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UVK Verlag Tübingen
121
2019
305 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.
5.2019 | 30. Jahrgang | www.gpm-ipma.de projektManagement aktuell Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria 40 Jahre GPM Die GPM feiert Jubiläum Neue Herausforderungen Managementstruktur im Hamburger Hafen Business Intelligence Führen mit Werten bei Otto Agiles Arbeiten Die Werte der Ottopreneure Geheimnis von Top-Leistung Die letzten drei Prozent Reserve wecken Die kaufmännische Seite Commercial Project Management Neue Herausforderungen im Hamburger Hafen Projekte im Norden Mehr Projektmanagement-Wissen für Sie und Ihren Unternehmenserfolg! Aus dem profunden und vielfältigen Know-how des Vereins entstehen die Ideen für das Seminarangebot der GPM. Dank des gemeinnützigen Charakters der GPM können Sie sich dabei auf faire Preise verlassen. Änderungen vorbehalten, aktuelle Termine unter: www.gpm-ipma.de Jetzt informieren und anmelden unter: www.gpm-ipma.de/ weiterbildung WEITERBILDUNG Das GPM Weiterbildungsprogramm - Übersicht der Seminare 2020 Hauptgeschäftsstelle Nürnberg Hauptstadtrepräsentanz Berlin Am Tullnaupark 15 I 90402 Nürnberg Hausvogteiplatz 12 I 10117 Berlin Tel.: +49 911 433369-54 I Fax: +49 911 433369-99 Tel.: +49 30 36403399-0 I Fax: +49 30 36403399-5 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. I seminar@gpm-ipma.de I www.gpm-ipma.de Know-how für Ihren Projekterfolg Profitieren Sie vom Expertenwissen der GPM - dem führenden deutschen Fachverband für Projektmanagement. * Intensivworkshop / ** Intensivkurs Das GPM Weiterbildungsprogramm - Übersicht der Seminare 2020 Agile Führung 4.0 Dr. Alfred Oswald Köln, 23.-24.04.2020 Agiles Projekt Management 4.0 Dr. Alfred Oswald Köln, 26.-27.03.2020 Köln, 18.-19.06.2020 Agile Transformation 4.0 Dr. Alfred Oswald Köln, 12.-13.05.2020 Disruptive Innovation und Design Thinking Thor Möller Würzburg, 02.-03.04.2020 Erfolgreiches Managen internationaler Projekte Dr. Lorenz Schneider / Steffen Rietz Hamburg, 12.-13.05.2020 Mehr Projekte in kürzerer Zeit Uwe Techt / Guido Bacharach Heppenheim, 28.-29.04.2020 Projekterfolge sichern, Konflikte lösen Sabine Schnarrenberger Frankfurt, 04.-05.05.2020 Projekterfolge sichern, Risiken beherrschen Uwe Rohrschneider Berlin, 13.-14.01.2020 Projektleitertraining - Kommunikation und Kooperation im Projekt Johanna Boos-Lomnitz Köln, 26.06.-01.07.2020 PM advanced: Führen von Projekten* Dr. Klaus Wagenhals Dortmund, 11.-12.05.2020 Professionelles Projektportfolio- Management Prof. Dr. Claus Hüsselmann Frankfurt, 23.-24.03.2020 Sicheres und überzeugendes Auftreten für Projektleiter** Irene Kayser / Manfred Baumann Frankfurt, 11.-12.05.2020 Strategisches Projektmarketing kompakt Alexander Mereien Berlin, 27.03.2020 Projektmanagement - Das Grundlagenseminar Berlin, 15.-17.06.2020 Hamburg, 25.-27.05.2020 Hannover, 23.-25.03.2020 Köln, 22.-24.01.2020 München, 19.-21.02.2020 06 Editorial 02 Projektmanagement im Norden In eigener Sache 03 Danke für die Zusammenarbeit! S. Scheurer 40 Jahre GPM 04 Die GPM feiert Jubiläum Reportage 06 Vom einfachen Reiseagenten zum Erfinder der Kreuzfahrt O. Steeger 09 Neue Managementstruktur im Hamburger Hafen B. Däweritz, T. Pachnio 16 Die Traumschiff-Planerin O. Steeger 20 Fragen an Iris Scheel 21 „Die Passagiere wollen das Schiff sehen“ S. Scheurer, O. Steeger 26 Führen mit Werten bei Otto A. Ritscher 32 Die Werte der „Ottopreneure“ O. Steeger 36 „Ich möchte, dass das Ganze zum Erfolg kommt“ O. Steeger Wissen 38 Die letzten drei Prozent Reserve wecken O. Steeger 44 Shopfloormanagement in der Bauausführung B. Schaab, K. Lennartz, M. Lanzerath, R. Osebold 51 Commercial Project Management: Die kaufmännische Seite im Projekt O. Steeger 56 Management von Großprojekten mit Scrum D. Jovanovic 60 Versteckte Führung J. Köhler 61 Nachrichten - Daniel Stumpf ist neuer Vize-Präsident der GPM - Das „PM Forum“ setzte gesellschaftliche Akzente - „Deutscher Studienpreis Projektmanagement“ der GPM verliehen - 400 Teilnehmer auf dem PMO Tag der GPM - Die Regionalgruppe Hannover feiert 40 Jahre GPM - Arbeits- und Organisationsformen der Zukunft - Die GPM als Programmpartner beim 2. Creative Bureaucracy Festival Berlin 73 GPM Intern - Young Crew Projekt Management Summit 2019 76 SPM Intern 78 PMA Intern 79 GPM Kontakte Vom einfachen Reiseagenten zum Erfinder der Kreuzfahrt Portrait des Erfinders der Kreuzfahrt Foto: Hapag-Lloyd AG, Hamburg Impressum Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V. Am Tullnaupark 15, 90402 Nürnberg, unter Mitwirkung von spm - Swiss Project Management Association Flughofstraße 50, 8152 Glattbrugg, Schweiz und Projekt Management Austria Palais Schlick, Türkenstraße 25/ 2/ 21, 1090 Wien, Österreich Prof. Dr. Helmut Klausing (Geschäftsführender Herausgeber) Redaktion: Prof. Dr. Steffen Scheurer, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (Chefredakteur) Oliver Steeger, Alfter (Ressort Report) Myriam Conrad, GPM, Nürnberg Christopher Klausnitzer, GPM, Nürnberg (Ressort GPM intern) Dr. Thor Möller, con-thor, Ganderkesee Anke Piwetzki-Wenicker, TÜV Media GmbH, Köln Redaktionsbeirat: Prof. Dr. Hans Georg Gemünden, BI Norwegian Business School, Oslo Prof. Dr. Nino Grau, THM Technische Hochschule Mittelhessen, Campus Friedberg Benedict Gross, München Prof. Dr. Claus Hüsselmann, THM Technische Hochschule Mittelhessen, Gießen Dr. Hans Knöpfel, Rosenthaler + Partner AG, Zürich Dr. Mey Mark Meyer, prometicon solutions GmbH, Bremen Mag. Brigitte Schaden, BSConsulting, Wien Prof. Dr. Heinz Schelle, Oberau Prof. Dr.