürfen aber auch nicht zu viel Freiheit lassen. Dies ist die Kunst bei politischen Beschlüssen. Noch etwas: Der Projektmanager muss beurteilen können, welche Entscheidungen in der ersten, der politischen Phase getroffen werden müssen - und welche Entscheidungen besser in die zweite, technische Phase gehören, ohne diese politisch werden zu lassen. Wie darf ich dies verstehen? In der ersten Phase redet man etwa über die Frage, ob man die Prozesse überhaupt verbessern muss. Und was das messbare Ergebnis einer solchen Verbesserung sein kann und soll. Darüber, ob sich die Organisation auf den Weg einer Prozessoptimierung einlässt und wie sie dieses Projekt angehen will, beispielsweise über Best Practice-Beispiele, Selbstentwicklung, mit oder ohne externe Fachexperten, in welchem Zeitraum, mit welcher Beteiligung intern, mit welchem Investitionsbudget etwa für EDV … … die Details einer Prozessverbesserung … … gehören hingegen auf keinen Fall in die politische Debatte. Welcher Mitarbeiter hinterher welchen Handgriff erledigt oder weglässt oder welches technische Gerät genau angeschafft wird - dies sind technische Fragen, keine politischen. Der Diskussion Leitplanken setzen 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 20 REPORT Einrichtungen etwa für Kinder unterliegen ebenfalls dem organisatorischen Wandel. Foto: Gennadiy Poznyakov - Fotolia.com PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 20 Unter Managern von Veränderungsprojekten höre ich immer wieder die Empfehlung, Vertreter jeder wichtigen Stakeholdergruppe in ihr Projektteam zu holen. Das Team zieht also einen Querschnitt durch die Organisation. Dahinter steht nicht nur der Proporzgedanke, sondern auch der Wunsch, über die Teammitglieder Einfluss auf die Stakeholder zu gewinnen. Die Idee ist nicht schlecht, führt aber oft nicht zum Ziel. In der Regel sind für diesen Ansatz zwei Gremien erforderlich, ein Kernteam und eine Steuerungsgruppe. Für das sogenannte Kernteam sollten Mitarbeiter nach ihrer Fachkompetenz ausgewählt werden, dies ist der erstrangige Gesichtspunkt. Einen Querschnitt durch die Abteilungen können Projektmanager besser über entsprechende Repräsentanten in einer übergeordneten Steuerungsgruppe ziehen. In diese Gruppe können sie auch Vertreter der unterschiedlichen Widerstands- und Unterstützungsgruppen holen. Mitarbeiter aus den Gruppen sollten also nicht als „Repräsentanten“ ins Kernteam aufgenommen werden? Dies funktioniert nicht. Das Kernteam muss schlagkräftig sein. Fünf bis sieben Mitarbeiter, mehr nicht. Andere Mitarbeiter können Sie in einzelne Arbeitsgruppen integrieren, die unter dem Kernteam tätig sind. Eine letzte Frage: Viele Mitarbeiter der Kirche und der Diakonie pflegen ihre Aversion gegen Management, auch gegen Projektmanagement. Wir sprachen mehrfach darüber. Wie wollen Sie mit Menschen Projekte vorantreiben, die Management für Teufelszeug halten? Keine Methode darf als Selbstzweck empfunden werden, auch nicht Projektmanagement. Projektmanagement muss genutzt werden, dann wird es sich über die entsprechenden Erfolge für weitere Anwendung empfehlen. Letztlich sollte niemand merken, dass es sich hier um etwas „Besonderes“ handelt. Zum Beispiel …? Der Zwang, vorgedruckte Checklisten abzuarbeiten, kann zu Widerstand in Organisationen führen, in denen bislang Projektmanagement nicht angewendet wurde. Manchmal werden solche Listen verteilt mit dem Argument, sie „gehören nun einmal zum Projektmanagement“. Damit scheint die Systematik über die Sache selbst gestellt zu sein. Projektmanagement muss selbstverständlich werden. Es muss im Hintergrund als Methode mitlaufen. Je weniger die Mitarbeiter davon spüren, desto besser. Manchmal hilft es, die als kühl und beziehungsfeindlich empfundene Managementsprache zu vermeiden. Bei Begriffen wie Humanressourcen oder Kommunikationsmanagement stellen sich sozial sensiblen Menschen die Nackenhaare auf. Ja, solche Begriffe sind unnötige Störgeräusche. Projektmanager sollten diese eher für sich behalten. Andererseits sind aber auch Begrifflichkeiten erlernbar. Heute verwenden wir selbstverständlich viele Begriffe wie etwa Schlagkräftiges Kernteam den des „diakonischen Unternehmens“, darüber hat man vor zwanzig Jahren noch aufgeregt ganze Bücher geschrieben. Offen gesagt: Die Begrifflichkeit und die Methoden des Projektmanagements zu verstecken kann doch auf Dauer keine Lösung sein. Sehen Sie einen Weg, direkt für das Projektmanagement zu werben? Selbstverständlich. Für Projektmanagement geworben wird beispielsweise durch Best Practice-Beispiele aus ähnlichen Organisationen. Manchmal ist es auch hilfreich, das Thema Management mit den Mitarbeitern quasi an einem fremden Objekt zu erörtern. Es wird dann an einem anderen Beispiel diskutiert - auch, wenn man sich selbst meint. Nochmals zur Ausbildung von Pfarrern, zu der obligatorisch auch Projektmanagement gehört. Wird auch über diesen Weg mehr Projektmanagement in die Kirche und die Diakonie gebracht? Auf jeden Fall. Viele Pfarrer sind für das Projektmanagement grundsätzlich sehr aufgeschlossen. Im Übrigen erkennt man auch in den Kirchen, dass in Deutschland viele Menschen, die auch Kirchenmitglieder sind, Projektmanagement zu ihrer Profession erhoben haben. Sie verstehen ihr Handwerk, sie bringen ihre Kompetenz ein und bewirken viel Gutes für die Gesellschaft. Dies beginnt man in der Kirche zu erkennen und auch zu honorieren. Dies ist im Baubereich vielleicht am weitesten entwickelt, gewinnt aber zunehmend mehr Wahrnehmung auch im Bereich von Projekten des organisatorischen Wandels. ■ Aufgeschlossen für Projektmanagement? projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 21 Durch neue Finanzierungsmodelle wie Fallpauschalen muss sich die Arbeit in kirchlichen Einrichtungen verändern. Foto: Robert Kneschk - Fotolia.com PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 21 D ie deutsche Energiewelt befindet sich im Umbruch. Bis 2050 will Deutschland weitgehend ohne fossile Energieträger auskommen. Laut Wirtschaftsminister Philipp Rösler wird die Energiewende [1] für Deutschland „so schwierig wie die Wiedervereinigung“. Alle großen Energieversorgungsunternehmen stehen damit vor gewaltigen Herausforderungen (Abb. 1). Strategischer Review bei EnBW Die EnBW hat in einem mehrmonatigen Prozess ihr Geschäftsmodell überprüft und neu justiert. Umgesetzt werden soll die strategische Neuausrichtung des Konzerns zu einem wesentlichen Teil über Projekte. Doch das Unternehmen, das derzeit in rechtlich selbstständigen Gesellschaften entlang der gesamten Wertschöpfungskette aufgestellt ist, hat organisatorisch komplexe Strukturen (Abb. 2). Die bereichs- und gesellschaftsübergreifende Zusammenarbeit in Projekten ist in der über Jahrzehnte stabilen Linienorganisation für Teile der Belegschaft ungeübt. Entscheidungen werden vielfach durch lange Gremienprozesse gegengeprüft und in ihrer Qualität gesichert, aber auch verlangsamt. Es fehlte bisher an einer durchgängigen Methodik zur Bewertung und Priorisierung von Projekten. Das Projektgeschäft in den Geschäftsfeldern Strom, Gas und Energiebzw. Umweltdienstleistungen ist inhaltlich stark heterogen und hat in den Bereichen Erzeugung, Handel, Verteilung und Vertrieb einen ganz unterschiedlichen Stellenwert. Aufgrund zum Teil breit vorhandener Projekterfahrung existierte im Konzern eine Vielzahl projektspezifischer Abläufe, Reports und Vorlagen, die reduziert, vereinheitlicht und vereinfacht werden sollten. In Zeiten rückläufiger Ergebnisse besteht ein erhöhter Bedarf an Transparenz und Steuerungsmöglichkeit durch die Geschäftsleitungen. Um konzernweit einheitliche Standards für Projekt- und Projektportfoliomanagement zu entwickeln und verbindlich im Konzern einzuführen, hat die EnBW das übergeordnete Konzernprojekt P³ (kurz für Professionelles Projekt- und Projektportfoliomanagement) ins Leben gerufen. P³ soll zu Prozessverbesserungen und zur Effizienzsteigerung beitragen und die Einsparziele der EnBW unterstützen. Die Auswahl der „richtigen“ Projekte soll mittels einer durchgängigen Projektportfoliologik gestützt und die professionelle Umsetzung über ein konsequentes Tracking sichergestellt werden. Langfristiges Ziel ist die nachhaltige, auch strukturelle Implementierung der neuen Projektstandards im Regelbetrieb. Zu diesem Zweck wurde mit Wirkung zum 1. März 2013 ein zentrales Projektmanagement-Office (PMO: Definition siehe [2]) im Ressort des Vorstandsvorsitzenden (Strategiebereich) eingerichtet, das in Zusammenarbeit mit den dezentral Verantwortlichen den Rollout verantwortet. 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 22 WISSEN EnBW: Unternehmensweite Implementierung schlanker Standards für Projektmanagement und Projektportfoliomanagement Die Energiewende stellt die traditionellen Geschäftsmodelle der großen Energieversorger infrage. Die EnBW Energie Baden-Württemberg AG vollzieht derzeit den wohl größten strukturellen Wandel ihrer Unternehmensgeschichte. Die strategische Neuausrichtung erfolgt zu einem wesentlichen Teil über Projekte. Die erfolgreiche Umsetzung derjenigen Projekte, die unter strategischen und finanziellen Gesichtspunkten Priorität haben, ist damit ein wichtiger Baustein im Rahmen des strukturellen Wandels des Unternehmens. Welche Schwerpunkte die EnBW bei der Einführung von Standards im Projekt- und Projektportfoliomanagement gesetzt hat und wie der Spagat zwischen Standardisierung und Flexibilität gelingen kann, schildert der Erfahrungsbericht der Gesamtprojektleitung. Martina Griguscheit Dieser Artikel beschreibt den Einführungsprozess für konzernweit einheitliche Standards für Projektmanagement und Projektportfoliomanagement in der EnBW Energie Baden-Württemberg AG. Es wird gezeigt, wie die Kombination eines zentralen Top-down-Ansatzes mit starken Elementen der Beteiligung und einer konsequent schlanken Herangehensweise effizient Wirkung erzielt. +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 22 „Einführungsprojekt“ zur Gestaltung des Wandels im Projekt- und Projektportfoliomanagement P³ hat während seiner Laufzeit von 18 Monaten in fünf Teilprojekten die methodischen Grundlagen für Projektmanagement und Projektportfoliomanagement konzipiert und pilotiert (Abb. 3). Die entsprechende neue Konzernrichtlinie ist seit dem 1. Juni 2013 wirksam. Die Herausforderung für das gut 60-köpfige Projektteam mit Experten und Praktikern aus allen Konzerngesellschaften bestand im Kern darin, einerseits einen klaren Regelungsrahmen zu schaffen, aber andererseits die im Projektgeschäft erforderliche Flexibilität zu erhalten. Eine weitere Prämisse bestand darin, dass die sehr unterschiedlichen Spezifika der vielfältigen betroffenen Projektarten vom Kraftwerksbaubis zum IT-Projekt Berücksichtigung finden sollten. Die Lösung fand das Projektteam in einem konzernweit einheitlichen, aber dabei sehr schlanken Projektmanagementsystem. P³ definierte seine Standards in Form von Minimalanforderungen an das Projektgeschäft. Diese sogenannten Mindestaktivitäten wurden auf GPM Basis von EnBW-Experten entwickelt und vor dem Ausrollen intensiv an Pilotprojekten verschiedener Projektklassen und -typen getestet. Die Unterstützungsleistung des externen Beraters 3DSE lag im Wesentlichen darin, vor der Abnahme der Ergebnisse die Benchmarkfähigkeit des neuen Projektmanagementsystems sicherzustellen. Hauptaufgabe des P³-Projektbüros wie auch der Arbeitspaketverantwortlichen war daher, die Tendenz zur Gründlichkeit und erschöpfenden Themendurchdringung immer wieder auf den Regelungskern im Sinne einer Mindestanforderung zurückzuführen. In geduldigen Diskussionsprozessen wurden die in den Gesellschaften vorhandenen Best Practices verglichen, an den GPM Vorgaben gespiegelt und gemeinsam der als wesentlich erachtete Kerngehalt extrahiert. Arbeitsmotto: So einfach wie möglich, aber nicht einfacher (vgl. Zitat-Klassiker nach Albert Einstein). Das Projektbüro stellt die Überschneidungsfreiheit der Arbeitspakete sicher und gewährleistet gemeinsam mit den Vertretern der Konzerngesellschaften im Kernteam die Passung der neuen Mindestanforderungen zu den Projektspezifika in den Geschäftsfeldern. Dieser Prozess der gemeinsamen Entwicklung der Standards durch interne Know-how-Träger aus allen Gesellschaften und Fachbereichen ist grundlegend für die erforderliche Praxisnähe und die Akzeptanz der späteren Anwender, und damit auch für den erfolgreichen Rollout. Das dabei entstandene Netzwerk von Verantwortlichen und Experten für Projektmanagement und Projektportfoliomanagement ermöglicht einen hohen Durchdringungsgrad bei gleichzeitig schlanker personeller Aufstellung. Zu den Teilprojekten im Einzelnen: Teilprojekt 1 „Grundlagen & Regelungen“ zielte darauf ab, konzernweit einheitliche Grundlagen und Regelungen im Einzelprojektmanagement zu erarbeiten. Dabei ging es insbesondere darum, ein benchmarkfähiges Projektmanagementsystem zu konzipieren und zu testen, das mit klaren Festlegungen und entsprechenden Arbeitshilfen letztlich den Anwender entlastet. Im Ergebnis wurden Qualitätsstandards im Sinne von Mindestanforderungen definiert. Dazu gehören neben einer einheitlichen Projektdefinition und -klassifizierung insbesondere klare Festlegungen zu Rollen und Verantwortlichkeiten. Zu allen definierten Prozessschritten liegen Arbeitshilfen vor, die eine Best-of-Sammlung aus im Konzern vorhandenen Templates darstellen. Teilprojekt 2 „Projektportfoliomanagement“ legte die methodische Basis für die Etablierung eines konzernweiten Projektportfoliomanagements, dessen Standards leicht auf vorhandene und neue Projekte übertragbar sind. Besonderes Augenmerk lag dabei auf der Verzahnung von strategischem und finanzwirtschaftlichem Know-how. Das Teilprojekt führte eine konzernweite Projektabfrage durch und verprobte die erarbeitete Portfoliomethodik, indem die Rückläufer in einem Test-Projektportfolio aufbereitet wurden. Die definierten Abläufe und Prozesse werden im Rahmen des geplanten organisatorischen Konzernumbaus ggf. angepasst. In Teilprojekt 3 „Personal“ wurden unter der Leitung des Personalbereichs zielgruppengenaue Qualifizierungsbausteine für die Projektleiter aller Projektklassen erarbeitet. In Verbindung mit dem neuen E-Learning- Modul werden damit die Voraussetzungen dafür geschaffen, die neuen Standards „auf die Straße zu bringen“. Die sich aus Projekten für die Themen „Projektleiter-Entwicklung“ und „Vertragsgestaltung“ ergebenden Fragestellungen sind derzeit noch nicht abgeschlossen, insbesondere weil gerade hier der betriebprojekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 23 › Weitgehende Dekarbonisierung der Energieversorgung bis zum Jahr 2050 durch: › Ausbau erneuerbarer Energien › Einsparung fossiler Energieträger, z. B. durch Emissionshandel, Energieeffizienz › Ausstieg aus der Kernkraft bis 2022 › Technologiesprünge: smarte Energiewelt und Infrastruktur › Veränderung der Markt- und Wettbewerbsstrukturen › Veränderung Kundenerwartung & Kundenverhalten › Erhebliche Herausforderungen für traditionelle Energieversorger › Geschäftsmöglichkeiten & Wachstumspotenziale Abb. 1: Energiewende in Deutschland - Energielandschaft im Umbruch Handel/ Beschaffung Übertragung/ Verteilung Vertrieb Erzeugung EnBW Kraftwerke AG EnBW Kernkraft GmbH EnBW Erneuerbare Energien GmbH EnBW Trading GmbH TransnetBW GmbH EnBW Regional AG EnBW Vertriebs GmbH Yello Strom GmbH Watt Deutschland GmbH Speicher Handel/ Portfoliomanagement Vertrieb Importverträge/ Infrastruktur Transport/ Verteilung EnBW Trading GmbH EnBW Etzel Speicher GmbH GasVersorgung Süddeutschland GmbH EnBW Regional AG EnBW Trading GmbH GasVersorgung Süddeutschland GmbH terranets bw GmbH EnBW Regional AG GasVersorgung Süddeutschland GmbH EnBW Vertrieb GmbH Yello Strom GmbH Watt Deutschland GmbH Strom Energie- und Umweltdienstleistungen Gas EnBW Regional AG EnBW Kraftwerke AG EnBW Energy Solutions GmbH Stadtwerke Düsseldorf AG EnBW Operations GmbH EnBW Systeme Infrastruktur Support GmbH Wesentliche Gesellschaften und Beteiligungen des EnBW - Konzerns entlang der Wertschöpfungskette Abb. 2: Organisationsstruktur EnBW; Stand 31.12.2012 PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 23 lichen Mitbestimmung umfassend Rechnung getragen werden soll. Teilprojekt 4 „Projektbudgetierung & -controlling“ erarbeitete unter der Leitung des Konzernreportings für die verschiedenen Projekttypen der höchsten Komplexitätsstufen (Klassen A und B) einheitliche Reportingformate, die eine konsistente und schlanke Berichterstattung sicherstellen. Wesentlich dabei war die Einbeziehung der verschiedenen Berichtsadressaten einerseits wie auch der Projektleiter aus dem operativen Geschäft andererseits. Die Reports sind in dem vierteljährlichen Berichtszyklus des Konzerncontrollings entsprechend eingebunden. Der in Veränderungsprojekten stark erhöhte Bedarf an „Kommunikation & Change“ wurde im Rahmen eines eigens eingerichteten Teilprojekts abgedeckt. Unter Leitung der Konzernkommunikation und Einbindung von speziellem Change-Know-how wurde hier neben der eigentlichen Projektkommunikation ein Konzept für eine verbesserte Projektkultur im Unternehmen erarbeitet, das sich derzeit im Rollout befindet, siehe dazu weiter unten. Alle Teilprojekte sind mit Experten und Projektmanagern der EnBW-Gesellschaften besetzt. Ein konzernübergreifend zusammengesetztes Kernteam diente zur Qualitätssicherung und insbesondere zur Reduzierung der Abstimmungsschleifen in den Konzerngesellschaften. Das Projektbüro steuert und unterstützt die Teilprojektleiter aus den Gesellschaften und Fachbereichen. Die Projektleitung berichtet an den Lenkungsausschuss, der mit den Geschäftsführungen der Konzerngesellschaften besetzt ist, die letztlich für die Umsetzung der neuen Standards Verantwortung tragen. Mentor und disziplinarische Führungskraft der Projektleitung ist der Holdingvorstand Technik, der auch für einen wesentlichen Teil des Projektbudgets im Konzern Verantwortung trägt. Handlungsleitend für die Erarbeitung eines schlanken Portfolio- und Projektmanagements waren für alle Teilprojekte die sechs Kernstrategien der Lean Advancement Initiative des MIT, mit besonderem Augenmerk auf „Kundenwert und Wertstrom“, „Verschwendungsreduzierung und kontinuierliche Verbesserung“ und „Zusammenarbeit basierend auf gegenseitigem Vertrauen und Commitment“. [3, 4] Schlankes Projektportfoliomanagement Zur effektiven Steuerung wesentlicher Konzern- und Gesellschaftsprojekte in einem konzernweiten Projektportfolio wurde insbesondere mit Experten aus dem Strategie- und dem Finanzbereich eine durchgängige Methodik entwickelt, die anhand eines ersten Testprojektportfolios auch verprobt wurde. Wesentliche Voraussetzungen sind dabei insbesondere ❑ schlanke Kriterien zur Projektklassifizierung ❑ einheitliche Projektanträge ❑ Bottom-up-Erzeugung durchgängiger Projektelisten zur Herstellung von Transparenz über die Projektsituation in den Gesellschaften und im Konzern ❑ Bewertungsmodell zur wirtschaftlichen und strategischen Einordnung der A- und B-Projekte in das Konzernprojektportfolio ❑ vereinheitlichtes Multi-Projekt-Reporting ❑ keine zusätzlichen Gremien: Einbindung Projektportfolio in den bestehenden Investitionsausschuss Durch Vereinheitlichung, Vereinfachung und Verschlankung konnten Einsparpotenziale gehoben werden, wie 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 24 WISSEN › Holding Vorstand Technik (Mentor) › Holding Vorstand Personal › Geschäftsführer aller Kerngesellschaften › Konzern-IT , -Finanzen -Personal › Betriebsrat › Vorprojekt Grundlagen & Regelungen › Vertreter aller Kerngesellschaften › Kommunikation › Finanzen › Organisation › Personal › IT › Betriebsrat Projektbüro Projektportfolio management Projektbudgetierung & controlling Personal › EnBW -Akademie › 3DSE Kommunikation & Change Lenkungsausschuss v Projektleitung Teilprojekt 1 Teilprojekt 2 Teilprojekt 3 Teilprojekt 4 Teilprojekt 5 Kernteam Pj. -Begleitung Abb. 3: Projektorganisation P³ Bewertung Ausprägung Bitte auswählen Summe (1- 16) Kl asse: A- D Klassifizierung: 4- 7 = D 8- 10 = C 11- 13 = B 14- 16 = A Projektbudget [ T € ) Interner Ressourcenbedarf (Personentage, PT) Bitte auswählen Wer te: < 150, > =150, > 2000, > 10000 Beschreibung Wer te: < 50, < 500, > = 500, > 1.000 Werte: sehr geringes, geringes, mittleres, hohes Risiko Abwicklungsrisiko Bitte auswählen Werte: bereichs-, gesellschaftsintern, mehrere Gesellschaften, konzernweit Organisationsveränderungsgrad Bitte auswählen Dimension Attribute Gewichtung (1-5) Ausprägung (1-5) Bewertung Nutzen Risiko Umfang Komplexität Zeit/ Termin Portfoliorelevanz nsion Att AA ribute Gewichtung (1-5) Ausprägung (1-5) Bew en ko ang plexität Termin foliovanz Abb. 4: Schlanke Kriterien zur Projektklassifizierung PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 27 Uhr Seite 24 das nachfolgende Beispiel der Kriterien zur Projektklassifizierung zeigt (Abb. 4): Die gesellschaftsübergreifende Bestandsaufnahme von Klassifizierungskriterien ergab mindestens 16 uneinheitliche Kriterien verschiedener Gewichtung, nach denen Projekte in verschiedene Klassen unterteilt werden. In mehreren Schleifen und nach intensiver Pilotierung konnte ein konzernübergreifender Vorschlag erarbeitet werden, in dem die Klassifizierungskriterien auf vier reduziert wurden. Dies vereinfacht und beschleunigt die künftige Klassifizierung, die durch den Projektleiter selbst in Abstimmung mit dem Auftraggeber erfolgt. Die Klassifizierung ist Voraussetzung für die Anwendung der Projektmanagementstandards, die je nach Projektklasse bzw. Komplexität unterschiedlich umfangreich ausgeprägt sind. Der Gewinn an Transparenz, Geschwindigkeit und Akzeptanz der Anwender überwiegt letztlich gegenüber einer trennschärferen Aussage, die gegebenenfalls durch zusätzliche und unterschiedlich gewichtete Kriterien gewonnen werden kann. Schlankes Projektmanagement Effektives Projektportfoliomanagement basiert auf einem reifen Einzelprojektmanagement. Schlanke Projektmanagementstandards definieren bei EnBW die Mindestanforderungen für die in den Projektphasen anstehenden Arbeitsschritte. Art und Umfang dieser Mindestanforderungen richten sich nach der jeweiligen Projektkomplexität (Projektklasse A-D, s. o.). Der Fokus bei der Festlegung der Mindestanforderungen lag konsequent auf der Schaffung von Mehrwert, der im Projektgeschäft ankommt. Die zentralen Charakteristika sind: ❑ konzernweit einheitliche Projektdefinition, Verantwortlichkeiten und Rollenbeschreibungen (GPM-basiert) ❑ Reduzierung von Komplexität durch einheitliche Mindestaktivitäten für alle Projekttypen; Berücksichtigung der unterschiedlichen Komplexitätsstufen je Projektklasse durch spezifische Ausprägung in den Projektklassen ❑ einfaches „Andocken“ von Spezifika der unterschiedlichen Projekttypen als Ergänzung der einheitlichen Mindestaktivitäten ❑ Arbeitsunterlagen je Projektklasse zur Entlastung; auch als geführte Templatesammlung im Mindmap- Format vorhanden ❑ wenige Pflicht-Templates: bis auf den Projektantrag und die Projektreports können eigene Vorlagen verwendet werden, solange die inhaltlichen Anforderungen abgedeckt sind ❑ Einführung von Quality Gates für Projektmanagement; Überprüfung erfolgt durch den Auftraggeber bzw. Lenkungsausschuss (falls vorhanden); stichprobenartige Projekt-Reviews ❑ keine zusätzlichen Gremien: Einbindung Topprojekte in den regelmäßigen Performance-Review Die künftigen konzernweiten Projektmanagement-Mindestaktivitäten, die auf dem bekannten fünfbändigen Standardwerk der GPM [5] basieren, lassen sich für alle vier Projektmanagementphasen auf einer Seite abbilden (Abb. 5). Die komprimierte Form wird durch die enge Anlehnung an den GPM Standard erst möglich: Für alle Details kann im Wesentlichen auf die Detailregelungen Anzeige › Abschlussbericht erstellt › Ergebnis in Linie übergeben › Projektleiter, -team, -LA entlastet › Reporting durchgeführt › Projektergebnis abgenommen Durchführung und Steuerung Planung Initialisierung und Definition › Projektantrag mit Klassifi zierung & Wirtschaftlichkeitsbetrachtung freigegeben › PM -Kompetenz sichergestellt › Ressourcen -, Kosten- und Terminplan freigegeben › Befugnisse LA festgelegt Abschluss Quality Gates Abb. 5: Wesentliche PM-Standards PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 28 Uhr Seite 25 der GPM Bezug genommen werden. Alle Festlegungen sind in einer knappen Richtlinie sowie einem Projektmanagement-Leitfaden enthalten, der rund 20 Seiten umfasst. Auf die Erstellung eines umfangreicheren Projektmanagement-Handbuchs wurde in der Einführungsphase bewusst verzichtet. Konzernweit wurden über 200 verschiedene Templates gesichtet und verglichen, um die P³-Arbeitsunterlagen als Best-of-Sammlung zu erstellen, die sich nun auf ca. 20 Templates für alle Projektklassen beschränkt. Mit rund 20 geforderten Mindestaktivitäten, die mit Pflicht-, Standard- und optionalen Templates unterstützt werden, sorgt P³ für eine einheitliche Umsetzung von Projektmanagement in allen Gesellschaften und liefert eine solide Basis für das Portfoliomanagement. Lediglich die Templates „Projektantrag“ und „Projektreport“ sind verpflichtend in der vorgegebenen Form zu verwenden, weil sie zentral aggregiert werden. Sie zielen auf die Stabilisierung des Portfoliomanagements ab, indem sie die Befüllung von Projekteliste und Konzernportfolio sowie der Multi-Projekt-Reports ermöglichen. Die für unterschiedliche Projekttypen vereinheitlichten Reports für A- und B-Projekte beschleunigen darüber hinaus die Einzelprojektberichterstellung für Sender und Empfänger: Für den Sender entfällt der Aufwand, sich über Aussehen und geforderte Inhalte des Berichts Gedanken machen zu müssen. Für den Empfänger entfällt das Eindenken in unterschiedlich aussehende Berichte. Gerade schlanke Standards setzen ein adäquates Projektmanagement-Kompetenzniveau im Unternehmen voraus. Die Sicherstellung der Projektmanagementkompetenz des Projektleiters ist deshalb zentraler Bestandteil des die Initialisierungsphase abschließenden Quality Gates. Dabei sind sowohl Erfahrungswerte entscheidend, die der Komplexität des jeweiligen Projekts entsprechen, als auch der Kompetenznachweis über eine GPM Zertifizierung [6]. Für Projektmitarbeiter bzw. zur Einführung künftiger Projektleiter wurden Qualifizierungsbausteine entwickelt, die je nach Vorbildung aus einem Basis- und zwei Aufbauseminaren bestehen. Als Schnelleinstieg in die neuen Standards wurde ein E-Learning-Programm bereitgestellt. Insgesamt zeichnet sich das Qualifizierungsprogramm durch einen modularen, bedarfsgerechten Aufbau für die unterschiedlichen Zielgruppen aus (Abb. 6). Wandel zu mehr Projektkultur So sinnvoll und strategisch wichtig die Standardisierung von Projektmanagement und Projektportfoliomanagement für Unternehmen ist - für die Kommunikation sind Standards traditionell ein schwergängiges Thema. Denn sie transportieren per definitionem Regeln und Vorschriften und werden daher zunächst als Beschränkung der individuellen Gestaltungsfreiheit des Einzelnen wahrgenommen. Diese Grundskepsis gegenüber Standardisierungen als ein „von oben verordnetes Bürokratiegebilde“ war auch bei der EnBW im Rahmen des Projekts P³ erlebbar. Eine repräsentative Projektexpertenrunde mit Teilnehmern aus allen Hierarchieebenen, Bereichen und Gesellschaften formulierte unter anderem diese Erkenntnis im Rahmen einer kleinen „Analyse der Projektkultur“ (Abb. 7). Unzureichende Zielorientierung, wenig Wertschätzung im Vergleich zur Linientätigkeit und nicht immer eindeutige Zuständigkeiten wurden bei der Zusammenarbeit in Projekten häufig kritisiert. Und obwohl fast alle davon überzeugt waren, dass die Einführung von qualitätssichernden Standards ein probates Heilmittel seien, berichteten viele von kritischen Stimmen aus ihrem Umfeld. Obwohl der Verbesserungsbedarf selten angezweifelt wurde, löste die Aussicht auf eine neue Konzernrichtlinie reflexartig Ablehnung aus. Interessanterweise gelang es regelmäßig, so die Erfahrungen, innerhalb des Projekts, im persönlichen Gespräch von den Vorteilen zu überzeugen. Persönliche Begegnungen erwiesen sich schnell als das wirksamste Mittel gegen das Image eines „anonymen Verwaltungsapparats“. Entsprechend konzentrierten sich die Aktivitäten des Teilprojekts „Kommunikation & Change“ stark darauf, ein Netzwerk aufzubauen für Projekt-Professionals aus Praxis und Methodik. Die Mitglieder des Gesamtprojekts und insbesondere des P³-Kernteams sind wichtige Multiplikatoren in ihren Gesellschaften und Bereichen. Die testweise Einladung von Projektleitern aus dem gesamten Konzern während der Pilotierungsphase zum „P³ -Pilotenlunch“ hatte auf Anhieb so viele Teilnehmer, dass das gemeinsame Mittagessen in den Betriebsrestaurants der EnBW sich mittlerweile fest etab- 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 26 WISSEN Linienorganisation Management x x x x Nachwuchskräfte x x (x) x Mitarbeiter x Trainee x x Linienorganisation Top Manager / Oberer Manager (KEX) / Mittlerer Manager (KEX) / Teamleiter x x x x Nachwuchskräfte (abhängig von Entwicklungsplanung) x x (x) x Mitarbeiter x Trainee x x Projektklasse: A B C D Alle GPM-Level: B B / C C / D D - Qualifizierungsbaustein: GPM Zertifikat B (Lehrgang) GPM Zertifikat B/ C (Lehrgang) GPM Zertifikat C C/ D* (Lehrgang) Basis (Seminar) Aufbau I (Seminar) Aufbau II (Seminar) P³-Sprache ( E-Learning) Grundlagen PM nach GPM Vertiefung PM nach GPM Projektführung EnBW PM- Standards Projektorganisation (Teil-)Projektleitung x x x x x x x Projektmitarbeiter x (x) x Abb. 6: Zielgruppengenaue Qualifizierungsbausteine je Projektklasse › Veränderte energiepolitische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen › Geschäftsmodell infrage gestellt › Konzentration aller Energien auf die zwei strategischen Stoßrichtungen › Flexibles Umfeld braucht flexible Organisation › Wirtschaftlicher Wohlstand › Erfolgreiches Geschäftsmodell › (Finanzielle/ zeitl.) Spielräume für Einzelinteressen › Stabiles Umfeld stabilisiert Organisation Sicherheitsorientierung mit Tendenz zur Fehlervermeidung Loyalität mit Bereitschaft zum Sondereinsatz Selbstständigkeit mit Tendenz zur Verselbstständigung Primat der Linie im lange stabilen Umfeld Harmoniebedürfnis mit Tendenz zur Konfliktvermeidung Risiken managen und unternehmerische Chancen nutzen Transparenz über Auftrag und Zielerreichung Verpflichtung auf die neue Konzernstrategie Sachliche Konfliktentscheidung entlang der Konzernstrategie Gleichwertigkeit von Linie und Projektarbeit Bisheriges Umfeld Derzeitiges Umfeld