eJournals

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
pm
2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
0101
2018
291 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.
Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria 1.2018 | 29. Jahrgang | www.gpm-ipma.de projektManagement Projektmanagement-Software Projektmanagement-Software Projektron BCS Vom Kleinunternehmer über den Mittelstand bis hin zu weltweit agierenden Konzernen: Mit Projektron BCS und Projektron BCS.start bieten wir Ihnen die passende Lösung. Projektron GmbH • Charlottenstraße 68 • 10117 Berlin • Deutschland • Telefon: +49 30 3 47 47 64-0 • www.projektron.de • info@projektron.de auswerten koordinieren planen Projekte projektron.de Neues Versionsschema Ab Jan 2018 Halfcover GPM www.gpm-ipma.de/ kompetenzmodell Das GPM Kompetenzmodell stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Denn je professioneller alle am Projekt Beteiligten handeln, desto eher sagen sie: GPM KOMPETENZMODELL GPM_18_001_AZ_PM_aktuell_Januar_aussen_106x200_V2.indd 1 25.01.18 09: 53 PM-aktuell_1-2018_UM_Halfcover_RZ.indd 1 30.01.18 08: 15 www.rolandgareis.com NEUERSCHEINUNG Das aktuelle Programm finden Sie unter www.HAPPYPROJECTS.at TERMIN Mittwoch, 16.05.2018 ORT Tech Gate Vienna, Donau-City-Straße 1, 1220 Wien > Digitalisierung als Changeprozess > Digitalisierung durch Projekte & Programme > Projektmanagement, Projektportfoliomanagement - digital > Einsatz der Business Analyse im Projektportfoliomanagement > Geschäftsmodelle und Geschäftserfolg durch Digitalisierung > Analoge Kommunikation in Projekten & Changes THEMEN HAPPYPROJECTS 18 Digital & Analog „Im Grunde hätte jedes einzelne Kapitel eine gesonderte Besprechung verdient. Wer einen umfassenden Überblick über neuere Entwicklungen im Projektmanagement gewinnen und wissen will, wohin in den nächsten Jahren die Reise voraussichtlich gehen wird, kommt um die Lektüre des Werks nicht herum. Die Publikation […] ist ein Glücksfall für unsere Disziplin.“ Prof. Heinz Schelle Chefredakteur projektManagementaktuell Wir haben Ihr Interesse geweckt? Weitere Informationen finden Sie unter www.gpm-ipma.de/ kompetenzmodell GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Das GPM Kompetenzmodell Der Mensch steht im Mittelpunkt. Das ist das Credo des GPM Kompetenzmodells. Es ist der Mensch, der den Projekterfolg bestimmt, mit seiner Kompetenz entscheidet er über die richtigen Methoden, zur richtigen Zeit. Ganz gleich, ob klassisches, agiles oder hybrides Projektmanagement gefragt ist. Die Stärken im Überblick: - Der Mensch im Fokus - Hybrider Ansatz - Lebenslange Kompetenzentwicklung im Projektmanagement - Durchlässige Entwicklungspfade - Internationale Anerkennung Basis Level D LevelC Level B Lev elA ® GPM_18_001_AZ_PM_aktuell_Januar_innen_106x297_V2.indd 1 25.01.18 11: 58 PM-aktuell_1-2018_UM_Halfcover_RZ.indd 2 30.01.18 08: 15 Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria 1.2018 | 29. Jahrgang | www.gpm-ipma.de projektManagement aktuell : Wie komplex ist der Ausstieg GBs aus der EU? Brexit und Mondlandung - Ein Vergleich Commercial Project Management: Nicht technisches Projektmanagement im Fokus Airbus-Flugzeugentwicklungsprogramm: Effizientes Berichtswesen in der Praxis PM-Software Mindmanager 2018: Projektmapping oder Mindmanagement? IPMA-Kompetenzstandard: Ab 1. Juli 2018 gilt die neue ICB 4 PMO Tag 2017: Leitideen für die Zukunft Megatrend „Digitale Transformation“ Sonderthema in diesem Heft: Ungewissheit in Projekten Nachhaltige Veränderungen bewirken! Profitieren Sie von topaktuellen Veranstaltungen zu Prozess- und Projektmanagement: · Fundiertes Know-how und Beratung für Ihren Erfolg · International anerkannte Zertifizierungen belegen Ihre Kompetenz · Tools und Methoden, die Sie zum Ziel führen Ausführliche Informationen zu allen Veranstaltungsthemen finden Sie unter: www.haufe-akademie.de/ projekte-prozesse-change Alles wird leicht. Anz_PPC_175_270_05_2017_Layout 1 17.05.17 12: 50 Seite 1 Impressum Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Am Tullnaupark 15, 90402 Nürnberg, unter Mitwirkung von spm - Swiss Project Management Association Flughofstraße 50, 8152 Glattbrugg, Schweiz und Projekt Management Austria Palais Schlick, Türkenstraße 25/ 2/ 21, 1090 Wien, Österreich Prof. Dr. Helmut Klausing (Geschäftsführender Herausgeber) Redaktion: Prof. Dr. Heinz Schelle, Oberau (Chefredakteur) Oliver Steeger, Alfter (Ressort Report) Myriam Conrad, GPM, Nürnberg Christopher Klausnitzer, GPM, Nürnberg (Ressort GPM intern) Dr. Thor Möller, con-thor, Ganderkesee Anke Piwetzki-Wenicker, TÜV Media GmbH, Köln Redaktionsbeirat: Prof. Dr. Hans Georg Gemünden, BI Norwegian Business School, Oslo Prof. Dr. Nino Grau, THM Technische Hochschule Mittelhessen, Campus Friedberg Benedict Gross, München Prof. Dr. Claus Hüsselmann, THM Technische Hochschule Mittelhessen, Gießen Dr. Hans Knöpfel, Rosenthaler + Partner AG, Zürich Dr. Mey Mark Meyer, prometicon solutions GmbH, Bremen Mag. Brigitte Schaden, BSConsulting, Wien Prof. Dr.-Ing. Konrad Spang, Universität Kassel Dipl.-Ing. Dipl.-Kfm. Reinhard Wagner, Projektivisten GmbH, Friedberg Verlag: TÜV Media GmbH, TÜV Rheinland Group Am Grauen Stein 1, 51105 Köln Postfach 90 30 60, 51123 Köln Telefon: 02 21/ 8 06-35 11 Telefax: 02 21/ 8 06-35 10 www.tuev-media.de Geschäftsführerin: Gabriele Landes Koordination: Anke Piwetzki-Wenicker Telefon: 02 21/ 8 06-35 14 E-Mail: Anke.Piwetzki@de.tuv.com Anzeigenverwaltung: Gudrun Karafiol-Schober Telefon: 02 21/ 8 06-35 36 E-Mail: Gudrun.Karafiol@de.tuv.com © 2018 TÜV Media GmbH, Köln Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlages. Namentlich gekennzeichnete Beiträge sowie die Inhalte von Interviews geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder. Erscheinungsweise: 5 Hefte pro Jahr Bezugspreise: Preis des Einzelheftes: EUR 20,-. Jahresbezugspreis: EUR 67,-. Studentenjahresbezugspreis: EUR 47,-. Preisänderungen vorbehalten. Der Bezugspreis für Mitglieder der GPM ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Kündigung: sechs Wochen vor Ende eines Kalenderjahres schriftlich an den Verlag. Preise zuzüglich Versandkosten, Inlandspreise inkl. 7 % Mehrwertsteuer. Sonderausgaben werden zusätzlich berechnet. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift ohne Verschulden des Verlages oder infolge höherer Gewalt entfällt für den Verlag jegliche Lieferpflicht. Druckvorstufe und Druck: Das Druckhaus Beineke Dickmanns GmbH, Korschenbroich Titelfoto: © pma G 6010 29. Jahrgang 2018, 1/ 2018 ISSN 0942-1017 Editorial 02 Ungewissheit in Projekten: Next Practices Ungewissheit in Projekten 04 Ungewissheit in Projekten - neue Wege der Bewältigung F. Böhle, E. Heidling, A. Kuhlmey, J. Neumer 09 Mit Ungewissheit Projekte meistern: Die Kraft narrativer Muster und künstlerischer Prozesse N. Trobisch, D. Kraft 14 Was der Westen vom Osten lernen kann: Ungewissheit in Projekten nutzen Y. Schoper, M. Huemann 19 Die Wu-De-Methodik: Lernen vom chinesischen Denken P. Siermann 24 Systemaufstellungen als Next Practice im Projektstakeholder-Management: Ungewissheit mit System M. Huemann, D. Andratsch, C. Ringhofer 32 Hinter den Kulissen: Geschichte und Funktionsweise der Forschungswerkstatt S. Rietiker 36 Interview: Wie Projektmanagerinnen und -manager trotz Ungewissheit erfolgreich die Zukunft gestalten M. Huemann 42 Tipps zum Umgang mit Ungewissheit in Projekten Report 45 Stichtag notieren! Ab 1. Juli 2018 gilt die neue ICB 4 Qualifizierung und Zertifizierung nach dem IPMA-Kompetenzstandard 55 Von der digitalen Transformation zu „Storify your Project“ „PMO Tag 2017“: Leitideen für die Zukunft Wissen 57 Brexit und die Mondlandung R. Alter 65 Commercial Project Management - terra incognita? H. Reschke, L. Schneider, G. Oleniczak 70 Einführung eines Reporting-Systems im Airbus-A350XWB-Flugzeugentwicklungsprogramm B. Wagner 75 PM-Software MindManager 2018 - Projektmapping oder Mindmanagement? M. M. Meyer 77 Antifragilität und Freiheit J. Köhler 78 Buchbesprechung: Projektarbeit bei kleineren und mittleren Vorhaben 79 GPM Intern - RG Kiel: Zeitreise im Management von Projekten und Prozessen - GPM begrüßt japanische Projektmanager - 2. Delegiertenversammlung 2017 der GPM 83 Veranstaltungen der GPM Regionen 84 SPM Intern 85 Termine 86 PMA Intern 87 GPM Kontakte Zwischen den Seiten 16 und 17 finden Sie die Checkliste „Lernfelder für Projektleiter - Teil 2“ 04 Sonderthema: Ungewissheit in Projekten INHALT 01 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 cherheit in Projekten, den sogenannten „Unknown Unknowns“, und zeigen auf, welche Next Practices uns zur Verfügung stehen, um Ungewissheit in Projekten handhabbar zu machen. Dabei werden Methoden, Zugänge, aber auch eine neue Haltung im Umgang mit Ungewissheit präsentiert, die wir in den drei Forschungswerkstätten ausprobiert haben. So bunt wie die Teilnehmenden der D-A-CH-Forschungswerkstatt, so bunt sind auch die Beiträge, die wir für das Sonderthema zusammengestellt haben. Fritz Böhle, Eckhard Heidling, Astrid Kuhlmey und Judith Neumer erweitern in ihrem Beitrag „Ungewissheit in Projekten - neue Wege der Bewältigung“ das planmäßig objektivierende Handeln durch ein subjektivierendes Handeln. Am Beispiel der Improvisation im Jazz wird veranschaulicht, wie durch subjektivierendes Handeln der Umgang mit Ungewissheit in Projekten bewältigbar wird. Nina Trobisch und Dieter Kraft zeigen in ihrem Beitrag „Mit Ungewissheit Projekte meistern: Die Kraft narrativer Muster und künstlerischer Prozesse“, was Projektmanager aus einem proaktiven und künstlerischen Zugang lernen können. Der Beitrag erläutert ein Prozessverständnis, das archetypische Weisheit mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und kulturellen Bildwelten zusammenführt: das Heldenprinzip ® . Dieser Artikel trägt dazu bei, Ungewissheit in Projekten couragiert anzupacken: fühlend, spürend, analytisch, erkundend und experimentell. Yvonne Schoper und Martina Huemann plädieren für ein Umdenken im Umgang mit Ungewissheit. Sie zeigen, dass Projektmanager im Westen und im Osten sich durch unterschiedliche Einstellungen zu Ungewissheit unterscheiden und dass eine positive Herangehensweise und Haltung im Projektmanagement hilft, die Potenziale für Veränderungen in der Ungewissheit zu entdecken und dadurch Veränderungen proaktiv zu gestalten. Pao Siermann beschreibt in seinem Beitrag einen innovativen Beratungsansatz, der auf dem Konzept der chinesischen „Fünf Elemente“ basiert und sich für komplexe Systeme wie Projekte anwenden lässt. Der Autor gewährt einen Einblick in die chinesische Kultur und deren Verständnis für Prozessdynamiken. Dieses Verständnis kann hilfreich sein, um Entwicklungstendenzen in Projekten frühzeitig einzuschätzen und darauf zu reagieren. Ungewissheit in Projekten: Next Practices Die 2014 erstmals als D-A-CH-Veranstaltung stattgefundene Forschungswerkstatt hat sich zwischen 2014 und 2016 mit dem spannenden, für Projektmanagerinnen und Projektmanager zunehmend wichtigen Themenkomplex „Umgang mit Komplexität und Ungewissheit in Projekten“ beschäftigt. In drei jeweils zweitägigen Veranstaltungen in Berlin und Wien haben die Teilnehmenden aus den drei deutschsprachigen Schwestergesellschaften GPM, pma und spm diskutiert, experimentiert und analysiert, was Ungewissheit in Projekten ausmacht und wie wir damit im Projektmanagement besser umgehen können. Als „Werkstatt“ wird eine Arbeitsstätte bezeichnet, in der es gilt, eine Aufgabe mit entsprechenden Werkzeugen zu bewältigen. Eine Werkstatt ist auch eine Zusammenkunft von Expertinnen und Experten zum Lösen von Problemen oder zum direkten Üben am Thema. Das ist die Idee, die der Forschungswerkstatt zugrunde liegt: mit neuen Methoden zu experimentieren, andere Vorgehensweisen in einem geschützten Raum auszuprobieren, Erfahrungen mit neuen Vorgehensweisen zu machen und dadurch andere Perspektiven zu erlangen. Das Reflektieren der eigenen Denk- und Arbeitsweisen, das Diskutieren innovativer Theorien eröffnet andere Sichtweisen und dadurch neue Handlungsmöglichkeiten. Die D-A-CH-Forschungswerkstatt ist ein Experimentierraum, in dem Praktiker, Lehrende und Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz interdisziplinär zusammenarbeiten, um für das aktuelle Projektmanagement innovative Vorgehensweisen und Lösungsansätze zu entwickeln und zu erproben. Die Phasen zwischen den Forschungswerkstätten dienen dazu, in interdisziplinären Arbeitsgruppen die Erfahrungen im Projektalltag anhand der neu kennengelernten Methodiken zu reflektieren und neue Erkenntnisse zu generieren, die wiederum als Basis für die kommenden Forschungswerkstätten dienen. Die Zielsetzung dieses projektManagement aktuell-Sonderthemas ist es, einige ausgewählte Highlights der D-A-CH-Forschungswerkstätten 2014- 2016 allen Praktikerinnen und Praktikern der GPM, pma und spm zugänglich zu machen. In der vorliegenden projektManagement aktuell-Ausgabe haben wir einen Ausschnitt der Ergebnisse dieser Veranstaltungsreihe aufbereitet und zusammengefasst. Dabei konzentrieren wir uns auf Unsi- 02 EDITORIAL projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Mit Komplexität hat auch der Beitrag von Hasso Reschke, Lorenz Schneider und Gregor Oleniczak (Commercial Project Management - terra incognita? ) zu tun. Die Autoren vertreten die Ansicht, dass bei Bau- und Lieferprojekten auch im nicht technischen Bereich die Komplexität steigt. Um die dadurch drohende Überforderung des technischen Projektleiters zu verhindern, haben sie ihr Konzept „Commercial Project Management“ entworfen (vgl. auch die entsprechende Buchbesprechung in Heft 5/ 2017), das die kaufmännischen Aufgaben in einer Hand zusammenfasst und deren Erfüllung koordiniert. Björn Wagner (Einführung eines Reporting-Systems im Airbus-A350-XWB- Flugzeugentwicklungsprogramm) erläutert, wie er den administrativen Aufwand beim Erstellen von Berichten mit PowerPoint verringert hat und wie damit aktuellere Informationen erzeugt werden. Mey Mark Meyer (Mindmanager 2018 - Projektmapping oder Mindmanagement? ) bespricht ein Programmsystem, das zunehmend neue Anwendungsbereiche erschließt und den Projektalltag leichter macht. Projektmanager trotz Ungewissheit mit Projekten die Zukunft erfolgreich gestalten können. Die Expertinnen und Experten teilen ihre Erfahrungen und Beobachtungen und geben Auskunft, wie Gestalter der Zukunft Ungewissheit als eine Chance und weniger als Bedrohung wahrnehmen können. In dem Beitrag „Tipps für den Umgang mit Ungewissheit in Projekten“ fassen Teilnehmende der D-A-CH-Forschungswerkstatt ihre Erfahrungen und Beobachtungen in Statements zusammen. Wir bedanken uns bei Herrn Schelle für die Möglichkeit dieses Sonderthemas und wünschen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, viele Anregungen für Ihre eigene Praxis, damit Sie in der Ungewissheit die Chance für Ihre Projekte entdecken! Zunächst mein Dank an alle Akteure der Forschungswerkstatt und ganz besondere Anerkennung für Frau Huemann, Frau Schoper und Frau Reschwamm. Ich freue mich über diese Publikation. Wir brauchen solche Forschungsaktivitäten und entsprechende Veröffentlichungen auch in Zukunft, um unsere Disziplin weiterzubringen. Unser Präsident hat mir ausdrücklich zu verstehen gegeben, dass er solche Initiativen sehr zu schätzen weiß. Was muss ein Projektmanager können und wissen? Zehn Jahre lang hat die ICB 3 die Kompetenzen für erfolgreiche Projektarbeit festgelegt. Nun kommt die ICB 4. Die neue Individual Competence Baseline wird vieles beim Projektmanagement verändern. Schon ab 1. Juli 2018 wird die GPM nach der ICB 4 zertifizieren. Dr. David Thyssen und Klaus Pannenbäcker erklären die Neuerungen im Interview - und erläutern, was auf zertifizierte Projektmanager zukommt. Zu den weiteren Aufsätzen dieses Hefts: Roland Alter (Brexit und die Mondlandung) vertritt in seinem originellen, mit vielen Belegen unterfütterten Beitrag die These: „Wo es der NASA gelingt, die Komplexität durch systematisches Projektmanagement zu bezwingen, ist der Brexit durch Verdrängung der Komplexität, Wunschdenken und unzureichendes Projektmanagement gekennzeichnet.“ Kurz: ein Katastrophenprojekt. Martina Huemann, Daniela Andratsch und Claudia Ringhofer nehmen in ihrem Beitrag eine systemische Perspektive ein und positionieren Systemaufstellungen als Next Practice für den Umgang mit Ungewissheit in zunehmend komplexeren Projektstakeholder-Landschaften. In seinem Kurzbeitrag „Hinter den Kulissen: Funktionsweise und Geschichte der Forschungswerkstatt“ gibt Stephen Rietiker, der von 2008 bis 2015 maßgeblich an den Forschungswerkstätten beteiligt war, einen informativen Einblick in die Geschichte dieses besonderen Veranstaltungsformats. Das Interview mit den deutschen, österreichischen und Schweizer Projektmanagementexperten Prof. Daniel Baumann, Yvonne Horst, Raimo Hübner und Brigitte Schaden geht der Frage nach, wie Projektmanagerinnen und EDITORIAL 03 Martina Huemann, pma Yvonne Schoper, GPM Heinz Schelle Katrin Reschwamm, spm Und außerdem in diesem Heft … 04 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Management bezieht sich nach dem vorherrschenden Verständnis auf Planung, Steuerung und Kontrolle. Auch das Management von Projekten orientiert sich bisher hieran. In Projekten lässt sich Ungewissheit jedoch nicht beseitigen. Es ist dabei notwendig, mit Ungewissheit Ziele zu erreichen und Probleme zu lösen. Das planmäßig-objektivierende Handeln muss hierfür erweitert werden. Es geraten Kompetenzen und Handlungsweisen in den Blick, die bisher in Organisationen und Arbeit weitgehend ausgegrenzt werden. 1 Grenzen von Planung in Projekten Planung, Steuerung und Kontrolle sind nach dem vorherrschenden Verständnis grundlegende Prinzipien des Managements. Damit soll Ungewissheit weitmöglichst überwunden und beseitigt werden. Auch das Management von Projekten orientiert sich hieran. Unvorhersehbare Ereignisse im Projektverlauf werden meist auf eine unzureichende Projektplanung, individuelles Fehlverhalten oder auf „außergewöhnliche“ Ereignisse zurückgeführt. Ohne Zweifel ist ein Projektmanagement zur Planung, Steuerung und Kontrolle von Projekten notwendig. Bei der (Weiter-)Entwicklung hierfür geeigneter Methoden und Tools wurden in diesem Bereich vor allem durch Initiativen und Aktivitäten der GPM erhebliche Erfolge erzielt. Doch zugleich wird es immer dringlicher, Grenzen der Planung und Ungewissheit nicht mehr nur als Defizit, sondern als substanzielles Element von Projekten zu betrachten, die sich durch eine Optimierung der Planung nicht beseitigen lassen und die darüber hinaus neue Chancen eröffnen können. Vor allem im Rahmen von IT-Projekten wurden in den vergangenen Jahren agile Ansätze des Projektmanagements entwickelt. Sie werden nun auch auf das Management insgesamt angewendet [1]. Grundlegende Prinzipien des agilen Managements sind die Dezentralisierung von Entscheidungen und die Flexibilisierung der Planung. Damit geraten Grenzen der Planung und insbesondere die Rolle der Mitarbeitenden bei ihrer Bewältigung in den Blick. Bisher fehlt jedoch eine systematische Betrachtung der Ursachen von Ungewissheiten in Projekten und der Handlungsweisen, um „mit“ Ungewissheit erfolgreich Ziele zu erreichen und Probleme zu lösen. Auch von der GPM wurde, vor allem im Rahmen der D-A-CH-Forschungswerkstätten, die Auseinandersetzung mit Grenzen der Planung aufgegriffen. Oft werden Ursachen von Ungewissheiten vor allem im „Human Factor“ und in Projekten als „sozialem System“ gesehen. Technische Aspekte und Fragestellungen gelten hingegen als berechenbar und beherrschbar [2]. Dies ist jedoch ebenso ein Irrtum wie die Annahme, dass die Lösung von Problemen und die Erreichung von Zielen nur dann am besten gelingen, wenn die Projektleitung und die Mitarbeitenden ausschließlich planmäßig-rational handeln und wissenschaftsbasiertes Wissen nutzen. Auf Basis der Ergebnisse einer umfassenden Expertise für die GPM [3] wird dies im Folgenden begründet. Im Mittelpunkt steht dabei die Auseinandersetzung mit Ursachen von Ungewissheit und Handeln mit Ungewissheit. 2 „Unknown Unknowns“ und „doppelte“ Ungewissheit Untersuchungen im Bereich industrieller, weltweit angelegter Großprojekte zeigen, dass es vielfach zu Kosten- und Terminüberschreitungen kommt. Von 318 untersuchten Projekten verfehlten 65 Prozent die geplanten Projektziele. Festgestellt wurden eine Überziehung der Kosten um durchschnittlich 40 Prozent und zeitliche Verzögerungen im Projektverlauf um 28 Prozent. Die Fertigungsanlagen der schließlich beendeten Projekte erreichten im ersten Jahr ihrer Produktion nur durchschnittlich 60 Prozent der geplanten Ausbringungsmengen [4]. Projekte sind zeitlich befristet, sie verfolgen Ziele und finden unter Bedingungen statt, die variieren oder/ und gänzlich neuartig sind. Hierbei unterscheiden sich Projekte grundsätzlich vom vorherrschenden Verständnis von Organisationen, das von Kontinuität und Stabilität geprägt ist - Ungewissheit in Projekten - neue Wege der Bewältigung Autoren: Fritz Böhle, Eckhard Heidling, Astrid Kuhlmey, Judith Neumer >> Für eilige Leser Projekte sind durch eine „doppelte Ungewissheit“ gekennzeichnet. Sie besagt, dass bei der Planung nicht vorhersehbare Ereignisse auftreten und zugleich bei der Bewältigung solcher Ereignisse auch Ungewissheit besteht. Um bei und mit dieser Ungewissheit Ziele zu erreichen und Probleme zu lösen, ist eine Erweiterung des planmäßig objektivierenden Handelns durch ein subjektivierendes Handeln notwendig. Am Beispiel der Improvisation im Jazz wird dies veranschaulicht und auf der Grundlage von empirischen Untersuchungen der Projektarbeit belegt. Abschließend wird auf Beratungsansätze verwiesen, durch die Kompetenzen für einen solchen Umgang mit Ungewissheit entwickelt werden können. Der Beitrag beruht auf eigenen Forschungen der Autoren sowie einer umfangreichen und disziplinübergreifenden Auswertung der wissenschaftlichen Diskussion zum Umgang mit Ungewissheit, die in einer Expertise für die GPM dokumentiert ist. UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 05 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 so wie dies das Modell der bürokratischen Organisation prototypisch repräsentiert. Die Herstellung von Sicherheit über die Definition und Stabilisierung von Zielen, Verfahren, Ressourcen, Verlauf, Anwendungs- und Umgebungsbedingungen stößt bei Projekten grundsätzlich auf weit größere Schwierigkeiten als bei stabilen und kontinuierlich verlaufenden Prozessen. Der Versuch, Ungewissheit in Projekten zu beseitigen, ist ein Unterfangen, das leicht einem Kampf gegen die Hydra gleicht, der nach jedem abgeschlagenen Kopf ein neuer an anderer Stelle nachwächst. Wichtig ist beim Blick auf Ungewissheit die Unterscheidung zwischen „Known Unknowns“ und „Unknown Unknowns“ [5]. Ersteres bezieht sich auf die Bearbeitung von Risiken und das Risikomanagement. Ziel ist, nicht vollständig vorhersehbare und kontrollierbare Ereignisse gleichwohl weitmöglichst zu beschreiben und die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens zu berechnen. Auf dieser Grundlage erscheint es dann auch möglich, den Umgang mit Risiken zu planen und ein entsprechendes Risikomanagement zu entwickeln. Demgegenüber besteht bei „Unknown Unknowns“ Ungewissheit sowohl über die konkreten Erscheinungsformen als auch die jeweils situativen Bedingungen (Zeit, Ort, Umfang) ihres Auftretens. Risiken und das Risikomanagement lassen sich somit weitgehend dem klassischen Management mit Planung und Kontrolle zuordnen, wohingegen die „Unknown Unknowns“ die eigentliche Ungewissheit benennen und ein weitgehend „blinder Fleck“ im Projektmanagement sowie auch Management insgesamt sind. Nach vorliegenden Untersuchungen sind die am häufigsten auftretenden Ungewissheiten in Projekten nicht durch menschliche oder soziale Einflüsse verursacht, sondern technisch bedingt. Dies umfasst etwa veränderte Materialeigenschaften bei unterschiedlichen Umweltbedingungen. Weitere Quellen von Ungewissheit sind die immer stärker vernetzten organisatorischen Zusammenhänge bei der Herstellung von Produkten und Dienstleistungen. Ungewissheiten entstehen bei der Verzögerung der Lieferungen, Pannen im Netzwerk, Qualitätsmängeln und auch bei der unterschiedlichen „Deutung“ technischer Parameter im Rahmen unterschiedlicher professioneller wie auch nationaler Sichtweisen. Insgesamt bestehen Ungewissheiten in der Technik und dem Material, der Organisation, der Vernetzung, der Beziehung zu Kunden, der Umwelt und den beteiligten Akteuren. Solche Ungewissheiten treten nicht nur am Anfang bei der Initiierung und Definition von Projektzielen auf, sondern in sämtlichen Phasen der Projektabwicklung. Ein grundlegendes Merkmal der hier skizzierten Sicht auf „Unknown Unknowns“ ist der Charakter der „doppelten Ungewissheit“: Grenzen der Planung zeigen sich nicht allein dadurch, dass unerwartete Ereignisse auftreten, sie manifestieren sich auch in einer Ungewissheit bei der konkreten Bearbeitung solcher Ereignisse. Es fehlt an Wissen und Informationen oder/ und es muss unter Zeitdruck gehandelt werden, sodass keine ausführliche Analyse und Auswertung vorhandener Informationen möglich ist. 3 Erweiterung planmäßigrationalen Handelns Bisher ist insbesondere in der Arbeitswelt die Vorstellung leitend, dass für die Erreichung von Zielen und die Lösung von Problemen ein planmäßig-rationales Handeln notwendig und effektiv ist. Ein solches Handeln beruht darauf, dass „vor“ dem praktischen Handeln darüber entschieden wird, welche Ziele erreicht werden sollen und in welcher Weise dies realisiert wird. Vor dem praktischen Handlungsvollzug ist es dabei notwendig, möglichst umfassende Informationen über die jeweiligen Gegebenheiten, Ressourcen und Einflüsse zu haben. Auf dieser Grundlage ist Ungewissheit eine Gefährdung und Störung für erfolgreiches Handeln und führt zu Kontrollverlust und damit dem Verlust der notwendigen Sicherheit. Handlungsfähigkeit geht verloren, dies kann bis hin zu einem Zustand der Ohnmacht führen. Bereits in den 1950er-Jahren wurde jedoch in der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre festgestellt, dass es in der Praxis oft nicht möglich ist, vor dem praktischen Handlungsvollzug umfassend die möglichen Ziele und Wege zu deren Erreichung zu eruieren und abzuwägen. Auf diesen Sachverhalt bezieht sich das Modell der „Bounded Rationality“ [6]. Dieses Konzept zielt in seinem Kern darauf ab, trotz unzureichender Information und unter Zeitdruck zu einer rationalen Entscheidung „vor“ dem praktischen Handlungsvollzug zu gelangen. So sollen individuell auftretende Informationsdefizite durch die Beteiligung mehrerer Akteure und der Organisation insgesamt weitgehend überwunden werden. Auch bei einem dezentralen Ansatz von Entscheidungen und Planung wird - mehr oder weniger stillschweigend - unterstellt, dass dabei die Mitarbeitenden nach dem Modell planmäßigrationalen Handelns vorgehen. Sofern aufgrund hohen Zeitdrucks und akuter Gefahren eine Analyse der Situation und rationale Entscheidungsfindung nicht mehr möglich sind, wird davon ausgegangen, dass nur durch eingeübte Routinen ein verlässliches Handeln garantiert wird [7]. Solche Routinen können sicherlich Handlungssicherheit gewährleisten, doch gerade in neuartigen und bisher noch nicht bekannten Situationen erweisen sie sich als zu starr und zu unflexibel. In der neueren Forschung finden sich demgegenüber unterschiedliche Ansätze, die bei neuartigen und unbekannten sowie unsicheren Situationen auf den Wert personaler Kompetenzen wie Achtsamkeit, Intuition oder auch Bauchgefühl verweisen [8]. Des Weiteren finden sich Forschungsansätze, in denen unsichere Situationen durch „situatives Handeln“ bewältigt werden, dem keine Planung vorausgeht [9]. Maßgeblich sind hier die Reaktion auf Umwelteinflüsse im praktischen Handlungsvollzug und ein entsprechend flexibles Handeln. Diese Forschungsansätze verweisen auf ein erweitertes Spektrum menschlicher Fähigkeiten und Möglichkeiten des Handelns. Sie werden mit dem Modell des subjektivierenden Handelns systematisch verbunden und weitergeführt [10]. Damit wird deutlich, dass ein situatives Handeln nur möglich ist, wenn eine besondere Wahrnehmung und Wahrnehmungsfähigkeit entwickelt werden. Des Weiteren wird damit das planmäßig-rationale bzw. objektivierende Handeln keineswegs ersetzt; es wird vielmehr durch das subjektivierende Handeln ergänzt und zugleich auf das eingeschränkt, wofür es sich in besonderer Weise eignet. Am Beispiel der Improvisation in der Musik lässt sich anschaulich demonstrieren, wie dies erfolgt und welche Besonderheiten das subjektivierende Handeln aufweist. 4 Improvisation durch objektivierendes und subjektivierendes Handeln Improvisation bezieht sich im allgemeinen Sprachgebrauch auf unerwartetes, unvorbereitetes und unvorhergesehenes Handeln. In der Arbeitswelt erfährt die Improvisation bisher keine besondere Wertschätzung - eher im Gegenteil: Improvisation wird gleichgesetzt mit Unprofessionalität und einem „Durchwursteln“: Man improvisiert oder muss improvisieren, weil man schlecht vorbereitet ist und/ oder handeln muss, 06 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 obwohl es besser wäre, erst noch mehr Informationen zu beschaffen, zu reflektieren und dann zu entscheiden. Doch in der Musik, speziell im Jazz, genießt die Improvisation eine hohe Wertschätzung und gilt als besondere „Kunst“. Dabei entsteht für den Zuhörer oft der Eindruck, dass die Musiker bei der Improvisation rein intuitiv und „aus dem Bauch heraus“ spielen. Doch dies ist ein Irrtum. Die Improvisation beruht auf einem subtilen Zusammenspiel zwischen einem planmäßig-objektivierenden und einem subjektivierenden Handeln. 4.1 Objektivierendes Handeln - theoretische Grundlagen der Improvisation Die musikalische Improvisation ist im Unterschied zur Komposition nicht durch Noten festgelegt. Zugleich ist sie jedoch keineswegs völlig frei. Die Musiker orientieren sich bei der Improvisation entweder an der Melodie und umspielen sie, oder sie stützen sich auf das harmonische Gerüst eines Musikstücks. Letzteres ist für den Hörer nicht in gleicher Weise wie die Melodie wahrnehmbar und bildet gewissermaßen eine theoretische Grundlage des musikalischen Verlaufs. Im Unterschied zur Orientierung an der Melodie eröffnet die Orientierung am harmonischen Gerüst einen weit größeren Spielraum bei der Improvisation. Die Musiker sind hier bei der „Erfindung“ neuer „Tonfolgen“ nicht (mehr) durch die vorgegebene Melodie gebunden und müssen sich nur an den durch die Harmonie vorgegebenen „Tonraum“ halten. Sie brauchen hierfür jedoch Kenntnisse, wie sie beim Komponieren eines Musikstücks erforderlich sind. Praktisches Können erfordert solchermaßen theoretisches und objektivierbares Wissen. Die Harmonien sind durch die Komposition vorgegeben und sie sind in der Regel - ebenso wie die Melodie - durch Noten und Symbole aufgeschrieben bzw. notierbar. Des Weiteren lassen sich den Harmonien auch jeweils bestimmte Töne und Tonfolgen (Patterns) zuordnen, aus denen die Musiker auswählen können. Die Kenntnis der Harmonien und der musikalischen Struktur ist eine wichtige Grundlage des Improvisierens, hierdurch entsteht jedoch noch keine „Musik“. In Lehrbüchern zur musikalischen Improvisation werden zumeist nur die objektivierbaren Grundlagen der Improvisation dargestellt. Alles Weitere wird dem „Talent“ und der „Eignung“ der Musiker überlassen. Doch auch diese „andere“ Seite der Improvisation lässt sich genauer beschreiben. Es ist ein subjektivierendes Handeln, und das ist erlern- und trainierbar. 4.2 Subjektivierendes Handeln - besonderes Vorgehen und Wahrnehmen Das subjektivierende Handeln weist vier Merkmale auf, wodurch es sich gegenüber dem objektivierenden, planmäßigen Handeln unterscheidet. Bei der musikalischen Improvisation zeigt sich dies wie folgt (Abb. 1): • Explorativ-entdeckendes Vorgehen: Im Unterschied zu dem Grundsatz „erst denken/ planen, dann handeln“ ist es bei der musikalischen Improvisation notwendig, ohne vorhergehende Festlegung zu handeln und dies ohne Unterbrechungen weiterzuführen. Es muss daher jeweils im „Spiel“ entschieden werden, wie es weitergeht. Grundlegend hierfür ist eine Verbindung von Aktion und Reaktion, indem nicht nur Töne hervorgebracht werden, sondern es wird auch auf das Hervorgebrachte unmittelbar reagiert. Jeder Ton wird somit zu einem Impuls für die Weiterführung. Treffend antwortete hier bspw. der Musiker Miles Davis auf die Frage, ob es einen falschen Ton beim Improvisieren gibt: „Das hängt vom jeweils nächsten Ton ab.“ • Sinnliche Wahrnehmung und Gespür: Um auf Töne zu reagieren und sie als Impuls für das Weiterspielen wahrzunehmen, ist es nicht ausreichend, nur ihre Stellung im Tonsystem (z. B. ein Ton a mit einer bestimmten Frequenz) zu kennen. Es muss vielmehr auch die Klangfarbe eines Tons, die Phrasierung und die Rhythmisierung einer Tonfolge erfasst werden. Hierzu ist ein besonderes musikalisches Gespür erforderlich. Mit einem solchen musikalischen Gespür wird auch die immanente „Logik“ eines musikalischen Ablaufs erkannt und lässt sich weiterführen. • Reflection in action: Beim Improvisieren kann der musikalische Verlauf nicht unterbrochen und darüber reflektiert werden, was gespielt wurde und in welcher Weise dies weitergeführt werden soll. Zugleich si das Improvisieren aber keineswegs ein bewusstloses Tun oder beruht nur auf Gefühl und sinnlicher Wahrnehmung. Erforderlich sind vielmehr ein waches „Bei-der-Sache-Sein“ und ein das praktische Handeln begleitendes Denken. Damit verbinden sich auch assoziativ-bildhafte Vorstellungen. Des Weiteren entsteht oft der Eindruck - wie bspw. beim Klavierspiel -, dass nicht der Kopf, sondern die Hände und die Finger „denken“. Die Hände und die Finger agieren und reagieren, auch ohne dass dies voll bewusstseinsfähig erfasst und reguliert wird, wobei es sich jedoch nicht lediglich um routinierte und quasi mechanisch vollzogene Bewegungen handelt. Leitend ist vielmehr ein besonderes implizites Wissen. • Persönliche Beziehung: Bei der Improvisation muss man sich auf das musikalische Geschehen „einlassen“. Die Musiker und ihre Instrumente bilden eine Einheit und es erfolgt eine Kommunikation „ohne Worte“ - mit den anderen Musikern, mit dem eigenen Instrument und dem musikalischen Geschehen insgesamt. Abb. 1: Subjektivierendes Handeln assoziativ-bildhaftes Denken spürende Wahrnehmung Nähe/ Einheit/ persönliche Beziehung dialogisch-exploratives Vorgehen UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 07 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 4.3 Subjektivierendes Handeln bei der Projektarbeit Wie sich am Beispiel der Musik zeigt, kann Handlungsfähigkeit nur durch das Zusammenspiel von objektivierendem und subjektivierendem Handeln bei Ungewissheit und Unvorhersehbarkeiten aufrechterhalten und entwickelt werden. Im Arbeitshandeln selbst entsteht eine neue Form der Sicherheit jenseits von Planung und Kontrolle. Für das Projektmanagement und die Projektarbeit heißt dies zum einen, Planung und Vorgaben nicht nur auf konkrete Abläufe und Vorgehensweisen zu richten, sondern primär auf grundlegende Rahmenbedingungen, Prinzipien und Methoden zu konzentrieren. So geht es bspw. bei der Definition von Zielen nicht primär um die präzise Festlegung eines Ergebnisses, sondern eher um die Benennung eines Problems, das gelöst werden soll, sowie die Entwicklung von Kriterien für einen erfolgreichen Abschluss. Zum anderen gilt es, innerhalb dieses vorgegebenen Rahmens das subjektivierende Handeln sowohl bei der Projektleitung als auch in der konkreten Projektarbeit zuzulassen und zu fördern. Wie empirische Untersuchungen zeigen, finden sich hierfür in der Praxis bereits vielfach Beispiele. Sie werden jedoch bisher überwiegend informell und nicht systematisch praktiziert. Zur Illustration nun einige Beispiele [11]. • Dialogisch-entdeckendes Vorgehen: Kennzeichnend für ein dialogisch-entdeckendes Vorgehen ist der kontextgebundene Einsatz formaler Instrumente, verknüpft mit einem subjektivierenden Vorgehen. „Man kann bestenfalls Meilensteine setzen, die vielen kleinen Nebenbedingungen sieht man einfach nicht voraus.“ Grundlegend ist ein intensiver Austausch zwischen allen Projektakteuren. Als Steuerungsinstrument scheint die Moderation solcher Prozesse gut geeignet. „Man muss Moderator spielen, um Freiräume im Projektablauf zu nutzen und zugleich die Vorgaben zu erfüllen.“ (Projektleiter, Messtechnik) • Spürend-empfindendes Wahrnehmen: Das bei einem solchen Vorgehen notwendige spürend-empfindende Wahrnehmen von Informationen wird deutlich in der Schilderung der Projektarbeit in Kundenunternehmen. Neben dem Einsatz von Checklisten und Datenerhebungen ist das Arbeitshandeln durch situative Einschätzungen geprägt, die sich auf Gefühle und die Aufnahme atmosphärischer Stimmungen stützen. „Jedes Unternehmen tickt anders. Das muss man sehen. Man muss das riechen, wie die Abläufe im Unternehmen sind.“ (Projektleiter, Maschinenbau) • Assoziativ-bildhaftes Denken: Begleitet wird dies durch ein assoziativ-bildhaftes Denken. Dabei löst häufig ein Ereignis im Projektablauf bestimmte Assoziationen und Vorstellungen aus. Projektleiter sprechen hier etwa davon, dass es notwendig ist, sich „ein Bild zu machen“ und „Entwicklungen vorherzusehen“. Dabei ist eine wichtige Kompetenz, die Auswirkungen aktueller Entscheidungen für den weiteren Projektverlauf abzuschätzen. Typisch sind Äußerungen wie „ich sehe das wie einen Film“ oder „ich spiele das nicht nur in Gedanken durch, sondern versetze mich in die Situation hinein“. (Projektleiter, Automobilzulieferung) • Besondere Nähe: Eine erfolgreiche Zusammenarbeit in Projekten ist von funktionierenden persönlichen Beziehungen der Teammitglieder abhängig, wobei das „gemeinsame Tun“ im Zentrum steht. Dies setzt kooperative und vertrauensbasierte Strukturen voraus, die das Projektmanagement durch situatives und gegenstandsbezogenes Handeln herstellt. In den Meetings geht es um konkrete Fragen zur aktuellen Projektsituation, „was wurde abgearbeitet zum Vortag, was für neue Probleme sind aufgetreten“. Der Projektleiter arbeitet ohne „bestimmtes Schema oder irgendeine Liste, wo man abhakt“. Vielmehr geht es darum, die jeweiligen Situationen „zu deichseln“ und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. (Projektleiter, Anlagenbau) Im Rahmen des vorherrschenden Projektmanagements erscheint das subjektivierende Handeln allzu leicht als unprofessionell und nicht als eine besondere professionelle Kompetenz. Demgegenüber gilt es jedoch, zukünftig das subjektivierende Handeln in gleicher Weise wie das objektivierende Handeln systematisch zu beachten und zu fördern. 5 Subjektivierendes Handeln entwickeln In Bildungseinrichtungen, Schulen, Seminaren und Trainings liegt bisher der Schwerpunkt auf der Entwicklung eines objektivierenden Handelns. Eine wesentliche Rolle spielen dabei die Vermittlung und der Erwerb systematischen Wissens. Das subjektivierende Handeln wird demgegenüber als eine besondere Kompetenz zur Erreichung von Zielen und zur Lösung von Problemen kaum beachtet. Hier ist dringend eine Um- und Neuorientierung notwendig. Wie gezeigt, weist das subjektivierende Handeln eine besondere Methodik und Systematik auf. Diese ist zu erkennen und bewusst zu machen. Die für das subjektivierende Handeln notwendigen Fähigkeiten sind zwar grundsätzlich vorhanden - ebenso wie bspw. die Fähigkeit, logisch zu denken -, sie müssen jedoch in gleicher Weise wie die Fähigkeiten zu objektivierendem Handeln systematisch gefördert und zu einer besonderen professionellen Kompetenz entwickelt werden: explorativ-entdeckendes Vorgehen, spürendempfindendes Wahrnehmen sowie assoziativbildhaftes Denken. Notwendig sind hierzu besondere handlungs- und erfahrungsbezogene Formen des Lernens sowie ein unmittelbarer Bezug zur Praxis [12]. In Beratungen zur Organisationsentwicklung in Unternehmen und zur Befähigung der Mitarbeitenden, Veränderungen erfolgreich zu bewältigen, wurden in den letzten Jahrzehnten verstärkt Konzepte und Methoden angewandt, die neben dem kognitiv-rationalen Denken noch weitere menschliche Fähigkeiten einbeziehen und hierauf einen besonderen Schwerpunkt legen. Gemeinsam ist diesen Ansätzen, dass sie über die verstandesmäßig geleiteten, kognitiv-rationalen Elemente hinausgehen und den Menschen ganzheitlicher - Körper, Geist, Gefühle - betrachten. Sie adressieren das für Handlungsfähigkeit notwendige Sicherheitsgefühl, an die Stelle eines „kontrollierbaren Vorgehensplan“ tritt das Thema der „individuellen Sicherheit“, wobei zwei Richtungen erkennbar sind: 1. Sicherheit durch Modellbildung - dieses Modell wird auf die Situation in der Ungewissheit angewendet; 2. Sicherheit von innen, aus sich selbst heraus - hier ist Achtsamkeit mit sich und anderen ein wesentlicher Aspekt. Solche Ansätze müssen zukünftig aufgegriffen und in der zuvor umrissenen Perspektive für das Projektmanagement und die Projektarbeit weiterentwickelt werden. Damit verbunden ist die Erkenntnis, dass es für den Umgang mit Ungewissheit keine kleine schnelle Toolbox gibt, sondern das erfahrungsbasierte subjektivierende Handeln einen ständigen Lernprozess erfordert. 6 Fazit Die vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass das auf menschlichen Fähigkeiten beruhende sub- 08 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 jektivierende Handeln notwendig ist, um Ziele zu erreichen und Probleme zu lösen. Dies ist gerade auch im Projektmanagement, in dem das Leitbild planmäßig-rationalen Handelns vorherrscht, der Fall. Insbesondere in ungewissen Situationen sind solche Fähigkeiten unverzichtbar und gewährleisten Handlungsfähigkeit. Damit verweist das Konzept des subjektivierenden Handelns darauf, dass intentionales Handeln auf dem Zusammenwirken von objektivierendem und subjektivierendem Handeln beruht.  Schlagwörter Erfahrungswissen, Improvisation, Projektarbeit, subjektivierendes Handeln, Ungewissheit Kompetenzelemente der ICB 4.0 Perspective 5: Kultur und Werte; People 1: Selbstreflexion und Selbstmanagement; People 8: Vielseitigkeit; Practice 11: Chancen und Risiken Literatur [1] Harvard Business Manager 4/ 2017. Manager Magazin Verlagsgesellschaft, Hamburg 2017 [2] Kreiner, K.: The postmodern Epoch of Organization Theory. In: International Studies of Management & Organization 2/ 22, 1992, S. 37-52 [3] Böhle, F./ Heidling, E./ Neumer, J./ Kuhlmey, A./ Winnig, M./ Trobisch, N./ Kraft, D./ Denisow, K.: Umgang mit Ungewissheit in Projekten. Expertise für die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) e. V., Nürnberg 2016 [4] Merrow, E.: Industrial Megaprojects. John Wiley & Son, Hoboken 2011 [5] Winch, G. M./ Maytorena, E.: Managing Risk and Uncertainty on Projects. A Cognitive Approach. In: Morris, P. W. G./ Pinto, J. K./ Söderlund, J. (Hrsg.): The Oxford Handbook of Project Management. Oxford University Press, Oxford 2012, S. 345-364 [6] Simon, H. A.: Models of bounded rationality. MIT Press, Cambridge, London 1982 [7] Dietrich, R.: Communication in High Risk Environments. Helmut Buske Verlag, Hamburg 2003 [8] Weick, K./ Sutcliffe, K.: Managing the Unexpected. Jossey Bass, San Francisco 2001 [9] Suchman, L.: Plans and situated actions: The Problem of Human-Machine Communication. Cambridge University Press, New York 1987 [10] Böhle, F. (Hrsg.): Arbeit als subjektivierendes Handeln. Handlungsfähigkeit bei Unwägbarkeiten und Ungewissheit. Springer VS, Wiesbaden 2017 [11] Böhle, F./ Heidling, E./ Schoper, Y.: A new orientation to deal with uncertainty in projects. In: International Journal of Project Management, 34, 7, 2016, S. 1384-1392 [12] Bauer, H. G./ Munz, C.: Erfahrungsgeleitetes Handeln lernen - Prinzipien erfahrungsgeleiteten Lernens. In: Böhle, F./ Pfeiffer, S./ Sevsay-Tegethoff, N. (Hrsg.): Bewältigung des Unplanbaren. Westdeutscher Verlag, Opladen 2004, S. 55-76 Autoren Prof. Dr. rer. pol. Fritz Böhle; Studium der Soziologie mit Psychologie und Volkswirtschaftslehre, LMU München; Lehre und Forschung an der Universität Augsburg und ISF München; Forschungsschwerpunkte: Entwicklung von Arbeit und Organisation, Erfahrungswissen und subjektivierendes Handeln Anschrift: Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e. V. - ISF München, Jakob-Klar- Straße 9, 80796 München, Tel.: 0 89/ 27 29 21-0, E-Mail: Fritz.Böhle@isf-muenchen.de Dr. rer. pol. Eckhard Heidling; Studium der Politischen Wissenschaft, Wirtschaftswissenschaft, Soziologie, FU Berlin; Forschungstätigkeit im ISF München seit 1989; Forschungsschwerpunkte: international verteilte Arbeit, Projektarbeit, Qualifikation, Kompetenzentwicklung Anschrift: Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e. V. - ISF München, Jakob-Klar- Straße 9, 80796 München, Tel.: 0 89/ 27 29 21-0, E-Mail: Eckhard.Heidling@isf-muenchen. de Dipl. Inf/ TU Astrid Kuhlmey; Zusatzausbildungen in Projektmanagement, systemischer Beratung, Mediation; nach 35 Jahren im Linien- und Projektmanagement von Konzernen nun selbstständig und Eigentümerin einer Beratungsfirma zu Themen des Change- und Projektmanagements Anschrift: Hindenburgdamm 102 b, 12203 Berlin, Tel.: 0 30/ 74 07 17 17, E-Mail: kontakt@sicher-durch-veraenderung.de Dipl.