-Ing. Konrad Spang, Universität Kassel Dipl.-Ing. Dipl.-Kfm. Reinhard Wagner, Projektivisten GmbH, Friedberg Verlag: TÜV Media GmbH, TÜV Rheinland Group Am Grauen Stein 1, 51105 Köln Postfach 90 30 60, 51123 Köln Telefon: 02 21/ 8 06-35 11 Telefax: 02 21/ 8 06-35 10 www.tuev-media.de Geschäftsführerin: Gabriele Landes Koordination: Anke Piwetzki-Wenicker Telefon: 02 21/ 8 06-35 14 E-Mail: Anke.Piwetzki@de.tuv.com Anzeigenverwaltung: Gudrun Karafiol-Schober Telefon: 02 21/ 8 06-35 36 E-Mail: Gudrun.Karafiol@de.tuv.com © 2019 TÜV Media GmbH, Köln Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlages. Namentlich gekennzeichnete Beiträge sowie die Inhalte von Interviews geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder. Erscheinungsweise: 5 Hefte pro Jahr Bezugspreise: Preis des Einzelheftes: EUR 20,-. Jahresbezugspreis: EUR 67,-. Studentenjahresbezugspreis: EUR 47,-. Preisänderungen vorbehalten. Der Bezugspreis für Mitglieder der GPM ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Kündigung: sechs Wochen vor Ende eines Kalenderjahres schriftlich an den Verlag. Preise zuzüglich Versandkosten, Inlandspreise inkl. 7% Mehrwertsteuer. Sonderausgaben werden zusätzlich berechnet. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift ohne Verschulden des Verlages oder infolge höherer Gewalt entfällt für den Verlag jegliche Lieferpflicht. Druckvorstufe und Druck: Meinders & Elstermann GmbH & Co. KG, Belm Titelfoto: © lassedesignen - stock.adobe.com G 6010 30. Jahrgang 2019, 5/ 2019 ISSN 0942-1017 Zwischen den Seiten 16 und 17 finden Sie die Checklisten „Fragenkatalog für eine PM-Untersuchung - Teil 7 und 8“. INHALT 01 Wer in China unterwegs ist, wird immer wieder gefragt: Woher kommen Sie? Aus Deutschland? Woher genau? Aus Süddeutschland - dort, wo Maschinenbau, Luft- und Raumfahrt, Robotik, überhaupt die Hochtechnologie zu Hause sind? Damit scheint also schon alles geklärt: In Süddeutschland gibt es die interessante Technologie und damit natürlich auch die interessanten Projekte! Ganz falsch ist diese Betrachtungsweise sicher nicht, wie eine aktuelle Studie der IHKs im Süden der Republik in Verbindung mit Prognos mit dem Titel „Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Technologieachse Süd“ zeigt [1]. Doch weit gefehlt, wer glaubt, im Norden wären keine interessanten Projekte zu finden! Das Gegenteil ist der Fall! Wir haben uns in den Norden Deutschlands aufgemacht. Wir sind auf die Suche nach interessanten Projekten und interessanten Persönlichkeiten im Projektmanagement gegangen. Und wie nicht anders zu erwarten, sind wir bereits auf unserer ersten Station in Hamburg fündig geworden. Das Kreuzfahrtterminal „Steinwerder“ ist eines von drei Kreuzfahrtterminals in Hamburg, mit dessen Hilfe sich die Passagiere die Welt erschließen können. Was steckt hinter einem solchen Projekt? Wie schafft man es, ein solches Projekt in der vereinbarten Zeit zu realisieren - und obendrein mit Einsparungen gegenüber dem ursprünglich geplanten Budget? Lesen Sie dazu den Beitrag von Birgit Däweritz und Thomas Pachnio. Hinter solchen Projekten stehen Projektleiterinnen und Projektleiter [2], die meistens nur dann in Erscheinung treten, wenn es im Projekt nicht so gut läuft. Dies wollen wir ändern. Lesen Sie unser Porträt über die erfolgreiche (Projekt-) Managerin Iris Scheel von der Hamburg Port Authority (HPA), die das Projekt Kreuzfahrtterminal „Steinwerder“ verantwortet hat. In unserem Beitrag erfahren Sie von ihr, was aus ihrer Sicht erfolgreiches Projektmanagement ausmacht. Und: Wollen Sie wissen, wer überhaupt die Kreuzfahrt erfunden hat - dann lesen Sie unseren Beitrag über Albert Ballin. Im Norden finden sich jedoch nicht nur interessante Infrastrukturprojekte, sondern auch innovative Unternehmen, die den gestiegenen Anforderungen ihrer Kunden und den Herausforderungen des Wettbewerbs mit neuen Organisationskonzepten begegnen. Wir haben OTTO besucht. Astrid Ritscher zeigte uns, wie der Weg zu einer agilen Organisation aussehen kann und welche wichtige Rolle dabei die Werte eines Unternehmens spielen. Astrid Ritscher begleitet diesen Weg als agiler Coach. Welche Herausforderungen ein solches Transitionsprojekt für das Management eines Unternehmens mit sich bringt, lesen Sie in dem Beitrag über ihren Kollegen Till Sabel. Das ist natürlich nicht