Kultur bisher Kultur künftig Abb. 7: Analyse der Projektkultur (Überblick) Proze Proje PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 28 Uhr Seite 26 liert hat. Getreu dem Motto „Praxisnähe statt Bürokratie“ war die Einladungskarte als Boarding-Pass gestaltet und berechtigte zur Reise von „Theorielingen“ nach „Praxis-Island“. Es ist ganz im Sinne der Projektleitung, dass sich der Kreis - ohne aktive Akquise - beständig um neue Gesichter erweitert, die das Forum zum Netzwerken für Projekte nutzen. Das persönliche Gespräch machte aufgrund dieser positiven Erfahrungen auch im Projektverlauf den Hauptteil aller Kommunikationsmaßnahmen aus. Die mediale Vermittlung der Inhalte via Mitarbeiterzeitung und externen Publikationen nahmen eine eher ergänzende Rolle ein. Insbesondere die Projektleitung hat mit ihrem Kernteam in zahlreichen Einzelgesprächen und Arbeitsrunden auf Praxisebene kontinuierlich über das Projektvorhaben berichtet und bei dieser Gelegenheit systematisch persönliches Know-how und Anregungen gesammelt. Das Kommunikationskonzept machte sich diese simple Multiplikatoren-Logik zu eigen und konzipierte zum Start des Projekts ein Plakat (Abb. 8). Darauf zu sehen sind die Kernteammitglieder aus allen von der Standardisierung betroffenen Bereichen und Gesellschaften. Als optisches und soziales Wiedererkennungsmerkmal wurde ein eigenes P³-Handzeichen entwickelt. Das Handzeichen transportierte die Subbotschaft: Die P³-Standards sind pragmatisch und anwendungsorientiert („hands on“) und außerdem handgemacht - von EnBW für EnBW. Diese Besinnung auf die eigenen Projektmanagementkompetenzen in Zeiten, in denen Beratungsbudgets reduziert werden, zeigte sich ebenfalls als wirksames Argument. Insgesamt wurde bei der Projekteinführung vornehmlich der Nutzen des Themas für den Konzern betont. Im Mittelpunkt aller Kommunikation standen die beiden Kernbotschaften: Die neuen Projektstandards und das Projektportfoliomanagement leisten ihren Beitrag zur Erreichung der Effizienzziele des Konzerns. Außerdem sind sie mittelbar für die Umsetzung der Strategie verantwortlich, denn fast alle strategischen Handlungsfelder Abb. 8: P³-Plakat Prozessorientiertes Projektmanagement - Anzeige PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 28 Uhr Seite 27 werden von Projektteams bearbeitet. Für den P³-Rollout, der die konzernweite Anwendung der Standards sicherstellt, wird diese Nutzenargumentation von der Konzernebene auf die Individualebene gezogen. Die Vorteile der Standards für den Anwender ergänzen in der Argumentation den Business Benefit für den Konzern. Für Beratungsgespräche hat das Projekt deshalb ein Datenblatt mit den wichtigsten Standards und Services erstellt, Absender ist das neu gegründete zentrale PMO der EnBW. Für die Verbreitung der Standards werben nach wie vor auch die Kernteammitglieder in Informationsrunden, Starter-Workshops mit neuen Projekten und in Beratungsgesprächen. Der Netzwerkgedanke wird betont: P³-Standards bieten Zugang zum gesammelten Methoden- und Erfahrungsschatz der EnBW-Projektexperten. Sein eigenes Wissen einzubringen und vom Wissen der anderen zu profitieren - der Gedanke ist weitaus populärer als die Verordnung von vernunftgesteuerten Standards, getreu dem Motto: Teilen ist das neue Haben. Eine breit angelegte Pilotierung der Ergebnisse in allen Konzerngesellschaften bereitet den Rollout optimal vor, führt aber vor allem inhaltlich nochmals zu einer Schärfung der Ergebnisse. Die Ergebnisse finden sich zusammenfassend in Abbildung 9. „Rollout“ zur schrittweisen unternehmensübergreifenden Implementierung in Projektform organisiert Die Rollout-Phase organisiert EnBW erneut in Projektform und legt diese auf drei Jahre aus (Abb. 10). Die Projektform ermöglicht eine bessere Steuerbarkeit. Die Projektleitung liegt beim zentralen PMO, das über die enge Vernetzung mit den dezentral in den Gesellschaften und Querschnittsbereichen Verantwortlichen nahtlos an die Zusammenarbeit aus P³ anknüpft. Startpunkt für das Rollout-Projekt war die Vereinbarung SMARTer Ziele in den Kategorien Performance, Struktur und Kompetenz mit dem Vorstand. Entsprechend den neuen Standards erfolgt dies auf Basis des neuen Pflichttemplates für EnBW-Projektanträge. Die Umsetzung der Ziele wird während des Jahres in den Sitzungen des Projektmanagementteams nachgehalten, das den konzernweiten Rollout koordiniert. Regelmäßig berichten die Mitglieder hier zum Stand der Umsetzung in ihren Bereichen. Darüber hinaus werden in diesem Kreis die P³-Standards bedarfsgerecht weiterentwickelt, aktuell beispielsweise in den Themen „Lessons Learned aus Projektarbeit“ und „Agiles Projektmanagement“. Das Projektmanagementteam verpflichtet sich auf Basis der P³-Rollout-Ziele jeweils auf Jahresziele, die vom Lenkungsausschuss abgenommen werden. Beispielhaft für die P³-Rollout-Ziele stehen ❑ für Performance-Ziele: 80 Prozent der A-/ B-Projekte wenden die P³-Standards an ❑ für Strukturziele: Prozess „Kontinuierliche Verbesserung & Lessons Learned“ ist implementiert ❑ für Kompetenzziele: 50 Prozent der Projektleiter von A-/ B-Projekten können die nach P³-Standard erforderlichen Qualifizierungen nachweisen In der Rollout-Phase gilt das Motto „einfach, effizient und schnell“ als Maßstab. Dazu gehört entsprechend dem Pareto-Gedanken die Einführung einer vom Projektbudget abgeleiteten Wesentlichkeitsgrenze für die verpflichtende Anwendung der neuen Standards. Für alle anderen Projekte wird die Anwendung empfohlen, aber nicht nachgehalten. Die Beratungsaktivitäten des zentralen PMO konzentrieren sich klar auf die Schlüsselthemen des Konzerns in Form definierter Leuchtturmprojekte. Diese werden von den Geschäftsführungen nominiert und sind in der Regel komplexe Projekte der Klassen A und B. Das Gütesiegel „Powered by P³“ transportiert die erfolgreiche Anwendung der Standards auch kommunikativ. Für bereits laufende Projekte besteht keine rückwirkende Verpflichtung zur Anwendung der Standards. Lediglich die Mindestaktivitäten für die jeweils aktuell laufenden bzw. künftigen Projektphasen sind zu erfüllen. Der Rollout erfolgt nicht als „Big Bang“, sondern eher „step by step“ - beginnend mit denjenigen Projekten, die in der Phase der strategischen Neuausrichtung besondere Relevanz haben. Klar im Mittelpunkt steht der Mehrwert der neuen Systematik für den Kunden, das heißt den Anwender im operativen Projektgeschäft. Dabei ist ein hochwertiges Beratungsangebot entscheidend. Ein wesentliches Element der Beratungstätigkeit des zentralen PMO sind die sogenannten Starter-Workshops. Hier werden in - je nach Projektumfang teilweise mehrtägigen - Workshops gemeinsam mit den Projektleitern alle erforderlichen Mindestaktivitäten durchgeführt. Dieses Format stellt im Vergleich zur reinen Informationsveranstaltung einen besonders effizienten Weg zum Methodentransfer in die Praxis dar und erfreut sich einer regen Nachfrage. Zufriedene Kunden, die ihrerseits als Multiplikatoren dienen, sind für den erfolgreichen Rollout ausschlaggebend. Umgekehrt sind die Rückmeldungen der Projektleiter wesentlich für die bedarfsgerechte Weiterentwicklung 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 28 WISSEN › Überblick über wesentliche Konzern- und Gesellschaftsprojekte (A-/ B-Projekte) › Bewertungsmodell zur wirtschaftlichen und strategischen Einordnung aus Konzernsicht › Test-Konzern-Projektportfolio Projektportfoliomanagement › Verbindliche Qualitätsstandards im Sinne von Mindestanforderungen › Geführte Template- Sammlung als Arbeitshilfe › Zielgruppengenaue Qualifizierungsbausteine › Schlanke, vereinheitlichte Reports für A -/ B-Projekte Projektmanagement › Aufnahme & Analyse der Ist - Situation › Eckpunkte Zielbild › Kriterien erfolgreicher Veränderung › Maßnahmenvorschlag Projektkultur Abb. 9: Projektergebnisse P³ im Überblick › Change-Begleitung › 3DSE Auftraggeber/ Lenkungsausschuss PM-Team Ext. Begleitung Performance Review Investitionsausschuss PM-Ziele & Reports PM-Methodik & Umsetzung Projektleitung Zentrales PMO › CEO (Mentor) › Topmanagement-Vertreter aller Vorstandsressorts › Vertreter dezentr. PMOs › Kommunikation › Finanzen › Personal › IT › Betriebsrat › Strategie Abb. 10: Organigramm P³-Rollout PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 28 Uhr Seite 28 der Standards. Aus Kapazitätsgründen sind die Starter- Workshops auf Projekte der Klassen A und B beschränkt. Für alle anderen Projekte dienen die dezentralen Verantwortlichen als erste Ansprechpartner. Das zentrale PMO stellt dafür Informationsmaterial wie das sogenannte Projektmanagement-Starter-Kit zur Verfügung und berät zum Beispiel bei der Durchführung von Veranstaltungen. Erfolgskritisch für den Rollout ist die Planung und Realisierung des Kompetenzzuwachses. Für die Zertifizierung der Projektleiter der Klassen A und B wurde ein zentrales Qualifizierungsbudget bereitgestellt, das die Erreichung der Kompetenzziele absichert. Die modularen Qualifizierungsbausteine schonen die Zeit- und Finanzbudgets der Bereiche und senken dadurch die Zugangsschwelle. Das entwickelte E-Learning-Programm ist nicht verpflichtend und hebt sich von vergleichbaren Angeboten durch eine ausführliche Darstellung des Kundennutzens ab. Darüber hinaus wird ein Multiplikatorenmodell etabliert: In allen Gesellschaften werden neben den dezentral Verantwortlichen bzw. PMOs weitere Ansprechpartner in den neuen Standards gezielt geschult, die ebenfalls für eine erste Beratung zur Verfügung stehen. Zur schnellen, sichtbaren Entfaltung von Wirkung in den Projekten und den dezentralen PMOs realisiert P³ insbesondere die folgenden Quick Wins: ❑ Einbindung im Programm EnBW 2020: Die Steuerung der Schlüsselthemen der strategischen Neuausrichtung erfolgt im Rahmen des Programms EnBW 2020, das als erster Nutznießer wie auch Promoter der neuen Standards fungiert. ❑ Etablierung Projektmanagementteam: Im Kreis der dezentral Verantwortlichen kann die konzernweite Umsetzung wie auch die inhaltliche Weiterentwicklung der Standards systematisch vorangetrieben werden. ❑ Entwicklung & Pilotierung Lessons Learned-Prozess: Der für EnBW im Veränderungsprozess für wesentlich erachtete Know-how-Transfer aus Projekten wird abseits von Datenbanken in einem innovativen Veranstaltungsformat erprobt. Basis dafür ist die Idee der Projektleiter-Community, die im Einführungsprojekt initiiert wurde. ❑ Konzernweit einheitliche, pragmatische IT-Unterstützung: Wesentlich für die Nutzerfreundlichkeit der neuen Standards ist die Erstellung eines Workflows für Projektanträge bzw. Change Requests, Status Reports und Projektportfolios. Die derzeit auf Basis von MS SharePoint entstehende pragmatische Lösung soll mittelfristig durch ein differenzierteres MS Projectbzw. Project Server-basiertes Tool abgelöst werden. Beide Lösungen werden EnBW-intern umgesetzt. Die Herausforderung besteht im Rollout vor allem darin, die neuen Standards nachhaltig in der Organisation zu verankern. EnBW steht nach einer ersten Phase der Kostensenkung und Effizienzsteigerung nun mitten in der Umbruchphase. Es wird darauf ankommen, die durch eine Reihe von Veränderungsthemen stark geforderte Aufmerksamkeit der Nutzer zu gewinnen und zu erhalten. Ein professionelles, durchgängiges Kommunikationskonzept und die enge Verknüpfung von professionellem Projektmanagement und -portfoliomanagement mit der strategischen Neuausrichtung, die über erfolgreiche Projekte erfolgt, sind dabei wesentlich. Es geht außerdem darum, das neue Projektmanagementsystem auch organisatorisch flexibel an die geplante Neuorganisation des Konzerns anzupassen. Dazu gehört unter anderem, dass sich die gewünschte erhöhte Verantwortung im operativen, dezentralen Geschäft auch personell in einer besonders schlanken Struktur der Zentralbereiche niederschlägt. Wenn ein schlankes zentrales PMO konzernweit erfolgreich seiner Governance- und Beratungsrolle gerecht wird, liegt das insbesondere am engen Schulterschluss mit den dezentralen Verantwortlichen. Der Netzwerkcharakter der PMO-Struktur in Verbindung mit der ebenfalls auf persönlichem Kontakt basierenden Community der Projektleiter und -mitarbeiter bietet die nötige Flexibilität und Tragfähigkeit in Zeiten des Wandels. ■ Literatur [1] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Kurzinfo Energiewende. www.bmu.de/ themen/ klima-energie/ energiewende/ kurzinfo, Stand: 9.7.2013 [2] von Schneyder, W.: Das Project Management Office - Eine Einführung. In: Projekt Magazin Nr. 17/ 2010 [3] MIT Lean Advancement Initiative (Hrsg.): Transitioning to a Lean Enterprise. http: / / lean.mit.edu/ component/ docman/ doc_download/ 80-transition-to-lean-executiveoverview? Itemid=776, Stand: 30.7.2013 [4] Womack, J. P./ Jones, D. T./ Roos, D.: The Machine that changed the World. The Story of Lean Production. New York 1990 [5] GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement/ Gessler, M./ SPM Swiss Project Management Association (Hrsg.): Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM3). Handbuch für die Projektarbeit, Qualifizierung und Zertifizierung auf Basis der IPMA Competence Baseline Version 3.0. 5. Auflage, GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., Nürnberg 2011 [6] Haberstroh, M.: Zentrales PMO und regionale PMOs bei Daimler Trucks. In: Projekt Magazin Nr. 17/ 2012 Schlagwörter Benchmark, Einführung, Energie, Projektkultur, Projektmanagement, Projektportfoliomanagement, Rollout, schlank, zentrales Project Management Office (zPMO) Kompetenzelemente der NCB 3.0 4.1.6 Projektorganisation, 4.1.18 Kommunikation, 4.3.3 Portfolioorientierung, 4.3.4 Einführung von Projekt-, Programm- und Portfoliomanagement Autorin Martina Griguscheit ist seit 2001 bei der EnBW Energie Baden-Württemberg AG in Führungsfunktionen in den Bereichen Personal, Organisation und Kommunikation tätig. Sie verantwortet seit 2011 die Verankerung von Projekt- und Projektportfoliomanagementstandards. Seit 2013 leitet sie das zentrale PMO. Anschrift EnBW Energie Baden-Württemberg AG Durlacher Allee 93 D-76131 Karlsruhe E-Mail: M.Griguscheit@EnBW.com projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 29 PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 28 Uhr Seite 29 1. Einleitung Heutzutage werden Projekte, sei es im privaten oder im öffentlichen Sektor, zunehmend umfangreicher und scheinen ab einer bestimmten Größe nicht mehr beherrschbar zu sein. Man spricht dann zu Recht von komplexen (lat. complexus = zusammengesetzt) Projekten. Diese liegen dann vor, wenn die Gesamtmenge aller Einflussfaktoren in einem Projekt so verflochten ist, dass selbst bei Vorhandensein vollständiger Information zu allen Einflussfaktoren und deren Wechselwirkung der Projektverlauf nicht vorhersehbar ist und damit der Projekterfolg nicht garantiert werden kann. Es handelt sich bei komplexen Projekten daher um Teilsysteme, die miteinander wechselwirken und sich gegenseitig beeinflussen. Komplexe Projekte können folglich von einer einzelnen Person mental nicht mehr vollständig erfasst werden, auch wenn diese Person noch so intelligent ist. Komplexität kann daher nicht allein mit den Mitteln der Rationalität, also der analytischen Intelligenz, erfasst werden. Rationalität ist reduktionistisch, versucht mit fein säuberlichen Strukturen und entsprechender Logik zu arbeiten, und dies widerspricht dem, was Komplexität ausmacht. Intuition sei das Mittel der Wahl, so heißt es oft, um in komplexen Situationen zu entscheiden und damit Komplexität beherrschbar zu machen. Denn Intuition verbindet uns mit unserem Bauchgefühl, und dieses habe schon oft gezeigt, dass die Intuition in einer komplexen Situation die richtige Entscheidung getroffen habe. Rationalität und Intuition sind somit scheinbar Gegenspieler, denn was soll die Rationalität bei einem komplexen Projekt schon bewirken, wenn sie dort nicht weiterhilft? Und löst Intuition dann alle Probleme bei komplexen Projekten? Daniel Kahneman zeigt in seiner Publikation „Schnelles Denken, langsames Denken“ [1] anhand von Erkenntnissen aus theoretischen Überlegungen und Versuchen, die er gemeinsam mit Amos Tversky (1937- 1996) gewonnen hat, dass intuitives Denken (er nennt es „schnelles Denken“) schnell in die Irre führt, wenn wir es nicht durch das rationale Denken (Kahneman nennt es „langsames Denken“) überwachen und korrigieren. Daniel Kahneman nennt das mentale System, das unsere Intuition beheimatet, das System 1 und das mentale System, das unsere Rationalität beherbergt, das System 2: Unser Verstand besteht also in „Schnelles Denken, langsames Denken“ modellhaft aus System 1, der Intuition, und System 2, der Rationalität, die miteinander wechselwirken. Intuition führt zu Denkfehlern, sogenannten mentalen Verzerrungen, und Rationalität wirkt diesen Verzerrungen entgegen. Er hat im Jahr 2002 (gemeinsam mit Vernon L. Smith) den Wirtschaftsnobelpreis für die grundlegenden Einsichten in die Entscheidungspsychologie erhalten. Der vorliegende Artikel beleuchtet anhand der Erkenntnisse von „Schnelles Denken, langsames Denken“ die Bedeutung der wechselseitigen Abhängigkeit von Rationalität und Intuition als Entscheidungslieferant in komplexen Projekten. Wir gehen der Frage nach, in- 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 30 WISSEN Schnelles und langsames Denken in Projekten, Teil 1 Zur Beherrschung von Unsicherheiten in komplexen Projekten Projekte werden zunehmend komplexer und damit in ihrer Durchführung von Unsicherheit geprägt. Vielfach wird Intuition als das Mittel der Wahl angesehen, um mit Komplexität und Unsicherheit umzugehen - Rationalität hingegen sei hier wenig hilfreich. Auf der Basis der experimentell überprüften Theorien von Kahneman und Tversky zeigen wir, welche Folgen intuitive Denkfehler in Projekten haben. Wir erweitern diese Theorie mittels der Collective Mind Methode auf die Teamarbeit und zeigen an Beispielen, wie die Integration von Intuition und Rationalität zu effizienter und effektiver Handlungsfähigkeit führt. Der zweite Teil dieses Artikels erscheint in Heft 1/ 2014 der projektMANAGEMENT aktuell . Alfred Oswald, Jens Köhler Die beiden Autoren zeigen, ausgehend von den empirischen Arbeiten von Kahneman (Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften 2002) und Tversky, welche intuitiven Denkfehler Menschen in Projekten machen. Sie demonstrieren, wie Intuition und Rationalität bei Entscheidungen, die nahezu immer unter Unsicherheit getroffen werden müssen, integriert werden können. Im zweiten Teil wird die Brücke zur Theorie des Collective Mind geschlagen, die sich mit Teamzusammensetzung und Teamarbeit befasst und die von Oswald und Köhler entwickelt wurde. +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 28 Uhr Seite 30 wieweit bestimmte Projektmanagementmethoden oder -maßnahmen mentale Verzerrungen begünstigen beziehungsweise inwieweit mentale Verzerrungen zu bestimmten Methoden und Maßnahmen führen. Darüber hinaus skizzieren wir Wege, wie komplexe Projekte durch Intuition beherrscht werden können und wie deren irreführende Komponente durch Rationalität eliminiert werden kann. Wir übertragen dabei einige aus unserer Sicht für Projekte wichtige Aspekte von Kahneman und Tversky auf das Projektmanagement: Deren Ergebnisse beziehen sich auf Individuen. Wir bedienen uns ihrer Erkenntnis und zeigen, wie dies in Kombination mit der Sozialtechnologie Collective Mind- Methode zum Umgang mit Komplexität und Unsicherheit in Teams eingesetzt werden kann. 2. Vom schnellen und langsamen Denken Im Modell von Kahneman und Tversky wird schnelles Denken und langsames Denken durch zwei mentale Systeme repräsentiert: System 1 (Intuition) und System 2 (Rationalität). Kahneman illustriert die Existenz dieser beiden Systeme durch die Schläger-und-Ball- Denkaufgabe. Versuchen Sie die Lösung zu folgender Aufgabe zu finden, indem Sie Ihrer Intuition vertrauen (siehe auch [1]): Ein Schläger und ein Ball kosten 1,10 EUR. Der Schläger kostet einen Euro mehr als der Ball. Wie viel kostet der Ball? Die Zahl, die den meisten Menschen einfällt, ist 10 Cent. Diese Antwort wird uns nahegelegt und ist falsch. Bitte nehmen Sie sich ein Blatt Papier und lösen Sie die Aufgabe und Sie werden feststellen, dass die richtige Antwort 5 Cent lautet 1 . Menschen, die 10 Cent sagen, wurden durch ihre Intuition, also System 1, in die Irre geleitet. Menschen, die das richtige Ergebnis nennen, haben sich vermutlich dem Einfluss von System 1 entzogen, indem sie das schnelle Ergebnis einer langsamen Überprüfung unterzogen, also die in der Fußnote aufgeführten Gleichungen gelöst haben. System 1 hat System 2 einen Impuls vermittelt: Bei einigen Menschen wird dieser Impuls einfach „durchgewinkt“, bei anderen wird er einer aktiven Kontrolle unterzogen und je nach Befund korrigiert. Ein weiteres Beispiel aus Kahnemans Buch möge den Einfluss der Intuition verdeutlichen: Bietet man Testpersonen einen Bildschirmschoner mit schwimmenden Dollarscheinen an, so zeigen diese Personen eine statistisch signifikant höhere Ausprägung von Unabhängigkeit - sie sind egoistischer. Dies ist ein Beispiel für den sogenannten Priming-Effekt und wird durch System 1 hervorgerufen. Die experimentellen Befunde legen nahe, dass die mentale Bahnung (Priming) durch die „Idee vom Geld“ den Individualismus fördert und damit zu einer entsprechenden Verzerrung intuitiver Entscheidungen (zum Beispiel in Richtung der Maximierung des eigenen Einkommens) führt. Auf eine kritische Projektsituation übertragen, in der der Projektleiter die finanziellen Folgen in den Vordergrund hebt, könnte dies heißen, dass der Teamgeist gerade nicht unterstützt, sondern der Individualismus unwissentlich gestärkt wird. Dies kann zu einer Erhöhung der (wahrgenommenen) Komplexität führen, da die Teammitglieder in einer Weise interagieren, die nicht im Sinne der Krisenbewältigung ist. Die Intuition ist allgemein sehr anfällig für jede Form von mentalen Verzerrungen und ist alleine schon aus diesem Grunde nur bedingt geeignet, gute Entscheidungen unter Unsicherheit hervorzurufen. Die Stärke der Intuition ist auch gleichzeitig ihre Schwäche. Da sie sehr gerne auf die sorgfältige Prüfung von Daten und Fakten verzichtet, ist sie schnell. Da naturgemäß bei Unsicherheit keine oder nur schwer zugängliche Daten vorliegen, liefert die Intuition Erklärungen auf der Basis leicht zugänglicher Informationen. Dies können leicht zugängliche mentale Modelle sein, unter anderem hervorgerufen durch Priming oder auch durch vergangene Erfahrungen. Diese aus den vergangenen Erfahrungen abstrahierten Muster helfen nur dann eine unsichere Situation zu meistern, wenn diese nicht allzu weit von den zu lösenden neuen Strukturen entfernt sind. Ein erfahrener Projektleiter reagiert in einer Projektsituation angemessen und „richtig“, wenn diese neue Projektsituation charakteristische Eigenschaften mit den bisher erfahrenen Projektsituationen gemeinsam hat. Wir alle neigen dazu, einer mentalen Leichtigkeit nachzugeben. Die mentale Leichtigkeit liegt dann vor, wenn eine wiederholte Erfahrung vorliegt, eine klare Darstellung oder bereits mental gebahnte Vorstellungen angeboten werden oder eine gute Laune unterlegt ist. In diesen Fällen fühlt sich die Situation vertraut und gut an, was in ihr passiert, ist wahr und wirkt mühelos. Wir haben das Gefühl einer „flüssigen Verarbeitung“. (Abb. 1) Kahneman verweist auf seinen Kollegen Gilbert, der behauptet, dass das Verstehen einer Aussage mit dem Versuch beginnt, diese Aussage zu glauben. Das Nichtglauben ist die Domäne der Rationalität, also System 2. Anzeige 1 Durch das Lösen der beiden Gleichungen kommen Sie auf das Ergebnis von 5 Cent: Preis Schläger + Preis Ball = 1,10 EUR Preis Schläger = 1 EUR + Preis Ball PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 28 Uhr Seite 31 „Wenn System 2 anderweitig beschäftigt ist, glauben wir fast alles. System 1 ist leichtgläubig und neigt dazu, Aussagen für wahr zu halten; System 2 ist dafür zuständig, Aussagen anzuzweifeln und nicht zu glauben, aber System 2 ist manchmal beschäftigt und oft faul“. [1] So betrachtet, kann gute Laune als einer der Propagatoren mentaler Leichtigkeit in bestimmten Situationen Schaden anrichten. Etwas abgewandelt benutzen wir (dort kursiv markiert) nach H. Simon folgende Definition für Intuition: „Eine Situation liefert uns einen Hinweisreiz (cue); dieser Hinweisreiz gibt (uns) dem Experten Zugang zu Informationen, die im Gedächtnis gespeichert sind, und diese Informationen geben (uns) ihm die Antwort. Intuition ist also zu einem großen Teil Wiedererkennen“ [11]. Neuere, biopsychologische Theorien beziehen affektive Komponenten der Intuition in ihre Überlegungen ein und kommen damit zu einer Erweiterung dieser Definition [2]. Indem wir unbewusst aus allen möglichen Reizen einen Hinweisreiz auswählen und mit diesem Hinweisreiz Zugang zu bestimmten mentalen Informationen erhalten, kann sich sehr leicht eine Tendenz (Bias), eine Verzerrung, in eine bestimmte Richtung ausbilden. Welche Informationen dabei hochkommen, hängt von der mentalen Leichtigkeit ab, mit der diese Informationen zugänglich sind. Also kommt nicht die „richtige“ Information ins Bewusstsein, sondern die, die am leichtesten zugänglich ist. Beides muss nicht notwendigerweise übereinstimmen. Die Abbildung 2 verdeutlicht den Zusammenhang von System 1 und System 2 und zeigt deren wichtigste Charakteristika. Die zentrale Botschaft von „Schnelles Denken, Langsames Denken“ ist also, dass sowohl System 1 als auch System 2 benötigt werden, um unter Unsicherheit handlungsfähig zu sein. Es werden dort Erkenntnisse dargestellt, wie Intuition und Rationalität wirken und Handlungsempfehlungen gegeben, wie beide zu kombinieren sind, um stabile Entscheidungen herbeizuführen. - Im Angesicht von Unsicherheit benötigen wir Intuition und Rationalität. 3. Schnelles und langsames Denken im Projekt Abbildung 3 zeigt zentrale Aspekte der Welt der Verzerrungen [1]. Im Zentrum der Abbildung steht der Knoten „Bias (Verzerrung)“ mit seinen wesentlichen Auslösern: Priming, Ankern, mentale Leichtigkeit und WYSIATI. Die Verzerrungen führen zu verschiedenen Ausprägungen von Fehlern und Illusionen sowie von Heuristiken. Im Folgenden erläutern wir die Mechanismen der zentralen Auslöser Priming, Ankern und WYSIATI (die Bedeutung der mentalen Leichtigkeit haben wir schon im vorherigen Kapitel erläutert) und zeigen ihre Bedeutung für die Projektarbeit auf. Wir erläutern die Heuristiken an Beispielen aus der Projektarbeit und beschränken uns bei den resultierenden Fehlern und Illusionen auf den Halo-Effekt und die Fehleinschätzungen von Wahrscheinlichkeiten (weitere Beispiele finden Sie unter [3]). Priming: Unter Priming versteht man die Bahnung von Gedanken in eine bestimmte Richtung. Diese Bahnung beziehungsweise Lenkung in eine bestimmte Richtung kann „negative“ wie auch „positive“ Auswirkungen haben. Im Beispiel mit den „fliegenden Geldscheinen des Bildschirmschoners“ ist die Auswirkung wohl als negativ zu betrachten, denn die Probanden wurden egoistischer. In einer Projektteamsitzung rufen aufgelegte Agenden, Projektpläne, zentrale Aussagen oder Bilder einen mehr oder weniger starken Priming-Effekt hervor. Es ist also wichtig, dass sich insbesondere der Projektleiter darüber im Klaren ist, dass Priming immer vorhanden ist, wie es wirkt und wie er dieses einsetzen oder beeinflussen kann. Soll zum Beispiel in einem Workshop ein neues Produkt, ein neuer Prozess oder ein neues IT-System kreiert werden, erzeugt insbesondere derjenige, der seine Ideen als Erster darlegt, damit einen Priming-Effekt. Aus 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 32 WISSEN Mentale Leichtigkeit Wiederholte Erfahrung fühlt sich vertraut an Klare Darstellung Geprimte Vorstellung erscheint wahr fühlt sich gut an Gute Laune erscheint mühelos Abb. 1: Mentale Leichtigkeit Unwillkürliche Operationen Bewusst gesteuerte Operationen Intuitives Denken Sachkundiges Denken Heuristisches Denken Automatisierte Wahrnehmungs -, Gedächtnisprozesse Analytisches Denken Komplexe Berechnungen Selbstbeherrschung Aufmerksame Wahrnehmung, Konzentration, Fokussierung System 1 Intuitiv, schnell, assoziativ Intuition Kreativität Oberflächlichkeit Leichtgläubigkeit Verzerrungen Kognitive Fehler Positive Teststrategie System 2 Analytisch, langsam, aufmerksam Vigilanz Analytik Niedergeschlagenheit Anstrengung Weniger Fehler Negative Teststrategie Abb. 2: System 1 und System 2 PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 28 Uhr Seite 32 diesem Grunde kann es sinnvoll sein, dass alle Teilnehmer ihre Ideen zuerst in Schrift und/ oder Bildern unabhängig voneinander zu Papier bringen. Kahneman nennt diese Gegenmaßnahme „dekorrelieren“. Die mentalen Modelle der Teammitglieder erfahren also zuerst keine gemeinsame Bahnung. Am Anfang, insbesondere im Kontext eines innovativen Projektes, ist es immer wieder notwendig zu „dekorrelieren“, denn der mögliche Lösungsraum soll ohne frühzeitige Bahnung abgesucht werden. Erst wenn sich eine mögliche Lösungsalternative aufgrund sorgfältiger Evolution herauskristallisiert hat, ist es notwendig, diese Lösung als Zielvorstellung zu etablieren. Hier kann der Priming-Effekt sehr gute Dienste tun. Ein Bild, das das Ziel verkörpert, bahnt die Gedanken und führt zu einer Ausrichtung. Von ähnlicher Bedeutung ist daher die richtige Projektnamensgebung. Schon die mentale Leichtigkeit, mit der ein Name bei den Stakeholdern angenommen wird, hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Akzeptanz des Projektes. Der Name sollte so gewählt sein, dass er Assoziationen eröffnet, die mit dem Zweck des Projektes verbunden werden. Dann wirken die Assoziationen bahnend für weitere Informationen zum Projekt. Die nach Walt Disney benannte Kreativitätstechnik nutzt Priming in zweierlei Hinsicht: Alle Personen eines Kreativitätsteams schlüpfen in verschiedene Rollen (Träumer, Realist, Kritiker), während sie gleichzeitig den Raum wechseln. So wird die Träumerrolle nur eingenommen, wenn die Personen im Träumerraum sind, der entsprechend der dort zu verkörpernden Rolle kreativ ausgestaltet ist. Rolle und Raum wirken primend auf die Teammitglieder. Der Wechsel von einem Raum zum nächsten wirkt einerseits aufhebend und andererprojekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 33 Bias (Verzerrung) Priming Halo-Effekt Heuristiken Verfügbarkeitsheuristik Affektheuristik WYSIATI Ankern Repräsentativitätsheuristik Rückschaufehler Erkenntnis- illusionen Ergebnisfehler Illusionen der Gültigkeit Kompetenzillusionen