-Soz. Judith Neumer; Studium der Soziologie, Sozialpsychologie und Politikwissenschaft, LMU München; Lehrtätigkeit an der LMU München 2007-2009, Forschungstätigkeit am ISF München seit 2009; Forschungsschwerpunkte: Erfahrungswissen und subjektivierendes Handeln, Entscheidungshandeln unter Unsicherheit Anschrift: Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e. V. - ISF München, Jakob-Klar- Straße 9, 80796 München, Tel.: 0 89/ 27 29 21-0, E-Mail: Judith.Neumer@isf-muenchen.de Corporate Quality Akademie Projektmanagement Einführungslehrgang per Fernlehre: www.cqa.de PM-Normen + Methoden info@cqa.de www.cqa.de 029161 908951 Anzeige UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 09 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Was wäre, wenn Projektbeteiligte sich nicht schreckhaft vor der Ungewissheit versteckten oder wie das Kaninchen vor der Schlage erstarrten, sondern sie mutig und einfallsreich an die Hand nähmen; ihr mit Offenheit und Aufmerksamkeit begegneten? Dann könnte in noch ungeübten lebendigen (agilen) Handlungs- und Spielräumen eine Vielzahl von „Ungewissheitskompetenzen“ entfaltet werden. Der Artikel geht der Fragen nach, was Projektmanager für den erfolgreichen Umgang mit Ungewissheit aus einem proaktiven und künstlerischen Zugang lernen können. Es wird aufgezeigt, dass ein Projekt als Veränderungsprozess wahrgenommen werden muss, um auch in Ungewissheit handlungsmächtig zu sein. Wir erläutern ein Prozessverständnis, das archetypische Weisheit mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und kulturellen Bildwelten zusammenführt: das Heldenprinzip ® . Diesen kokreativen Umgang mit Ungewissheit in der Projektarbeit stellen wir vor, um im Anschluss aufzuzeigen, welche Chancen und Voraussetzungen schöpferischen Arbeitsweisen für den Kompetenzaufbau innewohnen. 1 „Ich sehe was, was du nicht siehst“ Die eigentliche Ungewissheit, die „Unknown Unknowns“, werden in dem Artikel dieser Ausgabe „Ungewissheit in Projekten - neue Wege der Bewältigung“ als ein weitgehend „blinder Fleck“ im Projektmanagement sowie auch im Management insgesamt beschrieben. [3] Was wird unter einem „blinden Fleck“ verstanden? Laut der Naturwissenschaft entsteht ein „blinder Fleck“ an genau jenem Ort in unseren Augen, an dem der Sehnerv das Auge verlässt. Dort gibt es keine Fotorezeptoren, welche die Informationen der Umwelt in unser Gehirn weiterleiten; wir können also nicht alles vollständig erkennen. Das Besondere daran ist, dass wir ihn als „blinden Fleck“ nicht erfassen, weil unser Gehirn diese Lücke überbrückt. Wir fügen in der Wahrnehmung Wahrscheinlichkeiten zu einem neuen Bild zusammen und handeln danach. [4] Aus diesem Sachverhalt entwickelten die Autoren Joe Luft und Harry Ingham ihr einprägsames Modell „Johari Fenster“ zum Thema Selbst- und Fremdwahrnehmung: Darin zeigen sie unter anderem einen Bereich auf, wo der agierenden Person das eigene Verhalten nicht bewusst ist, ihrem Umfeld aber sehr wohl. Diesen Bereich nennen sie „blinder Fleck“. Er lässt sich auflösen, wenn durch transparente und ehrliche Kommunikation miteinander zusätzliche Auskünfte ein erweitertes Bild ergeben [5]. Im Alltag sprechen wir umgangssprachlich von einem „blinden Fleck“, wenn jemand etwas nicht zur Kenntnis nehmen will oder kann. Auch dort müssen Informationen und Zusammenhänge so ergänzt und verstanden werden, dass man mit ihrer Hilfe zu einem neuen Verhältnis zu sich selbst und den Sachverhalten findet. Was hat das mit unserem Thema zu tun? Führen wir im Kontext von „Ungewissheit in Projekten“ einmal zusammen, was zu einem übergreifenden Bild werden kann: • Ob es uns gefällt oder nicht, wir nehmen wahr, dass in unserer komplexen und disruptiven Arbeitswelt die Kategorien Planung, Steuerung und Kontrolle an ihre Grenzen stoßen und nicht mehr Garant für das Gelingen von Projekten sind. • Ob wir wollen oder nicht, Ungewisses, Unsicheres, Unwägbares sind prozessimmanente Faktoren der Projektarbeit und kein außergewöhnlicher Störfall. Niemandem kann dafür explizit die Schuld in die Schuhe geschoben werden. Die Quellen von Ungewissheit entspringen vielmehr vielfältigen Dynamiken oder deren Gemenge. Systemische, technische, klimatische, globale oder zwischenmenschliche Unvorhersehbarkeiten können Anstoß für ihre diversen Ausprägungen sein. • Ob wir einverstanden sind oder nicht, Ungewissheiten sind mit noch so detaillierter Vorausschau, planmäßig-rationalem Agieren und wissenschaftsbasierter Akribie nicht wegzuwi- Mit Ungewissheit Projekte meistern Die Kraft narrativer Muster und künstlerischer Prozesse Autoren: Nina Trobisch, Dieter Kraft >> Für eilige Leser Dieser Artikel möchte beitragen, Ungewissheit in Projekten anders wahrzunehmen und couragiert anzupacken: fühlend, spürend, analytisch, erkundend und experimentell. Er verweist auf einen Orientierungsrahmen und Arbeitsweisen, die helfen, nicht „trotz“, sondern „mit“ Ungewissheit die Herausforderungen zu bewältigen. Grundlage sind unter anderem eine Expertise für die GPM [1], in der Kreativwerkstätten für den Umgang mit Ungewissheit stattfanden, ein Forschungsprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung [2], wie das Experimentieren mit Ungewissheit in Projekten innerhalb der D-A-CH-Forschungswerkstätten. 10 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 schen und spielen in allen Phasen des Projektverlaufes mit, sowohl in der Planung, der Umsetzung als auch in der Implementierung. [6] Projektleiter könnten diese Tatsachen im Sinne des „blinden Flecks“ zusammenfügen und daraus ein neues Paradigma der Projektarbeit bilden. Denn wenn man der Ungewissheit Im Projektablauf nicht den notwendigem Stellenwert einräumt, der ihr gebührt, und sie lieber kleinredet, statt ihr auf Augenhöhe zu begegnen, kann sie tatsächlich die Büchse der Pandora öffnen. Und wer will das schon ... Die Akzeptanz der doppelten Ungewissheit, der „Unknown Unknowns“ ist der erste Schritt, die Projektrealität vertieft und erweitert zugleich wahrzunehmen - im Unterschied zu den drei heiligen Affen, die nicht sehen, nicht hören, nicht sprechen wollen. Dass eine vertiefte Wahrnehmung möglich ist, zeigen Kultur und Kunst immer wieder. Doch nicht nur Künstler, sondern auch Projektleiter können sich über schöpferische Methodiken Perspektivenvielfalt und Mehrdimensionalität aneignen. Künstlerisches Arbeiten in außerkünstlerischen Feldern, besonders in der Arbeitswelt, ist kein Neuland und hat seit Beginn des 20. Jahrhunderts Tradition [1]. Mit einem Instrumentarium von Kulturtechniken, die das Vertrauen in das eigene kreative Handeln stärken, ist ein vielfältiges Reservoir nutzbar. Dabei greift man je nach Bedarf den Reichtum künstlerisch-ästhetischer Methoden auf - wie Darstellende Kommunikation, Storytelling, Creative Writing, Improvisation, musikalisches Arbeiten, Arbeit mit Alltagsmaterialien, bildkünstlerische Elemente etc. 2 Ein gemeinsames Prozessverständnis für den Umgang mit Ungewissheit Projekte sind eng mit Veränderung verknüpft. In ihnen wird ein Produkt kreiert, eine Anlage gebaut, ein neues Unternehmen etabliert, eine Organisation umgestaltet. Über Projekte wird die Zukunft gestaltet [7]. Unabdingbar für ihr Gelingen ist, dass alle Beteiligten ein gemeinsam geteiltes Prozessverständnis entwickeln, in dem Ungewissheit als stabile Komponente komplexer Projekte vorkommt. So werden ihre Dynamiken überhaupt erst thematisierbar und bearbeitbar. Projekte können also nicht mehr nur in linear planbaren Meilensteinen getaktet werden, sondern müssen in ihrem ganzheitlichen Spannungsbogen erfasst und abgebildet werden. Ein tradiertes Erfahrungswissen der Menschheit und kollektive kulturelle Muster führen zum bildhaften Prozessverständnis eines mutigen Weges durch das unwägbare Ungewisse, dem zugleich eine immer ähnliche Schrittfolge zugrunde liegt. Eine Methode, um ein gemeinsames Prozessverständnis in Projekten zu generieren, ist das Heldenprinzip ® , das folgend beschrieben wird. Das Heldenprinzip ® als Orientierungsrahmen für den Umgang mit Ungewissheit Menschen überliefern seit Generationen existenzielle Einsichten mit Veränderung in Mythen, Geschichten und Filmen. In einer typischen Story Line manifestiert sich darin die Grundstruktur von Entwicklung, Wandel und Reifung. Wir alle haben als Teil des kollektiven Bewusstseins nach wie vor einen ganzheitlichen Zugang zu diesem Wissen. Das Heldenprinzip ® verdichtet diese universelle Gesetzmäßigkeit mit neuesten Wissensständen aus Management und Psychologie zur Dramaturgie der Veränderung. Es beschreibt einerseits die Akteure des Wandels (mythologisch: Helden & Heldinnen) und andererseits das Grundmuster von Veränderungsprozessen (mythologisch: „Heldenreise“ oder der „Monomythos des Helden“ nach Joseph Campbell). [8, 9] Mit diesem Orientierungsrahmen aus alter Weisheit und neuem Wissen ist die Grundstruktur von Veränderung für die Arbeitswelt und speziell auch für Projekte und Projektmanagement zugänglich gemacht. Sowohl subjektive als auch objektive Herausforderungen lassen sich somit verorten und gestalten. Das Heldenprinzip ® minimiert zwar nicht die Dynamiken des Weges, gibt jedoch die nötige Orientierung für alle Projektbeteiligten und macht den Prozess des Gelingens mit seinen Unwägbarkeiten beschreibbar, besprechbar, gangbar. Es ermöglicht eine Balance zwischen der unvermeidlichen Instabilität in und der notwendigen Stabilität für den Projektalltag [10, 11]. Wenn wir Prozesse so verstehen, wie sie in der Narration der „Heldenreise“ in Bild, Wort und Situation gefasst sind, wird der Unterschied zwischen einer noch so detaillierten Projektplanung und einem menschenorientierten Prozesszugang deutlich. Dort wird Veränderung vorrangig auf der fachlich-sachlichen Ebene entworfen und gesteuert, hier geht es um das wechselwirkende Zusammenspiel von rationalem und schöpferischem Handeln. Es eröffnen sich Möglichkeitsräume, die Selbstvertrauen, Selbstverantwortung und Kreativität fördern. Das Wissen um diese archetypische Dramaturgie, als geteiltes Wissen im Projektteam, löst ein Paradoxon: Es generiert Sicherheit für den unsicheren Weg, indem Unsicherheit akzeptiert wird. Dadurch entsteht eine ganzheitliche Vielfalt, die den „blinden Fleck überbrückt“. Wie verläuft dieser Weg für einen gelingenden Umgang mit Ungewissheit in Projekten? Jedes Projekt ist eine ganz eigene Expedition in das abenteuerliche Grenzgebiet zwischen konkreter Realität und universeller Analogie. Wie ein Kompass in unwegsamen Gefilden hilft das Heldenprinzip ® beim Navigieren in Komplexität. Eine stabile Struktur öffnet kreative Freiräume für den Umgang mit der Ungewissheit. Die Essenz von gebündeltem Wissen und persönlichem Erfahren führt vor Augen, wie gelingende Veränderungsprozesse ablaufen (müssen), und sie werden zum Gradmesser des Geschehens. [10] Aufbau und Spannungsbogen lassen sich für die Projektarbeit so zusammenfassen: Zyklus: Die Projektbeteiligten (Heldinnen & Helden) durchlaufen in komplexen Projekten einen Zyklus der Veränderung, der die vielschichtigen Denk-, Gefühls- und Handlungsebenen verbindet. Somit werden die einzelnen Schritte im Kontext zum Ganzen nachvollziehbar und steuerbar. Mit Blick auf den zyklischen Charakter eines Projektes wird greifbar, dass zwischen Anfang und Ende typische Themenschritte in ihren spannungsreichen Zusammenhängen zu erwarten sind. Der projekttypische Spannungsbogen kann den „blinden Fleck“ überschreiben und minimiert Unsicherheit in der jeweiligen Projektspezifik. Ebenen: Der Projektzyklus teilt sich in zwei grundsätzliche Ebenen. Die „bekannte Welt“ bezeichnet das vertraute Terrain, das gewohnt, messbar und rational durchdrungen ist. Die „unbekannte Welt“ umschreibt unvertrautes Terrain, das ungewohnt, unvermessen und rational allein nicht erschließbar ist. In diesen Landschaften befinden sich Unbestimmtheitszonen oder Möglichkeitsräume, wo Menschen immer wieder neu urteilen und entscheiden können/ müssen. Hier entsteht das Gefühl von Unsicherheit. Beide Ebenen sind geteilt durch eine Schwelle. Schlussfolgernd für den Umgang mit Ungewissheit in Projekten geht es um die Akzeptanz der Schwelle zwischen dem klar Erkennbaren und dem kognitiv noch nicht vollständig Darstellbaren. UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 11 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Es geht ebenfalls um die Akzeptanz von heterogenen Denk- und Handlungsmodi, die beide „Welten“ von Projektleitern und deren Teams zwingend fordern. Drei Akte: Die Projektbeteiligten (Heldinnen & Helden) bewegen sich durch die Phasen: „Aufbruch - Abenteuer - Rückkehr“. „Aufbruch“ aus der bekannten Welt des Handelns in eine Welt voller unwägbarer „Abenteuer“ im Ungewissen, aus denen neue Schätze (Erkenntnissen, Haltungen, Kompetenzen) erworben werden. Bei der „Rückkehr“ dient dieses Neue dazu, eine vertiefte Qualität von Problemlösungen zu verankern. Für die Projektarbeit ist wichtig, dass diese drei Phasen sowohl in ihrer differenzierten Ausprägung als auch in ihrer folgerichtigen Dynamik ernst genommen und gestaltet werden. Elf Szenen: In einer Schrittfolge von inneren und äußeren Bewährungssituationen, die gepflastert sind mit Höhen und Tiefen, Erprobungen und Bewährungen, Erfolgen, Stolpersteinen und Niederlagen, wird der herausfordernde Weg einer Projektarbeit zum Projekterfolg beschrieben. Aus den archetypischen Szenen der Heldenreise erkennen die Projektbeteiligten das Allgemeingültige und können so das für die jeweilige Situation Notwendige ableiten. Sie wissen um die typischen Protagonisten (Rollenverteilungen) und deren für den Projektablauf erforderliche Kompetenzen. Zusätzlich spüren sie, dass ihre Performance im Prozess stetig erweitert werden kann und muss. Im Grunde sind die einzelnen Schritte im Zyklus künstlich nicht zu beschleunigen; wie das berühmte Gras, das nicht schneller wächst, wenn man daran zieht. [10] Damit kennen alle Beteiligten die „Spielregeln“ und sind potenziell mit den Gedanken, Energien und Bildern des Prinzips erreichbar. Das gilt nicht nur für das aktuelle Projekt, sondern ist zugleich auch Wissenszuwachs für alle zukünftigen Reifungsschritte. Jeder Schritt hat dabei seine ganz eigene Bedeutung und essenzielle Berechtigung für den Projektverlauf. Jede Phase trägt gleichberechtigt zum Gelingen bei und kann zum Maßstab für den Erfolg oder Misserfolg des Projektes werden. Deshalb brauchen alle Beteiligten eine große Sensibilität und volle Aufmerksamkeit. Projektleiter sollten ein Klima des suchenden Erkundens eröffnen und eine Kultur von „Try and Error“ etablieren. Diese Kriterien sind Bestandteile einer transrationalen und schöpferischen Projektumsetzung. 3 Transrationale und schöpferische Arbeitsweise als neue Kompetenz In dem anfangs erwähnten Artikel heißt es „das subjektivierende Handeln (weist) eine besondere ‚Methodik‘ und ‚Systematik‘ auf ... Die für das subjektivierende Handeln notwendigen Fähigkeiten sind zwar grundsätzlich vorhanden - ebenso wie bspw. die Fähigkeit, logisch zu denken; sie müssen jedoch in gleicher Weise wie die Fähigkeiten zu objektivierendem Handeln systematisch gefördert und zu einer besonderen professionellen Kompetenz entwickelt werden: explorativentdeckendes Vorgehen, spürend-empfindendes Wahrnehmen sowie assoziativ-bildhaftes Denken. Notwendig sind hierzu besondere handlungs- und erfahrungsbezogene Formen des Lernens sowie ein unmittelbarer Bezug zur Praxis.“ [1] Was ist das Besondere an erfahrungsorientierten Lernformen in einem schöpferischen Prozess? [12] • Sie aktivieren die Sinne. • Sie arbeiten experimentierend, erkundend, erprobend. Abb. 1: Heldenprinzip ® - Kompass für Innovation & Wandel; Abbildung: Kerstin Kais 12 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 • Sie suchen Neues und machen es bewusst. • Sie lassen sich auf das Risiko des Unbekannten ein. • Sie verbinden Intuition mit Reflexion. • Sie agieren zieloffen, aber nicht ziellos. • Sie befreien von einengenden Richtig-falsch- Rastern. • Sie rechnen Versuche und Krisen ein. • Sie schaffen Augenhöhe zwischen den Beteiligten. • Sie fördern Zusammenarbeit und Gemeinsinn. • Sie ermutigen zum ganzheitlichen Zusammenspiel. • Sie stärken die kulturelle Kompetenz aller Beteiligten. • Sie erspüren und verändern Atmosphären. • Sie vertrauen der emotionalen Komponente Übungsfeld: Künstlerisches Arbeiten für den Umgang mit Ungewissheit Für beide Lernformen bietet sich ein Übungsfeld an, das im Projektmanagement noch ungewohnt ist: die Arbeit mit künstlerischen Mitteln und Methoden. Denn Kunst kann erkunden, entdecken, emotionalisieren, erproben, provozieren, erspüren, schöpfen, dialogisieren, irritieren, versinnlichen, lösen, aktivieren, beflügeln, ankern. Praktiken aus Theater, Musik, bildender Kunst etc. sind Mittel, um Unvorhersehbares freizusetzen. Das führt zu neuen Haltungen, neuen Inhalten, neuen Ideen. [13] Als Beispiel sei hier die künstlerische Recherche zum Umgang mit Ungewissheit in der In D-A-CH- Forschungswerkstatt 2016 erwähnt, wo Projektmanager sich freudvoll erprobten. Mit Alltagsmaterialien (Styroporplatten, Luftballons, Klebeband etc.) entstanden in Kokreation Skulpturen zu konkreten Themenstellungen in Projekten. Beim Bau der Artefakte vollzog sich unter den Teilnehmenden eine schöpferische Auseinandersetzung, die auf assoziativer Ebene Unerwartetes zum Ausdruck brachte. Im Ergebnis war der Raum erfüllt mit einer anderen Art der Verbundenheit unter den Teilnehmenden, dem Erstaunen, was sich im Unbekannten entdecken lässt, und einer Zuversicht, im Ausprobieren neuer Wege zu unerwarteten Ergebnissen zu kommen. Summa summarum: doppelte Handlungsfähigkeit im Ungewissen. Abfolge einer künstlerischen Intervention: 1. Schritt: Einen künstlerischen Impuls als Inspiration für thematische Auseinandersetzungen setzen 2. Schritt: Das exemplarische Agieren im offenen Prozess des Erkundens und Erprobens anregen 3. Schritt: Die Reflexion der Erfahrung von Werk und Prozess im Austausch mit sich und anderen initiieren 4. Schritt: Zur Implementierung des Neuen in den praktischen Arbeitszusammenhang ermutigen Diese Schrittfolge umschreiben wir mit dem Begriff „transrational“. Das Besondere an der transrationalen Arbeitsweise ist, wie sich das Analytische, das Ästhetische und das Performative miteinander verknüpfen. Das Analytische verschafft uns Zugang zu den Fakten, den empirischen Daten. Es ist untrennbar verknüpft mit einem nichtwissenschaftlichen Teil, nämlich Annahmen oder Konstrukten, welche die Fakten in einen größeren Zusammenhang stellen. Das Ästhetische heißt wahrnehmbar und fühlbar machen. Es lässt ein fortwährendes Wechselspiel unserer Wahrnehmung auf unterschiedlichen Ebenen zu und unterstützt die Erkundung von Unschärfe und Unbestimmtheit. Ästhetik hilft, Zusammenhänge, Glaubenssätze und sich selbst als Teil eines ganzheitlichen Geschehens zu erfahren. Im performativen schöpferischen Tun äußert sich die transformative Kraft der Beteiligten. Kreativität entfaltet sich im kreativen Prozess. Die ihn kennzeichnende Ungewissheit müssen wir erspüren und durchleben, um einen Zuwachs an Handlungsfähigkeit zu erhalten. Im Projektmanagement können künstlerische Vorgehensweisen Übungsfelder für den Umgang mit Ungewissheit sein. Ihr gestaltender Modus entspricht dem Bedürfnis von Menschen, enge Bezüge zwischen der Projektarbeit und dem eigenen Denken, Fühlen, Erleben herzustellen. In ungewohnten Perspektiven finden sie den Ausdruck für ihre eigenen Wahrnehmungen, spüren die Kraft der Gestaltung oder den Flow der Kokreation. Die Projektbeteiligten werden nicht nur funktional gesehen, sondern als kulturelle Wesen voll Vitalität und Inspiration wertgeschätzt. 4 Zusammenfassung Da Ungewissheit einen wichtigen Parameter im Projektmanagement darstellt, sind Projektleiter aufgefordert, mit ihren Teams in einer lebendigen Wechselwirkung von rationalem und schöpferischem Modus zu arbeiten. Dies gelingt zum Ersten durch ein gemeinsames Projektverständnis aller Beteiligten für den dynamischen Spannungsbogen in Projekten. Der ganzheitliche Orientierungsrahmen, wie ihn das Heldenprinzip ® beschreibt, dient dem Erkennen, Erspüren, Verorten und Gestalten - das gibt Stabilität im Instabilen. Zum Zweiten ermöglicht die Entfaltung transrationaler Kompetenzen, wie sie in künstlerischen Arbeitsweisen erprobt wurden, eine erweiterte Kommunikation über den Projektalltag. Das Sinnbild der Held/ -innen steht für die Fähigkeit und die Bereitschaft aller Projektbeteiligten, Projekte innovativ und verantwortlich zu gestalten - mit Mut und Kraft, Klugheit und allen Sinnen, Sensibilität und Kreativität. Der aufreibende Pfad eines Heldenweges verdeutlicht, was Abb. 2: Künstlerische Intervention in der D-A-CH-Forschungswerkstatt 2016; Fotos: Raimo Hübner UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 13 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 notwendig ist, dieses Expertentum zu erringen. Daher sind Heldinnen und Helden für uns gleichzusetzen mit Projektteams. Komplexere Informationen, assoziative Bilder, flexiblere Handlungsoptionen überschreiben den „blinden Fleck“. So können Projekte nicht „trotz“, sondern „mit“ Ungewissheit gemeistert werden. Ziel des Artikels ist es, dies couragiert und kompetent zu tun!  Literatur [1] Böhle, F./ Heidling, E./ Neumer, J./ Kuhlmey, A./ Winnig, M./ Trobisch, N./ Kraft, D./ Denisow, K.: Umgang mit Ungewissheit in Projekten. Expertise für die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) e. V., Nürnberg 2016 [2] www.heldenprinzip.de/ forschung, Innovationsdramaturgie nach dem Heldenprinzip [3] Böhle, F./ Heidling, E./ Kuhlmey A./ Neumer, J.: Ungewissheit in Projekten - neue Wege der Bewältigung. In: projekt Management aktuell 1/ 2018, Köln [4| www.dasgehirn.info/ wahrnehmen/ sehen/ interaktiv-blinder-fleck [5] www.wikipedia.org/ wiki/ Johari-fenster [6] Biehl-Missal, B.: Wirtschaftsästhetik. Gabler-Springer, Wiesbaden 2011 [7] Huemann, M./ Andratsch, D./ Ringhofer, C.: Ungewissheit mit System. Systemaufstellungen als Next Practice im Projektstakeholder- Management. In: projektManagement aktuell 1/ 2018, Köln [8] Campbell, J./ Moyers, B.: Die Kraft der Mythen. Artemis & Winkler, Düsseldorf/ Zürich 2007 [9] Campbell, J.: Der Heros in tausend Gestalten. Insel, Frankfurt am Main 1999 [10] Schildhauer, T./ Trobisch, N./ Busch, C. (Hrsg.): Heldenprinzip ® Kompass für Innovation und Wandel. Verlag Universität der Künste, 2012 [11] Schildhauer, T./ Trobisch, N./ Busch, C. (Hrsg.): Magie und Realität vom Heldenprinzip heute - Arbeitsbuch für Wirtschaft, Wissenschaft und Weiterbildung. Monsenstein & Vannerdat, Münster 2011 [12] Hüther, G.: Wer wir sind und wer wir sein könnten. Fischer, Frankfurt am Main 2013 [13] Sachs, S./ Hildegard, K.: Die rote Blume - Ästhetische Praxis in Zeiten des Wandels. 2013 Schlagwörter Change Management, Heldenprinzip, Heldenreise, künstlerische Interventionen, Kunst, Projektmanagement, Ungewissheit, Veränderung Kompetenzelemente der ICB 4.0 Perspective 5: Kultur und Werte; People 1: Selbstreflexion und Selbstmanagement; People 5: Führung; People 6: Teamarbeit; People 8: Vielseitigkeit; Practice 11: Chancen und Risiken; Practice 13: Change und Transformation Autoren Nina Trobisch, Dramaturgin für Change & Innovation, ist Theaterwissenschaftlerin, systemische Beraterin und Gestalttherapeutin. Sie leitete das BMBF-Forschungsprojekt „Innovationsdramaturgie nach dem Heldenprinzip ® , den Zertifikatskurs an der Universität der Künste Berlin und entwickelte daraus ein transrationales Beratungsmodell. Anschrift: Lumen GmbH, Weydingerstraße 14-16, 10187 Berlin, Tel.: 01 78/ 3 96 64 72, E-Mail: Trobisch@heldenprinzip.de Dieter Kraft ist Integrativer Kunsttherapeut (EAG) und Coach für Führungskräfte mit dem Schwerpunkt Theatrale Kommunikation sowie Gastdozent für Wissens-, Konflikt- und Changemanagement an der FH Wien. Er begleitete das BMBF-Forschungsprojekt zum Heldenprinzip ® und ist Dozent des Zertifikatskurses an der Universität der Künste Berlin. Anschrift: Tel.: 01 76/ 23 46 50 39, E-Mail: dekraft@gmx.de Anzeige 14 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Das Projektmanagement hat bisher als Methode zum Umgang mit zukünftigen, nicht eindeutigen Entwicklungen vorwiegend das Risikomanagement angewendet. Doch nicht für alle Unwägbarkeiten lassen sich Risiken als mögliche Zielabweichungen mit Wahrscheinlichkeiten definieren. „Ich habe da so ein Bauchgefühl, dass das nicht funktioniert“ oder: „Vielleicht ist da noch mehr drin? “ Jeder kennt dieses Gefühl, dass es im eigenen Projekt Unwägbarkeiten geben wird, die sich nicht in einem Risiko abbilden oder bewerten lassen und die nicht mit den klassischen Maßnahmen beherrschbar und kontrollierbar scheinen. Wie können Projektmanager mit Ungewissheit besser umgehen lernen und sogar die Chancen darin nutzen? Der Artikel zeigt auf, welche Strategien zum Umgang mit Ungewissheit in unterschiedlichen Kulturen vorhanden sind und was Projektmanager daraus für sich ableiten können. 1) Sicherheit, Unsicherheit, Risiko und Ungewissheit Die Unterscheidung zwischen Ungewissheit und Unsicherheit gibt es im Westen seit dem 19. Jahrhundert. Sie geht zurück auf die Erfinder der Entscheidungstheorie bei Unsicherheit, Bernoulli und Bayes. Neumann und Morgenstern, die 1961 aus den Unsicherheitsdiskussionen der Österreichischen Schule die Theorie der Spiele begründeten, schufen die Theorie der Entscheidungen bei Unsicherheit in den Wirtschaftswissenschaften. Damit begründeten sie auch zugleich die Grundlagen für die statistische Entscheidungstheorie. [1] Abbildung 1 basiert auf der Entscheidungstheorie und verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen den vier Aspekten Sicherheit, Unsicherheit, Risiko und Ungewissheit: • Von Sicherheit wird gesprochen, wenn angenommen werden kann, dass der Entscheider das Ergebnis einer Aktion eindeutig vorhersagen kann. [3] • Als Unsicherheit wird hingegen eine Situation bezeichnet, in der dem Entscheider bekannt ist, dass es mehrere mögliche Ergebnisse geben kann und bestimmte zukünftige Ereignisse eintreten können. [1, 3] • Ein Risiko liegt dann vor, wenn für diese zukünftigen Ereignisse Wahrscheinlichkeiten ihres Auftretens vorliegen und dem Entscheidenden bekannt sind. Diese Wahrscheinlichkeiten werden als objektiv bezeichnet, weil jede beliebige Person diese Wahrscheinlichkeiten erfahren kann. [1] • Ungewissheit liegt hingegen dann vor, wenn für das Eintreten zukünftiger Zustände der Umwelt oder Ereignisse keine objektiven Wahrscheinlichkeiten vorliegen, der Entscheidende sich aber eine subjektive Vorstellung davon bilden kann. Diese subjektiven Wahrscheinlichkeiten entsprechen den Graden der Ungewissheit über die zukünftige Situation. [1] Oft wird auch zwischen Risiken als den „Known Unknowns“ und Ungewissheit als den sogenannte „Unknown Unknowns“ unterschieden. Unsicherheitsvermeidung Von jeher beschäftigen sich die Menschen in allen Kulturen mit der Zukunft und der ihr innewohnenden Ungewissheit. Astrologen, Hellseher, Was der Westen vom Osten lernen kann Ungewissheit in Projekten nutzen Autorinnen: Yvonne Schoper, Martina Huemann >> Für eilige Leser Jede Projektmanagerin und jeder Projektmanager kennt das Gefühl, dass es im Projekt Unwägbarkeiten gibt, die sich nicht in einem Risiko bewerten lassen und mit Maßnahmen zu kontrollieren und zu beherrschen sind. Wir sprechen hierbei von Ungewissheit. Der folgende Beitrag zeigt die Entwicklung im Umgang mit Ungewissheit im westlichen und östlichen Kulturkreis in den vergangenen Jahrhunderten auf und kommt zum Schluss, dass eine gelassene, angstfreie Haltung der Ungewissheit gegenüber dem Projektmanager helfen kann, nicht nur Gefahren abzuwehren, sondern vielmehr die Chancen für das Projekt zu erkennen und aktiv zu ergreifen. Das Management von Projekten geschieht immer unter Ungewissheit. Erfolgreiche Projektmanager nutzen Veränderungen proaktiv für ihr Projekt. 1) Im Text wurde in Absprache mit den Autorinnen aus Gründen der besseren Lesbarkeit immer nur die männliche Form gewählt. Selbstverständlich sind damit auch weibliche Akteure gemeint. UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 15 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Kartenleger, Schamanen und Weise haben Entscheidungsträger, seien es Herrscher oder Feldherren, seit jeher bei wichtigen Zukunftsentscheidungen beraten, indem sie ihnen die Ungewissheit bei ihren Entscheidungen nahmen. In allen Kulturen der Welt war und ist dies teilweise noch heute zu beobachten, ob im antiken Griechenland, im alten China, im antiken Ägypten, bei den Inkas und Mayas in Lateinamerika oder bei afrikanischen Stämmen. So wird auch heute im modernen China kein Vertrag an einem Tag unterzeichnet, wenn dieser gemäß chinesischem Horoskop nicht günstig erscheint. Den Menschen in allen Kulturen ist gemeinsam, mehr über ihre ungewisse Zukunft zu erfahren, um ihre Neugier zu befriedigen, ihre Furcht davor zu besänftigen oder um dadurch einen Wissensvorsprung gegenüber anderen zu erhalten. Dabei haben die meisten Menschen in den westlichen Kulturen Angst vor der Ungewissheit und versuchen diese daher weitestgehend zu vermeiden. Denn wir haben in der Regel nicht gelernt, mit Ungewissheit umzugehen und diese zu akzeptieren. Gemäß der renommierten GLOBE-Studie versuchen insbesondere Manager in Deutschland, Österreich und der Schweiz wie auch in anderen westlichen Ländern die Ungewissheit eher zu vermeiden. Während ihre Kollegen in anderen Teilen der Welt Unsicherheit eher als den natürlichen Lauf der Dinge annehmen können. Robert House, Kulturwissenschaftler und Autor der GLOBE-Studie, bezeichnet mit der Kulturdimension „Unsicherheitsvermeidung“ (engl.: Uncertainty Avoidance) ein wesentliches für eine Kultur charakteristisches, soziales Verhalten einer Gruppe. Dabei definiert er Unsicherheitsvermeidung wie folgt: „das Ausmaß, in dem eine Gesellschaft, Organisation, oder eine Gruppe auf soziale Normen, Regeln und Vorgehensweisen vertraut, um die Unvorhersehbarkeit zukünftiger Ereignisse abzumildern“. [4] Ein Kulturkreis, der gelassen mit Ungewissheit umzugehen gelernt hat, ist das konfuzianisch geprägte Ostasien. Dazu gehören die Länder China, Taiwan, Hongkong, Korea und Japan, aber auch das stark von den Chinesen geprägte Singapur. In der Kulturdimension „Unsicherheitsvermeidung“ weisen die Mitglieder dieser Kulturen mit Ausnahme von Japan eine außergewöhnlich geringe Tendenz zu Unsicherheitsvermeidung auf. Wenn daher nachfolgend von „dem Osten“ gesprochen wird, dann ist dieser ostasiatische Kulturraum gemeint, der ca. 1,5 Mrd. Menschen umfasst. Wenn nachfolgend von „dem Westen“ die Rede ist, dann ist der europäische Kulturraum gemeint, der heute die Nationen Griechenland, Italien, Frankreich, Spanien, Portugal, Deutschland, Österreich, die Schweiz, Tschechien, Polen, Slowenien, die Slowakei, Ungarn, Kroatien, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Großbritannien, Irland, das Baltikum und Skandinavien umfasst. Mit Ausnahme der angelsächsischen und skandinavischen Länder zeichnen sich die Mitglieder dieser westlichen Kulturen durch eine hohe bis sehr hohe Unsicherheitsvermeidungstendenz aus. Dieser europäische Kulturraum umfasst knapp 500 Mio. Einwohner. Umgang mit Ungewissheit im Westen Seit Jahrtausenden geht es den Menschen darum, Strategien für den Umgang mit Ungewissheit zu finden. Während es in der Antike noch eher um die persönliche Sicherheit ging, wurde später versucht, die Frage nach der Sicherheit der Sphäre des Schicksals systematisch zu entziehen. Bis zum Mittelalter waren die transzendenten Instanzen für die Ungewissheit zuständig, erst in der Neuzeit begann sich dies auf den Menschen und die von ihm beeinflussbaren Ordnungsinstanzen zu verschieben. [5] Die Entwicklung von der traditionellen Agrargesellschaft zur modernen industriellen Gesellschaft wird in den Sozialwissenschaften als Übergang von Stabilität und Sicherheit hin zu Wandel und Unsicherheit beschrieben [6]. Das Leitbild in Europa wurde die „Naturbeherrschung“ und damit die Überzeugung, dass man „alle Dinge - im Prinzip - durch Berechnen beherrschen könne“ [7] mit der Folge, dass die Naturwissenschaften zum Symbol der modernen Wissenschaft wurden. Immer größere wissenschaftlich-technische Erfolge wie die Erfindung der Dampfmaschine, der Gasturbine, des Automobils, des Flugzeugs, der Atombombe bis hin zur Mondlandung untermauerten diese Einstellung. Das Leitbild der Beherrschung der Natur und die Herstellung von Gewissheit wurden zum Kennzeichen erfolgreichen Handelns in den westlichen Gesellschaften. Der zunehmende Taylorismus Anfang des 20. Jhd. in der Industrie führte im nächsten Schritt dazu, dass auch die Prozesse in den einzelnen Bereichen der Organisationen zunehmend stabiler, sicherer, beherrschter und auch berechenbarer wurden. Dadurch konnte die Qualität gesteigert werden bei gleichzeitiger Senkung der Kosten. In den Unternehmen und in der Betriebswirtschaftslehre wurde die Maxime definiert, dass erfolgreiches Handeln die Beherrschung der Prozesse und die Herstellung von Gewissheit durch die Planbarkeit, Steuerbarkeit und Kontrol- Abb. 1: Klassifikation von Entscheidungen auf Basis der vorhandenen Informationen [2] 16 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 lierbarkeit der technischen, betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Abläufe ist. Parallel zu der Entwicklung der Arbeitsteilung in den Linienbereichen von Organisationen nimmt die Projektarbeit in den westlichen Kulturen seit den 1970er-Jahren kontinuierlich zu. Projekte sind jedoch aufgrund ihrer Einmaligkeit als wesentliche Eigenschaft von ihrer Natur her unsicher. Weder die Erreichung der Projektziele noch der Weg dahin können mit Gewissheit vorhergesagt werden. In Projekten ist Ungewissheit normal. Die bislang einzige Methode, die das Projektmanagement zum Umgang damit entwickelt hat, ist das Risikomanagement. Dabei wird in den Projekten meist nicht zwischen Risiko und Ungewissheit unterschieden. Da das Risikomanagement die einzige Methode des Umgangs mit der unsicheren Zukunft in Projekten darstellt, ist es das Bestreben der meisten westlichen Projektmanager, die Ungewissheit im Projekt in ein Risiko zu überführen und diese mit entsprechenden Maßnahmen zu reduzieren bzw. zu beseitigen. Dies hat jedoch zur Folge, dass das Potenzial von Ungewissheit in Projekten zu wenig oder gar nicht genutzt wird. Denn Ungewissheit ist per se nicht negativ. Sie führt zwar zu Änderungen im Projekt, aber hat das Potenzial, den Nutzen des Projektes zu steigern. Diese Möglichkeit einer Verbesserung wird als Chance bezeichnet. Aber das Management von Chancen unterscheidet sich wesentlich vom Risikomanagement [8]. Für das Chancenmanagement sieht das Projektmanagement jedoch noch keine spezifischen Methodiken vor. Umgang mit Ungewissheit im Osten Parallel zu der Entwicklung im Westen hat sich in Ostasien ein völlig anderer Umgang mit Ungewissheit herausgebildet. Das Konzept der Ungewissheit ist in China direkt mit dem „I Ging - das Buch der Wandlungen“ verbunden, ein 3.000 Jahre alter Text und das älteste und wichtigste Buch der chinesischen Klassik, auch die „Chinesische Bibel“ genannt. Sein Grundprinzip ist das Gesetz des Wandels, das besagt, dass immer alles im Wandel ist. Die Beobachtung der Prinzipien der Natur führte zu der Erkenntnis, dass der Wandel immer einer spezifischen Struktur folgt. Im Lauf der Zeit hat sich das I Ging von einem Orakelbuch in das Buch der Weisheit verwandelt, da es alle Phasen des menschlichen Lebens beinhaltet. Das I Ging hatte großen Einfluss auf die zwei wesentlichen chinesischen Philosophien, den Konfuzianismus und den Taoismus. Beide entstanden 500 v. Chr. in China und ihre Grundprinzipien sind heute noch immer im ostasiatischen Denken präsent. Auf Basis des I Ging haben die Chinesen in den folgenden Jahrhunderten eine völlig andere Herangehensweise an Ungewissheit als der Westen entwickelt: nämlich die Haltung, sich auf die Chancen zu konzentrieren, sorgfältig die Umgebung und die Situation zu beobachten und dann den richtigen Moment zu nutzen [8]. Entsprechend haben die Chinesen tausende Jahre Erfahrung im Umgang mit Ungewissheit, Ambiguität und Risiken [9], was ihnen ein großes Maß an Selbstbewusstsein und Vertrauen in die Wirksamkeit ihrer bewährten, erfolgreichen Methoden gibt. Folglich legen chinesische Projektmanager mehr Aufmerksamkeit auf die Handhabung der Veränderung und des Wandels in Projekten, da Projekte von Natur her immer ungewiss sind. Hauptaufgabe eines Projektmanagers in China ist es demnach, die Veränderungen im Projekt, die aus der Ungewissheit resultieren, zu managen. Die Aufgabe ist es, einerseits zu verhindern, dass die Veränderungen zu negativen Zielabweichungen führen und andererseits diejenigen Veränderungen, die zu positiven Zielabweichungen führen, zu fördern. Die Hauptaufgabe im Selbstverständnis eines erfolgreichen chinesischen Managers ist es, schlechte, unerwartete Entwicklungen in gute Ereignisse zu verändern. Gemäß dieser Vorstellung sind alle Projektziele, Termine, Kosten und Qualität im Verlauf des Projektes veränderbar. Daher ist es die Hauptaufgabe des Projektmanagers, sich auf das Änderungsmanagement zu fokussieren, um mit diesen Änderungen umzugehen. Ein Projektmanager sollte sich hauptsächlich auf das Managen der Ungewissheit, der Änderungen und Risiken konzentrieren. Im Gegensatz zu den Sicherheiten, da diese nicht gemanagt werden müssen. [10] Der Unterschied zwischen dem Westen und dem Osten Der Unterschied zwischen dem Umgang mit Unsicherheit im Osten und im Westen besteht unter anderem darin, dass die alten Griechen erst ein Modell definierten, dann das Ziel und dann planten, wie sie den Plan umsetzen sollten. Erst das Modell und dann die Realisierung des Modells; das ist das westliche Konzept des scharfen Verstands, dessen es bedarf, um einen Plan zu erstellen, und eines starken Willens, um dieses Ideal umzusetzen [10]. Im Vergleich zur chinesischen Herangehensweise des Bewertens einer Situation hinsichtlich ihres Potenzials und dann zu entscheiden, was als Nächstes zu tun ist. Diese Herangehensweise ist flexibler, da sich sowohl die Situation als auch die Umfeldfaktoren und das Ziel jederzeit verändern können. Diese die jeweiligen Umstände berücksichtigende Herangehensweise wird von Westlern jedoch oft missverstanden und als Passivität und das Fehlen von spezifischen Zielen fehlinterpretiert [10]. Doch gerade in zunehmend ungewissen Zeiten, in denen ein zunächst unscheinbares Ereignis eine große Auswirkung auf das Projekt, die Organisation oder das Leben haben kann, ist der westliche, modellbildende, planerische Ansatz von Nachteil, da er auf stabilen, sich nicht verändernden Prinzipien beruht. Im Gegensatz zum variablen, flexiblen, agilen Vorgehen der Asiaten, die eine große Erfahrung im Umgang mit sich verändernden Rahmenbedingungen entwickelt haben und entsprechend gewohnt sind, schnell und sicher reagieren zu können. Die Kulturen des Westens und des Ostens haben sich in den vergangenen 2.500 Jahren ihrer Kulturgeschichte in unterschiedliche Richtungen entwickelt. Da es in dieser Zeit nur sehr wenig Austausch zwischen den beiden Kulturräumen gab, haben sich die beiden Kulturräume kontinuierlich auf Basis ihrer jeweiligen Annahmen und Philosophien weiterentwickelt. In der nachfolgenden Tabelle 1 sind die Unterschiede zwischen dem östlichen und dem westlichen Verständnis insbesondere im Hinblick auf den Umgang mit Ungewissheit und die resultierenden Konsequenzen für das Management von Projekten zusammenfassend dargestellt. Next Practices zum Umgang mit Ungewissheit Sowohl die Menschen im Osten, als auch in Europa haben eine Reihe von Ansätzen geschaffen, um mit der Herausforderung der Ungewissheit besser umgehen zu lernen. Einige dieser Methoden, die die Teilnehmenden der D-A-CH- Forschungswerkstätten kennengelernt und als wertvolle Unterstützung erlebt haben, verstehen Ungewissheit als gegeben und unterstützen den konstruktiven Umgang, um auch die Chancen, die darin verborgen sind, zu erkennen. Hier genannt werden sollen der intuitiv-spürende Umgang mit Ungewissheit [12], die Wu-De- Methode [13], der Ansatz der Heldenreise [14] und die systemischen Aufstellungen für Projekt- UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 17 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 stakeholder-Management [15]. Allen diesen Next Practices gemeinsam ist die Haltung, dass Ungewissheit in Projekten etwas Natürliches ist und Projektmanager und ihre Projektteams sich auf die Veränderung einlassen können und sollen. Die Zeiten des vollkommenen Kontroll- und Beherrschbarkeitsanspruchs im Projektmanagement sind vorbei. Während früher davon ausgegangen wurde, dass Unsicherheit mit mehr Detaillierung in den Projektplänen und genaueren Spezifizierungen beherrscht werden kann, wissen erfolgreiche Projektmanager heute, dass der Lauf der Dinge nicht den Plänen folgt. Erfolgreiche Projektmanager sind heute erfolgreiche Manager der Veränderung, sie können mit Widersprüchen umgehen, behalten den Blick für das Ganze und gestalten gemeinsam mit ihren Teams die Zukunft. Dafür bedarf es Professionalität, Erfahrung und Vertrauen sowohl in sich selbst als auch in die anderen. Lernen des Umgangs mit Ungewissheit Sowohl die theoretische Betrachtung, die praktische Erfahrung in allen Arten von Projekten als auch die drei D-A-CH-Forschungswerkstätten 2014 bis 2016 haben gezeigt, dass auch in Zukunft die Ungewissheit in Projekten nicht ausgeschaltet werden kann. Projektmanager als Manager von Veränderung haben gelernt, die Ungewissheit anzunehmen, mit ihr umzugehen und Chancen zu erkennen und zu nutzen. Dabei gibt es verschiedene Wege, Ungewissheit akzeptieren zu lernen. Eine Möglichkeit ist, die eigene Komfortzone bewusst zu verlassen und so zu entdecken, dass Ungewissheit nicht beängstigend ist, sondern unsere Instinkte schärft und sogar Spaß machen Östlicher Ansatz Westlicher Ansatz Wesentliche Gedankenschulen Buddhismus, Konfuzianismus, Taoismus, Zen Judentum, Christentum, Aufklärung, Logik, Rationalität, Wissenschaftlichkeit Wesentliche Prinzipien • Kosmische Einheit von Mensch, Natur, Erde und Kosmos • Zirkuläres Verständnis basierend auf dem Prinzip der unendlichen Wiederholung • Selbstbefreiung vom falschen „Ich“ hin zum wahren „Ich“ • Verhaltensethik • Der Mensch als Abbild Gottes • Lineare Sicht auf die Dinge: Alles hat einen Anfang und ein Ende. • Leben ist Dienen (Gott, Geld, Geschäft, soziales Engagement …) • Ausrichtung des Lebens zur Erreichung der Ziele (Erfolg, Ruhm, Glück ...) Suche nach der Wahrheit • Systemischer Ansatz: Alles ist mit allem verbunden. • Die Wahrheit ist bereits vorhanden und muss nicht bewiesen werden. • Suche nach der Wahrheit im Inneren durch Meditation und gutes Leben • Suche außerhalb des eigenen Ichs • Die Wahrheit muss bewiesen werden. • Fokus auf der Grundlagenforschung, um die Wahrheit zu entdecken Werte und Glaubenssätze Die Wahrheit liegt im Inneren. Das Wertvolle liegt im Inneren verborgen. Erfolg und Glück kann jeder erreichen, wenn er nur hart arbeitet. Zukunft Die Zukunft wird durch das eigene Handeln beeinflusst. „Studiere die Vergangenheit, wenn du die Zukunft wissen willst.“ (Konfuzius) Die Zukunft ist unbekannt. Das Schicksal ist von Gott bestimmt und hängt nur zu einem geringen Teil vom eigenen Handeln ab. Umgang mit Ungewissheit Alles ist ständig im Wandel. Entsprechend ist Ungewissheit immer da. Man kann sie für sich zu seinem Vorteil nutzen. Die Zukunft ist ungewiss. Ungewissheit ist beängstigend. Das zuzugeben ist jedoch eine Schwäche. Projektmanagementansatz Konzentration auf die Unwägbarkeiten im Projekt, die es in Chancen umzuwandeln gilt Erst das Ziel, dann der Plan und dann die Umsetzung Ungewissheit bringt Unruhe in die stabile Ordnung und ist unerwünscht. Tab. 1: Vergleich zwischen Ost und West; in Anlehnung an [11] 18 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 kann. Viele tun dies zum Beispiel unbewusst im Urlaub. Mit wenig Bargeld, ohne Kreditkarte und ohne lokale Sprachkenntnisse auf eigene Faust ein fremdes Land zu entdecken oder sich durch die Natur zu kämpfen, sei es auf dem Segelboot oder zu Fuß die Alpen zu überqueren, den Dschungel oder die Wüste, um nur ein paar Beispiele zu nennen, ist ein Erlebnis, das uns beibringt, uns wieder auf unsere Instinkte zu verlassen, ihnen zu vertrauen und ein neues Selbst-Bewusstsein im Umgang mit Ungewissheit entwickeln. Eine andere Möglichkeit, mit Ungewissheit umgehen zu lernen, haben die Teilnehmer der Forschungswerkstatt 2016 in Berlin kennengelernt, als die Aufgabe war, eine kreative Skulptur gemeinsam im Team zu bauen, jedoch mit verbundenen Augen und schweigend. Auch bei diesem Experiment war die Erkenntnis bei allen Teilnehmenden, dass der Umgang mit Ungewissheit Spaß macht und lange verloren geglaubte Fähigkeiten und Potenziale neu aufdecken kann. [14] In unserer zunehmend ungewissen VUCA-Welt geht es darum zu lernen, die uns im Westen innewohnende Furcht vor der Ungewissheit zu überwinden, Resilienz im Umgang mit ihr zu erlernen und die Ungewissheit als Chance wahrzunehmen. „Die Menschen bevorzugen meist die Unzufriedenheit gegenüber Ungewissheit“, sagt der Lebensberater Tim Ferriss. Das sollte jedoch nicht für Projektmanagerinnen und Projektmanager gelten. Fazit Dieser Beitrag hat aufgezeigt, dass westliche Projektmanager vom ostasiatischen Kulturkreis einen positiven, gelassenen Umgang mit Ungewissheit lernen können. Gutes Projektmanagement zeichnet sich zunehmend dadurch aus, die der Ungewissheit innewohnenden Chancen für das Projekt zu erkennen, aktiv zu nutzen und umzusetzen. Im Projektmanagement finden agile und hybride Ansätze immer mehr Eingang, um flexibel auf neue Entwicklungen sowohl im Projektumfeld als auch im Projekt selbst reagieren zu können. Damit ändert sich sowohl die Rolle des Projektmanagers als auch des Projektauftraggebers zunehmend. Erfolgreiche Projektmanager sind in Zukunft erfolgreiche Manager der Veränderungen. Sie verfügen über unternehmerische Kompetenzen und gestalten mit ihren Teams aktiv die Zukunft. Das Erlernen der Kompetenz des erfolgreichen Umgangs mit Ungewissheit sollte daher zukünftig verstärkt auch Teil einer guten Projektmanagementausbildung sein.  