alles, was der Norden Deutschlands an spannenden Erkenntnissen zum Projektmanagement zu bieten hat: Was ist eigentlich notwendig, damit Projektleiterinnen und Projektleiter Spitzenleistungen in Projekten abrufen können? Wenn Sie die Antwort auf diese Frage interessiert und Sie hierzu eigene Erfahrungen mit Mirko Sellner machen wollen, begleiten Sie uns doch im März 2020 zu einem Tag in die Nähe von Hannover. Wir verlosen für fünf Leserinnen und Leser einen Tag unter dem Motto: „Open Day für Projektmanager“. Sie finden in diesem Heft noch eine Vielzahl von interessanten Themen, von denen ich hier nur eines herausgreife: Commercial Project Management. Die kaufmännische Seite im Projekt wird immer wichtiger. Immer größere Umsatzteile der Unternehmen werden über Projekte abgewickelt: Projekterfolge tragen maßgeblich zum Unternehmenserfolg bei - oder auch zum unternehmerischen Misserfolg. Lesen Sie zu diesem Thema das Interview mit Prof. Reschke, der zum Commercial Project Management zusammen mit weiteren Mitgliedern der GPM 2018 eine neue Fachgruppe ins Leben gerufen hat. Diesem spannenden Thema werden wir in 2020 noch mehr Platz einräumen. Trotz all dieser spannenden Ausblicke auf 2020 will ich Ihren Blick noch auf den PMO-Tag und auf das PM-Forum lenken. Beide Veranstaltungen waren auch in diesem Oktober wieder ein großer Erfolg. Lesen Sie zu den Highlights dieser Tage unsere Berichte. Im Oktober hat auch der neue Vizepräsident der GPM, Daniel Stumpf, seine Stelle angetreten. Wir haben uns mit Daniel Stumpf auf dem PM-Forum zusammengesetzt und mit ihm über sein neues Amt gesprochen. Lesen Sie seine Gedanken zur Zukunft der GPM unter der Überschrift „Gemeinsamkeiten finden, Transparenz schaffen, Experimente wagen“. Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit dem Dezemberheft und eine besinnliche und frohe Weihnachtszeit. Bleiben Sie uns auch mit Ihren Ideen und Anregungen in 2020 treu. Ihr Steffen Scheurer Literatur [1] https: / / www.reutlingen.ihk.de/ fileadmin/ user_upload/ www.reutlingen. ihk.de / Standortpolitik/ Allgemein/ PDF-Dateien/ 20181213_Technologieachse_Sued_Prognos.pdf [2] Aus Gründen der Lesbarkeit wird in der Zeitschrift darauf verzichtet, geschlechtsspezifische Formulierungen zu verwenden. Soweit personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Männer und Frauen in gleicher Weise. Projektmanagement im Norden projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 02 EDITORIAL Danke für die Zusammenarbeit! Liebe Leserinnen, liebe Leser, im letzten Heft hatte ich Sie über den Wechsel in der Chefredaktion informiert. Nun steht ein weiterer Wechsel bevor: Die PM aktuell zieht zu einem neuen Verlag um. Diesem Entschluss ging ein Ausschreibungsprozess vonseiten der GPM voraus. Aus dieser Ausschreibung ging der UVK Verlag, ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG, als zukünftiger Verlagspartner der GPM hervor. Damit endet mit dieser Ausgabe der PM aktuell die langjährige Zusammenarbeit mit der TÜV Media GmbH. Aus diesem Grunde wollen wir uns an dieser Stelle nochmals für die gute Zusammenarbeit mit der TÜV Media GmbH bedanken. Dieser Dank gilt vor allem Anke Piwetzki, die stets professionell und mit hohem persönlichem Einsatz dafür gesorgt hat, dass Sie die PM aktuell in der gewohnten Qualität in Ihrer Post vorgefunden haben. Ab dem Jahr 2020 wird die PM aktuell beim UVK Verlag erscheinen. Mit der ersten Ausgabe 2020 werden sich die Erscheinungsdaten leicht ändern. In Zukunft wird die PM aktuell in folgenden Monaten erscheinen:  März  Mai  Juli  September  Dezember In diesem Zusammenhang wird sich auch das Erscheinungsbild der PM aktuell weiterentwickeln. Sie dürfen gespannt sein! Folgende Kommunikationskanäle sind in Zukunft im UVK Verlag für Sie da: Verlag: UVK Verlag Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5, 72070 Tübingen Telefon: 07071 / 9797-0 Telefax: 07071 / 9797-11 www.projektmanagement.digital Geschäftsführer: Sonja Narr, Robert Narr Zeitschriftenkoordination: Elena Gastring Telefon: 07071 / 9797-14 E-Mail: gastring@narr.de Wenn Sie Ideen für Themenschwerpunkte oder für einen Beitrag in der PM aktuell haben, lassen Sie uns diese gerne zukommen. Bitte beschreiben Sie Ihre Ideen in zwei/ drei Sätzen. Wir freuen uns auf Ihre Mail unter: artikel@pmaktuell.de Was uns immer interessiert: Wie sehen Sie die Zukunft des Projektmanagements? Gerne nehmen wir auch hierzu Ihre Anregungen und Beiträge auf. Wenn Sie Ideen zur Weiterentwicklung der PM aktuell haben, bitten wir Sie um Ihre Gedanken unter: weiterentwicklung@pmktuell.de Vielen Dank für Ihre Beiträge und Anregungen. Ihr Steffen Scheurer Autor: Steffen Scheurer projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 IN EIGENER SACHE 03 das in diesem einmaligen Netzwerk mit starken Bündnissen und wertvollen Solidaritäten generiert wird, stellt die GPM der Gesellschaft zur Verfügung. Ihr Jubiläumsjahr feiert die GPM mit mehreren Aktionen, darunter die Online-Kampagne #40JahreGPM. In drei Kategorien „Meilensteine“, „Zukunft gestalten“ und „Gesicht zeigen“ bietet die Kampagne spannende Einblicke in vereinsprägende Ereignisse, in die Vielfalt des Vereins und seiner Mitglieder und skizziert Zukunftsvisionen für die kommenden Jahre. Lernen Sie die GPM, ihre Geschichte, ihre Mitglieder und Partner besser kennen und besuchen Sie die Kampagne unter www. gpm-ipma.de/ jubilaeum.html. 40 Jahre GPM Die GPM feiert Jubiläum Projektmanagement ist heute eine ganzheitliche moderne Führungsmethode, die aus Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch immer mehr aus der Wissenschaft nicht mehr fortzudenken ist. Dazu hat die GPM in den vergangenen 40 Jahren einen maßgebenden Beitrag geleistet. In den letzten Jahrzehnten hat die GPM 70.000 Menschen nach ihrem Projektmanagementstandard zertifiziert. Das sind 70.000 Menschen, die in Deutschland und weltweit die Werte und die ethischen Richtlinien, wie Verantwortung, Kompetenz und Integrität, die die GPM an Projektmanager stellt, in ihre Projekte hinaustragen. Darüber hinaus tragen über 8.000 Mitglieder aus allen Bereichen der Wirtschaft, der Hochschulen und der öffentlichen Institutionen in ihrer täglichen Arbeit dazu bei, das Projektmanagement weiter zu professionalisieren und weiterzuentwickeln. Das Wissen, Was wünschen Sie der GPM zum 40-jährigen Vereinsbestehen? Ich wünsche der GPM, dass sie auch in der Zukunft die Weiterentwicklung des Projektmanagements maßgeblich mitbestimmt. Das gelingt am wirksamsten, wenn sie selbst eine agile und werteorientierte Organisation ist. Dann ist sie ein Vorbild für andere Organisationen und kann sich mit diesem Zukunftsthema auch überzeugend auf dem Markt positionieren. Wir sind in der GPM auf dem Weg dorthin, haben schon einige Erfolge erzielt und haben noch ein Stück des Weges vor uns. Dafür wünsche ich viel Energie.- Welche Themen werden bei der Zukunftsgestaltung des Projektmanagements und der GPM Ihrer Meinung nach eine wichtige Rolle spielen? - - Projekte haben schon immer Zukunft gestaltet. In Deutschland tragen sie mit mehr als einer Billion Euro zu unserem gemeinsamen Wohl- 04 40 JAHRE GPM projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 stand bei, Tendenz steigend. Sie unterstützen auch den Weg unserer Gesellschaft vom Industriezeitalter hin zur globalen und meist digitalen Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft. Digitalisierung, Neue Arbeit und Industrie 4.0 sind nur einige der aktuellen Schlagworte dafür. Auf diesem Weg ändern sich die Rahmenbedingungen unseres (wirtschaftlichen) Handelns grundlegend. Starre Strukturen weichen zunehmend flexiblen und temporären Organisationsformen der Zusammenarbeit, langfristiges Planen wird abgelöst durch das bewusste „Steuern auf Sicht“, und dies alles mit einer Geschwindigkeit von sich ändernden Marktanforderungen, die uns manchmal erschaudern lässt.- Deswegen ändert sich aktuell auch das Projektmanagement wesentlich. Wir brauchen Konzepte für schnelleres Handeln in großer Unsicherheit, hoher Komplexität und ohne eindeutige Entscheidungsgrundlagen. Dazu ist eine weitergehende Humanisierung im Projektmanagement notwendig. Der ganze Mensch mit seinen Fähigkeiten, Bedürfnissen und seiner Geisteshaltung rückt (wieder) in den Fokus des aktiven Umgangs mit allen Beteiligten. Die Konzentration auf die Qualität der Zusammenarbeit, auf die Kultur im Projekt, verstärkt sich und verlangt nach mehr sozialen Fähigkeiten der wichtigen Akteure, als das in früheren Zeiten notwendig war. Kultur und Werte werden die Topthemen für #40JahreGPM Hier könnte auch Ihr Beitrag stehen. Gestalten Sie Zukunft! Was wünschen Sie der GPM zum Jubiläumsjahr? Welche Themen spielen Ihrer Meinung nach für die Zukunft des Projektmanagements und auch für die der GPM eine wichtige Rolle? Zeigen Sie Gesicht! Das Angebot der GPM ist vielseitig - das spiegelt sich auch in der Vielfalt ihrer über 8.000 Mitglieder wider. Zum Jubiläumsjahr sind alle Mitglieder eingeladen, „Gesicht zu zeigen“, um die zahlreichen Facetten des Vereins, aber auch die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb des Netzwerks aufzuzeigen. Werden Sie Teil der Online-Kampagne unter 40Jahre@gpm-ipma.de. Agilität und Transformation sein und das Projektmanagement wird den Menschen noch stärker in den Mittelpunkt stellen. Die ICB 4 berücksichtigt das bereits mit ihren insgesamt zehn notwendigen Verhaltenskompetenzen für erfolgreiches Projektmanagement und den neu hinzugekommenen Themen „Kultur und Werte“ und „Macht und Interesse“. Zukünftiger Projekterfolg wird sich durch die Qualität menschlicher Zusammenarbeit entscheiden, das Beherrschen der technisch-fachlichen Kompetenzen immer vorausgesetzt. Den vollständigen Beitrag von Dr. Antonio Piscopo und viele weitere finden Sie auf den Social-Media-Kanälen der GPM sowie unter www.gpm-ipma.de/ jubilaeum. Den vollständigen Beitrag von Berhard Gerl und viele weitere finden Sie auf den Social-Media-Kanälen der GPM sowie unter www.gpm-ipma.de/ jubilaeum.  