Optimismusverzerrungen Kausale Intuition Fehler & Illusionen Mentale Leichtigkeit Fehleinschätzungen von Wahrscheinlichkeiten Abb. 3: Die Welt der Verzerrungen Trauen Sie sich ein komplexes Projekt zu? Seminare für Projektmanager: «Project management I - Methodology and Tools» vom 27. - 29. November 2013; «Projektmanagement I - Methodik und Instrumente» Zusatzseminar vom 4. - 6. Dezember 2013; «IPMA Zertifizierungsbegleitung», Start Level B: 5. März 2014; Start Level C+D: 6. März 2014; «Projektmanagement II - Projektleitung und Teamführung» vom 10. - 12. März 2014. Infos: www.bwi.ch Anzeige PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 28 Uhr Seite 33 seits erzeugend bezüglich des Primings. Wie wir wissen, war Walt Disney sehr erfolgreich mit seiner Strategie des Primings. Großraumbüros beispielsweise repräsentieren Werte, die sich Unternehmen gegeben haben, wie zum Beispiel eine offene Kommunikationskultur, und sollen daher in Richtung einer offenen Kommunikation primen. Sehr oft wird übersehen, dass diese Form des Primings den Wertvorstellungen des einzelnen Mitarbeiters entgegenwirkt und damit kontraproduktiv ist (siehe dazu auch [4]). Ankern: Ankern ist eine Verzerrung und hat eine sehr große Verwandtschaft mit dem Priming-Effekt. Ein Anker stellt einen Bezugspunkt dar, an den wir uns mental „anhängen“. Kahneman und Tversky haben jeweils eine Form der Ankerung für System 1 und 2 identifiziert. Setzt man für eine ungewisse Größe, zum Beispiel für den Aufwand einer zu erledigenden Projektaufgabe, eine Zahl an, so stellt diese Zahl einen Anker für System 2 (die Rationalität) dar. Selbst nachfolgende Anpassungen zu dieser Größe erfolgen nicht mehr wahlfrei, da man sich nicht mehr allzu weit vom Anker wegbewegt. Jeder Projektleiter kennt diesen Effekt. Er ist umso ausgeprägter, desto müder System 2 ist. Der Projektleiter möchte von seinem Teammitglied hören, wie viel Aufwand die Aufgabe erfordert. Das Teammitglied „ziert“ sich, eine Aussage zu machen. Der Projektleiter wird ungeduldig und fragt, ob die anstehende Aufgabe schwieriger oder leichter sei, als die letzte. Aufgrund der Art der Fragestellung wird die eigentliche Fragestellung nach dem Aufwand der aktuellen Aufgabenstellung mit der vergangenen Aufgabenstellung assoziativ verbunden. Es tritt eine Bahnung in Richtung der vergangenen Aufgabenstellung ein. Die mit der vergangenen Aufgabenstellung verbundenen Assoziationen (Ereignisse, Rahmenbedingungen, Emotionen usw.) werden in System 1 aktiviert und können als Anker wirken. Die Ankerung dürfte umso stärker sein, je stärker die mit der letzten Aufgabenstellung beteiligten Emotionen waren, positiv wie negativ. Bei positiver Erfahrung wird der Aufwand wahrscheinlich nach unten abgeschätzt (die Schätzung ist optimistisch), bei negativer Erfahrung nach oben (die Schätzung ist eher pessimistisch). WYSIATI: Das WYSIATI-Prinzip („What you see is all there is“-Prinzip) zeigt in allen Verzerrungen seine Wirkung. Das System 1 neigt dazu, nur die Informationen heranzuziehen, die mental leicht verfügbar sind. Hierdurch werden Schlüsse gezogen, denen erhebliche Verzerrungen unterliegen. Hier einige Beispiele: ❑ Das Teammitglied, das in erster Linie seine eigenen Arbeiten kennt und damit diese sowohl in Quantität als auch in Qualität überbewertet. ❑ Der Projektleiter, der sein letztes Projekt mit Bravour beendet hat und deshalb vom Unternehmensmanagement für das nächste Projekt ausgewählt wird, obwohl er nicht die nötige Kompetenz hat (siehe auch Halo- Effekt). ❑ Eine Technologie, die als gut angesehen wird, weil sie ständig in der Öffentlichkeit so dargestellt wird oder Prominente sie vertreten, obwohl sie erhebliche Risiken oder Folgeschäden hat. ❑ Ein Projektleiter, der sein Projekt für komplex hält, weil er Mitglieder im Projektteam hat, zu denen er keinen Zugang findet (dies ist ein Beispiel für die weiter unten aufgeführte „wertevernichtende Komplexität“). Heuristik: Eine Heuristik … ist ein einfaches Verfahren, das uns hilft, adäquate, wenn auch oftmals unvollkommene Antworten auf schwierige Fragen zu finden [1]. Die schwierige Frage wird meist unbewusst durch eine einfachere Frage ersetzt, die dann wiederum beantwortet wird. Wir glauben also oft, dass wir eine schwierige Frage beantwortet haben. Tatsächlich haben wir lediglich die einfache Frage beantwortet und diese kann beliebig weit von der tatsächlichen Frage entfernt sein. Entsprechend dem Mechanismus, nach dem wir die Zielfrage durch eine einfachere Fragen ersetzen, unterscheiden wir verschiedene Arten von Heuristik: Affektheuristik, Verfügbarkeitsheuristik und Repräsentationsheuristik. Da eine Heuristik bei der Problemlösung in Projekten eine wichtige Rolle spielt, haben wir in Tabelle 1 einige Beispiele aus der Projektarbeit zusammengestellt. Heuristiken können durchaus einen wertvollen Beitrag zur Entscheidung unter Unsicherheit liefern. Wichtig ist, dass man sich im Projekt der potenziellen Gefahr bewusst wird, die durch die Ersetzungsmechanismen von Heuristiken entstehen können. Wir schlagen folgende Strategien vor: ❑ Einsatz von einfachen Kriterien für die Beantwortung der Zielfragen. Hierdurch wird verhindert, dass die heuristische Frage sich unbemerkt einschleicht. Schon der Einsatz einfacher Persönlichkeitsmodelle [5, 6] führt zur Aktivierung von System 2. Ähnliches gilt für den Einsatz von Kulturmodellen [7, 8] bei der Wahl der Partnerorganisation oder den Einsatz von Modellen zur Projekttypisierung [9, 10] zur Beurteilung von Projektcharakteristika und damit verbundenen Risiken. ❑ Bewusste Aufnahme von Teammitgliedern mit einem ausgeprägten System 2 und Wertschätzung der Beiträge dieser Teammitglieder. Da diese Teammitglieder nach unserer Erfahrung eher introvertiert sind, erfordert dies eine entsprechende Achtsamkeit des Projektleiters. ❑ Bewusster Einsatz von Projektaußensichten: Dies kann heißen, dass Informationen zu Personen oder ähnlich gelagerten Projekten eingeholt werden oder das Projekt von einer unabhängigen Stelle einer „Überprüfung“ unterzogen wird. Diese Strategien wirken dem von Kahneman postulierten WYSIATI-Prinzip („What you see is all there is“- Prinzip) entgegen. System 1 neigt nämlich dazu, die Qualität und Quantität von Informationen nahezu völlig zu vernachlässigen und einfach das zu nehmen, was mental leicht verfügbar ist. Die obigen Strategien unterstützen System 2, sodass System 1 nicht zu schnell das mental leicht Zugängliche anbieten kann. Halo-Effekt: In dieser Verzerrung werden Personen oder Sachen Eigenschaften zugeschrieben, die diese nicht haben. Beispielsweise wird ein Experte für ein Projekt eingesetzt, der in anderen Projekten erfolgreich war, obwohl ihm jetzt möglicherweise der fachliche Hintergrund fehlt. Der Halo-Effekt bewirkt, dass man dies nicht oder erst sehr viel später merkt, wenn Fakten geschaffen wurden, die das Fehlen des fachlichen Hintergrundes offenbar machen. Aber dann kann es in einem Projekt möglicherweise für eine kostengünstige Korrektur schon zu spät sein. Der Halo-Effekt hat seine Ursache in einer Überbewertung von Effekten, die mit dieser Person verbunden werden: Der Sportler, der Rekorde bricht, der Unternehmer, der eine Firma zu Glanz führt, und der Projektleiter, der ein schwieriges 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 34 WISSEN PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 28 Uhr Seite 34 Projekt erfolgreich abschließt. In allen diesen Fällen wird die sogenannte Regression zum Mittelmaß vergessen. Unsere Intuition unterschätzt die „Macht der großen Zahlen“. Wenn ein Projektleiter viele Projekte durchführt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er im Mittel mittelerfolgreich sein wird. Es ist so, dass unsere Intuition die Bedeutung der Statistik fast immer unterschätzt und der Verzerrung zum Besonderen den Vorrang gibt. Fehleinschätzung von Ereignissen mit geringer und hoher Wahrscheinlichkeit: Ein zentrales Ergebnis der Forschungen von Kahneman und Tversky ist die sogenannte neue Entscheidungstheorie. Sie besagt unter anderem, dass sich Menschen bei Entscheidungen nicht rational verhalten, wie es die ökonomische Standardtheorie annimmt. Für negative Ereignisse gelten folgende Aussagen (für positive Ereignisse gelten umgekehrte Aussagen): Negaprojekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 35 Zielfrage Heuristische Frage Typ Gefahr Gegenmaßnahme Ist der Partner/ Kollege die beste Wahl für diese Aufgabenstellung? Mag ich den Partner/ Kollegen? Affekt Es wird nicht der beste Kandidat ausgewählt, sondern der, der am sympathischsten ist. Aufstellen eines Kriterienkatalogs, Einsatz eines Persönlichkeitsmodells Welche Risiken sehen Sie beim Einsatz dieser Technologie? Empfinde ich diese Technologie als wertvoll und gut? Affekt Es wird die Technologie eingesetzt, die aufgrund der vorhandenen Informationen (WYSIATI) als wertvoll und gut angesehen wird. Fragenkatalog einsetzen, Prä-mortem- Methode: „Stellen Sie sich vor, wir befinden uns ein Jahr in der Zukunft. Wir haben den Plan in seiner jetzigen Fassung umgesetzt. Das Ergebnis war eine Katastrophe. Nehmen Sie sich bitte fünf Minuten Zeit, um eine kurze Geschichte dieser Katastrophe zu schreiben.“ Habe ich alles getan, damit das Projekt ein Erfolg wird? Wie viel habe ich bisher schon an Mehraufwand für das Projekt gehabt? Verfügbarkeit Der eigene, vergangene Einsatz wird übergewichtet und die Energie geht verloren. Visualisierung des bisherigen Ergebnisses und der damit verbundenen Aufwendungen sowie der erforderlichen Ergebnisse und der damit verbundenen Aufwände Wie wahrscheinlich ist es, das Projekt innerhalb der angesetzten Zeit erfolgreich abzuschließen? Habe ich alle bisherigen Projekte erfolgreich abgeschlossen? Verfügbarkeit Die Risiken im Projekt werden nicht gesehen, da das Projekt mit vergangenen, erfolgreich abgeschlossenen Projekten verbunden wird. Referenz Projekttyp für das Projekt auf der Basis von externen Sichten einholen Ist der dedizierte Projektleiter die richtige Wahl? Macht er von seinem Äußeren/ seinem Verhalten einen guten Eindruck auf mich? (Z. B.: Der Kandidat hat ein markantes Gesicht und/ oder ist sehr extrovertiert, was mit Durchsetzungsfähigkeit verbunden wird.) Repräsentation Es wird ein zum Projekt nicht passender Projektleiter eingesetzt, wodurch ein unnötig hohes Risiko eingegangen wird. Aufstellen eines Kriterienkatalogs, Einsatz eines Persönlichkeitsmodells Wie komplex ist das Projekt? Wie viel Aufwand habe ich für das Projekt geschätzt? Repräsentation Die im Projekt enthaltenen Risiken werden nicht transparent und es entsteht kein Lerneffekt im Umgang mit Komplexität. Einsatz von Projekttyp Modellen, Projektkomplexitätsmodellen Tab. 1: Zielfrage - heuristische Frage PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 28 Uhr Seite 35 tive Ereignisse mit geringer Wahrscheinlichkeit werden in ihrer (wahrgenommenen) Eintrittswahrscheinlichkeit höher eingeschätzt (Risikoaversion) und negative Ereignisse mit hoher Wahrscheinlichkeit werden in ihrer (wahrgenommenen) Eintrittswahrscheinlichkeit niedriger eingeschätzt (Risikofreude). Kahneman spricht vom Möglichkeitseffekt beziehungsweise vom Sicherheitseffekt. ❑ Risikofreude (Möglichkeitseffekt): Nehmen wir an, es besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit (95 %), ein Projekt nicht in Zeit, Budget und in der geforderten Qualität abzuschließen. In diesem Fall wird für das Scheitern des Projektes ein wesentlich niedrigeres Entscheidungsgewicht (nehmen wir zum Beispiel 75 %) angenommen. Emotional heißt dies, dass die Hoffnung besteht, Verluste doch zu vermeiden und das Projekt erfolgreich abzuschließen. Die Entscheider verhalten sich wesentlich risikofreudiger, als sie selbst glauben. ❑ Risikoaversion (Sicherheitseffekt): Nehmen wir dagegen an, es besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit (5 %), das Projekt nicht erfolgreich abzuschließen. Die Entscheidungsgewichte liegen höher, bei 15 Prozent. Die Entscheider haben eine (unbewusste) Furcht, das Projekt nicht erfolgreich abzuschließen, und verhalten sich risikoscheuer, als es der tatsächlichen Wahrscheinlichkeit entspricht. So können sich Fehleinschätzungen nicht nur auf das gesamte Projekt beziehen, sondern auf alle Einzelaspekte eines Projektes. Seltene oder sogar unbedeutende Ereignisse führen beispielsweise zu folgendem Verhalten: ❑ Niedrige Wahrscheinlichkeiten für Risiken, die zum Beispiel mit Aufgabenstellungen verbunden sind, führen zur Risikoaversion; die Aufgabenstellungen werden hinausgeschoben oder umgangen. ❑ Niedrige Wahrscheinlichkeiten für Chancen, die mit Aufgabenstellungen verbunden sind, führen zur Risikofreude; die Aufgabenstellung wird gerne durchgeführt, die Aufwände explodieren und die Aufgabenstellungen entpuppen sich als „goldene Wasserhähne“. Fast sichere Ereignisse führen beispielsweise zu folgendem Verhalten: ❑ Hohe Wahrscheinlichkeiten für Risiken, die zum Beispiel mit Aufgabenstellungen verbunden sind, führen zur Risikofreude; die Aufgabenstellungen werden durchgezogen und zeigen höhere Aufwände bei relativ schlechter Qualität. ❑ Hohe Wahrscheinlichkeiten für Chancen, die mit Aufgabenstellungen verbunden sind, führen zu einer unverhältnismäßigen Risikoaversion; die Ausführungen der Aufgabenstellungen werden hinausgeschoben oder umgangen. Die Tragweite dieser Fehleinschätzungen für die Projektarbeit wird erst richtig erkennbar, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Einschätzung von Risiko und Chance sowie von niedrigen und hohen Wahrscheinlichkeiten im Auge des Betrachters liegt. Denn falls bezüglich dieser Einschätzungen im Stakeholderkreis unterschiedliche Sichten existieren, die nicht transparent werden, so erhöht dies nochmals das Gesamtrisiko im Projekt. Den zweiten Teil dieses Artikels lesen Sie im nächsten Heft der projektMANAGEMENT aktuell . ■ Literatur [1] Kahneman, D.: Schnelles Denken, langsames Denken. Siedler, München 2010 [2] Damasio, A. R.: Ich fühle, also bin ich. München 2001 [3] Schelle, H.: Von der Illusion in Projekten rational zu handeln. www.gpm-blog.de, 18. Juni 2012 [4] Cain, S.: Still: Die Bedeutung von Introvertierten in einer lauten Welt. München 2011 [5] Briggs Myers, I./ Myers, P. B.: Gifts differing, Understanding Personality Type. Mountain View, California 1995 [6] Keirsey, D.: Versteh mich bitte. New York 1990 [7] Oswald, A./ Köhler, J.: Wechselwirkende Organisationen, Teil 1. In: projektMANAGEMENT aktuell 5/ 2010 [8] Oswald, A./ Köhler, J.: Wechselwirkende Organisationen, Teil 2. In: projektMANAGEMENT aktuell 1/ 2011 [9] Shenhar, A. J./ Dvir, D.: Reinventing Project Management: the diamond approach to successful growth & innovation. Boston 2007 [10] Köhler, J./ Oswald, A.: Die Collective Mind Methode. Heidelberg 2009 [11] Simon, Herbert A.: What is an Explanation of Behaviour? In: Psychological Science 3, 1992, S. 150-161 Schlagwörter Collective Mind, Entscheidungen in Projekten, Entscheidung unter Unsicherheit, Teambildung, Komplexität in Projekten Kompetenzelemente der NCB 3.0. 4.1.7 Teamarbeit, 4.1.8 Problemlösung, 4.1.18 Kommunikation, 4.2.1 Führung, 4.2.2 Engagement und Motivation, 4.2.7 Kreativität Autor Das Arbeitsgebiet von Herrn Dr. Alfred Oswald ist die Transformation von Teams zu Höchstleistungsteams, die Effizienz- und Effektivitätssteigerung in Projekten und in Organisationen sowie der Turnaround von komplexen Projekten. Sein besonderes Interesse gilt der Anwendung von Sozialtechnologien im Projektmanagement sowie im Innovations- und Transformationsmanagement. Anschrift IFST - Institute for Social Technologies GmbH Weißdornweg 12 D-52223 Stolberg Tel.: 0 24 02/ 3 70 11 E-Mail: Alfred.Oswald@ifst.biz Autor Dr. Jens Köhler hat an der Universität Bonn Physik studiert und dort promoviert. Als Projektleiter liegt sein Haupttätigkeitsfeld in der Prozessanalyse sowie der Konzeption, Realisierung und Implementierung von komplexen IT-Systemen in der Forschung. Sein Spezialgebiet ist die Erforschung der Effizienz- und Effektivitätssteigerung von Projektteams durch die gezielte Steuerung über Soft Skills und Kommunikationsprozesse. Anschrift BASF SE, Postfach, D-67056 Ludwigshafen E-Mail: Jens.Koehler@basf.com 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 36 WISSEN Dunja La PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 28 Uhr Seite 36 R isiken sind ein Konstrukt, das aus menschlicher Wahrnehmung resultiert. Wir fotografieren nicht einfach die Welt „außen“ ab; wir sind vielmehr eigenständiger Konstrukteur unserer eigenen Welt. Nur Risiken, die erkannt werden, finden auch Eingang ins Risikomanagement; nur Risiken, die aufgrund menschlicher Wahrnehmungsprozesse als wichtig erachtet werden, haben auch die Chance, aktiv gemanagt zu werden. Dabei sind Wahrnehmungen abhängig vom sozialen Kontext, in dem man sich bewegt. Die Projektkultur und das Verhalten von Entscheidern spielen da eine große Rolle. Es macht einen erheblichen Unterschied, ob das Transparentmachen von Risiken willkommen ist oder der Überbringer schlechter Nachrichten „geköpft“ wird. Faktor Mensch als Risiko - wie Pseudosicherheitsphänomene Risiken erhöhen In Kontexten, in denen aufgrund der Komplexität der Situation Ungewissheit herrscht, springen oft sogenannte „Pseudosicherheitsphänomene“ an. Die Absicht ist dabei eine durchaus sinnvolle, nämlich wieder das Erleben von Sicherheit herzustellen. Wenn nicht sofort ersichtlich ist, wie offene Fragen oder Probleme geklärt werden können, wollen wir uns trotzdem - oder gerade deswegen - möglichst schnell wieder sicher und kompetent fühlen. Es werden dann instinktiv Lösungen gesucht, die schnell wirksam sind. Das schnell erreichte, subjektiv empfundene Sicherheitserleben hat allerdings einen Preis, nämlich den, dass zum Beispiel Zusammenhänge verloren gehen oder kritische Stimmen, die auf Risiken hinweisen, ausgeblendet werden, quasi wie Scheuklappen, die aufgrund eines Tunnelblicks entstehen. Die erreichte Sicherheit ist also eine „Pseudosicherheit“, weil sie nicht auf reellen Problemlösungen aufbaut, sondern mögliche Risiken unter den Teppich kehrt. Mit derartigen Verhaltensweisen erhöhen sich dann die Risiken im Projekt. Das Ausklammern des Faktors Mensch aus dem Projekt ist ein ungeeigneter Lösungsversuch, der Risiken erhöht, statt sie zu verringern Mathematische Methoden sind oft eher Teil des Problems als der Lösung, wie sich zum Beispiel an der Finanzkrise zeigt. Sie können nur dann wirksam sein, wenn es sich um bekannte Risiken handelt und gleichzeitig ausreichend viele Daten über einen längeren Zeitraum vorliegen. Für unbekannte Risiken sind diese Methoden nicht tauglich, weil die Zukunft nicht einfach aus der Vergangenheit ableitbar ist. Die meisten komplexen Projekte haben es mit unbekannten Risiken und unkalkulierbaren Nebenwirkungen zu tun. projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 37 Take a Walk on the Wild Side - Mit dem „Faktor Mensch“ auf Risiko-Safari im Dschungel komplexer Projekte Klassisches Risikomanagement funktioniert nur dann, wenn der Mensch optimal „funktioniert“. Das impliziert einen Menschen, der „rational“ denkt und handelt und als unabhängiger, objektiver „Beobachter“ von Risiken fungiert. Diese Annahme eines rationalen Beobachters, der völlig unabhängig vom zu beobachtenden System agiert, ist allerdings aus wissenschaftlicher Sicht schon längst überholt. Risiken sind ein Konstrukt, das aus menschlicher Wahrnehmung resultiert. Kombinieren wir neurowissenschaftliche Erkenntnisse mit denen der Systemwissenschaften, wird eine neue, bessere Form des Risikomanagements möglich. Dieser Beitrag zeigt auf, wie wir den Faktor Mensch als Chance im Projekt nutzen und gleichzeitig die Risiken, die vom Faktor Mensch ausgehen, minimieren. Dunja Lang In komplexen Projekten mit unbekannten Risiken stellt der Faktor Mensch Risiko und Chance zugleich dar. Es ergeben sich enorme Chancen, wenn wir neueste neurowissenschaftliche Erkenntnisse mit denen der Systemwissenschaften kombinieren. Spezielle Risikotools für den Faktor Mensch minimieren Risiken und machen Chancen nutzbar. Menschliche Verhaltensweisen, sogenannte „Pseudosicherheitsphänomene“, können Risiken signifikant erhöhen. Gleichzeitig ist der Versuch, den Faktor Mensch durch mathematische Modelle aus dem Projekt auszuklammern, unwirksam. Auch klassische Risikomanagementmethoden brauchen den Menschen, weil die Erkennung von Risiken auf menschlichen Wahrnehmungsprozessen basiert. Zur wirksamen Steuerung von Risiken brauchen wir zusätzlich ein Risikomanagement 2.0 sowie ein Meta- Risikomanagement. +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 28 Uhr Seite 37 Wir brauchen bessere Methoden für den Umgang mit Ungewissheit Der Einbezug der Logik menschlicher Wahrnehmungs- und Verhaltensprozesse ist der Kern erfolgreichen Risikomanagements. Wir brauchen mehr Risikokompetenz, die den Faktor Mensch ins Risikomanagement aktiv einbezieht, statt ihn in einer Scheinobjektivierung herauszuhalten. Das Heraushalten des Faktors Mensch ist gar nicht möglich, also sollten wir es gar nicht erst mühsam versuchen. Manchmal kommt es einem so vor, als sei der Mensch das Einzige, was im Risikomanagement stört. Der Homo oeconomicus ist tot Dieses Modell des rationalen Nutzenoptimierers ist mittlerweile durch diverse Forschungsergebnisse der Hirnforschung widerlegt; es ist eine Illusion [3, 4]. Es zeigt 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 38 WISSEN 1. Das „Weiter so“-Phänomen Es ist oft zu beobachten, dass Menschen eine Strategie, die einmal erfolgreich war, beibehalten. Das ist aber nur dann sinnvoll, wenn die Rahmenbedingungen des Handelns stabil bleiben. Interessanterweise sind es oft erfolgreiche Firmen, die sich in Sicherheit fühlen und die Risiken gar nicht sehen wollen. Frühe Anzeichen einer Abwärtsbewegung werden als temporäre Ereignisse, nicht als Trend gewertet. So wird Verunsicherung vermieden. 2. Die „Erfahrungsfalle“ und „Simplex-Denken“ Auch und gerade erfahrene Manager machen Fehler - und zwar immer wieder die gleichen. In einer Studie [1] zeigte sich: Auch deutlich negative Signale, die zu einer Überprüfung des Risikos hätten führen müssen, wurden von erfahrenen Managern ignoriert. Das ist erstaunlich, aber mit Blick auf die Bildung von „mentalen Modellen“ nachvollziehbar. Wenn Menschen vermeintlich positive Resultate ihrer Entscheidung sehen, führt das oft zur Bildung eines Kausalzusammenhangs und einer einfachen Ursache-Wirkungs-Hypothese, die subjektive Sicherheit und Bestärkung bietet. „Wenn ich x mache, passiert y.“ Nicht berücksichtigt wird dabei, dass einfache Ursache-Wirkungs-Ketten in komplexen Zusammenhängen nicht mehr funktionieren [2]. 3. „Symptombekämpfung“ und „Schwarz-Weiß“-Denken Um sich kurzfristig Erfolge zu schaffen, werden störende Symptome beseitigt, ohne über Ursachen und dahinterliegendes Wirkungsgefüge nachzudenken. Denk- und Argumentationsmuster sind oft sehr resolut und absolut formuliert, in Form einer klaren Schwarz-Weiß-Kontrastierung, in der es keine Grauschattierungen gibt. Eng verbunden damit ist oft das „Nach mir die Sintflut“- oder „Kurzfrist-Denke“-Phänomen, das den nachhaltigen Umgang mit Risiken meist unmöglich macht. Es wird immer nur der allernächste Schritt gemacht, ohne an das Morgen zu denken. 4. Ziel- und Planfixierung und „Silo-Denken“ Schon früh im Schul- und Berufsleben wird gelernt, dass Ziele zu erreichen und Pläne einzuhalten sind. An Vorgaben und Plänen wird oft dann noch festgehalten, wenn die Annahmen, auf denen Ziele und Pläne beruhen, schon längst obsolet sind. Der Grund könnte darin liegen, dass Ziele und Pläne Orientierung und Sicherheit geben. Die laufenden Controlling-Rituale bieten die Illusion, die Dinge im Griff zu haben. Gleichzeitig werden oft fälschlicherweise Korrekturen an Zielen und Plänen mit „Scheitern“ in Verbindung gebracht, was wiederum - je nach Kontext - wenig karriereförderlich ist. Die Erreichung des eigenen Ziels um jeden Preis wird oft selbst dann als karriereförderlich gesehen, wenn die Gesamtziele darunter leiden. Die Ziele der eigenen Abteilung werden dann oft über die Unternehmensziele gestellt. 5. Das „Hamster-Syndrom“ und „Defensives Entscheiden“ Als „Sicherheitshaltung“ kann auch das Phänomen beschrieben werden, vor einer Entscheidung immer mehr Informationen zu sammeln, wie ein Hamster Getreide vor dem Winterschlaf. „Da habe ich noch nicht genügend Informationen“ dient dazu, Entscheidungen auch dann zu vertagen, wenn mehr Informationen gar nicht verfügbar sind und man unter Unsicherheit entscheiden muss. Viele Gremiensitzungen enden so ohne Beschluss oder werden vertagt. Wenn dann in einer Folgesitzung mehr Daten vorliegen, ist man häufig immer noch nicht weiter - im Gegenteil: Der Heuhaufen vergrößert sich, die Nadel bleibt gleich groß. 6. „Aktionismus“ und „Bombenwurfstrategie“ Gerade dann, wenn lange gewartet wurde, wird der Handlungsdruck umso größer. Statt gefundene Lösungen vorsichtig auszuprobieren, zum Beispiel in Form eines „Piloten“, und damit die Option des Lernens und beständigen Optimierens zu haben, wird vermeintliche Handlungskompetenz demonstriert, indem alles auf einmal auf den Kopf gestellt wird. Selbst wenn die zuerst gefundene Lösung noch nicht ganz ausgereift ist, wird diese dann x-fach ins Unternehmen implementiert, was oft zu erheblicher Unruhe und Widerstand führt. Nicht selten werden diese Lösungen, zum Beispiel dann, wenn Manager wechseln, wieder rückgängig gemacht. 7. Die „Rosarote Brille“ oder „Der Überbringer schlechter Nachrichten wird geköpft“ Häufig hat man den Fall, dass man bei Scheitern oder Verzögerung eines Projekts im Nachhinein feststellt, wie vielen Beteiligten klar war, dass es ein Risiko gab. Es gab oft sogar gut dokumentiert mahnende Stimmen oder Schriftverkehr zu enormen Risiken, allerdings wurden kritische Stimmen oft ausgeblendet und die Kritiker „kaltgestellt“. Diese Fälle erlangen in jüngster Zeit hohe Aufmerksamkeit (Flughafen Berlin, Euro-Hawk, Stuttgart 21). Pseudosicherheitsphänomene - Beispiele PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 28 Uhr Seite 38 sich, dass Entscheidungen in unbewussten Bereichen unseres Gehirns stattfinden und damit dort vorentschieden werden und erst anschließend im bewussten Bereich der Großhirnrinde verarbeitet werden. Es werden also oft Entscheidungen, die unbewusst sehr schnell im limbischen System getroffen werden, im Nachhinein rationalisiert. Man könnte auch sagen, der bewusste Verstand wirkt quasi als eine Art „Berater“. Die rationale Seite des Gehirns, die Großhirnrinde, ist die entwicklungsgeschichtlich jüngste und kann definitiv nicht als alleinige Steuerungsinstanz angesehen werden. Für gute Entscheidungen brauchen wir beides: Ratio und Emotion! Wir müssen uns von der Illusion verabschieden, nur „rationale“ Entscheidungen seien gute Entscheidungen. Gewissermaßen ist es schon eine Illusion anzunehmen, rein rationale Entscheidungen wären überhaupt möglich. Die Studien von Antonio Damasio mit Patienten, die unfallbedingt ihr emotionales Erfahrungsgedächtnis verloren haben [8], ergaben, dass der emotionalen Ebene im Entscheidungsprozess eine bedeutende Rolle zukommt und ohne diese kein vernünftiges Handeln möglich ist. Unser emotionales Erfahrungsgedächtnis speichert wichtige Lebenserfahrungen aus der Vergangenheit inklusive dazugehöriger Gefühle und Empfindungen. Taucht im Laufe des späteren Lebens eine Situation auf, die uns irgendwie ähnlich erscheint, hilft uns das intuitiv gespeicherte Wissen mittels bestimmter Signale, schnell und ohne Aufwand zu bewerten, ob uns etwas positiv oder negativ erscheint. Antonio Damasio hat diese Signale „somatische Marker“ genannt, „soma“ steht für „Körper“ und „Marker“ für „Markierung“ oder auch „Bewerprojekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 39 Der Forscher Paul MacLean stellte die These auf, dass sich unser Gehirn aus drei Schichten zusammensetzt, die aus drei Phasen der evolutionären Entwicklung stammen [5]. Wir haben somit ein sogenanntes dreieiniges, man könnte auch sagen 3-teiliges Gehirn. ❑ Der Hirnstamm, unser Reptiliengehirn, sozusagen der Alligator in uns, ist als ältester Teil mit überlebenswichtigen Verhaltensweisen betraut und sorgt für schnelles, instinktives Verhalten. Es stellt das „instinktive Gehirn“ dar. ❑ Das limbische System, unser „emotionales Gehirn“, ist entwicklungsgeschichtlich etwas jünger. ❑ Der Neokortex, unser „rationales Gehirn“, ist für das höhere Denken zuständig. Der rationale Teil ist aus Sicht der Evolution der jüngste. Lediglich ca. 5 Prozent der Hirntätigkeit finden bewusst statt. Unser Gehirn - ein Autopilot? Ein gutes Beispiel für in hohem Maße automatisierte Prozesse ist das Autofahren. Untersuchungen mittels MRT haben ergeben, dass die entwicklungsgeschichtlich älteren Hirnteile umso aktiver sind, je höher die Geschwindigkeit ist. Je schneller man unterwegs ist, umso stärker übernimmt der „Alligator in uns“ das Steuer und „beißt“ andere Verkehrsteilnehmer, wenn diese zum Beispiel auf der linken Spur „zu langsam“ fahren. Der Nutzen des „Alligators in uns“ In schwierigen oder Notsituationen handeln wir instinktiv, zum Beispiel mit einer Vollbremsung oder einem Ausweichmanöver. Würden wir in solchen Situationen lange den Bremsweg ausrechnen und analysieren, wären wir eventuell schon tot, bevor wir die Lage zu Ende analysiert haben. Da brauchen wir gar nicht das berühmte Beispiel des „Säbelzahntigers“ bemühen, vor dem wir uns in früheren Zeiten instinktiv durch Flucht oder Angriff schützten. Das bedeutet jedoch auch, dass der größte Teil der Informationsverarbeitung unbewusst und schnell stattfindet. Der präfrontale Kortex als Sitz der bewussten Interaktion der Welt ist eher langsam und unterliegt zudem noch weiteren Beschränkungen: „Die Ressourcen, die in Ihrem präfrontalen Kortex zum Behalten von Gedanken vorhanden sind, entsprechen in etwa dem Wert der Münzen, die Sie gerade in der Tasche haben. Im Vergleich dazu kann man die Verarbeitungskapazität Ihres restlichen Gehirns etwa mit der gesamten US-amerikanischen Wirtschaft (vielleicht vor der Finanzkrise im Jahr 2008) gleichsetzen“. [6, S. 23] Die mentale Bühne, der präfrontale Kortex verbraucht enorm viel Stoffwechselenergie. So ist es auch erklärbar, dass man in müdem oder hungrigem Zustand leicht ablenkbar ist und die ohnehin schon geringe kognitive Verarbeitungskapazität weiter sinkt. Der Psychologe George Miller hat die Kapazität unseres Arbeitsgedächtnisses untersucht und kam zu dem Schluss, dass Menschen nur 7 +/ - 2 „Chunks“, also Einheiten wie Begriffe, Nummern etc., gleichzeitig im Fokus haben können. Die ohnehin geringe Verarbeitungskapazität sinkt noch weiter bei Stresserleben. Wenn wir uns bedroht fühlen, zum Beispiel weil wir merken, „da läuft im Projekt etwas aus dem Ruder“ oder „wir haben einen Konflikt, eine andere Abteilung versucht unser Projekt zu stoppen oder unsere Ressourcen zu bekommen“, dann springen nachgewiesenermaßen die älteren Gehirnteile zuerst an. Zu beobachten sind Angriff, Flucht oder Totstellreflex. Im Stresserleben entwickeln wir häufig einen Tunnelblick und sind in einem Zustand, in dem wir zur „Rationalität“ oft keinen ausreichenden Zugang mehr haben, weil wir gewissermaßen im „Notfallprogramm“ sind. Es ist ja aus diesem Blickwinkel auch irgendwie nachvollziehbar: Alligatoren schnappen zu; die reden nicht, die handeln. Die Theorie des dreieinigen Gehirns nach Paul MacLean Abb. 1: Dreieiniges Gehirn nach Paul MacLean Foto: Fotolia.com - © CLIPAREA.com PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 28 Uhr Seite 39 tung“. Somatische Marker steuern unser Annäherungs- und Vermeidungsverhalten, sagen quasi „Stop“ oder „Go“ und fällen damit wichtige Vorentscheidungen. Menschen, die ihr Bauchgefühl systematisch nutzen, entscheiden besser Können wir somatische Marker gut wahrnehmen, können wir diese auch ins Bewusstsein holen und die Gründe für und gegen ein bestimmtes Verhalten bewusst abwägen. Damit ist klar, dass Menschen, die mittels Reflexion ihre somatischen Marker wahrnehmen und ernst nehmen, in Entscheidungsprozessen Menschen überlegen sind, die reflexhaft handeln und der These anhängen, Gefühle seien störend beim Entscheiden. Antonio Damasio hat mit dem Begriff der „somatischen Marker“ dem „Bauchgefühl“ eine wissenschaftlich fundierte Eintrittskarte in die Theorie und Praxis der Entscheidungsfindung verschafft. Gerd Gigerenzer stellt in seinem Buch zum Thema [9] ausführlich dar, wie die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition gerade in Situationen der Ungewissheit nützlich und rein rationalen Modellen vielfach überlegen sind. Gute Entscheidungen beachten immer auch unsere Empfindungen. Wir sollten das Potenzial des Menschen nutzen, statt es als Störfaktor zu betrachten. In den emotionalen Verarbeitungsprozessen stecken ungeahnte und vor allem oft ungenutzte Chancen und Potenziale. Die Nutzung des „Bauchgefühls“ bedeutet nicht, spontan jeder Empfindung irgendwie nachzulaufen, sondern setzt im Gegenteil ein reflektiertes Wahrnehmen von Emotionen einerseits und Rationalität andererseits voraus. Eine Haltung der Wertschätzung und Neugier inneren Prozessen gegenüber birgt ungeahnte Chancen, vor allem wenn eine „Beobachterinstanz“ das „innere Team“ gut moderiert, quasi wie bei einer Sitzung, nur dass diese intern stattfindet. Diese „Sitzungsmoderation“ kann trainiert werden und bei Einnahme einer „Meta-Position“ zu einer sinnvollen Synchronisation von Ratio und Emotion führen. Im Übrigen haben Forschungen ergeben, dass die meisten Führungskräfte sowieso das „Bauchgefühl“ nutzen und eher im Nachhinein für die schon so getroffenen Entscheidungen noch logische Argumente finden [10, S. 148 ff.]