Literatur [1] Albach, H.: Beiträge zur Unternehmensplanung. Springer Verlag, Wiesbaden 1979 [2] www.swot-analyse.biz/ multikriterielleentscheidungsanalyse, Stand: 17.11.2017 [3] wirtschaftslexikon.gabler.de/ Archiv/ 9325/ unsicherheit-v14.html. Gabler Verlag [4] House, R./ Hanges, P./ Javidan, M./ Dorfman, P. W./ Gupta, V.: Culture, Leadership, and Organizations: The Globe Study of 62 societies. Sage Verlag, 2004 [5] Lindenau, M./ Münkler, H.: Vom Orakel zur Risikoanalyse: Figurationen von Sicherheit und Risiko. In: Lindenau, M./ Meier Kressig, M. (Hrsg): Zwischen Sicherheitserwartung und Risikoerfahrung: Vom Umgang mit einem gesellschaftlichen Paradoxon. Transcript Verlag, 2014 [6] Böhle, F.: Handlungsfähigkeit mit Ungewissheit - neue Herausforderungen und Ansätze für den Umgang mit Ungewissheit. In: Jeschke, S./ Jakobs, E.-M./ Dröge, A. (Hrsg.): Exploring Uncertainty: Ungewissheit und Unsicherheit im interdisziplinären Diskurs. Springer Gabler Verlag, 2013 [7] Weber, M.: Wissenschaft als Beruf. Edition Holzinger, 1919 [8] Lechler, Th./ Gao, T.: The Silver Lining of Project Uncertainties. PMI, 2013 [9] Jullien, F.: Vortrag vor Managern über Wirksamkeit und Effizienz in China und im Westen. Merve Verlag, Berlin 2006 [10] Qi, A./ Zheng, L.: Project Risk Management: A Chinese Perspective. In: Bodea, C./ Purnus, A./ Huemann, M./ Hajdu, M. (Hrsg.): Managing Project Risks for Competitive Advantage in Changing Business Environments. IGI Global, Hershey 2016 [11] Bibikova, A./ Kotelnikov, V.: Eastern versus Western philosophy: differences and similarities. Cultural Intelligence, 2015 [12] Böhle, F./ Heidling, E./ Kuhlmey, A./ Neumer, J.: Ungewissheit in Projekten - neue Wege der Bewältigung. In: projektManagement aktuell 1/ 2018, Köln [13] Siermann, P.: Die Wu-De-Methodik: Lernen vom chinesischen Denken. In: projektManagement aktuell 1/ 2018, Köln [14] Trobisch, N./ Kraft, D.: Mit Ungewissheit Projekte meistern: Die Kraft narrativer Muster und künstlerischer Prozesse. In: projektManagement aktuell 1/ 2018, Köln [15] Huemann, M./ Andratsch D./ Ringhofer, C.: Ungewissheit im System: Systemaufstellung als Next Practice für Projektstakeholder- Management. In: projektManagement aktuell 1/ 2018, Köln Schlagwörter Ost und West, Osten vs. Westen, Resilienz, Risiko, Umgang mit Ungewissheit, Ungewissheit, Unsicherheit, Unsicherheitsvermeidung, Veränderung, Veränderungsmanagement Kompetenzelemente der ICB 4 Perspective 5: Kultur und Werte; People 5: Führung; People 8: Vielseitigkeit; Practice 11: Chancen und Risiken; Practice 13: Change und Transformation Autorinnen Dr. Yvonne Schoper ist Professorin für Internationales Management mit dem Schwerpunkt Internationales Projektmanagement an der HTW Berlin. Von 2012 bis 2015 war sie Vorständin und bis 2017 Präsidialrätin der GPM und des IPMA Research Management Board. Anschrift: HTW Berlin - Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Treskowallee 8, 10318 Berlin, Tel.: 0 30/ 50 19 26 46, E-Mail: Yvonne.Schoper@HTW-Berlin.de Dr. Martina Huemann ist Professorin an der WU Wien, führt die Abteilung Projektmanagement im Department Strategie & Innovation und leitet den Professional MBA: Project Management der WU Executive Academy. Seit 2003 ist sie Vorstandsmitglied von pma. Als Beraterin mit mehr als 15 Jahren Erfahrung und Mitbegründerin von enable2change, einem Netzwerk an erfahrenen Expertinnen, hat sie großes Interesse am Brückenschlagen zwischen Forschung und Praxis. Anschrift: WU Wirtschaftsuniversität Wien, Abt. Projektmanagement, Welthandelsplatz 1, 1020 Wien, Österreich, Tel.: +43 13/ 13 36 55 32, E-Mail: Martina.Huemann@wu.ac.at UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 19 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Ungewissheit in Projekten erweist sich immer wieder als allgegenwärtig und unvermeidlich. In den letzten Jahrzehnten ist Projektmanagement immer weiter professionalisiert worden. Die D-A-CH-Forschungswerkstätten der letzten vier Jahre haben deutlich bestätigt, dass auch mit einem professionellen Vorgehen mit ausgefeilten Expertensystemen Ungewissheit im Projektmanagement nicht verschwindet [1]. Also sollten wir uns fragen: Wie können wir - als einzelne Projektmanager, aber auch als Organisationen - mit Ungewissheit umgehen? Dafür lohnt sich ein Blick nach China: Der in der chinesischen Kultur seit mehr als 2.000 Jahren entwickelte Umgang mit Ungewissheit weist einige bemerkenswerte Unterschiede zu unserer westlichen Kultur auf [2]. Wie wir von diesen Erfahrungen lernen können, soll Thema dieses Beitrags sein. Ein Blick nach China Der Blick in die chinesische Kultur zeigt, dass dort bereits in klassischer Zeit, d. h. bis 221 v. Chr., eine Sichtweise auf die Welt entwickelt wurde, die im Vergleich zur westlichen Kultur weniger auf Zustände als vielmehr auf Entwicklungen fokussierte. In dieser Zeit, die auch als das „Zeitalter der Streitenden Reiche“ (475-221 v. Chr.) bekannt geworden ist [3], herrschte eine große, mehrere hundert Jahre andauernde Krise mit lokalen Kriegen, Hungersnöten und existenzieller Ungewissheit für die dort lebenden Menschen. Damals entstanden in China eine Vielzahl verschiedener Lehren und Ansätze, von denen in unserem Zusammenhang besonders der Daoismus und die sogenannte Naturalistenschule von Bedeutung sind. Beiden gemeinsam ist eine Tradition genauester Naturbeobachtung. Vom Daoismus stammt das Grundprinzip, den natürlichen Lauf der Dinge als Vorbild für das menschliche Handeln zu nehmen [4]. Damit geht einher, Entwicklungstendenzen möglichst früh zu erkennen und auf sie einzugehen, noch ehe sie ihre Wirkung vollständig entfalten. Aus der Naturalistenschule stammt der Fokus, Naturkräfte anhand der Qualität ihrer Wirkung zu unterscheiden und die Gesetzmäßigkeiten ihres Zusammenwirkens zu untersuchen [5]. Einige Rudimente dieser Denkweise sind in der westlichen Kultur bekannt geworden unter dem Namen „Fünf Elemente“. Wesentlich an dieser Lehre ist, dass sie ermöglicht, vielfältige Wechselwirkungen in dynamischen Systemen zu untersuchen, die eigenen Einflussmöglichkeiten auf die Dynamik im System frühzeitig einzuschätzen und damit den eigenen Einfluss bewusst und gezielt auszurichten. Der Wu-De-Ansatz Diese Ansätze aus der Zeit der Streitenden Reiche bieten ein großes Potenzial für den Umgang mit den Herausforderungen des modernen Managements [6]. Die Erforschung dieses Potenzials seit 2002 führte im Jahr 2010 zur Gründung der Wu De Akademie. Ein wesentliches Ergebnis dieser anwendungsorientierten Forschungstätigkeit ist ein eigener Ansatz unter dem Namen Wu De Prozess. Dieser beruht auf den erwähnten klassisch-chinesischen Herangehensweisen und beinhaltet darüber hinaus eine Methodik zur Moderation von Erkenntnis- und Entscheidungsprozessen. Im Rahmen der D-A-CH- Forschungswerkstätten hatten die Teilnehmer Gelegenheit, die Anwendbarkeit dieses Ansatzes im Umgang mit Ungewissheit in Projekten intensiv zu erproben. Fünf Phasen, fünf Qualitäten im Zusammenwirken Im klassischen China wurden Gesetzmäßigkeiten aus der Beobachtung der Natur abgeleitet. Eine zentrale Rolle spielen dabei zyklische Prozesse, wie sie unter anderem im Verlauf der Jahreszeiten zu erkennen sind. Jede Jahreszeit hat ihre eigene Qualität, gewissermaßen ihre eigene Wirkungsweise, mit der sie zum Leben und zur Vitalität der Natur beiträgt. So entstand das Modell der „Fünf Wirkkräfte“ (Abb. 1), in dem auch die Gesetzmäßigkeiten über die gegenseitige Beeinflussung dieser fünf Qualitäten beschrieben sind. Die Chinesen beobachteten, dass sich die Qualitäten dieser Phasen auch auf die unterschiedlichen Aspekte des menschlichen Zusammenlebens übertragen lassen. So fand das Modell unter dem Namen „Wu De“ schon in der klassischen Zeit Anwendung in Fragen von Staatsführung und Regierungsangelegenheiten. Im Rahmen unserer anwendungsbezogenen Forschung in der Wu De Akademie hat sich immer wieder bestätigt, dass sich das Modell sehr gut auch auf die modernen Kontexte in der westlichen Kultur anwenden lässt. Die Wu-De-Methodik: Lernen vom chinesischen Denken Autor: Pao Siermann >> Für eilige Leser Ungewissheit ist in Projekten Alltag. Gibt es eine Möglichkeit, dem vorausschauend zu begegnen? In der chinesischen Kultur hat sich in mehr als 2.000 Jahren ein Verständnis für Prozessdynamiken herausgebildet. Das kann hilfreich sein, um Entwicklungstendenzen in Projekten frühzeitig einzuschätzen und auf eine Weise darauf zu reagieren, die dem Projekt dient. Das erleichtert einen proaktiven Umgang mit möglichen Quellen von Ungewissheit. Im Artikel wird die praktische Anwendung dieser Methodik an einem Projektbeispiel dargestellt. 20 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Abb. 1: Das Phasenmodell der „Fünf Wirkkräfte“ Tab. 1: Die Resonanzen der „Fünf Wirkkräfte“ Das Prinzip der Resonanz Ein Grundgedanke dieser chinesischen Lehre ist, dass die „Fünf Wirkkräfte“ in den unterschiedlichsten Lebensbereichen wirken, dass zum Beispiel das Holz (als lebendige, wachsende Pflanze, als Knospe und Trieb) eine Ähnlichkeit mit dem Morgen, der aufsteigenden Sonne und dem Beginn der Tagesaktivitäten hat, während das Metall als Element der Reinheit und Verdichtung eine Ähnlichkeit mit dem Herbst hat, in dem die Dinge zu einem Abschluss gekommen sind, die Ernte eingefahren und alles Überflüssige abgeworfen wird. Die zwei grundlegenden Gesetzmäßigkeiten der „Fünf Wirkkräfte“: Gegenseitige Hervorbringung und Kontrolle Die in Abbildung 2 außen liegenden Pfeile besagen, dass jede dieser Wirkqualitäten die nächstfolgende hervorbringt und „nährt“: So wie der Frühling den Sommer hervorbringt, lässt sich auch Feuer mit Holz erzeugen. Alles was dem UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 21 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Abb. 2: Die “Fünf Wirkkräfte” im Zusammenwirken Abb. 3: Organisationsaspekte nach den „Fünf Wirkkräften“ Holz ähnlich ist, wird eine stärkende und nährende Funktion gegenüber der Feuerqualität haben. Ebenso haben Metall-Ionen, die „in Lösung gehen“, eine nährende Funktion für das Wasser. Die in Abbildung 2 innen liegenden Pfeile wiederum stehen für die Beziehungen der Dominanz und Überwindung. Diese spiegeln sich auch in der Art, wie die Materialien von den Menschen genutzt werden, wider: Wir löschen Feuer mit Wasser, wir schneiden Holz mit Metall usw. So gibt es zwei grundlegende Qualitäten in den Beziehungen der Wirkkräfte: eine stärkende und eine dominante, „überwindende“. Mit diesen fünf Wirkkräften und ihren zehn Beziehungen untereinander haben die Chinesen ein systemisches Modell geschaffen, das sich auf jedes lebendige System, auf jeden Organismus wie auch auf jede Form sozialer Organisation übertragen lässt (Abb. 3). Die Arbeit mit dem Wu-De-Ansatz an einem praktischen Beispiel Das folgende Beispiel war Teil eines Beratungsauftrages der Wu De Akademie: Die Projektleiterin eines industriellen Bauprojekts ist auf die Zuarbeit verschiedener Fachingenieure angewiesen. Mit den meisten von ihnen gibt es seit vielen Jahren eine vertraute Zusammenarbeit. Bei dem jetzigen Bauprojekt ist erstmals eine Landesförderbank einbezogen, durch deren Beteiligung eine günstigere Finanzierung möglich wird. Auf Veranlassung der Bank wird ein weiterer Fachplaner hinzugezogen. Die Verständigung mit diesem erweist sich von Anfang an als schwierig. Die Kommunikation mit ihm erlebt die Projektleiterin als „breiig“. Nach Abschluss der Bauphase folgt eine Dokumentationsphase, deren erfolgreicher Abschluss erforderlich ist für die Finanzierung durch die Landesförderbank und für die nur der neue Fachplaner die Kompetenz und Erfahrung hat. In dieser Dokumentationsphase erhält die Projektleiterin nicht die notwendigen Unterlagen von ihm und fühlt sich im Stich gelassen, sodass inzwischen die Gesamtfinanzierung des Projektes gefährdet ist. Erste Beratungssitzung: Die Schilderung der Lage durch die Projektleiterin zeigt eine Störung, die dem Anschein nach auf der psychologischen Ebene stattfindet: Die Kommunikation ist schwierig, es entstehen negative Gefühle. Diese Störung macht potenziell den Projekterfolg ungewiss. Die Analyse des Projektes mithilfe der 22 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Wu-De-Methodik zeigt, dass hier eine Vielzahl von Stakeholdern beteiligt ist, die in spezifischen Rollenbeziehungen zueinander stehen. Diese werden mithilfe von Moderationskarten dargestellt, die in den Farben der fünf Wirkkräfte gehalten sind. Die Auswahl der Kartenfarben erfolgt einerseits nach den klassischen Zuordnungen, andererseits oft intuitiv durch den Klienten nach dem Resonanzgefühl. Auch die Störung wird dargestellt, weil hier das größte Potenzial für eine Veränderung liegt (die Störungen werden mit sechseckigen Karten repräsentiert) (Abb. 4). Bei der Analyse stellen wir gemeinsam fest, dass bisher sowohl die Projektleiterin als auch ihr Vorgesetzter als Leiter des Generalplanungsbüros vor allem versucht hatten, Druck auf den Fachplaner auszuüben, dass er seiner Aufgabe nachkommen möge. Anders ausgedrückt, es wurde Unzufriedenheit kommuniziert, es wurde emotional argumentiert. Dies zeigte keinen Erfolg. Wir überlegen, stärker auf die Rollenbeziehung einzugehen. Daraus ergibt sich unsere Intervention 1 (ovale Karte): Wir arbeiten gemeinsam mit der Projektleiterin heraus, dass sowohl sie wie auch ihr Vorgesetzter in der Kommunikation mit dem Fachplaner nicht in eine emotionale Auseinandersetzung einsteigen sollten, sondern ihn an seine Rolle erinnern und ihm die Bedeutung seiner Aufgabe für den Projekterfolg verdeutlichen sollten. Der weitere Projektverlauf bis zur zweiten Beratungssitzung: Der Fachplaner wird nun formell und ohne Vorwürfe auf seine Aufgabe angesprochen. Dies zeigt jedoch keinen Erfolg, was die Projektleiterin veranlasst, sich nun selbst in die Thematik der speziellen Dokumentation einzuarbeiten, sodass sie diese zu 95 % selbst fertigstellen kann. Übrig blieben einige Teile, die nur der Fachplaner beitragen kann. Die Situation eskaliert nun weiter, nachdem die Projektleiterin von einer weiterbildungsbedingten Arbeitspause zurückkehrt. Sie erfährt bei einem Telefonat mit dem Fachplaner, bei dem sie seinen Beitrag einfordert, er habe die Angelegenheit in der Zwischenzeit informell mit ihrem Vorgesetzten geklärt. Im Wissen um die Wichtigkeit der Rollenbeziehungen weist sie ihn nun deutlich darauf hin, dass er schon mit ihr als Gesamtprojektleiterin kommunizieren müsse. Zu ihrem großen Erstaunen ändert dies tatsächlich sein Kommunikationsverhalten. Zweite Beratungssitzung: Gemeinsam mit der Projektleiterin resümieren wir den bisherigen Verlauf: In der ersten Sitzung wurden auf Basis der Wu-De-Methodik die Rollenbeziehungen untersucht, weil in diesen die charakteristischen Wirkkräfte am stärksten zum Tragen kommen, und daher das größte Veränderungspotenzial zu erwarten war. Wir hatten uns jedoch mehr mit der Rolle des Fachplaners als mit der der Gesamtprojektleiterin beschäftigt. Erst nun, in der nochmaligen Betrachtung des Themas, stellt sich heraus, dass sie von dem Fachplaner als zuarbeitende Sachbearbeiterin behandelt worden war. Intuitiv reagierte sie in diesem Telefongespräch, indem sie ihre eigene Rolle vertrat. Erst jetzt kam ihre Rolle als Gesamtprojektleiterin wirklich zur Geltung - es wurde klar, wer hier „den Hut aufhat“. Bis dahin hatte er sie nicht in ihrer Rolle wahrgenommen, sondern sie als untergeordnete Mitarbeiterin des Büroinhabers behandelt und mit diesem zugleich eine „Männer unter sich“-Ebene gepflegt. Als wir sie in der Beratungssitzung darauf hinweisen, wird ihr bewusst, dass hier zugleich eine Geschlechterthematik im Spiel ist. Sie erhält den Rat, dies auch mit ihrem Chef zu thematisieren, damit auch er sie in ihrer Wirksamkeit unterstützt. Sie ist zuversichtlich, das mit ihm klären zu können. Abb. 4: Darstellung des Projektsystems mit den Störungen und den Interventionen UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 23 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Auswertung des Fallbeispiels Ungewissheit kam durch einen neuen Projektbeteiligten in das Projektsystem. Die Zusammenarbeit mit ihm lief schwierig. In der Bearbeitung mit der Wu-De-Methodik wurde auf die subjektiv erlebte Störung fokussiert. Die systemische Betrachtung unter Beachtung der Rollenbeziehungen brachte schließlich den Ansatz für einen ersten Interventionsschritt mit dem Versuch, das „Metall“ in der Rolle des Fachplaners (steht für Dokumentation, Fertigstellung) zu stärken. Erst der zweite Schritt mit der Dominanz des „Feuers“ über das „Metall“ brachte die entscheidende Veränderung. Dabei half das „Holz“ der Projektleiterin, das „Feuer“ (steht für Führung übernehmen) hervorzubringen. Über die konkrete Situation hinaus wird diese durch die Störung ausgelöste Entwicklung der Projektleiterin helfen, ihre eigene Führungspersönlichkeit und damit ihre Wirksamkeit in komplexen Projekten weiterzuentwickeln. Gleichzeitig ist über den Fokus auf das systemische Zusammenspiel der Rollen und damit weg von einer psychologischen Interpretation des Geschehens eine Haltung bei ihr und in der Folge auch nachhaltig im größeren System gestärkt worden, die auf Selbstverantwortung und nicht auf Schuldzuweisungen beruht. Lernen vom chinesischen Denken: Schlussfolgerungen für das PM Hundertprozentige Kontrolle gibt es nicht im Projektmanagement. Von der chinesischen Kultur können wir lernen, ergebnisoffen an Prozesse heranzugehen, in denen Störungen des erwarteten Ablaufs eintreten. Dabei geht es weniger darum, sich gegen unerwartete Entwicklungen oder Einflüsse zu wehren, als vielmehr sich ihnen so früh wie möglich zu stellen. Das erfordert die Fähigkeit, gerade auch gegenüber kleinen, noch schwachen oder undeutlichen Anzeichen oder Signalen offen zu sein. Anhand dieser Signale lassen sich spätere Entwicklungen frühzeitig erkennen. Mithilfe der Wu-De-Methodik ist es möglich, die dahinter verborgenen Wirkkräfte in einen größeren Kontext zu stellen, um mit einem möglichst geringen Eingriff die Prozesse im Projekt gezielt voranzubringen. Oft entsteht daraus ein zusätzlicher Nutzen für den weiteren Verlauf des jeweiligen Projekts, aber auch für den größeren Kontext und die dort herrschende Organisations- und Führungskultur. Eine Störung, die ursprünglich zu Ungewissheit führte, kann so zu einem Verbündeten für den/ die Projektmanager/ -in werden.  Literatur [1] Böhle, F., et al.: Uncertainty in Projects - New Demands and Approaches. In: Rietiker/ Wagner (Hrsg.): Theory Meets Practice in Projects. GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., Nürnberg 2014, S. 163 ff. [2] Jullien, F.: Über die Wirksamkeit. Merve Verlag, Berlin 1999 [3] Needham, J.: Science and Civilisation in China. Vol. 2: History of Scientific Thought. Cambridge University Press, Cambridge 1956, S. 216 ff. [4] Needham, J.: Science and Civilisation in China. Vol. 2: History of Scientific Thought. Cambridge University Press, Cambridge 1956, S. 562 ff. [5] Wang, A.: Cosmology and Political Culture in Early China. Cambridge University Press, Cambridge 2000, S. 75 ff. [6] Siermann, P.: The Practical Application of the Wu Wei Principle and the Five Elements Approach. In: Qi, A. (Hrsg.): Theory Meets Practice in Project Management. Nankai University Press, Tianjin 2015, S. 88 ff. Schlagwörter Chinesisches Denken, Entwicklungstendenzen, Rollenbeziehungen, Signale, Störungen, Ungewissheit Kompetenzelemente der ICB 4.0 Perspective 5: Kultur und Werte; People 5: Führung; People 8: Vielseitigkeit; Practice 11: Chancen und Risiken; Practice 13: Change und Transformation Autor Pao Siermann beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit der klassischchinesischen Sicht auf den Menschen und auf ihr Zusammenwirken in größeren Systemen. Er gründete die Wu De Akademie als Beratungs- und Ausbildungsinstitut zur Anwendung klassisch-chinesischer Modelle für Organisation und Führung. Anschrift: Wu De Akademie, Rosenthaler Str. 9, 10119 Berlin, Tel.: 0 30/ 47 86 70 00, Fax: 0 30/ 47 86 70 01, E-Mail: Pao.Siermann@wu-de.com Training Beratung & Buchung 0641 98210-300 ibo@ibo.de www.ibo.de ibo Beratung und Training GmbH Agiler Projektmanagement-Experte mit ibo-Zertifikat (PMAR) In 2 x 2 Tagen agile Kompetenz aufbauen Termine 2018 22. - 25.05. 2018, Frankfurt 26. - 29.11.2018, Berlin Weiterbildung für Projektmitarbeiter Kompakt, agil, pragmatisch aktuell & praxiserprobt Projektleiter/ in mit ibo-Zertifikat (PLR2) In 4 x 2 Tagen plus Praxistag fit für Projektverantwortung Starttermine 2018 23.04. Hambur g / 11.06. Berlin 10.09. München / 12.11. Bad Nauheim Weitere Termine und Infos unter www.ibo.de/ projektmanagement-seminare Alternativ geben Sie das Seminarkürzel (PLR2, PMAR) in das Suchfeld auf www.ibo.de ein! Besuchen Sie uns auf der PM Welt 13.03.2018 / Stand Nr. 25 Hilton Munich Park Hotel Anzeige 24 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Projekte sind sehr oft mit unterschiedlichen und widersprüchlichen Interessen der Stakeholder konfrontiert. Wie lässt sich diese Ungewissheit handhaben? Welche Methoden und Strategien stehen dem Projektmanagement zur Verfügung? Basierend auf Forschung [1] und dem Experimentieren mit Teilnehmenden der D-A-CH- Forschungswerkstätten, zeigt dieser Artikel spezifische Herausforderungen und Potenziale im Projektstakeholder-Management auf und leistet damit einen Beitrag für einen proaktiven Umgang mit Ungewissheit in Projekten. Als Next Practice werden in diesem Artikel Formen der systemischen Aufstellung für Projektstakeholder-Management vorgestellt und mit einem Beispiel veranschaulicht. 1) 1 Projekte und Ungewissheit Es ist nicht überraschend, dass Projekte mit Ungewissheit behaftet sind. Vielmehr ist das wohl einer der Gründe, warum Projekte als temporäre Organisationen etabliert werden, um neuartige technisch und sozial komplexe Fragestellungen in Teams zu bearbeiten und Projektergebnisse zu erzielen. In seinem Werk „Essays upon Projects“ setzt sich Daniel Defoe bereits 1697 [2] mit dem Aufkommen von Projekten auseinander. Er erkennt, dass Projekte eine Notwendigkeit darstellen, neuartige und riskante Unternehmungen mit ungewissem Ausgang anders zu organisieren. Damit sind Projekte von jeher damit verbunden, etwas Neues erschaffen zu wollen, aber auch klar mit der Ungewissheit behaftet, ob die „abenteuerlichen“ Zielsetzungen überhaupt erreicht werden können. In einer ursprünglichen Bedeutung meint Projekt daher eine „Projektion“, ein „Plan“ und „Wegweiser in die Zukunft“. Damit ergeben sich die Herausforderung und das Potenzial, mit Projekten die Zukunft zu gestalten. Projekte stehen damit immer in einem Zusammenhang mit Veränderung [3]. Die Veränderung betrifft einerseits das Projekt und anderseits die Projektstakeholder. Projekte gehorchen dem Projektmanagement nicht, denn sie sind keine technischen Systeme mit vorhersagbaren linearen Beziehungen. Tabelle 1 stellt die Sichtweise auf ein Projekt als technisches System, dem sozialen System gegenüber. Die Betrachtung eines Projekts als soziales System [4, 5] besagt, dass ein Projekt immer in einem spezifischen Kontext stattfindet, der vom Projekt zu unterscheiden ist, aber das Projekt zu beeinflussen vermag. Viele Entscheidungen in einem Projekt können erst durch den Kontext verstanden werden. Als Beispiel sei genannt die Vorgabe der Linienorganisation, einen bestimmten Lieferanten im Projekt einzusetzen, den das Projekt wahrscheinlich nicht ausgewählt hätte. Projekte haben ein Eigenleben und folgen ihrer Eigenlogik. Eine Steuerung durch das Projektmanagement kann daher nur indirekt passieren und nicht jede Einflussnahme wird zum Erfolg führen. Projektmanagementmethoden und Pläne bleiben wichtig für das Managen des Projekts, denn mit ihrer Hilfe werden Strukturen und Orientierung im Projekt geschaffen. Mit Wehmut bedeutet das ein Verabschieden vom allmächtigen Projektmanager, der das Projekt immer und völlig unter Kontrolle hat. Stattdessen ermöglicht die Betrachtung des Projekts als soziales System eine realistischere Sichtweise und anerkennt die Grenzen des Managements, nämlich die Handhabung der Ungewissheit. Die zentrale Herausforderung für das Projektmanagement sind daher der Umgang mit der Ungewissheit und das Aushalten von Widersprüchen, die unter anderen durch unterschiedliche Interessen der Stakeholder auftreten. 2 Projektstakeholder-Management Als Stakeholder wird in Anlehnung an Freeman [7] eine Gruppe oder eine Person verstanden, die das Projekt beeinflusst, durch die das Projekt beeinflusst wird oder die auch nur glaubt durch Systemaufstellungen als Next Practice im Projektstakeholder-Management Ungewissheit mit System Autorinnen: Martina Huemann, Daniela Andratsch, Claudia Ringhofer >> Für eilige Leser Komplexe Projektstakeholder-Landschaften steigern die Ungewissheit für Projekte. Die Handhabung der Projektstakeholder stellt eine zunehmende Herausforderung für Projektmanagerinnen und Projektmanager dar. Mit den traditionellen Methoden der Stakeholderanalyse stößt das Projektmanagement oft an die Grenzen der Erfassbarkeit der Situation. Der Artikel bietet eine systemische Betrachtungsweise auf Projekte, beschreibt „Managen VON Stakeholdern“ und „Managen FÜR Stakeholder“ als Strategien für einen erfolgreichen Umgang mit Stakeholdern. Unterschiedliche Formen der Systemaufstellung werden als mögliche Methoden zur Stakeholderanalyse vorgestellt, die Ungewissheit in komplexen Stakeholder-Landschaften besser zu begreifen und Potenziale und Maßnahmen leichter abzuleiten. Die Anwendung eines Systembretts zur Stakeholderanalyse eines Infrastrukturprojekts gibt einen praktischen Einblick in eine Systemaufstellung. 1) Im Text wurde in Absprache mit den Autorinnen aus Gründen der besseren Lesbarkeit immer nur die männliche Form gewählt. Selbstverständlich sind damit auch weibliche Akteure gemeint. UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 25 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 das Projekt beeinflusst zu werden. Typische Stakeholdergruppen eines Projekts sind beispielsweise Kunde, Lieferanten, Partner, Medien, Nutzer, Projektauftraggeber, Projektmanager, Projektteammitglieder. Die Mitglieder der Projektorganisation (Projektauftraggeber, Projektmanager, Projektteammitglieder, Projektmitarbeitende) werden als interne Stakeholder bezeichnet, während alle anderen, die nicht Teil der Projektorganisation sind, als externe Projektstakeholder verstanden werden (Abb. 1). Projekte bringen Veränderung für Stakeholder Projekte bringen Veränderung für ein übergeordnetes System. Zum Beispiel bringt die Reorganisation eines Unternehmens für das Management und die Mitarbeitenden neue Organisationsstrukturen und Rollen. Die Einführung eines neuen IT-Systems bringt für die Organisation neue Prozesse und für die Nutzer neue Arbeitsweisen. Der Bau einer neuen U-Bahn-Linie verursacht Änderungen. Während des Projekts sind die Anrainer mit Baulärm und -staub konfrontiert, müssen eventuell Umwege in Kauf nehmen und sind in ihrer Mobilität eingeschränkt. Nach der Fertigstellung der neuen U-Bahn-Linie ergeben sich Änderungen für die Mobilität der Anrainer. Ein Projekt bringt Ungewissheit für die Stakeholder, ebenso ist es ungewiss, wie die Stakeholder auf das Projekt reagieren werden und versuchen werden, dieses zu beeinflussen. Diese wechselseitigen Beziehungen zwischen dem Projekt und den Stakeholdern gilt es im Projektmanagement erfolgreich zu gestalten. Strategien zum Managen der Stakeholder Eine zentrale Aufgabe im Projektmanagement ist, den sozialen Kontext - die Projektstakeholder - zu „managen“, dafür gibt es verschiedene Strategien. Es wird ein „Managen für Stakeholder“ und ein „Management von Stakeholdern“ unterschieden [8]. Diese sind die zwei Extrempositionen auf einem Kontinuum. Diese beiden Strategien sind einander plakativ in der Tabelle 2 gegenübergestellt. Beide Strategien bringen Herausforderungen und Potenziale. So kann etwa die Strategie „Managen von Stakeholdern“ zwar zu einer schnelleren Projektdurchlaufzeit führen, aber Akzeptanz- und Qualitätsprobleme der Projektergebnisse mit sich bringen. Während ein „Managen für Stakeholder“-Ansatz einerseits zu besseren Ergebnissen führen kann, birgt er anderseits die Gefahr, dass das Projekt mit unterschiedlichen Interessen überfrachtet wird und keine oder eine Minimallösung gefunden werden kann. In der Praxis finden sich oft Schattierungen und Kombinationen der Strategien für unterschiedliche Stakeholder eines Projekts. Sehr oft führt ein „Managen für Stakeholder“- Ansatz zu einer Integration von Vertretern einer Stakeholdergruppe in die Projektorganisation. Projekt als technisches System Projekt als soziales System • Vorhersagbar • Nicht vorhersagbar • Unabhängig von seinem Kontext • Abhängig von seinem Kontext • Direkte Einflussnahme möglich • Keine direkte Einflussnahme • Erfolg der Einflussnahme klar • Erfolg der Einflussnahme unklar • Verwendung von Standards • Umgang mit Widersprüchen Tab. 1: Projekt als technisches oder soziales System [6] Abb. 1: Interne und externe Projektstakeholder 26 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Aus externen Stakeholdern werden damit interne Stakeholder. Durch das Hineinheben eines Vertreters einer Stakeholdergruppe in die Projektorganisation wird versucht, die Ungewissheit sowohl für das Projekt als auch für den Stakeholder zu reduzieren. Wenn Vertreter wichtiger Stakeholdergruppen in die Projektorganisation hineingeholt werden, entsteht mehr Komplexität in der Projektorganisation und (konstruktive) Konflikte können und müssen im Projekt ausgetragen werden. Systemisch betrachtet, haben nicht nur Projekte ihren eigenen Willen, sondern auch Stakeholder. In einem Change-Projekt, in dem ein zentraler Stakeholder der Betriebsrat ist, stellt sich die Frage: Soll dieser in die Projektorganisation integriert werden oder nicht? Das Projekt kann dem Stakeholder dieses Angebot machen, ob der Betriebsrat annimmt, sich als Teil der Projektorganisation verstehen möchte und sich damit auch zu einer Mitarbeit und Verantwortung an den Projektergebnissen verpflichten lässt, bleibt allerdings seine Entscheidung. Eine Einladung auszusprechen, ist jedoch empfehlenswert. 3 Systemaufstellungen für Stakeholderanalysen Grenzen herkömmlicher Methoden Sehr oft sind Projektmanager und ihre Teams mit komplexen Stakeholder-Landschaften konfrontiert. Stakeholderanalysen werden durchgeführt, aber wohin soll man zuerst schauen? Herkömmliche Methoden kommen schnell an ihre Grenzen und in vielen Projekten werden Stakeholder gelistet und ihre Erwartungen beschrieben. Aber oft fehlt einerseits eine Gesamtsicht auf die Stakeholder und deren Beziehungen und andererseits die Erkenntnis, welche Stakeholder denn jetzt wirklich die wichtigsten in einer gegebenen Situation sind. Die herkömmlichen Methoden scheinen hierzu nicht entsprechende Informationen liefern zu können. Systemaufstellungen hingegen bieten diese zusätzlichen Informationen. Anwendungen von Systemaufstellungen Systemaufstellungen werden in den letzten Jahren zunehmend im Unternehmenskontext, aber auch in der Wissenschaft und Forschung eingesetzt. Immer komplexere Sachverhalte und rasche Veränderungen der Märkte verlangen neue Methoden, um den gestiegenen Anforderungen zu begegnen. Systemische Beratungsansätze, die nicht mehr das isolierte einzelne Element als Analyseobjekt wählen, sondern das gesamte Gefüge, in welchem es sich befindet, unterstützen die Akzeptanz und Verbreitung der Aufstellungsmethode. Systemaufstellungen können dabei wie ein Navigationsinstrument eingesetzt werden, um den Status quo, nächste Schritte oder Lösungen zu erarbeiten. Skepsis kann unter Umständen gegenüber der Methode aufkommen, da sich die Aufstellungsarbeit aus dem familientherapeutischen Bereich heraus entwickelt hat. Ab den späten 1990er- Managen VON Stakeholdern Managen FÜR Stakeholder Wahrnehmung der Stakeholder • Stakeholder als Instrumente für den Projekterfolg • Stakeholder als Ideenquelle und Nutznießer des Projekts Breite der Einbeziehung der Stakeholder • Exklusiv: Nur die wichtigsten Stakeholder werden berücksichtigt. • Der wichtigste Stakeholder ist der Investor, auf seine Interessen wird fokussiert. • Unterschiedliche Interessen der Stakeholder werden zum Störfaktor für das Projekt • Inklusiv: Viele unterschiedliche Projektstakeholder und ihre unterschiedlichen Interessen werden berücksichtigt. • Stakeholder werden explizit in einem „Co-creation Prozess“ involviert. Werte • Manipulative Orientierung, schwache Berücksichtigung von ethischen Faktoren • Ausschließliche ökonomische Orientierung • Eher kurzfristige Orientierung • Berücksichtigung von ethischen Faktoren, Fairness, Transparenz und Partizipation • Ausbalancierung von ökonomischen, ökologischen und sozialen Interessen • Kurzfristige und langfristige Orientierung Potenziale • Starke Ergebnisorientierung • Schnelle Projektdurchlaufzeit • Nutzen für möglichst viele Stakeholder • Win-win-Situationen • Gesamtheitliche Lösungen Gefahren • Projektergebnisse nicht von den Stakeholdern akzeptiert • Keine nachhaltigen Lösungen oder Ergebnisse • Überfrachtung des Projekts • Überlasteter Projektmanager und Teams • Langsame Entscheidungsprozesse • Wenig ambitionierte Projektergebnisse Tab. 2: Stakeholdermanagement-Strategien; adaptiert aus [1, S. 177] UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 27 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Jahren wurde die Methode auf den organisatorischen Kontext übertragen. Besonders hervorzuheben sind dabei Gunthard Weber [9], Matthias Varga von Kibed [10] und Claude Rosselet [11]. Inzwischen setzen in der Methode geschulte Aufstellungsbegleiter und Berater systemische Aufstellungen für unterschiedlichste Fragen in Unternehmen und Projekten ein. So reichen die Anwendungsgebiete von Strategieentwicklung, Markenaufstellung, Marktforschung, internen Teamaufstellungen, Führungsfragen, Personalentscheidungen, Unternehmenskultur, Change- Prozesse, über Fusionen oder Umstrukturierungen etc. In den letzten Jahren werden Aufstellungen zunehmend in der Lehre zur Vermittlung von komplexen Zusammenhängen verwendet, zum Beispiel zum Thema Nachhaltigkeit [12]. Wirkung von Systemaufstellungen Jede Organisation oder jedes Projekt hat eine formale Struktur, durch die die Aktivitäten der einzelnen Teilnehmenden auf die Ziele der Organisation bzw. des Projekts ausgerichtet werden. Arbeitsprozesse laufen in vernetzten Vielfachbeziehungen ab, die sich schwer in einem Organigramm oder Projektplan abbilden lassen. Gerade die Arbeit in Projekten kann sich durch Dynamiken auszeichnen, die selten eindeutig auf eine kausale Ursache-Wirkungs-Kette zurückzuführen sind. Der Vorteil der Systemaufstellung liegt darin, dass in kurzer Zeit komplexe Strukturen und Beziehungen räumlich in einem 3-D-Bild abgebildet werden - entweder mit Personen als Repräsentanten oder mit Elementen (Bausteine, Figuren) am Systembrett. Es entsteht für alle Beteiligten ein Bild im Raum, über das gemeinsam neue Sichtweisen generiert werden können. Räumliche Bilder sind wegen ihrer Anschaulichkeit auch leichter zu speichern und zu erinnern und bilden Grundlage für eine anschließende Reflexion. Eine Reflexion des Fallbringers mit dem Auftraggeber und/ oder seinem Team kann an die Aufstellung anschließen und dem Transfer der Beobachtungen und des Erlebten in die kognitive Ebene und den Projektalltag hilfreich sein. Abbildung 2 zeigt eine Arbeitssituation einer Aufstellung mit Personen als Repräsentanten in der D-A-CH-Forschungswerkstatt 2014. Durch das Aufstellen von Personen im Raum, die Teile einer Organisation oder eines Systems darstellen, wird das Phänomen der repräsentierenden Wahrnehmung erlebt. Der Körper wird als Wahrnehmungsorgan eingesetzt. Durch Abfragen der Repräsentanten und Positionsveränderungen durch Umstellen verdichtet sich ein Bild im Raum, das das relevante System abbildet. Die Systemrealität wird in kommunikativen Prozessen rekonstruiert. Die Positionen im Raum, die eingenommen werden, lösen bei den Repräsentanten Körperempfindungen, Handlungsimpulse, Gedanken und Gefühle aus. In kürzester Zeit werden die Wahrnehmung von Strukturen, Beziehungen und deren Zusammenhänge in Systemen erhellt. Implizites Wissen eines Systems wird sichtbar gemacht. Selbst bei sog. verdeckten Aufstellungen (die Repräsentanten wissen nicht, für wen oder was sie stehen) werden Wahrnehmungen und Beobachtungen mitgeteilt, die sich mit den Erfahrungen im „realen“ System decken. Wirksamkeit von Systemaufstellungen In den letzten Jahren wird die Aufstellungsmethode wissenschaftlich vor allem auf ihre Wirksamkeit erforscht und die Ergebnisse sprechen für die Methode. Offen und noch nicht ausreichend erforscht ist aber bis heute, wie die Methode funktioniert. Erklärungsversuche der Wirkungsweise von Aufstellungen ziehen Theorien wie jener der morphogenetischen Felder von Rupert Sheldrake [13] oder die Quantenphysik als Erklärung von Bewusstsein heran. Man kann das bis jetzt nicht zu erklärende Phänomen der repräsentierenden Wahrnehmung auch mit den Bewegungen von Vogelschwärmen vergleichen: Alle Teilnehmer beeinflussen einander gegenseitig, jeder Vogel fliegt für sich, im gesamten Schwarm wird aber ein fast geometrisches Flugmuster erzeugt. Wir sehen, dass es funktioniert, wissen aber nicht, warum. Arten von Systemaufstellungen für Projektstakeholderanalysen Eine Zielsetzung des Forschungsprojektes „Rethink! Project Stakeholder Management“ war Abb. 2: Beispiel einer Aufstellung in der D-A-CH-Forschungswerkstatt 2014; Foto: Raimo Hübner 28 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 es, Methoden der Systemaufstellung für Projektstakeholderanalysen anzuwenden und ihre Potenziale und Herausforderungen auszuloten. Dabei wurde mit Systembrett, systemischer Organisationsaufstellung und mit Managementaufstellung für Stakeholderanalysen experimentiert. Tabelle 3 zeigt ausgewählte Methoden der Aufstellung im Überblick, dabei wird zwischen Systembrett, Organisationsaufstellung und Managementaufstellung unterschieden. 4 Anwendungsbeispiel Projekt: Planung Westlink Das Projekt „Planung Westlink“ ist Teil einer Projektkette zum Bau einer 8 km langen Bahnstrecke mit einem 6 km langen Tunnel unter dem Zentrum von Göteborg. Ziel dieser Bahnstrecke ist eine Erhöhung der Fahrfrequenzen, und Passagiere aus dem Umland sollen leichter und schneller Göteborg erreichen können. Der Bau der Bahnstrecke soll 2026 abgeschlossen werden. Im Zuge des Anwendungsbeispiels wurde Tab. 3: Arten von Systemaufstellungen; adaptiert von [1, S. 53] Methoden Beschreibung Rollen Systembrett Einzel-Setting: Eine Person positioniert Bausteine auf dem Boden, auf einem Tisch oder auf einem speziellen Board. Sinn und Zweck ist es, ein bestehendes System zu analysieren und Ideen für die Lösung eines bestimmten Problems zu generieren. Der Prozess wird in einem Einzel- Coaching durchgeführt. • Fallbringer ist eine Person (z. B. Projektmanager, Projektauftraggeber) • Eventuell Moderator Gruppen-Setting: Eine Gruppe positioniert Bausteine auf dem Boden, auf einem Tisch oder auf einem speziellen Board; Sinn und Zweck ist es, ein bestehendes System oder ein spezielles Anliegen zu analysieren und Ideen für die Lösung eines bestimmten Problems zu generieren. • Fallbringer ist eine Gruppe (z. B. Projektteam) • Moderator Organisationsaufstellung Verdeckte Aufstellung: Ein Fallbringer positioniert Personen als Repräsentanten innerhalb eines definierten Bereichs. Diese Repräsentanten sind nicht Teil des aufzustellenden Systems und nicht involviert in den Konflikt oder das Anliegen. Die Repräsentanten wissen nicht, welche Elemente sie darstellen. • Fallbringer • Externe Repräsentanten • Aufstellungsleiter Offene Aufstellung: Ein Fallbringer positioniert Personen als Repräsentanten innerhalb eines definierten Bereichs. Diese Repräsentanten sind nicht Teil des aufzustellenden Systems und nicht involviert in den Konflikt oder das Anliegen. Die Repräsentation wissen, welche Elemente sie darstellen. • Fallbringer • Externe Repräsentanten • Aufstellungsleiter Managementaufstellung Im Zuge einer Managementaufstellung sind die Repräsentanten Teil des aufzustellenden Systems. Sie sind direkt involviert. • Fallbringer ist eine Gruppe mit eigenem Anliegen • Gruppe stellt Repräsentanten • Aufstellungsleiter Abb. 3: Arbeitssituation am Systembrett UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 29 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 die Zeitphase zwischen 2012 und 2014 betrachtet, wobei zwei Workshops (2013 und 2014) mit dem Projektteam und weiteren Vertretern durchgeführt wurden. Eine ausführlichere Fallbeschreibung findet sich im Forschungsprojekt: „Rethink! Project Stakeholder Management“ [1], nachfolgend wird die Anwendung des Systembretts beschrieben. Anwendung Systembrett für eine Stakeholderanalyse Das Ziel waren die Erstellung einer Stakeholderanalyse sowie die Sichtbarmachung der Komplexität der gesamten Stakeholder-Landschaft. In weiterer Folge sollte die Dynamik der Stakeholderlandschaft diskutiert und gezielte Anliegen für die nachfolgende Managementaufstellung sollten identifiziert werden. Das Projektteam wollte ein gemeinsames Verständnis hinsichtlich der Projektstakeholder generieren. An der Erstellung des Systembretts nahmen das Projektteam und einige weitere Repräsentanten der Projektorganisation teil (Abb. 3). Folgende Rollen wurden im Zuge der Aufstellung definiert: • Fallbringer: Projektteam inklusive Projektmanager • Moderatorin: eine Forscherin • Beobachter: zwei Forschungsassistentinnen, eine Aufstellungsexpertin und weitere Mitglieder der Projektorganisation des Projekts Der Prozess verlief in mehreren Sequenzen. Wobei in der ersten Sequenz eine Stakeholderanalyse für die Gegenwart durchgeführt wurde und in der folgenden Sequenz in die „Zukunft“ geschaut wurde. Dabei stellten alle Projektteammitglieder und der Projektmanager nacheinander auf. Jeder Baustein repräsentierte dabei ein einzelnes Element bzw. einen Stakeholder. Durch das Zulassen von individuellen Perspektiven und das gemeinsame Arbeiten am Systembrett wurde ein gemeinsames Verständnis hinsichtlich der Stakeholder-Landschaft kokreiert. Stakeholderanalyse: Gegenwart Zu Beginn wurde die Kommunikationsmanagerin von der Moderatorin aufgefordert, die Stakeholder und deren Beziehung zu dem Projekt mittels Bausteinen aufzustellen und dabei zu erklären, warum sie die jeweilige Position gewählt hat. In dieser Phase agierten alle anderen Projektteammitglieder als Beobachtende. Abbildung 4 zeigt die initiale Aufstellung der Kommunikationsmanagerin. Der eingekreiste rote Baustein in der Mitte repräsentiert dabei das Projekt. In weiterer Folge wurden jeweils einzeln weitere Projektteammitglieder und der Projektmanager aufgefordert, das Bild zu ergänzen und zu interpretieren. Zum Beispiel wurde das Projekt im Laufe der Aufstellung durch die Projektabteilungen ersetzt, siehe Abbildung 5 (gelber Kreis). Das Team interpretierte, dass das Projekt dynamisch sei, daher nicht durch einen Stein dargestellt werden soll. Stakeholderanalyse: Zukunft In der nächsten Sequenz fragte die Moderatorin, ob das Projektteam einen Blick in die Zukunft werfen möchte. Das Projektteam sprang sofort in die Bauphase hinein und begann mit der Veränderung der Gegenwartsaufstellung. Daraufhin fragte die Moderatorin, warum die Bauphase gewählt wurde und nicht die Genehmigungsphase, welche in unmittelbarer Zukunft auf das Projekt zukommen würde. Als Grund wurde eine große Unsicherheit in dieser Phase genannt. Ein Teammitglied bezeichnete diese Phase als „nonphase“ und brachte damit die Gefühle der restlichen Teammitglieder zum Ausdruck. Aufgrund der großen Unsicherheit und der ungeklärten Fragen wollten die Teammitglieder nicht unmittelbar über diese Phase sprechen. Um der Auseinandersetzung mit diesen Unsicherheiten aus dem Weg zu gehen, wollte das Projektteam diesen Zeithorizont überspringen und es sollte direkt die Bauphase des Projekts aufgestellt werden. Nach einer kurzen Diskussion stellte das Projektteam fest, dass es diese Phase nicht ignorieren kann, sondern mit der Situation umgehen muss. Diese Phase sowie der Umgang mit Stakeholdern in dieser Phase sind die Grundlage für die spätere Bauphase. Der Grund für die große Unsicherheit in dieser Phase waren die Durchführung eines Referendums sowie Regionalwahlen in naher Zukunft. Die Öffentlichkeit war nicht erfreut über die Einführung einer Maut, die zur Finanzierung des Projekts dienen sollte. Des Weiteren benötigte das Projektteam eine Genehmigung von der Regierung, welche aber erst nach den Regionalwahlen erteilt werden würde. Bis dahin existierte eine große Lücke hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise. Abb. 4: Initiale Aufstellung: Gegenwart Abb. 5: Finale Aufstellung: Gegenwart 30 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 In weiterer Folge stellten die Projektteammitglieder fest, dass die Prioritäten der Stakeholder in dieser Phase unklar waren. So mussten etwa auch in naher Zukunft die Lieferanten für das Projekt ausgesucht werden. Das gab dem Teammitglied Beschaffung beispielsweise die Möglichkeit, über die bevorstehende Arbeit der Festsetzung der Lieferantenstrategie zu sprechen. Als eine der zentralen Erkenntnisse wurde dem Team die wichtige Rolle der Medien klar, die offensichtlich schon in Lauerposition waren. Abbildung 5 zeigt die finale Aufstellung der Stakeholder-Landschaft in der Gegenwart und Abbildung 6 zeigt diese in der Zukunft. Diese Abbildungen machen die Komplexität der Stakeholder-Landschaft gut sichtbar und für das Projektteam begreifbar. Reflexion: Was es dem Projektteam gebracht hat Während der Aufstellung war die Dynamik im Projektteam sichtbar. Zu Beginn saßen die Teilnehmer hinter Tischen und waren wenig aktiv am Prozess beteiligt. Der Tisch mit dem Systembrett war in der Mitte aufgestellt. Im Zuge der Aufstellung wechselten die Teilnehmenden die Position, standen auf und ginge auf den Tisch in der Mitte zu. Sie betrachteten die Aufstellung aus verschiedenen Blickwinkeln und waren aktiv an Diskussionen beteiligt. Ein wesentliches Ergebnis der Aufstellung war die Sichtbarmachung der unterschiedlichen Sichtweisen der Projektteammitglieder auf die unterschiedlichen Stakeholder. Dabei wurde klar, dass unterschiedliche Teammitglieder unterschiedliche Meinungen und Erwartungen hinsichtlich unterschiedlicher Stakeholder hatten. Basierend auf dem geteilten Bild konnten besser gemeinsam Maßnahmen abgeleitet werden und es konnte gut Klarheit geschaffen werden, dass unterschiedliche Stakeholder unterschiedliches Management und Einbindungen benötigen. Ein weiteres Ergebnis war die Erkenntnis, dass unterschiedliche Entscheidungen unterschiedlichen Einfluss auf die Stakeholder haben und dass dies bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden muss. Das wichtigste Ergebnis für die Teilnehmer war die Einsicht hinsichtlich der „non-phase“ und dass diese Phase berücksichtigt werden muss. Die Aufstellungsarbeit zum besseren Verstehen dieser ungewissen Zukunft ermöglichte den Projektteammitgliedern, Befürchungen, die nicht im Projektalltag ausgesprochen wurden, auszusprechen. Und damit mehr Gefühl und Wissen zu der kommenden Situation zu bekommen und Klarheit zu schaffen, wie hier mit einigen zentralen Stakeholdern umgegangen werden soll. Das Arbeiten in den unterschiedlichen Zeitphasen ermöglichte eine präzisere und genauere Betrachtung der jeweiligen Stakeholder und machte auch die Veränderungsdynamiken in der Stakeholder-Landschaft dem Projektteam besser begreifbar. 