40 JAHRE GPM 05 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 die Tausende Menschen, die aus ganz Europa in die Stadt kamen und weiterstrebten in die „Neue Welt“. Bei allen Verdiensten, viele große Hamburger Traditionsfamilien blieben ihm gegenüber reserviert. Sie hatten Umgang mit ihm, vielleicht respektierten sie ihn. Doch nur die wenigsten achteten Ballin. Für einige blieb er zeitlebens der „Hafenjunge“. „Eine leise Missachtung hat Ballin zeit seines Lebens gespürt“, sagt Daniel Jahn. Ballins Vater war das, was man in Hamburg Auswandereragenten oder Passageagenten nannte. Diese freien, höchst umtriebigen Agenten verkauften je nach Marktlage Passagiertickets an Auswanderer. Der Beruf galt als unfein, die Agenten als ruchlos, was häufig auch zutraf. Die Hamburger Reeder wollten nicht mit ihnen zusammenarbeiten, allen voran die hoch angesehene Hapag. Also schafften die Agenten Auswanderer nach England und vermittelten ihnen dort - unter Umgehung Hamburger Reedereien - günstige Passagen Richtung Amerika. Man glaubte die Auswanderer nie wiederzusehen; so wurden die zumeist armen Teufel in den Hafenstädten nach Strich und Faden ausgenommen: Passageagenten, Besitzer von Absteigen, Bordelle und Hafenkneipen beteiligten sich an dem üblen Geschäft. Als „Abschaum“ bezeichnete ein Reeder diese Agenten. Er sprach aus, was viele dachten. Die Passage-Agentur seines Vaters musste der junge Albert Ballin zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt weiterführen. Eine Wirtschaftsdepression ließ den Auswandererstrom zu einem Rinnsal verkümmern. Schlimmer noch: In England fiel der Passagepreis. Immer mehr und immer größere Schiffe ruinierten die Konditionen. Hinzu kam die Weigerung der Hamburger Schiffseigner zur Kooperation. Als junger Mann hatte Ballin wiederholt Auswanderer, denen er die Passage verkaufte, Er sei nie richtig jung gewesen, bekannte Albert Ballin 1910 gegenüber einem Freund. Die Sorglosigkeit der Jugend habe er nie erlebt. Im wilhelminischen Hamburg bewunderte und beneidete man den umstrittenen Generaldirektor der Reederei Hapag, der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft. Er galt als freundlich und gewinnend, aber auch schwierig. Einigen blieb seine angenehme Stimme in Erinnerung. Anderen prägte sich ein, wie der mittelgroße Mann häufig seinen Kopf nach vorne neigte und etwas schräg hielt. Albert Ballin kam aus kleinen Verhältnissen, er hatte nie eine richtige Ausbildung erhalten. Als 17-Jähriger wurde er ins kalte Wasser geworfen: Er musste 1874 nach dem Tod des Vaters dessen Reiseagentur weiterführen, ein Geschäft ohne rechte Zukunft. „Sink or swim“, wie man in England sagt. Ballin hielt den Kopf über Wasser. Wenige hätten dem „Hafenjungen“ zugetraut, später zu den ersten Kreisen Hamburgs zu gehören. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts baute er die Hapag zur weltgrößten Reederei aus mit 200 Seeschiffen, die auf 70 Routen rund um den Globus über 400 Häfen anliefen. 1947 benannte Hamburg eine seiner prächtigsten Straßen nach ihm, den Ballindamm an der Binnenalster. „Albert Ballin hat vieles revolutioniert, nicht nur im Hafen“, erklärt Daniel Jahn, Referent bei der Hamburg Port Authority (HPA). Ballin erfand die Kreuzfahrt und war einer der Ersten, die sich moderner Mittel bedienten, etwa Public Relations oder die ganz unhanseatische Kooperation mit der Presse. Er dachte Märkte strategisch neu und setzte kühne Projekte auf: etwa die Errichtung der „BallinStadt“, eines Zentrums für Auswanderer am Hafen mit Massenunterkünften für Albert Ballin Vom einfachen Reiseagenten zum Erfinder der Kreuzfahrt Autor: Oliver Steeger nach England begleitet. Dort eignete er sich nicht nur perfektes Englisch an, sondern lernte auch viel über Schifffahrt und Passagiergeschäft. 1881 legte er sich mit den Hamburger Reedern an. Er tat sich mit dem Reeder Carr zusammen, der zwei Frachtschiffe zu Auswandererschiffen umbaute. Ballin sagte zu, ausreichend Passagiere für die Schiffe zu werben. Da ihm die Laderäume der Frachter für eine Passage unter Deck unzumutbar erschienen, entschied er sich zu einem aufsehenerregenden Schritt: Während der Überfahrt durften die Passagiere die Räume unter Deck verlassen und sich ohne Beschränkung auf dem Schiff bewegen. Dieses Recht galt traditionell nur für die teurere Kajütenklasse. Ballin ging noch weiter: Er verzichtete auf die Albert Ballin, der Erfinder der Kreuzfahrt, Foto: Hapag-Lloyd AG, Hamburg projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 06 REPORT Die historische Hauptverwaltung der HAPAG an der Binnenalster, Foto: Hapag-Lloyd AG, Hamburg Kajüten und fokussierte das Geschäft ganz auf Auswanderer. Ballins Projekt wurde zum Erfolg. Bereits im zweiten Jahr meldete Ballin an Carr, dass er auf rund 11.000 Passagiere komme. Carr kaufte vier neue Schiffe. Dies war eine Kampfansage an die Hapag, die ohnehin wegen mangelnder Führung und schwerfälliger