. Drei-Schritt-Modell für mehr Risikokompetenz Die Voraussetzung für die Nutzung dieses Modells ist die bereits vorher beschriebene Etablierung einer Beobachterposition als Steuerungsinstanz, die gleichzeitig in Verbindung mit Ratio und Emotion ist. Diese muss während der 3 Schritte beibehalten werden, damit diese wirksam sind. 1. Reflexion derzeitigen Verhaltens: Erziele ich mit meinem derzeitigen Verhalten die beabsichtige Wirkung? Sind Absicht und Wirkung kongruent? Beobachte ich in meinem Verhalten und/ oder in meinem Projektkontext „Pseudosicherheitsphänomene“? Habe ich den Eindruck, es gibt Verhaltensweisen vom Typ A - wie Alligator? (Abb. 2) 2. Falls „unproduktive“ Verhaltensmuster vorhanden sind: Übersetzung der „Pseudosicherheitsphänomene“ in Bedürfnisse. Denn: „Pseudosicherheitsphänomene“, die auf den ersten Blick lediglich als Defizite erscheinen, 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 40 WISSEN Abb. 2: Verhalten von Typ A - wie Alligator. Das Erleben von Unsicherheit (1) in komplexen Projekten birgt die Gefahr, dass „der Alligator in uns (2) anspringt“. Dahinter steht die an sich sehr wertvolle Absicht, möglichst schnell wieder ein Erleben von Sicherheit und Kompetenz herzustellen. Die mit dem Tunnelblick einhergehende Verengung der Perspektive kann zu sogenannten Pseudosicherheitsphänomenen (3) führen, die wiederum eine Erhöhung des Risikos zur Folge haben (4). Das Resultat ist häufig noch mehr Unsicherheit (5). Es besteht die Gefahr, dass sich dieser Kreislauf zum „Teufelskreis“ verfestigt. Fotos: Fotolia.com - Kopf: © CLIPAREA.com; Alligator: © jafman; Tunnel: © corva PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 40 lassen sich bei differenziertem Blick als Informationen über vorhandene Bedürfnisse nutzen. Die Absicht dieser Phänomene, nämlich die Befriedigung von Bedürfnissen, muss erkannt und gewürdigt werden. Hilfreich dazu ist das SCARF-Modell (siehe nebenstehenden Kasten). 3. Etablierung neuer kompetenter Verhaltensmuster: Im dritten Schritt wird mittels neurosystemischen Coachings und Trainings der Risikokompetenz eine Meta- Position eingenommen, die zu kompetentem Handeln und damit Risikoverringerung führt. (Abb. 3) Faktor Mensch als Chance - Risiken steuern durch das „Mehr-Ebenen-Modell des Risikomanagements“ Über das klassische Risikomanagement (1.0) hinaus brauchen wir ein Risikomanagement 2.0, das implizite Annahmen hinterfragt, und ein „Meta-Risikomanagement“, das den Prozess des Risikomanagements selbst immer wieder kritisch reflektiert und optimiert. (Abb. 4) Das „Mehr-Ebenen-Risikomanagement“ nutzt spezifisch menschliche Fähigkeiten, die Computer nicht haben, allerdings im Umgang mit Risiken hochwirksam sind. Nur wir Menschen können die Bedeutung von Gesagtem über das Wortwörtliche hinaus erkennen und die Wahrscheinlichkeit von wirksamem Verhalten durch den gezielten Einsatz von Sprache erhöhen. „Zwischentöne“ hören nur wir Menschen. Muster im System erkennen wir mittels „Fuzzy Logic“ [11, S. 54]. Wir können gleichzeitig zur Komplexitätsbewältigung einfache Regeln und Prinzipien, sogenannte Heuristiken, entwickeln, ohne die Komplexität unzulässig zu reduzieren. Case Study - Tipps aus der Praxis für die Praxis Die folgende Case Study zeigt anhand eines konkreten Beispiels, wie das im Artikel dargestellte Wissen über Risikomanagement in der Praxis eingesetzt wird. Die SAP-Einführung oder „Gebt mir gefälligst meine Excel-Listen zurück! “ Ausgangslage: In einem internationalen Konzern mit ca. 20.000 Mitarbeitern und mehr als 300 Profit-Centern gibt es im Finanzmanagement und Controlling sehr projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 41 Abb. 3: Verhalten von Typ K - wie Kompetenz. Neurowissenschaftlich fundierte Coachings-, Trainings- und Beratungsangebote können eine enorme Hilfe sein, persönliches Sicherheitserleben in unsicheren Kontexten herzustellen. Dafür ist erfahrungsgemäß die Installation einer „Beobachterposition“ mittels Reflexionsprozessen sehr hilfreich (2). Entscheidend ist dabei nicht nur die Methodik, sondern insbesondere die erlebte Beziehung und Haltung zum Thema. Es eröffnen sich neue Perspektiven, der Blick wird weiter und es gibt Licht im Dunkeln. Durch einen neuen Blick auf Muster und Zusammenhänge wird kompetentes Handeln möglich (3) und Risiken verringern sich (4). Durch reell erlebtes kompetentes Handeln bauen sich Selbstbewusstsein und Risikokompetenz auf (5) und stehen für neue Herausforderungen zur Verfügung (6). Foto: Fotolia.com - Kopf: ©CLIPAREA.com; Leuchte: © memorialphoto Sehr hilfreich für die Orientierung an Bedürfnissen ist das SCARF-Modell nach David Rock [6]: Es gibt demnach fünf Gebiete sozialer Erfahrungen, die das Gehirn für überlebensnotwendig hält. Wer anderen bei der Befriedigung dieser Bedürfnisse hilft und Bedrohungen reduziert, kann deren Leistungsfähigkeit und Motivation für Ziele steigern. Umgekehrt führt die Vernachlässigung dieser Bedürfnisse zu „archaischen Alarmreaktionen“ in Form von Kampf, Angst oder Totstellreflex. SCARF setzt sich aus den ersten Buchstaben der englischen Begriffe zusammen: ❑ Status (Status) ❑ Certainty (Sicherheit) ❑ Autonomy (Autonomie) ❑ Relatedness (Verbundenheit) ❑ Fairness (Fairness) Aktives Risikomanagement mit dem SCARF-Modell: Fünf überlebensnotwendige Bedürfnisse PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 41 unterschiedliche IT-Lösungen, die teilweise selbst programmiert wurden und kaum mehr update-fähig sind. Schnittstellen zwischen den Systemen sind zunehmend ein Problem, ein integriertes Konzerncontrolling ist nicht möglich. Es wird viel mit Excel-Listen gearbeitet, wobei die Auswertungen oft fehlerhaft sind. Praktisch jede Landesorganisation pflegt liebevoll die eigene Logik und sieht keinen Anlass, an der Situation etwas zu ändern. Daher wurde beschlossen, SAP FI/ CO konzernweit einzuführen, mit Unterstützung externer SAP-Berater. Ziel der Beratung: das interne, noch eher junge und unerfahrene Projektteam befähigen, nach einer Einarbeitungszeit durch die externen Berater das Projekt im Wesentlichen selbst zu managen. Gefragt sind daher auch eine Projektmanagementausbildung und Projektcoaching für die Projektleiter und -mitarbeiter vor Ort, zum Beispiel in den jeweiligen Landesorganisationen. Gleichzeitig soll die Akzeptanz der Stakeholder hergestellt und damit soziale Risiken minimiert werden. Risikosituation und Risikomanagement: Das Unternehmen hat bislang wichtige Veränderungen selbst gemanagt und wenig Erfahrung mit externen Beratern; es herrscht die Überzeugung „Wir können das alleine“. Das Engagieren externer Berater hat bislang vor allem die Bedeutung „Das Management traut uns das nicht zu“. Es gibt Befürchtungen, die externen Berater könnten Standardlösungen implementieren, die in der Praxis nicht tauglich sind. Zudem wird das Projekt von der Zentrale initiiert und gesteuert, was per se schon Misstrauen weckt. Größere Veränderungsprojekte mit dieser Dimension gab es bislang nicht, es gibt auch keine systematische Projektmanagementausbildung und -standards im Unternehmen. Projekte wurden bislang auf Zuruf auf der Basis persönlicher Beziehungen gemanagt. Changemanagement ist ebenfalls ein neuer Begriff, der eher Stirnrunzeln hervorruft. Es wird auf bisher erfolgreiche Projekte verwiesen und dass man den „sozialen Kram“ nicht brauche. Es gibt große Ambivalenzen: Auf der Vernunftseite ist vielen klar, dass man mit der vorhandenen Systemlandschaft nicht länger weiterarbeiten kann - und gleichzeitig befürchtet man die vermuteten negativen Folgen einer Standardlösung und den Preis der Anpassung, zum Beispiel den Verlust von vertrauten Excel-Listen. Ein Scheitern des Projekts hätte nachhaltige Folgen für die finanzielle Steuerungsfähigkeit des Unternehmens. Vorgehen: Aus Interviews mit diversen Stakeholdern und eigenen Beobachtungen wurde mittels Checkliste und Fragebogen eine Komplexitätsanalyse fürs Projekt vorgenommen und ein Risikoprofil, vor allem aus sozialer Sicht, erstellt. Die Analyse ergab, dass es wenig Bewusstsein für die Risiken im Projekt gab und in der Breite auch eher wenig Motivation, sich für das Projekt zu engagieren. Die externen SAP-Berater hatten bereits ihren bislang erfolgreichen Masterplan in der Tasche und gingen davon aus, diesen 1 : 1 auszurollen, ohne ihn an die Organisation anzupassen. Mit dem kompletten Projektteam wurde ein 1,5-tägiges Kick-off gestaltet. Auch die externen SAP-Berater nahmen nach längeren Diskussionen hieran teil: „Wir können die doch nicht dafür bezahlen, dass wir mit denen ,Teambuilding‘ machen? ! “ Das Kick-off beinhaltete neben den üblichen Bestandteilen auch einen Vortrag, praktisches Training und eine Live-Simulation zum Thema Risikomanagement. So konnten typische Fehler in ungewissen, komplexen Situationen hautnah erlebt werden. Es wurde vielen erst hierdurch klar, dass jeder einen spezifischen Beitrag zum Risikomanagement liefern muss. Aufgrund der spielerischen Komponente und der darauf folgenden Reflexionsprozesse mit Erarbeitung optimaler Verhaltensweisen in komplexen Projekten war eine hohe Motivation spürbar, das Gelernte in die Praxis im Projekt umzusetzen. Außerdem wurde bei dieser Simulation quasi nebenbei eine konstruktive Feedback-Kultur etabliert - und das umso wirksamer, weil Topführungskräfte ebenfalls Feedback gaben und empfingen. Gewissermaßen wurde durch die Erarbeitung maßgeschneiderter und durch den sozialen Prozess auch akzeptierter „Spielregeln“ eine Form von „Schwarmintelligenz“ [12] generiert, die zur Etablierung von Selbststeuerungsprozessen im Projekt beitrug und gewissermaßen „in Fleisch und Blut“ überging. Das Projektteam erhielt zudem eine integrierte Projekt- und Changemanagementausbildung und ein begleitendes Coaching sowie eine „Train-the-Trainer-Ausbildung“. Die sozialen Risiken und der Umgang damit wurden regelmäßig in einem eigens eingerichteten „Changemanagement-Jour-fixe“ auf der Meta-Ebene reflektiert. Ein professioneller Sparringspartner, der über eine gute 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 42 WISSEN Abb. 4: Mehr-Ebenen-Modell des Risikomanagements PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 42 neurowissenschaftlich-systemisch fundierte Ausbildung und Erfahrung mit komplexen Projekten verfügte, war hier eine bedeutende Hilfe. Wichtig war dabei, dass ranghohe Linienmanager dabei aktive Präsenz zeigten und die Treffen immer wie geplant stattfanden, auch wenn es „dringende operative Dinge“ gab. Ergänzt wurde die Begleitung des Change-Projekts durch laufende Kommunikations- und Dialogmaßnahmen. Wichtig war dabei insbesondere, immer wieder auf die bestehenden Ambivalenzen zum Projekt und die Bedürfnisse der Stakeholder nach SCARF wertschätzend einzugehen. Wenn das Bisherige abgewertet wird und einseitig die Vorteile von Neuem betont werden, hat die Etablierung von neuen Systemen, Prozessen und Verhaltensweisen erfahrungsgemäß keine Chance, und das „Weiter so“-Phänomen wirkt fort. Resultat/ Lessons learnt: Das Projekt war erfolgreich. Durch den Aufbau neuer Fähigkeiten im Bereich Risikomanagement wurde nicht nur ein Beitrag zum Gelingen des Projekts geleistet, sondern auch zur Organisationsentwicklung. Die aktive Beteiligung des Topmanagements und die Integration der SAP-Berater in Form einer „Teamentwicklung“ waren enorm wichtig. Die permanente Reflexion auf der Meta-Ebene von Anfang an, vom Kick-off bis hin zu regelmäßigen Changemanagement- Jour-fixes war ein wichtiger Erfolgsbestandteil, genauso wie der Einsatz eines speziellen Sparringpartners. Fazit: Risikokompetenz kann und muss erlernt werden Es ergeben sich enorme Chancen für das Risikomanagement in Projekten, wenn wir neueste neurowissenschaftliche Erkenntnisse mit denen der Systemwissenschaften kombinieren. Als ein maßgeblicher Pionier gilt hier Gunther Schmidt, der die oben genannte Verbindung für verschiedene Kontexte nutzt [13]. Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass die Integration neurosystemischer Ausbildungs- und Coachingmethoden in komplexen Projekten Risiken wirksam vermindert und Chancen auf wirksame, schnelle Lösungen vergrößert. Risikokompetenz kann und muss systematisch auf- und ausgebaut werden. Derart ausgebildete Menschen sind willens und fähig, „klassisches Risikomanagement“ weitaus effizienter zu machen als heute und können gleichzeitig die Möglichkeiten des Risikomanagements 2.0 und des Meta-Risikomanagements nutzen. Spezielle Tools, wie zum Beispiel die Komplexitätsanalyse, die Vernetzungsanalyse oder die Erstellung eines Risikoprofils speziell für den Faktor Mensch im Projekt, können soziale Risiken wirksam sichtbar machen. Damit erhalten wir neue, ungeahnte Möglichkeiten, auch mit unbekannten Risiken in komplexen Projekten wirksam umzugehen. Wir können sogar mittels geeigneten Vorgehens, wie zum Beispiel Live-Simulationen oder spezieller Reflexionsmethoden, das soziale System Projekt „antifragiler“ [14] machen. „Störungen“ werden gezielt dazu genutzt, dass das soziale System Projekt nicht nur „Schläge aushält“, also robuster wird, sondern darüber hinaus sogar eine neue Beweglichkeit, Flexibilität und „Fitness“ gewinnt. Projekte wachsen dann an ihren Herausforderungen, wenn kontinuierliches Lernen sichergestellt ist [15]. Ein professioneller Sparringspartner, der über eine gute neurowissenschaftlich-systemisch fundierte Ausbildung und Erfahrung mit komplexen Projekten verfügt, ist hier eine wichtige Hilfe. Erfahrungsgemäß ist es sehr wichtig, dass dieser keine „eigenen Eisen“ im Feuer hat und sich daher auch mal „aus dem Fenster lehnen“ kann. Ein externer Berater, der eigens für diese Aufgabe engagiert wurde, kann durch seine „diplomatische Immunität“ Risiken transparent machen und managen helfen, auch und gerade wenn bestimmte Parteien versuchen, das Vorgehen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. ■ Literatur [1] Sengupta, K./ Abdel-Hamid, T. K./ Van Wassenhove, L. N.: Die Erfahrungsfalle. In: Harvard Business Manager 11/ 2008, S. 91-101 [2] Dörner, D.: Die Logik des Mißlingens. Reinbeck 1997 [3] Kahnemann, D.: Schnelles Denken, langsames Denken. München 2011 [4] Roth, G.: Fühlen, Denken, Handeln. Frankfurt a. M. 2003 [5] MacLean, P. D./ Kral, V. A.: A Triune Concept of the Brain and Behaviour. Michigan 2009 [6] Rock, D.: Brain at work. Frankfurt a. M. 2011 [7] Storch, M.: Mein Ich-Gewicht. 4. Aufl., München 2009 [8] Damasio, A.: Descartes’ Irrtum. München 2004 [9] Gigerenzer, G.: Bauchentscheidungen. München 2008 [10] Gigerenzer, G. : Risiko. München 2013 [11] Vester, F.: Die Kunst vernetzt zu denken. Stuttgart 1999 [12] Fisher, L.: Schwarmintelligenz. Frankfurt a. M. 2010 [13] Schmidt, G.: Liebesaffären zwischen Problem und Lösung. 3. Aufl., Heidelberg 2010 [14] Taleb, N. N.: Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen. München 2013 [15] Lang, D.: Führen in neuer Umgebung. Stuttgart 2011 Schlagwörter Changemanagement, Entscheidungen, Faktor Mensch, Gehirn, Komplexität, Meta-Risikomanagement, Neurowissenschaften, Risiko, Sparringspartner, Systemwissenschaften, Ungewissheit Kompetenzelemente der NCB 3.0 4.1.4 Risiken und Chancen, 4.1.8 Problemlösung Autorin Dunja Lang, MBA, ist zertifizierte Seniorprojektmanagerin (IPMA Level B) sowie systemischer Coach (DBVC). Sie blickt auf über 20 Jahre Erfahrung in komplexen Projekten zurück. Als Sparringspartner, Trainerin und Coach hat sie viele renommierte Unternehmen erfolgreich bei komplexen Herausforderungen beraten, gecoacht und trainiert. Komplexitätsmanagement, Risikokompetenz sowie die Integration von Change- und Projektmanagement sind Schwerpunkte ihrer Arbeit. Anschrift Dunja Lang Consulting Schwiftinger Straße 16 B D-86899 Landsberg am Lech Tel.: 01 71/ 4 11 71 95 E-Mail: info@dunja-lang-consulting.de www.dunja-lang-consulting.de projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 43 PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 43 beliebig viele Definitionsversuche, Überlegungen zum Umgang mit Komplexität, philosophische Betrachtungen und jede Menge „Rezepte“ zur Vereinfachung. In vielen dieser Ausführungen findet sich die Angst vor der steigenden Komplexität, die Sorge um die Undurchschaubarkeit unseres Arbeitslebens und die Unsicherheit in der Auswahl der richtigen Werkzeuge. Es scheint offensichtlich, dass wir die Welt (so wie sie von uns geschaffen wurde) nicht mehr im Griff haben. Komplexität wird als Ursache und Grund für viele schwere Krisen benannt - die Finanzkrise, die Schuldenkrise etc. Dabei bemühen wir uns doch so sehr darum, präzise Vorhersagen zu treffen. Wir sagen den Börsenkurs voraus, das Wetter, unser aktuelles Projekt oder auch mögliche Erbkrankheiten. Wir skizzieren ein Bild der Zukunft (so wie sie sein kann bzw. sein sollte), planen und kontrollieren. Das ist das Schema, welches uns auch heute noch in unseren Schul- und Ausbildungssystemen beigebracht wird. Planen und Kontrollieren trainieren wir im Arbeitsleben am intensivsten, und gerade methodisches Projektmanagement ist darauf aufgebaut. Wir sind schließlich Experten. Als 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 44 WISSEN „Irgendwas ist immer“ - Machen Sie Ihre Projektorganisation H.A.P.P.I. Resilienz im Projektmanagement Das Jahr 2013 war, mal wieder, ein Jahr der Krisen. Die Eurokrise befindet sich im Jahr sechs. Die Wirtschaftskraft Griechenlands ist um ein Viertel gesunken, die Jugendarbeitslosigkeit auf mehr als 50 Prozent gestiegen. „Geld gegen Reform“ war die scheinbar einfache Lösung, doch längst ist nicht mehr klar, wer den Staaten morgen noch Geld leiht und was passiert, wenn diese ihre Probleme nicht lösen können. Die globale Finanzkrise beschäftigt Medien und Politik weiterhin - vor allem die Frage, ob und wie man die Krise hätte voraussehen können. Das Drohnen-Projekt erhitzt die Gemüter in Deutschland. Der Untersuchungsausschuss versucht zu klären, wann wer was über das Euro-Hawk-Fiasko wusste. Auch hier scheint die Schuldfrage das höchste Interesse zu wecken. Beim Stichwort „Krise“ sind auch die in Dauerturbulenzen befindlichen Projekte wieder Thema. Allen voran der Flughafen Berlin-Brandenburg - Eröffnung! Teileröffnung! Brandschutzanlage! SPRINT! Mehdorn wird es richten! Wie kann es denn eigentlich sein, dass Krisen von solchen Ausmaßen aus dem Nichts aufzutauchen scheinen und dann nicht in den Griff zu bekommen sind? Können oder wollen wir die Zeichen drohenden Unheils nicht lesen oder gibt es gar keine? Lassen sich Krisen, vor allem kleinere in unseren alltäglichen Projekten, verhindern? Wie sieht eine wirksame Krisenprävention aus? Welche sind die wesentlichen Aspekte der hier skizzierten Turbulenzen? Zumindest die letzte Frage lässt sich mit zwei wichtigen Begriffen beantworten: Komplexität und Resilienz. Komplexität als der Zustand unserer Welt, den wir immer noch nicht akzeptieren wollen. Gleichzeitig fehlt noch der „richtige“ Umgang mit komplexen Situationen, Organisationen oder Problemen. Resilienz ist ein zentraler Aspekt, wenn es darum geht, Krisen frühzeitig zu antizipieren und sie erfolgreich zu meistern. Beide Begriffe und ihre jeweiligen Konzepte werden uns in diesem Artikel beschäftigen. Stephanie Borgert Es gibt so gut wie kein komplexes dynamisches Projekt, das ohne Turbulenzen und Probleme einfach „durchläuft“. Irgendwas ist immer. Gerade in Projektkrisen wird die Komplexität als Ursache und Grund gleichermaßen angegeben. Dabei ist sie vielmehr die Gegebenheit unseres (Arbeits-)Lebens, mit der wir umzugehen lernen müssen. Komplexität lässt sich meistern. Das braucht jedoch ein systemisches Verständnis und das Denken in Wechselwirkungen statt in Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen. Gleichzeitig gilt es, Projekte nicht ausnahmslos robust aufzusetzen, damit Fehler und Krisen im besten Fall vermieden werden können. Die ergänzenden Konzepte heißen Resilienz und Adaptivität. Mit ihnen lassen sich (Projekt-)Organisationen flexibel und anpassungsfähig gestalten, ohne dabei auf Ziel- oder Ergebnisorientierung zu verzichten. Das H.A.P.-Modell (Hoch Adaptive Projekte) beschreibt die Stellschrauben, mit denen sich die Adaptivität eines komplexen Projektes erhöhen lässt. +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ Komplexität - ein Buch mit sieben Siegeln? Der Begriff „Komplexität“ liefert bei einer Suche mit Google knapp 3 Millionen Ergebnisse. Darin finden sich PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 44 Experten analysieren wir Situationen und Probleme mit dem Verstand und handeln wohlüberlegt und planvoll. In unserer Wissensgesellschaft sind es die Experten, die mit Vernunft und Verstand dafür sorgen, dass immer wieder Ordnung hergestellt wird. So praktizieren wir es, vor allem im Management, seit Jahrzehnten - egal, ob projektorganisiert oder nicht - und glauben fest an den Bestand dieses Ansatzes. Könnte es sein, dass wir uns irren? Ja, ich glaube das ganz sicher. Seit den 1980er-Jahren predigen namhafte Vertreter der Systemtheorie, dass Expertentum alleine nicht der Schlüssel zum Erfolg ist. Bisher haben wir, sehr erfolgreich, nicht hingehört. Trotz all unseres Expertentums kommt es immer wieder zu Krisen, die in schwerwiegenden Katastrophen enden. Die Ölkatastrophe der Deepwater Horizon oder auch die Nuklearkatastrophe Fukushima konnten trotz der Experten nicht verhindert werden. Die öffentlichen Großprojekte à la BER, Maut oder Elbphilharmonie sind auch nicht „einfach“ zu projektieren. Im Sommer 2012 brachte es der Bundestagspräsident Lammert im Zusammenhang mit der Eurokrise folgendermaßen auf den Punkt: „Von allen denkbaren Verfahren ist das am wenigsten taugliche die Umsetzung von Expertenempfehlungen.“ Dabei scheint das Motiv hinter dem gelobten Expertentum zunächst vielversprechend: rationalisieren und vereinfachen. Komplexität von Situationen, Vorgängen oder Organisationen macht uns oft Angst, weil wir nicht mehr alles durchschauen und erfassen können. Komplexe Projekte beispielsweise sind immer in Teilen intransparent. Das liegt in der Natur der Sache und macht eine Definition des Begriffes notwendig. Ein System ist komplex, wenn es aus vielen untereinander verknüpften Elementen besteht, die miteinander in Wechselwirkung stehen. Je mehr Elemente und je höher die Anzahl der Verknüpfungen, desto höher der Grad der Komplexität. Die hier zitierten öffentlichen Projekte, aber auch die meisten organisationalen und großen Projekte in den Unternehmen sind zudem vernetzt. Dann hat ein Eingriff in ein Teilsystem immer auch Auswirkungen auf andere Elemente oder Teilsysteme. Diese Systeme sind dynamisch und entwickeln sich weiter, selbst dann, wenn das Management nicht aktiv einwirkt. Aus diesem Grund entsteht in solchen Projekten immer eine Komponente des Zeitdrucks. Zudem reicht es nicht aus, zu einem Zeitpunkt X den Ist-Zustand zu beschreiben, denn der verändert sich bereits wieder. Der Blick muss vielmehr auf die Zukunft des Systems und sein Verhalten gerichtet sein. Dieser kurze Ausflug in die systemtheoretischen Definitionen rund um komplexe Systeme macht schnell klar, warum in diesen Systemen ein Angstpotenzial für uns Experten steckt. Intransparenz, Zeitdruck und permanente Weiterentwicklung machen andere Ansätze notwendig, um erfolgreich zu sein. Diese anderen Ansätze scheinen wir noch nicht auf der Agenda zu haben, beziehungsweise sie bedeuten für uns Herausforderungen in der Umsetzung, denn wir wissen einfach noch nicht „Wie“. Bevor wir einen Blick auf das „Wie“ werfen, räumen wir in der Verwendung von Begriffen wie komplex, kompliziert, chaotisch usw. auf. Nein, komplex ist nicht das Gleiche wie kompliziert und schon gar nicht einfach Der Begriff „Komplexität“ begegnet uns heute in den unterschiedlichsten Kontexten und wird zurzeit inflationär verwendet. Beim Flughafen Berlin-Brandenburg ist es angeblich die Brandschutzanlage, die sogar zu komplex zu sein scheint. Komplexität wird als Ursache, Grund und Entschuldigung für viele Dinge wie Kommunikation, Menschen, Probleme, Projekte oder Organisationen genannt. An dieser Stelle gilt es, einmal deutlich zu machen, was wirklich komplex ist und was nicht. Zur Veranschaulichung wird hier das Cynefin-Framework von Dave Snowden (Abb. 1) genutzt, um die wesentprojekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 45 Abb. 1: Cynefin-Framework (nach Dave Snowden) [1] PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 45 lichen Aspekte komplexer Systeme im Vergleich mit anderen deutlich zu machen. Viel zu häufig verwechseln wir komplex mit kompliziert oder neigen zu starker Vereinfachung. Das hat weitreichende Folgen für das Treffen von Entscheidungen und das Führen von Mitarbeitern. Betrachten wir den Lichtschalter aus Abbildung 1. Auf „ON“ geht das Licht an, auf „OFF“ geht es aus. Das ist für jeden von uns nachvollziehbar, transparent und es ist wiederholbar. Die Relation zwischen Ursache und Wirkung ist eindeutig. Einfache Kontexte zeichnen sich dadurch aus, dass man über Wahrnehmen - Kategorisieren - Reagieren handeln kann. Im Kontext einer Organisation sind vertragliche Vereinbarungen (nur das Papierwerk, nicht der Sachverhalt dahinter) dem Kontext „Einfach“ zuzuordnen. Ist für den Fall einer Überschreitung des Liefertermins für ein Gerät eine Pönale vereinbart, so kann der Mitarbeiter mit Blick auf Kalender und Vertrag (Wahrnehmen) feststellen, dass der Termin überschritten ist (Kategorisieren), und die Vertragsstrafe einfordern (Reagieren). „Keep it simple and stupid“ ist ein Slogan, der in undurchsichtigen Situationen immer wieder zu hören ist. Die Forderung nach Vereinfachung kommt aus unserem Wunsch nach Sicherheit und Vorhersagbarkeit. Die Brandschutzanlage im BER beispielsweise ist ein technisches Gebilde, welches sich nicht verändert, wenn nicht von außen eingegriffen wird. Sie ist also kompliziert, bestimmt nicht komplex. Jeder von Ihnen, liebe Leser, kann die Funktionsweise und den Aufbau dieser Anlage verstehen, wenn er sich nur lange genug damit auseinandersetzt. Sie ist statisch, technisch und kann analysiert werden. Damit fällt sie in die Kategorie „Kompliziert“, die Domäne der Experten. Bei komplizierten Dingen oder Situationen existiert immer eine klare Ursache-Wirkungs-Relation. Sie mag nicht sofort offensichtlich sein, denn es können mehrere richtige Lösungen für eine Aufgabe existieren. Die Brandschutzanlage kann sicher in verschiedenen Varianten eingebaut werden, ein Datenbankproblem auf unterschiedliche Weise gelöst werden. Der springende Punkt aber ist, dass ein kompliziertes System vorhersehbar ist, sein Verhalten kann vorausgesagt werden und die „Welt“, in der es sich befindet, ist geordnet. Zur Klärung komplizierter Sachverhalte braucht es Experten, die über Wahrnehmen - Analysieren - Reagieren die Aufgabenlösung vorantreiben. Am Ende kann die passendste der Lösungen gewählt werden. Einfach wäre es, wenn nur eine Lösung existiert. Bleiben wir noch einen Moment beim Bild des Berliner Flughafens, um daran die Domäne „Komplex“ zu erläutern. Dass dieses öffentliche Großprojekt hochkomplex ist, liegt auf der Hand. Es gibt eine enorme Anzahl Beteiligter, vom Bund über die Länder zu den Fluglinien und Shop-Betreibern, um nur einige zu nennen. Konsequenzen und Wechselwirkungen in diesem System werden vor allem durch die Verzögerungen für viele Menschen