5 Potenziale und Herausforderungen Die Anwendungen der Aufstellungsmethoden (Systembrett, Systemaufstellung mit externen Repräsentanten und Managementaufstellung) für Stakeholderanalysen zeigten folgende Potenziale [1]: • Implizites Wissen wird explizit gemacht. Damit wird Unausgesprochenes besprechbar. • Ein besseres Verständnis der Stakeholder durch ein Einnehmen der jeweiligen Stakeholderposition wird unterstützt. Damit wird ein Hineinversetzen in den jeweiligen Stakeholder ermöglicht, das Motivationen und Einstellungen besser nachvollziehbar und damit unterschiedliche Stakeholderpositionen besser begreifbar macht. • Aufstellungen ermöglichen das Ausprobieren unterschiedlicher Lösungsstrategien und das Sehen der Wirkungen auf andere Stakeholder. Das ermöglicht insbesondere das Ausprobieren von verschiedenen Handlungsalternativen und reduziert die Unwissenheit. • Bei einem Arbeiten mit dem Projektteam können die gemeinsam generierten Bilder und Lösungen sofort in den Projektalltag umgesetzt werden. Andererseits braucht es einige Voraussetzungen der Anwendung dieser neuen Methoden für das Stakeholdermanagement. Neben der Offenheit des Teams, sich auf eine neue Methode einzulassen, ist eine zentrale Voraussetzung, insbesondere wenn die Repräsentanten Personen sind, der Einbezug eines erfahrenen Aufstellungsexperten, um eine professionelle und sichere Aufstellung zu gewährleisten. 6 Fazit Zielsetzung des Artikels war es, Next Practices für Projektstakeholder-Management zu beschreiben, um damit einen proaktiven Umgang mit Ungewissheit in Projekten zu unterstützen. Abb. 6: Finale Aufstellung - Zukunft UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 31 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Es wurden „Managen VON Stakeholdern“ und „Managen FÜR Stakeholder“ als unterschiedliche Stakeholderstrategien vorgestellt, die helfen können, die Ungewissheit in Projekten zu reduzieren. Außerdem beschreibt der Artikel die Anwendung eines Systembretts für eine Stakeholderanalyse in einem konkreten Fallbeispiel und erläutert die Potenziale und die Herausforderungen von Systemaufstellungen für Stakeholderanalysen. Durch die Sichtbarmachung der Stakeholder-Landschaften in unterschiedlichen Zeitphasen wurde eine genaue Betrachtung der Beziehungen in einzelnen Zeitabschnitten ermöglicht. Damit ist ein guter Grundstein für ein proaktives Handeln und eine Betrachtung des Potenzials in der Ungewissheit gelegt. Die Autorinnen ermutigen Projektmanagerinnen und Projektmanager, Systemaufstellungen einzusetzen, um mit der Ungewissheit in komplexen Stakeholderbeziehungen besser umgehen zu können!  Literatur [1] Huemann, M./ Eskerod, P./ Ringhofer, C.: Rethink: Project Stakeholder Management. Project Management Institute, 2016 [2] Defoe, D.: Essay Upon Projects, 1697 (deutsch: Über Projektemacherei, Leipzig 1890). Krajewski, M. (Hrsg.), Kadmos, Berlin 1697/ 2004 [3] Schoper, Y./ Huemann, M.: Veränderungen in Projekten erkennen und nutzen: Was der Westen vom Osten im Hinblick auf Ungewissheit lernen kann. projektManagement aktuell 1/ 2018, Köln [4] Luhmann, N.: Soziale Systeme: Grundriss einer allgemeinen Theorie. Suhrkamp, Frankfurt/ M. 1984 [5] Huemann, M.: Human Resource Management in the Project-oriented Organization: Towards a Viable Project-Oriented HRM System for Project Personnel. Gower, Aldershot 2015 [6] Kasper, H.: Die Handhabung des Neuen in organisierten Sozialsystemen. Springer, Berlin 1990 [7] Freemann, R. E.: Strategic Management: A stakeholder approach. Pitman, London, England, 1984 [8] Freeman, R. E./ Harrison, J. S./ Wicks, A. C./ Parmar, B. L./ De Colle, S.: Stakeholder theory: The State of the Art. Cambridge University Press, Cambridge 2010 [9] Weber, G.: Praxis der Organisationsaufstellungen. Carl-Auer-Systeme, 2000 [10] Varga von Kibéd, M.: Bemerkungen über philosophische Grundlagen und methodische Voraussetzungen der systemischen Aufstellungsarbeit. Praxis des Familien-Stellens. Beiträge zu systemischen Lösungen nach Bert Hellinger. Carl-Auer-Systeme, Heidelberg 1998 [11] Rosselet, C./ Senoner, G.: Management macht Sinn: Organisationsaufstellungen in Managementkontexten. Carl-Auer-Systeme- Verlag, 2010 [12] Müller-Christ, G./ Liebscher, A. K./ Hussmann, G., in Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik, Vol. 16, Ausg. 1, 2015, S. 29-51 [13] Sheldrake, R.: Das schöpferische Universum: die Theorie des morphogenetischen Feldes. Ullstein Buchverlag, Berlin 2009 Schlagwörter Komplexität, Managing of Stakeholders, Managing for Stakeholders, Stakeholdermanagement, Systemaufstellung, Systembrett, Ungewissheit Kompetenzelemente der ICB 4 Perspective 5: Macht und Interessen; People 4: Beziehung und Engagement; People 5: Führung; People 6: Teamarbeit; Practice 11: Chancen und Risiken; Practice 12: Stakeholder Autorinnen Dr. Martina Huemann ist Professorin an der WU Wien, führt die Abteilung Projektmanagement im Department Strategie & Innovation und leitet den Professional MBA: Project Management der WU Executive Academy. Seit 2003 ist sie Vorstandsmitglied von pma. Als Beraterin mit mehr als 15 Jahren Erfahrung und Mitbegründerin von enable2change, einem Netzwerk an erfahrenen Experten/ -innen, hat sie großes Interesse am Brückenschlagen zwischen Forschung und Praxis. 2018 übernahm sie die Rolle Editor-in- Chief im International Journal of Project Management. Anschrift: WU Wirtschaftsuniversität Wien, Abt. Projektmanagement, Welthandelsplatz 1, 1020 Wien, Österreich, Tel.: +43/ 13/ 13 36 55 32, E-Mail: Martina.Huemann@wu.ac.at Dr. Claudia Ringhofer ist Forscherin und Lektorin an der Abteilung Projektmanagement im Department Strategy & Innovation der WU Wien. Ergebnisse aus der Forschung kann sie als Netzwerkpartnerin bei enable2change einbringen. Anschrift: WU Wirtschaftsuniversität Wien, Abteilung Projektmanagement, Welthandelsplatz 1, 1020 Wien, Österreich, Tel.: +43/ 13/ 13 36 55 33, E-Mail: Claudia.Ringhofer@wu.ac.at Dr. Daniela Andratsch ist Juristin mit beruflichen Stationen in Luxemburg, Brüssel, Padua und Wien. Sie beschäftigt sich seit 2004 mit systemischen Organisationsaufstellungen im Kontext von Wirtschaft und Wissenschaft. Anschrift: Zirkusgasse 50/ 30, 1020 Wien, Tel.: +43/ 19/ 25 66 58, E-Mail: office@Daniela- Andratsch.at, www.daniela-andratsch.at 32 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Die erste GPM Forschungswerkstatt fand 2008 statt. Seit dieser ersten Durchführung vor zehn Jahren hat sich die Veranstaltung gewandelt und weiterentwickelt. Dieser kurze Artikel schaut zurück auf diese zehn Jahre, auf die Anfänge, die ursprüngliche Zielsetzung, die behandelten Themen und was sich seither verändert hat. 1 Einleitung Dieser Artikel liefert vertiefende Hintergrundinformationen und beleuchtet insbesondere die Entstehungsgeschichte und die Funktionsweise der Forschungswerkstatt: • Was muss ich mir unter einer Forschungswerkstatt vorstellen? • Was war die ursprüngliche Idee der Forschungswerkstatt? • Worin besteht der Unterschied zu anderen Veranstaltungen? • Was ist über die Jahre gleichgeblieben, was hat sich verändert? • Was ist besonders an der D-A-CH-Forschungswerkstatt? Ich war seit 2008 in einer tragenden Organisationsrolle bis einschließlich 2015 dabei und kenne somit die ganze Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte; Ende 2015 habe ich mich aus verschiedenen, vor allem persönlichen und zeitlichen Gründen als Mitorganisator zurückgezogen. Da dieser Artikel für mich auch die Gelegenheit zu einer persönlichen Rückschau über diese vielen Jahre bietet, erlaube ich mir, subjektive Anmerkungen in der Ich-Form zu schreiben. 2 Zur Geschichte Die erste Forschungswerkstatt fand 2008 statt. Wir blicken also auf zehn Jahre zurück, in denen nicht nur optimiert, sondern auch weiterentwickelt wurde und in denen zudem eine geografische Ausdehnung stattgefunden hat. 2.1 Was war das ursprüngliche Ziel? Es gab mehrere Gründe, warum diese Veranstaltung ins Leben gerufen wurde: • Sie sollte als Vehikel für die Fachgruppe „Neue Perspektiven in der Projektarbeit“ dienen, um deren Arbeitsergebnisse präsentieren und verifizieren zu können. Die Veranstaltung sollte somit ein Mittel zum Zweck sein, und das primäre Ziel war nicht, eine neue Veranstaltung zu lancieren. Nachdem wir 2007 zwei Papers auf dem PM-Forum präsentiert hatten, wollten wir uns öffnen und eine weitergehende Diskussion über die Grenzen der PM- Fachverbände hinaus lancieren. • Es sollte eine Plattform geboten werden, um interdisziplinäre Gruppen von Beteiligten zusammenzubringen: - Individuen/ Experten/ Vertreter aus Unternehmen, Verbänden, Forschungs- und Fortbildungseinrichtungen - Praktiker und Wissenschaftler/ Forscher • Wir wollten eine neuartige Veranstaltungsform „austesten“. • Und last but not least würde damit das Profil der GPM in Sachen Forschung gestärkt werden. 2.2 Themen 2008 bis 2016 Im ersten Jahr wurden gleich zwei Forschungswerkstätten durchgeführt, danach jeweils eine pro Jahr. Über die Jahre wurden die Themen gemäßg Tabelle 1 behandelt. 2.3 Was sich über die Jahre verändert hat Wir können vier zeitliche Etappen unterscheiden, die jeweils nach einem gemeinsamen Grund- Hinter den Kulissen: Geschichte und Funktionsweise der Forschungswerkstatt Autor: Stephen Rietiker Jahr Thema Publikation 2008 PM-Standards 2020 - Szenarien und Orientierung - 2008 Projekt als Strategie - Strategie als Projekt [1] 2009 Organizational Competence in Project Management [2] 2010 Zwischen Lust und Frust - Energiequellen und Widerstände in der Projektarbeit - 2011 Theorie(n) der Projektarbeit, Teil 1, Differenzen - Relationen - Synergien [3] 2012 Theorie(n) der Projektarbeit, Teil 2, Ergebnisse - Vertiefungen - Impulse 2013 Theory meets Practice in Projects, Part 3, Results - Reflections - Way Forward 2014-2016 Komplexität und Ungewissheit [4] Tab. 1: Übersicht der Themen von 2008 bis 2016 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 33 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 muster funktionierten. Von Etappe zu Etappe hat sich jeweils das Grundmuster gewandelt, wie in Abbildung 1 ersichtlich ist. Der neue 3-Jahres-D-A-CH-Zyklus 2017-2019 wurde im Jahr 2017 in Luzern gestartet und ist dem Thema „Zeit“ gewidmet. Zusätzlich ist noch zu erwähnen, dass aus der Forschungswerkstatt die IPMA Research Conference entstanden ist. Diese wird seit 2014 mit jährlichem Schwerpunktthema jeweils in einem anderen Land durchgeführt. 2.4 Was ist das Besondere an der D-A-CH-Forschungswerkstatt? Für mich sind es zwei Punkte: Zum einen wurde das übergeordnete Ziel, dass die drei deutschsprachigen Länderverbände eine Veranstaltung gemeinsam machen, im Jahr 2017 bereits das vierte Mal in Folge erreicht. Zum anderen ist es eine Plattform, wo sich Teilnehmer aus dem gesamten deutschsprachigen Raum austauschen können, und zwar anders und intensiver als beim simplen Networking, das es auch auf anderen Konferenzen gibt. 3 Warum es eine Werkstatt und keine Konferenz ist 3.1 Interaktion, Wissenschaftler und Praktiker, Neues ausprobieren Die Forschungswerkstatt setzt auf eine starke Interaktion in gemischten Gruppen. PM-Experten aus der Wirtschaft sitzen gemeinsam mit Wissenschaftlern, Verbandsvertretern und Trainingsanbietern an einem Tisch. Unterschiedliche Blickwinkel, Disziplinen, Herkünfte und Tätigkeitsschwerpunkte eröffnen neue Perspektiven und Einsichten. 3.2 Veranstaltung für geladene Teilnehmer Dadurch, dass es keine öffentliche Veranstaltung ist, hat sich über die Jahre eine kleine Community gebildet. Dazu hat ein Teilnehmer einmal gesagt: „Natürlich ist das jeweilige Thema für mich mehr oder weniger interessant. Doch unabhängig vom Thema besteht für mich der echte Nutzen darin, dass dies der einzige Event ist, wo Praktiker und Wissenschaftler zusammenkommen, um gemeinsam zu diskutieren und Ideen über Projektmanagement auszutauschen.“ 3.3 Methodenspektrum Die Verwendung und der Mix von verschiedenen Formaten und Methoden für größere Gruppen ermöglichen Kollaboration und Lernen aus Erfahrung. Zu den verwendeten Formaten gehören unter anderem sorgfältig ausgewählte Impulsreferate zur Stimulation der Reflexion eigener Gedanken und Wahrnehmungen, World Café, Fish Bowl, Marktplatz, Improvisationstheater, Arbeiten in Kleingruppen und Präsentation/ Diskussion im Plenum. Als weiteres Element kam ab 2014 in der D-A-CH-Forschungswerkstatt das Experimentieren mit neuen Arbeitsformen und Ideen in Workshops hinzu. Abb. 1: Worin sich die wesentlichen Etappen unterscheiden 34 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 3.4 Grundschema Divergenz - Konvergenz Eine wiederholte Sequenz von Divergenz und Konvergenz erlaubt das kontinuierliche Wechseln zwischen Differenzierung und Integration. Differenzierung erlaubt das Entdecken, das Ausschauhalten nach Optionen und das Gewinnen von neuen Erkenntnissen, kurzum offen und kreativ sein in den Arbeits- und Kleingruppen. Die Integration dient sodann dazu, die verschiedenen losen Enden, Stoßrichtungen und Ideen wieder zusammenzuführen, auf Stimmigkeit zu prüfen und Schlussfolgerungen zu ziehen. Das wiederholte Wechselspiel stellt sicher, dass der Fokus auch über längere Zeit beibehalten wird. Dieses Grundschema wurde vor allem während des Forschungsprogramms „Theory meets Practice“ im Zeitraum von 2011 bis 2013 und beim dreijährigen D-A-CH-Thema „Komplexität und Ungewissheit“ verwendet, kommt aber auch innerhalb der einzelnen Forschungswerkstätten zur Anwendung (Kleingruppen und Plenum). Abb. 2: Rege Diskussion der Teilnehmer im Gruppen-Setting (Berlin 2013); Foto: Les Squires Abb. 3: Eine wiederholte Sequenz von Divergenz und Konvergenz UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 35 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 4 Fazit Wir können auf zehn durchgeführte Forschungswerkstätten zurückblicken (ohne 2017 und die IPMA Research Conferences mitzuzählen). In den zehn Jahren seit 2008 konnte viel Erfahrung mit dem interaktiven Setting gesammelt werden und es hat sich eine kleine Community gebildet. Wir sind auch an Grenzen gestoßen, denn rückblickend sind wir 2011 bis 2013 mit dem Forschungsprogramm „Theory meets Practice“ an die Limite dessen gekommen, was mit ausschließlich ehrenamtlichem Engagement möglich ist. Für unsere Fachgruppe wirkt es als Ansporn, um weitere „weiße Flecken“ zu bearbeiten, konnten wir doch mit unserem Vorausdenken und der entsprechenden Forschungswerkstatt zum Thema organisationale Kompetenz einen wichtigen Beitrag leisten und einen Grundstein legen für die spätere Ausarbeitung der IPMA OCB (Organisational Competence Baseline). Und für mich als einen der Mitbegründer der ursprünglichen Forschungswerkstatt und Mitinitiator der D-A-CH-Forschungswerkstatt ist es schön zu sehen, dass wir etwas geschaffen haben, das weiterlebt, mit neuen Personen am Steuer und neuer Trägerschaft.  Schlagwörter Forschungswerkstatt, interaktiv, interdisziplinär, Plattform, Research Conference Literatur [1] Wagner, R. (Hrsg.): Projekt als Strategie - Strategie als Projekt. Trends, Potenziale, Perspektiven. Band 1 der Buchreihe Forschung. GPM, Nürnberg 2009 [2] Wagner, R. (Hrsg.): Organisationale Kompetenz im Projektmanagement. Band 5 der Buchreihe Forschung. GPM, Nürnberg 2011 [3] Rietiker S./ Wagner R. (Hrsg.): Theory Meets Practice in Projects. Band 8 der Buchreihe Forschung. GPM, Nürnberg 2014 [4] Sonderausgabe zum Thema „Ungewissheit in Projekten“. In: projektManagement aktuell 1/ 2018, TÜV Media GmbH, Köln Autor Stephen Rietiker, Dipl.-Wirtsch.-Inf., ist geschäftsführender Partner der november ag sowie ehemaliger Vorstand der spm. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Leitung und Sanierung von komplexen Projekten, Assessment und Aufbau von PMOs sowie Einführung/ Optimierung von Projektmanagement und Portfoliomanagement in Organisationen. Er leitet die GPM Fachgruppe „Neue Perspektiven in der Projektarbeit“. Nebenberuflich engagiert er sich als Dozent im „MAS Project Management“ an der Hochschule für Wirtschaft Zürich. Anschrift: november ag, Mühlebühl 7, 9100 Herisau, Schweiz, Tel.: +41/ 79/ 4 14 33 53, E-Mail: Stephen.Rietiker@november.ch Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) e. V. (Hrsg.) Datenschutz - Eine Vorschriftensammlung 4. Auflage 2017 DIN A6, broschiert 22,80 EUR Bestell-Nr. 60237 Ab 10 Expl. Mengenstaffelpreise TÜV Media GmbH Tel. +49 221 806-3511 Fax +49 221 806-3510 www.tuev-media.de Datenschutz ® TÜV, TUEV und TUV sind eingetragene Marken. Eine Nutzung und Verwendung bedarf der vorherigen Zustimmung. Datenschutz - Eine Vorschriftensammlung Die Vorschriftensammlung „Datenschutz“ liefert eine Übersicht über alle datenschutzrelevanten Regelungen aus über 60 Gesetzen und Vorschriften. Diese Bestimmungen wurden den Arbeitsbereichen zugeordnet, die in der Datenschutzpraxis eine Rolle spielen: • Personalverwaltung; • Fürsorgepflicht des Arbeitgebers; • Kommunikation im Unternehmen; • Geschäfts- und Kundenbeziehungen. Ebenso aufgenommen wurde die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die im Verlauf des Jahres 2018 angewendet werden muss. Infos und Leseprobe unter: www.tuev-media.de/ dev Anzeige 36 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Dieses Interview geht im Gespräch mit deutschen, österreichischen und Schweizer Projektmanagementexperten der Frage nach, wie Projektmanagerinnen und Projektmanager mit Ungewissheit in Projekten besser umgehen können. Daniel Baumann, Professor an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Yvonne Horst, Senior Projektmanagerin bei der swiss.com, Raimo Hübner, Projektmanagementassessor, und Brigitte Schaden, pma Präsidentin und eingetragene Wirtschaftsmediatorin, teilen ihre Erfahrungen und Beobachtungen und geben Auskunft, wie Gestalter der Zukunft Ungewissheit als eine Chance und weniger als Bedrohung wahrnehmen können. Projekte sind immer ungewiss Huemann: Mit Projekten „erfinden“ wir die Zukunft und die ist immer ungewiss. Daher sind Projekte immer mit Ungewissheit behaftet. Aus meiner Erfahrung können Projektmanagerinnen und Projektmanager gut mit Projektrisiko umgehen, Ungewissheit allerdings wird oft als große Herausforderung gesehen. Was sind Ihre Beobachtungen und Erfahrungen dazu? Horst: Ich stimme der Beobachtung zu. Allerdings entsteht der Druck für die Projektmanager oft auch nicht aus inhaltlichen Fragen in den Projekten, sondern vielmehr aus Veränderungen im Projektumfeld. Besonders hervorzuheben ist hier die Veränderung der Stakeholderlandschaft, insbesondere bei Reorganisationen. Auch Neu- Interview Wie Projektmanagerinnen und -manager trotz Ungewissheit erfolgreich die Zukunft gestalten Autorin: Martina Huemann Daniel Baumann Prof. Dr. Daniel Baumann arbeitet seit 25 Jahren im Forschungs- und Bildungsmanagement, aktuell als Vizedirektor des Dept. Life Sciences und Facility Management der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Er führte während elf Jahren bis 2016 die Swiss Project Management Association (spm) zuerst als Geschäftsführer, später als ihr Präsident. Anschrift: Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), Dept. Life Sciences und Facility Management, Grüentalstrasse 14, 8820 Wädenswil, Schweiz, Tel.: +41/ 58/ 9 34 59 91, E-Mail: Daniel.Baumann@zhaw.ch Yvonne Horst Yvonne Horst; nach Wirtschaftsmatura und einigen Semestern BWL Einstieg ins Project Management, zunächst on the job, dann einschlägige Weiterbildung: IPMA-B-Zertifizierung, MBA Process- und Project Management SMBS, Scrum Master, Lean Manager; langjährige Erfahrung als operativer Project Manager; heute Linienvorgesetzter der Business Analysten bei Swisscom (Schweiz) AG/ Abteilung Großkunden Anschrift: Swisscom (Schweiz) AG, Pfingstweidstrasse 51, 8005 Zürich, Schweiz, Tel.: +41/ 79/ 2 05 10 87, E-Mail: Yvonne.Horst1@swisscom.com UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 37 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 ausrichtungen bezüglich Strategie, Technologie und Architektur (IT, Prozess, Produkt) oder die Änderungen an der Verfügbarkeit von Personalressourcen und finanziellen Mitteln sind solche typischen Veränderungen. Mit dieser Dynamik des Projektumfelds umzugehen ist eine große Herausforderung. Damit müssen Projektmanager lernen umzugehen. Schaden: Meine Beobachtung ist, dass Projektmanager und Projektmanagerinnen bei Risken mehr das Gefühl haben, dass sie „planbarer“ sind. Man kann sie identifizieren, analysieren und Maßnahmen zur Reduktion oder gar Vermeidung setzen. Ungewissheiten sind viel breiter, globaler und aufgrund ihrer möglichen hohen Anzahl nicht identifizierbar. Ungewissheiten treffen einen unvorbereiteter und erzeugen höheren emotionalen Stress. Hübner: Aus meiner Erfahrung verschwimmen bei den Projektbeteiligten die „Sinnzuschreibung“ von Ereignissen und Situationen, welche wir als Risiken bezeichnen und die mit Unsicherheit bezeichnet werden, oft. In meiner Wahrnehmung entsteht Unsicherheit dadurch, dass der Wahrscheinlichkeitsraum für die zukünftige Entwicklung des Systemausschnittes Biosphäre auf diesem Planeten im Gesamtsystem Universum zu Projektbeginn noch offen ist. Erst im Projektverlauf verdichten sich die Wahrscheinlichkeitslinien, zum Beispiel im Tunnelbau werden verschiedene Vortriebstechnologien diskutiert und abgewogen, bis sich letztendlich eine Wahrscheinlichkeitslinie manifestieren kann, zum Beispiel die Vortriebstechnologie mit Tunnelbohrmaschine für diesen speziellen Tunnel. Das Risiko des Wassereinbruches während des Tunnelvortriebes, wird aufgrund der nur begrenzt wirtschaftlich sinnvollen Sondierung des Gebirges, durch das der Tunnel vorgetrieben wird, bleiben. Das Gebirge und die unterirdischen Wasserläufe verändern sich nur sehr langsam in den nächsten tausend Jahren. Somit liegt das Risiko hier, besser beschrieben, vielleicht in der Unwissenheit über die exakten Gebirgs- und Wasserlaufverhältnisse in allen Tunnelbereichen. Deswegen ist es aus meiner Wahrnehmung hilfreich, sich mit Unsicherheit auseinanderzusetzen und die „agile“ Navigation in der Unsicherheit zu erlernen und ständig für sich und sein Projektteam weiter zu professionalisieren. Baumann: Meine Erfahrung ist, dass wir mit Projekten die Zukunft eher gestalten als erfinden. Raimo Hübner Raimo Hübner; nach der Berufsausbildung zum Baufacharbeiter Studium zum Bauingenieur, mehrere Jahre als Planungsingenieur in einem Ingenieurbüro und als technischer Projektmanager im Ingenieurbau bei Max Bögl; 2002 Wechsel zur Volkswagen AG; zertifizierter Senior Project Manager nach IPMA Level B; 2005 prämiert im IPMA International Project Excellence Award; seit 2008 Assessor für die Projektmanagement-Personenzertifizierung der PM-Zert; Mitglied in der Reformkommission Großprojekte, Arbeitsgruppe Projektsteuerung im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI); Leadautor im www.project-roadmap.com-Netzwerk Anschrift: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., PM-ZERT - Zertifizierungsstelle der GPM e. V., Am Tullnaupark 15, 90402 Nürnberg, E-Mail: R.Huebner@gpm-ipma.de Brigitte Schaden Mag. Brigitte Schaden ist studierte Versicherungsmathematikerin und Betriebsinformatikerin. Sie ist seit 30 Jahren in unterschiedlichsten Branchen und in unterschiedlichsten Rollen im Projektmanagement tätig. Brigitte Schaden ist pma Präsidentin, GAPPS chair, Coach und eingetragene Wirtschaftsmediatorin. Sie ist IPMA Honorary Fellow, IPMA-Assessorin und war von 2009 bis 2010 IPMA-Präsidentin. Anschrift: pma, Türkenstraße 25, 1090 Wien, Österreich, Tel.: +43/ 664/ 632 8197, E-Mail: Brigitte.Schaden@ p-m-a.at 38 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Erfinden birgt den Aspekt des Entdeckens, eben des Findens von etwas Vorhandenem, aber bisher Unbekanntem. Gestalten ist aber eine für mich kreative und formende Tätigkeit, die letztlich etwas Neues noch nie Dagewesenes schafft. Das ist aber wohl meine Sicht als Naturwissenschaftler. In diesem Sinne ist die Zukunft für mich daher nicht unbedingt ungewiss. Ungewiss ist aber, ob es uns gelingt, die Zukunft so zu gestalten, dass sie nachher unsere Erwartungen erfüllt. Der Umgang mit dieser Ungewissheit in der Projektarbeit beginnt darum in einem ersten Schritt damit, Klarheit über die Erwartungen, zu schaffen. Eine Vielzahl von Stakeholdern, womöglich mit widersprüchlichen Erwartungen, bildet dabei eine der größten Herausforderungen. Ziele zu definieren, welche die Erwartungen dann erfüllen können, bildet die nächste Hürde. Dies vor allem, weil das Festlegen von Zielen auch immer mit dem Verzicht auf weitere Optionen verbunden ist - etwas, womit sich unsere Multioptionengesellschaft zunehmend schwertut. Und letztlich geht es darum, beim Gestalten Chancen zu erkennen, welche die Erwartungen noch besser erfüllen können. Mit Chancenmanagement tut sich Projektmanagement aber schwer, denn es ist nicht einfach Risikomanagement mit umgekehrten Vorzeichen. Es sind aus meiner Sicht dies die Gründe, weshalb klassisches Projektmanagement heute stark im Umbruch ist und weshalb sich agile Methoden verbreiten, weil diese dem Gestaltungsprozess besser Rechnung tragen. Erfolgreicher Umgang mit Ungewissheit Huemann: Wie können Projektmanager erfolgreich mit Ungewissheit in Projekten umgehen? Schaden: Ich denke, der erste und wichtigste Schritt ist, zu akzeptieren, dass es Ungewissheiten gibt, und diese nicht nur negativ zu sehen oder gar Angst davor zu haben. Das Vertrauen in das eigene Team ist wichtig, dass es im Falle von plötzlich eintretenden Veränderungen die Kompetenz besitzt, durch Improvisation, Kreativität, Flexibilität etc. eine passende Lösung zu finden. Vertrauen in die eigene Stärke hilft sehr. Hübner: An dieser Stelle hilft vielleicht die Metapher eines Kapitäns der Hochseeschifffahrt, der sich anders als bei der Binnenschifffahrt mit stark sich eigendynamisch verändernden Systembedingungen wie Wetter, Wind, Strömung, Untiefen konfrontiert sieht. Auch noch so genaues Planen zu Beginn der Seereise wird nicht zu mehr Erfolg führen. Auch hier kann die Volksweisheit „Je genauer du planst, desto härter trifft dich der Zufall“, oder doch besser die Unsicherheit, helfen. Vielleicht nur so ausreichend genau, wie nach derzeitigem Kenntnisstand überhaupt planbar ist, dies zu tun und dann loszufahren und dann bei neuen Erkenntnissen genauer zu planen und zu agieren. Das wird jedoch leider von Auftraggebern und Shareholdern selten akzeptiert. In Unternehmen herrscht oft ein ausgeprägter Rechtfertigungsdruck, wenn vorher eingeforderte exakte Planungen und Schätzungen (verbindliche Zusagen) von bisher noch niemals durchgeführten Projekten in unsicheren Systemen aus Systemen nicht eingehalten werden. Dann erfährt der Projektmanager Sanktionen, verliert seine Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in seine Professionalität. Das klingt nicht sehr verlockend! Deshalb wird sich der Projektleiter in einer Unternehmenskultur mit hohem Rechtfertigungsdruck auch möglichst nicht festlegen wollen. Baumann: Entweder gelingt es einem Projektmanager, Gewissheit über die Erwartung zu schaffen und Ziele zu definieren, welche diese Erwartungen möglichst gut erfüllen. Dies ist vor allem eine Frage von ausgezeichnetem Stakeholdermanagement und einer präzisen und klaren Zielformulierung. Wenn ihm das nicht gelingt, Abb. 1: Impressionen aus der D-A-CH-Forschungswerkstatt 2015; Grafik: pma UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 39 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 weil der Auftraggeber seine Erwartungen nicht formulieren kann, muss der Projektmanager auf den Gestaltungsprozess setzen und diesen so arrangieren, dass er die Erwartungen Schritt für Schritt entwickelt und so Gewissheit über die gewünschte Zukunft schafft. Im ersten Fall schafft klassisches Projektmanagement gute Voraussetzungen, um die Projektziele schnell und effizient zu erreichen. Im zweiten Fall werden es iterative Vorgehensmethoden sein, die zum Ziel führen. Horst: Wichtig ist einerseits die persönliche Disposition des Projektmanagers. Die Voraussetzungen sind mentale Ausgeglichenheit, physische Belastbarkeit, Neugierde und schnelle Anpassungsfähigkeit. Andererseits ist ein intensives und permanentes Stakeholdermanagement notwendig, um mit den Veränderungen und Unbekannten umzugehen. Next Practices Huemann: In den D-A-CH-Forschungswerkstätten 2014-2016 haben wir mit Next Practices, Arbeitsformen und Methoden experimentiert. Welche sind Ihnen in Erinnerung geblieben? Baumann: Ich konnte in der erwähnten Periode an zwei Forschungswerkstätten teilnehmen. Dabei sind mir vor allem zahlreiche Workshops in Erinnerung geblieben, welche sich mit Gestaltungsmethoden befassten. Die meisten dieser Methoden kamen nicht aus dem Projektmanagement und in diesem Sinne war das Wertvolle der Forschungswerkstätten die Befruchtung aus anderen Disziplinen und Fachgebieten. Diese inter-, aber auch transdisziplinäre Betrachtung bringt Projektmanagement weiter und stiftet damit großen Nutzen für die zukünftige Projektarbeit. Schaden: Die Forschungswerkstatt verstehe ich als Experimentierraum für Experten aus Praxis und Wissenschaft, die Projektmanagement weiterentwickeln wollen und auch über den Tellerrand blicken. Wir haben gemeinsam unterschiedliche Arbeitsformen und Methoden ausprobiert und reflektiert, wie sie uns helfen können, mit Ungewissheit in Projekten besser umzugehen. Besonders in Erinnerung geblieben sind mir Aufstellungen, Mediation, Story Telling, Heldenreisen, Assoziationen zu diversen Sounds. Hübner: Besonders in Erinnerung geblieben ist mir eine Möglichkeit der Nutzung einer Feldintelligenz eines sozialen Systems in der Aufstellungsarbeit zur Erlangung von Erkenntnissen für die Projektarbeit und einer möglichen Simulation von Systemzuständen zum erfolgreicheren Systemmanagement. Huemann: Welche Methoden und Ansätze wenden Sie in Ihrem Unternehmen an, um mit Ungewissheit in Projekten besser umzugehen? Horst: Wir wenden seit einiger Zeit agile Ansätze an, welche insbesondere die Reaktionsgeschwindigkeit auf Veränderungen des Umfeldes erhöhen sollen. In den letzten zwei Jahren entwickeln wir uns konsequent in diese Richtung und stellen nun das komplette Projektgeschäft entsprechend unter Verwendung von „Scaled Agile Framework“ um. Es beschreibt die Anwendung von agilen Prinzipien in komplexen und vor allem großen Organisationen. Salopp könnte man auch sagen, es ist „Scrum of Scrum“, kommt also aus der Softwareentwicklung, wird jedoch auch zunehmend weit darüber hinaus angewendet. Parallel dazu fassen wir die Architekturbestandteile toolgestützt in definierte Modelle zusammen, um einerseits generell Wiederverwendbarkeit und Standardisierung und andererseits schnellere Durchlaufzeit in Design und Entwicklung neuer Produkte und Features zu erreichen. Je kleiner die Entwicklungsbausteine sind und je schneller die Durchlaufzeit, desto geringer das Auftreten großer Unsicherheiten, ist hier der Leitgedanke. Ein weiterer Baustein ist das klare Bekenntnis zur Einfachheit. Wir unterweisen die Mitarbeiter in den Ansätzen des Lean Managements und bringen ihnen diverse Methoden und Tricks aus diesem Themenkreis bei. Ebenfalls investieren wir mit Kursen und Coachings in die Haltung unserer Mitarbeiter, Ungewissheit als Tatsache zu akzeptieren und sich mit Offenheit und Bereitschaft damit auseinanderzusetzen. In einem derartigen Umfeld löst sich die klassische Projektmanagerrolle mehr und mehr auf. Dies bedeutet nicht, dass die Skills eines Projektmanagers nicht weiter gefragt sein werden - im Gegenteil. Man wird sich jedoch entscheiden müssen, ob man eher eine inhaltliche oder eher eine personenbezogene Ausrichtung seiner Tätigkeit anstrebt. Lernen Huemann: Wie kann man den Umgang mit Ungewissheit in Projekten lernen? Baumann: So wie man alles lernt, indem man sich darauf einlässt, ausprobiert, aus Rückschlä- Abb. 2: Überblick Next-Practice-Workshops der D-A-CH-Forschungswerkstatt 2015; Grafik: pma 40 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 gen und Misserfolgen, aber auch aus Erfolgen Schlussfolgerungen zieht und so seine Kompetenzen im Umgang mit Ungewissheit stetig erweitert. Das Besondere an der Kompetenzentwicklung im Umgang mit Ungewissheit ist, dass sie ein besonderes Maß an Fehlertoleranz und Reflexionsfähigkeit erfordert. Erfahrenen Projektmanagern gelingt dies besser, denn sie können sich auf ein umfangreiches systemisches Wissen und eine breite Erfahrung abstützen. Es gelingt ihnen aber nur, wenn sie trotz ihrer Erfahrung offen für Neues sind und bereit, sich darauf einzulassen. Schaden: Am besten durch Erfahrung, je öfter man in solche Situationen kommt, je mehr Erfahrung sammelt man damit und kann die Angst davor etwas abbauen. Hat man eine Situation gut gelöst, baut man das Vertrauen in die eigenen Kompetenzen für das nächste Mal auf. Coaching kann unterstützen, Reflexionen im eigenen Team. Horst: Am effizientesten lernt man das in der Praxis von Projekten. Die Unterstützung durch ebenfalls mit Ungewissheit vertraute Kollegen und Vorgesetzte hilft ebenso wie eine gelebte Fehlerkultur. Hübner: Aus meiner Sicht ist das möglich. Auch ein Lehrling eines Töpfers hat zu Lehrbeginn die Wahrnehmung, dass es ihm wohl niemals gelingen wird, einen so wundervollen Krug, wie sein Meister, zu töpfern. Erst wenn er sich auf den Ton und die Rotation der Töpferscheibe einlässt und den „Ton bezwingt“, wird er sicher und ausbalanciert damit umgehen können. Auch in der Seefahrt bedarf es mehrerer Jahre, bis man mit einem Segelteam das System aus Systemen eines Rennbootes mit der Crew auf dem Meer zum Gewinn des America’s Cup führen kann. Es wird nichts daran vorbeiführen, sich mit seiner Profession zu beschäftigen und die eigene Kompetenz immer weiter bis zur „Meisterschaft“ zu entwickeln. Diese Entwicklung ist erst abgeschlossen, wenn der Schüler den Meister übertrifft. Erst dann kann der sich zum „Meister“ entwickelte Projektmanager mit seiner „eigenen Hände Arbeit und seines eigenen Geistes Genie“ ausreichend erfolgreich in Unsicherheit navigieren. Transzendenz der eigenen egozentrischen Selbstbezogenheit ist aus meiner Wahrnehmung einer der wertvollsten Entwicklungsschritte auf diesem Weg. Dann wird es auch möglich, „Nein“ zu sagen, wenn einem ein personell weit unterdecktes Projekt (Anzahl und Kompetenz der Projektmitarbeiter), eine „Mission Impossible“ oder ein „Death Marsh Project“ angeboten wird. Was noch gesagt werden soll Huemann: Was möchten Sie Projektmanagerinnen und Projektmanagern noch zum Umgang mit Ungewissheit in Projekten sagen? Horst: Ich persönlich denke, dass erfolgreicher Umgang mit Ungewissheit viele Dimensionen hat. Zum einen bin ich zutiefst überzeugt von agilen Ansätzen im Projektgeschäft und stelle mich entsprechend darauf ein, indem ich mich in die künftigen Rollenbilder von „Scaled Agile Framework“ hineinentwickle. Zum anderen ist es unabdingbar, selbst für mentale und physische Ausgeglichenheit zu sorgen. Banal, aber wahr: gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und Ausgleich zur Arbeitstätigkeit, genug Schlaf. Schaden: Mir ist wichtig, das Potenzial, das sich aus der Unsicherheit ergeben kann, zu betonen. Aus der Unsicherheit kann sich auch Positives Abb. 3: Die Teilnehmenden der Forschungswerkstatt 2015; Foto: pma - 1 Zeile Anzeige UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 41 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 ergeben. Im Umgang mit Unsicherheit hilft eine gewisse Gelassenheit, Vertrauen zu sich selber und zum Team. Baumann: Projektarbeit ist Arbeit mit Ungewissheit. Wer nicht bereit ist, sich auf Ungewissheit einzulassen, sollte besser keine Projekte leiten. Der Ungewissheit mit stringentem Controlling begegnen zu wollen ist nicht zielführend, denn es verhindert den Gestaltungsprozess. Dies ist aber wohl eher eine Empfehlung für Auftraggeber. Wenn unsere Zukunft ungewiss ist, dann nicht, weil wir sie nicht kennen, sondern weil wir sie nicht gestalten. Oder anders gesagt: Wir prägen die Welt nicht mit unseren Erfolgen, sondern damit, wie wir unser Weg dorthin gestalten. Hübner: Joseph A. Schumpeter beschrieb 1942 erstmals den „kreativen Zerstörer“, welcher als „zukünftiges Problem“ das Establishment von heute in Unruhe versetzt. Auch der Projektmanager „konkurriert gegen die Zukunft“. Es ist das Unvorhergesehene und Unerwartete (das Ungewisse), was das Scheitern des Projektes möglich macht. Der die „Ungewissheit sicherer managende Projektmanager“ wird den Projektgegenstand tendenziell erfolgreicher herbeiführen. Wenn ihm das gelingt, haben wir schon viel erreicht. Horst: Und last but not least: offenbleiben und neugierig, sich darauf einlassen und Dinge ausprobieren. Danke für das Interview!  Magnetisches Projektmanagement - alles für Ihr Scrumboard visuelles und wiederverwendbares Planungssystem unterschiedliche Elemente: Überschriften, Aufgabenkarten, Hinderniskarten und Spaltentrenner zum Beschriften mit abwischbaren Whiteboardmarkern scrum 1902.1d MMS Münchner Magnet Service Betriebs-GmbH Isarstraße 6 • 82065 Baierbrunn • Tel. +49 (0)89/ 288 52 56-0 • mail@mms-magnet.de Besuchen Sie unseren Online-Shop www.mms-magnet.de Ressourcenplanung, die funktioniert Projektportfolio-Management Ressourcenplanung Zeit-/ Leistungserfassung Kosten-Controlling Ihre Testinstallation in der Cloud in 1 Stunde für Sie bereit Scheuring AG CH-4313 Möhlin / +41 61 853 01 54 www.scheuring.ch / info@scheuring.ch www.ressolution.ch Anzeige 42 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Wie gehen Sie mit Ungewissheit in Projekten um? „Die in der D-A-CH-Forschungswerkstätte kennengelernte Heldenreise nutze ich, um Ungewissheit emotional als Abenteuer zu vermitteln.“ Alexander Vollnhofer, Senior Projektmanager, connex.cc DI Hadek GmbH, Österreich „Ungewissheit muss man aushalten können und mit Gespür für den richtigen Zeitpunkt Stück für Stück beseitigen - mit Gesprächen, Kompromissen, Herantasten, Iterieren. Dies gilt für alle Arten von Projekten.“ Dorothee Feldmüller, Professorin, Hochschule Bochum, Campus Velbert/ Heiligenhaus, Deutschland „Beim Umgang mit Ungewissheit spielen meiner Meinung nach der angesammelte Erfahrungsschatz und der Mut zur Entscheidung des Projektmanagers und des Teams eine wesentliche Rolle, um die aufkommenden Phasen der Ungewissheit erfolgreich zu meistern.“ Peter Jaunecker, Projektleiter, Andritz Hydro GmbH, Österreich; Foto: www.christian-husar.com „Um Ungewissheiten in EU-Projekten zu meistern, agieren wir situativ und nutzen die Erfahrungen aller Beteiligten. So entscheiden wir bei den Projekttreffen über die nächsten Schritte und nähern uns so den vereinbarten Zielen.“ Katrin Reschwamm, Managing Director EUrelations AG, Senior Project Manager IPMA Level B, Schweiz „Zum einen mit Neugier und Gelassenheit. Zum anderen mit Mut und Disziplin. In jedem Fall proaktiv und situativ.“ Martin Jahn, Senior Projektmanager, Unisys Österreich, Österreich Tipps zum Umgang mit Ungewissheit in Projekten UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN 43 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 „Bei komplexen Fragen mit unklaren Anforderungen und gleichzeitig unsicheren Lösungen sind iterative Ansätze empfehlenswert.“ Dalibor Cron, IPMA-Vorstandsmitglied Certification Validation, IPMA CVMB „Der Einsatz von PM-Methoden und Kompetenzen ermöglicht, die Ungewissheit step by step anzugehen, und dadurch verliert vieles seinen Schrecken.“ Katharina Radlinger-Köhler, Head of Project Management Office, Novomatic Gaming Industries GmbH, Österreich Wie können wir den Umgang mit Ungewissheit lernen? „Durch Konfrontationen mit Überraschungen, Irritationen und Zufällen, aber auch mit theoretischen Hintergründen wie Systemtheorie, Spieltheorie usw.“ Urs Witschi, Geschäftsführer, Drift Consulting GmbH, Schweiz „Der Umgang mit Ungewissheit begegnet einem immer und ständig, wenn die Neugier da ist, sich mit Neuem auseinanderzusetzen. Das ist eine Grundhaltung, insofern ist das nicht so zu puschen, weil es sonst unbewältigbar erscheint.“ Sibylle Peters, Professorin, Institut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre, Technische Universität Berlin, Deutschland „Mit Ungewissheit umzugehen kann man üben, wir starten neuerdings schon im 1. Semester mit realen Projektbeispielen, die von den Studierenden auch umgesetzt werden müssen.“ Gerhard Ortner, Prof. (FH), Fachhochschule des BFI Wien, Österreich „SELBSTVERTRAUEN: Ungewissheit macht uns Mühe - das Schwierigste ist, diese selber auszuhalten. Lernen Sie, Vertrauen darauf zu entwickeln, dass die Lösung kommt.“ Marcel Müller, Geschäftsführer, pi4sc, Schweiz 44 UNGEWISSHEIT IN PROJEKTEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 „Aus meiner Sicht kann man den Umgang mit Ungewissheit nicht wirklich lernen - man muss auf das Vorkommen von mit der Ungewissheit auftretenden Situationen vorbereitet sein, sie nicht leugnen und wenn sie auftreten handeln.“ Inna Mlada, zSPM, Geschäftsführerin und Projektmanagerin, Fa. alanova - healthcare consulting und project management, Österreich „Einerseits die Projektabwicklungs- und Managementmethoden intus lernen und dann üben, üben und üben. Sprich jede mögliche Chance im Privaten wie im Beruf nutzen, in unbekannten Feldern die Verantwortung zu übernehmen.“ Bruno Jenny, GL-Mitglied der Firma SPOL AG, Dozent, Buchautor, Schweiz Was macht die D-A-CH-Forschungswerkstatt besonders? „Das Zusammenbringen der Sichtweisen aus Praxis und Forschung und das Experimentieren mit neuen Impulsen für die Projektarbeit! “ Iris Hauck-Rameis, Senior Projektmanagerin und externe Projektmanagementberaterin im Hotel Sacher, Österreich „Die Forschungswerkstatt bietet PM-Experten die einmalige Gelegenheit, innovative Ansätze zu entwickeln, auszuprobieren und ihre Praxistauglichkeit zu prüfen.