hanseatischer Gepflogenheiten in schlechtem Fahrwasser lief. Die Hapag ließ sich auf einen Preiskampf mit Ballin und Carr ein. Gespräche zwischen den Kontrahenten stockten; die Hapag blieb stur. Da setzte Ballin auf ein damals innovatives Instrument: Er setzte die Reeder mit Öffentlichkeitsarbeit unter Druck. Als Carr 1886 mit einem scharfen Rivalen der Hapag fusionierte und zum Entsetzen des Hapag-Direktoriums eine wöchentliche Dampfer-Verbindung nach New York ankündigte, brachte dies das Fass zum Überlaufen. Die Hapag-Aktionäre verlangten Abhilfe. Also Gespräche mit Ballin, schlimmstenfalls eine Fusion des Geschäfts. Aus dem Hafenjungen war ein bedrohlicher Konkurrent geworden. Die neue Gesellschaft seines Geschäftspartners verschmolz mit der Hapag, und Albert Ballin trat in die Hapag ein. Einunddreißigjährig wurde er einer ihrer jüngsten und vielleicht energischsten Direktoren. Mit geschickten Manövern hielt er die britische Konkurrenz in Schach. Vor allem gelang es ihm, den Auswanderern, den „Zwischendeckpassagieren“, mehr Komfort zuzubilligen. Neben den Massenquartieren gab es erste Kabinen im Zwischendeck, später stand sogar jedem Passagier ein eigenes Bett zu. Elektrisches Licht wurde installiert, und die Schiffskost übertraf manchmal das, was die Auswanderer von daheim kannten. Albert Ballin dachte strategisch über die reine Schiffspassage hinaus und entdeckte neue Märkte. Aus ganz Europa ergoss sich der Auswandererstrom nach Hamburg. Ballin begann, die Reise als Ganzes zu organisieren - vom lokalen Bahnhof der Auswanderer bis in die neue Welt zu „Ellis Island“. In über ganz Europa verteilten Hapag-Agenturen buchten Auswanderer das Komplettpaket. „Die Gesellschaft sorgte nicht nur mit Sonderzügen für die Anreise der Auswanderer, sondern übernahm auch Formalitäten und die medizinisch erforderliche Untersuchung“, erklärt Daniel Jahn. 1892 eröffnete die HAPAG erste Unterkünfte für die eintreffenden Auswanderer. 1901 folgten die berühmten Auswandererhallen, spezielle Bauten mit eigenem Gleisanschluss, mit Schlafsälen, Speisehalle, Wascheinrichtungen, Sanitäranlagen und sogar Musikpavillons. „Albert Ballin setzte Maßstäbe in puncto Sicherheit, Sauberkeit und Hygiene“, sagt Daniel Jahn, „und das tat er nicht nur aus Philanthropie, sondern auch aus Geschäftssinn.“ Komfort zog Passagiere an, dies hatte er als Passageagent erfahren. Zwar querten die meisten Auswanderer nur einmal den Ozean, doch sie waren wichtige Multiplikatoren. Ihre Erfahrungen gaben sie an die Daheimgebliebenen weiter, die sich ebenfalls mit dem Gedanken der Auswanderung befassten. Die Mund-zu-Mund- Propaganda zeigte Wirkung. Zwischen 1891 und 1914 brachen fast 1,9- Millionen Menschen vom Hamburger Hafen auf in eine neue Zukunft. Das war das Massengeschäft. Einen weiteren, weitaus exklusiveren Markt eroberte Albert Ballin eher durch Verlegenheit. 1888 lief ein neuer Hapag-Schnelldampfer vom Stapel, ein innovatives Doppelschrauben-Schiff, schnell, komfortabel wie ein schwimmendes Hotel - und vor allem flexibel. Der neue Dampfertyp Damals „Vergnügungsreise“ genannt: Werbung für luxuriöse Kreuzfahrten rund um die Welt. Foto: Hapag-Lloyd AG, Hamburg projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 REPORT 07 Die Augusta Victoria, das erste Kreuzfahrtschiff, liegt vor New York, Foto: Hapag-Lloyd AG, Hamburg war so konstruiert, dass er nicht nur Menschen, sondern auch Fracht befördern konnte. Ballin ließ den neuen Doppelschrauben-Dampfer publikums- und pressewirksam auf den Namen der deutschen Kaiserin taufen: Augusta Viktoria. Damit verfolgte er ein Kalkül: Eine Verbindung zur Berliner Monarchie würde, wie er wusste, das Image der Hamburger enorm aufpolieren. Solche taktischen Marketing-Schachzüge wurden häufiger; wer Märkte erobert, muss seine Dienstleistungen vermarkten. Um 1890 etablierte er in seinem Unternehmen Abteilungen, die heute Public Relations oder Marketing heißen würden. Doch außerhalb der Saison, in den unwirtlichen Wintermonaten, blieb der neue Doppelschraubendampfer ungenutzt. Dies störte den Unternehmer Ballin. Er nahm sich vor, die Schiffe außerhalb der Saison mit betuchten Passagieren auf Vergnügungsfahrt zu entsenden. Das war ein revolutionäres Projekt: eine Reise nur zum Vergnügen - und um auf Landgängen ferne Länder zu erkunden. Das sahen auch einige seiner Vertrauten kritisch. Doch Ballin setzte sich durch: 1891 legte die Augusta Viktoria an einem kalten Wintertag ab, fuhr die vereiste Elbe hinauf und steuerte dem warmen Mittelmeer entgegen. Das Schiff war geräumig genug, um den Passagieren die Reise zum Genuss werden zu lassen. Dies machte die Hapag zur führenden Kreuzfahrt-Reederei - und zur Begründerin einer Tradition, die bis heute hält. 1892 und 1893 führten weitere Kreuzfahrten ins Mittelmeer, 1894 folgte die legendäre Nordlandreise. Albert Ballin kooperierte eng mit Reiseveranstaltern vor Ort, die Ausflüge organisierten und Rahmenprogramme auf die Beine stellten. Doch