schmerzlich deutlich. Die Shop-Betreiber können keinen Umsatz erwirtschaften, die Natur erobert die Start- und Landebahnen zurück, Berlin-Tegel kann nicht abgeschaltet werden, die Deutsche Bahn muss die Tunnelverbindung täglich auslasten (damit die Belüftung in den Tunneln gewährleistet bleibt) und so weiter und so fort. Ganz deutlich wird die Komplexität durch die wechselseitige Beeinflussung durch die Beteiligung der Politik. Namhafte Politiker, mit einem wahlkampforientierten politischen Interesse, besetzen gleichzeitig wichtige Ämter in den Projektgremien des BER. Das führt zu einem fortlaufenden Ping-Pong zwischen Projektinteressen und Politik. Das System BER ist in hohem Maße dynamisch und intransparent. Selbst erfahrene Projektleiter können ein solches Projekt nicht mehr vollständig durchschauen oder erfassen. Es lässt sich a priori keine klare Ursache-Wirkungs-Relation formulieren, Zusammenhänge und Auswirkungen werden erst in der Retrospektive sichtbar. Willkommen in der ungeordneten Welt! Komplexe Systeme lassen sich nicht mehr vorhersagen, es existiert keine Linearität. Aspekte wie Dynamiken, Rückkopplungen und Unvorhersehbares sind die bestimmenden Kräfte. Für das Management solcher Projekte oder Organisationen ist die zielführende Handlungsorientierung Ausprobieren - Wahrnehmen - Reagieren. Es sind Experimente notwendig, um zum Ziel zu gelangen. Einige davon werden scheitern müssen, um einer Lösung näher zu kommen. Spätestens damit stellt das Meistern von Komplexität Anforderungen an das Management, die ein Umdenken notwendig machen. „Command & Control“ reicht nicht aus, um Systeme mit solchen Eigenschaften managen zu können. Steckt ein System in der Krise, herrscht meist das Chaos. Beispiele dafür finden sich im Großen und Kleinen, von Naturkatastrophen über die Eurokrise zu plötzlichen Restrukturierungen in Unternehmen und Budgetkürzungen während der Projektlaufzeit. Chaotische Systeme sind gekennzeichnet durch starke Turbulenzen, hohen Zeitdruck und das Fehlen einer Ursache-Wirkungs-Relation. In solchen Situationen ist schnelles Handeln oberstes Gebot, um das System wieder zu stabilisieren. Krisenmanagement in Projekten basiert auf diesem Prinzip. Das Entscheidungsmodell ist Agieren - Wahrnehmen - Reagieren. Verfolgt man das Projekt BER in der Tagespresse seit Hartmut Mehdorn das Ruder übernommen hat, so lässt sich sein Krisenmanagement gut nachvollziehen. Er setzt ein Krisenteam auf (SPRINT), erweitert die Handlungsalternativen wieder (Teileröffnung), lässt das Projekt kleinschrittiger planen und versucht, die Situation in ihre einfachen, komplizierten und komplexen Bestandteile zu zerlegen. Grundsätzlich ist das eine gute und zielführende Vorgehensweise für chaotische Organisationen. Damit sind die vier Grunddomänen kurz skizziert. Es existiert noch eine fünfte Domäne, die „Verwirrung“. Hier befinden wir uns meistens. Das liegt daran, dass wir uns des aktuellen Kontextes nicht bewusst sind und agieren, „wie wir es am liebsten tun“. Jeder Mensch hat eine bevorzugte Domäne, in deren Kontext er denkt und handelt. Geprägt durch Sozialisierung, Erziehung und Erfahrungen halten manche Menschen „es am liebsten einfach“ und wieder andere „machen es ganz gerne kompliziert“. Wenn die Menschen (vor allem die mit Führungsverantwortung) lernen, sich in einer Situation die verschiedenen Bestandteile bewusst zu machen und gleichzeitig die persönliche Voreinstellung zu reflektieren, erhöht sich die Chance, adäquat zu reagieren, enorm. Komplexe Systeme und Kontexte von anderen zu unterscheiden ist ein erster wesentlicher Schritt, um den Überblick in großen und schwer durchschaubaren Strukturen zu behalten. Kein Projekt ist ausnahmslos komplex, kein umfangreiches Problem ausnahmslos kompli- 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 46 WISSEN PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 46 ziert und keine Anforderung ausnahmslos einfach. Wir sind immer mit einer Mixtur konfrontiert. Für das Managen komplexer Projekte ist mir besonders wichtig zu betonen, dass es keine One-size-fits-all-Managementrezeptur gibt, sondern jede Situation hinsichtlich ihrer „Domänen-Bestandteile“ betrachtet werden muss. Erst dann kann das richtige Entscheidungs- und Managementmodell ausgewählt und angewendet werden. Dabei kann Ihnen das Cynefin-Framework eine Orientierung geben. Es unterstützt Sie dabei, aus einer Situation Sinn zu erzeugen und den adäquaten Ansatz zu finden. Klar ist, dass das Managen solcher Systeme und Organisationen ein hohes Maß an Flexibilität in Methodik und Techniken von den handelnden Personen fordert. Unvorhersehbares, Störungen und Krisen brauchen Anpassungsfähigkeit Schon allein die Komplexität in Situationen, Problemen oder Organisationen stellt also neue und ergänzende Anforderungen vor allem an Projektmanager und Führungskräfte. Gleichzeitig läuft kein großes, komplexes Projekt einfach so durch. Irgendwas ist immer. Turbulenzen oder auch Krisen tauchen auf in Form von Budgetkürzungen, der Kündigung des einzigen Spezialisten für ein bestimmtes Thema, des unerwarteten Produktlaunchs eines Mitbewerbers, der nachträglich eingestellten Anforderungen und so weiter und so fort. Die Liste möglicher „Irgendwas“ ließe sich beliebig fortschreiben. Wie gehen wir damit bisher um im Management? Was tun wir, um Krisen zu vermeiden? In den vielen Projekten, die ich im Laufe meines Arbeitslebens mitgestalten, leiten oder beraten durfte, war die Antwort bisher meistens: „Wir machen sie robust.“ Es wird analysiert und festgestellt, wie man diese und ähnlich komplexe Projekte robuster machen kann. Damit sollen Fehler, Krisen und Turbulenzen am besten ganz vermieden werden. Also wird ein umfassendes Risikomanagement aufgesetzt, Fehlern auf den Grund gegangen (soweit möglich) und dabei immer wieder Kausalität und Korrelation verwechselt. Wir haben so lange und so gut gelernt, in Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zu denken und über Analyse bestehende Probleme anzugehen, dass uns das Umstellen auf „Wechselwirkungs-Denken“ schwerfällt. Ansätze, die allein auf Robustheit und Fehlervermeidung setzen, greifen zu kurz. In einem komplexen Kontext herrscht immer ein Grad an Ungewissheit, herrschen Unwägbarkeiten und Unvorhergesehenes. Es braucht daher eher einen Blick für das, was Projektorganisationen resilienter macht. Resilienz bedeutet hier die Fähigkeit, Fehler und Turbulenzen früh zu erkennen, schnell mögliche Lösungsstrategien zu identifizieren und damit zeitnah aus einer krisenhaften Situation herauszukommen. Eine resiliente Projektorganisation passt sich adaptiv an sich ändernde Gegebenheiten an. Jedes Projekt, jede Organisation ist resilient. Die Frage ist nur, wie sehr und welche Faktoren machen die Resilienz aus. Der zweite Teil dieser Fragestellung wird im Folgenden mit der Erläuterung des H.A.P.-Modells (Hoch Adaptive Projekte) beantwortet. Was haben komplexe Projekte mit Flugzeugträgern und Atomkraftwerken gemeinsam? Kennen Sie Steh-auf-Menschen? Wenn auch nicht persönlich, so haben Sie mit Sicherheit von einigen gehört. Immer wieder lesen oder hören wir die Geschichten von Menschen, die Schicksalsschläge überstanden haben und oft sogar gestärkt aus Krisen hervorgegangen sind. Wir bewundern Sportler wie Vanessa Low oder Florian Sitzmann, die bei schweren Unfällen mehrere Gliedmaßen verloren haben und sich trotzdem „durchgeboxt“ haben zu Medaillen und Trophäen. Unser Respekt gilt Prominenten wie Nikki Lauda, der nach einem verheerenden Unfall auf der Rennstrecke mit schwersten Verletzungen überlebte und später noch einmal Weltmeister wurde. Menschen, die an einer Krise nicht zerbrechen, sondern sie zu meistern wissen und ihren Weg weitergehen, bezeichnet man als resilient. Resilienz ist zu verstehen als Widerstandsfähigkeit, als Fähigkeit, mit Turbulenzen umzugehen. Von der individuellen Resilienz bei Menschen lässt sich viel lernen für das Management komplexer Projekte. Die dahinterstehenden Haltungen und Fähigkeiten wie Optimismus, Akzeptanz der aktuellen Krise oder auch das Knüpfen tragfähiger Beziehungen sind auch für das Projektmanagement wichtige Säulen, auf denen die Widerstandsfähigkeit fußt. Darüber hinaus braucht es aber noch mehr. Das Noch-Mehr leitet sich aus dem Konzept der „High Reliability Organization“ (HRO) und den Erfahrungen vieler Kunden ab. Die wissenschaftliche Forschung um HRO, also Hoch-Zuverlässigkeits-Organisationen, hat einen Schwerpunkt in der Analyse von Organisationen wie Feuerwehren, Notaufnahmen, Atomkraftwerken und ähnlichen. Fehler können hier schnell verheerende Konsequenzen haben, weshalb die Menschen in diesen Organisationen ein spezielles Augenmerk darauf haben. Fast-Fehler werden als Hinweis auf mögliche Systemstörungen verstanden und nicht, wie im „normalen“ Projektmanagement üblich, als Beweis für den Erfolg. Die grundlegende Basis für die Zusammenarbeit ist Vertrauen, offenes Feedback und unbedingte Transparenz. Daneben existieren noch weitere strukturelle Besonder- Anzeige PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 47 heiten in HRO, die im Übertrag auf komplexe Projekte viel Mehrwert liefern können. Das Konzept der Resilienz und der HRO, ergänzt um Erfahrungen vieler Projektverantwortlicher, bilden das H.A.P.-Modell (Hoch Adaptives Projekt), welches über seine sechs Dimensionen - Ausrichtung, Umfeld, Sensitivität, Gestaltung, Teaming und Wissen - die Stellschrauben zur Erhöhung der Resilienz beschreibt (Abb. 2). Die sechs Dimensionen der Resilienz Jede Dimension besteht aus verschiedenen Facetten, von denen einige exemplarisch hier vorgestellt werden. Wesentlichen Einfluss auf das Modell hatten Antworten auf die Fragen nach den Erfolgsstrategien und den Knackpunkten in dynamischen Projekten. Aus beiden Aspekten lassen sich in der empirischen Betrachtung Muster erkennen und damit Bedeutungen ableiten. Grundsätzlich gilt: Jedes Projekt ist adaptiv beziehungsweise resilient. Es bewegt sich „irgendwo“ in den sechs Dimensionen des Modells und seinen Facetten. Da Resilienz keine Eigenschaft ist, die einmalig erworben wird oder verloren geht, kann zu jedem Zeitpunkt an den Stellschrauben gedreht werden. Resilienz ist ein Prozess! 1. Projektausrichtung Facetten: Vorausschau, Zukunft gestalten, Vision, Zielorientierung, Optimismus In adaptiven Projekten wird vorausschauend gearbeitet. Das bedeutet, dass ausreichend Zeit auf das Entwerfen von Zukunftsszenarien verwendet wird. „Was wäre, wenn …? “ ist die Basisfrage für diese Arbeit, aus der sich Überlegungen entwickeln zu: Welche Entscheidungen werden in der Zukunft auf uns zukommen? Welche Veränderungen stehen uns noch bevor? Welche Probleme können sich ergeben? Beginnen wir erst im Fall akuter Turbulenzen oder Probleme nach Lösungen zu suchen, ist der Blickwinkel meist stark eingeschränkt. Die Menschen fokussieren dann oft so stark auf die Problemstellung, dass die Sicht auf Alternativen „rechts und links“ versperrt ist. Um jederzeit entscheidungs- und handlungsfähig zu sein und eine Krise schnell zu beenden, ist eine gute Vorbereitung im Sinne des Vorausschauens notwendig. Dabei ist wesentlich, dass die Beteiligten gleichzeitig trainieren in Wechselwirkungen statt in Ursache- Wirkungs-Relationen zu denken. Komplexe Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass Aktionen immer Auswirkungen, Rückkopplungen und Wechselwirkungen erzeugen. Diese gilt es so umfassend wie möglich zu bedenken. Es geht zum einen um die Wirkungen, die andere Projekte, das Management, der Mitbewerber, der Markt etc. auf das eigene aktuelle Projekt haben. Zum anderen ist ein Blick auf die Wirkungen, die das eigene Projekt auf seine Umwelt hat, ebenso essenziell. Das Ergebnis der Szenario-Arbeit ist eine Fülle von Handlungsoptionen für verschiedenste Situationen und Übung im Wechselwirkungsdenken. 2. Projektumfeld Facetten: Feedback, Kooperation, gemeinsame Verantwortung, Sozialkapital Komplexe dynamische Systeme brauchen Feedback- Schleifen, um ihren Kurs korrigieren zu können. Umgesetzt wird Feedback natürlich in erheblichem Maß über die Kommunikation in (Projekt-)Organisationen. Und die wird auch heute immer noch als das Problemfeld höchster Priorität angegeben, wenn man Menschen fragt, woran es in der Zusammenarbeit denn hakt. Vor der Umsetzung jedoch steht das Bewusstsein für Feedback als Regelungsmechanismus, als zwingende Notwendigkeit für eine komplexe Organisation oder auch Krisensituation. Es geht hier nicht um einen Soft Skill- Aspekt zum Selbstzweck, der nur dazu da zu sein scheint, um den Menschen eine persönliche Weiterentwicklung zu ermöglichen. Das ist nur eine Facette von Feedback. Bezogen auf ein Projekt, das ein Businessziel umsetzen soll, ist Feedback der Regler für das Erreichen der Zielgeraden. Die Bedeutung ist dabei gar nicht schwer nachzuweisen. Schaut man auf Projekte, in denen Feedback an wichtigen Stellen fehlte, wird es schnell offensichtlich. Am Flughafen Berlin-Brandenburg beispielsweise haben sich die Bestimmungen für die Brandschutzanlagen während der Projektlaufzeit massiv verändert. Diese Veränderung hatte (anscheinend) niemand auf dem Schirm und sie wurde auch nicht früh genug ans System gemeldet. In dem Fall kommen fehlende Vorausschau und mangelndes Feedback zusammen. Gebaut ist die Anlage für den Brandschutz also nach veralteten Bestimmungen, weswegen sie als entscheidender Mangel eingestuft wurde. In meiner Arbeit als Projektberaterin erlebe ich immer wieder, dass entstehende Probleme und Turbulenzen nicht an das Management gemeldet werden. „Die wollen das nicht hören, sie müssen sich doch mit anderen Dingen beschäftigen …“ sind die Vorwände, die mir begegnen. Damit entfällt für das Gesamtsystem jedoch ein entscheidender Regelungsmechanismus. Eine Krise, von der das Management nicht weiß, kann nicht behoben werden. Das Feedback, das für adaptive Projekte wichtig ist, umfasst fachliche, inhaltliche, prozessuale Komponenten. Gleichzeitig ist es genauso relevant, Feedbackmechanismen für die Zusammenarbeit zu implementieren. 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 48 WISSEN Abb. 2: Das H.A.P.-Modell (nach Stephanie Borgert) PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 48 Die Frage nach dem „Wie arbeiten wir zusammen? “ ist gleich zu Beginn explizit zu stellen und im Diskurs zu verabreden. Dabei lassen sich die notwendigen Feedback-Schleifen verabreden und die Regeln für das Feedback- Geben festlegen. Feedback ist mit wenig Aufwand eingeführt, entfaltet im System aber enorm große Wirkung. 3. Projektsensitivität Facetten: Akzeptanz, Vereinfachung vermeiden, schwache Signale, Details beachten, Transparenz In jeder Sekunde strömen rund 11 Millionen Bit an Informationen über unsere Sinnesorgane in unser Gehirn. Das sind viel mehr, als das menschliche Bewusstsein verarbeiten kann. Aus diesem Grund wird Information gefiltert, getilgt und verzerrt, um die Portion „verarbeitungsfähig“ zu machen. Die Filter sind individuell und hängen vom Kulturkreis, von der Erziehung und den gemachten Erfahrungen ab. Jeder Mensch vereinfacht auf diese Art und Weise die Informationsflut, die ihm begegnet. Das Prinzip „Vereinfachung“ ist hier also wichtig und notwendig. Gleichzeitig passiert es aber unbewusst, und da liegt häufig die Krux, denn auch die kollektive Wahrnehmung in einem Projektteam vereinfacht. So werden Kollegen, Dinge, Abteilungen, Auftraggeber oder auch andere Projekte in Kategorien sortiert. „Mit der Fachseite X kriegen wir das Vorhaben Y nie durch, die sind immer schon so … gewesen“ oder „Herr Z ist Betriebswirt, die sind alle …“ sind nur zwei Beispiele von unzähligen Vereinfachungen, wie sie uns täglich (nicht nur) in der Arbeitswelt begegnen. Der Wunsch der Menschen nach Vereinfachung ist nicht schlecht oder falsch, macht er doch die komplexe Welt einfacher und verständlicher. Was adaptive Projekte dabei jedoch ausmacht, ist das Bewusstsein für diese Vereinfachung und die Fähigkeit, sie gezielt zu vermeiden. Sie fragen sich eventuell jetzt, ob das bedeutet, dass wir es wieder komplizierter machen. Ja, genau das bedeutet es. Stellen Sie Ihre eigene Wahrnehmung und Bewertung infrage. Das gilt für den Einzelnen wie auch für das Projektteam. „Haben wir die Situation wirklich vollständig erfasst? “ oder „Liegen wir mit unserer Bewertung zur Abteilung X in diesem Fall wirklich richtig? “ oder „Ist unsere Annahme vielleicht im Wesentlichen ein Vorurteil? “ oder, oder, oder. Der Effekt, sich der eigenen Wahrnehmung und ihrer Filter bewusst zu werden, ist enorm und hat weit mehr Auswirkungen als „nur“ die auf zwischenmenschliche Zusammenarbeit. Mit einer geschärften und erweiterten Wahrnehmung lassen sich Turbulenzen, Probleme und Krisen früher antizipieren. Es entsteht eine erhöhte Achtsamkeit, für die Menschen und für das System. 4. Projektgestaltung Facetten: Fehlerkultur, Entscheidungskultur, Redundanz, Flexibilität Gehe ich als Krisenmanager in ein komplexes Projekt, so ist eine meiner ersten Fragen die nach der Fehlerkultur. Häufig stelle ich dann leider fest, dass die Antworten, die ich bekomme, nicht zur gelebten Realität passen. „Bei uns bekommt niemand den Kopf abgerissen, wenn er einen Fehler macht.“ So oder ähnlich lautet meist die Antwort. Passiert dann ein Fehler, wird doch sanktioniert. Der Kopf bleibt dran, aber er wird mit Scheuermilch gewaschen, um im Bild zu bleiben. Wir haben ein „unentspanntes“ Verhältnis zu Fehlern. Der Begriff ist negativ belegt und wer Fehler macht ist der Schuldige. Welche Fehler und welche Schuld wird wohl Herrn Mehdorn noch zugeschrieben werden? Auch im Untersuchungsausschuss zum Drohnen-Fiasko scheint es ausnahmslos um die Fehler-/ Schuldfrage zu gehen. Das ist eine Fehlerkultur, wie sie in den meisten Unternehmen und Projekten heute noch existiert. Im Sinne der Resilienz und Adaptivität ein wichtiges Handlungsfeld. Um es vorwegzunehmen, es geht natürlich nicht darum, beliebig Fehler machen zu sollen und nach Laissez-faire-Manier wegzuschauen. Es geht darum, von den HRO zu lernen, die mit Fehlern im Schwerpunkt arbeiten, statt sich auf die Sanktionierung zu fokussieren. Fehler werden dort als Feedback ans System verstanden, denen auf den Grund gegangen wird. Ein Fehler ist immer eine Aussage über das System selbst, seine Funktionsweise, seine Zielorientierung, seine „Stimmung“. Fehler geben direktes Feedback zu den Auswirkungen von Entscheidungen und Handlungen. Auch sogenanntes Fehlverhalten von Mitarbeitern ist ein Hinweis auf die Funktionsweisen im System. Ein einfaches Beispiel: Mitarbeiter kommen wiederholt zu spät zu Besprechungen und Team-Meetings. Schnell unterstellen wir ihnen mangelnden Respekt oder Ähnliches (eigene Wahrnehmung). Eventuell existiert in dem Projekt eine Regel die lautet „Zu spät kommen ist o.k., nicht schlimm“. Eine gute Möglichkeit also, um die impliziten Regeln der Zusammenarbeit explizit zu machen. 5. Projektteaming Facetten: Diversität, Positivität, Wachstum und Zugehörigkeit, geteilte Werte, Achtsamkeit, Vertrauen Kann man das auch positiv ausdrücken? Was ist das Gute an der schwierigen Situation? Think positiv! Häufig begegnet mir die Frage, ob wir eigentlich nicht mehr Tacheles reden sollen oder dürfen, ob es notwendig sei, dass alles positiv und rosarot ausgedrückt wird. Meine Antwort darauf ist einfach: Nein. Wir dürfen nicht nur Klartext reden, wir müs- Anzeige PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 49 sen. Positivität sollte nicht als Deckfarbe der Kommunikation verstanden werden. Gleichzeitig ist die verwendete Sprache in Projekten und Organisationen ein wichtiger Indikator und ein starkes Analyseinstrument. In den 1990er-Jahren hat der Brasilianer Marcial Losada [2] mehr als 60 Teams betrachtet und daraus ein nicht lineares Modell zur Teamperformance abgeleitet. Gemeinsam mit Barbara Fredrickson stellte er vor, dass bei High Performance-Teams das Verhältnis von „positiver Sprache“ zu „negativer Sprache“ bei 3 : 1 und höher lag. „Positive Sprache“ macht sich fest an unterstützenden, optimistischen Aussagen und einem hohen Selbstbezug (reden über das eigene Team statt über andere). Zudem werden in der „positiven Sprache“ eher Fragen gestellt und die Diskussion damit intensiviert. Im Vergleich dazu finden sich in der „negativen Sprache“ Aspekte wie Ablehnung, Zynismus, hoher Fremdbezug und eher Verteidigung (den eigenen Standpunkt durchdrücken). In der Art und Weise, wie in einem Team miteinander geredet wird, zeigt sich die Zusammenarbeit. Bei Teams mit einem Verhältnis unter 3 : 1 konnten geringe Flexibilität in turbulenten Zeiten, wenig Bereitschaft, neue Wege zu gehen, und eine geringe Resilienz beobachtet werden. High Performance-Teams kommunizieren in einem Verhältnis von 6 : 1. Um diese Facette des Projekt-Teamings zu evaluieren, braucht es keinerlei Messverfahren oder Tools und Techniken. Es reicht das eigene Gehör und eine offene Wahrnehmung, um auf die verwendete Sprache zu achten. Über die Sprache drücken Menschen aus, was sie denken. Das funktioniert auch andersherum. In einem ersten Schritt können sich die Menschen im Projektteam auch auf die zu verwendende Sprache verständigen und so ihre Denkweise beeinflussen. 6. Projektwissen Facetten: Intuition, Freiraum, lernende Organisation Ein adaptives Projekt ist eine lernende Organisation auf Zeit. Sie ist ein Umfeld, in dem Menschen aus Fehlern lernen dürfen, aus Fast-Fehlern Rückschlüsse gezogen werden, von und mit Kollegen gelernt werden kann und in dem jedem klar ist, dass er seine Realität selber erschafft. Dabei ist das Trainieren des Systemdenkens von zentraler Bedeutung. Komplexe Probleme und Situationen lassen uns die Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge erst retrospektiv erkennen, weshalb wir lernen müssen in Wechselwirkungen zu denken. Denn auch in komplexen Projekten gilt, dass wir gut beraten sind zu wissen (oder zumindest zu erahnen), welche Auswirkungen unsere Entscheidungen haben werden. Leider wird häufig nur ein Ausschnitt einer konkreten Situation betrachtet und in vereinfachende „Wenn A, dann B“- Relationen formuliert. Dieses sogenannte „Schnappschuss-Denken“ ist immer noch üblich, es ist ja auch die Betrachtungs- und Denkweise, die wir am längsten geübt haben. Wenn aber die einfache Ursache-Wirkungs-Kette nicht mehr gültig ist, braucht es ein holistisches (ganzheitliches) Denken. Es braucht ein Denken in Mustern, Strukturen und Zusammenhängen. Es braucht das Denken in Szenarien und Möglichkeiten. Das ist kein Hexenwerk, es lässt sich üben und trainieren. Davor jedoch steht die Erkenntnis, dass Komplexität ein Systemdenken notwendig macht und das Annehmen einer systemischen Haltung. Ohne das stehen wir der Komplexität weiterhin rein reaktiv gegenüber und es bleibt die Angst vor der Dynamik, dem Unvorhersehbaren und der Intransparenz. Resilienz ist kontextabhängig Jetzt wäre es sehr praktikabel, wenn für jede Dimension ein Richtwert für resilient/ nicht resilient existieren würde. Daraus ließe sich dann der eigene Projektwert ermitteln und ablesen, wie gut oder schlecht es um die Adaptivität gerade steht. Dem ist leider nicht so. Jedes Projekt bewegt sich auf einer Achse innerhalb jeder Dimension. Eine Aussage über die „Güte“ der Platzierung und die Möglichkeiten zur Steigerung der Resilienz lässt sich nur im jeweiligen Projektkontext machen. Damit Sie die aktuellen Standpunkte Ihres Projekts dediziert bestimmen können, finden Sie die ausführliche Beschreibung des H.A.P.-Modells, dessen grundlegender Konzepte und einen (individuell zu interpretierenden) Selbsttest im Buch „Resilienz im Projektmanagement: Bitte anschnallen, Turbulenzen. Erfolgskonzepte adaptiver Projekte“ [3]. Weitere Informationen gibt es auch auf www.denk-system.com. ■ Literatur [1] Snowden, D.: Strategy in the Context of Uncertainty. In: Handbook of Business Strategy. Bingley, UK, 2005, 6, 1, pp. 47-54 [2] Fredrickson, B. L./ Losada, M.: Positive affect and the complex dynamics of human flourishing. In: American Psychologist, 60, 7, 2005, pp. 678-686 [3] Borgert, S.: Resilienz im Projektmanagement. Bitte anschnallen Turbulenzen. Erfolgskonzepte adaptiver Projekte. Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-658-00999-1 Schlagwörter Adaptivität, Dynamik, Komplexität, Krisen, Resilienz, Widerstandsfähigkeit Kompetenzelemente der NCB 3.0 4.1.1 Projektmanagementerfolg, 4.1.4 Risiken und Chancen, 4.1.18 Kommunikation, 4.2.1 Führung, 4.2.12 Konflikte und Krisen Autorin Stephanie Borgert ist Business Coach, Managementtrainerin und Buchautorin. Mit ihrem Unternehmen denkSystem legt sie den Schwerpunkt auf die systemtheoretisch basierte Arbeit mit Führungskräften, Projektleitern und Teams. Wie Projekte gelingen und wie sie widerstandsfähig und adaptiv durch Veränderungen geführt werden können, ist ihr Fokus. Kernthemen sind deshalb Komplexität, holistisches Management und exzellente Kommunikation im Business. Anschrift Lange Kuhle 43 D-48163 Münster Tel.: 0 25 01/ 92 43 96 Fax.: 0 25 01/ 92 43 97 E-Mail: Borgert@denk-system.com 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 50 WISSEN Andreas PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 50 D er Ansatz der sozialen Projektführung gibt eine theoretisch fundierte Antwort darauf, warum Projekte an den Soft Factors scheitern, und zeigt auf, wie dies verhindert werden kann. Relevant sind dabei drei Säulen: das Verständnis sozialer Systeme, der Einsatz von griffigen Praktiken und eine Haltung der Gelassenheit und Neugierde. Steuerung als Aufgabe der sozialen Projektführung Mit der Steuerung sind alle Aufgaben und Praktiken gemeint, die dazu dienen, das Projekt in Schwung zu halten, vor Schaden zu bewahren und sicher ins Ziel zu steuern. Dies bedingt eine optimale Ausrichtung der Soft Factors auf den Projekterfolg. Es ist die zentrale Aufgabe der sozialen Projektführung, die in dieser Phase unweigerlich auftretenden Spannungen und Friktionen so zu steuern, dass Zusammenarbeit und Projekterfolg nicht gefährdet werden. In der Phase der Initialisierung und beim Projektstart wurden die Strukturen und Prozesse des sozialen Projektsystems erstellt und die Regeln der Zusammenarbeit und die wichtigsten Praktiken vereinbart. Damit ist die Grundlage für eine funktionierende Zusammenarbeit gelegt, aber nicht dauerhaft gesichert. Daher muss der Projektleiter immer wieder steuernd in das Projekt eingreifen. Der wichtigste soziale Erfolgsfaktor in dieser Phase ist eine funktionierende Zusammenarbeit. In den frühen Projektphasen ist dies meist kein Problem. Die Motivation ist bei allen Beteiligten hoch. Es gibt spannende Aufgaben und Problemstellungen und in aller Regel wenig Konflikte. Dies ändert sich im Projektverlauf. Plötzlich befinden wir uns in einem mühsamen Projektalltag. Der Teufel steckt bekanntlich im Detail und Hindernisse gibt es nun plötzlich mehr als genug. Hier entscheidet sich nun, ob die Alltagsprobleme die Zusammenarbeit gefährden. Wir unterscheiden dabei zwei Stufen einer korrektiven Steuerung. Im Rahmen einer funktionierenden Selbstführung lassen sich kleinere Friktionen in der Zusammenarbeit rasch beheben oder nicht mehr opportune Regeln und Vorgehensweisen an die veränderten Umstände anpassen. Es können also laufende und ständige Verbesserungen durchgeführt werden. Dies erfordert allerdings eine hohe Aufmerksamkeit gegenüber potenziellen Probleprojekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 51 Fallstudie Interventionen als Praktik der sozialen Führung von Projekten, Teil 1 Wie können Beeinträchtigungen in der Zusammenarbeit im Projekt erkannt und wirkungsvoll beseitigt werden? Sobald mehrere Personen in Projekten involviert sind oder von diesen in ihren grundlegenden Interessen tangiert werden, wird die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Personen und den involvierten Gruppen zum zentralen Erfolgskriterium. Die Etablierung und die Aufrechterhaltung einer gut funktionierenden Zusammenarbeit zwischen diesen Rollen ist eine zentrale Aufgabe in Projekten. Ein am Institut für Informatik der Universität Zürich entwickelter Ansatz stellt die Führung der sozialen Prozesse als entscheidenden Faktor für erfolgreiche Projekte in den Mittelpunkt [2]. Die soziale Projektführung soll die beteiligten Teams und die betroffenen Anspruchsgruppen durch die Klippen und Fallstricke der Projektarbeit leiten. Die Redaktion dankt dem vdf Hochschulverlag für die Abdruckerlaubnis. Eine ausführliche Beschreibung der Steuerung der sozialen Prozesse im Projekt und insbesondere die verwendeten Konzepte und Praktiken finden sich im 5. Kapitel des Buches von Huber, A./ Kuhnt, B./ Diener, M.: Projektmanagement. Erfolgreicher Umgang mit Soft Factors. vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich, Zürich 2011. (Vergleiche auch die Besprechung dieses Buches in projektMANAGEMENT aktuell 2/ 2012.) Teil 2 dieses Artikels erscheint im nächsten Heft. Andreas Huber, Markus Diener Die Fallstudie von Huber und Diener demonstriert an einem Beispiel aus dem IT-Bereich einen am Institut für Informatik der Universität Zürich entwickelten Ansatz zur Führung von sozialen Prozessen. Das Konzept zeigt die soziale Führung als entscheidenden Erfolgsfaktor in Projekten. +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ Für eilige Leser +++ PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 51 men, Friktionen oder Mängeln und die Bereitschaft, Feedbacks zuzulassen und im Rahmen eines Monitorings systematisch zu erheben und einzufordern. Eine funktionierende Feedback-Kultur wird dafür sorgen, dass korrektive Maßnahmen schnell und effizient in die Wege geleitet werden. Die Aufgabe der sozialen Projektführung besteht hier darin, die Feedback-Prozesse zu initialisieren und am Laufen zu halten. Trotzdem werden im Verlauf eines Projekts immer wieder Situationen eintreten, in denen das Projekt in ernsthaftere Krisen gerät und die Mechanismen der Selbstführung nicht mehr ausreichen, um die notwendigen Korrekturen einzuleiten. Die Zusammenarbeit funktioniert dann nicht mehr und wird eventuell infrage gestellt. Hier wird ein gezieltes Intervenieren der Führung erforderlich. Komplexe soziale Systeme lassen sich nicht mehr linear und vorhersehbar steuern. Es besteht vielmehr das Risiko, dass sich die gewünschten Effekte nicht einstellen oder sich gar negative Tendenzen verstärken. Steuerungsimpulse sollten deshalb zurückhaltend angewendet werden und sich auf solide Beobachtungen sowie eine ausführliche Reflexion stützen. Der soziale Erfolgsfaktor Zusammenarbeit Warum klappt Zusammenarbeit an manchen Stellen so hervorragend und selbst dann, wenn die gleichen Personen darin involviert sind, andernorts aber nur harzig oder gar nicht? Warum macht uns gelingende Zusammenarbeit glücklich und misslingende traurig, ärgerlich und gereizt? Wir möchten an dieser Stelle keine allgemeine Theorie der Arbeit entwickeln. Doch gelingende oder misslingende Zusammenarbeit hat immer einen Bezug zum Doppelcharakter menschlicher Arbeit in postmodernen Gesellschaften [1]. Diesen Doppelcharakter bringt die Volksweisheit, wonach wir leben, um zu arbeiten, und arbeiten, um zu leben, genau auf den Punkt. Wir arbeiten zusammen, weil es anders nicht geht, aber auch, weil es einem essenziellen Bedürfnis entspricht. So kann beispielsweise kein Mensch allein ein Notebook produzieren. Dafür fehlen ihm sowohl das Wissen als auch die Mittel. Aber selbst wenn es möglich wäre, macht es doch eindeutig mehr Spaß, sich mit anderen Menschen auszutauschen und im Rahmen dieses Austausches voneinander zu lernen. Die Faktoren Lust und Zwang, Fremd- und Eigenbestimmung, Selbstverwirklichung und Normunterwerfung, Autonomie und Disziplin stehen so in einem latenten Spannungsverhältnis. Mit diesen Widersprüchen unmittelbar verbunden sind die vorhandenen Freiräume in der Arbeitsgestaltung. Dieser Spielraum ist in Projekten in aller Regel größer als in den auf Effizienz ausgerichteten Linienorganisationen. Wohl nicht zuletzt deshalb finden sich in Projekten viele Menschen, die genau diese offenere Form der Arbeit und Zusammenarbeit bevorzugen. Arbeitsprozesse in Projektteams so zu gestalten, dass die Lust an der Arbeit und die Möglichkeiten autonomer Gestaltung nicht von der notwendigen Arbeitsdisziplin erstickt werden, markiert die Differenz zwischen einer kurzfristig vielleicht zweckmäßigen, aber kalten Effizienz und der Kunst einer langfristig angelegten und damit erfolgreichen Projektführung. Ansatzpunkte der Steuerung der Zusammenarbeit Die Zusammenarbeit in Projekten ist ein zentraler Erfolgsfaktor für das Gelingen des Projekts. Die Steuerung der Zusammenarbeit in Projekten stützt sich auf die Eigenschaften des Projekts als soziales System [2, S. 45 ff.]