“ Christian Rudischer, Senior Projektmanager und Managing Consultant, Rudischer Management Consulting, Österreich „Dort werden nicht die üblichen ‚Mainstream‘-Konferenzthemen behandelt, sondern zukunftsorientierte Forschungsfragestellungen inklusive möglicher interdisziplinärer Lösungsansätze.“ Doris Weßels, Professorin für Wirtschaftsinformatik mit dem Schwerpunkt Projektmanagement, Fachhochschule Kiel, Deutschland „Das Besondere an der Forschungswerkstatt ist die Chance bzw. das Angebot der sozialen und fachlichen ExpertInnen- Vernetzung im Dienste eines fortschreitenden ganzheitlichen Projektmanagementdenkens! “ Peter Birnstingl, zSPM, CMC, Unternehmensberater, Trainer & Mediator, Projektschmiede Consulting & Training e. U., Österreich REPORT 45 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Qualifizierung und Zertifizierung nach dem IPMA-Kompetenzstandard Stichtag notieren! Ab 1. Juli 2018 gilt die neue ICB 4 Autor: Oliver Steeger Ab 1. Juli 2018 wird die GPM nach der neuen ICB 4 zertifizieren. Die ICB - die Individual Competence Baseline - ist ein weltweiter IPMA-Standard im Projektmanagement. Er beschreibt verbindlich die Kompetenzen, die für erfolgreiche Projektarbeit benötigt werden. Ein globaler Standard: Was muss man im Projektmanagement können? Welche Fähigkeiten muss zum Beispiel ein Projektmanager bei der Zertifizierung nachweisen? Zehn Jahre lang galt die ICB 3. Mit der Einführung der ICB 4 wird sich vieles verändern. Was genau, das erklären Dr. David Thyssen und Klaus Pannenbäcker im Interview. Herr Dr. Thyssen, Herr Pannenbäcker, im vergangenen Jahr wurde die deutsche Fassung der ICB 4.0 vorgestellt. Und direkt das erste, augenfällige Novum: Früher wurde die ICB in einem Buch veröffentlicht. Zu unserem Gespräch haben Sie nun drei Bücher mitgebracht. Ist die neue ICB 4 so umfangreich geworden, dass sie nicht mehr in ein Buch passt? Dr. David Thyssen (DT): Ja und nein. Hinter dem Namen ICB 4 verbergen sich in Wirklichkeit mehrere Standards. Die zunehmende Differenzierung des Fachgebiets Projektmanagement hat eine Aufteilung in sogenannte Domänen erforderlich gemacht. Es gibt jetzt einen Kompetenzstandard für Projektmanagement, einen für Programmmanagement und einen für Portfoliomanagement. Diese drei Aufgabengebiete erfordern zum Teil identische, zum Teil aber auch vollkommen unterschiedliche Kompetenzen. Dr. David Thyssen Dr. David Thyssen leitet für die GPM das Programm zur Implementierung der ICB 4/ ICR 4 in Deutschland. Er ist einer der Autoren der IPMA-Kompetenzstandards ICB 4 für Projekt-, Programm- und Portfoliomanagement sowie für Coaching, Consulting und Training im Projektmanagement. Zudem ist er geschäftsführender Gesellschafter der prometicon GmbH und berät Unternehmen und Not-for- Profit-Organisationen auf ihrem Weg zur projektorientierten Organisation. In seiner Promotion hat er zum Projektmanagement als Organisationsprinzip geforscht, er war Professor für Projektmanagement an der EBC Hochschule in Düsseldorf und hat zahlreiche Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen übernommen. Kontakt: d.thyssen@gpm-ipma.de; Foto: privat Klaus Pannenbäcker Klaus Pannenbäcker, Jahrgang 1935, war Vorstandsmitglied der GPM und IPMA-Präsident. Er entwickelte das 4-Level-System der Qualifizierung und Zertifizierung von PM-Personal und war von 1991 bis 1998 Senior- Trainer der GPM und Dozent an Fachhochschulen. In diesen Jahren gründete er in 18 Ländern die IPMA- Associations und führte Training und Zertifizierung ein. Seit 1998 ist er Ur- Assessor und Ehrenvorsitzender der GPM. Klaus Pannenbäcker studierte Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Dortmund und war anschließend für die Siemens-Schuckert AG sowie für die Kraftwerkunion AG tätig. 1981 gründete er sein eigenes Unternehmen GABO mbH für angewandtes Projektmanagement und technische Dokumentation, das er 2001 seinen Mitarbeitern überschrieb. Foto: privat 46 REPORT projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Augenblick! Früher hat man nur von Projektmanagement gesprochen ... DT: Das ist richtig. Bisher waren die Aufgabengebiete in der ICB vermischt. Dies hat sich mit der neuen ICB 4 geändert. Daran erkennen Sie einen wesentlichen Unterschied zwischen der bisherigen ICB 3.0 und der neuen ICB 4. Die neue ICB 4 ist deutlich breiter angelegt. Der Fokus der neuen ICB 4 liegt nicht mehr allein auf Personen mit Projektmanagementaufgaben. Es haben sich in den vergangenen Jahren andere Aufgabengebiete in der Projektwirtschaft etabliert, Programmmanager oder Portfoliomanager sind nur zwei Beispiele dafür. Dies meine ich mit Verbreiterung. So erklärt sich, weshalb es nun unter dem Titel ICB 4 mehrere Standards gibt - von denen sich einer an Personen im Projektmanagement richtet. Die ICB 4 richtet sich nicht mehr allein an Projektmanager, sondern an alle in der Projektwirtschaft Tätigen? DT: Die ICB 4 spricht ausdrücklich von Handelnden in Projekten. Dies eröffnet die Möglichkeit, dass auch andere Rollen jenseits des Projektmanagers betrachtet werden können. Im ersten Schritt wurden jetzt die Anforderungen für die drei Aufgaben Projektmanagement, Programmmanagement und Portfoliomanagement definiert. Dies bedeutet aber nicht, dass es zukünftig nicht auch Kompetenzstandards für weitere Aufgabengebiete geben kann. Wir können überlegen: Welche Kompetenzen benötigen beispielsweise Führungskräfte in projektorientierten Organisationen oder wie können Mitglieder eines Lenkungsausschusses optimal für ihre Aufgabe qualifiziert werden? Die ICB 4 ist ein Kompetenzrahmen, der schrittweise erweitert werden kann und auf andere Rollen erweitert werden wird. Es könnte in Zukunft noch mehr ICB-Standards geben? DT: Das ist sogar sehr wahrscheinlich. Die ICB ist in der neuen Version sehr flexibel geworden. Oder besser: Sie befindet sich auf einer höheren Abstraktionsebene. Sie ist modular aufgebaut und ausbaufähig. Daraus können Qualifizierungs- und Zertifizierungsangebote für weitere Rollen entwickelt werden: zum Beispiel für PMO- Mitarbeiter oder für Projektauftraggeber. ICB IST FLEXIBEL GEWORDEN Verstanden! Die neue ICB hat in den vergangenen Wochen ein breites Echo hervorgerufen, nicht nur Lob, sondern auch einige Kritik. Beispielsweise wurde kritisiert, dass aktuelle PM-Trends nicht ausreichend in die ICB 4 aufgenommen wurden, beispielsweise bestimmte agile Ansätze. Ist die ICB 4 schon jetzt nicht mehr auf der Höhe der Zeit? DT: Diese Kritik ist an mich selbstverständlich auch herangetragen worden. Sie trifft jedoch nicht zu und geht am Kern der ICB 4 vorbei. Entscheidend ist nicht, ob diese oder jene Methode im Standard genannt wird. Die ICB 4 beschreibt die Kompetenzen, über die jemand im Projektmanagement verfügen muss. Unabhängig davon, nach welchem Prozess- oder Vorgehensmodell im konkreten Fall gearbeitet wird. Im Gegenteil: Eine ganz wesentliche Kompetenzanforderung des Standards ist es, für die jeweilige Projektsituation den richtigen Projektmanagementansatz auswählen zu können. Das kann mal ein klassisches Vorgehen sein, mal eine Mischform aus verschiedenen Vorgehensweisen und hin und wieder auch ein rein agiler Ansatz. Prozessstandards oder Richtlinien wie das PMBok, Prince2 oder auch SCRUM sind ohne Weiteres mit der ICB 4 kombinierbar. Die ICB ist bekanntlich ein Kompetenzstandard - und eben kein Prozessstandard ... DT: Sie ist flexibel, da sie beschreibt, was und warum etwas getan werden muss, aber nicht, wie, und vor allem nicht, in welcher Reihenfolge die Dinge getan werden müssen. Es gibt nicht das eine richtige Projektmanagement, aber viele Erfolgsfaktoren für gutes Projektmanagement. Diese sind in der ICB 4 zusammengetragen. Nehmen wir das Beispiel Scope and Deliverables - im Deutschen Leistungsumfang und Lieferobjekte. Wichtig ist, dass Projektleiter in der Lage sind, den Umfang ihres Projekts eindeutig zu definieren und über den Projektverlauf im Griff zu behalten. Früher war es in den Standards der IPMA selbstverständlich, dass das Arbeitspaketformular das eine richtige Instrument zur Definition der Projektinhalte ist. Nun ist auch eingeflossen, dass Aufgaben beispielsweise in im agilen Umfeld gebräuchlichen User Stories und Epics beschrieben werden. Das richtige Instrument ergibt sich aus dem Projektumfeld und den organisatorischen Vorgaben. In den vergangenen Jahren haben wir gesehen, wie schnell das Projektmanagement vor neuen Herausforderungen und Ansätzen steht. Wir wissen nicht, vor welchen Herausforderungen Projektmanager zum Beispiel durch die fortschreitende Digitalisierung morgen stehen werden. Wir kennen nicht die Methoden der Zukunft. Deshalb: Die ICB 4 bietet ein stabiles Fundament, das Handelnden in der Projektwirtschaft die Möglichkeit gibt, in jedem dieser Felder zu arbeiten. Von klassisch-linearen Projekten bis hin zu inkrementell-agilem Arbeiten. Das heißt, die ICB 4 beschreibt eine allgemeine Kompetenzbasis. DT: Wer auf Basis der ICB 4 qualifiziert ist, ist optimal auf die zukünftigen Herausforderungen vorbereitet. Je nach individuellem Bedarf kann die Basis dann durch weitere Spezialisierungen ergänzt werden. Diese weiterführende Qualifikation muss dann auch nicht mit einem Training und einem Zertifikat verbunden sein. Vielleicht reicht es, Bücher zu einem bestimmten Thema zu lesen oder in einer Fachgruppe mitzuwirken. Die neue ICB - in drei Bänden; Foto: GPM REPORT 47 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Die ICB hat auch in der Vergangenheit die Entwicklung des Projektmanagements geprägt. Dank einer weltweit einheitlichen ICB weiß man, was Projektmanager überall auf der Welt können müssen. Und Projektmanager können ihre Kompetenzen gegenüber Unternehmen und Kunden glaubhaft belegen. Die ICB hat enorm zur Etablierung und Aufwertung des Berufs „Projektmanager“ beigetragen. Dies drückt sich auch in den Zahlen der Zertifizierungen aus: Seit Einführung der ICB haben sich allein in Deutschland fast 70.000 Personen zertifizieren lassen. Herr Pannenbäcker, als Urvater der ICB und Ur-Assessor haben Sie viele Projektmanager kennengelernt. Weshalb nehmen Projektmanager die Lehrgänge und die aufwendige Zertifizierung auf sich? Klaus Pannenbäcker (KP): Der typische Zertifikant ist zwischen 35 und 45 Jahren alt. Er hat bereits Berufserfahrung, natürlich auch Projekterfahrung. Einige Zertifikanten berichten mir, dass sie für ihr Projektmanagement viel von anderen gelernt haben und in der Praxis Erfahrungen gesammelt haben. Learning by doing ... KP: Ja! Nur wurde dieses Wissen lange nicht anerkannt. Viele, die in der Mitte ihres Berufslebens stehen, konnten deshalb ihre Karriere nicht voranbringen. Sie konnten ihre Kompetenz nicht belegen. Durch die Zertifizierung, bei der ja auch die Erfahrung zählt, haben wir diese Lücke geschlossen. Mit dem großen Vorteil: Die Zertifizierung gilt nicht nur in Deutschland oder Europa, sondern weltweit! Dies ist ein Riesenvorteil für die Projektmanager. FAST 70.000 ZERTIFIKATE ALLEIN IN DEUTSCHLAND Die weltweite Geltung - dies ist so eine Sache. Bekanntlich gab es bisher in den Mitgliedsländern sogenannte National Competence Baselines - NCBs. Einige Länder haben die Zertifizierungsrichtlinien der IPMA besonders anspruchsvoll ausgelegt, beispielsweise Deutschland. Andere haben die Ansprüche etwas geringer gehalten. DT: Sie haben es richtig gesagt - die Mitgliedsländer konnten bisher die Standards unterschiedlich auslegen. Diese Möglichkeit gibt es jetzt nicht mehr. Sowohl der Kompetenzstandard wie auch die Zertifizierungsanforderungen sind nun weltweit harmonisiert. Ein identischer Standard, der zwar in die Landessprachen übersetzt, aber nicht mehr geändert werden darf. Internationale Konzerne können sicher sein, dass IPMAzertifizierte Projektmanager überall auf der Welt das können, was von ihnen erwartet wird. Trotzdem - die Zertifizierung in Deutschland war und ist sehr anspruchsvoll. Wer hier auf dem Level D die Zertifizierung bestehen wollte, der musste sich doch sehr anstrengen. In anderen Ländern war es unter Umständen leichter, ein Zertifikat des Levels D zu bekommen. DT: Wir haben in Deutschland bewusst einen hohen Standard bei der Qualifizierung und Zertifizierung gesetzt. Dies werden wir so weit wie möglich beibehalten. Wir haben jetzt aber auch die Chance, unsere Auslegung zu überprüfen. War unsere Auslegung sinnvoll? ANSPRUCHSVOLLE ZERTIFIZIERUNG Und? War sie sinnvoll aus Ihrer Sicht? KP: Uns ist immer wieder vorgeworfen worden, dass die Einsteiger ins Projektmanagement für das Level D zu viel wissen und können müssen. Sie sitzen viele Tage in Lehrgängen, sie bereiten sich aufwendig auf die Prüfungen vor. Aber: Dieses umfangreiche Wissen kann eine Level-Dzertifizierte Person in der Regel anschließend nicht anwenden. Welcher Level-D-Absolvent kommt wirklich in die Lage, ein Projekt mit der Earned-Value-Methode zu steuern? Er wird ja nicht Offizier fürs Projektmanagement, er bleibt - zunächst - Soldat. Daneben ist die Prüfung mit 119 Level A 1.943 Level B 6.277 Level C 39.496 Level D 17.982 Basis 65.817 PM-Zertifikate Die Summe der durch die PM-ZERT erteilten PM-Zertifikate, Stand: 31.12.2017 48 REPORT projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 einem Report, einer schriftlichen und einer mündlichen Prüfung sehr umfangreich. Wir machen es den Einsteigern im Projektmanagement nicht gerade leicht. BASISZERTIFIKAT FÜR ANGEHENDE PROJEKTMITARBEITER DT: Genau deshalb hat die GPM in Deutschland bereits vor Jahren das Basiszertifikat im Projektmanagement eingeführt. Dadurch wurde es deutlich einfacher, ins Projektmanagement einzusteigen. Der Markt hat dies honoriert: Im letzten Jahr haben mehr als 4.000 Personen die Prüfung zum Basiszertifikat abgelegt. Damit ist das Basiszertifikat zurzeit das erfolgreichste Angebot der PM- ZERT, der Zertifizierungsstelle der GPM. KP: Beim Basiszertifikat lernt der angehende Projektmitarbeiter das, was er wirklich für seine allerersten Missionen braucht. Es geht nur um Methoden - also nicht etwa um Führungsverhalten oder unternehmerisches Verhalten. Dieses Angebot hat auf dem Markt gezündet - und von den Zahlen her alle anderen Zertifizierungsangebote hinter sich gelassen. Es wäre doch unklug, daraus nicht zu lernen und dieses Angebot nicht weiter auszubauen und daraus einen Nutzen für die GPM zu erwirken. An dieser Stelle sollten wir einen kurzen Blick auf die Historie zu werfen: Das, was wir heute Level D nennen, war in den 1980er-Jahren einmal als 16-tägige Führungskräfteausbildung der heranwachsenden Disziplin Projektmanagement konzipiert worden und nicht als Einstieg für jedermann. Dazu gleich mehr. Ein Punkt interessiert mich noch: Sie sagten, es könne sich ein Nutzen für die GPM ergeben. Um welchen Nutzen handelt es sich? DT: Wer heute ein Basiszertifikat erwirbt, verschwindet wieder sehr schnell aus dem Fokus der GPM. Unser Ziel muss darin bestehen, alle Absolventen für die höheren Qualifizierungen und Zertifizierungen und natürlich auch für die GPM zu gewinnen. Angenommen, nur zehn Prozent der jährlich 4.000 Basiszertifikanten schlössen sich unserer Young Crew - der Nachwuchsorganisation der GPM - an, dies würde der GPM einen unglaublichen Schub geben. Daher wird das Basiszertifikat nun nahtlos in unser GPM Kompetenzmodell integriert. Integration bedeutet, dass jemand, der bereits ein Basiszertifikat besitzt, sich dieses bei einer Höherzertifizierung auf IPMA-Level D anrechnen lassen kann. Wer ist denn Zielgruppe für Level-D-Zertifikate? DT: Das ist sehr, sehr vielfältig. Es handelt sich zum großen Teil um Berufstätige, die bereits erste Projekterfahrungen haben und die möglicherweise vor ihrem nächsten Karriereschritt stehen. Die Level-D-Qualifizierung ist aber auch ein Instrument, um gestandene Projektleiter noch einmal in der Breite der Methoden fit zu machen oder Personen in einer Umschulungs- Zielgruppen und Kernthemen Zielgruppen Kernthemen Basiszertifkat • Schüler und Berufsschüler • Auszubildende • Studierende • Einsteiger im Projektmanagement • Grundlegende Projektmanagementmethoden Level D • Arbeitspaketverantwortliche • Studierende in Studiengängen mit ausgeprägten Projektmanagementinhalten • Auszubildende in der dualen Berufsausbildung • Berufserfahrene, die ihre bisherige Erfahrung mit fundiertem PM-Wissen unterlegen wollen • Projektmanagementmethoden • Kommunikation • Teamarbeit und Feedback Level C • (angehende) Projektleiter, Projektmanager • Teilprojektleiter von komplexen Gesamtprojekten • Leiter PMO, Leiter Projektcontrolling, Leiter Qualitätsmanagement in Projekten • Projektdesign • Management von Projekten • Agile, klassische und hybride Projektmanagementansätze beherrschen Level B • Projektmanager mit langjähriger Erfahrung in der Leitung komplexer Projekte • Projektmanager, die große Vorhaben zum Erfolg führen wollen • Projektmanager, die für organisationsrelevante Projekte Verantwortung übernehmen wollen • Strategieumsetzung durch Projekte • Leadership in Projekten • Agile, klassische und hybride Projektmanagementansätze beherrschen Level A • Leiter von strategischen Großprojekten • Führungskräfte von projektbasierten Organisationen • Strategiegestaltung durch Projekte • Leadership in Projekten • Führen von Projektführungskräften • Unternehmerische Verantwortung REPORT 49 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 maßnahme ohne jede Erfahrung an das Projektmanagement heranzuführen. Der größte Teil unserer Teilnehmer kommt heute aus IT-nahen Branchen. ZIELGRUPPE FÜR LEVEL-D-ZERTIFIKAT Der IPMA-Level C soll künftig das Standardzertifikat für Projektmanager werden. Bislang war der Level D das am häufigsten angestrebte Zertifikat. DT: Bisher war es so, dass fachlich Level D und Level C nicht weit auseinanderlagen. Für die Zulassung zum Level C musste man drei Jahre Erfahrungen mitbringen, für Level D keine - doch inhaltlich lagen die beiden Level recht nah beieinander. Dies wird sich mit Einführung der ICB 4 verändern. Der fachliche Abstand wird größer. Für den Level D weisen Zertifikanten im Schwerpunkt Methodenkenntnisse nach, für das Level C aber Erfahrungen und Führungskompetenz. Es liegt auf der Hand: Wer sicher Projekte leiten will, braucht Erfahrungen - und deshalb das Level C. Ein Level-D-Zertifizierter leitet noch kein Projekt? DT: Nicht unbedingt. Der Level D heißt im Englischen Project Management Associate. Wir sprechen hier vom Projektmanagementmitarbeiter oder noch breiter vom Projektmitarbeiter. Projektleitung beginnt erst ab Level C. Level D sind Projektmitarbeiter? DT: Die ICB 4 beschreibt die Fähigkeiten, die man haben muss, um erfolgreich in Projekten zu arbeiten. Wenn ich als Level-D-Zertifizierter beispielsweise die Verantwortung für eines oder mehrere Arbeitspakete übernehme, muss ich verstehen, wie Projekte gesteuert werden - wie Projektarbeit funktioniert. Führungsthemen werden künftig erst ab Level C berührt. Dort wird man sich intensiv mit Themen wie Mitarbeiterführung und Kommunikation auseinandersetzen. Auf den höheren Leveln wird das Thema „Leadership“ dann zunehmend wichtig, ab Level B aufwärts. Da geht es dann etwa um unternehmensstrategisches Denken oder auch um Führen ohne formale Macht. Richtig spannend im Sinne von gestaltendem Management wird es also ab Level B? DT: Das würde ich so nicht sagen. Auch C-Projekte können sehr spannend und herausfordernd sein. Wer im Projektmanagement strategisch arbeitet, der sollte jedoch über Level B verfügen. Besser noch Level A. Level A ist übrigens vollkommen neu. Bisher ist an einen Level-A-Kandidaten die Anforderung gestellt worden, Portfolios oder Programme zu leiten. Da blitzt ganz leicht die Grundidee - und in vielen Unternehmen auch sicherlich noch heutige Realität - durch, dass auch eine Projektmanagementkarriere letztlich in die Linie führt. Dadurch, dass Programm- und Portfoliomanagement zukünftig eigene Qualifizierungen und Zertifizierungen erfordern, ist der Level A für die wirklich herausragenden, strategischen Großprojektleiter „frei“ geworden. LEVEL A VOLLKOMMEN NEU GESTALTET Nochmals zum Level D. Wer heute das Level D hat, würde damit sozusagen zurückgestuft vom Projektmanager zum Projektmitarbeiter. Kann dies in Ihrem Sinne sein? DT: Nein, niemand wird zurückgestuft. Wer in den letzten Jahren eine Ausbildung auf dem Niveau des Levels D durchlaufen hat, ist hervorragend ausgebildet. Ganz im Gegenteil. Alle, die nach ihrer Ausbildung Erfahrungen in der Leitung von Projekten gesammelt haben, möchte ich ermutigen, sich mit breiter Brust zu ihrer Kompetenz als Projektmanager zu bekennen. Wir werden als GPM auf diese Gruppe in Kürze aktiv zugehen und ihnen ein „Update“ auf ICB 4 und ein „Upgrade“ auf den Level C nahebringen. Wir sprechen immerhin von rund 40.000 Personen. Foto: Gajus - Fotolia.com 50 REPORT projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Augenblick! Dies würde für rund 40.000 Projektmanager heißen, Lehrgänge zu besuchen und nochmals eine Prüfung abzulegen … DT: Ich wiederhole das gerne: Die heutigen Level-D-Zertifikatsinhaber sind hervorragend ausgebildet. Die neuen Inhalte der ICB 4 müssen natürlich vermittelt und die Fähigkeit zur Leitung von Projekten nachgewiesen werden. Unsere Trainingspartner werden im zweiten Halbjahr kompakte Upgrade-Trainings anbieten. Im Rahmen des GPM Kompetenzmodells werden gültige Level-D-Zertifikate als Vorleistung für den Level C anerkannt. Daher wird die PM-ZERT attraktive Angebote für ein Upgrade von Level D auf Level C machen können. UPGRADE-TRAININGS AB ZWEITEM HALBJAHR Kommen wir zurück zum historischen Kontext. Das Thema Führung aus dem Level D herauszunehmen, ist zweifellos eine massive Veränderung. Wie kommt es dazu, dass so tief in das Zertifizierungssystem eingegriffen wird? KP: Vor mehr als 30 Jahren haben wir in der GPM eine Ausbildung für Projektleiter ins Leben gerufen, dies war der „Projektmanagement- Fachmann“, kurz: PMF. In diesem Lehrgang haben wir Projektmanager rundum vorbereitet auf die Leitung von Projekten. Wir haben ihnen alles gezeigt, was sie wissen müssen, um Projekte erfolgreich ans Ziel zu führen - quasi aus dem Stand zum Projektleiter. Zu diesem Zeitpunkt war noch keine Rede von Zertifizierung und einer ICB. Dies kam später. KP: Richtig, wir hatten anfangs nur die Ausbildung zum PMF! Der PMF lief erfolgreich. Später kamen in der IPMA Ideen auf für ein mehrstufiges, international gültiges Zertifizierungssystem. Bei der Entwicklung und Gestaltung der Zertifizierung haben wir aus Deutschland eine besondere Morgengabe mitgebracht: nämlich unseren PMF. Der PMF wurde Maßstab für das Level D, dafür hat die GPM ihren Projektmanagement- Fachmann zur Verfügung gestellt. Die höheren Level waren damals nur skizziert. Die IPMA war aber froh, dass sie den PMF für das Level D verwenden durfte. Damit aber haben wir uns ein Problem eingehandelt. Als Eingangstor in der Zertifizierung hatten wir eine gut eingeführte und sehr gründliche Ausbildung mit rund 16 Lehrgangstagen. Eine sehr hohe Hürde für Einsteiger. DT: Eine so umfangreiche Ausbildung mit damals 16, heute immerhin noch 10 bis 12 Lehrgangstagen als Einstieg in das Thema „Projektmanagement“ ist am Markt schwierig zu platzieren. Dies erleben unsere Trainingspartner jeden Tag. Der Trend geht zu immer weniger Lehrgangstagen - kleine Lerneinheiten sind gefragt. Jetzt gehen wir den mit dem Basiszertifikat begonnenen Weg konsequent weiter: Selbstverständlich braucht man weiterhin mindestens zehn, besser 14 Lehrgangstage für die Ausbildung eines Projektmanagers im Sinne einer Führungskraft. Aber: Diese Ausbildung ist nicht mehr der Einstieg in die Zertifizierung, sondern der Zugang zum Level C! Mit dem Basiszertifikat und dem Level D führen wir schrittweise an die Projektleitungsaufgaben heran: Diese Ausbildungen können dann weniger umfangreich sein. KLEINE LERNEINHEITEN Offen gesagt - ich bin nicht ganz überzeugt. Die Ausbildung zum Projektmanager bleibt umfangreich. Aber jetzt wird das Pensum auf mehrere Häppchen verteilt. Hilft dies wirklich weiter? DT: Mit dem GPM Kompetenzmodell zeigen wir einen langfristigen Entwicklungspfad im Projektmanagement auf. Damit wollen wir dem Ansatz des lebenslangen und lebensbegleitenden Lernens gerecht werden. Wir haben im Rahmen der Entwicklung mit vielen Kunden und Firmenmitgliedern der GPM intensiv gesprochen. Die Unternehmen sind einer Meinung: Heute funktioniert Personalentwicklung zunehmend modular. Kaum ein Mitarbeiter durchläuft noch große Einheiten an Qualifizierung. Es wird in kleinen Einheiten für den unmittelbaren Bedarf geschult. Dies birgt natürlich die Gefahr, dass die Mitarbeiter zwischen den Modulen aussteigen, dass eine bestimmte Anzahl von Personen über das Einstiegslevel nicht hinauskommt. DT: Dieses Problem ist bekannt. In der Vergangenheit haben die meisten Level-D-Zertifikanten auf weitere, höhere Zertifizierungen verzichtet. Die Herausforderung besteht also darin, Interessenten den Einstieg in den Entwicklungspfad zu ermöglichen und sie dann möglichst dauerhaft zu binden. Level D Ihr Schritt vom Basiszertifikat zum Level D: Schriftliche Prüfung (90 Min.) Ihr Schritt vom Level D zum Level C: Report (25 Seiten), schriftliche Prüfung (120 Min.) und Interview (90 Min.) Level C ICB 4 Level D ICB 3 ICB 4 Basiszertifikat ICB 3 Upgrade-Angebote; Abbildung: GPM REPORT 51 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 KP: Zunächst die Frage, weshalb wir viele nicht über das Level D hinaus binden konnten. Nachdem das Level D bestanden war, mussten sie feststellen: Dieses Wissen brauchten sie größtenteils im Arbeitsalltag nicht. DT: So provokativ möchte ich das nicht stehen lassen. Aber es lenkt den Blick auf das richtige Thema: Wie können wir sicherstellen, dass die richtigen Personen vom richtigen Level angesprochen werden? Das Problem fängt aus meiner Sicht nämlich bereits schon früher an. Wir müssen uns fragen: Warum profitieren die IPMA-Level nicht von unserem massiven Erfolg beim Basiszertifikat? Und das verändert sich in Zukunft? DT: Durch die Definition des GPM Kompetenzmodells bilden wir jetzt deutlich mehr die realen Entwicklungsschritte im Projektmanagement ab. Wir entwickeln Projektmanagementkompetenz stufenweise - so, wie es der Einzelne gerade braucht. Die Karriereschritte eines Projektmanagers und unsere Zertifizierungsschritte verlaufen nun noch paralleler: zunächst ein Überblick über die wichtigsten Projektmanagementmethoden im Basislevel, dann der Überblick über alle Kompetenzen, die es im Projektmanagement braucht auf Level D. Level C der Projektmanager als Führungskraft für einfachere Projekte, Level B der Senior Projektmanager für komplexe Projekte und Level A der Projektdirektor als „Leader“ für strategische, hochkomplexe Projekte. Wir vermitteln in dem Prozess exakt das, was der Projektmanager benötigt, um auf der nächsten Stufe erfolgreich zu handeln. MIT DEM RICHTIGEN LEVEL ANSPRECHEN Der Projektmanager wird also über viele Jahre begleitet und in seiner Karrieregestaltung unterstützt? KP: Ja, wir entwickeln die Zertifizierung in diese Richtung - und auch die Qualifizierung. Was die Qualifizierung betrifft: Wir brauchen dafür Weiterbildner und Lernbegleiter. Bei der Vermittlung der Fachsprache des Projektmanagements, der reinen Wissensvermittlung, geht es um das Lehren - noch nicht in größerem Umfang um das Trainieren. Beim Einüben von Methoden und Reflektieren der eigenen Erfahrungen braucht es erfahrene „Trainer“, die die Kniffe und Tricks des Projektmanagements erklären. In den oberen Leveln stehen die Themen Nachhaltigkeit, Strategie und Leadership im Vordergrund. Auf dieser Stufe arbeitet ein „Coach“ als Lernbegleiter. Stellen Sie mit solchen Plänen nicht das gesamte Trainingssystem auf den Kopf? Die Umstellung von einem Trainingsprodukt auf einen Lernprozess dürfte nicht jedem Trainer schmecken. Die GPM hat rund 30 autorisierte Trainingspartner und 70 akkreditierte Trainer. Die Gruppe ist nicht gerade klein … DT: Unsere Trainingsanbieter sind schon heute nicht nur Anbieter eines Qualifizierungsprodukts, sondern kompetente Partner bei der Unterstützung von Lernprozessen - der Schritt zum Entwicklungspartner. Die GPM muss in der Lage sein, Unternehmen mit Beratung bei der Personalentwicklung zu unterstützen. Diese Rolle ist nicht unbekannt. Schon heute wird dies vom Markt gefordert. Nochmals zur neuen ICB 4, dem Werk, das in drei Bänden vor uns liegt. Vorhin haben Sie von einer Verbreiterung der neuen ICB gesprochen. Ich habe verstanden: Die ICB zielt nicht mehr allein auf Projektmanager, sondern potenziell auf alle in der Projektwirtschaft Handelnden. Neben dieser Verbreiterung hat die ICB auch eine Vertiefung erfahren, wie Sie sagen. Vertiefung - was ist damit gemeint? DT: Die ICB beschreibt Kompetenzelemente für Personen, die in der Projektwirtschaft handeln. Die neue ICB umfasst 28 Kompetenzelemente. Bisher wurden diese Elemente auf ein oder zwei Druckseiten beschrieben. Dies hat sich verändert. Denn nun beinhaltet die ICB je Element neben der Definition und Beschreibung auch sogenannte Kompetenzindikatoren. Übersicht zur Zertifizierung Zertifikat Ablauf Basis Basiszertifikat für Projektmanagement (GPM) Schriftliche Prüfung (90 Minuten) Level D Project Management Associate Schriftliche Prüfung (180 Minuten) oder schriftliche Prüfung (90 Minuten) Report (25 Seiten) inkl. Feedback“ Level C Project Manager Schriftliche Prüfung (120 Minuten) Report (25 Seiten) Workshop Interview“ Level B Senior Project Manager Schriftliche Prüfung (180 Minuten) Report (25 Seiten) Workshop Interview“ Level A Project Director „Report (25 Seiten) Interview“ 52 REPORT projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 DIE 28 KOMPETENZ- ELEMENTE DER ICB 4 Kompetenzindikatoren? DT: Diese Indikatoren zeigen für jedes der 28 Elemente, an welchen Merkmalen man die Kompetenz erkennt, ganz allgemein. Zum Beispiel das Element „Strategie“. Zu diesem Element gehören fünf Indikatoren. Erstens: das Projekt mit der Strategie des Unternehmens in Einklang bringen. Zweitens: Chancen identifizieren und ausschöpfen, die Strategie der Organisation zu beeinflussen. Drittens: Rechtfertigung für ein Projekt entwickeln. Viertens: Erfolgsfaktoren bestimmen und fünftens: Performance-Indikatoren bestimmen. Die IPMA sagt nun: An diesen fünf Indikatoren ist zu erkennen, ob jemand Strategiekompetenz im Projektmanagement hat. Die Indikatoren geben also Auskunft darüber, was ein Projektmanager lernen muss? DT: Ja und nein, sie sagen nur, woran man genau Kompetenz erkennt. In der ICB 4 wird vieles präzisiert. Was die Qualifizierungen betrifft: Wir haben in einem Qualitätsstandard zu jedem Indikator verbindlich festgelegt, welche Qualifizierungsinhalte mindestens in welches Angebot gehören. Die Trainings können darüber hinausgehen, aber es herrscht Klarheit darüber, was selektiert und geprüft werden muss. 132 „KOMPETENZ- INDIKATOREN“ ERMITTELT Zum Beispiel? DT: Wer das Projekt mit der Strategie des Unternehmens in Einklang bringen will, der muss den Unterschied zwischen Strategie, Mission und Vision kennen. Der muss die Ansätze strategischen Managements und bestimmte, gängige Modelle kennen. Lassen Sie mich zusammenfassen. Aus der Kompetenz wurden Indikatoren abgeleitet, aus den Indikatoren wiederum Trainingsinhalte. DT: Richtig. Und diese können für jedes Level auf einem anderen Niveau sein. Darf ich raten? Sie haben in den vergangenen Monaten in viel Fleißarbeit die Kompetenzelemente und Indikatoren für die Qualifizierung und Zertifizierung heruntergebrochen. DT: Dazu ein paar Zahlen. Wir haben 28 Kompetenzelemente mit 132 Kompetenzindikatoren. Je Indikator folgt etwa ein halbes Dutzend Kriterien für Qualifizierung und Zertifizierung. Allein für das Projektmanagement haben wir über 550 Prüfungspunkte definiert und festgelegt, was ein Projektmanager je Level wissen, kennen, anwenden, analysieren oder beurteilen können muss. Dieses Herunterbrechen der ICB für Multiprojektmanagement und Programmmanagement steht uns noch bevor. Ich bin beeindruckt! KP: Manche Fachleute haben an der ICB 4 bemängelt, es handele sich nur um alten Wein in neuen Schläuchen. Dieser oberflächliche Eindruck verschwindet, wenn man sich näher mit der neuen ICB 4 befasst. Viele, die sich bereits in die ICB 4 vertieft haben, teilten mir mit: Je mehr sie sich damit beschäftigt haben, desto mehr Respekt haben sie vor dem neuen Standard gewonnen. Es gibt eine beträchtliche Zahl von Veränderungen. Diese Veränderungen eröffnen nach vorne hin neues Potenzial. Aber: Auf den ersten Blick werden weder diese Detailveränderungen noch dieses Potenzial sichtbar. Ein Detail an der neuen ICB ist mir aufgefallen. Eine Kleinigkeit. Nämlich der Name. Früher stand das Kürzel ICB für „International Competence Baseline“, heute für „Individual Competence Baseline“. Wie kam es dazu? DT: Wir wollen unterstreichen, dass in der ICB Kompetenzen von Individuen beschrieben werden. Die Betonung der individuellen Kompetenz bedeutet im Umkehrschluss: Es handelt sich nicht um Prozesskenntnisse. Dies wollen wir herausstellen. Mit Verlaub - ist dies nicht am Ende Haarspalterei? DT: Nein, überhaupt nicht. Die ICB 4 hat als Standard den Anspruch, dass sie undogmatisch kombinierbar ist mit allen Prozessstandards, etwa mit der ISO-Norm oder den spezifischen Standards von Unternehmen. Wer in der Lage ist, auf Basis der ICB 4 Projekte zu leiten, für den ist es auch leicht, auf verschiedene Prozesse umzuschalten. Natürlich muss er das jeweilige Prozessmodell kennen. Augenblick! Dies würde bedeuten, dass die vielen Versuche, etwa die ISO-Norm mit der ICB zu vergleichen, … REPORT 53 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 DT: … am Thema vorbeigehen. Wer die ICB mit Prozessmodellen vergleicht, der vergleicht Äpfel mit Birnen. Denn im Gegensatz zu vielen PM- Standards beschreibt die ICB keine Prozesse. Die ICB gibt nicht vor, wie Projekte zu managen sind, sondern beschreibt die Kompetenzen, die ein Einzelner braucht, um Projekte zu managen. Dies macht die ICB einzigartig unter den vielen PM- Standards, die diskutiert werden. KP: Diese Einzigartigkeit war von Anfang an das Ziel bei der Entwicklung der ICB. Wir wollten die internationale Anerkennung der Weiterbildung von Projektmanagern - und dies unabhängig von den spezifischen Vorgehensweisen zum Beispiel einer Branche. Die ICB sollte sowohl auf IT-Projektmanager als auch auf Projektmanager aus dem Anlagenbau oder der Pharmazie zielen. Damit haben wir durch die ICB eine einheitliche Fachsprache, wie wir sie heute beispielsweise bei interdisziplinären Projekten in Netzwerken brauchen. ICB BESCHREIBT KOMPETENZEN, KEINE PM-PROZESSMODELLE Weit mehr als ein Drittel der Wirtschaftsleistungen werden deutschlandweit in Projekten erbracht. Projektmanagement gewinnt immer mehr an Bedeutung. Ich höre immer häufiger den Ruf nach einem von Wirtschaft und Gesellschaft anerkannten Berufsbild „Projektmanager“. Meine Abschlussfrage: Kommen wir mit der neuen ICB 4 diesem Ziel eines Berufsbilds jetzt eine Schritt näher? DT: Angenommen, es gelingt uns, den Level C als Standard für Projektmanager zu setzen und wir können durch die Öffnung der Zertifizierung noch mehr Branchen erschließen. Angenommen, wir können auch die öffentliche Verwaltung gewinnen, die bislang eine geringe Rolle bei der Zertifizierung spielt. Also vorausgesetzt, dies gelingt uns, dann kann ich mir in der Tat vorstellen, dass unser Standard eine Voraussetzung für die Vergabe öffentlicher Aufträge wird. So wie dies in Großbritannien bereits üblich ist. Dann wären wir in der Tat einen großen Schritt vorangekommen - auch in Richtung des Berufsbilds, das Sie eben nannten. Den Begriff „Berufsbild“ sprechen Sie mit einer gewissen Vorsicht aus … DT: Ich beziehe mich lieber auf einen Kompetenzstandard. Natürlich kann man über den Weg der Politik, der Gewerkschaften oder über andere Organisationen versuchen, ein Berufsbild zu etablieren. Im Dialog mit der öffentlichen Hand hat die GPM das Aktionsprogramm „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“ entwickelt. Dort ist dieses Ziel unter anderem definiert. Ich bin aber der Meinung, dass die Welt des Projektmanagements im Moment noch zu vielfältig ist, um in Kürze ein einheitliches Berufsbild zu formulieren. Nehmen Sie als Beispiel die Begriffe: Im Bauwesen spricht man vom „Projektsteuerer“, in der Forschung vielleicht von „Forschungsleitern“, in wieder anderen Branchen hat man es mit einer völlig andern Bezeichnung zu tun. Dies zeigt die vielfältigen Facetten dieses Berufs. Der Weg ist vorgezeichnet, muss aber noch gegangen werden. Überblick über die Kompetenzelemente der ICB4 ® Kontext-Kompetenzen (perspective) Persönliche und soziale Kompetenzen (people) Methodische Kompetenzen (practice) 1) Strategie 2) Governance, Strukturen und Prozesse 3) Compliance, Standards und Regularien 4) Macht und Interessen 5) Kultur und Werte 1) Selbstreflexion und Selbstmanagement 2) Persönliche Integrität und Verlässlichkeit 3) Persönliche Kommunikation 4) Beziehungen und Engagement 5) Führung 6) Teamwork 7) Konflikte und Krisen 8) Vielseitigkeit 9) Verhandlungen 10) Ergebnisorientierung 1) Projektdesign 2) Anforderungen und Ziele 3) Leistungsumfang und Lieferobjekte 4) Ablauf und Termine 5) Organisation, Information und Dokumentation 6) Qualität 7) Kosten und Finanzierung 8) Ressourcen 9) Beschaffung 10) Planung und Steuerung 11) Chancen und Risiken 12) Stakeholder 13) Change und Transformation 14) Programm- und Projektselektion und Portfoliobalance (nur Programm und Portfolio) Kompetenzelemente der ICB 4; Abbildung: GPM 54 REPORT projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 WELT DES PROJEKTMANAGEMENTS IST VIELFÄLTIG Ein Kompetenzmodell wie die ICB - dies wäre dann quasi der kleinste gemeinsame Nenner für alle? DT: Der Kompetenzstandard könnte das verbindende Glied zwischen den vielfältigen Standards werden. Offen gesagt: Die Bedeutung, die die Projektwirtschaft für Deutschland hat, spiegelt sich derzeit nicht in unseren Zertifizierungszahlen wider. Im Jahr 2016 haben wir 18 Level-A- Zertifikate ausgestellt - ein Rekord für die GPM. 750 Zertifikate gab es beim Level C. Wir wachsen stetig. Aber mit diesen Zahlen fehlt es der Zertifizierung nach meiner Einschätzung noch an Durchschlagskraft für die Projektwirtschaft. Deshalb ist es so wichtig, dass wir die Chancen ergreifen, die uns die ICB 4 bietet. Also den Markt ernst nehmen, den Einstieg in die Welt des Projektmanagements attraktiv gestalten, die Anzahl der Qualifizierungs- und Zertifizierungsteilnehmer massiv steigern und damit die Relevanz des Berufsbildes und der GPM als dessen Vertreter verdeutlichen. Dann hat die ICB 4 gute Chancen, der De-facto-Standard für Projektmanagement zu werden. Davon bin ich überzeugt.  REPORT 55 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Die digitale Transformation gilt als Megatrend. Auch für das Projektmanagement! Denn je weiter die Digitalisierung vordringt und die Märkte verändert, desto mehr versuchen Unternehmen sich durch Projekte anzupassen. So befasste sich der PMO Tag der GPM mit diesem weltumspannenden Thema. „Für viele von uns ist die Transformation im Alltag noch nicht spürbar“, gab Dr. Wolfram von Schneyder, Leiter des Fachbeirats PMO Tag, den PMO-Fachleuten mit auf den Weg, „für viele bleibt es bei dem ‚gewohnten‘ Veränderungsdruck“. Andere indes stecken mitten im Wandel. „Was kommt da? “, sinnierte von Schneyder, „und wie fühlt es sich an? “ Entwicklungen und Trends rund um diese Fragen zeigte der PMO Tag im vergangenen Oktober auf; er ist mittlerweile das weltweit zweitgrößte PMO-Event. Keynote Speaker Stephan Balzer gab einen Abriss der rasanten Veränderungen, die die Digitalisierung mit sich bringt. Die Veränderungen seien längst nicht mehr gleichmäßig, sondern sprunghaft. Wer glaubt, dass die (digitale) Welt sich immer schneller dreht, der hat recht! Beispiel Smartphone: Vor rund zehn Jahren auf den Markt gebracht hat das Smartphone die Art und Weise revolutioniert, wie sich Menschen Informationen beschaffen, wie sie kommunizieren und Entscheidungen treffen. Rund eine Milliarde Menschen lebt heute anders als vor zehn Jahren - allein wegen des Smartphones, das sie in der Tasche tragen. „Es handelt sich dabei nicht mehr um lineare Entwicklungen“, erklärte Stephan Balzer, „wir beobachten hier exponentielle Entwicklungen mit enormer Dynamik und mit stark ansteigenden Kurven.“ Solche exponentiellen Entwicklungen beschränken sich nicht allein auf Smartphones. Sie dringen in immer mehr Märkte vor. Eine Ursache dafür ist der Preisverfall für Rechenleistung. Durch immer günstigere Rechenleistung können sich Trends wie 3-D-Druck, Robotic, künstliche Intelligenz und Augmented Reality breit durchsetzen. Schon jetzt wird versucht, 3-D-Drucker im Baugewerbe einzusetzen, virtuelle Realität für die Weiterbildung zu nutzen oder Robotic in der Logistik einzusetzen. „Damit verbunden sind völlig neue Projekte und Businessmodelle“, erklärte Balzer. Und diese Modelle und Projekte lassen sich kaum noch vorhersehen. Für die Unternehmen bedeutet dies: Sie müssen Veränderungen spüren lernen, adaptiv sein und agil werden. Ergibt sich aus dieser Dynamisierung eine Bedrohung für Unternehmen? Eher eine Chance, wie Stephan Balzer verdeutlichte. Denn trotz der dynamischen Entwicklung gibt es für Unternehmen eine Konstante, nämlich die vertrauensvolle Beziehung zu ihren Kunden, auf deren Basis sich der Wandel gestalten lässt. „Arbeiten Sie an Ihrer Einstellung“, gab Balzer den PMO-Fachleuten mit auf den Weg. Viele Unternehmen bräuchten heute „Moonshot Thinking“ - jene Einstellung, die US-Präsident Kennedy einst bei den Amerikanern weckte. Weshalb sie alle Anstrengungen unternehmen sollen für die Mondlandung? „Weil wir es können“, soll Kennedy gesagt haben. Rund 400 PMO-Fachleute waren in Nürnberg zu dem Fachkongress zusammengekommen, um Methoden kennenzulernen, Erfahrungen auszutauschen und ihr Netzwerk zu erweitern. Neben Trendthemen wie die digitale Transformation stand auch praktische Hilfe auf dem Programm, „PMO Classic“ genannt. Erfahrene PMO-Leiter erläuterten „Einsteigern“ agile Arbeitsformen oder zeigten ihnen einen schnellen Weg zum Mindeststandard („Ihr PMO-Design in 45 Minu- „PMO Tag 2017“: Leitideen für die Zukunft Von der digitalen Transformation zu „Storify Your Project“ Autor: Oliver Steeger Dr. Wolfram von Schneyder, Leiter des Fachbeirats PMO Tag, stimmte auf den Kongresstag ein. 56 REPORT projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 ten“). Der Kongress bot auch eine „Fallberatung“, bei denen Teilnehmer ihre PMO-Probleme mit Kollegen diskutieren konnten. Mit einem Impulsvortrag setzte PR-Beraterin und Storytelling-Expertin Petra Sammer ein Zeichen. Ihrer Meinung nach werden in der Kommunikation künftig Bilder den Text ersetzen. Schon heute machen Bilder den überwiegenden Teil der Inhalte von Social Media aus. Durchschnittlich 30.000 Bilder schießt jeder Mensch in seinem Leben, das haben Sammer zufolge Forscher vor Kurzem ausgerechnet. Viele Jugendliche fotografieren den Ort, an dem sie sich befinden - statt zu schreiben, wo sie sind. „Bilder werden heute wie Text verwendet“, erklärte Petra Sammer, „das ist eine neue Funktion der Bilder. Da wandelt sich unsere Alltagskommunikation.“ Die Chance für das Projektmanagement: Bilder sind schneller zu erfassen als ein Text - und sie können Emotionen transportieren. Geschickt eingesetzt lösen Bilder „Kino im Kopf“ aus und erzählen buchstäblich auf einen Blick ganze Geschichten. Doch solche Effekte lassen sich nicht mit jedem Foto erzielen. Gute Fotos, die wirken auf den Betrachter authentisch und echt. Sie stimulieren sinnlich-sensorisch und erzählen eine „echt gute“ Story. Wie sich mitreißende Storys im Projektmanagement erzählen lassen, dies probierten die Besucher des PMO Tags in einem Abschlussworkshop aus. Sie ließen sich die Kunst des Storytellings von Profis erklären. Die beiden Coaches Stephanie Bachmair und Jacques Chlopczyk erläuterten die Grundsätze, mit denen Profis kraftvolle Geschichten bilden. Die Teilnehmer probierten aus. Und entdeckten, was das Prinzip „Storify Your Project“ bewirken kann. Beraterin und Storytelling-Expertin Petra Sammer beschrieb Kommunikationstrends. Keynote Speaker Stephan Balzer gab einen Abriss der digitalen Transformation, die als Megatrend auch für das Projektmanagement gilt. Meinungsaustausch und Netzwerken standen für die Kongressteilnehmer ebenfalls auf dem Programm. Alle Fotos: Oliver Steeger  WISSEN 57 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 „First, I believe that this nation should commit itself to achieving the goal, before this decade is out, of landing a man on the moon and returning him safely to the earth.