der Erfolg der Kreuzfahrten hatte eine Schattenseite: Mit wachsendem Erfolg waren die luxuriösen Schnelldampfer nun auch außerhalb der Wintersaison unterwegs. Die Schiffe fehlten im Liniendienst. Ballin gab den neuen Markt aber nicht auf. Er schob ein neues Projekt an - und ließ Kreuzfahrtschiffe bauen, die nur für die neuartigen Vergnügungsreisen eingesetzt wurden. Zehn Jahre nach der ersten Kreuzfahrt dampfte die „Prinzessin Viktoria Luise“ ab - mit 180 zahlungskräftigen Passagieren an Bord, die von über 160 Besatzungsmitgliedern umsorgt wurden. Albert Ballin überließ nichts dem Zufall. Er war als Perfektionist gefürchtet. Sein Notizbuch, in dem er bei der Reise auf seinen eigenen Schiffen Kritik und Verbesserungen festhielt, galt als furchteinflößend. Er hatte ein Auge fürs Detail, sogar die Größe der Butterdose war ihm eine Bemerkung wert. Für seine unnachsichtige Genauigkeit war er bekannt - und auch für seine Arbeitswut. Seine Gesundheit litt unter dem Druck, dem er ausgesetzt war und den er sich selbst machte. Es wird erzählt, dass seine Frau ihn abends in den Schlaf lesen musste. Eine rührende Fürsorglichkeit. Während sie las, hielt sie seine Hand. Entglitt ihr die Hand, so war er eingeschlafen. 1912 erreichte Ballin die Nachricht vom Untergang der Titanic. Die Hapag stand vor dem Stapellauf eines noch größeren Schiffs, der „Imperator“, 277 Meter lang, fast 1200 Besatzungsmitglieder und 4.500 Passagiere, jeder der drei Schornsteine ein Koloss, unter Deck vier Dampfturbinen, die 74.000 PS erzeugen. Nach der Tragödie der Titanic ordnete Ballin an, die Sicherheit des Schiffs zu verbessern. Vor allem ließ er Rettungsboote für wirklich alle Passagiere an Bord bringen. 1913 galt die Imperator als weltgrößtes Passagierschiff - und zeugte von der Kraft der deutschen Passagierschiffahrt. Doch Ballin sah, wie andere Zeitgenossen auch, dunkle Wolken aufziehen, die vom Ersten Weltkrieg kündeten. „Ein Verbrechen“, sagte er bei Kriegsausbruch, „der dümmste und blutigste Krieg, den die Weltgeschichte gesehen hat.“ Der Krieg zerstörte nicht nur Europa. Er vernichtete auch Ballins Lebenswerk. 1917, beim Kriegseintritt der USA, ahnte er, dass von der Hapag nicht viel bleiben würde. Die wilhelminische Welt ging unter. Mit ihr verlor die weltberühmte Hapag ihre Schiffe, ihr Geschäft - aber nicht ihren Ruf. Im November 1918, just in der Stunde, als in Berlin die Republik ausgerufen wurde, starb Albert Ballin in einem Hamburger Krankenhaus. Ob es Selbstmord war oder nicht, wurde nie zweifellos geklärt. Tipp: Das Auswanderermuseum BallinStadt Hamburg illustriert die Ein- und Auswanderungsgeschichte über vier Epochen hinweg. In insgesamt drei Häusern auf 2.500 qm zeigt es das Leben der Menschen mit all ihren Wünschen und Träumen, die sie auf ihren Weg in eine neue Heimat mitnahmen. Besucher begegnen dort auch dem Wirken von Albert Ballin, dem Gründer der damaligen Auswandererhallen in Hamburg. Weitere Informationen: www.ballinstadt.de Verlag und Herausgeber haben sich bemüht, alle Rechteinhaber der verwendeten Abbildung zu ermitteln. Berechtigte Hinweise auf übersehene Rechtsansprüche erbitten wir an die GPM e.V.  projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 08 REPORT Hamburger Hafen vor neuen Herausforderungen Autoren: Birgit Däweritz und Thomas Pachnio Neue Managementstruktur im Hamburger Hafen Der Hamburger Hafen ist als Universalhafen der größte deutsche und drittgrößte europäische Hafen. Er ist sowohl für den Transit nach Nord- und Osteuropa von Bedeutung als auch als Gatewayhafen, der einen eigenen Wirtschaftsraum erschließt. Diese Position verdankt er seiner verkehrsgeografisch attraktiven Lage weit im Binnenland, die über den kostengünstigen Wasserweg erreichbar ist. Diese Lage ist auch für die Anbieter von Kreuzfahrten interessant. Hamburg bietet sich wegen seiner Verkehrsverbindungen nicht nur als Stop-over-Hafen an, von dem Tagesausflüge sowohl in Hamburg selbst als auch beispielsweise nach Berlin und Lübeck arrangiert werden. Hamburg eignet sich insbesondere als Turnaround-Hafen und hat gerade in dieser Funktion in den letzten Jahren ein starkes Wachstum zu verzeichnen gehabt. Inzwischen gehört die Stadt zu den beliebtesten Kreuzfahrtdestinationen Europas. In diesem Jahr erwartet Hamburg den Anlauf von 220 Kreuzfahrtschiffen verschiedener Größe mit rund 900.000 Fahrgästen. Davon beginnen und beenden rund 80 % ihre Kreuzfahrt in Hamburg, viele dieser Passagiere verbringen vorher oder nachher noch einige Tage in der Stadt. Die Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) schätzt den daraus resultierenden Mehrwert für Tourismus und Gastronomie auf 230 Millionen Euro pro Jahr. Für die auf den Güterumschlag fokussierte Hafenwirtschaft hingegen sind Kreuzfahrtschiffe immer noch ein Nischenprodukt. Die Organisationsstruktur des Hamburger Hafens folgt dem sogenannten „Landlord-Modell“, auf diese Weise sind die meisten Häfen Nordeuropas aufgestellt. Die Flächen des