. Daraus ergeben sich die im Folgenden beschriebenen Ansatzpunkte der Steuerung der Zusammenarbeit. Rahmenbedingungen Projektteams sind zumeist heterogen zusammengesetzt. Die Projektmitarbeiter bringen dabei unterschiedliche frühere Erfahrungen der Zusammenarbeit in das Projekt ein. Da sich die unterschiedlichen Spezialisten aufgrund ihrer fachspezifischen Ausrichtung nicht immer auf Anhieb verstehen, gestaltet sich die Kommunikation über die Zusammenarbeit oft schwierig. Die zeitliche Befristung mit ihrem Zwang zu schnellen Erfolgen im Projekt kommt erschwerend dazu. Es ist Aufgabe der sozialen Projektführung, in ihrer Rolle als Gärtner für optimale organisatorische Rahmenbedingungen zur Unterstützung der Zusammenarbeit im Projekt zu schaffen. Dazu gehören ein entsprechendes Teamdesign in der Etablierung und die Definition von Regeln der Zusammenarbeit in der Konstituierung. In der Phase der Durchführung schafft der Gärtner die kommunikativen Räume, welche zur Aufrechterhaltung einer funktionalen Zusammenarbeit nötig sind [2, S. 139 ff.]. Selbstführung Die sozialen Systemgrenzen des Projekts werden von diesem selber definiert und aufrechterhalten. Aufgrund seiner Natur als Kommunikationssystem unterscheidet das soziale Projektsystem zwischen für das Projekt relevanten und irrelevanten Themen als Inhalte der Kommunikation im Projekt. Es ist die Aufgabe der sozialen Führung in ihrer Rolle als Moderator, der Zusammenarbeit förderliche Themen in die interne Projektkommunikation einzubringen und zu unterstützen. Konkret stellen sich Fragen wie die folgenden: ❑ Welche Informationen müssen im Hinblick auf eine förderliche interne Zusammenarbeit im Projektteam ausgetauscht werden und in die Projektarbeit einfließen? ❑ Ist die Zusammenarbeit mit den Anspruchsgruppen und zwischen den verschiedenen Projektteams von gegenseitigem Respekt oder eher von Misstrauen bestimmt? Solche Fragen können nicht generell beantwortet werden und stellen Projekte immer wieder unter akuten Entscheidungszwang. Weiter wird die Zusammenarbeit von den in einer Firma oder einem bestimmten Kontext angewendeten Methoden oder den vorhandenen oder vermissten Kollaborationswerkzeugen geprägt. Je nach Stand- und Zeitpunkt können diese als Störung oder als Bereicherung wahrgenommen werden. Es ist Aufgabe der sozialen Projektführung zu überprüfen, inwieweit die in der Projektarbeit angewandten Praktiken die Zusammenarbeit unterstützen. 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 52 WISSEN PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 52 Beziehungen Die Anspruchsgruppen bilden die Umwelt des Projekts. Anspruchsgruppen können gegenüber dem Projekt vielfältige und widersprüchliche Erwartungen hegen. Eine gute Zusammenarbeit mit den zukünftigen Benutzern ist dabei ebenso wichtig wie die enge Kooperation mit Zulieferern, deren Produkte und Leistungen für den Projekterfolg maßgebend sein können. Dabei ist zu beachten, dass unterschiedliche Anspruchsgruppen nicht unbedingt identische Ziele verfolgen. Auch die Businesseinheiten können völlig unterschiedliche Prioritäten haben und diese potenziellen Konflikte in das Projekt hineintragen. Einige Anspruchsgruppen verfügen über ein so großes Machtpotenzial, dass sie das Projekt stoppen oder empfindlich stören können. Vor diesem Hintergrund muss die Projektleitung der Beziehung zu den Anspruchsgruppen des Projekts in der Rolle des Außenministers besondere Beachtung zukommen lassen. Praktik der Intervention in Projekten Umfassende und schnelle Feedbacks können dazu beitragen, die Koordination der Projektakteure zu gewährleisten und mögliche Störungen zu beheben. Es wäre allerdings naiv anzunehmen, dass es im Projektverlauf nicht dennoch immer wieder auch zu Krisen in der Zusammenarbeit kommen kann. Solche fundamentaleren Problemstellungen erfordern ein steuerndes Eingreifen der Projektführung. Als komplexe soziale Systeme lassen sich Projekte allerdings nur begrenzt und zeitweise steuern. Störungen der Zusammenarbeit oder andere Problemfelder lassen sich nicht mit einfachen Maßnahmen beheben. Aus diesen Gründen betrachten wir die Intervention als das am besten geeignete Steuerungsmittel. Im Folgenden wollen wir aufzeigen, was Interventionen im Projektalltag sind, wie sie durchgeführt werden, was sie bewirken und wo ihre Grenzen und Risiken liegen. Dabei stützen wir uns auf eine konkrete Fallstudie, welche unsere konzeptionellen Überlegungen verdeutlichen soll. Was ist eine Intervention? Wir definieren eine Intervention als eine bewusste, reflektierte und zielgerichtete Einflussnahme auf ein soziales System, welche eine Veränderung im Sinne des Intervenierenden bewirken soll. Jedes soziale System wird laufend von außen gestört. Eine Intervention ist dabei eine bewusst ausgelöste Störung. Aufgrund der spezifischen Eigenschaften sozialer Systeme entscheidet nicht der Intervenierende, sondern ausschließlich das intervenierte System über Erfolg oder Misserfolg einer Intervention [2, S. 139 ff.]. Jedes System schützt sich gegen äußere Störungen durch wirksame Filter, welche darüber entscheiden, inwieweit Störungen wahrgenommen werden. Es ist dann ausschließlich von den internen Regeln, Prozessen und Operationsweisen des intervenierten Systems abhängig, welche Wirkung die Störung hat. Eine Intervention kann nur gelingen, wenn die ausgelöste Störung im Inneren des Systems, in unserem Fall also im Projektteam, einen Änderungsprozess auslöst. Dies ist selbstredend nur dann der Fall, wenn die Intervention „auf einen fruchtbaren Boden fällt“, im Inneren des Systems Anschluss findet und vom System verstanden und akzeptiert wird. Die Intervention muss also den berühmten Nerv treffen oder anders ausgedrückt, einen Selbstheilungsprozess in Gang setzen [5, S. 88 f.]. Nachfolgend wollen wir verschiedene Aspekte von Interventionen in Projekten am Beispiel eines konkreten Praxisfalls - des Falls Rigi - aufzeigen. Fallstudie I: Der Fall Rigi Kooperationsbedingungen: Das Projekt Rigi hatte zum Ziel, sehr spezialisierte Handels- und Abwicklungsprozesse von einem großen Retailer in Luzern zu einer Handelsfirma in Zug auszulagern. Es handelte sich also um ein klassisches Outsourcing-Projekt. Aufgrund des Aufbrechens der Wertschöpfungskette ergaben sich allerdings wesentliche Änderungen in der Luzerner IT-Anwendungslandschaft und in Zug musste für diese Kooperation ein neues ERP-System eingeführt werden. Die Handels- und Abwicklungsprozesse erforderten zudem die Implementierung von mindestens 30 teilweise sehr komplexen Schnittstellen zwischen Zug und Luzern, mit allen technischen Implikationen auf die Verbindung von unterschiedlichen Anwendungs- und Middleware-Systemen. Auf beiden Seiten waren über die Projektlaufzeit von etwas mehr als zwei Jahren je 50 und zeitweise auch mehr Vollzeitmitarbeiter in zwei getrennten Projektteams beschäftigt. Erste Friktionen: Während der frühen Konzeptphasen war die Zusammenarbeit zwischen Luzern und Zug relativ eng und es gab nur wenige Konflikte und Friktionen. Die Umsetzung der teilweise gemeinsam spezifizierten Anforderungen erfolgte dann in Zug und Luzern getrennt und nur noch sehr lose koordiniert. Als „The proof of the pudding“ war die auf sieben Monate geplante gemeinsame Testphase vorgesehen. Es erwies sich in der Folge aber als außerordentlich schwierig, die Anwendungssysteme der beiden Firmen auf Anhieb zu integrieren. Auch befand sich die Entwicklung und Integration auf beiden Seiten in Verzug und so wurden die ersten beiden Testmonate von technischen Schwierigkeiten und Störungen fast vollständig blockiert. Lassen Sie sich von Ihren Projekten nicht überrollen! Schillstraße 150 · 86169 Augsburg Call: +49 (0) 821 - 815-6548 Fax: +49 (0) 821 - 815-1993 Mail: info@dynamis-web.com Web: www.dynamis-web.com Termine: Level D Frühjahr 2014 in Augsburg am 28.02. - 01. 03.2014 14. - 15.03. / 04. - 05.04.2014 09. - 10.05. / 23. - 24.05.2014 Kosten: 4.250,- € Mehrwertsteuerbefreit zzgl. Prüfungsgebühr Level C/ B GPM/ IPMA in Augsburg am 21.03. / 04. - 05.04.2014 und 16.-17.05-2014 Kosten: 2.650,- € Mehrwertsteuerbefreit zzgl. Prüfungsgebühr Unsere aktuellen Termine Level C/ B und Level D GPM/ IPMA W e i t e r e K u r s e a u f u n s e r e r W e b s i t e ! Bild: fotolia.de Mark Reuter Anzeige PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 53 Die Verantwortung für die Durchführung von End-to- End-System- und Akzeptanztests lag in Luzern. Dafür standen rund zehn Businessanalysten zur Verfügung, die durch ein zusätzliches Netz von Power-Usern unterstützt wurden. Zusätzlich gab es in Zug und Luzern je ein Testmanagement, welches für die Bereitstellung der notwendigen Testinfrastruktur und die Abarbeitung der Testsets, die zusammen weit über 1.000 Testfälle umfassten, verantwortlich war. Um die Verzögerungen aufzuholen, bestand das Testmanagement auf einer möglichst raschen Abarbeitung dieser Testsets. Umgekehrt waren aber die Anwendungssysteme noch nicht einmal bereit, die Basisprozesse korrekt abzuwickeln. Dabei galt es zu berücksichtigen, dass ein Auftrag leicht fünf bis sieben unterschiedliche Anwendungssysteme durchlaufen konnte. Kooperationskrise: Durch die forcierte Durchführung möglichst vieler Testfälle nahm die Zahl der Fehler enorm zu. Viele davon hatten die gleiche Ursache. Das Projekt schlitterte langsam aber sicher in eine Kooperationskrise und zeitweilig an den Rand einer Blockierung. Die gegenseitigen Schuldzuweisungen eskalierten, und es war allen Beteiligten klar, dass es so nicht mehr weitergehen konnte. Die Schuld an der Situation wurde beidseits beim Kooperationspartner gesucht. Für Zug war es klar, dass Luzern falsch testete, und für Luzern gab es keinen Zweifel daran, dass die Zuger nun endlich vorwärts machen sollten. Teil 2 dieses Artikels lesen Sie im nächsten Heft. ■ Literatur [1] Baumgartner, A./ Korff, W.: Wandlungen in der Begründung und Bewertung von Arbeit. In: Handbuch der Wirtschaftsethik. Bd. I, Gütersloh 1999, S. 88-99 [2] Huber, A./ Kuhnt, B./ Diener, M.: Projektmanagement: erfolgreicher Umgang mit Soft Factors. Zürich 2011 [3] Vollmer, A./ Manser, T./ Wehner, Th.: Prozessorientierte Kooperationsforschung: zum aktuellen Stand eines arbeitspsychologischen Kooperationsmodells. In: Vollmer, A. (Hrsg.): Kooperatives Handeln zwischen Kontinuität und Brüchen in neuen Tätigkeitssystemen. Theoretisch-konzeptionelle Zugänge und empirische Ergebnisse aus der Arbeits- und Organisationspsychologie und angrenzenden Disziplinen. Lengerich 2006, S. 18-45 [ 4] Vollmer, A./ Wehner, Th.: Konfliktbearbeitung in Innovationsprozessen: Bestehende Konzepte und Empfehlungen zu deren Erweiterung. In: Führung + Organisation, 1/ 10, S. 13-17 [5] Willke, H.: Systemtheorie II: Interventionstheorie. Stuttgart 2005 Schlagwörter Kommunikation, Projektteams, Soft Skills, soziale Projektführung, Zusammenarbeit im Projekt Kompetenzelemente der NCB 3.0 4.1.7 Teamarbeit, 4.1.18 Kommunikation, 4.2.1 Führung, 4.2.12 Konflikte und Krisen Autor Andreas Huber, Studium der Volkswirtschaft, 1992 Dissertation in Wirtschaftsinformatik an der Universität Zürich über Wissensmanagement, Weiterbildungen in systemischer Organisationsberatung, personenzentrierter Beratung und Coaching; Oberassistent bei Prof. Helmut Schauer und Leiter des Schwerpunkts Mensch - Informatik - Organisation an der Universität Zürich 1994 bis 2006, seit 1996 Inhaber der Firma Huber Consulting, Beratungsmandate in diversen öffentlichen und privaten Unternehmen zum Aufbau von Projektmanagementsystemen, zur Begleitung von Businessprojekten und zur Strategieentwicklung; seit 2009 Professor für Projektmanagement an der Berner Fachhochschule Anschrift Berner Fachhochschule Fachbereich Wirtschaft Morgartenstrasse 2 a CH-3000 Bern 22 E-Mail: Andreas.Huber@bfh.ch Autor Markus Diener, kaufmännische Ausbildung mit diversen Weiterbildungen in Informatik, Projektmanagement und Banking, Nachdiplom-Studium Mensch - Informatik - Organisation an der Universität Zürich 2006; nach einigen Jahren Berufserfahrung im Banking und in der Leitung des Wertschriften-Back-Office einer Privatbank Wechsel in die Informatik einer großen Retailbank, diverse Projekte im Host-Umfeld, später Leitung einer dezentralen Software- Entwicklungsabteilung, 1999 Gründungsmitglied und Managing-Partner der Informatikfirma Infometis AG, seit 2009 bei der Bank Vontobel für die Entwicklung und den Betrieb der Trading-, Asset-Management- und Web-Applikationen verantwortlich Anschrift Bank Vontobel AG Head of Front-Applications Dreikönigstrasse 37 CH-8002 Zürich 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 54 WISSEN Jens Kö Haftungsausschluss Die Inhalte dieser Zeitschrift werden von Verlag, Heraus geber und Autoren nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und zusammengestellt. Eine rechtliche Gewähr für die Richtigkeit der einzelnen Angaben kann jedoch nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für die Websites, auf die verwiesen wird. Es wird betont, dass wir keinerlei Einfluss auf die Inhalte und Formulierungen dieser Seiten haben und auch keine Verantwortung für sie übernehmen. Grundsätzlich gelten die Wortlaute der Gesetzestexte und Richtlinien sowie die einschlägige Rechtsprechung. PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 54 projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 55 P riesberg und Ehrlich begeben sich auf Dienstreise. Ihre Tickets müssen sie vor Abfahrt am Fahrkartenautomaten ausdrucken. Priesberg drückt lange auf dem Bildschirm des Automaten herum und endlich kommt auch sein Ticket. „Mensch, so viele Menüs! Das ist doch ganz schön komplex, oder nicht? “ „Kompliziert - nicht komplex“, widerspricht Ehrlich. „Ja, genau das habe ich doch eben versucht zu erläutern“, entgegnet Priesberg genervt. Jetzt ist auch Ehrlich in einem angeregten Zustand: „Komplex meint etwas völlig anderes als kompliziert. Es ist in etwa so wie mit ‚effektiv‘ und ‚effizient‘ - beide Begriffe werden häufig synonym verwendet, sind aber völlig unterschiedlich. Wenn etwas komplex ist, dann handelt es sich erstens um etwas Zusammengesetztes und zweitens um etwas, dessen Komponenten untereinander in Wechselwirkung stehen. Unser Gehirn ist komplex: Es besteht aus einzelnen Neuronen, die auf einfache Weise funktionieren, aber hochgradig vernetzt sind. Niemand kann die Funktionsweise einer derartigen Vernetzung im Detail verstehen und das Verhalten eines Menschen vorhersehen. Hier gehört auch der Begriff ,Emergenz‘ hin: Wenn aus der Vernetzung von Teilsystemen etwas völlig Neues entsteht, dann spricht man von Emergenz, eine Eigenschaft komplexer Systeme.“ „Also ist das Bewusstsein ein emergenter Zustand der Vernetzung unserer Neuronen im Gehirn“, fasst Priesberg zusammen. „Ja, das kann man so sagen“, antwortet Ehrlich und fährt fort: „Jetzt zurück zur Menüführung deines Fahrkartenautomaten. Die ist kompliziert und nicht komplex. Du musstest lediglich eine Anzahl an Menüs durcharbeiten, die Bedienung dieser Funktionen kann jede Person durch Logik im Detail erfassen. Du wusstest auch, was der Automat als Nächstes macht, wenn du einen Schritt abgeschlossen hast.“ Priesberg beruhigt sich wieder. „Also ist auch das Lösen einer Rechenaufgabe kompliziert und nicht komplex, da ich das Problem in Gänze erfassen und lösen kann.“ „Ja, genau so ist es“, bestätigt Ehrlich, „um ein komplexes System zu beschreiben und zu verstehen, müssen andere Regeln als der Reduktionismus angewandt werden.“ „Als da wären? “, fordert Priesberg heraus. Ehrlich holt tief Luft: „Ich muss Muster und eine Skala finden, auf der sich das System beschreiben lässt. Beispielsweise kann ich das Temperament eines Menschen dadurch beschreiben, indem ich ihn oder sie einen Persönlichkeitstest machen lasse; es macht aber wenig Sinn, wenn ich versuche, das Temperament aus der neuronalen Vernetzung des Gehirns zu erfassen. Ich muss akzeptieren, dass sich das Verhalten komplexer Systeme nicht deterministisch vorhersagen lässt, wie beispielsweise beim Wetter: Durch die hohe Kopplung der einzelnen Teilsysteme wie Feuchtigkeit, Luftdruck, Strömung, Sonneneinstrahlung etc. haben Vorhersagen nur eine Gültigkeit von wenigen Tagen. Zusammengefasst: Ich weiß niemals, was ein komplexes System im Detail macht, auch wenn ich noch so intelligent bin.“ „Das habe ich jetzt verstanden. Meine nächste Frage ist dann natürlich: Sind Projekte ebenfalls komplex und, falls ja, wie kann ich damit umgehen? “, fragt Priesberg. Die beiden sehen endlich den Zug einfahren, leider aber in umgekehrter Wagenreihenfolge. Sie nehmen die Beine in die Hand, um zum hinteren Zugteil zu rennen, wo sich ihre Plätze befinden. „Um deine Frage zu beantworten …“, hechelt Ehrlich, „klar gibt es komplexe Projekte. Das sind die Projekte mit vielen Einflussgrößen und gegenseitigen Abhängigkeiten, bei denen sich beispielsweise ein Problem in der Schnittstelle benachbarter Teilprojekte auf das gesamte Projekt auswirken kann. Hier gilt auch: Versuche Handlungsmuster und Rahmenbedingungen zu finden, um ein komplexes Projekt nachzuvollziehen. Ein Beispiel ist die Typologie von Menschen und Organisationen: Wenn ich mich also mit meinem Temperament gegen die Organisationskultur stelle, dann wird es knirschen. So kann man potenzielle Konflikte frühzeitig aufdecken und entgegenwirken.“ Ehrlich und Priesberg setzen sich, mittlerweile nassgeschwitzt, auf ihre Plätze im Zug. „Also bedeutet komplex einfach, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile“, resümiert Priesberg. „Ja, so ist es: Komplex ist eben nicht kompliziert“, grinst Ehrlich und wundert sich nicht, als der Zug in die umgekehrte Richtung losfährt. ■ Autor Dr. Jens Köhler ist bei der BASF SE beschäftigt. Sein Spezialgebiet ist die Erforschung der Effizienz- und Effektivitätssteigerung von Projektteams durch die gezielte Steuerung über Soft Skills und Kommunikationsprozessen. Anschrift BASF SE, D-67056 Ludwigshafen, Jens.Koehler@basf.com Projektgeschichten und Fallstudien Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ Komplex ist nicht kompliziert Die Kolumne möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch - Kommunikation, Verhalten, Entscheidung“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben. Jens Köhler PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 55 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 56 WISSEN potenziellen Käufer schon auf ihrer Bangkirai-Terrasse mit einem Glas allerbesten Rotweins in der Hand sitzen. Mitleidig schauen sie dann auf uns armselige Nachbarhäuser, die keine Yuppie-Terrasse haben. Zu dumm nur, dass bei einer Veränderung der Außenfassade die Nachbarn - in diesem Fall die Stakeholder - zustimmen müssen. Frau Maus ist der Annahme, dass diese Lappalie reine Formsache ist, und gibt sich somit auch keine Mühe, uns Stakeholder höflich um die Genehmigung zu bitten. Die Stunde der Vergeltung ist gekommen. Am Abend gehe ich durch das Haus und erzähle allen Miteigentümern in schillernden Farben, wie der Hinterhof verschandelt werden soll. Die Erdgeschosswohnungen werden sogar verschattet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Alle Eigentümer geben mir gleich den Stimmzettel mit. Am nächsten Morgen schlägt pünktlich um 9.00 Uhr Frau Maus an der Baustelle auf. Ich renne die Treppe hinunter und begrüße sie freudig: „Guten Tag, Frau Maus, wie geht es Ihnen? “ Sie antwortet: „Bis gerade eben gut! “ Mit gespieltem „Tut mir leid“ auf dem Gesicht überreiche ich ihr die neun Stimmzettel. Alle neun Hausbewohner waren wie ich der Meinung, dass wir keine protzigen Yuppie-Balkone in unserem Hinterhof haben möchten, und haben mit „Nein“ gestimmt. Es ist kalt. Es ist Dezember. Es ist 9.00 Uhr. Und die Moral von der Geschicht? Nimm die Stakeholder mit, dann klappt es auch mit den Nachbarn. ■ Autorin Jacqueline Irrgang managt mit Herz und Verstand Projekte und hat sich auf Kundenservice spezialisiert. Sie ist studierte Wirtschaftsinformatikerin, diplomierter systemischer Coach sowie Executive Interimsmanagerin und schaut auf über 30 Jahre Projektarbeit zurück. Nach dem Motto „Projektmanagement mal ganz anders“ hat sie das Buch „Tatort Projekt“ veröffentlicht. Ihr Lebensprojekt: Sie möchte Service-Päpstin von Deutschland werden. Anschrift E-Mail: j.irrgang@ccq.de Projektgeflüster Pst … schon gehört? Stakeholder? Was soll das sein? Jacqueline Irrgang E s ist bitterkalt. Es ist Februar. Es ist 6.00 Uhr. Welcher Idiot macht um diese Jahreszeit, zu dieser Uhrzeit so viel Lärm? Ich schaue aus dem Fenster und was sehe ich? Wo vorher vier bis fünf Autos Platz in der Parkbucht hatten, werden jetzt Parkverbotsschilder aufgebaut. Von Montag bis Samstag von 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr absolutes Halteverbot. Na großartig. Ab jetzt heißt die Parole nicht mehr, einmal mit dem Auto um den Block kreisen, sondern dreimal. Nach einer Tasse Kaffee und eine Stunde später will ich wissen, wieso diese Schilder aufgestellt wurden. Das Nachbarhaus, das seit ungefähr 100 Jahren keinen Handwerker mehr von innen gesehen hat, wird saniert. Mit der Sanierung kommt auch die Bauleiterin Frau Maus. Wer sich über die Dame im Internet schlau machen möchte, sieht Frau Maus dümmlich grinsend mit verschränkten Armen auf der Startseite ihrer Immobilienfirma. Daneben steht in fetten Buchstaben: Geh zu Frau Maus und schön wird das Haus. Na platter geht’s nimmer. Frau Maus ist von der Hauseigentümerin als Bauleiterin auserkoren. Mit Projektmanagementwissen belastet sich die Dame nicht. Das Wort Stakeholderanalyse hat sie noch nie gehört. Und da sich die Welt ohnehin nur um sie dreht, interessiert sie auch nicht, was die Nachbarn - Stakeholder - denken, geschweige denn fühlen. So entpuppt sich Frau Maus schnell als größte Charme-Offensive seit Maggie Thatcher. Sieben Monate später, ich ertrage den Baulärm kaum noch, treffe ich Frau Maus zufällig auf der Straße und frage höflich, wann denn ihr Bauprojekt endlich abgeschlossen sei. Schließlich kreise ich seit mehr als einem halben Jahr dreimal um den Block und bin schon leicht schwerhörig vom Baulärm. Als Projektleiterin müsste sie mir ja eigentlich den geplanten Fertigstellungstermin im Schlaf herunterbeten können, denke ich mir. Stattdessen schallen mir 130 Dezibel entgegen: „Das Projekt ist fertig, wenn es fertig ist.“ Sie lässt mich wie Hein Blöd stehen. Völlig perplex schaue ich sie an, denke mir meinen Teil und verabschiede mich murmelnd mit „Aha“. Drei Monate später - der Baulärm ist immer noch kaum erträglich - habe ich einen Zettel im Briefkasten. Frau Maus bittet uns Nachbarn um Zustimmung für die Erweiterung der Balkone. Neben ihrem Bauleiterjob ist sie nämlich auch noch Maklerin und erzählt allen Kaufinteressenten, dass zum Hinterhof eine riesige Terrasse entstehen soll. Mit ein wenig Fantasie sehen sich die Mey Ma PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 56 I mmer mehr Projektmanagementsysteme werden zu integrativen Alleskönnern. In den späten Jahren des vergangenen Jahrtausends dominierten noch vergleichsweise überschaubare Produkte den Markt. Sie brachten Ordnung in die Planung und Steuerung von Projekten und damit auf den Schreibtisch der Projektleitung. Heute gibt es zahlreiche Programme, die ganz selbstverständlich den Projektlebensweg von der Idee bis zur Abschlussdokumentation abdecken und die Aufgabenplanung der Mitarbeiter ebenso unterstützen wie die strategischen Aufgaben des Vorstands. Wenn sich das große Gesamtbild der Projektelandschaft aber nahtlos aus den detaillierten Daten tausender Einzelvorgänge zusammensetzt, erhöht das auch die Komplexität. Strategische Überlegungen würden unmöglich, es müssten stets sofort alle für die operative Planung erforderlichen Details im Hintergrund mitberücksichtigt werden. Automatische Algorithmen stoßen meist rasch an ihre Grenzen und die manuelle Optimierung des Portfolios verlangt nach einfachen, interaktiven und dennoch aussagekräftigen Auswertungen. Eine vermeintliche Quadratur des Kreises. Daher haben viele Softwareanbieter begonnen, ihre strategischen Planungsebenen für das Projektportfolio teilweise von den operativen Projektdaten zu lösen. Die Software Meisterplan aus dem Hause itdesign ist sogar eigens für eine unabhängige Portfolioplanung entwickelt worden, bei der die Details ausgespart werden, aber die wesentlichen Projektdaten im Blick bleiben. Meisterplan dient nicht zur detaillierten Planung und Steuerung einzelner Projekte, beispielsweise fehlen Funktionen für die Ablaufplanung und die Fortschrittserfassung. Stattdessen ermöglicht die Software die Planung aus einer übergeordneten Perspektive, etwa der von Führungskräften und dem PMO. Dabei verzichtet Meisterplan auf Automatismen und dient vielmehr als interaktives und intuitiv bedienbares Werkzeug für Was-wäre-wenn-Überlegungen. Grobplanung aus der Portfolioperspektive Um zu klären, ob sich ein Projekt mit dem vorhandenen Team umsetzen lässt und wann dafür gegebenenfalls der beste Zeitpunkt wäre, werden natürlich die einzelnen Projektpläne benötigt. Meisterplan kann als Zusatzprodukt mit vorhandenen Planungswerkzeugen wie CA Clarity, Microsoft Project, Oracle Primavera oder Planview Enterprise zusammenarbeiten - und mit Excel. Aus diesen Quellen holt sich das Programm die Projekteckdaten, Schlüsselmeilensteine und Abhängigkeiten sowie die Ressourcenbedarfsinformationen. Das Arbeitsfenster der Software ist in zwei Bereiche unterteilt: Oben finden sich die Projekte des Portfolios in einem Balkenplan, unten visualisiert die Software die Auslastung einzelner Ressourcen und ganzer Ressourcengruppen. Ausgehend vom aktuellen Projektstand kann das Portfolio dann mit der Maus analysiert und verändert werden. Auf den ersten Blick ist die Darstellung einfach gehalten, doch auf den zweiten Blick wird deutlich, dass die Software im Hintergrund eine ganze Reihe von Randbedingungen beachtet. Wenn beispielsweise der Mauszeiger eine Weile über einem Projektbalken verharrt, blendet Meisterplan automatisch die Abhängigkeiten zu anderen Projekten und die Schlüsselmeilensteine ein. Mit einer dünnen roten Linie markierte Abschnitte in den Projektbalken kennzeichnen die Zeiträume, in denen ein Projekt Ressourcenprobleme hervorruft (Abb. 1). Ressourcenplanung nach Priorität Die wichtigsten Projekte stehen in Meisterplan zuoberst. Auf umfangreiche Bewertungsmodelle verzichtet die Software, die Projekte können einfach mit der Maus an die gewünschte Position in der Projektliste gezogen werden. Dadurch wird eine Rangfolge zur Pflicht - ein Portfolio, bei dem nur „sehr wichtige“ Projekte existieren, wird vermieden. Bei der Ressourcenanalyse spielt diese Rangfolge dann eine besondere Rolle: Die Ressourcen der wichtigsten Projekte werden zuerst verplant, Meisterplan stellt den Bedarf also im Ressourcenhistogramm ganz unten dar. Weitere, weniger wichtige Projekte erhöhen dann jeweils die Auslastung der Ressourcen. Somit wird deutlich, welches Projekt das Fass zum Überlaufen bringt und die Kapazitäten sprengt. Diese Kapazitätsgrenzen zeigt Meisterplan in klassischen Histogrammen projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 57 PM-Software: Meisterplan Strategie-Brett für das Projektportfolio Mit Meisterplan zielt der Hersteller itdesign auf PMO-Mitarbeiter und Führungskräfte, die ihre Projektelandschaft mittelbis langfristig planen wollen. Anstelle von operativem Projektmanagement steht die Frage im Mittelpunkt, welche Projekte sich mit den vorhandenen Ressourcen tatsächlich umsetzen lassen. Die Ausgangsdaten holt sich das Programm aus vorhandenen PM-Softwaresystemen - oder aus Excel. Auch bei der Umsetzung der strategischen Planung in den Projekten geht das Programm einen einfachen, aber überzeugenden Weg. Mey Mark Meyer PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 57 sowie in einer Füllstandsanzeige für die Gesamtauslastung neben den Histogrammen an. Wenn die Analyse des Portfolios eine Überlastung ergibt, heißt es Alternativen durchzuspielen. Nun können Projekte zeitlich verschoben oder an Schlüsselmeilensteinen und Phasenenden unterbrochen werden. Noch während ein Projekt verschoben wird, zeigt Meisterplan die Konsequenzen im Histogramm an. Dort rückt die Software dabei jeweils automatisch die Ressourcen ganz nach oben ins Blickfeld, die in der aktuellen Variante am stärksten beansprucht wären. Das