“ [1] Mit diesen Worten verkündete der US-Präsident John F. Kennedy am 25. Mai 1961 das Ziel, auf dem Mond zu landen (Abb. 1). Es war der Startschuss für ein beispielloses Technologieprojekt, das eine ganze Nation und mit der erfolgreichen Mondlandung sogar die ganze Welt in den Bann zog: „The eagle has landed“. Mehr als ein halbes Jahrhundert nach Kennedys Rede nimmt am 23. Juni 2016 ein anderes Projekt seinen Anfang. Im Rahmen eines Referendums stimmen die Briten über Verbleib oder Ausstieg („Brexit“) aus der EU ab. Der Stimmzettel gibt die Wahl zwischen den beiden weitreichenden Alternativen (Abb. 2). Mit dem Ergebnis von rund 52 Prozent für den Ausstieg und 48 Prozent für den Verbleib in der EU ist die Entscheidung für den Brexit gefallen [2]. Rechtlich gesehen erfolgt der Austritt aus der EU über den Art. 50 des Vertrages von Lissabon. Dieser sieht Verhandlungen über die konkreten Modalitäten des Austritts vor, und zwar unter Berücksichtigung des Rahmens der zukünftigen Zusammenarbeit. Der Austritt erfolgt über ein Austrittsabkommen. Sollte hierzu keine Einigung erzielt werden, vollzieht sich der Austritt automatisch zwei Jahre nach dem Tag der Absichtserklärung, soweit nicht eine einvernehmliche Fristverlängerung erfolgt. Der Austrittsprozess gemäß Art. 50 wird am 29. März 2017 gestartet. Am 27. Juni 2017, also rund drei Monate später, äußert sich David Davis, der Minister des „Department for Exiting the European Union (DExEU)“, zur Komplexität des Brexits: „Half of my task is running a set of projects that make the Nasa moon shot look quite simple.“ [3] Die Aussage von Davis kann auch in die These umformuliert werden: „Der Brexit ist deutlich komplexer als die Mondlandung.“ Inwieweit dies zutreffend ist, soll nachfolgend überprüft werden. Projekte können als Teil des Lebenszyklus von Systemen interpretiert werden, mit drei Hauptphasen [4]: 1) Bereitstellung des Systems (Create): die klassische Projektsituation, in der ein neuer Zustand geschaffen wird, als Voraussetzung für einen zukünftigen Nutzen 2) Nutzung des Systems (Use): der operative Einsatz des Systems 3) Außerdienststellung des Systems (Dispose). Mondlandung und Brexit weisen im Vergleich der relevanten Phasen 1 und 2 erhebliche Unterschiede auf. Das Apollo-Programm diente dazu, ein System zu schaffen, das die Landung und sichere Rückkehr eines Astronauten ermöglichte. Mit der erfolgreichen Apollo 11-Mission war das Projektziel erfüllt. Die Entwicklung des Systems umfasste nach der Rede Kennedys einen Zeitraum von rund acht Jahren, während die Mondlandemission in nur wenigen Tagen erfolgte. Apollo 11 startete am 16. Juli 1969, die Mondlandung erfolgte am 20. Juli 1969 und die sichere Rückkehr am 24. Juli 1969 (Abb. 3). Der Nutzen des Projektes lag nicht in einer mehrjährigen Nutzungsphase, sondern im Nachweis der Machbarkeit der Mondlandung, aber in besonderem Maße auch im Weg dorthin als einigendes und motivierendes Element. In den Worten von Kennedy: „But in a very real sense, it will not be one man going to the moon - if we make this judgment affirmatively, it will be an entire nation. For all of us must work to put him there.“ [5] Vergleichen wir dazu den Brexit. Sowohl die Mondlandung als auch der Brexit durchlaufen die Phase 1, die Systembereitstellung. Im Falle des Brexits ist dies „Leave the EU“, also das Herauslösen von Großbritannien aus der EU. Die Phase 2, die Nutzungsphase, zeigt den zentralen Unterschied zur Mondlandung auf. Durch den Ausstieg aus der EU in Phase 1 sollen in der nachfolgenden Phase 2 dauerhafte Vorteile generiert werden, die auch mögliche Nachteile überwiegen. Aber es besteht weder Konsens über Art und Umfang der Vor- und Nachteile noch über deren Nutzenbewertung. Die Legitimation des Projektes beruht auf einer nur knappen Mehrheit (52 % vs. 48 %). Während in den USA mit dem Mond-Projekt ein gemeinsames nationales Ziel verbunden wird, startet Wie komplex ist der Ausstieg Großbritanniens aus der EU? Brexit und die Mondlandung Autor: Roland Alter >> Für eilige Leser Wie komplex ist der Brexit? - Nach Aussagen des zuständigen britischen Ministers lässt der Brexit die Mondlandung „simple“ aussehen. Ein Vergleich, der eher von eigenen Versäumnissen ablenken soll, wie die Analyse zeigt. Wo Kennedy klare Ziele setzte, startet die britische Exekutive in einen Brexit voller ungeklärter Widersprüche und offener Prioritäten. Wo es der NASA gelingt, die Komplexität durch systematisches Projektmanagement zu bezwingen, ist der Brexit durch Verdrängung der Komplexität, Wunschdenken und unzureichendes Projektmanagement gekennzeichnet. Es sind typische Merkmale, wie sie immer wieder auch bei Katastrophenprojekten anzutreffen sind. 58 WISSEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 das Brexit-Projekt mit einer gespaltenen Nation. Zum Dreh- und Angelpunkt des gesamten Brexit- Projektes wird damit die Frage der Nutzeneffekte aus Phase 2. Wird es gelingen, die Erwartungen der Brexit-Anhänger zu erfüllen und möglichst viele der Ablehnenden zu überzeugen? Die Idealziele des Brexits können aus Sicht von Befürwortern wie folgt beschrieben werden: 1) Vollständiges Herauslösen aus dem Rechtssystem der EU und damit Autonomie, insbesondere für eine Begrenzung der Immigration („Sovereignity and limits to immigration“, „Take back control“) 2) Keine nennenswerten wirtschaftlichen Negativeffekte in Richtung EU („Continued full access to the single market“) 3) Abschluss weitreichender Freihandelsabkommen mit anderen Ländern („Free trade with the world“) 4) Spielraum für zusätzliche nationale Ausgaben, da Wegfall des EU-Beitrags („More money for the UK“) 5) Durchführung aller erforderlichen Verhandlungen innerhalb der zweijährigen Zeit nach Art. 50 und keine Zahlungen an die EU („Quick divorce, no exit bill“). Damit ist ein Rahmen gesteckt für die nähere Betrachtung der Komplexität von Brexit und Mondlandung, die auf vier Stufen erfolgen soll: objektiver, relativer, subjektiver und dynamischer Komplexität. Stufe 1: Objektive Komplexität („Womit haben wir es zu tun? “): Projekte dienen der Neuschaffung oder auch Umgestaltung eines Systems. Die objektive Komplexität eines Projektes kennzeichnet (a) Ausgangszustand, (b) Zielzustand sowie (c) den erforderlichen Transformationsprozess des Systems, und zwar hinsichtlich Struktur und Unsicherheit. Die strukturelle Dimension beschreibt die Vielfalt der Elemente und Beziehungen [6]. Die Dimension der Unsicherheit umfasst insbesondere die Mehrdeutigkeit bzw. Unbestimmtheit von relevanten Größen wie Projektzielen und anzuwendenden Methoden, aber auch klassische Projektrisiken. Tabelle 1 skizziert vier Konzepte der Komplexitätserfassung. In diesem Zusammenhang ist das „Project Complexity and Risk Assessment Tool (PCRA)“ der kanadischen Regierung für öffentliche Projekte von besonderem Interesse. Brexit und Mondlandung sind hier der höchsten Komplexitäts- und Risikostufe zuzuordnen: „4. Transformational: This class of projects requires extensive capabilities and may have a dramatic effect on the organization and, potentially, on other organizations. …“ [8] Mondlandung und Brexit unterscheiden sich als transformationale Projekte allerdings in einem wichtigen Punkt: Die NASA zielte mit ihrem Projekt auf das System Mond. Einem in der Erdumlaufbahn befindlichen und dynamischen, aber zugleich (weitgehend) deterministischen System. Die „landing zone“ ist hinreichend klar definiert und stabil; die Komplexität liegt im Entwickeln und Anwenden von neuartigen Technologien in bisher noch nie gesehenem Umfang. Der Brexit hingegen besitzt aufgrund des allgemein formulierten Referendums keine klare „landing zone“. Er ist als politisch-rechtliches Projekt darüber hinaus gekennzeichnet von Verhandlungen in einem dynamischen und unsicheren Umfeld bei äußerst engem Zeitrahmen. Der hohen technischen Komplexität der Mondlandung steht somit die hohe politisch-rechtliche Komplexität des Brexits gegenüber. Stufe 2: Relative Komplexität („Kann die Organisation es? “): Die relative Komplexität resultiert aus der Gegenüberstellung von objektiver Komplexität und den Fähigkeiten einer Organisation, diese im Sinne der Zielerreichung zu bewältigen. Die Fähigkeiten einer Organisation betreffen insbesondere die Erfahrungen mit ähnlichen Projekten und die verfügbaren Ressourcen. Das Verstehen der relativen Komplexität ist essenziell für das Treffen der richtigen Entscheidungen: vom Kompetenzaufbau und Risikomanagement bis hin zum No-Go. Im Falle der Mondlandung zeigt sich, dass die NASA 1961 noch nicht über die notwendigen Fähigkeiten verfügte. Entscheidend war jedoch, dass die Gründung der NASA in 1958 dem Zweck diente, die Raumfahrtkompetenzen der USA zu bündeln. Die NASA stand 1961 „in den Startlöchern“ und benötigte die politische Unterstützung für ambitionierte Weltraumziele. Mit seiner visionären Zielsetzung gelang es Kennedy dann, in geschickter Weise die gesellschaftlichen Stakeholdergruppen (Politik, Öffentlichkeit, Wis- Abb. 1: President Kennedy addresses Congress on May 25, 1961; Foto: NASA/ Wikimedia Commons Abb. 2: Brexit-Stimmzettel; Abbildung: The Electoral Commission/ Wikimedia Commons, gemeinfrei WISSEN 59 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 senschaftler, Industrie, Militär) in der Unterstützung des Mond-Projektes zu vereinen. Damit waren die Voraussetzungen gegeben, die anfänglich begrenzten NASA-Fähigkeiten kontinuierlich auszubauen. Im Falle des Brexit-Projektes stellt sich auch hier die Situation anders dar. Die britische Exekutive ist in keiner Weise vorbereitet, denn das Ja für den Brexit (= Go für das Projekt) ist vonseiten der Regierungsspitze ungewollt. Premierminister David Cameron trifft keinerlei Vorbereitungen für den Fall eines Brexits und damit eines Projektes, das für das ganze Land transformationalen Charakter besitzen würde. Zum Zeitpunkt des Referendums existieren keine spezifischen Fähigkeiten für die Handhabung der Komplexität eines Brexits. So fehlen z. B. Experten für Handelsabkommen, die seit über 40 Jahren von der EU vereinbart werden. Mit Blick auf allgemeine Projektmanagementressourcen stellt das National Audit Office eine angespannte Lage im öffentlichen Dienst fest, die geprägt wird von den Herausforderungen des aktuellen Projektportfolios. So umfasst das Government Major Projects Portfolio allein Projekte mit Lebenszykluskosten von 405 Mrd. GBP [9]. Abb. 3: Buzz Aldrin on the Moon; Foto: NASA/ Wikimedia Commons Komplexitätskonzepte Konzeptioneller Ansatz zur Beurteilung der Komplexität Art und Anzahl der Indikatoren; Skalierung Anwendungsbereich MODeST Model Maylor et al. (2008) Beurteilung auf Basis von Kategorien und abgeleiteten Elementen; Mischung von objektiver und relativer Komplexität („Do the team members have sufficient prior experience“); explizite Berücksichtigung der dynamischen Komplexität 5 Kategorien (Mission, Organization, Delivery, Stakeholders, and Team) mit 28 Elementen; keine Skalierung und Ableitung einer Gesamteinschätzung offen (entwickelt mit Projektmanagern aus den Bereichen Telekommunikation, Defense, Transportinfrastruktur) Project Complexity Model Haas (2009) Beurteilung auf Basis von Kategorien; Mischung von objektiver und relativer Komplexität („… technology is proven but new to the organization“) 11 Kategorien, keine weitere Ebene; Skalierung pro Kategorie für low, medium, high complexity und daraus Ermittlung der Gesamtkomplexität als low/ medium/ high vorrangig IT-Projekte TOE-Framework Bosch-Rekveldt et al. (2011) Beurteilung auf Basis von Kategorien und abgeleiteten Elementen; Mischung von objektiver und relativer Komplexität („Do the involved parties have experience with the technology involved? “) 3 Kategorien (Technical, Organizational, Environment) mit insgesamt 50 Elementen; keine Skalierung und Ableitung einer Gesamteinschätzung große Engineering-Projekte Project Complexity and Risk Assessment (PCRA) Public Works and Government Services Canada (2015) Beurteilung auf Basis von Kategorien und abgeleiteten Fragen; Fokus auf objektive Komplexität mit Elementen der relativen Komplexität; Fähigkeiten der Organisation als solche werden separat betrachtet 7 Kategorien mit 64 Fragen; Skalierung mit 1-5 Punkten pro Frage, Ableitung einer Gesamtpunktzahl und Zuordnung zu vier Complexity and Risk Levels öffentliche Projekte (Bauten, IT …) Tab. 1: Konzepte der Komplexitätserfassung [7] 60 WISSEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Stufe 3: Subjektive Komplexität („Versteht man die Herausforderung? “): Nicht immer können oder wollen Organisationen die Herausforderungen eines Projektes und die eigenen Fähigkeiten realistisch einschätzen. Die subjektive Wahrnehmung der Komplexität ist oftmals von Verzerrungen geprägt. Die NASA zeigt von Beginn an ein deutlich erkennbares Verständnis der Herausforderungen. So wird insbesondere Einfluss auf das von Kennedy formulierte Zeitziel der Mondlandung genommen. Das ursprünglich in der Rede enthaltene Ziel 1967 wird geändert in „before this decade is out“, was der NASA wertvolle Zeit verschafft. Weitere Punkte, die das Verständnis der Komplexität aufzeigen, sind die organisatorischen Anpassungen von 1961 und 1963 und das Konzept der stufenweise aufeinander aufbauenden Missionen. So nähert sich die NASA dem Ziel der Mondlandung mit den einzelnen Missionen schrittweise an, um dann mit Apollo 11 das Projektziel final zu erfüllen. Tabelle 2 verdeutlicht die Abfolge von bemannten Missionen und die Weiterentwicklung der Fähigkeiten. Im Januar 1967 erleidet das Projekt durch den Unfalltod der drei Apollo 1-Astronauten einen schweren Rückschlag. Der Unfall wird bei all seiner Tragik von der NASA genutzt, um die Ursachen im Detail zu untersuchen und daraus Verbesserungen abzuleiten. Der Professionalität in den USA stehen in Großbritannien zentrale Akteure gegenüber, die die Komplexität des Brexits nicht verstehen können oder wollen. Dies lässt sich exemplarisch an den Aussagen von David Davis, Boris Johnson, Liam Fox und Michael Gove verdeutlichen, die zu den politischen Köpfen des Brexits zählen. Mit dem Amtsantritt von Theresa May übernimmt David Davis das neue Brexit-Ministerium (DExEU), Boris Johnson das Außenministerium und Liam Fox das Ministerium für internationalen Handel. Michael Gove tritt später in das Kabinett ein und ist u.a. für Landwirtschaft zuständig. Die Aussagen dieser vier Spitzenpolitiker (Tab. 3) verdeutlichen gravierende Fehleinschätzungen der Brexit-Komplexität: Die objektive Komplexität des Brexits wird verharmlost, während die eigenen Fähigkeiten überschätzt und die zukünftigen Nutzeneffekte idealisiert werden. Die Aussage von Gove, „man habe jetzt genug von Experten“, ist dabei symptomatisch für die Verleugnung von Komplexität, die nicht in das eigene Weltbild passt. Dies steht zugleich in enger Beziehung zur Fundamentalschwäche des ganzen Projektes, dem Fehlen eines operationalen Zielsystems. Da kein Zielsystem existiert und kein Verständnis der erforderlichen Transformationsprozesse besteht, können auch keine Prioritätsentscheidungen getroffen und kein Meilensteinplan analog zur Mondlandung entwickelt werden. NASA Mission Mass Start Date Astronauts Flight Mercury Redstone 3 955 kg 5 May 1961 1: Shepard Earth Suborbital Mercury Redstone 4 955 kg 21 July 1961 1: Grissom Earth Suborbital Mercury Atlas 6 1,352 kg 20 February 1962 1: Glenn Earth Orbiter Mercury Atlas 7, 8 Mercury Atlas 9 1,361 kg 15 May 1963 1: Cooper Earth Orbiter Gemini 3 3,237 kg 23 March 1965 2: Grissom, Young Earth Orbiter Gemini 4-11 Gemini 12 3,762 kg 11 November 1966 2: Lovell, Aldrin Earth Orbiter Apollo 1 Accident during tests 27 January 1967 3: Grissom, White, Chaffee Apollo 7 14,781 kg 11 October 1968 3: Schirra, Eisele, Cunningham Earth Orbiter Apollo 8 CSM: 28,817 kg + 9,027 kg 21 December 1968 3: Borman, Lovell, Anders Lunar Orbiter Apollo 9 CSM: 26,801 kg LM: 14,530 kg 3 March 1969 3: McDivitt, Scott, Schweikart Earth Orbiter (with Lunar Module) Apollo 10 CSM: 28,834 kg LM: 13,941 kg 18 May 1969 3: Stafford, Young, Cernan Lunar Orbiter (with Lunar Module) Apollo 11 CSM: 28,801 kg LM: 15,103 kg 16 July 1969 3: Armstrong, Aldrin, Collins Lunar Landing Tab. 2: Bemannte NASA-Missionen auf dem Weg zur Mondlandung [10]; CSM = Command and Service Module, LM = Lunar Module WISSEN 61 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Person Aussage Beurteilung David Davis Mai 2016: „Indeed the first calling point of the UK’s negotiator in the time immediately after Brexit will not be Brussels, it will be Berlin, to strike the deal: absolute access for German cars and industrial goods, in exchange for a sensible deal on everything else. Similar deals would be reached with other key EU nations.“ Juni 2016: Davis schlägt vor, die Verhandlungen mit Drittländern im September 2016 auf breiter Front zu starten: „I would expect that the negotiation phase of most of them to be concluded within between 12 and 24 months. So within two years, before the negotiation with the EU is likely to be complete, and therefore before anything material has changed, we can negotiate a free trade area massively larger than the EU.“ Zeigt Unkenntnis der objektiven Komplexität. Verhandlungen über die neuen Wirtschaftsbeziehungen werden nicht mit einzelnen Ländern, sondern nur mit der EU geführt. Ein Jahr nach dem vorgeschlagenen Beginn erfolgte noch kein Start einer einzigen Verhandlung. So wurde u. a. die Sequenz der Schritte falsch eingeschätzt; zuerst ist das Abkommen mit der EU zu klären (siehe auch unter Liam Fox). Boris Johnson September 2016: „Our policy is having our cake and eating it.“ Mit anderen Worten: Man werde aus der EU austreten, aber weiterhin alle Vorteile des Gemeinsamen Marktes nutzen. Mai/ Juni 2016: Aufschrift auf dem Kampagnenbus, dass der Austritt aus der EU zusätzliche Mittel für das britische Gesundheitswesen (NHS) freisetzen würde: „We send the EU £ 350 milllion a week [,] let‘s fund our NHS instead [,] Vote Leave“. Ignoriert die objektive Komplexität, da die EU ein „Rosinen-Picken“ ablehnt. Wirkt auf die EU wie eine Provokation und verschärft damit die Komplexität. Populistisch verzerrende Aussage, da weder Rückflüsse der EU noch eine zukünftige Abschwächung der Wirtschaft berücksichtigt sind. Liam Fox Foto: Chris McAndrew Juli 2016: Als „Secretary of State for International Trade“ zu neuen Handelsabkommen mit Drittländern: „… Dr Fox claimed numerous non-EU countries had already asked Britain for a trade deal and said he was ‚scoping about a dozen free trade deals outside the EU to be ready for when we leave‘.“ September 2017: Die Realität setzt ein: „Fox said a trade deal with the U.S. was the government’s No. 1 priority after leaving the EU, followed by agreements with Australia and then New Zealand, but admitted it would have to wait until an agreement is struck with Brussels first.“ Zeigt gravierende Fehleinschätzung der relativen Komplexität. Der Wunsch nach schnellen Abschlüssen steht im direkten Widerspruch zu dem Bedürfnis nach umfassenden, den britischen Finanzsektor einschließenden = komplexen Verträgen („deep and comprehensive trade deals“). Gleichzeitig fehlen die erforderlichen Ressourcen für langwierige parallele Verhandlungen. Michael Gove Foto: Chris McAndrew April 2016: „The day after we vote to leave we hold all the cards and we can choose the path we want.“ „While there are, of course, some questions up for negotiation which will occupy our highly skilled Foreign Office civil servants, resolving them fully and properly won’t be any more complicated or onerous than the day-to-day work they undertake now navigating their way through EU recitals, trialogues and framework directives.“ Juni 2016: „People in this country have had enough of experts.“ Zeigt gravierende Fehleinschätzung der relativen Komplexität: Die eigene Position wird als sehr stark angesehen und der Transformationsprozess als besseres Tagesgeschäft, für das man die nötigen Ressourcen besitze. Zeigt, dass abweichende Meinungen ignoriert und diskreditiert werden. Tab. 3: Aussagen zum Brexit [11]; Fotos: Government of UK, www.gov.uk/ Wikimedia Commons 62 WISSEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Stufe 4: Dynamische Komplexität: („Schließt sich die Schere oder öffnet sie sich? “): Die objektive Komplexität und die Fähigkeiten zur Beherrschung sind nicht statisch zu interpretieren. Die dynamische Komplexität kennzeichnet, wie sich die anfängliche Schere zwischen der objektiven Komplexität und den Fähigkeiten der Organisation entwickelt. Für die NASA gilt, dass die Komplexität entlang des Meilensteinplans im Kern beherrscht und Maßstäbe im Projektmanagement gesetzt werden: „In 1966 NASA directly employed 36,000 people with another 360,000 people working for 20,000 contractors and 200 universities in 80 countries. … The moon landing was a triumph of organization, of project management and control of a complex socio-technical system.“ [12] Für den Brexit zeigt sich ein anderes Bild, und zwar von Beginn an. Das Ergebnis des Referendums führt zum Rücktritt von Premierminister Cameron. Das Projekt ist damit von der Mehrheit der Wähler autorisiert, es besitzt aber keinen Projektsponsor. Innerhalb der Tory-Partei setzt sich Theresa May (Abb. 4) als neue Premierministerin durch und proklamiert „Brexit means Brexit“. Die Premierministerin unternimmt aber keine Anstrengungen, einen parteiübergreifenden gesellschaftlichen Konsens zu erreichen. Ein Konsens, der auch konfliktäre Prioritätsentscheidungen erfordert hätte. Statt Komplexität für das Gesamtprojekt zu reduzieren, zielt ihr Handeln vor allem auf einen innerparteilichen Konsens ab. Auch zu diesem Zweck holt sie David Davis, Boris Johnson und Liam Fox in das Kabinett, später noch Michael Gove. Mit der „Lancaster House Speech“ vom 17. Januar 2017 setzt May den Rahmen für die Aktivierung des Art. 50 [13]. Eine zentrale Rolle nimmt die Frage der rechtlichen Souveränität ein. Aus wirtschaftlicher Sicht beschreibt sie das Ziel, einen größtmöglichen Zugang zum Gemeinsamen Markt aufrechtzuerhalten, und dies bei gleichzeitiger Freiheit für eigene Handelsabkommen. Die Rede enthält zudem die Schlüsselpassage „… no deal for Britain is better than a bad deal for Britain“. Mit anderen Worten: Großbritannien ist bereit, notfalls auch ohne Abkommen aus der EU auszutreten. Damit wird noch weit vor Beginn der Verhandlungen ein Signal der eigenen Stärke und Entschlossenheit gesandt. Es werden damit zugleich nach innen aber sehr hohe Erwartungen für einen „Good Deal“ geweckt. Die Rede zeigt zugleich ein wachsendes und doch unzureichendes Verständnis der Projektkomplexität. Die Premierministerin nutzt den Begriff „Phased Process of Implementation“ und beschreibt damit die notwendigen Anpassungsmaßnahmen. Es sind vorgesehene Anpassungen als Resultat des neuen Handelsabkommens mit der EU, das sie innerhalb der Zweijahresfrist des Abb. 4: Theresa May; Foto: Government of UK, www.gov.uk/ government/ people/ theresa-may/ Controller of Her Majesty’s Stationery Office, Andrew Parson Tab. 4: Mondlandung und Brexit - Zusammenfassung Moon Landing Brexit Stufe 1: Objektive Komplexität (Komplexität des Projektes unabhängig von der Organisation) Hochkomplexes technologisches Projekt Hochkomplexes politisch-rechtliches Projekt Stufe 2: Relative Komplexität (Fähigkeit der Organisation zur Handhabung der Komplexität) Organisation: NASA Die erforderlichen Fähigkeiten sind in Grundzügen angelegt, aber für das Erreichen des Projektziels nicht ausreichend. Organisation: Regierung GB Die Fähigkeiten sind zum Projektstart bestenfalls rudimentär vorhanden, die Organisation ist überrascht. Stufe 3: Subjektive Komplexität (Realistische Einschätzung von Projekt und eigenen Fähigkeiten) Die handelnden Personen vermitteln ein klares Verständnis für die Herausforderungen und notwendige Weiterentwicklung eigener Fähigkeiten. Die handelnden Personen starten in das Projekt mit zum Teil fundamentaler Fehleinschätzung. „Muddling through“ als Folge Stufe 4: Dynamische Komplexität (Veränderung der Projektkomplexität und der eigenen Fähigkeiten) Die eigenen Fähigkeiten werden systematisch gemäß dem Projektplan ausgebaut. Der Nachweis der Komplexitätsbeherrschung erfolgt durch die aufeinander aufbauenden Missionen. Der Ausbau von Fähigkeiten erfolgt eher selektiv, während die Komplexität des Projekts stark zunimmt. Ein Top-down-Ansatz auf Basis professionellen Projektmanagements ist nicht zu erkennen. WISSEN 63 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Art. 50 vereinbart wissen will. Mit dieser Zeitvorstellung ignoriert sie aber die einschlägigen Erfahrungen aus anderen Handelsabkommen, die mehrjährige, längere Verhandlungszeiträume erforderten. Der Unterschied zur realistischen Zeitsetzung von John F. Kennedy für das Mond- Projekt drängt sich förmlich auf. Am 29. März 2017 wird der Brexit-Prozess nach Art. 50 in Gang gesetzt: auf Basis ungelöster Zielkonflikte und unrealistischer Zeitvorstellungen. Am 18. April 2017 kündigt die Premierministerin überraschend vorgezogene Wahlen an, um die vergleichsweise knappe Mehrheit im Unterhaus auszubauen. Entgegen den ursprünglichen Erwartungen verliert sie in der Wahl vom 8. Juni 2017 jedoch sogar die Stimmenmehrheit. Damit ist sie in ihrer Autorität als Premierministerin und an der Spitze des Brexit-Projektes schwer angeschlagen: Das Zeitfenster bis zum Auslösen von Art. 50 hatte sie nicht genutzt, um einen übergreifenden Konsens zu den Brexit-Projektzielen zu erreichen; eine eigene Parlamentsmehrheit für die Top-down-Festlegung von Zielen und Prioritäten besitzt sie nicht mehr. Die Projektorganisation offenbart zudem eine fundamentale Schwäche. Die Premierministerin agiert als Projektsponsor, aber es fehlt an einem Brexit-Gesamtprojektleiter. Und das, obwohl der Chef des Civil Service, Kabinettsminister Jeremy Heywood, im Juli 2017 feststellt: „This is a classic cross-departmental project, but of unprecedented scope and importance.“ [14] Das Projekt Brexit stellt ein Projektportfolio mit mindestens drei Programmen dar, die zwingend eine Koordination erfordern: 1) Austritt aus der EU und Klärung der zukünftigen Beziehungen zur EU („Art. 50“) 2) Neuabschluss von Handelsabkommen mit Nicht-EU-Ländern („Trade Deals“) 3) Anpassung des britischen Rechts („Repeal Bill“) Ohne Gesamtprojektleitung fehlt ein zentrales Element des Projektmanagements, was angesichts erkennbarer Zielkonflikte zwangsläufig zu Problemen führen muss. Es wird deutlich, dass die Komplexitätsschere immer weiter aufgeht, wie dies auch am Auftreten fortlaufend neuer Aspekte zu erkennen ist (Euratom, Luftverkehrsrechte, IT-Anpassungen, Personalaufbau. …). Die aufkommende Diskussion zu einer Transitionsphase ist ein Indiz für die zunehmende Wahrnehmung der dynamischen Komplexität. Aus Sicht der Komplexitätsbewältigung wäre es zweckmäßig, für die Transitionsphase eine vorhandene Konstruktion zu wählen („off-theshelf“), wie z. B. auf Basis der European Free Trade Association (EFTA). Dies würde es erlauben, die knappen Ressourcen auf die Verhandlung der zukünftigen Vertragsbeziehung zu konzentrieren. Dem folgt die britische Regierung aber nicht. Im Vordergrund steht hingegen das Finden eines kabinettsinternen Kompromisses, ungeachtet von übergeordneten Projektzielen und der notwendigen Akzeptanz seitens der EU. Mit dem Voranschreiten des Projektes werden die möglichen Konsequenzen für die verschiedenen Stakeholdergruppen deutlicher. Es sind Konsequenzen, die unmittelbar von der jeweiligen Brexit-Variante abhängig sind, über die aber keine Klarheit besteht. Als logische Folge versuchen sich die Stakeholdergruppen zunehmend Gehör zu verschaffen. Die Konflikte, die zu Projektbeginn hätten geklärt werden müssen, entwickeln ihre Eigendynamik. Die Komplexitätsschere öffnet sich weiter. Das eingangs angeführte Zitat von David Davis, dass die Mondlandung in Teilen simpel im Vergleich zum Brexit sei, trifft nicht den wirklichen Punkt, wie dies Tabelle 4 auf Basis der vier Komplexitätsstufen verdeutlicht. Beide Projekte, Mondlandung und Brexit, sind auf ihre Weise außergewöhnlich komplex. Der zentrale Unterschied liegt darin, dass die objektive Komplexität des Vorhabens aufseiten der NASA verstanden wurde. Diese Erkenntnis wurde in hochprofessionelles Handeln umgesetzt und begründete eine der Sternstunden des Projektmanagements. Ohne John F. Kennedys klare Zielformulierung und das nachfolgende Projektmanagement hätte es kaum eine erfolgreiche Mondlandung gegeben. Und genau dies, klare Zielsetzung und Professionalität des Projektmanagements, ist mit Blick auf den Brexit bislang nicht zu erkennen. Neil Armstrong konnte am 20. Juli 1969 die Mondlandung verkünden; ob und wann Großbritannien für den Brexit „Mission Accomplished“ vermelden kann, und vor allem in welchem Landegebiet, bleibt aktuell völlig offen. [15]  Project Office verbindet agiles Teamwork mit hoher Prozesssicherheit. Dynamisch anpassbare Best Practices und Prozessvorlagen schaffen verlässliche Leitplanken. Mit leistungsstarken agilen Elementen wie Tasks, Issues, Activities und dezentraler Planung unterstützen Sie Ihre Teams direkt bei der Wertschöpfung und machen sie schneller und produktiver. Project Office ist Enterprise-Software für anspruchsvolle Projekte und Ziele wie die Ausrüstung des neuen Gotthard-Basistunnels. / / project-office.contact-software.com Erfolgreiche Projekte durch verlässliche Prozesse und bessere Teamarbeit Engineering success - the agile way Product Days 2018 13.03. | Essen 22.03. | München Jetzt kostenlos anmelden! Anzeige 64 WISSEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Schlagwörter Brexit, Komplexität, Mondlandung, NASA Kompetenzelemente der ICB 4.0 1.02 Governance, Strukturen und Prozesse Literatur [1] NASA: Excerpt from the “Special Message to the Congress on Urgent National Needs”, President John F. Kennedy speaks before a joint session of Congress, May 25, 1961. www. nasa.gov/ vision/ space/ features/ jfk_speech_ text.html, Stand: 11.9.2017. Die weiteren Ausführungen zur NASA basieren auf Collin, R. E.: We Choose to Go to the Moon: JFK and the Race for the Moon, 1960-63. In: Space Times, Vol. 47, Issue 6, November/ December 2008 Seamans, Robert C. Jr.: Project Apollo: the tough decisions. NASA, Washington DC 2007; Wood, D. W.: How Apollo flew to the moon. Springer, New York 2011 [2] Walker, N.: Brexit timeline. House of Commons Library, Briefing Paper Number CBP- 7960, May 2, 2017, www.researchbriefings. parliament.uk/ ResearchBriefing/ Summary/ CBP- 7960, Stand: 12.9.2017 [3] BBC: David Davis: Brexit “as complicated as moon landing”. June 27, 2017, www.bbc.com/ news/ uk-40420670, Stand: 26.7.2017 [4] Alter, R.: Strategisches Controlling. 2. Aufl., Oldenbourg-Verlag, München 2013, S. 286 ff. [5] NASA: Excerpt from the “Special Message to the Congress on Urgent National Needs”, President John F. Kennedy speaks before a joint session of Congress, May 25, 1961. www. nasa.gov/ vision/ space/ features/ jfk_speech_ text.html, Stand: 11.9.2017 [6] Patzak, G.: Systemtechnik. Springer Verlag, Heidelberg (et al.) 1982, S. 22 ff. [7] Maylor, H., et al.: Managerial complexity in project-based operations. In: Project Management Journal, Vol. 39, 2008, Issue S1, S. 15 ff., www.dx.doi.org/ 10.1002/ pmj.20057, Stand: 31.8.2017 Hass, K. B.: Managing Complex Projects. Vienna, VA 2008 Bosch-Rekveldt, M., et al.: Grasping project complexity in large engineering projects: The TOE Framework. In: International Journal of Project Management, Vol. 29, 2011, Issue 6, S. 728 ff. Public Works and Government Services Canada: Project Complexity and Risk Assessment Manual. Version 5, May 2015, www.tpsgcpwgsc.gc.ca/ biens-property/ sngp-npms/ pcraecrp/ risqueprojriskmnl-eng.html, Stand: 14.8.2017 [8] Public Works and Government Services Canada: Project Complexity and Risk Assessment Manual. Version 5, May 2015, S. 8, www. tpsgc-pwgsc.gc.ca/ biens-property/ sngp-npms/ pcra-ecrp/ risqueproj-riskmnl-eng.html, Stand: 14.8.2017 [9] National Audit Office: Capability in the Civil Service. March 24, 2017, www.nao.org.uk/ press-release/ capability-in-the-civil-service/ , Stand: 10.9.2017 [10] Auf Basis der NASA: NASA Space Science Data Coordinated Archive, Chronology of U. S. Astronaut Missions (1961-1972), www.nssdc. gsfc.nasa.gov/ planetary/ chrono_astronaut.html, Stand: 12.9.2017 Orloff, R. W.: Apollo by the numbers: A statistical reference for the manned phase of Project Apollo. 1996, www.georgetyson.com/ files/ apol lostatistics.pdf, Stand: 12.9.2017 [11] a) Davis, D.: The Economic Case for Brexit. In: Huffington Post, May 26, 2016, www.huff ingtonpost.co.uk/ david-davis/ eu-referendumbrexit-economy_b_10141932.html, Stand: 12.9.2017 Davis, D.: Trade deals. Tax cuts. And taking time before triggering Article 50. A Brexit economic strategy for Britain. July 14, 2016, www.con servativehome.com/ platform/ 2016/ 07/ daviddavis-trade-deals-tax-cuts-and-taking-timebefore-triggering-article-50-a-brexit-economicstrategy-for-britain.html, Stand: 12.9.2017 b) Dunn, T. N.: “We´ll have our cake and eat it”. In: The Sun, September 30, 2016, www.thesun. co.uk/ news/ 1889723, Stand: 6.9.2017 Henley, J.: Why Vote Leave´s £350m weekly EU cost claim is wrong. In: The Guardian, June 10, 2016, www.theguardian.com/ politics/ realitycheck/ 2016/ may/ 23/ does-the-eu-really-costthe-uk-350m-a-week, Stand: 6.9.2017 c) Fox, S. A.: Australia seeking free trade deal with UK following Brexit vote. In: Independent, July 17, 2016, www.independent.co.uk/ news/ uk/ politics/ brexit-australia-free-trade-eua7141136.html, Stand: 6.9.2017 McTague, T.: Liam Fox: Britain does not have capacity to strike trade deals now. In: Politico, September 4, 2017, www.politico.eu/ article/ brexit-trade-negotiations-liam-fox-britain-doesnot-have-capacity-to-strike-deals-now/ , Stand: 6.9.2017 d) Gove, M.: The facts of life say leave: why Britain and Europe will be better off after we vote leave. April 19, 2016, www.de.scribd.com/ doc/ 309694809/ Michael-Gove-pro-Brexitspeech, Stand: 6.9.2017; Mance, H.: Britain has had enough of experts, says Gove. In: FT, June 3. 2016, www.ft.com/ content/ 3be49734-29cb-11e6-83e4abc22d5d108c, Stand: 12.9.2017 [12] Parker, M.: Managing space, organising the sublime. In: Landfester, U., et al.: Humans in Outer Space. Springer-Verlag, Wien 2011, S. 28 [13] May, Th.: Speech by Theresa May, Lancaster House. In: The Telegraph, January 17, 2017, www.telegraph.co.uk/ news/ 2017/ 01/ 17/ theresa-mays-brexit-speech-full/ , Stand: 12.9.2017 [14] Heywood, J.: How the Civil Service is preparing for Brexit. July 11, 2017, www.civilser vice.blog.gov.uk/ 2017/ 07/ 11/ how-the-civil-ser vice-is-preparing-for-brexit/ , Stand: 10.9.2017 [15] Siehe zu Komplexitätskonzepten den Überblick bei Azim, S. W.: Understanding and Managing Project Complexity. Phd-Thesis, University of Manchester, 2010, S. 24 ff. sowie bei Dunović, I. B., et al.: Towards a new model of complexity - the case of large infrastructure projects. 27th IPMA World Congress, Procedia - Social and Behavioral Sciences, 2014, S. 730 ff. Autor Prof. Dr. Roland Alter ist Professor für Organisation und Allg. BWL an der Hochschule Heilbronn und dort u. a. Programmleiter für berufsbegleitende MBA-Studiengänge. Neben Organisation zählen zu den fachlichen Schwerpunkten Projektmanagement und Strategisches Controlling/ Controlling. Aus seiner Zeit bei Siemens verfügt er über vieljährige Projekt- und Strategieerfahrungen im internationalen Industriegeschäft. Er ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Oskar-Patzelt-Stiftung („Großer Preis des Mittelstands“) und Juror für Baden-Württemberg. Anschrift: Hochschule Heilbronn, Max-Planck-Straße 39, 74081 Heilbronn, E-Mail: Roland.Alter@hs-heilbronn.de WISSEN 65 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Commercial Project Management - terra incognita? Autoren: Hasso Reschke, Lorenz Schneider, Gregor Oleniczak Kommerzielle Aufgaben in Projekten führen oft ein Schattendasein. Ihre verantwortliche Wahrnehmung und Koordination bestimmt aber wesentlich den Erfolg, insbesondere bei (internationalen) Auftragsprojekten. Der Beitrag zeigt die Relevanz und plädiert für bewusstes Commercial Project Management. 1 Dreimal schiefgegangen 1) Projektleiter des Kunden und des Lieferanten vereinbaren in einer Besprechung, dass ein vertraglich festgelegter Liefertermin (Meilenstein) im beiderseitigen Einvernehmen um vier Wochen nach hinten verschoben wird. Was nicht bedacht wurde: Mit der Vereinbarung wird ein Zahlungsmeilenstein verlegt, der mit einem Akkreditiv zur Zahlungssicherung belegt ist. Durch die Verschiebung wird die Akkreditivfrist überschritten, die fällige Zahlung ist nicht mehr abgesichert. 2) Obwohl der Auftrag noch nicht abgeschlossen ist, will der Lieferant auf Drängen des Kunden wegen knapper Terminvorgaben bereits mit den Planungs- und Konstruktionsarbeiten beginnen und erhält dafür vom Kunden eine Absichtserklärung (Letter of Intent), die vom Lieferanten als verbindlich angesehen wird. Letztlich scheitern die Vertragsverhandlungen, weil der Kunde eine bestimmte Genehmigung von seinen Behörden nicht beibringen kann. Für die Kosten der Vorarbeiten ist nun die Deckung nicht mehr gegeben. 3) Für die erforderlichen Bauleistungen einer zu errichtenden Anlage beauftragt der Kunde entsprechend seinen Landesvorschriften eine lokale Baufirma, die dem Lieferanten nicht bekannt ist. Der Kunde versichert, dass diese kompetent sei und er schon mehrfach mit ihr Aufträge abgewickelt hätte. Als die Anlage aufgestellt werden soll, zeigt sich, dass die Fundamente und Bodenplatten Mängel an Tragfähigkeit und Maßhaltigkeit aufweisen. sche, vertragliche und wirtschaftliche Gegebenheiten miteinander vernetzt sind. Die alleinige technische Sicht auf Projekte reicht nicht, ein Projekt muss auch unter nicht technischen Aspekten analysiert und realisiert werden. Hier kommt das Commercial Project Management ins Spiel. 2 Projekte managen heißt mit Problemen umgehen Wir hören und lesen es immer wieder. Mehrkosten bei großen Projekten, insbesondere bei öffentlichen Investitionen, sind keine Seltenheit. Bei Großprojekten sind das immer gleich mehrere Millionen Euro, die an Steuergeldern zusätzlich aufgewendet werden müssen, als ursprünglich geplant und verabschiedet wurden. Auch bei Projekten in der Privatwirtschaft kommt es immer häufiger vor, dass die Projektkosten exorbitant ansteigen und die Kostenplanung deutlich überschritten wird. Woran liegt das eigentlich? Offensichtlich wird etwas im Vorfeld der Projektplanung und -realisierung beispielsweise in der Projektkalkulation oder sogar in der Aufbau- und Ablauforganisation dieser Projekte nicht ausreichend genug betrachtet, um den Projektrisiken bzw. Termin- und Kostenrisiken adäquat Rechnung zu tragen. Ursachen für solche defizitären Projekte liegen beispielsweise in der fehlenden Erfahrung im Umgang mit großen Projekten (Bauherr), Überlastung technischer Projektleiter, Mängeln in der internen und externen Kommunikation, defizitären Projektorganisationen sowie nicht ausreichender Berücksichtigung der kaufmännischen Prozesse und Aufgaben. Internationale Projekte haben gezeigt, dass in vielen Ländern zwischen den technischen und den kaufmännischen Disziplinen unterschieden wird und beide Disziplinen ihren Beitrag zum Gelingen des Projekts einbringen müssen. >> Für eilige Leser Projektmanagement ist heute weitgehend eingeführt, insbesondere auch bei Bau- und Lieferprojekten, allerdings bislang vor allem in der Technik. Die Komplexität steigt aber auch im nicht technischen Bereich, vor allem international. Das kann zu Überforderungen der (technischen) Projektleiter führen. Das Commercial Project Management fasst die nicht technischen Aufgaben in einer Hand zusammen (Commercial Project Manager) und koordiniert ihre Erfüllung. Die Spannweite der kaufmännischen Aufgaben reicht von Projektentwicklung durch das gesamte Projektleben bis hin zu Auslieferung und Abnahme. Der Beitrag zeigt die Erfolgsfaktoren und plädiert für die bewusste Wahrnehmung und Koordination der kommerziellen Aufgaben. Gängige Killerargumente werden widerlegt. Zum Thema ist ein neues Fachbuch erschienen, das die Erfolgsfaktoren, Aufgaben und Organisation des Commercial Project Managements verdeutlicht. Der anschließende Streit zwischen Kunden, Baufirma und Anlagenlieferant eskaliert, Verzögerungen und Mehrkosten sind die Folge. Alltägliche Probleme bei Bau- und Anlagenbauprojekten? Die Beispiele zeigen, wie eng techni- 66 WISSEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Für den Projekterfolg reicht Engineering-Kompetenz allein nicht aus Die Engineering-Kompetenz wie auch das technische Projektmanagement sind in vielen Unternehmen in Deutschland bereits weit entwickelt. Anders ist es mit dem kommerziellen Projektmanagement. Oft mangelt es an Überblick und einem gemeinsamen Verständnis wirtschaftlicher und kaufmännischer Projektzusammenhänge. Es wird verkannt, dass auch nicht technische, vor allem kommerzielle Aufgaben in Projekten nicht unwesentlich mitentscheidend für den Projekterfolg sind. Häufig sollen technische Projektmanager kommerzielle Aufgaben bei (internationalen) Projekten mitbearbeiten - was angesichts von Größe und Komplexität der Aufgaben häufig zu Überforderungen und vermeidbaren Verlusten führt. Deshalb brauchen Projekte kaufmännisch und wirtschaftlich breit qualifiziertes Projektpersonal. Zur Qualifikation zählen neben Kostenplanung und Controlling beispielsweise auch vertragsrechtliche oder finanztechnische Fragen (z. B. Kurssicherung, Zahlungssicherung, Finanzierung). Techniker und Kaufleute müssen gemeinsam besser die vielfältigen Aufgaben in Projekten angehen - etwa als Doppelspitze auf „Augenhöhe“. 3 Was ist Commercial Project Management? Das Commercial Project Management fasst die nicht technischen Aufgaben in einer Hand zusammen (Commercial Project Manager) und koordiniert ihre Erfüllung. Die Spannweite der kaufmännischen Aufgaben beginnt mit der Projektentwicklung und Akquisition eines Auftrags, Kalkulationen, Risikomanagement und Projektfinanzierung. Das Vertragsmanagement verbindet die Projektentstehung mit der Projektbearbeitung. Hier sind die Beziehungen zu Kunden, Lieferanten und Dienstleistern, Konsortialpartnern und Behörden wichtig. In der Projektbearbeitung stehen Claim Management und Projekt-Controlling im Vordergrund. Während der Projektrealisierung ergeben sich Aufgaben in Logistik, Baustellenmontage, Inbetriebnahme und Abnahme. Formal bildet die Schlusskalkulation und Schlussrechnung das Ende des Projekts. Hinzu kommen dann noch Aufgaben aus Garantien und bei der Mängelbeseitigung. men oder Unternehmen der Bauwirtschaft und des Anlagenbaus werden Aufträge kalkuliert, die wesentlich von Materialpreisen und nur in zweiter Linie von Personalkosten bestimmt werden. Bei Dienstleistern wie Architekten und Ingenieuren bilden die Personalkosten den wesentlichen Bestandteil der Angebotssummen. Diese geschilderten kaufmännischen Besonderheiten müssen bei einer Angebotskalkulation berücksichtigt werden. Es geht darum, mögliche Deckungsbeiträge aus Aufträgen zu kalkulieren, eigene Grenzkosten und Preisuntergrenzen zu kennen, um in kurzer Zeit verlässliche kaufmännische Empfehlungen für die Unternehmensleitung vor Auftragsannahme zur Entscheidung vorzulegen. Wichtig ist für Auftraggeber wie auch für Auftragnehmer, dass vor möglichen Entscheidungen alle entscheidungsrelevanten Faktoren ermittelt und beurteilt werden. Und diese sind zunehmend nicht technischer Natur. Gerade in der Vergabe von Aufträgen können für Auftraggeber wie Auftragnehmer große kaufmännisch-rechtliche Risiken, aber auch Chancen liegen. Die Beurteilung dieser Risiken und Chancen erfordert kaufmännisch gut ausgebildetes Personal, welches diese als seine ureigenen Aufgaben erkennt und annimmt. 