Prinzip, Daten automatisch anzuzeigen, wenn sie bedeutsam werden, findet sich so durchgängig umgesetzt noch bei keiner anderen Software. Im Test beeindruckte dies beispielsweise beim Verschieben eines Projekts: War zuvor noch die Entwicklungsabteilung eingeblendet, deren Auslastung abgeglichen werden sollte, so erschienen während des Verschiebens eines Projekts automatisch weitere Histogramme derjenigen Ressourcen, die durch die Verschiebung ebenfalls betroffen wären. Das macht es einfacher, bereits während des Umplanens die Konsequenzen abzuschätzen, statt anschließend festzustellen, dass nun die Testabteilung überfordert ist. Szenarien umsetzen Sämtliche Änderungen am Projektportfolio können Anwender als Szenario speichern. Auf diese Weise ist es möglich, mehrere Alternativen durchzuspielen, etwa strategisch nicht so bedeutsame Projekte zurückzustellen oder zusätzliche externe Unterstützung einzukaufen. Für solche Überlegungen lässt sich die Teamstärke von Abteilungen in der Simulation einfach erhöhen. Dazu wird die angenommene zusätzliche Kapazität von Teams direkt in den Meisterplan-Histogrammen eingegeben. Das Szenariomanagement der Software ist leistungsfähig, Szenarien können beispielsweise hierarchisch gegliedert werden. So lässt sich etwa das Hauptszenario „Externe Unterstützung“ noch in mehreren Varianten mit Unterszenarien verfeinern. Auch neue Projekte können in Meisterplan eingefügt und in der Multiprojektansicht zumindest grob geplant werden. Dabei wird statt eines detaillierten Projektplans einfach der Ressourcenbedarf je Ressource über den Projektverlauf hinweg abgeschätzt. Wer nur einmal grob abwägen möchte, ob ein mögliches neues Projekt noch machbar ist, braucht dieses also nicht zwingend in die detaillierte Projektplanung aufzunehmen. Simulationen umsetzen Meisterplan entkoppelt sich bewusst von der operativen Detailplanung. Damit entfällt auch die Möglichkeit, ein beschlossenes Szenario automatisiert in die operative Planung zu übernehmen. In der Praxis funktioniert dies allerdings ohnehin kaum automatisch, vielmehr gilt es, die Änderungen am Portfolio und damit an den Projekten mit allen Beteiligten abzustimmen. Zu diesem Zweck erstellt Meisterplan einen Änderungsbericht, der alle Änderungen gegenüber der ursprünglichen Portfoliosituation zusammenfasst. Er kann direkt als Umsetzungsrichtlinie genutzt werden, um mit den Beteiligten zu sprechen und konkret abzustimmen, wie sich beispielsweise eine geplante Projektunterbrechung oder der simulierte Austausch von Ressourcen in die Praxis umsetzen lässt. Fazit Ein Portfolio wird optimiert, indem kurzerhand Projekte verschoben oder unterbrochen und Ressourcen ausgetauscht werden. Anschließend reicht ein Klick, um die Änderungen als neue Vorgaben für die Projekte zu übernehmen. Weil diese Automatik in der Praxis kaum funktioniert, versucht Meisterplan erst gar nicht, Dinge automatisch zu regeln. Stattdessen setzt die Software auf den zusammengefassten Daten der vorhandenen Projektplanungen auf und bietet ein hochgradig interaktives und optisch sehr ansprechendes Analysewerkzeug für strategische Szenarien. Das entscheidende Ergebnis dieser Überlegungen ist ein Änderungsbericht, der anschließend eine gute Grundlage für die Umsetzung liefert. Derzeit deckt das Programm lediglich Termin- und Ressourcenaspekte ab - eine vergleichbare Funktionalität für Kosten- und Budgetüberlegungen würde zukünftige Versionen abrunden. Interessant ist die Möglichkeit, neben etablierter Multiprojektmanagement-Software auch Excel zum Datenlieferanten für die Multiprojekt-Ressourcenplanung zu machen. Damit eignet sich die Software nicht nur dafür, die mitgelieferten Portfoliofunktionen leistungsstarker PM-Systeme um interaktive Simulationsfunktionen zu ergänzen. Vielmehr kann Meisterplan auch eingesetzt werden, um den Zahlenfriedhof mancher Excel-Tabellen ansprechend zu visualisieren, zu analysieren und in eine Multiprojektplanung zu starten. Kontakt-E-Mail: MM.Meyer@parameta.de ■ 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 58 WISSEN Abb. 1: Wird ein Projekt markiert, hebt Meisterplan dessen Abhängigkeiten und den Anteil des durch das Projekt hervorgerufenen Ressourcenbedarfs (hellgrün) hervor. ❑ Strategisches Multiprojekt- und Portfoliomanagementwerkzeug ❑ Hochgradig interaktive, intuitive und optisch ansprechende Bedienoberfläche ❑ Zusatzwerkzeug für etablierte Multi-PM-Software ebenso wie Einstiegslösung für das Multi-PM auf Excel-Basis In Kürze PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 58 Projekte scheitern in der Regel nicht an Tools, sondern viel häufiger an der nur schlecht funktionierenden Zusammenarbeit, da sind sich Theorie und Praxis ziemlich einig. Viele Berater und Trainer fokussieren dennoch bei der PM-Qualifizierung und -Optimierung auf Tools, also den sogenannten „harten“ Faktoren. Warum eigentlich? Natürlich, alles ist so schön greifbar. Und viele Trainingsteilnehmer erwarten immer wieder sogenannte „Werkzeugkoffer“. Den Fokus auf die sogenannten „weichen“ Themen zu lenken, ist daher mutig, weil sie nicht so greifbar sind wie die Tools. Dafür sind sie aber aus verschiedenen Gründen sinnvoll und notwendig. In erster Linie geht es darum, die Probleme an der Ursache zu packen, und nicht, unnütze, kosmetische Operationen an den Symptomen vorzunehmen. Für diese Mutigen und Entschlossenen unter uns, aber auch für diejenigen, denen die „Hard Facts“ nicht mehr ausreichen, gibt es nun eine CD mit einem umfangreichen Trainingskonzept über das erfolgreiche Führen von Projekt- Teams. Es basiert auf drei Tagen Grundlagentraining, weiteren drei Trainingstagen zur Vertiefung plus einem (oder mehreren) Followup-Tagen. Man könnte alles eins zu eins übernehmen; es ist sozusagen anwendungsfertig. In der Regel sollte es aber eher als Grundlage für das eigene Konzept oder für Fortgeschrittene in diesem Thema als Ideen-Pool und Ergänzungsmöglichkeit dienen. Aufgrund der direkt verwendbaren Unterlagen, insbesondere der vielen PowerPoint-Folien und Flipchart-Vorlagen sowie unzähligen Übungen, ist die individuelle Anpassung einfach und extrem zeitsparend. So können die Inhalte und der Zeitrahmen an den vorliegenden Auftrag leicht angepasst werden. Die ersten drei Trainingstage vermitteln die Grundlagen des Führungs- und Kommunikationsverhaltens von Projektleitern. Der vierte bis sechste Tag behandelt darauf aufbauend vertiefende Fragestellungen des Führungsverständnisses und -verhaltens, wie etwa die Einstellung und Werte als Projektleiter, Methoden des Delegierens, Feedback und Anerkennung geben, schwierige Gespräche führen. Der Follow-up-Tag bietet Möglichkeiten zur Bearbeitung bisher gemachter Erfahrungen während der Praxisumsetzung. Darüber hinaus werden noch einige spezielle Themen behandelt und Übungen vorgestellt, die mit den Trainingsinhalten der ersten sechs Trainingstage kombinierbar sind. Die umfangreichen Unterlagen bestehen aus knapp dreihundert PowerPoint-Folien, sehr vielen Flipchart-Vorlagen, Übungen, Handouts etc. Weiterhin enthält die CD einen Trainerleitfaden sowie eine individuell anpassbare Excel-Datei mit dem Trainingsdesign (Drehbuch für den Trainer). Es ist hilfreich, wenn die Teilnehmenden bereits Erfahrungen in Projekten gesammelt haben. Die allgemeinen Methoden des Projektmanagements („Hard Facts“) werden bewusst nicht behandelt. Für jeden Trainer, der dieses Thema vermitteln möchte, ist die CD eine hervorragende Investition. Dem zunächst vielleicht etwas hoch erscheinenden Preis stehen Einsparungen von sehr vielen Arbeitstagen zur Trainingsentwicklung gegenüber und man stützt sich auf ein praxiserprobtes und in vielen Trainerjahren optimiertes Konzept. Der Kauf der CD beinhaltet die Trainer-Einzellizenz zur Verwendung der gesamten Unterlagen. Thor Möller ■ projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 59 © 2005 www.first- Zukunft gestalten: Integratives Change- und Multiprojektmanagement für nachhaltige Projekterfolge Vorträge • Best Practice • Networking ibo Trendforum Projektmanagement 21. Januar Hamburg Profitieren Sie von Expertenwissen aus verschiedenen Branchen! Themen • Austausch von Erfahrungen im Umgang mit komplexen Projektfragestellungen • Persönlichkeitsprofile erfolgreicher und integrativer Projektmanager • Stolpersteine bei der Einführung eines Multiprojektmanagements und Ressourcenmanagements überwinden 2014 Info und Buchung 0641-98210-311 T r a i n i n g ibo Beratung und Training GmbH Im Westpark 8 | D-35435 Wettenberg T: +49 641 98210-300 F: +49 641 98210-500 training@ibo.de | www.ibo.de Beratung | Software | Training | Verlag Beratung | Software | Training | Verlag Anzeige Buchbesprechung Projekt-Teams erfolgreich führen Niodusch, Sabine: CD-Trainingskonzept: Projekt-Teams erfolgreich führen. CD-ROM mit Trainer-Einzellizenz, Verlag managerSeminare, Bonn 2013, ISBN 978-3-941965-51-4, EUR 320,- ❑ ESI International GmbH ❑ 2 × GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. ❑ Institut für moderne Managemententwicklung ❑ T. A. Cook & Partner Consultants GmbH ❑ Verlag für die deutsche Wirtschaft ❑ Jahresinhaltsverzeichnis projekt- MANAGEMENT aktuell Wir bitten um Beachtung. Beilagen in diesem Heft PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 59 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 60 NACHRICHTEN ■ Die Fachtagung „SAP Project Management Network” zum Thema „Arbeiten in virtuellen Teams - Segen oder Fluch? ”, durchgeführt von der Schweizerischen Gesellschaft für Projektmanagement (spm) und der SAP (Schweiz) AG, findet am 27. November 2013 in Regensdorf, Schweiz, statt. Weitere Infos: office@smp.ch oder www.spm.ch ■ Das „pma award gala dinner“, veranstaltet von Project Management Austria, wird am 28. November 2013 in Wien, Österreich, stattfinden. Weitere Infos: office@p-m-a.at oder www.p-m-a.at ■ Der „5. Projektmanagement Day: Wir sind agil, was jetzt? “ wird vom ASQF Arbeitskreis Software-Qualität und -Fortbildung e. V. am 28. November 2013 in Erlangen veranstaltet. Weitere Infos: info@asqf.de oder www.asqf.de ■ Der „11. Tiba PM-Tag 2014“ zum Thema „Kompliziertheit und Vereinfachung - zum Umgang mit Komplexität in Projekten“ der Tiba Managementberatung GmbH wird am 22. und 23. Januar 2014 in München durchgeführt. Weitere Infos: pm-tag@tiba.de oder www.projekt management-tag.de ■ The “9 th International Project Management Conference” will be held by the Aryana Industrial & Research Group and Tarbiat Modarres University from 7 th to 9 th of February 2014 in Tehran, Iran. More information: info@iipmc.com or www.allconferences.com/ c/ 9th-internationalproject-management-conference-tehran-2014february-07 (english) ■ Die „15. Jahrestagung Portfolio- und Projektmanagement mit SAP” wird von der T.A. Cook & Partner Consultants GmbH vom 18. bis 20. Februar 2014 in Potsdam durchgeführt. Weitere Infos: K.Wagner@tacook.com oder http: / / de.tacook. com/ conferences/ veranstaltungen/ eventausblick- 2014.html ■ Der Kongress „Projekt Management im Kontext 2014“ wird von GRC projektmanagement, consulting, processmanagement und pma Projekt Management Austria in Kooperation mit dem MCI Management Center Innsbruck am 19. März 2014 in Igls, Österreich, veranstaltet. Weitere Infos: veranstaltungen@p-m-a.at oder www.imkontext.eu ■ The “Project Management Conference 2014”, organized by the Keyano College, takes place on 4 th of March 2014 in Alberta, Canada. Further information: Tel. ++1/ 78 07 91-48 00 or www.keyano.ca/ futurestudents/ ctl/ viewdetail/ mid/ 1322/ itemid/ 12/ d/ 20140304 (english) ■ Die internationale Konferenz „happy projects’14 - ONE Management“ der Roland Gareis Consulting GmbH findet vom 15. bis 16. Mai 2014 in Wien, Österreich, statt. Weitere Infos: S.Prock@rolandgareis.com oder www.happyprojects.at + + + PM-Termine + + + PM-Termine + + + ❙ Zum elften Mal tagte in diesem Jahr die Konferenz des „International Research Networks on Organizing by Projects“ (IRNOP), dieses Mal mit 82 wissenschaftlichen und vielen anderen Vorträgen zu Themen rund um Projektmanagement. Die im Kern zweitägige Konferenz im Juni bot viele Möglichkeiten zum Netzwerken und zur Erweiterung des eigenen Wissens im Bereich des praktischen Projektmanagements und der PM-Forschung. Die Konferenz wurde eröffnet und geleitet von Prof. Jonas Söderlund, Head of the PM Group an der BI Business School. In seiner Einführung erläuterte er die Geschichte der IRNOP-Konferenz, welche auf das Jahr 1994 zurückgeht und damals ebenfalls im nördlichen Teil Europas - in Schweden - durchgeführt wurde. Söderlund schwor die Teilnehmer auf die Wichtigkeit der Forschung ein, welche im Bereich Projektmanagement bereits durchgeführt wurde und welche den Wissenschaftlern und Praktikern noch bevorsteht. Er betonte, dass sich aus diesem Grund die diesjährige Konferenz nicht nur auf das „What? “ konzentriere, also auf die Überlegungen zu den aktuellen und wichtigen Forschungsthemen im Projektmanagement. Vielmehr wurde insbesondere die Perspektive der Forschungsmethodik stärker betont: Das „How? “ sollte die Frage beantworten, wie die Projektmanagementforschung voranschreiten kann und welche Schwierigkeiten dabei zu überwinden sind. Ein gutes Viertel aller Vorträge beschäftigte sich am zweiten Konferenztag ausschließlich mit solchen Themen - elf Vorträge, die den wissenschaftlichen Fortschritt im Bereich des Projektmanagements darstellten. Beide Veranstaltungstage gliederten sich in jeweils vier Tracks: „Innovation“, „People in Projects“, „Knowledge and Learning“ und „Decision Making and Project Success“ waren die so bezeichneten Themenstränge am Montag. Sie waren wiederum zeitlich unterteilt in vier Sessions mit jeweils zwei bis drei Präsentationen. Die große thematische Vielfalt der Präsentationen konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass offenbar Trendthemen das Forschungsgebiet und die verschiedenen Forschungsstränge in ihm überlagern: Aspekte wie Vertrauen und Komplexität waren nicht nur an diesem Konferenztag allgegenwärtig. Häufig lag das Augenmerk der Beiträge auch auf dem „Liminality“ getauften Konzept: einer Betrachtungsweise, in der Projektmitglieder weder richtig zu ihrer eigenen Firma gehören noch direkt zum Unternehmen, in dem das Projekt stattfindet - oder allgemeiner: auf den Komplikationen, die sich in externen Projekten oder Beratungsprojekten ergeben. Der zweite Veranstaltungstag war Rahmen für Forschungsströmungen wie „Scholarship“, „Leadership“, „Governance and Control“ sowie „Project Business and Risk Management“. Die Sessions im Track „Scholarship“ wurden von bekannten Forschern wie Christophe Bredillet moderiert. Im Beitrag von Drouin, Müller und Sankaran wurde diskutiert: „Is Project Management Research Beginning to Sound Like a Broken Record? How Can We Improve Its Rigor? “ Auch damit wurde wortwörtlich der Bedarf an kritischer Auseinandersetzung mit der Projektmanagementforschung an sich deutlich gemacht. - Das sogenannte „Social Event“ des Dienstagabends wurde von der IPMA gesponsert. Thema des Abends waren die urbanen Entwicklungsprojekte in Oslo. Die eigentliche Konferenz wurde eingerahmt von Veranstaltungen wie einem „Doctoral Workshop“, in welchem Jungforscher ihre Ideen und Forschungsvorhaben vortragen und von erfahrenen Projektmanagementforschern kritisieren lassen konnten, sowie einem Tag ausschließlich für das Netzwerken. Während der Abschlussveranstaltung wurden verdiente PM-Forscher geehrt. Awards gingen an Christophe Midler (der „Career Award“ für seine Beiträge zur Forschung im Bereich Projektmanagement in seiner gesamten Karriere), an J. K. Pinto, S. Dawood und M. B. Pinto (für den durch IPMA und PMI gekürten besten Beitrag) sowie an Alexander Budzier und Rik Lightart, die sich den Preis für die beste Präsentation teilten. Helge F. R. Nuhn Mittsommerkonferenz in Oslo PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 60 projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 61 ■ The “PMI ® Global Congress 2014 - EMEA” of the PMI Project Management Institute takes place from 5 th to 7 th of May 2014 in Dubai, UAE. More information: www.pmi.org/ CareerDevelop ment/ Pages/ PMI-Global-Congresses.aspx (english) ■ The “PMI 2014 Research and Education Conference“ by the PMI Project Management Institute will be held from 27 th to 29 th of June 2014 in Portland, Oregon, USA. Further information: Jake. Williams@pmi.org or www.pmi.org/ Knowledge- Center/ Research-Conference.aspx (english) ■ Die Teilnehmer des Seminars „Projektleitertraining“ vom 2. bis 4. Dezember 2013 in Köln lernen, von welchen nicht sachbezogenen Einflussfaktoren der Projekterfolg abhängig ist und welche Verbesserungsmöglichkeiten es in der Zusammenarbeit im Projekt gibt. Sie lernen, mit den unterschiedlichen Praxisproblemen, die im Projektmanagement auftreten können, umzugehen. ■ Die erlebnisaktivierende Methode „Planspiel“ fördert die persönlichen Stärken und Soft Skills sowie die Methodenkompetenz. Das Erleben der eigenen Entscheidungen und deren Konsequenzen im Rahmen der Veranstaltung „Planspiel Führungskompetenzen im Projektmanagement“ am 3. und 4. Dezember 2013 in Berlin stärkt die Handlungskompetenz in komplexen Projektsituationen und damit den Transfer in den Projektalltag. ■ Nach dem Besuch des Workshops „Project Management Offices erfolgreich einführen“ am 9. und 10. Dezember 2013 in Frankfurt a. M. wissen die Teilnehmer, welche Elemente zur Konzeption eines Project Management Offices (PMO) zu ermitteln sind. Sie haben Grundlagen ihrer persönlichen Konzeption erarbeitet. Sie kennen die relevanten Inhalte für Einführung und Betrieb ihres PMO und haben bereits wichtige Eckpunkte dafür definiert. Weitere Informationen zu den GPM Seminaren unter Tel.: 09 11/ 43 33 69-0, E-Mail: seminare@ gpm-ipma.de oder www.gpm-ipma.de Bei diesen Terminen handelt es sich um eine Auswahl der umfangreichen Angebote. Alle Angaben erfolgen nach bestem Wissen, aber ohne Gewähr. GPM Seminare + + + PM-Termine + + + PM-Termine + + + info@cqa.de www.cqa.de Fernlehr-Ausbildung AZAV + ZFU zugelassen QM-Prod. Dienstleister, Gesundheitswesen Beginn: jederzeit Corporate Quality Akademie QB,QM Anzeige Projektmanager ON demand www.TRConcept.eu T +49.89.38 666 183 G P M - Z e r t i f i k a t P R O J E K T M A N A G E R n a c h I P M A m i t Anzeige ❙ Von Mai 2013 bis November 2015 läuft am Institut für Organisationspsychologie, München, in Kooperation mit der Universität St. Gallen und der TU Braunschweig das Forschungsprojekt „Impact! - motivorientierte Kommunikation und Community Building“. Untersucht wird die Wirkung eines Kurzzeit- Coachings. Es soll Führungskräfte, Changemanager und Projektleiter unterstützen, Changeprojekte, Strategieprojekte und Innovationsprojekte erfolgreich zu gestalten. In vier bis fünf Coaching-Sitzungen werden vierzig Coachees ihre strategischen Fähigkeiten entwickeln, um wichtige „Drahtzieher“ für ihre Vorhaben zu begeistern und das Risiko von „Grabenkämpfen“ und Veränderungswiderständen zu reduzieren. Der Schlüssel dazu liegt in der Erkenntnis unbewusster Motive. Wissenschaftliche Grundlage des Coaching-Konzepts bilden Erkenntnisse aus der Motivationspsychologie und der Erforschung von Projektverläufen bei Change und Innovation. Die etwa zweistündigen Coaching-Sitzungen führen professionelle und zertifizierte Coaches in Deutschland, in der Schweiz und Österreich durch. Zwischen den Sitzungen wenden die Coachees ihre Erkenntnisse an und bauen neue Erfahrungen auf, ebenfalls unterstützt durch die Coaches. Am Institut für Organisationspsychologie wurde der neue Ansatz unter Leitung von Diplom-Psychologin Monika Wastian bereits mit Erfolg getestet. Zur nun startenden Hauptuntersuchung können sich Coachees und Unternehmen ab sofort bewerben. Im Gegenzug zur Teilnahme an der Untersuchung erhalten Coachees die Coachings inklusive persönlicher Motivauswertung deutlich vergünstigt. Teilnehmende Unternehmen erhalten zusätzliche Vergünstigungen. Die Datenerhebung erfolgt in Kooperation mit dem Lehrstuhl von Prof. Simone Kauffeld, TU Braunschweig, wo ebenfalls schon seit vielen Jahren zu Coaching geforscht und gelehrt wird. Weitere Informationen sowie Anmeldung: www.inforp.com/ aktuelles sowie E-Mail: info@inforp.com Coaching-Forschungsprojekt startet „Projektmanagement in der Windenergie“ am 22. November 2013 an der Fachhochschule Westküste in Heide ❙ Zwei Impulsreferate mit anschließender Diskussion werden sowohl die aktuelle politische Lage nach der Bundestagswahl und den Koalitionsverhandlungen wie auch konkret die Entwicklung des Projektmanagements in der Windenergie analysieren. Projektmanager, Akteure und Verantwortungsträger der Branche sind eingeladen und melden sich an unter der E-Mail-Adresse: pm-windenergie@gpm-ipma.de. Veranstaltungshinweis PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 61 künftigen Exportschlagers Deutschlands gebracht. Wenn das so sein soll, so sind viele internationale Projekte zu erwarten. Für sie muss schon heute der Grundstein gelegt werden. Sind die in Deutschland erarbeiteten Lösungen sehr eng an die politischen, wirtschaftlichen wie auch klimatischen Verhältnisse in Deutschland gekoppelt, kann man sie nicht exportieren. Hier gilt es, nicht nur ein Problem zu lösen (der ökologische Aspekt der Energiewende), sondern auch Problemlösungskompetenz aufzubauen (der wirtschaftliche Aspekt der Energiewende). Die flächendeckende Projektmanagementkompetenz der Branche bildet sich eher langsam heraus - gemessen an der hohen Erwartungshaltung und der Ungeduld, die 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 62 Prof Proje Entwicklung von Windkraftanlagen Projektmanagement wird die dominierende Organisationsform in der Produktentwicklung bleiben, wie es auch viele andere Branchen erfolgreich vorleben. Branchenspezifische Methoden und Vorgehensweisen gilt es aber noch zu standardisieren. Auch über die Vor- und Nachteile der integrierten Technologie- und Produktentwicklung wird noch zu entscheiden sein, was Art und Umfang künftiger Projektteams stark prägen wird. Projektierung von Windparks (on- und offshore) Die Planung und Projektierung von Windparks bleiben typische Projektsituationen. Projektphasen wie die Machbarkeitsstudien, Kalkulation und Budgetierung oder das Durchlaufen von Genehmigungsverfahren sind aber - insbesondere im Offshore-Bereich - ganz anders ausgeprägt als in bisher bekannten Bereichen der Baubranche. Mangelnde Erfahrungswerte (im Vergleich zu etablierten Branchen) und Mega-Budgets erfordern besondere Planungssorgfalt. Produktion von Windkraftanlagen Projektmanagement war lange auch die vorherrschende Organisationsform in der Fertigung, solange die geometrischen Abmessungen der Komponenten und kaum vorhandene Erfahrungen im Umgang damit eine Betreuung jedes einzelnen Produktes erforderlich machten. Die inzwischen deutlich gestiegenen Stückzahlen erzwingen heute eine Abkehr von der Projektorganisation in den Fertigungsbereichen, wobei sich Folgestrukturen noch nicht etabliert, geschweige denn stabilisiert haben. Einzelne Bestandteile der Projektarbeit werden langfristig erhalten bleiben. Errichtung von Windkraftanlagen und ganzen Windparks Jedes Windparkprojekt enthält ein integriertes Logistikprojekt, das durch Großraum- und Schwerlasttransporte gekennzeichnet ist. Die Errichtung selbst ist noch stärker wetterabhängig als viele andere Bauprojekte unter freiem Himmel. Der starke Einfluss von Fremdkapitalgebern und Förderrichtlinien erzeugt zusätzlichen Termindruck. Betrieb von Windkraftanlagen und ganzen Windparks Die über Jahrzehnte andauernde Betriebsphase wird durch Wartungs- und Instandhaltungszyklen geprägt. Ähnlich dem Produktionsbereich gestattet die stark steigende Anzahl der in Betrieb befindlichen Anlagen eine zunehmende Standardisierung der Abläufe und damit eine Abkehr vom früheren projektähnlichen Arbeiten. Zeitliche Häufungen durch die ungleichmäßige Verteilung von Errichtungsterminen sowie die starke Witterungsabhängigkeit werden aber auch langfristig Planungs- und Steuerungsansätze des Projektmanagements erfordern. Hinzu kommen zunehmend größere Projekte des Re-Powering, in denen die Projekte zur Anlagenerrichtung die Betriebsphase eines Anlagenstandortes grundlegend ändern. Tab. 1: Projektmanagement prägt die Windenergie in vielfältiger Weise NACHRICHTEN ❙ In einem Land mit der Industrialisierung und dem Energieverbrauch wie Deutschland die Kernenergie vollständig durch erneuerbare Energien zu ersetzen, kann nur eine Schnapsidee sein. So urteilen zumindest viele Länder. Aber nur wenige sprechen es auch so deutlich aus. Sehr viele hingegen beobachten sogar sehr genau unsere politischen und wirtschaftlichen Fortschritte in diesem Bereich und glauben, wenn die Deutschen es versuchen, könnte es sogar klappen. Ob es denn wirklich funktioniert, wird - nicht nur, aber ganz maßgeblich - von der Professionalität des Projektmanagements abhängen. Und das sogar in dreierlei Hinsicht. Zunächst muss die Energiewende politisch gewollt und zentral gesteuert bleiben. Das schließt einen ehrgeizigen wie auch realistischen Terminplan und dessen finanzielle Absicherung mit ein. Das ist eines der ganz wichtigen politischen Großprojekte, dessen Verlauf nicht nur über die Stabilität der Arbeit der frisch gewählten Bundesregierung mitentscheidet. Zum zweiten ist auch die Operationalisierung der Energiewende ganz wesentlich von Projekten geprägt. Viele Windkraftanlagen, aber auch andere erneuerbare Energie liefernden Anlagen müssen errichtet werden. Logistik- und Bauprojekte, teils in privater, teils in öffentlicher Hand, prägen die Projektlandschaft. Der Netzausbau kommt hinzu. Und nicht zuletzt wird der Begriff der Energiewende immer öfter in Zusammenhang mit dem Begriff des Projektmanagement in der Windenergie PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 62 projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 63 In diesem MBA Programm lernen Sie von Top Professoren und Experten aus der Praxis herausfordernde Projekte erfolgreich zu meistern. Sprache: Englisch Dauer: 18 Monate, Berufsbegleitend (geblockte Einheiten) Ort: Wien, Österreich Start: Oktober Kontakt: WU Executive Academy Wirtschaftsuniversität Wien pmba-pm@wu.ac.at, +43-1-313 36-5405 executiveacademy.at/ pmba Professional MBA Project Management Anzeige in diesem Bereich herrschen. Der schnell wachsende Personalbedarf der Branche wurde mit Experten verschiedenster Herkunft gedeckt. Erfahrungsträger aus der Baubranche, dem Automobilbau, der interdisziplinären Produktentwicklung und dem Finanzsektor aus dem In- und Ausland haben Verantwortung in Projekten und Linienverantwortung übernommen. Mit den Akteuren werden die so dringend benötigten Erfahrungswerte aus anderen Branchen in die Windenergie getragen. Das ist ebenso sinnvoll, wertvoll und notwendig - wie auch problematisch. Dem Transferprozess, der noch nicht einmal abgeschlossen ist, wird ein Harmonisierungsprozess folgen müssen. Unternehmensstandards sind, sofern schon vorhanden, noch nicht so weit stabilisiert, dass sie als Basis zur Ableitung von Branchenstandards taugen. Die noch junge Branche ist noch auf der Suche nach ihrer Best Practice, auch und gerade im Bereich des Projektmanagements. Steffen Rietz Abb. 1: Windkraftanlagen - überwiegend von der Bevölkerung unterstützt und daher zunehmend prägend in unserem Landschaftsbild Foto: Steffen Rietz PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 63 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 64 GPM INTERN ❙ Am Samstag, dem 14. September 2013, fand in Augsburg der mittlerweile 3. Methodentag Projektmanagement am ZWW der Universität Augsburg statt. Auch wenn das Schwerpunktthema in diesem Jahr Projektkrisen waren, wollten wir mit einem positiven und erfolgreichen Projekt beginnen. Den fulminanten Start lieferte die Keynote „projekt augsburg city - Transparenz und Information sind nicht umsonst“ von Monika Harrer- Jalsovec und Ekkehard Schmölz vom Medien- und Kommunikationsamt der Stadt Augsburg. Das projekt augsburg city (PAC) bezeichnet die umfassendste und größte Umgestaltung der Augsburger Innenstadt seit mehreren Jahrzehnten. Neben einer Vielzahl von Infrastruktur-Projekten wie dem Neubau des zentralen Umsteigeknotens des ÖPNV, der Erweiterung des Straßenbahnliniennetzes oder der Untertunnelung des Hauptbahnhofes beinhaltet das Projekt eine Aufwertung und Rückgewinnung der Straßen und Plätze für die Menschen. Harrer-Jalsovec und Schmölz stellten dar, wie auch in Deutschland ein so großes Projekt mithilfe geplanter und transparenter Kommunikation erfolgreich durchgeführt werden kann. Dies wurde in Augsburg auch dadurch erleichtert, dass die Arbeiten termingerecht durchgeführt wurden. Der zentrale Umsteigeknoten wird zum Beispiel nach zweijähriger Bauzeit termingerecht im Dezember 2013 übergeben. Für die öffentliche Wahrnehmung und damit den Erfolg eines solchen Großprojekts ist die transparente und zielgerichtete Einbindung und Information aller Betroffenen jedoch entscheidend. In Augsburg wurde dies durch eine auf die Zielgruppen ausgerichtete Kommunikationsstrategie erreicht. Nach diesem Vortrag teilten sich die Teilnehmer in die verschiedenen Workshops auf. In drei Zeitblöcken und zehn Vorträgen und Workshops wurde der Komplex „Projektkrisen“ bearbeitet. Ein Schwerpunkt wurde dabei darauf gelegt, dass Wissen nicht nur vermittelt, sondern in Workshops auch erfahrbar gemacht wurde. Folgende Workshops wurden angeboten und von den Teilnehmern mit großem Engagement angenommen: ❑ Thomas Luister: Krisenprävention im Zeitalter von Web 2.0 ❑ Manfred Damsch: Innovationskraft im Unternehmen und Krisenanfälligkeit im Projekt ❑ Joane Huang: Internationale Kommunikation - Konfliktpotenziale bei internationalen Projekten ❑ Maximilian May: Projekte in der Krise abbrechen - planvoller Umgang mit dem Unplanbaren ❑ Brigitte Dost-Tauschl: Projektcoaching - ein wichtiger Baustein zum erfolgreichen Projekt! ❑ Elisabeth Wagner: Krisenkommunikation ❑ Andreas Renner: Neue Motivation in Projektkrisen schaffen ❑ Uwe Techt: Critical Chain als Ansatz der Krisenlösung ❑ Sonja Rechthaler: Kommunikation in Veränderungsprojekten ❑ Heinz Hütter: Projektkrisenverlauf - Bearbeitung eines Fallbeispiels Mit diesem Angebot, welches übrigens von den Teilnehmern selbst zusammengestellt werden konnte, ist es dem pm-forum Augsburg wieder einmal gelungen, einen spannenden Tag mit Themen und Methoden des Projektmanagements zu füllen. Der Erfolg dieses Tages ist vor allem dem großen Engagement der ehrenamtlich tätigen Mitglieder des Orgateams zu danken - heute hier insbesondere zu nennen: Heinz Hütter als Programmleiter, Michael Trommer für die Abrechnung und finanzielle Machbarkeit und Dr. Gerhard Wilhelms mit seinem fleißigen ZWW- Team als Veranstaltungsleiter. GPM Mitglieder: 6.400 Davon Firmenmitglieder: 330 Teilnehmer am Lehrgang „Projektmanagement-Fachmann“: 21.253 Durch PM-Zert vergebene Projektmanagement-Zertifikate insgesamt: 31.000 Stand: 31.10. 