3.1 Welchen Erfolg schafft der Einsatz von Commercial Project Management? Schaffung und Einsatz von Commercial Project Management bedeuten zunächst zusätzliche Kosten. Inwieweit sind diese gerechtfertigt, inwieweit können mit Commercial Project Management wirtschaftliche Potenziale in Projekten realisiert werden, inwieweit lassen sich durch den Einsatz von Commercial Project Management Verluste vermeiden? • Die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit und Machbarkeit eines Projekts wird gerade im Frühstadium kritisch durchleuchtet und beurteilt. Das kaufmännische Know-how sorgt für eine frühzeitige Projektselektion voraussichtlich lukrativer Projekte. • Die Benennung eines kompetenten Ansprechpartners (Commercial Project Manager) für das Projekt sichert die nötige Bereitstellung der Informationen sowie die Wahrnehmung der Verantwortung für den nicht technischen Teil des Projekts. • Der technische Projektleiter hat für die ihm „fachfremden“ Aufgaben in seinem Projekt Der Commercial Project Manager verantwortet die Erfüllung der nicht technischen Aufgaben und koordiniert die verschiedenen kaufmännischen Fachstellen/ Abteilungen bezogen auf das Projekt. Er wirkt eng zusammen mit der Technik und bildet das Pendant und die notwendige Ergänzung zum (technischen) Projektmanagement. Es geht also in erster Linie darum, dass alle kaufmännischen Aufgaben zur rechten Zeit im Projekt angestoßen und erledigt werden. Die Gesamtsicht des Projekts steht im Vordergrund. Das Commercial Project Management ist nicht nur auf der Auftragnehmerseite notwendig. Auch Auftraggeber, privat oder öffentlich-rechtlich, müssen über solides kaufmännisches Projekt-Know-how verfügen. Bei Auftraggebern geht es oft darum, mittels einer Investition z. B. in bauliche Infrastruktur oder aber auch in IT-Infrastruktur eine Verbesserung des eigenen Produktionsprozesses zu erreichen oder aber neue Produktionsmöglichkeiten zu schaffen. Zur Entscheidung über solche Investitionen werden z. B. verschiedene Investitionsrechnungsmethoden eingesetzt. Auch für die Finanzierung dieser Investitionen sind detaillierte Untersuchungen und Berechnungen erforderlich. Alle diese Methodiken müssen sicher beherrscht werden. Idealerweise hat ein Auftraggeber die entsprechenden Fachleute im Haus. Aber auch für den Fall, dass der Auftraggeber sich externer Berater bedient, sind eigenes Verständnis und fachlich einwandfreies Zuarbeiten erforderlich, um belastbare Ergebnisse aus Voruntersuchungen für Investitionsentscheidungen zu erhalten. Auch bei den sogenannten Muss-Projekten, bei denen es nicht um wirtschaftliche Beiträge zum Unternehmenserfolg geht, ist kaufmännisches Know-how erforderlich. Jeder Auftraggeber ist bestrebt, Investitionsausgaben auf das notwendige Ausmaß zu planen und zu controllen. Dies trifft auch auf öffentlich-rechtliche Auftraggeber zu, die Investitionen z. B. in die öffentliche Infrastruktur tätigen. Oft wird sich hier projektbezogen und temporär externer Fachkräfte bedient, die jedoch durch eigene Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Auftraggebers geführt und überwacht werden müssen. Hier muss der Auftraggeber eigenes fundiertes kaufmännisches Knowhow haben, um seiner Kontroll- und Überwachungsfunktion gerecht zu werden. Bei Auftragnehmern geht es naturgemäß häufig darum, mit angenommenen Aufträgen einen wirtschaftlichen Beitrag zum Unternehmenserfolg zu erreichen. Bei produzierenden Unterneh- WISSEN 67 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 einen kompetenten und mit den Gegebenheiten des Projekts voll vertrauten Partner und kann dank Entlastung seine spezifische „technische“ Projektverantwortung voll wahrnehmen. • Der Commercial Project Manager verantwortet die Wirtschaftlichkeit des Projekts und stellt sicher, dass alle nicht technischen Projektbelange rechtzeitig, im richtigen Zusammenhang, qualifiziert und vollständig bearbeitet werden (Koordinationsfunktion). • Mit Einrichtung eines Commercial Project Managements eröffnet sich die Möglichkeit, dass Projektverantwortliche auf beiden Seiten (Auftraggeber, Auftragnehmer) im Sinne des Projekts auf Augenhöhe zusammenwirken. • Anhand von eigenen Datenbanken und Erkenntnissen aus der Nachkalkulation abgeschlossener Projekte können Projektkaufleute verlässliche Informationen, beispielsweise Kostenkennwerte für neue Projekte, ableiten. Auch bei der Preisfindung (Angebotskalkulation) unterstützen sie das Management durch Kalkulation möglicher Deckungsbeiträge und Offenlegung von Preisuntergrenzen. • Nicht technische Anforderungen eines Projekts werden frühzeitig erkannt und lassen sich auf Machbarkeit sowie hinsichtlich Risiko- und Verlustfaktoren bewerten. Hier spielt auch die Risikovorsorge und monetäre Risikoabschirmung eine Rolle, die häufig von finanzierenden Banken vor Financial Closing und damit vor der finanziellen Freigabe eines Investitionsprojektes gefordert wird. 3.2 Welche Faktoren sind für den erfolgreichen Einsatz von Commercial Project Management notwendig? Commercial Project Management muss sich im Unternehmen etablieren. Wie viele andere Aufgaben im Unternehmen lebt es von der eigenen Bereitschaft und der seiner Partner zur Zusammenarbeit. Voraussetzungen für erfolgreiches Commercial Project Management: • Qualifiziertes Personal: Nicht der kaufmännische Sachbearbeiter, sondern der koordinierende Manager ist gefragt. Aufbauorganisatorische Lösungen sollen dem Commercial Project Management, sowohl im Bereich der kaufmännischen Fachleute und -abteilungen wie auch in der technischen Projektlandschaft, den adäquaten Platz zuweisen. Aber: Zunehmende Projektkomplexität führt dazu, dass die technischen Projektleiter ausreichend mit ihren originären Aufgaben zu tun haben und die steigenden Anforderungen an das kaufmännische PM nicht mehr genügend abdecken können. • Warum jetzt auch noch Commercial Project Management? Wir haben doch alle nötigen kaufmännischen Fachabteilungen und externe Dienstleister (Steuerberater, Anwälte, Wirtschaftsprüfer etc.). Damit sind die kaufmännischen Dinge doch ausreichend versorgt. Ja, in der Regel sind alle kaufmännischen Aufgaben im Unternehmen abgedeckt. Es geht hier aber vor allem darum, dass sie gesamthaft und zusammengefasst und koordiniert wahrgenommen werden. Wenn jede Fachabteilung nur „ihre“ Belange sieht, fehlt die Sicherstellung der gegebenen Schnittstellen. Dort gehen Erträge eines Projekts verloren. • Wir verkaufen Technik „Made in Germany“, da sind die kaufmännischen Dinge eigentlich nur Beiwerk. Aber: Sind sie eben nicht! Im Zweifel ist die Technik von Projekt zu Projekt eher homogen, aber die nicht technischen Aspekte sind es nicht. • Wenn wir bei uns Commercial Project Management einrichten wollten, würde das zusätzliche Stellen bedeuten und entsprechend Mehrkosten verursachen. Ja, aber: Wer bringt die Gesamtsicht auf das Projekt? Wer koordiniert rechtzeitig und kompetent die verschiedensten nicht technischen Belange? Wer wendet frühzeitig mögliche Probleme im Projekt ab und hat seinen Blick strikt auf die Wirtschaftlichkeit und wirtschaftliche Erfolgsorientierung des Projekts gerichtet? • Unsere Projektleiter sind so erfahren, dass sie das ganze Projekt beherrschen. Ja, breite Erfahrung ist wichtig. Der technische Projektleiter hat aber in aller Regel genug mit seinem eigenen Themenfeld zu tun. Sich zusätzlich noch um die kaufmännischen Belange im Projekt zu kümmern, die stetig zunehmen, scheint oft nicht mehr ableistbar zu sein. Dies gilt nicht erst bei Großprojekten. • Wir schulen unsere Projektleiter auch in kaufmännischen Dingen. Ok, es ist gut und auch wichtig, das Verständnis bei der Technik für die kaufmännischen Dinge zu entwickeln. Aber es reicht heute bei Weitem nicht mehr aus, die kommerziellen Grundlagen an Techniker zu vermitteln. Hier • Aufbauorganisatorische Regelungen und Prozessgestaltungen definieren die Aufgaben sowie ihre Verteilung und -wahrnehmung, sowohl im kaufmännischen wie auch technischen Bereich. • Der Commercial Project Manager schafft Akzeptanz für seine Funktion, wenn er sich mit den zu lösenden Projektaufgaben auseinandersetzt und einen Bezug zum technischen Bereich aufbaut. Er kann durch seine Qualifikation und sein Verhalten viel dafür tun, ist aber auch auf die Unterstützung im Management und auf die Bereitschaft zur Zusammenarbeit seiner Partner angewiesen. • Der Commercial Project Manager muss vollen Zugang zu allen projektrelevanten Informationen erhalten, um seiner Verantwortung gerecht zu werden. Er muss allerdings auch einen Sinn, Zugang und Verständnis für die technische Seite haben. In Deutschland dominiert bei Projekten nach wie vor die Technik. Ihre Qualifikation und ihren Ruf zu erhalten und mit qualifizierter Wahrnehmung der nicht technischen Aufgaben zu verbinden, ist heute wichtige Voraussetzung für die Erzielung wirtschaftlicher Projekterfolge. Der Commercial Project Manager und der (technische) Projektleiter sollten idealerweise eng und auf Augenhöhe zusammenarbeiten, um den Gesamterfolg des Projekts zu sichern. Ausländische Wettbewerber sind oft weiter und bringen in Verhandlungen und Abwicklung mehr Power für die nicht technischen Aufgaben ein. Ein Beispiel dafür ist das Claim Management, in Deutschland eher zaghaft, im Ausland eher „knallhart“. Commercial Project Management zu etablieren und zu stärken verbessert daher die Aussichten auf wirtschaftlich erfolgreiche Projekte. Wahrnehmung kaufmännischer Aspekte, projektbezogene Koordination der Aufgaben aus einer Hand, frühzeitige Problemerkennung und -bearbeitung, Vermeiden kostenträchtiger Pannen und Auffinden erfolgsoptimaler Gestaltungen sind neben günstigen technischen Lösungen die Erfolgsgaranten für Projekte. 4 Wieso noch eine Funktion im Projektmanagement? • Wozu brauchen wir eine eigene Stelle Commercial Project Management? Die wesentlichen Dinge macht bei uns der Projektleiter, er ist für das ganze Projekt zuständig. 68 WISSEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 sind gezielte spezielle Kenntnisse vonnöten, um den Anforderungen insbesondere im internationalen PM professionell begegnen zu können. • Wir haben nur teilweise Projektgeschäft. Unser Hauptumsatz ist das Seriengeschäft. Da ist CPM doch etwas viel Aufwand? Aber: Ist das Unternehmen schwerpunktmäßig auf das Seriengeschäft ausgelegt, ist die Gefahr groß, dass das „lästige“ Projektgeschäft nur am Rande mitläuft und zu gering beachtet wird. Dann stellen sich oft negative Folgen ein. Projektgeschäft und Seriengeschäft sind zwei Paar getrennte Schuhe. • Wir haben ein PMO, da sind alle projektgerichteten Aktivitäten gebündelt. Das Commercial Project Management kann in ein PMO integriert sein, aber es geht weit über die Standardaufgaben eines PMO hinaus. 5 Die Arbeitsinitiative und das Buch „Commercial Project Management“ Die eingehende Betrachtung des Commercial Project Managements in Deutschland geht auf eine Initiative mehrerer Projektmanagement-Fachleute zurück, die in ihrer Projektarbeit und in intensivem Dialog mit führenden Unternehmen der deutschen Wirtschaft erkannt haben, dass trotz gut ausgebildeter Projektleiter die kaufmännische Kompetenz und die organisatorische Gestaltung der Thematik in Projekten noch nicht den kaufmännisch-rechtlichen Erfordernissen genügen. Hasso Reschke, Lorenz Schneider und Gregor Oleniczak haben dafür das Institut für Commercial Project Management gegründet und erleben in der Zusammenarbeit und der Diskussion mit deutschen Firmen, dass das Commercial Project Management noch sehr unterschiedlich weit entwickelt ist. 6 Jeder Interessierte kann mitmachen Ein besonderes Anliegen der Initiative/ des Instituts für Commercial Projektmanagement ist es, dass das Thema Commercial Project Management lebt. Alle interessierten Leser sollen zum Mitarbeiten und „Mitleben“ motiviert werden. Auf der Homepage des CPM-Instituts (www. cpm-institut.de) können eine Reihe von aktuellen Informationen zum Thema abgerufen werden. Jeder Interessierte ist aufgerufen, sich aktiv an der Initiative Commercial Project Management zu beteiligen. Die Initiative Commercial Project Management sieht derzeit folgende Aufgaben: • Erfahrungen zum und mit dem Commercial Project Management bei erfolgreichen deutschen Firmen zu sammeln, aufzubereiten und allgemein verfügbar zu machen, • das Fachgebiet Commercial Project Management zu definieren und eine einheitliche Terminologie zu schaffen, • mittelfristig einen Ausbildungslehrgang zum Commercial Project Management aufzulegen, der das notwendige kaufmännische Fachwissen vermittelt, damit Deutschland den Anschluss an erfolgreich geübte Praxis internationaler Projekte finden kann. Dazu entwickelt die Arbeitsinitiative das Commercial Project Management mit interessierten Unternehmen weiter in Workshops, Erfahrungsaustausch, Informationsveranstaltungen sowie Schulungen. Hierzu braucht die Arbeitsinitiative deutliche Unterstützung aus der Wirtschaft. Persönlich interessierte Leser sowie Unternehmen sind zur Mitwirkung herzlich eingeladen. Unverbindliche Interessensmeldung unter: community@cpm-institut.de  Schlagwörter Auftraggeber - Auftragnehmer, Auftragsprojekte, kaufmännisches PM, internationale Projekte, Projekterfolg, Projektorganisation, Projektorientierung Kompetenzelemente der ICB 4.0 3.04 Ablauf und Termine; 3.07 Kosten und Finanzen; 3.08 Ressourcen Mit der Erstellung eines Buches wird das Thema „Commercial Project Management“ erstmals aufgearbeitet (siehe Kasten). Damit wird auch die Basis für die Diskussion um die Entwicklung eines Standards angestoßen. Dieser sollte die Wirtschaft unterstützen und es dem kaufmännischen Projektmanagement ermöglichen, die Aufgaben, ihre Wahrnehmung und Organisation zu überprüfen und zu verbessern. Damit könnten die wechselseitigen Verhandlungspositionen aufseiten von Auftraggebern und Auftragnehmern gestärkt werden. Die Rekrutierung und Einarbeitung von Fachpersonal könnte weiter professionalisiert werden. Ein derartiger Standard würde Unternehmen helfen, ihre Organisation im Commercial Project Management weiterzuentwickeln (Struktur, Prozesse, Anforderungsprofile und Stellenbeschreibungen, PM-Handbuch). Darüber hinaus würde er die Kommunikation mit dem (technischen) Projektmanagement verbessern - und helfen, die Funktion Commercial Project Management gegenüber Geschäftspartnern zu verdeutlichen (Kunde, Financiers, Wirtschafts- und Rechtsberater, Unternehmensberater, Konsortialpartner, Zulieferer und Dienstleister). Es soll nicht vergessen werden, dass auch andere Organisationen sich mit dem Thema oder zumindest mit Teilaspekten beschäftigen, mit denen die Initiative in Verbindung steht. Diese werden im Buch mit ihren jeweiligen Schwerpunkten vorgestellt. Das vorliegende Buch ist in Zusammenarbeit mit Vertretern namhafter deutscher Industrieunternehmen entstanden. Von einer Reihe von Fachleuten aus dem kommerziellen Sektor führender Unternehmen wurden Fachbeiträge erarbeitet. Andere Unternehmensvertreter haben sich als „Querleser“ an einer übergreifenden Qualitätssicherung beteiligt. Hinweis zum Fachbuch Commercial Project Management Erfolgsfaktoren - Aufgaben - Organisation Herausgeber: Hasso Reschke, Lorenz Schneider, Gregor Oleniczak mit 15 Autoren aus Industrie und Wirtschaft VDMA-Verlag, Frankfurt/ M., ISBN 978-3-8163-0716-7; Bestellung unter: www.vdmashop.de/ 07167 Themengliederung und nähere Informationen zum Fachbuch: „Commercial Project Management“ auf www.cpm-institut.de WISSEN 69 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Autoren Gregor Oleniczak, kaufmännischer Programmleiter bei der Fraport AG, war von 2005 bis 2012 für die Kostensteuerung des Großprojekts Flugsteig A-Plus verantwortlich. Ausbildung zum Bankkaufmann bei Merck, Finck & Co. Privatbankiers, Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg (Diplom-Volkswirt). Er wurde im Projektmanagement von der GPM/ IPMA ausgebildet (Level D und C) und beschäftigt sich seit Längerem mit der Steuerung von Risiken in Projekten aus kaufmännischer Sicht. Dr. Hasso Reschke, vormals Professor für Betriebswirtschaftslehre und Projektmanagement, Fakultät für Wirtschaftsingenieurwesen an der Hochschule München. Gründungsmitglied und langjähriger Vorstand der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement. Zahlreiche Vorträge und Veröffentlichungen. Leiter des Hochschulprogramms: Projektkaufmann (2000) Dr. Lorenz Schneider, Ingenieur und Wirtschaftsingenieur, selbstständig, geschäftsführender Gesellschafter der Tilke & Partners mit Firmen in Bahrain, Abu Dhabi, Dubai, Katar und Aserbaidschan, ist 19 Jahren weitestgehend im Ausland tätig. Ausgebildet im Projektmanagement von der GPM/ IPMA, hält das Level-Asowie das Level-B- Zertifikat, geprüfter Projektkaufmann. Er leitet die Special Interest Group „Go International“ der GPM. Anschrift der Autoren: Institut für Commercial Project Management, Fiedlerstraße 16, 81477 München, E-Mail: info@cpm-institut.de, www.cpm-institut.de Haftungsausschluss Die Inhalte dieser Zeitschrift werden von Verlag, Herausgeber und Autoren nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und zusammengestellt. Eine rechtliche Gewähr für die Richtigkeit der einzelnen Angaben kann jedoch nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für die Websites, auf die verwiesen wird. Es wird betont, dass wir keinerlei Einfluss auf die Inhalte und Formulierungen dieser Seiten haben und auch keine Verantwortung für sie übernehmen. Grundsätzlich gelten die Wortlaute der Gesetzestexte und Richtlinien sowie die einschlägige Rechtsprechung. Anzeige A. Spier / K. Westermann Betriebssicherheit - Eine Vorschriftensammlung 14. Auflage 2017 936 Seiten DIN A6, broschiert 22,80 EUR (inkl. MwSt.) Bestell-Nr.: 60143 Betriebssicherheit - Eine Vorschriftensammlung TÜV Media GmbH Tel. +49 221 806-3511 Fax +49 221 806-3510 www.tuev-media.de Im handlichen Pocket-Format liefert diese Vorschriftensammlung alle relevanten Texte zum Thema Betriebssicherheit und ermöglicht eine schnelle Orientierung in der Materie. Die 14. Auflage enthält • die aktualisierten Fassungen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) (jeweils Stand 15. Nov. 2016) sowie der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) (Stand 3. Dez. 2016); • das Produktsicherheitsgesetz, das Arbeitsschutzgesetz und das Arbeitssicherheitsgesetz; • sämtliche verfügbaren Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS). Ergänzt wird die Textsammlung durch ein Begriffsglossar zur Betriebssicherheitsverordnung, Biostoffverordnung und Gefahrstoffverordnung. Mehr Infos und Bestellung unter: www.tuev-media.de/ betriebssicherheit 70 WISSEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Einführung eines Reporting-Systems im Airbus-A350XWB- Flugzeugentwicklungsprogramm Autor: Björn Wagner PowerPoint ist sowohl eine der am meisten genutzten als auch verhassten Software- Lösungen der Welt. Mit keinem anderen Programm lassen sich Informationen so leicht präsentieren, das Zusammentragen der Informationen und das Erstellen der Präsentation kann jedoch nicht anders als eine regelmäßige Folter beschrieben werden. Je kritischer das Projekt, umso höher sind die Anforderungen an das Reporting und umso größer ist der administrative Aufwand zum Erstellen der Präsentationen. Projektmitarbeiter kopieren, verschieben und fügen regelmäßig Folien in Präsentationen ein, welche dann per E-Mail verteilt werden. Als Folge werden die Postfächer durch E-Mails mit PowerPoint-Anhängen geflutet und häufig bewirkt das Zuviel an Informationen gerade das Gegenteil. Effiziente Berichtssysteme sind meist nur für standardisierte, regelmäßig zu erstellende Reports ohne Variation der Struktur vorhanden und beschränken sich auf die Generierung von Diagrammen und Kennzahlen. Eine Kommentierung der dargestellten Daten ist in diesen Systemen häufig nicht möglich. In dieser Arbeit wird beschrieben, wie ein flexibles und hocheffizientes Berichtssystem mit PowerPoint und SharePoint beim Unternehmen Airbus im A350XWB-Programm aufgesetzt wurde. 1 Einleitung 1.1 Anforderungen an Berichtssysteme „Das Berichtswesen eines Unternehmens oder einer Unternehmensgruppe hat grundsätzlich die Aufgabe, Empfängern die richtigen Informationen zur richtigen Zeit in geeigneter Form effizient zur 2. Berichtserstellung: Zugriffsmöglichkeiten auf definierte Vorlagen zum Aktualisieren von Daten. 3. Berichtsverteilung: automatisierte Verteilung der erstellten Reporte an die Stakeholder über verschiedene Kanäle (z. B. E-Mails, webbasierte Schnittstellen). 4. Berichtsverwaltung: Speicherung und Archivierung der verteilten Berichte zur Nachverfolgung sowie zur Möglichkeit der späteren Nutzung. Diese Arbeit behandelt nicht den Aspekt der Berichtsgestaltung, da das eingeführte Berichtssystem die Berichtserstellung, -verteilung und -verwaltung vereinfachen sollte. 1.2 Unternehmenshintergrund Airbus ist ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich Luft- und Raumfahrt sowie der dazugehörigen Dienstleistungen. Der Umsatz betrug 64,5 Mrd. EUR im Jahr 2015, die Anzahl der Mitarbeiter rund 136.600. Airbus bietet die umfassendste Palette von Passagierflugzeugen mit einer Kapazitätsspanne zwischen 100 und mehr als 600 Sitzen und bildet mit Boeing das Duopol für zivile Großraumflugzeuge. Die Entwicklung eines Passagierflugzeugs zählt zu den anspruchsvollsten und kostenintensivsten Entwicklungsprojekten der heutigen Zeit. Neben den technischen Herausforderungen des Produktes (Design, Berechnungsmethoden, Werkstoffe, Fertigungsverfahren …) und der Fertigungskapazitäten (Hallen, Fertigungsmittel, Logistikkonzepte …) gilt es die komplexen Informationsflüsse während des „simultaneous Engineering“ innerhalb des eigenen Unternehmens und mit den Projektteams der Entwicklungspartner zu koordinieren. Im A350XWB-Programm werden Baugruppen und Systeme aus Eigen- und Fremdfer- >> Für eilige Leser Der Artikel beschreibt, wie der Autor ausgehend von der Vision eines standardisierten und effizienten Managementreportings als Project Management Officer im Airbus- A350XWB-Programm das Berichtswesen innerhalb von drei Jahren grundlegend verändert hat. Sein MS SharePoint-basiertes System verringert erheblich den administrativen Aufwand beim Erstellen von Berichten mit PowerPoint, indem das Einsammeln und Aggregieren der Informationen entfällt. Folien werden einmal erstellt und anschließend immer zentral aktualisiert. Stakeholder erstellen sich aus diesem Pool von Folien selbst aktualisierende Reports, die dann mit einem Klick publiziert und archiviert werden. Das System reduziert die Vorbereitungszeit vor Reportingterminen deutlich und führt zu aktuelleren Informationen in den Berichten. Verfügung zu stellen, um diese bei notwendigen Entscheidungen zu unterstützen.“ [1] Berichtssysteme sollten nach Kemper [2] folgende Kernfunktionalitäten bieten: 1. Berichtsgestaltung: Möglichkeit zur Definition und Strukturierung von Berichtslayouts und -inhalten, wie beispielsweise den Einsatz von Berichtsschablonen. WISSEN 71 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 tigung an mehr als zehn europäischen Airbus- Standorten zu Großkomponenten integriert, nur die Endmontage der A350 findet in Toulouse statt. 1.3 Status quo des Managementreportings bei Airbus Es gibt unzählige Studien über die Gründe für das Scheitern von Projekten. Als einer der Hauptgründe wird jedoch immer wieder mangelnde oder schlechte Kommunikation und Information der Projektbeteiligten aufgeführt. In einem hochkomplexen Projekt wie der Flugzeugentwicklung spielt das Lenken von Informationen an die richtigen Adressaten somit eine zentrale Rolle, welche größtenteils von den Project Management Offices (PMO) geleistet wird. Im A350XWB-Programm schlug sich das Informationsbedürfnis in unzähligen PowerPoint- Reports nieder, welche in regelmäßigen Abständen per E-Mail verteilt wurden. Die Intervalle reichten von sechswöchentlich, monatlich, wöchentlich bis hin zu täglichen Reports, in denen Mitarbeiter Informationen konsolidieren und aufbereiten mussten. Bezieht man allein die Anzahl von mehreren Hundert Mitarbeitern im A350XWB-PMO ein, so werden einem schnell die Kosten des Berichtswesens bewusst. In den Abbildungen 1 bis 3 sind Arten der Informationskonsolidierung schematisch dargestellt. Der Großteil der administrativen Tätigkeit fällt beim Anfordern und Verteilen der Informationen per E-Mail sowie beim Kopieren, Einfügen und Sortieren von Folien an. Zusätzlich entsteht Mehrarbeit beim Anpassen durch die verschiedensten vom Corporate Design abweichenden Folienformate, die der „Kreativität“ der Mitarbeiter bzw. modifizierten Folienlayouts in den Abteilungen geschuldet sind. 2 Lösungsansatz Prozessänderungen/ -verbesserungen in einem Unternehmen fallen in den Bereich „Business Improvement Process“ (BIP). Nach Lehrbuch lässt sich der BIP in sechs Phasen unterteilen: 1. Prozessbeschreibung des Ist-Zustandes 2. Analyse des Ist-Prozesses 3. Re-Design des Prozesses 4. Beschaffung der nötigen Ressourcen 5. Änderung einführen und kommunizieren 6. Review des neu eingeführten Prozesses „Postbote“ „E-Mail-Lawine“ „E-Mail-Flut“ Abb. 1: Reporterstellung durch „Postboten“ Abb. 2: Reporterstellung durch „E-Mail-Lawine“ Abb. 3: Reporterstellung durch „E-Mail-Flut” E-Mail-Flut E-Mail-Lawine Postbote 72 WISSEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Der Autor ist bei der Implementierung seines Berichtssystems nicht den klassischen Weg einer Prozessänderung/ -Verbesserung im Rahmen eines „Business Improvement Process“ gegangen, sondern hat als „Pathfinder“ eine zunächst unbekannte technische Lösung in seinen Arbeitsalltag und den der Mitarbeiter seiner Abteilung integriert. 2.1 Vision eines idealen Berichtssystems Bei der Erstellung eines PowerPoint-basierten Managementreports fallen (abgesehen vom Füllen der Folie mit Inhalt) etliche Arbeitsschritte ohne Mehrwert an: • Suchen der zu aktualisierenden Folien • Statusaktualisierungen anfragen • regelmäßiges Kopieren, Sortieren, Einfügen von Folien aus E-Mail-Anhängen • Verschicken von Folien und Reports an E-Mail- Verteiler • Sortieren von E-Mails mit Reports • Archivieren von publizierten Reports Ein ideales System sollte dem Nutzer das Bearbeiten der Folien so leicht wie möglich machen und die administrativen Aufwände so gering wie möglich gestalten. Unter der Annahme, dass die Akzeptanz eines Tools mit der Anwenderfreundlichkeit gesteigert wird, dann sollte das Tool nach dem KISS-Grundsatz (Keep It Simple & Smart) konzipiert sein und dem Anwender mehr Nutzen nur für kleine Präsentationen handhabbar und die Bibliothek wird bei mehr als 50 Folien schnell unübersichtlich. Microsoft gibt somit auch die Empfehlung, dass pro Folienbibliothek nicht mehr als 100 Folien und 10 User arbeiten sollten. Neue Dokumente werden zudem von außen in das System eingepflegt, womit ein Wildwuchs an verschiedenen Folienformaten vorprogrammiert ist. 2.3 Konfiguration einer Folienbibliothek in „RELY“ Der Autor hat eine Lösung in SharePoint entwickelt, in der der Anwender beim Anlegen eines Dokumentes vor dem Speichern die Dokumenteigenschaften ausfüllen muss, welche dann im SharePoint in einer Liste dargestellt werden. Indem die Anwender beim Anlegen der Datei zu diesen Eingaben gezwungen werden, ist sichergestellt, dass alle relevanten Felder als Meta- Tags gepflegt sind, sodass die Dateien in der SharePoint-Bibliothek wie in Excel gefiltert, sortiert und gruppiert werden können. Als sinnvolle Meta-Tags haben sich im A350XWB-Programm die Felder „Thema“, „Ursprung (Abteilung)“, „Produkt“ und „Folienbearbeiter“ herausgestellt. Damit der Nutzer mit möglichst wenigen Klicks seine Dateien wiederfinden kann, sind Ansichten angelegt, welche die Listen auf seinen Namen filtern und nur die eigenen Dateien anzeigen. Eine Ansicht lässt sich in den Browserfavoriten als gefühlte Mehrarbeit bringen. Dieser Nutzen lässt sich relativ leicht anhand der Reduktion der benötigten Mausklicks messen, um eine Folie zu aktualisieren beziehungsweise einen Report zu konsolidieren. Mit der Folienbibliotheksapplikation von Microsoft SharePoint findet sich eine Lösung, mit der ein PowerPoint-Report nur einmalig erstellt werden muss und sich dann selbstständig aktualisiert. Mit einigen Anpassungen hat der Autor ein System entwickelt, bei Airbus bekannt als „RELY“, das die oben aufgeführten Aufwände nahezu auf null reduziert. 2.2 Nutzung von Folienbibliotheken nach Microsoft Der von Microsoft angedachte Workflow mit einer „Slide Library“ sieht folgendermaßen aus: 1. Erstellung des Grundgerüstes der Präsentation (richtige Anzahl Folien mit Folientitel) 2. Veröffentlichen der Präsentation in der Folienbibliothek 3. Bearbeiten der Folie in der Folienbibliothek 4. Einfügen der Folie in die Ursprungspräsentation über die Option „Folie wiederverwenden“ Microsoft hat mit dieser kombinierten Share- Point/ PowerPoint-Funktion zwar ein extrem mächtiges Werkzeug erschaffen, zeigt dem Nutzer allerdings nicht, wie er mit einer größeren Anzahl an Folien effizient arbeiten kann. Der von Microsoft angedachte Slide Library Workflow ist Abb. 4: Standardübersicht einer Folienbibliothek WISSEN 73 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 speichern und ermöglicht so den Zugang zu seinen Folien mit nur einem Klick. In einer zweiten Ansicht sind alle Folien sichtbar, sodass Reportersteller die Informationen durch eigenes Filtern und Sortieren wiederfinden können. 2.4 Design des Berichtssystems RELY Die bei der Berichtserstellung, -verteilung und -verwaltung beteiligten Gruppen lassen sich in die Rollen der Folienbearbeiter, Reporteigner und Reportleser abgrenzen. Der optimale Prozess • Reportleser: 1. Report öffnen In Abbildung 6 ist der Workflow im „RELY“ Berichtssystem analog zur Architektur in Abbildung 7 dargestellt. Das System befindet sich nahe am beschriebenen Optimum, lediglich einige (in PowerPoint nicht entfernbare) Dialogfenster erzeugen zusätzliche Mausklicks. Die Berichtserstellung findet auf den Ebenen „Slide Library“ für den Folienbearbeiter und „Report Creation“ für den Reporteigner statt. Die Berichtsverteilung und Berichtsverwaltung erfolgt mit einer minimalen Anzahl an administrativen Arbeitsschritten würde für die einzelnen Rollen folgendes bedeuten: • Folienbearbeiter: 1. Folie öffnen, Inhalt bearbeiten (Aufwand unabhängig vom Prozess) 2. Speichern 3. Schließen • Reporteigner: 1. Report öffnen, aktualisierten Inhalt verifizieren 2. Report speichern, verteilen, archivieren (& schließen) Abb. 5: Folienbibliothek nach RELY Abb. 6: Workflow im RELY-System 5 Archive 74 WISSEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 in einem Schritt, das heißt, mit dem Publizieren wird der Report zeitgleich archiviert und Leser können sich dann durch einen aktivierten „Alert“ per E-Mail über eine Aktualisierung informieren lassen. Das System ist beliebig skalierbar, da Folien auch aus verschiedenen Folienbibliotheken in einen Report einfließen können. Im A350XWB- Programm wurden so für elf Standorte jeweils zwei „RELY“-Systeme angelegt, eines mit Informationen für alle Projektbeteiligten und eines mit be-schränktem Anwenderkreis, das für sensible Informationen wie Kosten oder Ressourcenplanungen vom höheren Management genutzt wurde. 3 Herausforderungen bei der Implementierung In einem Großkonzern Arbeitsweisen zu ändern ist aufwendig. Viele Richtlinien aus der IT erscheinen Mitarbeitern eher als Hindernis im Tagesgeschäft denn als sinnvolle Regelung, weswegen auch oft an der IT vorbei mit „Guerilla- Tools“ gearbeitet wird. 3.1 Organisatorische Herausforderung Die Idee eines Mitarbeiters kann noch so gut sein und wird vielleicht trotzdem niemals verwirklicht. Das kann durchaus an der Vielzahl der möglichen Entscheider liegen, die verschiedenste Disziplinen und Funktionen vertreten. In 4 Fazit Das eingeführte Berichtssystem bietet eine für viele Unternehmen nicht bekannte Möglichkeit, das Managementreporting zu verbessern. Es ist beliebig skalierbar und lässt sich auf alle Unternehmensbereiche und Projekte anwenden. Trotz oder vielleicht auch wegen der Einfachheit der Lösung findet es auch drei Jahre nach der Einführung immer noch einen hohen Zuspruch bei Airbus und neuen Kunden wie zum Beispiel aus der Automobilindustrie.  Literatur [1] Antonovich, M. P.: Office and SharePoint 2010 User’s Guide. Integrating with Excel, Outlook, Access and Word. Apress (The expert‘s voice in Office and SharePoint), Berkeley, CA, 2010 [2] Kemper, H. G./ Baars, H./ Mehanna, W.: Business Intelligence - Grundlagen und praktische Anwendungen. Eine Einführung in die IT-basierte Managementunterstützung. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden 2010 Schlagwörter Berichtswesen, Folienbibliothek, PMO, PowerPoint, SharePoint, Statusreporting Kompetenzelemente der ICB 4.0 3.05 Organisation, Information und Dokumentation Autor Dipl.-Wirt.-Ing. Björn Wagner ist Berater, Projektmanager für Innovations- und Entwicklungsprojekte und Themenverantwortlicher für „Collaborative Work“ im Center of Excellence Project Management der INVENSITY GmbH. Anschrift: INVENSITY GmbH, Parkstraße 22, 65189 Wiesbaden, Tel.: 0611/ 50 47 54-0, Fax: 0611/ 50 47 54-19, Mobil: 0172/ 6 24 51 42, E-Mail: Bjoern.Wagner@invensity.com, www.invensity.com diesem Fall ist das sogenannte Stakeholdermanagement sehr wichtig, um für die Idee zu „werben“ und „Sponsoren“ zu gewinnen. Dieser Vorgang ist allerdings zeitaufwendig und arbeitsintensiv. Auch wenn in einem Geschäftsbereich dann eine Verbesserung eingeflossen ist, folgt nicht automatisch, dass diese auch auf andere Bereiche überspringt. Der Mitarbeiter müsste an die anderen Abteilungen entliehen werden, seine ursprüngliche Arbeit würde also liegen bleiben. Für das Unternehmen wäre dies zwar die richtige Handlungsweise, doch dem entleihenden Vorgesetzten würde so eine wichtige Ressource fehlen, um seine eigenen Ziele zu erreichen. Sofern organisatorisch möglich, sollte der Mitarbeiter auf eine zentrale Stabsstelle versetzt werden, um so allen Unternehmensbereichen zur Verfügung zu stehen. 3.2 Technische Herausforderungen Bei einer Folienbibliothek handelt es sich zwar um eine Standardfunktion von Microsoft Power- Point & SharePoint, jedoch ist sie nur schlecht dokumentiert und es lassen sich nicht viele Informationen über die Grenzen der Lösung finden (z. B. maximale Anzahl an Folien in einer Bibliothek oder Verlinkungen in einem Report). Durch Pilotprojekte und ausführliches Testen konnte das System auch in einer kritischen Projektphase erfolgreich ausgerollt werden. Die Möglichkeit zur Rückkehr zur „alten“ Arbeitsweise als Rückfalllösung ist weiterhin gegeben. Inhalte Slide Library Report Creation Report Library Archiv Optionale Speicherorte SharePoint Abb. 7: Architektur des RELY-Systems WISSEN 75 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Abb. 1: In Mindmaps - hier in der Zeitleistenansicht - kann MindManager auch Aufgaben verfolgen und mit einfachen Formeln rechnen. PM-Software MindManager 2018 - Projektmapping oder Mindmanagement? Autor: Mey Mark Meyer Mindmaps waren ursprünglich ein Kreativitätswerkzeug. Sie eignen sich, um Gedanken zu sammeln und zu vertiefen, ohne durch die Form der Notizen auf lineares Denken festgelegt zu werden. Längst gibt es für diese Methode etablierte Softwarelösungen. Mind- Manager als eines der ersten Produkte für diesen Zweck geht allerdings weit darüber hinaus und erschließt zunehmend neue Anwendungsbereiche. Viele davon versprechen, den Projektalltag leichter zu machen. Als spezielle Software für Mindmaps hob Mind- Manager die Grenzen eines Blatt Papiers auf: In der Software können Mindmaps jederzeit ergänzt werden, die bereits vorhandenen Zweige werden einfach für neue Zweige verschoben. Auf Papier ist das kaum machbar. Um die Kreativität der Anwender durch eine nah an Stift und Papier liegende Bedienung zu unterstützen, bot MindManager auf Tablet-PCs schon früh eine intuitive Stiftbedienung und Handschrifterkennung an (vgl. PM aktuell 2/ 2009). Auch mit der Tastatur geht die Bedienung nach kurzer Gewöhnung leicht von der Hand. So tritt die Software in den Hintergrund und der Anwender kann sich voll auf die Inhalte konzentrieren. Klare Strukturen für Projektinformationen Ein wesentlicher Vorteil softwaregestützter Mindmaps hat allerdings weniger mit freiem Kreativitätsfluss als vielmehr mit Organisation zu tun: Die Zweige einer Mindmap können am PC beliebig neu sortiert und mit Zusatzinformationen versehen werden. Daher eignen sich Mindmaps hervorragend, um Informationen zu strukturieren und zu visualisieren. Durch Markierungen mit kleinen Symbolen, farbige Kennzeichnungen und ergänzende Kommentare werden Mindmaps übersichtlich gestaltet. Mind- Manager hat sich so zu einer Visualisierungssoftware für Daten aller Art entwickelt. Auch SharePoint und Datenbanken können Anwender in ihre Mindmaps einbinden. Außerdem unterstützt das Programm Berechnungen mit einfachen Formeln und beherrscht ein solides Aufgabenmanagement bis hin zu Terminplänen. Version 2018 bringt in all diesen Funktionsbereichen Neuerungen und unterstreicht so nochmals den Anspruch, ein universelles Visualisierungswerkzeug im Geschäftsalltag zu sein. Selbst Flussdiagramme zeichnet die Software mittlerweile. Das alles sind Funktionen, die auch Projektmanager im Alltag gut gebrauchen können. Aufgaben- und Terminmanagement Für viele Projekte reicht MindManager zum Aufgabenmanagement durchaus aus. Jeder Zweig kann als Aufgabe mit einem entsprechenden Fertigstellungsgrad, Start- und Endtermin definiert werden. Auch eine Ressourcenplanung ist an Bord. Für eine richtige Kapazitätsanalyse reicht sie zwar nicht aus, allerdings hilft sie dabei, Verantwortliche festzulegen und später danach zu filtern. Anhand von Anordnungsbeziehungen kann MindManager auch Termine berechnen. 76 WISSEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Mindmaps eignen sich gut, um Aufgaben in Projektstrukturplänen abzubilden oder sie mit Unterzweigen genauer zu beschreiben. Für Terminpläne ist ein Gantt-Diagramm hilfreicher, das MindManager in zwei Versionen bereitstellt. Gewöhnliche Benutzer müssen mit dem Standard-Gantt vorliebnehmen. Die Enterprise-Version, die ab fünf Lizenzen erhältlich ist, enthält stattdessen Gantt Pro. Diese Gantt-Ansicht öffnet sich in einem unabhängigen Fenster, das neben der Mindmap angezeigt werden kann und ständig mit deren Inhalten abgeglichen wird. Anders als im Standard-Gantt können hier die Eigenschaften von Aufgaben im Gantt Pro direkt bearbeitet werden. Außerdem bietet Gantt Pro etwas mehr Möglichkeiten, das Diagramm zu drucken. Doch auch in der Pro-Variante bleibt das Gantt- Diagramm aus der Sicht von Projektmanagern eher rudimentär, etwa was die Formatierung und Druckoptionen angeht. Auch wenn MindManager keine spezielle Projektmanagement-Software sein soll: Gut druck- und präsentierbare Gantt- Terminübersichten und statusbezogene Aufgabenlisten sind auch in vielen kleineren Projekten nützlich und stünden einer Software, die dafür durchaus als Planungswerkzeug ausreichen kann, gut zu Gesicht. Viel mehr Ansichten als nur Mindmaps Mit Mindmaps können Zweige nach unterschiedlichsten Kriterien gruppiert werden. Für den Zeitbezug bietet MindManager außerdem eine spezielle Formatierung als horizontale oder vertikale Zeitleiste. Die erste Knotenebene der Map wird dann horizontal oder vertikal angeordnet, während die weiteren Ebenen rechts davon oder darunter angezeigt werden (Abb. 1). Darüber hinaus beherrscht MindManager noch zahlreiche andere Formate. Bei der Aufgabenplanung hilft die Zeitplanansicht, die alle Aufgaben nach ihrem Fälligkeitstermin in Spalten einteilt. Zusammen mit der Filterfunktion, die in allen Ansichten zur Verfügung steht, beantwortet diese Ansicht schnell die Frage, was etwa bis Ende kommender Woche zu erledigen ist. Ganz ähnlich funktioniert die Prioritätsansicht, in der die Spalten jeweils einer Prioritätsstufe entsprechen. Mit der Gliederungsansicht erhält der Anwender eine Liste der Zweige - leider geht die übersichtliche Einrückung der Liste verloren, wenn sie gedruckt wird. Die vielfältigen Ansichten helfen dabei, auch eine große Zahl von Aufgaben im Griff zu behalten. Zusätzlich zu den Anpassungsmöglichkeiten für Ansichten und Filter wünscht man sich allenfalls noch, Kombinationen aus Filtern und Ansichtsformaten als Favoriten speichern zu können. So ließe sich zum Beispiel ein Zeitplan für sämtliche Aufgaben und ein weiterer für die Aufgaben der höchsten Priorität vorbereiten. Schade ist, dass sich einzelne Zweige nicht in mehreren Mindmaps gleichzeitig verwenden lassen. Will man etwa eine Aufgabenliste nach Bearbeitungsstatus und nach Verantwortlichkeiten gliedern, bleibt nur, die Aufgaben in beiden Mindmaps parallel zu aktualisieren oder eine zentrale Mindmap stets erneut von Hand zu filtern und zu strukturieren. Für den schnellen Überblick färbt Mindmap die Aufgabenzweige farbig ein - etwa um überfällige Aufgaben rot hervorzuheben. Venn-Diagramme, Zwiebel-Diagramme und die Konzept-Maps für Ursache-Wirkungs-Analysen ergänzen die Darstellungsmöglichkeiten der Software. Mit den Flussdiagrammen können Anwender sogar Prozesse mit Swimlanes modellieren. Die Version 2018 bringt die neue Funktion, mit Freihandzeichnungen Hintergründe zu erstellen. So kann beispielsweise die Matrix für eine Stakeholderanalyse gezeichnet werden, auf der anschließend die Namen der einzelnen Stakeholder positioniert werden. Der Vorteil des Mindmap- Prinzips: Jeder einzelne Name kann zum Ausgangspunkt einer Mindmap für die Stakeholderanalyse werden. Daten, Formeln und Visualisierung Mit zusätzlichen Zweigeigenschaften lässt sich der Informationsgehalt weiter steigern. Möglich sind unter anderem Zahlen, Zusatztexte oder Datumsangaben. Wer beispielsweise mit der Mindmap eine Agenda plant, legt eine neue Eigenschaft „Dauer“ an, weist sie den Zweigen für Tagesordnungspunkte zu und gibt jeweils einen Wert in Minuten ein. Auf den übergeordneten Zweigen, beispielsweise „Vormittags“ und „Nachmittags“, summiert eine Formel den Zeitbedarf der einzelnen Tagesordnungspunkte auf. Wird ein Tagesordnungspunkt von vormittags auf nachmittags verschoben, berechnet die Software automatisch den neuen Zeitbedarf. Bedingte Formatierungen passen die Optik der Zweige automatisch an die Werte der Eigenschaften an. Überschreitet beispielsweise die Gesamtdauer aller Tagesordnungspunkte im Vormittagszweig die verfügbare Zeit, könnte der Zweig mit einem dicken roten Rand hervorgehoben werden. Auch für Projektkosten, Bestellübersichten und sonstige Zahlenspielereien im Projekt sind die Eigenschaften nützlich. MindManager bietet eine rudimentäre Formelunterstützung, die Summen, Mittelwerte und Anzahlen über andere Zweige berechnen kann. Auf Wenn-dann-Unterscheidungen, die Verbindung von Texteigenschaften oder andere typische Excel-Funktionen muss der Anwender noch verzichten. Dafür erhält man ein visuelles Kalkulationswerkzeug, mit dem Kalkulationsstrukturen wesentlich deutlicher werden. Um Mindmaps an Partner weiterzugeben, bietet sich neben dem Export zu Excel, Word und dem Erstellen eines PDF besonders der HTML-Export an. Als HTML-Datei lassen sich Mindmaps in jedem modernen Browser öffnen und lesen. Fazit Über die ursprüngliche Kernaufgabe, Mindmaps zu erstellen, ist der MindManager längst hinausgewachsen. Die Software eignet sich auch hervorragend, um zu strukturieren und Aufgaben zu verfolgen. Dank der Anbindung externer Datenquellen (Datenbanken und Excel) lässt sich das Produkt auch als Alternative zu endlosen Listen nutzen, wie sie im Projektmanagement häufig anfallen. Die SharePoint-Anbindung der Enterprise-Version hilft Anwendern, auch ohne detaillierte SharePoint-Kenntnisse Daten aus dem Web in ihren Mindmaps zu verwalten. Die neuen Funktionen zum Zeichnen sind für einfache Visualisierungen hilfreich, ersetzen in anspruchsvolleren Fällen allerdings nicht Spezialprodukte wie Visio oder SharePoint-Dashboards. Mindjet hat das Produkt in den letzten Jahren beständig um neue Funktionen ergänzt. Mitunter wäre es stattdessen wünschenswert, wenn bestehende Funktionen erst noch abgerundet würden. So lassen wichtige PM-Werkzeuge wie Aufgabenlisten und Terminpläne, aber auch die Zeichenfunktionen noch manche Funktion vermissen, die nicht erst in komplizierter Spezialsoftware zu erwarten ist. Deswegen eignet sich MindManager aber im Projektalltag dennoch als Universalwerkzeug, um Sachverhalte zu verdeutlichen, Klarheit zu schaffen und so manche Diskussion zu beschleunigen. Weitere Infos unter: www.mindjet.com/ de Autor: Mey Mark Meyer E-Mail: Mey.Mark.Meyer@prometicon.de WISSEN 77 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch - Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben. Priesberg trifft Ehrlich in dessen Büro. Behutsam entfernt Ehrlich einen Stapel Schellackplatten vom Plattenwechsler und sortiert sie in den Plattenständer. „Es ist ein faszinierendes Material: Du kannst sie mit Stahlnadeln abspielen, du kannst sie waschen, aber wenn sie hinfallen, dann zerbrechen sie. Dann wird Schuberts ‚Unvollendete‘ 1 ) schnell zu einer Sinfonie aus vier oder mehr Sätzen“, schließt Ehrlich lachend und stößt dabei versehentlich ein volles Glas um, das auf dem Granitboden krachend zersplittert. Priesberg wechselt irritiert zu seinem Anliegen: „Ich habe einen Projektleiter, der sich ständig Sorgen macht, ob seine Vorgehensweise, sein Führungsstil oder was auch immer beim Management gut ankommt. Ich glaube, er tut sich keinen Gefallen und bohrt die Bretter an der dünnsten Stelle. Probleme kommen aber später und meist viel heftiger.“ Ehrlich deutet auf die Scherben: „Er ist in einem fragilen Zustand. Durch jedes Fehlverhalten scheinen sein Ansehen und damit seine Macht zu schwinden. Also kann er sich nur eingeschränkt verhalten. Das Projekt fährt suboptimal. Ich glaube, dein Projektleiter ist ein unglücklicher Mensch.“ „Ja, das ist er. Und ich weiß nicht, wie man selbst in einer solchen Situation reagiert, also bei ständiger Beobachtung durch das Management. Das kann doch kein Dauerzustand sein! “, ruft Priesberg in hörbarer Verzweiflung aus. „Ja und nein. Das Management beobachtet, hier können wir wenig ändern. Schauen wir uns doch die Fragilität an: Wenn etwas fragil ist, dann kann es unter äußeren Einflüssen leicht beschädigt oder zerstört werden. Wie das Glas, das eben zerbrochen ist, und das noch auf meinem Granitboden“, grinst Ehrlich mürrisch. „Also müssen wir resilient werden“, ruft Priesberg schnell. „Resilienz, Resilienz … das ist so ein Schlagwort unserer Zeit“, fällt ihm Ehrlich ins Wort und ereifert sich weiter: „Das bedeutet lediglich den fragilen Zustand durch einen besseren Schutz zu kaschieren, also beispielsweise unser Glas dicker zu machen. Das garantiert Stabilität aber nicht in allen Situationen, kann also nicht die Lösung sein“, schließt Ehrlich. „Tja, du zauberst doch sicher noch etwas anderes aus dem Hut, oder? “, fragt Priesberg ungeduldig. „Ja, der Begriff, den wir uns näher ansehen sollten, heißt ‚Antifragilität‘. Ein antifragiles Glas wird nach jedem Fallen stabiler. Es ist so, als ob das Glas uns zuruft: ‚Bitte wirf mich auf den Boden, damit ich kräftiger und widerstandsfähiger werde. Und am besten wirf mich jedes Mal fester.