2013 + + + + + + + + + + + + + + + 3. Methodentag Projektmanagement in Augsburg zum Thema Projektkrisen ❙ Die GPM intensiviert seit geraumer Zeit ihr Engagement, das Thema „Projektmanagement“ in der schulischen und universitären Ausbildung stärker zu etablieren (Basiszertifikat für Studenten, „PM macht Schule“ etc.). Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr konnte Dr. Claus Hüsselmann, GPM Vorstand Wirtschaft, am 12. 9. 2013 den interessierten Teilnehmern des Software Campus im Scheer Tower in Saarbrücken aktuelle Themen rund um das Projektmanagement sowie die GPM und ihr Angebot vorstellen. Der Software Campus (www.soft warecampus.de) bildet die IT-Führungskräfte von morgen aus. Er verbindet in einem neuartigen Konzept Spitzenforschung und Praxisnähe und richtet sich an exzellente Master- und Promotionsstudierende der Informatik sowie informatiknaher Disziplinen. In enger Zusammen- GPM stellt ihr Angebot beim Software Campus vor arbeit mit leistungsstarken Partnern aus Industrie und Forschung entwickeln die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Software Campus innovative IT-Forschungsprojekte und profitieren von einer individuellen Führungskräftequalifizierung. Die Resonanz und das Interesse stimmen optimistisch, dass das Thema „Projektmanagement“ sich in den Arbeiten der Studierenden wiederfinden wird. Uns Hier und pers tiere Ihre Erfo 1-tä Teiln Term 06.1 24.0 Auf Meh www Durch die Zu von F Pr em 18401_ANZ_ProBerKonHanEmp_Schirm_A4_4c.indd 1 08.10.13 12: 35 PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 64 Unser Seminarangebot für Fach- und Führungskräfte Alles wird leicht. Kompetenz für Fach- und Führungskräfte Zukunftsgestaltung für Unternehmen Hier stehen Sie und Ihr Projekt im Mittelpunkt: Sie stellen Ihre Projektsituation vor und erhalten wertvolle Impulse für die Optimierung Ihrer Projektarbeit und für Ihre persönliche Weiterentwicklung. Verwandeln Sie Stolpersteine in Startblöcke: Profitieren Sie von der Kompetenz und Erfahrung unserer beiden Experten, erweitern Sie Ihre Handlungsfähigkeit im Projektmanagement und bringen Sie Ihr Projekt auf die Erfolgsspur. 1-tägiges Training, Trainer: Uwe Wainors und Thorsten Reichert Teilnahmegebühr: n 820,- zzgl. MwSt. ( n 975,80 inkl. MwSt.) Termine und Orte: 06.12.13 in Düsseldorf 24.03.14 in Frankfurt a. M. Auf Wunsch bei Ihnen vor Ort durchführbar. Mehr Informationen und Buchung unter: www.haufe-akademie.de/ 7318 Durch passgenaue Lösungen und einzigartige Services erleichtert die Haufe Akademie die Zukunftsgestaltung von Unternehmen und die kontinuierliche Kompetenzerweiterung von Fach- und Führungskräften. www.haufe-akademie.de Projektberatung: Konkrete Handlungsempfehlungen für Sie und Ihr Projekt 18401_ANZ_ProBerKonHanEmp_Schirm_A4_4c.indd 1 08.10.13 12: 35 PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 65 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 66 GPM INTERN Veranstaltungen der GPM Regionen GPM Region Veranstaltung/ Referent Ort Termin Berlin 1. Berliner PM-LAN - Regionalgruppenveranstaltung im Open Space-Format PM-Update vor Ort: Info-Sprechstunde für Berliner Projektmanager GPM Hauptstadtrepräsentanz, Kontorhaus, Foyer/ Konferenzraum, Charlottenstraße 65, Berlin GPM Hauptstadtrepräsentanz, Kontorhaus, Foyer/ Konferenzraum 27.11.2013 18.00-21.00 Uhr 26.2.2014 18.00-19.00 Uhr Dortmund/ Ruhrgebiet und Düsseldorf/ Rhein-Ruhr Drei Monate A40-Vollsperrung, kein Tag Chaos - Ein Projekt, das auch in seiner politischen Brisanz nicht zu unterschätzen war; Annegret Schaber, Landesbetrieb Straßenbau.NRW., Projektleiterin Abteilung Bau, Regionalniederlassung Ruhr, Bochum IT.NRW, Mauerstraße 51, Düsseldorf 9.12.2013 18.30-20.30 Uhr Frankfurt/ Rhein-Main Stakeholdermanagement als kritischer Erfolgsfaktor fürs Projekt - Interessierte Projektparteien: ihr Einfluss und ihre Macht; Dipl. Betriebswirtin Katja Mayer; Dipl. Ingenieur Thomas Bärmann Commerzbank AG, Estrella 1, Vortragsraum im Erdgeschoss, Theodor-Heuss-Allee 44-46, Frankfurt am Main 5.12.2013 18.00-19.30 Uhr Hannover Restrukturierung des Vertriebsmanagements für Mobile und Ticketing Solutions; Manuel Mundl, Höft und Wessels, Projektleiter Projekt Einführung Neues Hauptbuch und Konsolidierung; Sissi Zimmermann-Clausen, enercity Hannover, Projektleiterin Hochschule Hannover, Raum 100, Ricklinger Stadtweg 120, Hannover Hochschule Hannover, Raum 100 9.12.2013 18.30 Uhr 17.2.2014 18.30 Uhr Mannheim/ Ludwigshafen Neuer Flugsteig für Airbus A380 - Großinvestition am Frankfurter Flughafen; Gregor Oleniczak, Fraport AG, Frankfurt Kleinteilige Prozesse, Tausende von Elementen und Tausende von Tonnen; Andreas Goetz, bauserve GmbH, Geschäftsführer, Frankfurt/ M. Hochschule Mannheim, Paul-Wittsack- Straße 10, Mannheim Hochschule Mannheim, Gebäude L, Raum 112 12.12.2013 18.00-20.00 Uhr 26.2.2014 18.00-20.00 Uhr Würzburg Annahmeprüfung und Bestätigungsprüfung von Koordinatenmessgeräten (KMG) nach DIN EN ISO 10360 - Betriebsbesichtigung und Vortrag; Bernd Kirchner, WENZEL Präzision GmbH, Qualitätsleiter, Wiesthal WENZEL Group GmbH & Co. KG, WERK 1, Werner-Wenzel-Straße, Wiesthal 9.12.2013 18.15-21.00 Uhr Weitere Infos und Anmeldung: www.gpm-ipma.de Firma Hauptgeschäftsgebiet PM-Aufgaben und -Bedeutung Erwartungen an die GPM ekom21 - KGRZ Hessen www.ekom21.de pm21@ekom21.de BSI-zertifizierter Full-Service-IT-Dienstleister für Kommunen und die öffentliche Verwaltung sowie für privatwirtschaftliche Unternehmen. Zum Portfolio gehören neben den IT-Service-Leistungen wie Hosting, Housing, Providing, Datenarchivierung und Hardware-Beschaffung auch sämtliche Software-Fachverfahren, die das Bedarfsspektrum der Kunden abbilden. Durch gesetzliche Termine und technische Innovationen getrieben hat Projektmanagement eine entsprechend hohe Bedeutung in der ekom21. Die Aufgaben der PMO umfassen: ❑ Erarbeiten und Weiterentwickeln von Projektmanagement-Standards ❑ Coaching der Projektleiter und Mitarbeiter ❑ Schulungs-, Beratungs- und Informationsveranstaltungen ❑ Information und Kommunikation zwischen Projekten und Unternehmensorganisationseinheiten ❑ Projektcontrolling und -reporting ❑ Projektportfoliomanagement ❑ Standardisierung von qualitätsgesichertem Vorgehen in Projekten ❑ Projektassistenz und Projektleitung ❑ Vernetzung und Know-how- Gewinn ❑ Erweiterung und Ergänzung durch neue/ alternative Denkmodelle ❑ Strukturelle Optimierung hinsichtlich Methodik und Prozesssteuerung ❑ Weitergabe der eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse + + + + + + + + + Neue Firmenmitglieder stellen sich vor … + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 66 PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 67 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 68 GPM INTERN Firma Hauptgeschäftsgebiet PM-Aufgaben und -Bedeutung Erwartungen an die GPM GBM Gesellschaft für Beratung und Management im Bauwesen mbH www.gbm-essen.de Rainer Reimers, Reimers@gbm-essen.de GBM ist als Dienstleister in allen Bereichen des Projektmanagements tätig. Ein weiteres zentrales Sachgebiet umfasst die komplette Durchführung der Vergabeverfahren VOF/ VOL / VOB. Projektleitung/ Projektsteuerung im Anlagenbau (Pharma, Chemie)/ Infrastrukturprojekte DE-Implementierung einer Managementform, die ein koordinierendes, partnerschaftliches Vorgehen aller Projektbeteiligten fördert und vor allem die Auftraggeberziele - Qualität, Kosten und Termine - sicherstellt Gehring Technologies GmbH www.gehring.de Stefan Altenburger Stefan.Altenburger@gehring.de Als global tätiges Maschinenbauunternehmen bieten wir unseren Kunden mit unseren Honmaschinen und Honprozessen die optimale Lösung für ihre hochpräzisen Anforderungen. Von der Schneidleiste über das Werkzeug bis hin zu Maschine und Service erhalten sie bei uns alle Leistungen aus einer Hand. Erzeugung maximaler Kundenzufriedenheit durch Planen, Steuern und Überwachen von strukturierten Arbeitsabläufen unter Berücksichtigung der unternehmerischen Zielidentität ❑ Networking ❑ Erfahrungsaustausch mit Einblick in unterschiedliche Unternehmungen ❑ Präsentation, Erfahrungsberichte und Bereitstellung von Testversionen neuer PM-Tools GETRAG GmbH & Cie KG www.getrag.com Andreas Trommer Andreas.Trommer@getrag.com GETRAG ist der größte unabhängige Systemlieferant für Pkw-Getriebe- und Antriebssysteme weltweit. Das Unternehmen stellt sowohl Doppelkupplungsgetriebe als auch manuelle Getriebe her und bietet verschiedene Möglichkeiten der Hybridisierung von Getrieben. PM ist ein zentrales Element unseres TIP (Transmission Implementation Process). Das Project Management Office ist das Kompetenzcenter für PM-Methoden und -Tools und die globale Lessons Learned Database. Methodische Weiterentwicklung des PM und der angewandten Systeme HR-Arena GmbH www.hr-arena.de Romana Wolfram, info@hr-arena.de Personalentwicklung von Fach- und Führungskräften Bei unseren Konzepten der Personalentwicklung spielt die Aus- und Weiterbildung von zertifizierten Projektmanagement-Kompetenzen eine wichtige Rolle. Wir erwarten von der GPM aktuelle Informationen zu relevanten PM-Themen und den Ausbau unseres Netzwerkes. Projektivisten GmbH www.projektivisten.com Reinhard Wagner info@projektivisten.com Die Projektivisten unterstützen Personen, Projekte und Organisationen bei der Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit, insbesondere in den Bereichen des Projekt- und Prozessmanagements. Projektivisten, das ist die Kurzform von „Projekt-Aktivisten“. Bei uns dreht sich alles ums Projekt. Wir sind u. a. aktiv als Berater, Trainer, Coach, Moderator, Lernbegleiter, Projektkoordinator oder Netzwerkpartner. Wir wollen uns bei der GPM auch weiterhin aktiv einbringen und gemeinsam mit der Community das Projektmanagement weiterentwickeln. Die GPM bietet hierfür eine geeignete Plattform an. + + + + + + + + + Neue Firmenmitglieder stellen sich vor … + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + Neue studentische Mitglieder J. Breberina (Kaufering), J. Froitzheim (Dormagen), F. V. Gerretz (Aachen), T. Hahn (Tönisvorst), C. Hils (Lippstadt), T. Knoll (Herxheim), E. Lichonin (Papenburg), J. Malinowski (Hannover), F. Michael (Aachen), N. M. Schlattmann (Aachen), M. Staszewski (Köln), D. F. von Kocemba (Odderade), K. Wangerow (Aachen), R. Willnow (Magdeburg) Neue persönliche Mitglieder K. Appel (Buochs), S. Pannenbecker (Lippstadt), T. Steinwede (Friedrichsdorf), O. Boeff (Köln), S. Schneider (Sonnen), G. Walcher (Blaustein), C. Schubert (Jockgrim), A. Wittwer (Würzburg), S. Engel (Frankfurt), A. Schröter (Hamburg), C. Huebner (Frankfurt), S. Kapsammer (Bamberg), C. Kittisonthirak (Osnabrück), J. Hagemann (Berlin), P. Jacob (Unterhaching), H. Haese (Wedel), M. J. Langhammer (Hamburg), M. Prskalo (Koblenz), B. Albrecht (Köln), W. Azadi (Flörsheim), R. Kirstein (Cleebronn), E. Tews (Frankfurt), H.-L. Blöcher (Ulm), A. Hennerici (Hürth), A. Weber (Köln), M. Schommer (Ludwigshafen), R. Scholz (Frankfurt), O. Niese (Edingen-Neckarhausen), W. Prüfer (Rottendorf), J. Braun (Hamburg), G. Schneider (Hamburg), R. Kellermann (Nürnberg), J. Reinders (Krefeld), S. Stumpf (Gummersbach), M. Ennulat (Röthlein), C. Herrmann (Schwentinental), A. Zimek (Göttingen), M. Merz (München), E. Babnik (Wien), M. Parschau (Hamburg), K. Huber (Pfinztal), R. Himmel (Baden), M. Baumann (Frankfurt) Neue korporative Mitglieder S. Altenburger (Ostfildern), M. Griguscheit (Karlsruhe), O. Hüttig (Bad Homburg v. d. Höhe), R. Schmidt (Kempten), M. Raab (Mainz), C. Schlick (Aachen), A. Trommer (Untergruppenbach), T. Stüber (Kiel), M. Engelhardt (Stuttgart) + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 68 projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 69 SPM INTERN tenzelemente etwas weniger erfolgskritisch sind. Es gibt folglich im Eventmanagement keine unwichtigen Kompetenzen und diese Erkenntnis wird auch durch die Literatur gestützt. Gute Eventmanagerinnen und -manager sind also Generalisten mit ausgeprägten Führungs- und Kommunikationsfähigkeiten. Emotionelle Werte und Erlebnisse, wie sie ein Event hervorbringen will, müssen im Team gelebt und erfahren werden. Dazu braucht man engagierte Eventmanagerinnen und -manager, die es verstehen, ihre Motivation auf das Team zu übertragen. Hohe Sozial- und Verhaltenskompetenzen sind unabdingbar für den Projekterfolg, während Methodenkompetenz den Sockel für eine einwandfreie Eventorganisation und -durchführung bildet. Lucia Nievergelt, Daniel Baumann ❙ Event-Projekte stellen besondere Anforderungen an das Projektmanagement. Aufgrund ihres Projektumfelds sind solche Projekte oft unerwartet komplex. Die Terminziele verursachen meist hohen Zeitdruck und die Freiheitsgrade in der Projektsteuerung sind eingeschränkt. Die Messung des Projekterfolgs ist schwierig, denn Event- Projekte schaffen immaterielle Werte, wie Emotionen, Image oder Identifikation. Eventmanagement schließt alle Aspekte des Projektmanagements ein, klassische Projektmanagementmethoden sind aber nur teilweise zielführend. Über die spezifischen Anforderungen an Eventmanagerinnen und -manager ist wenig bekannt. Im Rahmen einer Bachelor-Arbeit wurden am Institut für Facility Management der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften die spezifischen Anforderungen im Eventmanagement untersucht. Aus Literaturhinweisen, Expertenerfahrungen und den Praxiserfahrungen, welche durch die Organisation und Durchführung eines Events von mittlerer Komplexität (ca. 2.500 bis 3.000 Teilnehmer, ca. CHF 100.000 Budget, 15 Projektteammitglieder) gesammelt wurden, wurde ein idealtypisches Kompetenzprofil für Eventmanagerinnen und Eventmanager abgeleitet. Als Grundlage für die Erstellung dieses Profils diente das Kompetenzmodell für Projektmanager der IPMA Competence Baseline 3.0 (IPMA, 2006). Der Fokus lag dabei auf den technisch-methodischen und den Verhaltenskompetenzen, während nur die relevanten Kontextkompetenzen berücksichtigt wurden. Während die Literatur keine spezifischen Hinweise für ein idealtypisches Kompetenzprofil für Eventmanagerinnen und Eventmanager gibt, lassen sich aus den Expertenmeinungen und Praxiserfahrungen konkrete Aussagen ableiten. Bei der Charakterisierung eines Profils für Eventmanagement-Fachleute muss dabei zwischen Grundhaltungen und eigentlichen Kompetenzen unterschieden werden. Als wichtige Grundhaltungen wurden ein einwandfreies ethisches Verhalten, von Wertschätzung und Offenheit geprägter Teamgeist und ein sehr hohes Engagement identifiziert. Bei den Kompetenzen sind es die ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit, ein motivierendes Führungsverhalten, Stakeholdermanagement, aber auch Problemlösungsfähigkeit und Konfliktmanagement, die gute Eventmanagerinnen und -manager auszeichnen. Während im kommerziellen Eventmanagement Finanzkompetenz, Controlling, Berichtswesen, Durchsetzungsvermögen und Personalmanagement eine hohe Bedeutung haben, sind es in einem von Idealismus und Ehrenamtlichkeit geprägten Umfeld eher die Teamarbeit, Kreativität, Ressourcenmanagement und ein ergebnisorientiertes Vorgehen, das Eventmanagerinnen und Eventmanager brauchen. Eine Analyse der Bedeutung von Kompetenzen in den verschiedenen Phasen eines Event-Projekts zeigte, dass die Planungs- und Konzeptphase sowie die Realisierungsphase besonders wichtig sind und höchste Kompetenzanforderungen stellen. Die Untersuchung zeigte aber auch, dass Kompetenzdefizite in einem Bereich bis zu einem gewissen Grad durch andere Kompetenzen kompensiert werden können. Sowohl die Eventmanagement-Profis wie auch die befragten Projektteammitglieder maßen allen Kompetenzelementen der IPMA Competence Baseline 3.0 eine Bedeutung zu, sei es, dass die klassischen PM-technischen Kompe- Eventmanagerinnen und -manager brauchen spezielle Kompetenzen Kontakt ❙ spm-Geschäftsstelle, Flughofstraße 50, CH-8152 Glattbrugg, Tel.: ++41/ 44/ 8 09 11 70, E-Mail: spm@spm.ch Eventmanagement ist harte PM-Arbeit, dazu gehört aber auch Spaß im Team. Foto: Jonas Erni PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 69 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 70 PMA INTERN 2 Worte zur Bedeutung von Mobilität im Projektmanagement: Immer wichtiger. 1 Tipp für ProjektmanagerInnen, um mit den steigenden Mobilitätsanforderungen mithalten zu können: Physische und mentale Fitness trainieren sowie neugierig und lernbereit bleiben, aber auch rechtzeitig Pausen einlegen und „Nein“ sagen - damit man nicht irre statt mobil wird. Stakkato. pma Vorstandsvorsitzende Brigitte Schaden zum Thema „Mobilität im Projektmanagement“ ❙ Über 400 BesucherInnen nahmen am Projektmanagement-Kongress pma focus 2013 teil, um sich mit dem Thema „Mobilität im Arbeitsalltag von Projektmanager- Innen“ ausführlich auseinanderzusetzen. Beleuchtet wurden unter anderem Strategien, wie man den steigenden Mobilitätsanforderungen gerecht wird - ohne dabei auszubrennen. Wie Teams für das „mobile Business“ aufgestellt sein sollten. Wie man die Vielfalt in Teams optimal nützt. Weiters welche HR-Entwicklungsprogramme es in Zukunft bräuchte für mobile, global agierende Arbeitskräfte. Und last but not Flash! pma im Blitzlicht - Vielfalt, Veränderung und Vermischung Foto: pma Kontakt ❙ PROJEKT MANAGEMENT AUSTRIA, Palais Schlick, Türkenstraße 25/ 2/ 21, A-1090 Wien, Tel.: ++ 43 / 1/ 319 29 21-0, Fax: ++ 43 / 1/ 319 29 21-29, E-Mail: office@p-m-a.at, www.p-m-a.at least: Wie man sich trotz Niederlagen und Schicksalsschlägen seine psychische und physische Mobilität erhält. Eindrucksvoll dazu auch die Abschluss-Keynote von Thomas Geierspichler, Rennrollstuhl-Olympiasieger, der in seinem Vortrag ein Plädoyer für die Eigenverantwortung hielt. Foto: pma Die Keynote von Diversity-Expertin Beatrice Achaleke hat den TeilnehmerInnen beim pma focus 2013 einen guten Einstieg in den Themenkomplex „Mobilität und Diversity“ gegeben. ■ pma award - 28.11.2013: Im Rahmen des pma award gala dinners werden der „pma junior award“ vergeben und der „Project Manager of the Year“ gekürt. ■ pma quarterly - 13.1.2014: Hirnforscher Bernd Hufnagl referiert über hirngerechtes Arbeiten. Details und Anmeldungen: www.p-m-a.at + + + Was tut sich ? pma Aktivitäten + + + 3 Worte zur Beschreibung von Mobilität: Beweglichkeit, Flexibilität, Offenheit Firma Hauptgeschäftsgebiet PM-Aufgaben und Bedeutung Erwartungen an pma REWE International AG Industriezentrum NÖ Süd, Straße 3, Objekt 16 A-2355 Wiener Neudorf Mag. Sabine Thaler Bereichsleiterin Projekt- und Prozessmanagement S.Thaler@rewe-group.at www.rewe-group.at REWE International AG ist Marktführer im heimischen Lebensmittel- und Drogeriefachhandel mit BILLA, MERKUR, PENNY, BIPA und ADEG und in Italien, Bulgarien, Kroatien, Rumänien, Russland, der Slowakei, Tschechien und der Ukraine vertreten. Für REWE International AG ist Projektmanagement eine Kernkompetenz für das zielgerichtete Umsetzen von größeren Vorhaben. Ein Team von erfahrenen ProjektmanagerInnen gewährleistet ein standardisiertes Vorgehen unter der Berücksichtigung von interkulturellen Besonderheiten und einer lösungsorientierten Kommunikation. Die pma bietet unseren ProjektmanagerInnen ein Netzwerk von kompetenten SpezialistInnen aus verschiedenen Branchen zum Meinungs- und Erfahrungsaustausch. Unser Unternehmen ist damit in den klassischen Standardtechniken am Puls der Zeit. Gebrüder Weiss Gesellschaft m. b. H. Bundesstrasse 110 A-6923 Lauterach Wolfgang Brunner Leitung Projektmanagement Logistik Wolfgang.Brunner@ gw-world.com www.gw-world.com Gebrüder Weiss ist ein global vernetzter Komplettanbieter maßgeschneiderter Logistiklösungen und bedient sich dabei multimodaler Verkehrskonzepte sowie modernster Technologien in den Bereichen Lagerhaltung und Informationsmanagement. Wir bewegen uns nahe am Kunden, um nach seinen Anforderungen die bestmögliche Logistiklösung zu entwickeln und umzusetzen. Dazu führen wir gemeinsam mit dem Auftraggeber detaillierte Bedarfs- und Machbarkeitsanalysen durch und sorgen durch professionelles Projektmanagement für eine strukturierte Implementierung und Optimierung. Von pma erwarten wir proaktive, innovationskräftige Einflüsse bei der Umsetzung unserer Transport- und Logistikkonzepte. Wenn alle Rädchen nahtlos ineinandergreifen, werden Ressourcen optimal eingesetzt und bestmögliche Ergebnisse erzielt. + + + Guten Tag! pma Mitglieder stellen sich vor + + + PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 70 projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 l 71 GPM KONTAKTE Project Management Offices Dr. Wolfram von Schneyder Tel.: 0 70 71/ 4 07 10-0 pmoffices@gpm-ipma.de Projektcontrolling Dipl.-Betriebsw. (FH) Christian Bramkamp Tel.: 07 11/ 50 45 89 00 Dr. Dietmar Lange Tel.: 07 11/ 6 87 39 88 Dipl.-Ing. Engelbert Scharnagl Tel.: 0 89/ 23 61-22 15 projektcontrolling@gpm-ipma.de Projekt- und Prozessmanagement Prof. Dr.-Ing. Steffen Rietz Tel.: 04 81/ 85 55-4 05 projekt-prozessmanagement@ gpm-ipma.de Projektmanagement an Hochschulen Armin Zeising Tel.: 01 73/ 5 37 41 93 Gernot Haitzmann Tel.: ++43/ 1/ 7 20 12 86-56 pm-an-hochschulen@gpm-ipma.de Projektmanagement im Mittelstand Dipl.-Ing. Guido Hänßgen pm-im-mittelstand@gpm-ipma.de Projektmanagement in Kommunen Tjark Bartels Tel.: 0 51 30/ 5 81-2 18 pm-in-kommunen@gpm-ipma.de Projektmanagement in Luft- und Raumfahrt Dr. Michael Sölter Tel.: 01 71/ 5 50 53 06 Dr. Martina Albrecht Tel.: 0 30/ 57 79 54 78 Dr. Manfred Nolle Tel.: 01 72/ 7 65 84 53 pm-in-luft-und-raumfahrt@ gpm-ipma.de Projektmanagement macht Schule (GPM) Jürgen Uhlig-Schoenian Tel.: 04 21/ 3 61 41 14 Dr. Andreas Sebe-Opfermann Tel.: 04 21/ 2 18-6 92 32 pm-schulen@gpm-ipma.de ProjektPersonal Dipl.-Ing. (FH) Johannes Voss Tel.: 09 31/ 99 17 51-0 Claudia Bretzke Tel.: 0 61 51/ 2 24 02 Dr. Gerd Kaiser Tel.: 01 77/ 2 13 13 28 projektpersonal@gpm-ipma.de Projektwissensmanagement Stefan Landwehr Tel.: 0 62 33/ 32 60 45 projektwissensmanagement@ gpm-ipma.de Fachgruppen und Projekte Automotive PM Dipl.-Ing. Dipl.-Kfm. Reinhard Wagner Tel.: 0 15 22/ 2 93 68 71 automotive-pm@gpm-ipma.de Beratung im Projektmanagement Rüdiger Marquordt Tel.: 06 81/ 9 69 72 66 beratung-im-pm@gpm-ipma.de Critical Chain Projektmanagement Ansgar Knipschild Tel.: 02 21/ 35 53 73-10 Guido Bacharach Tel.: 01 75/ 8 47 21 91 critical-chain@gpm-ipma.de Führen im Projekt Dr. Hans Leuschner Tel.: 0 89/ 21 02 58 64 fuehren-im-projekt@gpm-ipma.de Internationales PM Dr. Lorenz Schneider Tel.: 0 27 62/ 97 93 90 internationales-pm@gpm-ipma.de IT Projektmanagement Sabine Wunsch it-projektmanagement@gpm-ipma.de Medien Irene Kayser Tel.: 0 69/ 1 55-28 21 Sabine Schnarrenberger Frank Fell-Bosenbeck medien@gpm-ipma.de Methoden im Projektmanagement Dipl.-Wirtsch.-Ing. Günter Drews Tel.: 0 76 21/ 5 50 04 00 Dipl.-Ing. Norbert Hillebrand Tel.: 07 21/ 18 38 93 00 methoden-im-pm@gpm-ipma.de Multiprojektmanagement Dr. Jörg Seidl Tel.: 0 21 73/ 2 69 63 07 multiprojektmanagement@ gpm-ipma.de Neue Perspektiven in der Projektarbeit Stephen Rietiker Tel.: ++41/ 44/ 5 86 96 86 neue-perspektiven-in-derprojektarbeit@gpm-ipma.de Normen im PM Dipl.-Ing. Gernot Waschek Tel.: 0 61 59/ 7 17 91 17 normen-im-pm@gpm-ipma.de PM-Healthcare Dr. Matthias Schwabe Tel.: 0 61 31/ 17 97 04 pm-healthcare@gpm-ipma.de Qualität und Projekte Paiman Minavi Udo Schmidt Thomas Dörr Gabriela Zimmermann qualitaet-und-projekte@gpm-ipma.de Requirementsmanagement Dipl.-Kfm. Karl-Heinz Dorn Tel.: 0 30/ 89 72 57 78 requirementsmanagement@ gpm-ipma.de Software für PM-Aufgaben Martin Bialas Tel.: 01 75/ 2 49 11 41 pm-software@gpm-ipma.de Stakeholdermanagement Katja Mayer Tel.: 0 61 92/ 96 13 95 stakeholdermanagement@ gpm-ipma.de Transportation PM Christian Hilse Tel.: 0 89/ 35 47-18 01 97 transportation-pm@gpm-ipma.de Special Interest Groups Go International go-international@gpm-ipma.de PM-Expertinnen Prof. Dr. Dorothee Feldmüller und Roswitha Müller-Ettrich pmexpertinnen@gpm-ipma.de Projektmanagement im Not for Profit-Sektor Rolf Kaestner und Dr. Thor Möller pm-not-for-profit@gpm-ipma.de Young Crew Niklas Bein n.bein@gpm-ipma.de Vorstand, Kuratorium und PM-ZERT GPM Vorstand Dipl.-Ing. Dipl.-Kfm. Reinhard Wagner Vorstandsvorsitzender Tel.: 0 15 22/ 2 93 68 71 R.Wagner@gpm-ipma.de Andreas Frick Stellv. Vorstandsvorsitzender, Produktentwicklung Tel.: 0 23 02/ 2 79 51 41 A.Frick@gpm-ipma.de Dipl.-Volksw. Stefan Derwort Regionalarbeit Tel.: 0 76 64/ 5 97 34 S.Derwort@gpm-ipma.de Dr. Claus Hüsselmann Wirtschaft Tel.: 06 81/ 93 51 12 36 C.Huesselmann@gpm-ipma.de Wilhelm Mikulaschek Zertifizierung Tel.: 09 11/ 37 65 27-0 W.Mikulaschek@gpm-ipma.de Prof. Dr. Steffen Rietz Facharbeit und Normung Tel.: 04 81/ 85 55-4 05 S.Rietz@gpm-ipma.de Prof. Dr. Yvonne Schoper Forschung Tel.: 06 21/ 2 92-68 35 Y.Schoper@gpm-ipma.de Prof. Dr. Harald Wehnes Bildung Tel.: 0 89/ 6 27 30- 3 00 H.Wehnes@gpm-ipma.de Kuratorium Claudia Simon Vorsitzende Tel.: 0 62 52/ 6 99 07 91 C.Simon@gpm-ipma.de Dipl.-Ing. Klaus Pannenbäcker Stellvertretender Vorsitzender Tel.: 0 91 31/ 6 16 67 17 01 72/ 8 10 58 96 K.Pannenbaecker@gpm-ipma.de Dr. Thomas Baumann Tel.: 0 01/ 2 48-7 01 46 25 T.Baumann@gpm-ipma.de Dr. Stefan Fleck Tel.: 0 40/ 32 59 46 28 S.Fleck@gpm-ipma.de Dipl.-Kfm. Günter Rackelmann Tel.: 09 11/ 50 88 90 G.Rackelmann@gpm-ipma.de GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. FrankenCampus Frankenstraße 152 D-90461 Nürnberg Tel.: 09 11/ 43 33 69-0 Fax: 09 11/ 43 33 69-99 info@gpm-ipma.de Internet: www.gpm-ipma.de GPM Hauptgeschäftsstelle in Nürnberg Rainer Lüddemann Tel.: 09 11/ 43 33 69-0 Fax: 09 11/ 43 33 69-99 R.Lueddemann@gpm-ipma.de PM-ZERT Dipl.-Betriebsw. (FH) Werner Schmehr Tel.: 09 11/ 43 33 69-33 Fax: 09 11/ 43 33 69-39 W.Schmehr@gpm-ipma.de GPM Hauptstadtrepräsentanz Norman Heydenreich Tel.: 0 30/ 36 40 33-9 90 Fax: 0 30/ 36 40 33-9 95 N.Heydenreich@gpm-ipma.de PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 29 Uhr Seite 71 22 l projekt MA N A G E M E N T aktuell 5/ 2013 72 GPM KONTAKTE Aachen Michael Esser Aachen@gpm-ipma.de Tel.: 02 41/ 5 69 27 78 Dipl.-Ing. Manfred Lieber Dr. Alfred Oswald Augsburg Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Michael Trommer Augsburg@gpm-ipma.de Tel.: 01 72/ 8 21 17 01 Dipl.-Inf. (FH) Thomas Makkos Alfred Schäferling Bayreuth In Neubesetzung Berlin Dipl.-Ing. Kerstin Kreßner Berlin@gpm-ipma.de Tel.: 01 72/ 3 87 29 10 Dipl. Kfm. Norman Frischmuth Bielefeld Markus Bode Bielefeld@gpm-ipma.de Tel.: 0 52 41/ 80 77 20 Uwe Kopp Bettina Langer Braunschweig/ Wolfsburg Dipl.-Ök. Jacek M. Piechucki Braunschweig@gpm-ipma.de Tel.: 01 52/ 22 99 24 56 Dr.-Ing. Dieter Geckler Dr. Thomas Wolenski Bremen Dr. Michael Sölter Bremen@gpm-ipma.de Tel.: 01 71/ 5 50 53 06 Jan-Henning Dose Rüdiger Hünken Chemnitz Ulrich Meier Chemnitz@gpm-ipma.de Tel.: 0 37 22/ 60 82-172 Robby Bergk Lutz Voigtmann Dortmund/ Ruhrgebiet Jörg Süggel Dortmund@gpm-ipma.de Tel.: 01 77/ 6 46 34 71 Prof. Dr. Dorothee Feldmüller Paiman Minavi Dresden Frank Bösenberg Dresden@gpm-ipma.de Tel.: 03 51/ 2 74 98 26 Torsten Sommer Düsseldorf/ Rhein-Ruhr Guido Bacharach Duesseldorf@gpm-ipma.de Tel.: 01 75/ 8 47 21 91 Jürgen Kettel Alexander Miskiw Dieter Staudt Frankfurt/ Rhein-Main Dr. Stefan Fleck Frankfurt@gpm-ipma.de Tel.: 0 40/ 32 59 46 28 Udo Katterfeld Dipl.-Ing. Jens A. Wessels Freiburg Dipl.-Volksw. Stefan Derwort Freiburg@gpm-ipma.de Tel.: 0 76 64/ 5 97 34 Friedrichshafen Dipl.-Math. Sabine Rossbach Friedrichshafen@gpm-ipma.de Tel.: 0 75 41/ 70 07 81 91 Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Michael Jägg Thomas Schäfer, M. A. Gießen Regionalleitung gesucht! Bei Interesse informiert der Beirat der Regionen gerne über die Möglichkeiten: rg-beirat@gpm-ipma.de. Die Region wird kommissarisch von der GPM Region Frankfurt betreut. Hamburg Dipl.-Ing. (FH) Andreas Stein Hamburg@gpm-ipma.de Tel.: 0 40/ 27 88 20 29-10 Christian Klie Conny Lindner Hannover Prof. Dr. rer. pol. Andreas Daum Hannover@gpm-ipma.de Tel.: 05 11/ 92 96-15 53 Dipl.-SoWi. Walter Hüskes Dipl.-Kfm. (FH) Berekat Karavul Heilbronn Dr. Ulrich Meyer Heilbronn@gpm-ipma.de Tel.: 0 71 36/ 9 61 05 30 Hugo Schnaberich Kaiserslautern In Neubesetzung Karlsruhe Dipl.-Ing. Norbert Hillebrand Karlsruhe@gpm-ipma.de Tel.: 07 21/ 18 38 93 00 Dr. Klaus Wagenhals Mehrschad Zaeri Esfahani Kassel Dipl.-Ing. Sandra Dierig Kassel@gpm-ipma.de Tel.: 01 63/ 6 66 30 20 Dipl.-Inform. Elmar Sänger Kiel Prof. Dr. Doris Weßels Kiel@gpm-ipma.de Tel.: 04 31/ 2 10-35 19 Dipl.-Volkswirt Gisela Heumann Frank Jürgensen Köln Dr. Martin Goerner Koeln@gpm-ipma.de Tel.: 02 28/ 4 33 04 94 Andreas Schröder-Schlüter Thorsten Wilkens Leipzig/ Halle Peter Richter Leipzig@gpm-ipma.de Tel.: 01 77/ 2 40 02 18 Dipl.-Ing. Benno Schorsch Janko Thoß Magdeburg Dipl.-BW. (FH) Katrin Reschwamm Magdeburg@gpm-ipma.de Diplom-Wirtschaftsinformatiker Martin Steffen Mannheim/ Ludwigshafen Dipl. Pol. Eberhard Will Mannheim@gpm-ipma.de Tel.: 06 21/ 17 89 06-0 Dr. Dagmar Börsch Michael Boxheimer München Dipl.-Kfm. (FH) Thomas Rosti Muenchen@gpm-ipma.de Tel.: 0 89/ 38 66 61 83 Dipl.-Kfm. Ralf Gabriel Münster Tom Horr Muenster@gpm-ipma.de Nürnberg Dipl.-Ing. Knut Kaiser Nuernberg@gpm-ipma.de Tel.: 0 91 75/ 90 74 85 Wilhelm Mikulaschek Oliver Pabst Osnabrück/ Emsland Dipl.-Ing. Uwe Horstmann Tel.: 05 41/ 35 73 99-6 Osnabrueck@gpm-ipma.de Dr. Stefan Meinsen Regensburg Dr. rer. pol. Christian Eisenschink Regensburg@gpm-ipma.de Tel.: 0 94 05/ 49 89 Saarbrücken/ Trier Michael Royar Saarbruecken@gpm-ipma.de Tel.: 06 81/ 76 15 70 Siegen In Neubesetzung Stuttgart Dr. Dietmar Lange Stuttgart@gpm-ipma.de Tel.: 07 11/ 6 87 39 67 Ulm Dipl.-Betriebsw. (FH) Christian Bramkamp Ulm@gpm-ipma.de Tel.: 07 11/ 50 45 89 00 Villingen-Schwenningen In Neubesetzung Weimar Dipl.-Pol. Siegfried Haarbeck Weimar@gpm-ipma.de Tel.: 0 36 43/ 51 84 24 Dr. Frieder G. Knebel Dipl.-Ök. Karin Rabe Würzburg/ Schweinfurt Dipl.-Ing. (FH) Johannes Voss Wuerzburg@gpm-ipma.de Tel.: 09 31/ 99 17 51-0 Theo Schuck GPM Vorstand Regionalarbeit Dipl.-Volksw. Stefan Derwort S.Derwort@gpm-ipma.de Tel.: 0 76 64/ 5 97 34 * Hauptstadtbüro Berlin ** Hauptgeschäftsstelle Nürnberg * ** PM_5-2013_1-72: Inhalt 06.11.2013 14: 30 Uhr Seite 72