“ Ehrlich nimmt ein zweites Glas in die Hand und unterdrückt die Versuchung, es auf den Boden zu schmettern, so sehr hat er sich in sein Gedankenexperiment hineingesteigert. „Ist der Ruf erst ruiniert, dann lebt es sich ganz ungeniert …“, sinniert Priesberg. „Ich merke, du bist auf dem richtigen Weg, siehst das Problem aber von der negativen Seite“, holt Ehrlich aus und fährt fort: „Ich würde es so ausdrücken: Einen antifragilen Projektleiter stärkt jede Handlung, jedes Feedback seinen Ruf und er weiß das. Der zweite Halbsatz ist besonders wichtig, denn durch jede Handlung wird der Projektleiter auch tatsächlich stärker, Selbstbild und Fremdbild stimmen schließlich völlig überein.“ Priesberg kratzt sich verlegen am Kinn: „Während bei der Resilienz lediglich die Person im Vordergrund steht, wie sie widerstandsfähig zu machen ist, stehen bei der Herstellung von Antifragilität Person und Umgebung im Vordergrund, in unserem Fall also Projektleiter und Management? “ Projektgeschichten und Fallstudien Antifragilität und Freiheit Autor: Jens Köhler 1) Schuberts „Unvollendete“ ist eine zweisätzige Sinfonie. „Das hast du sehr schön ausgedrückt“, lobt Ehrlich, „ja, das ist tatsächlich so. Die Sichtweise ist entscheidend: Mensch und Umgebung müssen sich als wechselwirkendes System wahrnehmen. Der Mensch, also unser Projektleiter, weiß, wie er auf die Umgebung, also das Management, wirkt, und nimmt dies positiv wahr. Diese nimmt seine Handlungen wertschätzend auf, was der Mensch positiv wahrnimmt und entsprechend handelt … Gegenseitige positive Erlebnisse müssen aber stets am Anfang dieses Zyklus stehen und verstärkend ausgebaut werden.“ „Und wenn der Projektleiter dennoch Fehler macht? “ An Priesberg nagen Restzweifel. Ehrlich winkt ab: „Da er sich jetzt als Person nicht infrage gestellt sieht, haben Fehler überwiegend eine sachliche Dimension, also eine Chance auf gute Projektergebnisse, und stärken wiederum das System.“ „Seine Marke wird verfestigt und Gedanken um den Ruf verschwinden - er ist frei“, schließt Priesberg.  Autor Dr. Jens Köhler, BASF SE, fokussiert sich auf die Digitalisierung in Forschung und Entwicklung. Sein Spezialgebiet ist die Regulation sozialer Komplexität zur Effizienz- und Effektivitätssteigerung von Projektteams. Anschrift: BASF SE, RB/ IC, 67056 Ludwigshafen, E-Mail: Jens.Koehler@basf.com 78 WISSEN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Wolf, M. L. J.: Projektarbeit bei kleinen und mittleren Vorhaben. Strukturiertes Vorgehen und überlegtes Handeln als Schlüssel zum Erfolg. 4. aktualisierte und erweiterte Auflage, expert Verlag Renningen 2017, ISBN 978-3-8169-3415-8, 274 S., EUR 49,80 Der Autor, in der Community wohl bekannt und seit Langem als Berater und Trainer tätig, hat die vierte Auflage seines 2005 erstmals erschienenen Werks vorgelegt. Es widmet sich explizit kleinen und mittleren Projekten, in der Literatur eine eher seltenere Themeneingrenzung. Seine Begründung, warum auch bei diesen, vom Management oft vernachlässigten Projekten, Projektmanagement erforderlich ist, der man noch weitere Gründe hinzufügen könnte, lautet: „Wenn … Störungen zu Verzögerungen führen, lassen sich diese bei kleinen Projekten, zum Beispiel mit einer Durchlaufzeit von vier Monaten, oft nicht mehr einholen.“ Aber was sind kleine Projekte, was mittlere Projekte? Jeder wird zugeben, dass „klein“ zum Beispiel im Anlagenbau etwas ganz anderes bedeutet als in der IT. Der Verfasser versucht die Frage der Klassifizierung durch die Messung der Komplexität eines Projekts zu lösen und durch eine zweite Dimension die Anzahl der beteiligten Leitungspersonen. Das Vorhaben ist löblich, es müsste aber durch ein praktisches Beispiel näher erläutert werden. In der Realität verfahren Firmen allerdings sowieso meist sehr pragmatisch, indem sie einige wenige Kenngrößen (z. B. Dauer, Auftragswert, Zahl der beteiligten Organisationseinheiten) von Projekten zur Klassifizierung benutzen. Irritierend ist ein drittes, von Wolf geschaffenes Attribut von Projekten, nämlich „kompakt“, das mir aus der Literatur nicht bekannt ist. Sind kompakte Projekte das Gleiche wie mittlere Projekte? Wie unterscheiden sie sich von kleinen Projekten? Der Teil, in dem Wolf sehr detaillierte Empfehlungen für das Management von Projekten gibt, beginnt mit einem knappen Problemkatalog und einer daraus abgeleiteten Liste von Therapiemaßnahmen wie zum Beispiel geregeltes Änderungswesen oder detaillierte Kostenschätzungen. Dann wählt er ein grobes Phasenmodell, das aus • Projektstart, • Projektplanung, • Projektumsetzung und • Projektabschluss besteht. Sein sogenannter Projektkompass besteht aus zwölf Elementen, die den einzelnen Phasen zugeordnet werden. So wird zum Beispiel das Element „Ergebnisse, Meilensteine“ der Startphase zugewiesen, das Element „Termine, Kosten, Ressourcen“ der Projektplanungsphase. Ein natürlich nicht ganz unproblematisches Vorgehen, das sich aber aus didaktischen Gründen rechtfertigen lässt. Der Projektkompass dient der sauberen Strukturierung des doch sehr umfangreichen Stoffs. Darauf legt Wolf großen Wert. Er schreibt dazu: „Zum einen geht es um strukturiertes Arbeiten, die Anwendung von Methoden, Vorgehensweisen, Templates und Tools …“ Hier zeigt das Buch auch seine Stärken. Nicht nur der Anfänger in der Disziplin Projektmanagement und der Leiter kleinerer Vorhaben wird dort viele Anregungen bekommen, auch der Projektmanagementprofi kann von der langjährigen Erfahrung des Autors profitieren. So finde ich zum Beispiel die Ausführungen zum Projekttagebuch, kaum einmal in der Literatur behandelt, und die Empfehlungen zum Umgang mit Konflikten sehr wertvoll. Nutzen stiftet meines Erachtens auch ein immer wiederkehrendes Textelement, das der Verfasser „überlegtes Handeln“ nennt und mit dem er Ratschläge und Tipps gibt. Es lohnt sich, diese Abschnitte zu lesen. Man muss ja nicht alle Erfahrungen selbst machen. Man muss auch nicht alles selbst erfinden. Deshalb gilt meine Empfehlung auch für die gesamte Publikation, die sich durch großen Praxisbezug, gründliche Strukturierung und Materialreichtum auszeichnet. Autor: Heinz Schelle Buchbesprechung Projektarbeit bei kleineren und mittleren Vorhaben Beilagen in diesem Heft • Evoloso GmbH • GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. • oose Innovative Informatik eG • PLANTA Projektmanagement-Systeme GmbH • Tiba Business School • TÜV Media GmbH Wir bitten um Beachtung. GPM INTERN 79 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 GPM Mitglieder: 8.000 Davon Firmenmitglieder: 375 Teilnehmer am Lehrgang „Projektmanagement-Fachmann“: 31.500 Durch PM-ZERT vergebene Projektmanagement-Zertifikate insgesamt: 47.423 Stand: 1.1.2018 +++ GPM +++ GPM +++ GPM +++ GPM +++ GPM +++ GPM +++ Nach der Eröffnung der Veranstaltung durch den Veranstaltungsleiter Dr. Klaus Thoms führte Klaus-Hinrich Vater, Präsident der IHK zu Kiel, mit einem Überblick über die Anfänge und die Entwicklung des Kieler Prozessmanagementforums in das Kernthema der Veranstaltung ein. Vater betonte dabei, dass der neue „Megatrend“ Digitalisierung für das Projekt- und Prozessmanagement Herausforderung und Chance zugleich sei. In einem anschließenden Grußwort widmete aus Vorträgen, Diskussionsrunden und erstmals auch eines BarCamps mit offenen Sessions wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf eine informative Zeitreise mitgenommen und konnten darüber hinaus aktiv teilnehmen, reflektieren und diskutieren. Während des gesamten Tages begleitete Roboter „Emma“ Publikum und Referenten unter Leitung des Robotikingenieurs Hannes Eilers von der FH Kiel. Unter dem Motto „Eine Zeitreise im Management von Projekten und Prozessen“ versammelten sich am Freitag, dem 15. Dezember 2017, etwa 220 branchenübergreifende Unternehmensvertreterinnen und -vertreter, Hochschuldozentinnen und -dozenten sowie Studierende in der IHK zu Kiel. Das zehnjährige Jubiläum der Veranstaltung bot Anlass für einen Rückblick des Kieler Prozessmanagementforums im Wandel der Zeit. Durch die Vielfalt des Programms mit einer Kombination Jubiläumsveranstaltung der Kieler GPM Regionalgruppe: Eine Zeitreise im Management von Projekten und Prozessen Prof. Helmut Klausing, Präsident der GPM, erläuterte die Herausforderungen der Zukunft für das Projektmanagement, während „Emma“ aufmerksam zuhörte. Foto: Bihary & Marake GbR 80 GPM INTERN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 zu „Hilfe, wir müssen digitalisieren! “, einer von den ppi-Media-GmbH-Experten Corinna Coverly und Dr. Axel Homann geleiteten Session. Zum Abschluss der Veranstaltung erwartete das Publikum ein Projekt-Highlight aus Schleswig- Holstein: Der CEO des Wacken Open Air Festivals Holger Hübner berichtete über sein „Projekt Wacken: See you in Wacken - rain or shine! “ und gewährte dabei Einblicke in die Entwicklung des Festivals sowie der Marke „Wacken“ selbst - verbunden mit vielen täglichen Projekt- und Prozessanforderungen. Die Jubiläumsveranstaltung des Kieler Prozessmanagementforums machte eines deutlich: Projekt- und Prozessmanagement werden auch zukünftig einen elementaren und notwendigen Bestandteil in den unterschiedlichsten Bereichen abbilden, sofern die Prozesse der heutigen Schnelllebigkeit und der Digitalisierung entsprechend angepasst werden können. IHK-Präsident Klaus-Hinrich Vater fasste passend zusammen: „Der Wandel der Zeit ist unaufhaltsam - wer mit ihm geht und schnell genug ist, überlebt.“ Erfolgsfaktor des Kieler Prozessmanagementforums: Netzwerke mit Kooperationspartnern Das Prozessmanagementforum 2017 war eine Kooperationsveranstaltung des Fachbereichs Wirtschaft der Fachhochschule Kiel, der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement, der IHK zu Kiel, der Digitalen Wirtschaft S-H, der Gesellschaft für Informatik in Schleswig-Holstein, der Deutschen Gesellschaft für Qualität, der Gesellschaft für Organisation, der Gesellschaft für Wissensmanagement, der Vereine VDI und VDE Schleswig-Holstein, der KielRegion, des REFA-Regionalverbands Schleswig-Holstein und des Landesseminars Berufliche Bildung am Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH). sich Prof. Helmut Klausing, Präsident der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., dem Thema des Projekt- und Prozessmanagements im Wandel der Zeit. Ein besonderes Augenmerk lag für Klausing ebenfalls auf der Digitalisierung. Diese werde das Projektmanagement grundlegend verändern: „Wie die Zukunft aussieht, weiß keiner.“ Die Hauptaufgabe der GPM werde dabei zukünftig in der Vermittlung von Sicherheit, Rüstzeug und Stabilität liegen. Klaus Pannenbäcker, das „Urgestein“ der GPM, nahm die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in seinem Vortrag „Projekte zum Erfolg führen“ mit auf eine Zeitreise im Projektmanagement und erläuterte dessen verschiedene Phasen von der Antike bis heute. Abschließend veranschaulichte er das Projektmanagement am Beispiel eines Dirigenten, um die Allgegenwärtigkeit dieses Prinzips zu verdeutlichen. Eine Neuheit im Programm des Prozessmanagementforums war das BarCamp. Dabei reichte das Themenangebot von der Verwendung nautischer Metaphern über gekonnte Visualisierung bis hin Wacken-CEO Holger Hübner erklärte die Herausforderungen bei der Organisation des Festivals - und betonte die Komplexität der verschiedenen Faktoren für das Prozessmanagement. Foto: Bihary & Marake GbR Referenten, Organisatoren und Mitglieder des Programmkomitees (von links nach rechts): Dr. Michael Bousonville, Frank Eints, Fenja Gengelazky, Dr. Klaus Thoms, Sascha Jevremovic, Dr. André Hojka, Klaus Pannenbäcker, Gisela Heumann, Prof. Jan Krueger, Prof. Doris Weßels, Dr. Andreas Rüther, Sabine Kapsammer; Foto: Bihary & Marake GbR GPM INTERN 81 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 GPM Präsident Prof. Helmut Klausing erhält ein Dankeschön für seine Keynote; Foto: The Society of Project Management Rahmenprogramm Gelegenheit für neue Impulse und gewinnbringendes Networking. Gala-Dinner im Münchener Ratskeller begrüßte Klausing die Gäste. Neben insgesamt sechs Keynotes und dem Gala-Dinner boten auch eine Vielzahl an Kurzvorträgen und ein spannendes Was japanische und europäische Projektmanager voneinander lernen und wie sie trotz kultureller Unterschiede gut zusammenarbeiten können - diese Fragestellungen standen im Mittelpunkt der „ProMAC 2017“, die dieses Jahr erstmals in Europa stattfand. GPM Präsident Prof. Klausing war sowohl als Keynote Speaker auf der dreitägigen Tagung als auch als Redner beim Gala-Dinner vertreten. Unter dem Motto „Projects and Management Philosophy - Japan meets Europe“ kamen vom 29. November bis zum 1. Dezember 2017 in München rund 300 Experten aus Japan und Deutschland zusammen, um sich zu einem breiten Spektrum an Themen auszutauschen und zu vernetzen. Die Tagung „ProMAC“ wird von der SPM Society of Project Management in Japan ausgerichtet. Sie fand bereits zum elften Mal statt, dieses Jahr aber zum ersten Mal außerhalb Asiens. Mitorganisatoren sind die IPMA und die GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. GPM Präsident Prof. Helmut Klausing sprach in seinem Vortrag über Industrie 4.0 und die Rolle von Projektmanagement in der Welt von morgen. Auch beim anschließenden stimmungsvollen Am 24. November 2017 kam zum insgesamt fünften Mal die Delegiertenversammlung (DV) der GPM in den Räumen der GPM Hauptgeschäftsstelle in Nürnberg zusammen. Neben weiteren wichtigen Entscheidungen stand auch die Wahl des neuen Präsidialrats an. Als das höchste Organ des Vereins ist die Delegiertenversammlung für die Entlastung der anderen Organe, die Genehmigung des Jahresbudgets, die Wahl der Präsidiumsmitglieder und der Mitglieder anderer Organe sowie für die Beschlussfassung zu zentralen Entscheidungen zuständig. Die zweite Delegiertenversammlung 2017 traf eine Reihe wichtiger Entscheidungen. So genehmigte die DV den gemeinsam von Finanzausschuss und Präsidium erarbeiteten Wirtschaftsplan 2018 und verabschiedete das mit den Kernwerten • ganzheitliches Denken, • fördern und entwickeln, • offene Kommunikation und • Professionalität aktualisierte Leitbild der GPM. Die DV genehmigte zudem eine Satzungsänderung des Ausschusses der Regionen bezüglich der Anzahl der Mitglieder in Regionalleitungen und der Wahl des Ausschusses der Regionen. Des Weiteren standen zwei wichtige Wahlen an: Sowohl der Präsidialrat als auch der Wahlausschuss wurden neu besetzt. In den Wahlausschuss wählte die Delegiertenversammlung Claudia Simon, Guido Bacharach sowie Prof. Dorothee Feldmüller. Für die drei zu wählenden Mitglieder im Präsidialrat standen fünf Kandidaten zur Wahl. Im Amt bestätigt wurde Clemens Drilling, neu in das Gremium gewählt wurden Ulrich Kolzenburg und Prof. Martina Peuser. Künftig setzt sich der Präsidialrat damit aus folgenden Mitgliedern zusammen: • Clemens Drilling, • Ulrich Kolzenburg, • Prof. Martina Peuser, • Peter Richter als Vertreter des Ausschusses der Regionen und • Claudia Simon als Vertreterin des Ausschusses für Facharbeit. GPM begrüßt japanische Projektmanager in München Die Ergebnisse der 2. GPM-Delegiertenversammlung 2017 82 GPM INTERN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Neue Firmenmitglieder stellen sich vor! Firma Hauptgeschäftsgebiet PM-Aufgaben und Bedeutung Erwartungen an die GPM RD.ZDF medienakademie gGmbH www.ard-zdf-medienakademie.de Die ARD.ZDF medienakademie ist die größte Bildungseinrichtung ihrer Art im deutschsprachigen Raum, gemeinnützig und offen für jedermann. Mit Seminaren und Trainings wenden wir uns an alle Berufe im Journalismus und der modernen Medienproduktion, an Management und Verwaltung, an Fach- und Führungskräfte, Einsteiger und erfahrene Anwender. Praxisnahe Weiterbildungen zu aktuellen Themen des Projekt-, Prozess- und Changemanagements sind Teil des umfangreichen Angebots der ARD.ZDF medienakademie, das wir ständig evaluieren, anpassen und gerne auch als maßgeschneiderte Inhouse-Lösung anbieten. Ergänzend zu den Seminaren für Mitarbeitende und Führungskräfte können auch komplexe Changebzw. Weiterbildungsprojekte von den Spezialistinnen und Spezialisten der Medienakademie flexibel geplant und begleitet werden. Dafür setzen wir auf den kontinuierlichen Austausch mit Akteuren und Experten im Bereich Projektmanagement und den Ausbau unserer Netzwerke und Kontakte. Taskworld Deutschland GmbH www.taskworld.de Projektmanagement, Kollaboration, Teammanagement und Kommunikation, SaaS, All-in-one, Suite • VPC (Virtual private Cloud) • On-Premise-Lösung • Deutscher Kundenservice • Compliance mit deutschem Datenschutz Steigerung der Glaubwürdigkeit, Kundengewinnung, Networking, Unterstützung der PM-Community Der Präsidialrat berät das Präsidium bei der (Weiter-)Entwicklung von Strategien und Konzepten für Produkte und Dienstleistungen sowie bei der Entwicklung der strategischen Ausrichtung des Vereins. Darüber hinaus berät er das Präsidium zu allen Projekten des Vereins und koordiniert die Projekte der Regionen und der Fachgruppen, um Doppelarbeit zu vermeiden. Die Delegiertenversammlung bestellte die Mitglieder des Präsidialrats satzungsgemäß für eine Amtszeit von zwei Jahren. Die Delegierten der GPM bei der Abstimmung; Foto: GPM GPM INTERN 83 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Neue korporative Mitglieder adp Gauselmann (Worms) Neue persönliche Mitglieder L. Alam (Hamburg), J. Bliedung (Frankfurt), M. Divjak (Ludwigsburg), C. Falkenreck (Winsen), R. Franzen (Kiel), J. Freisinger (Engelsbrand), P. Gaspar (Bad Bramstedt), K. Harbeck (Hamburg), F. Hartwig (Hamburg), D. Hau (Lübbecke), C. Kager (Hamburg), S. Krause (München), S. Kunkel (Fuhlenhagen), O. Lehmann (München), T. Meland (Oslo), M. Mörtl (Ihringen), J. Moser (Hamburg), K. Motte (Frutigen), Y. Ripke (Berlin), P. Schubert (Hamburg), G. Spölgen (Kaarst), S. Stein (Altenmoor), O. Süzeroglu (Berlin), K. Wiest (Bamberg), M. Winkler (Hamburg), T. Zimmermann (Freiburg) Neue studentische Mitglieder E. Altrock (Magdeburg), J. Arnhold (Hannover), B. Asmussen (Stühlingen), A. Aufschläger (Oberaurach), S. Becker (Hamburg), F. Birkholz (München), J. Blättermann (Hattenhofen), D. Bolev (Leipzig), C. Bömelburg (Magdeburg), T. Bootz (Dresden), M. Bracker (Magdeburg), N. Brändle (Manching), A. Braune (Zwenkau), K. Breul (Weinstadt), M. Cordshagen (Heilbronn), M. Dahmen (München), P. Deller-Wessels (Magdeburg), P. Döllerer (Bernau), T. Dörmann (Leopoldshöhe), C. Dreyer (Stuttgart), A. Engel (Stuttgart), T. Fetzer (Kiel), P. Fischer (Glottertal), M. Flügge (Magdeburg), C. Fotiadis (Münster), S. Friederich (Bühlerzell), K. Gebert (Kiel), S. Grandl (Unterföhring), S. Grohmann (Münster), F. Gross (Aukrug), M. Hansen (Stuttgart), N. Hoffmann (Hamburg), R. Hoffmeister (Chemnitz), M. Hollemann (Magdeburg), L. Hoppe (Stuttgart), B. Hunecke (Schwarzenbek), N. Jansen (Stuttgart), C. John (Ditzingen), L. Kappl (Glashütten), H. Koch (Magdeburg), H. Kolbe (Stuttgart), F. Kölbl (Tacherting), M. Koschany (Speyer), A. Kraft (Kiel), B. Kreiß (Magdeburg), N. Kriebel (Ditzingen), H. Krügel (Stuttgart), J. Laurisch (Rostock), J. Lindmüller (Magdeburg), M. Matheuszik (Magdeburg), F. Meiner (Münsingen), H. Meißner (Neumünster), M. Meyer (Stahnsdorf), D. Mickein (Remseck), D. Moers (München), M. Motz (Vellmar), E. Müller (Stuttgart), P. Mund (Langenhagen), A. Muslic (Fellbach), K. Niklas (Stuttgart), R. Nsingi (Kiel), J. Plank (Stuttgart), T. Polick (Kiel), T. Preiser (Magdeburg), H. Rahebi (Stuttgart), S. Rasser (Mamming), T. Richert (Magdeburg), D. Rick (Münster), B. Rolf (Magdeburg), F. Romeike (Stuttgart), J. Röper (Stuttgart), S. Rudeloff (Ehningen), E. Rudolph (Magdeburg), P. Scharnweber (Bremen), J. Schenk (Stuttgart), M. Schipper (Kiel), K. Schlosser (Stuttgart), T. Schlüter (Kiel) F. Schmidt (Kiel), C. Schmidt (Meisenheim), L. Schmölcke (Dresden), M. Schneller (Wachenroth), S. Schopf (Ettringen), A. Schuster (Löchgau), P. Schwandt (Bonn), B. Seefeldt (Kiel), J. Shen (Trostberg), S. Siemers (Stuttgart), I. Simon (Magdeburg), S. Skarda (Glückstadt), H. Sponholz (Reut), A. Strobel (Stuttgart), K. Thomsen (Stadtbergen), A. Tonner (Kiel), C. Venohr (Magdeburg), H. Walter (Nufringen), P. Welle (Stuttgart), P. Welter (Hamburg), D. Will (Höxter), L. Witzel (München) Veranstaltungen der GPM Regionen GPM Region Veranstaltung/ Referent Ort Termin Düsseldorf Entwicklung der Unternehmenskultur mit FluidBusiness; Bernd Austinat Der Cross Table 13.0: System Thinking - wie man mit System Projekt-Klippen umschifft; Dirk Strubberg IT.NRW, Mauerstraße 51, Düsseldorf Brauhaus Joh. Albrecht, Gründerzimmer, Niederkasseler Straße 104, Düsseldorf 12.3.2018 18.30-20.00 Uhr 15.3.2018 18.00-21.00 Uhr Hannover Bauprojektmanagement - Chancen und Risiken zunehmender Digitalisierung; Dipl.-Ing. (FH) Albrecht Merkle Hochschule Hannover, Fakultät IV - Wirtschaft und Informatik, Raum 1H.0.01 (ehem. Raum 100), Ricklinger Stadtweg 120, Hannover 26.2.2018 18.30-20.00 Uhr München Meet & Talk Meet & Talk Wirtshaus im Braunauer Hof, Frauenstraße 40, München Wirtshaus im Braunauer Hof 1.3.2018 19.00-21.00 Uhr 5.4.2018 19.00-21.00 Uhr 84 SPM INTERN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 „Digitalisierte Projektmanager - Handeln in einer vernetzten, agilen Welt“: Alle sprechen von zunehmender Digitalisierung, von Management 4.0, von Vernetzung und von Agilität. Welche Veränderungen und welche Auswirkungen haben diese Entwicklungen für Projektmanagerinnen und Projektmanager? Wie können wir damit umgehen? Welche Erfahrungen gibt es dazu bereits? Was hilft uns im täglichen Handeln? Diese und weitere Fragen werden uns sieben Referenten und Referentinnen beantworten: • Prof. Julia Bendul von der RWTH Aachen University eröffnet die Veranstaltung mit Erfahrungen zum Management 4.0 für Projektmanager im Bereich Logistik. • Jon Erni, Public Sector Director Microsoft, wird uns aus der Praxis über das Durchführen eines Projektes im digitalen Umfeld erzählen. • Wie Projektmanagement in einer digitalen, agilen Firma tagtäglich gelebt wird, das berichtet uns Simon Raess, CEO der Firma Ginetta, Zürich. • Wer wissen möchte, „Was bedeutet agil und disruptiv sein für Projektmanager? “, wird dies von Alex T. Steffen, Digital Expert, aus Berlin erfahren. • Christina Taylor von Creaholic in Biel spricht über die Bedeutung von Design Thinking für Die D-A-CH-Forschungswerkstatt, die seit vier Jahren von den Schwesternverbänden GPM, pma und spm organisiert wird, fand 2017 zum ersten Mal in der Schweiz mit ca. 60 Teilnehmenden statt. Als Kulisse für die zwei Tage diente das Neubad in Luzern, ein ehemaliges Schwimmbad. Die zwei Tage waren abwechselnd geprägt von Keynotes und Workshops. Den Auftakt machte Prof. Sibylle Peters mit einem Vortrag zu „Arbeitszeitsouveränität“, der auf gleichnamigen von ihr durchgeführten Studien basierte. Anschließend wurde das Thema „Arbeitszeitsouveränität und Projektarbeit - ein Widerspruch“ im Workshop mit Daniela Andratsch und Sibylle Peters vertieft. Parallel dazu befasste sich Timo Braun mit den Auswirkungen von Temporalität auf Organisationen. Im Workshop mit Michael Doerk „Relax. Concentrate. Create“ hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, neben theoretischen Einblicken auch vor Ort zu entspannen. Parallel griff Prof. Yvonne Schoper im World Café das Thema „Umgang mit Zeit in unterschiedlichen Kulturen“ auf. Ivo Muri, Schweizer Unternehmer und Zeitforscher, referierte in seinem Vortrag über „Die drei Elemente der Zeit - Ausstieg aus dem Hamsterrad“ und bot den Teilnehmern sehr kontroverse Thesen. Am zweiten Tag wurde mit einer Podiumsdiskussion zum Thema „Wem gehört die Zeit? “ gestartet. Stefan Baumann von gigmade führte durch die Diskussion mit bekannten Experten: Prof. Timo Braun, Raimo Hübner und Brigitte Schaden. Die anschließende Keynote kam von Dr. Silke Seemann, die in ihrem Vortrag nach den Grundvoraussetzungen für ein gelingendes Leben fragte und das Publikum an ihre Erkenntnis des „Spürdenkens“ heranführte. Weitere Workshops befassten sich mit „Effektive vs. Projektmanager. Weitere Referenten werden das Programm zusätzlich bereichern. Erstmals findet die Frühjahrstagung in Zürich im Kinocenter Sihlcity statt. Dort lassen wir uns von der Kino-Atmosphäre inspirieren. Aktuelle Information zur Frühjahrstagung finden Sie unter: http: / / spm.ch/ veranstaltungen/ fruehjahrstagung - Dort können Sie sich auch für die Tagung anmelden. Autorin: Ingrid Giel, spm Ankündigung Frühjahrstagung 24. Mai 2018 Die verschiedenen Facetten der Zeit im Projektmanagement Kontakt: spm Geschäftsstelle, Flughofstraße 50, 8152 Glattbrugg, Schweiz, Tel.: +41/ 44/ 8 09 11 70, E-Mail: office@spm.ch Projektmanagement im digitalen Kontext; Foto: Nomadsoul1 - www.iStockphoto.com SPM INTERN 85 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 effiziente Zeit“, organisiert von Pao Siermann, Susan Kirch und Erwin Weitlaner, sowie „Umgang mit Speed: Resilienz des Projektteams“, durchgeführt von Daniela Greiner und Prof. Martina Huemann. Christian Bachmann fragte nach dem „Sinn unseres Jobs“ und bot den Teilnehmenden die Möglichkeit zur Selbstreflexion. Zum Abschluss wurden die zwei Tage in Gruppen reflektiert und im Plenum wurde das Mitgenommene spielerisch präsentiert. Insgesamt war die Forschungswerkstatt eine gelungene Veranstaltung, deren Einzigartigkeit als interdisziplinäre, länderübergreifende Veranstaltung nicht nur die Teilnehmer überzeugte, sondern auch die neuen Präsidenten der drei D-A-CH-Verbände, sodass von allen Seiten die Fortsetzung dieser Veranstaltungsreihe für die kommenden Jahre vereinbart wurde. Autorin: Katrin Reschwamm, spm Termine März 2018 Der 5. Projektmanagementkongress „CPOs@BPM&O - Prozessmanagement & Agile Organisation“ der BPM&O GmbH findet am 1. und 2. März 2018 in Köln statt. Weitere Infos: info@bpmo.de oder www.cpobpmo.de Der Kongress „Projektmanagement im Kontext 2018: Transnationale Projekte - Geschäftserfolg, Sicherheiten, Partnerschaften“, durchgeführt in Kooperation mit pma Projekt- Management Austria und anderen, findet am 7. März 2018 in Igls, Tirol/ Österreich, statt. Weitere Infos: Olga Zderea, event@imkontext.eu oder www.imkontext.eu Der Kongress „PM Welt - Die Zukunft im Blick“ wird von Projekt- Magazin.de am 13. März 2018 in München veranstaltet. Weitere Infos: info@pmwelt.com oder www.pmwelt. com Der Kongress „Qualität 2018 - Qualitätsmanagement der Zukunft“, eine Veranstaltung der Management Circle AG, findet am 13. und 14. März 2018 in Düsseldorf statt. Weitere Infos: Stephan Wolf, kundenservice@managementcircle.de oder www.managementcircle.de/ konferen zen_kongresse.html Die „PM-Tage 2018: Sustainability - Verantwortung und Können im Projektmanagement für eine erfolgreiche Zukunft“ werden von der Tiba Managementberatung GmbH am 14. März und 15. März 2018 in München durchgeführt. Weitere Infos: pmtage@tiba.de oder www.pmtage.de April 2018 Die „DVP-Frühjahrstagung 2018 zum Thema „Methodenkompetenz und professionelle Umsetzung“ des DVP Deutschen Verbands für Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft findet am 20. April 2018 in Frankfurt am Main statt. Weitere Infos: info@dvpev.de oder http: / / dvp-tagungen.de Mai 2018 The “PMI EMEA Congress 2018”, organized by PMI Project Management Institute, will take place from 7 th to 9 th of May 2018 in Berlin. Further information: customercare.emea@pmi.org or www.pmi.org/ emea-congress (english) Die spm Frühjahrstagung „Digitalisierte Projektmanager - Handeln in einer vernetzten, agilen Welt“, organisiert von der spm, dem schweizerischen Fachverband im Projektmanagement, findet am 24. Mai 2018 in Zürich/ Schweiz statt Weitere Infos: office@spm.ch oder www.spm.ch Juni 2018 Das „pma Sommerfest“ anlässlich des 45-jährigen Jubiläums von Projekt Management Austria findet am 21. Juni 2018 am Ufer der Neuen Donau im Vienna City Beach Club in Wien/ Österreich statt. Weitere Infos: office@p-m-a.at oder www.p-m-a.at/ pma-events/ event/ 182-sonstige-pmaveranstaltungen/ 560-pma-sommer fest/ 0.html Oktober 2018 Der „pma focus 2018“ zum Thema „SPEED: Über Zeit und Geschwindigkeit im Projektmanagement“ findet am 10. Oktober 2018 zum 15. Mal statt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwarten spannende Vorträge und Workshops. Weitere Infos: office@ p-m-a.at oder www.p-m-a.at/ focus Der „PMO Tag 2018“ der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. findet am 22. Oktober 2018 statt. Der Veranstaltungsort wird noch bekannt gegeben. Weitere Infos: pm-forum@gpm-ipma.de oder www.pm-forum.de Das „PM Forum 2018“ wird von der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. am 23. und 24. Oktober 2018 durchgeführt. Der Veranstaltungsort wird noch bekannt gegeben. Weitere Infos: pm-forum@gpmipma.de oder www.pm-forum.de projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 D-A-CH-Forschungswerkstatt 2017, Neubad, Luzern; Foto: spm 86 PMA INTERN projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Was tut sich? pma Aktivitäten. • pma quarterly: 16. April 2018. Ort: Schwarzberg, Schwarzenbergplatz 10, 1040 Wien • Sommerfest: 21. Juni 2018. Und es gibt neben dem Sommer noch viel mehr zu feiern, nämlich: 45 Jahre pma, 10 Jahre pma young crew und 15 Jahre pma focus! Ort: Vienna City Beach Club, Am Kaisermühlendamm, 1220 Wien • pma focus: 10. Oktober 2018. Ort: Austria Center Vienna, Bruno-Kreisky-Platz 1, 1220 Wien Details und Anmeldungen unter www.p-m-a.at Kontakt: Projekt Management Austria Türkenstraße 25/ 2/ 21, 1090 Wien, Österreich Tel.: +43/ 1/ 31 9 29 21-0 E-Mail: office@p-m-a.at, www.p-m-a.at Gewinner des pma project excellence award 2017 ist das Projektteam der Beachvolleyball-WM 2017. Anlässlich der 20. Beachvolleyball-Weltmeisterschaften wurde im Sommer 2017 in Wien das größte Beachvolleyballturnier aller Zeiten veranstaltet. Auf über 65.000 m² wurden neben einem temporären Stadion für über 10.000 Zuseher*innen auch ein „Beach Village“ mit Fanzone, diversen Attraktionen (z. B. Ziplining, Kletterwand), Gastro- und Sanitärbereichen aus dem Boden gestampft. 192 Athlet*innen aus über 40 Ländern traten in 216 Spielen gegeneinander an. Neben mehreren hunderttausenden Zuseher*innen vor Ort (bis zu 25.000/ Tag) wurde das Turnier auch in über 100 Länder übertragen. 80 Personen arbeiteten in 14 Teams zwei Jahre an dem Projekt, die Event-Crew während der Veranstaltung war über 500 Personen stark. Projektleiter Reinhard Lischka, COO/ ACTS Sportveranstaltungen GmbH, war bereits in den Vorjahren für die Organisation der Beachvolleyballturniere in Kärnten zuständig. Die Durchführung der WM 2017 war aber auch für ihn etwas Besonderes. Nicht zuletzt, weil sich der Umfang des Projekts mehr als verdoppelt hat. Lischka: „Ein explizites Projektziel war, dass Beachvolleyball in der Mitte der Bevölkerung ankommt. Das ist uns mit der WM 2017 nachweislich gelungen.“ Unter den ersten Gratulanten: Beachvolleyball-Vizeweltmeister Clemens Doppler. Mehr unter www.p-m-a.at/ award Große Freude bei den Gewinner*innen des pma project excellence award 2017: dem Projektteam der Beachvolleyball-WM 2017; Foto: pma/ Mayr Vor den Vorhang ! pma Mitglieder. Mit über 1.150 Mitgliedern ist pma die größte PM-Vereinigung Österreichs. Unter anderem mit dabei: Firma Hauptgeschäftsgebiet PM-Aufgaben und Bedeutung Roland Gareis Consulting GmbH Roland und Lorenz Gareis, Geschäftsführer Reisnerstraße 40/ 1, 1030 Wien Tel.: +43/ 1/ 3 67 70 22 office@rolandgareis.com www.rolandgareis.com Die Roland Gareis Consulting (RGC) ist ein international tätiges Consulting- Unternehmen, spezialisiert auf Projekt-, Programm-, Prozess- und Changemanagement. Wir verstehen uns als Innovatoren im Management: „We are changing the game since 1983“ Projektmanagement darf kein Bürokratismus sein! Es geht um die Gestaltung von Beziehungen. Wir sehen Projektmanager*innen als Intrapreneure. Sie tragen zur Sicherung eines nachhaltigen Business Value von Unternehmen bei. Zusätzlich zur Projektmanagementkompetenz benötigen sie daher Sozial- und Changemanagement-Kompetenz. Flash! pma award 2017 - Sportliche Gewinner Standpunkt. Mag. Brigitte Schaden, Präsidentin Projekt Management Austria (pma): Improvisation ist Können Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (VUKA) kennzeichnen unsere Gegenwart und unsere Zukunft. Das verlangt nach hoher Flexibilität und Improvisationskompetenz. Generell, aber speziell im Projektmanagement. Das Geheimnis des Erfolgs liegt immer häufiger darin, im Handeln zu denken und nicht zuerst „alles“ fertigzudenken und erst dann zu handeln. Praktisches Können setzt jedoch sehr wohl theoretisches Wissen und viel Übung voraus. Erst dann kann man professionell improvisieren. Improvisation ist nicht nur im Jazz und im Theater eine hohe Kunst, sondern auch im (Projekt-) Managementkontext. Dort wird dieser Kompetenz allerdings leider noch zu oft die Anerkennung, die ihr gebührt, verweigert. Vielmehr wird sie allzu oft als Kompensation schleißiger Planung gesehen. Das muss und wird sich aber ändern. Denn die VUCA-Welt verlangt nach Improvisation. Foto: pma/ Dockal GPM KONTAKTE 87 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 GPM KONTAKTE 87 GPM Fachgruppen Agile Management Dr. Alfred Oswald Tel.: 0 24 02/ 3 70-11 Wolfram Müller agile-management@gpm-ipma.de Automotive PM Thomas Klug Tel.: 01 60/ 97 98 81 14 automotive-pm@gpm-ipma.de Bau und Infrastruktur Detlef Obieray bau-infra@gpm-ipma.de Beratung im Projektmanagement Rüdiger Marquordt Tel.: 06 81/ 9 69 72 66 beratung-im-pm@gpm-ipma.de Critical Chain Projektmanagement Ansgar Knipschild Tel.: 02 21/ 35 53 73-10 Guido Bacharach Tel.: 01 75/ 8 47 21 91 Claudia Simon critical-chain@gpm-ipma.de Fashion.Lifestyle.Creative Dominik Kögel fashion-lifestyle-creative@gpm-ipma.de Führen im Projekt Roswitha Müller-Ettrich Tel.: 0 89/ 21 02 58 64 fuehren-im-projekt@gpm-ipma.de IT Projektmanagement Prof. Dr. Oliver Linssen it-projektmanagement@gpm-ipma.de Medien Irene Kayser Tel.: 0 69/ 1 55-28 21 Sabine Schnarrenberger Frank Fell-Bosenbeck medien@gpm-ipma.de Methoden im Projektmanagement Dipl.-Ing. Norbert Hillebrand Tel.: 07 21/ 18 38 93 00 methoden-im-pm@gpm-ipma.de Multiprojektmanagement Dr. Jörg Seidl Tel.: 0 21 73/ 2 69 63 07 Prof. Claus Hüsselmann multiprojektmanagement@ gpm-ipma.de Neue Perspektiven in der Projektarbeit Stephen Rietiker Tel.: +41/ 44/ 5 86 96 86 neue-perspektiven-in-der-projektarbeit@ gpm-ipma.de Normen im PM Dipl.-Ing. Gernot Waschek Tel.: 0 61 59/ 7 17 91 17 normen-im-pm@gpm-ipma.de PM goes Boardroom Prof. Dr. Dorothee Feldmüller Tel.: 0 20 56/ 5 84 81 67 21 pm-goes-boardroom@gpm-ipma.de PM-Healthcare Dr. Matthias Schwabe Tel.: 0 61 31/ 17 97 04 pm-healthcare@gpm-ipma.de Project Management Offices Astrid Beger Andreas Splett pmoffices@gpm-ipma.de Projektcontrolling Dipl.-Betriebsw. (FH) Christian Bramkamp Tel.: 01 75/ 2 46 36 75 Dipl.-Ing. Engelbert Scharnagl Tel.: 0 89/ 23 61-22 15 projektcontrolling@gpm-ipma.de Projekt- und Prozessmanagement Prof. Dr.-Ing. Steffen Rietz Tel.: 0 78 03/ 96 98 44 50 projekt-prozessmanagement@ gpm-ipma.de Projektmanagement an Hochschulen Prof. Dr. Harald Wehnes Tel.: 01 52/ 01 56 85 00 Prof. Dr. Doris Weßels Dipl. Ing. Dipl. Wirtschafts-Ing. Claudia Stöhler pm-an-hochschulen@gpm-ipma.de Projektmanagement im Mittelstand Dipl.-Ing. Guido Hänßgen pm-im-mittelstand@gpm-ipma.de Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung (PM-ÖV) Michael Münzberg Tel.: 02 28/ 9 96 80-91 41 Prof. Dr. Silke Schönert Dieter Staudt pm-oev@gpm-ipma.de Projektmanagement in Kommunen Tjark Bartels Tel.: 0 51 30/ 5 81-2 18 pm-in-kommunen@gpm-ipma.de Projektmanagement in Luft- und Raumfahrt Dr. Michael Sölter Tel.: 01 71/ 5 50 53 06 Dr. Martina Albrecht Tel.: 0 30/ 57 79 54 78 Dr. Manfred Nolle Tel.: 01 72/ 7 65 84 53 pm-in-luft-und-raumfahrt@ gpm-ipma.de Projektmanagement macht Schule (GPM) Jürgen Uhlig-Schoenian Tel.: 0 47 03/ 92 00 94 Ida Kristina Kühn Peter Pürckhauer pm-schulen@gpm-ipma.de Projektmanagement Windenergie Daniel Meier Tel.: 0 48 41/ 89 44-2 62 Prof. Dr.-Ing. Steffen Rietz Tel.: 0 78 03/ 96 98 44 50 Jan Koschinski pm-windenergie@gpm-ipma.de ProjektPersonal Dipl.-Ing. (FH) Johannes Voss Tel.: 09 31/ 99 17 51-0 Claudia Bretzke Tel.: 0 61 51/ 2 24 02 projektpersonal@gpm-ipma.de Projektwissensmanagement Stefan Landwehr Tel.: 0 62 33/ 32 60 45 projektwissensmanagement@ gpm-ipma.de Qualität und Projekte Udo Schmidt Thomas Dörr Karl-Wilhelm Freiherr von Rotenhan Cathleen Mittelstädt qualitaet-und-projekte@gpm-ipma.de Requirementsmanagement Anne Hoffmann requirementsmanagement@gpm-ipma. de Software für PM-Aufgaben Martin Bialas Tel.: 01 79/ 2 47 65 84 pm-software@gpm-ipma.de Stakeholdermanagement Katja Mayer Tel.: 0 61 92/ 96 13 95 stakeholdermanagement@ gpm-ipma.de Systemisches Projektmanagement und Changemanagement Dipl. Betrw. (FH) Simone Gehr Sonja Rechthaler systpm@gpm-ipma.de Transportation PM Christian Hilse Tel.: 0 89/ 35 47-18 01 97 transportation-pm@gpm-ipma.de TurnAround PM Jörg Süggel Tel.: 01 77/ 6 46 34 17 Torsten Koerting Tel.: 01 72/ 3 72 37 59 turnaround-pm@gpm-ipma.de GPM Special Interest Groups Go International Dr. Lorenz Schneider go-international@gpm-ipma.de PM-Expertinnen Sabine Hinners pmexpertinnen@gpm-ipma.de Projektmanagement im Not for Profit-Sektor Rolf Kaestner und Dr. Thor Möller pm-not-for-profit@gpm-ipma.de Young Crew Jochen Wildenhues Chiara Hänel Ake Strop young-crew@gpm-ipma.de GPM und PM-ZERT GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Prof. Dr.-Ing. Helmut Klausing GPM Präsident Am Tullnaupark 15 90402 Nürnberg Tel.: 09 11/ 43 33 69-0 Fax: 09 11/ 43 33 69-99 info@gpm-ipma.de Internet: www.gpm-ipma.de GPM Geschäftsstelle in Nürnberg Tel.: 09 11/ 43 33 69-0 Fax: 09 11/ 43 33 69-99 info@gpm-ipma.de PM-ZERT Dipl.-Betriebsw. (FH) Werner Schmehr Geschäftsführer Tel.: 09 11/ 43 33 69-33 Fax: 09 11/ 43 33 69-39 W.Schmehr@gpm-ipma.de GPM Hauptstadtrepräsentanz Tel.: 0 30/ 36 40 33 99-0 Fax: 0 30/ 36 40 33 99-5 projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 88 GPM KONTAKTE projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 Aachen Waltraud Völlmicke Aachen@gpm-ipma.de Augsburg Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Michael Trommer Augsburg@gpm-ipma.de Tel.: 01 72/ 8 21 17 01 Dipl.-Inf. (FH) Thomas Makkos Bamberg/ Oberfranken Dr. Sandra Bartsch-Beuerlein Bamberg@gpm-ipma.de Guido Reuter Marc Wild Berlin Dipl.-Kfm. Norman Frischmuth Berlin@gpm-ipma.de Dipl.-Ing. Eiko Feuerhak Bielefeld Markus Bode Bielefeld@gpm-ipma.de Tel.: 0 52 41/ 80 77 20 Uwe Kopp Bettina Langer Braunschweig/ Wolfsburg Dipl.-Ök. Jacek M. Piechucki Braunschweig@gpm-ipma.de Tel.: 01 52/ 22 99 24 56 Dr.-Ing. Dieter Geckler Dr. Thomas Wolenski Bremen Dr. Thor Möller Bremen@gpm-ipma.de Tel.: 0 42 22/ 9 46 46 77 Jan-Henning Blanke Rüdiger Hünken Chemnitz Ulrich Meier Chemnitz@gpm-ipma.de Tel.: 0 37 22/ 60 82-172 Robby Bergk Lutz Voigtmann Dortmund/ Ruhrgebiet Jörg Süggel Dortmund@gpm-ipma.de Tel.: 01 77/ 6 46 34 71 Markus Bauer Uta-Maria Hangebrauck Dresden Frank Bösenberg Dresden@gpm-ipma.de Tel.: 03 51/ 2 74 98 26 Silke Härta Torsten Sommer Düsseldorf/ Rhein-Ruhr Alexander Miskiw Duesseldorf@gpm-ipma.de Guido Bacharach Claudia Hans Frankfurt/ Rhein-Main Martina Herrmann Frankfurt@gpm-ipma.de Gernot Schultz-Berndt Freiburg Dipl.-Volksw. Stefan Derwort Freiburg@gpm-ipma.de Tel.: 0 76 64/ 5 97 34 Jörg Rietsch Friedrichshafen Dipl.-Math. Sabine Rossbach Friedrichshafen@gpm-ipma.de Tel.: 0 75 41/ 70 07 81 91 Thomas Schäfer M. A. Gießen Regionalleitung gesucht! Bei Interesse informiert der Ausschuss der Regionen gerne über die Möglichkeiten: adr@gpm-ipma.de Die Region wird kommissarisch von der GPM Region Frankfurt/ Rhein-Main betreut. Hamburg Dipl.-Ing. (FH) Andreas Stein Hamburg@gpm-ipma.de Tel.: 0 40/ 27 88 20 29-10 Christian Klie Conny Lindner Hannover Prof. Dr. rer. pol. Andreas Daum Hannover@gpm-ipma.de Tel.: 05 11/ 92 96-15 53 Dipl.-Kfm. (FH) Berekat Karavul Dipl.-Ing. Michael Mente Heilbronn Dr. Ulrich Meyer Heilbronn@gpm-ipma.de Tel.: 0 71 36/ 9 61 05 30 Hugo Schnaberich Kaiserslautern Regionalleitung gesucht! Bei Interesse informiert der Ausschuss der Regionen gerne über Möglichkeiten: adr@gpm-ipma.de Die Region wird kommissarisch von der GPM Region Saarbrücken/ Trier betreut. Karlsruhe Dipl.-Ing. Norbert Hillebrand Karlsruhe@gpm-ipma.de Tel.: 07 21/ 18 38 93 00 Dr. Klaus Wagenhals Mehrschad Zaeri Esfahani Kassel Dr. Andrea Follert Kassel@gpm-ipma.de Kiel Prof. Dr. Doris Weßels Kiel@gpm-ipma.de Tel.: 04 31/ 2 10-35 19 Dipl.-Volksw. Gisela Heumann Köln Andreas Schröder-Schlüter Koeln@gpm-ipma.de Tel.: 02 28/ 4 33 04 94 Dr. Martin Goerner Christina Hermanns Leipzig/ Halle Peter Richter Leipzig@gpm-ipma.de Tel.: 01 77/ 2 40 02 18 Janko Thoß Magdeburg Diplom-Wirtschaftsinformatiker Martin Steffen Magdeburg@gpm-ipma.de Mannheim/ Ludwigshafen Dr. Dagmar Börsch Mannheim@gpm-ipma.de Tel.: 06 21/ 5 70 58-28 Michael Boxheimer Claudia Simon München Matthias Konetzny Muenchen@gpm-ipma.de Claus Lorbach Max Wolf Münster Tom Horr Muenster@gpm-ipma.de Andreas Heuer Nürnberg Dipl.-Ing. Knut Kaiser Nuernberg@gpm-ipma.de Osnabrück/ Emsland Dipl.-Ing. Uwe Horstmann Osnabrueck@gpm-ipma.de Birte Borgmeyer Stephan Labrenz Regensburg Dr. rer. pol. Christian Eisenschink Regensburg@gpm-ipma.de Tel.: 0 94 05/ 49 89 Saarbrücken/ Trier Michael Royar Saarbruecken@gpm-ipma.de Tel.: 06 81/ 76 15 70 Rüdiger Marquordt Siegen/ Lippstadt Richard Maier Siegen@gpm-ipma.de Stuttgart Prof. Steffen Scheurer Stuttgart@gpm-ipma.de Sara Ameri Turani Tübingen/ Neckar-Alb Joshua Dudenhöfer Neckar-Alb@gpm-ipma.de Tel.: 0 70 71/ 4 07 10-18 Markus Brügner Ulm Dipl.-Betriebsw. (FH) Christian Bramkamp Ulm@gpm-ipma.de Tel.: 01 75/ 2 46 36 75 Frank Kochems Susan Lehmann Villingen-Schwenningen Heiko Dehning Villingen-Schwenningen@gpm-ipma.de Tel.: 07 11/ 7 97 33 26-0 Ulrich Kolzenburg Johannes Rehberg Weimar Dipl.-Pol. Siegfried Haarbeck Weimar@gpm-ipma.de Tel.: 0 36 43/ 51 84 24 Dr. Frieder G. Knebel Dipl.-Ök. Karin Rabe Würzburg/ Schweinfurt Dipl.-Ing. (FH) Johannes Voss Wuerzburg@gpm-ipma.de Tel.: 09 31/ 99 17 51-0 Theo Schuck Siegen Bamberg * ** * Hauptstadtrepräsentanz Berlin ** Hauptgeschäftsstelle Nürnberg projektManagementaktuell | AUSGABE 1.2018 88 GPM KONTAKTE www.rolandgareis.com NEUERSCHEINUNG Das aktuelle Programm finden Sie unter www.HAPPYPROJECTS.at TERMIN Mittwoch, 16.05.2018 ORT Tech Gate Vienna, Donau-City-Straße 1, 1220 Wien > Digitalisierung als Changeprozess > Digitalisierung durch Projekte & Programme > Projektmanagement, Projektportfoliomanagement - digital > Einsatz der Business Analyse im Projektportfoliomanagement > Geschäftsmodelle und Geschäftserfolg durch Digitalisierung > Analoge Kommunikation in Projekten & Changes THEMEN HAPPYPROJECTS 18 Digital & Analog „Im Grunde hätte jedes einzelne Kapitel eine gesonderte Besprechung verdient. Wer einen umfassenden Überblick über neuere Entwicklungen im Projektmanagement gewinnen und wissen will, wohin in den nächsten Jahren die Reise voraussichtlich gehen wird, kommt um die Lektüre des Werks nicht herum. Die Publikation […] ist ein Glücksfall für unsere Disziplin.“ Prof. Heinz Schelle Chefredakteur projektManagementaktuell Wir haben Ihr Interesse geweckt? Weitere Informationen finden Sie unter www.gpm-ipma.de/ kompetenzmodell GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Das GPM Kompetenzmodell Der Mensch steht im Mittelpunkt. Das ist das Credo des GPM Kompetenzmodells. Es ist der Mensch, der den Projekterfolg bestimmt, mit seiner Kompetenz entscheidet er über die richtigen Methoden, zur richtigen Zeit. Ganz gleich, ob klassisches, agiles oder hybrides Projektmanagement gefragt ist. Die Stärken im Überblick: - Der Mensch im Fokus - Hybrider Ansatz - Lebenslange Kompetenzentwicklung im Projektmanagement - Durchlässige Entwicklungspfade - Internationale Anerkennung Basis Level D LevelC Level B Lev elA ® GPM_18_001_AZ_PM_aktuell_Januar_innen_106x297_V2.indd 1 25.01.18 11: 58 Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria 1.2018 | 29. Jahrgang | www.gpm-ipma.de projektManagement Projektmanagement-Software Projektmanagement-Software Projektron BCS Vom Kleinunternehmer über den Mittelstand bis hin zu weltweit agierenden Konzernen: Mit Projektron BCS und Projektron BCS.start bieten wir Ihnen die passende Lösung. Projektron GmbH • Charlottenstraße 68 • 10117 Berlin • Deutschland • Telefon: +49 30 3 47 47 64-0 • www.projektron.de • info@projektron.de auswerten koordinieren planen Projekte projektron.de Neues Versionsschema Ab Jan 2018 www.gpm-ipma.de/ kompetenzmodell Das GPM Kompetenzmodell stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Denn je professioneller alle am Projekt Beteiligten handeln, desto eher sagen sie: GPM KOMPETENZMODELL GPM_18_001_AZ_PM_aktuell_Januar_aussen_106x200_V2.indd 1 25.01.18 09: 53