Hafens sind Eigentum der öffentlichen Hand. Um die langfristige Planungssouveränität zu gewährleisten, ist nur eine che von der HPA mieten und selbst für die benötigte Supra-Struktur wie Kräne, Containerbrücken, Umschlagfahrzeuge, Lager- und Verwaltungsbauten sorgen müssen. Entsprechendes gilt auch für die Abfertigung von Passagieren. Ungeachtet dessen beauftragte die FHH durch die BWVI im Jahr 2013 die HPA mit dem Bau und der operationellen sowie betriebswirtschaftlichen Konzeption für ein neues Kreuzfahrtterminal. Darüber hinaus sollte das gesamte Management der Kreuzfahrtaktivitäten in Hamburg neu geordnet und in moderne und transparente Strukturen überführt werden. Innerhalb der HPA war ein großer Teil des für die Realisierung dieses Projektes erforderlichen Know-hows vereinigt, dies sowohl in betriebswirtschaftlicher als auch im Besonderen in ingenieurtechnischer Hinsicht. Die Expertise für Konzeption und Betrieb eines Terminalgebäudes sowie die Abfertigung mehrerer Tausend Passagiere und ihres Gepäcks stellte die Flughafen Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken erlaubt, der Verkauf hingegen verboten. Die erzielten Einnahmen fließen in Bau und Erhalt der Infrastruktur des Hafens. Dieses Hafenmanagement aus einer Hand bietet seit 2005 die Hamburg Port Authority (HPA), die als Anstalt öffentlichen Rechts aus mit der Hafenverwaltung befassten Dienststellen in Hamburger Behörden hervorgegangen ist und vollständig der Stadt Hamburg gehört. Die Aufsichtsbehörde ist die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI), die auch den Vorsitzenden des Aufsichtsrates stellt. Bei ihrer Gründung wurde der HPA auch das Eigentum an den Hafenflächen übertragen. Neben der wasserseitigen Infrastruktur sind auch alle Gleise, Straßen und Brücken im Hafen in der Obhut der HPA. Sie ist allerdings nicht für den Umschlag und Transport von Containern oder Massengütern zuständig. Dies ist Sache privater Betriebe, die die für ihr Geschäft erforderliche Flä- Schiff der Reederei „Aida“ am neuen Terminal Hamburg-Steinwerder, Foto: HPA/ Martin Elsen projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 REPORT 09 1. Planung und Bau erforderlicher Infrastruktur (Bauprojekt) 2. Neuorganisation Kreuzfahrtmanagement - insbesondere Trennung Infrastruktur und Betrieb (Organisationsprojekt) 3. Einhaltung Budgetvorgaben/ Refinanzierung der Baukosten über geeignetes Betriebsmodell (Business Case) Das Projektteam bestand insgesamt aus 20 Mitarbeitern unter der Leitung von Iris Scheel (Dipl.- Ing., MBA). Mit der Zusammensetzung des Teams aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der HPA und der FHG konnten die Expertisen für die Bereiche Hafen und Infrastruktur, Terminalbau sowie Terminal- und Passagiermanagement effektiv kombiniert werden. Synergien ergeben sich aber nicht nur in der Projektzusammenarbeit, sondern auch zukünftig, weil der Flughafen bei einer größeren Zahl Kreuzfahrten vom Zubringerflugverkehr profitiert und andererseits ein leistungsfähiger Flughafen Hamburg als Kreuzfahrthafen attraktiv macht. Die zentrale Bauaufgabe im Rahmen des Projektes bestand in der Realisierung eines Terminalgebäudes mit einer Grundfläche von rund 10.000 m². Die räumliche Trennung in einen Lage der drei Kreuzfahrtterminals in Hamburg, Foto: GeoBasis-DE/ BKG (© 2009), Google Hamburg GmbH (FHG), die als Projektpartner gewonnen werden konnte. Darüber hinaus wurden an der Konzeption des Terminals die Cruise Lines als spätere Hauptkunden bereits in einer sehr frühen Phase des Projektes intensiv eingebunden. Der bauliche Projektauftrag umfasste den Bau des Terminalgebäudes, die Flächenherrichtung mit Parkplätzen und Zufahrtswegen sowie die Herrichtung der Kaimaueranlagen. Es waren damit Aufgaben in den Bereichen Hoch-, Tief-, Straßen- und Wasserbau zu bewältigen. Im Jahre der Auftragserteilung bestanden im Hamburger Hafen bereits zwei Kreuzfahrtterminals, eines in der HafenCity am Chicagokai (Cruise Center 1, CC1) und eines im Stadtteil Altona am Edgar-Engelhard-Kai (CC2). Das neue Terminal CC3 sollte im Zentrum des Hafens auf Steinwerder am Kronprinzkai angesiedelt werden. Mit seiner Fertigstellung war das Ziel verbunden, künftig in Hamburg Kreuzschifffahrt aus einer Hand anbieten zu können. Außer den konstruktiven Aufgaben gehörte also auch zu den Projektzielen, die gesamte Abfertigung an drei räumlich getrennten Terminals neu zu organisieren, eine effiziente Abfertigung von Schiffen und Passagieren sicherzustellen sowie einen wettbewerbsorientierten und diskriminierungsfreien Zugang aller Marktteilnehmer zu gewährleisten. Im Wesentlichen ließ sich der Projektauftrag in drei Aufgabenfelder unterteilen: Struktur des Projektteams, Foto: HPA projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 10 REPORT Planskizze des Projekts, Foto: HPA • Schnittstelle zu Stakeholdern und Abstimmung mit den zukünftigen Nutzern/ Reedereien • Erstellung Berichtswesen für den Lenkungskreis und den Auftraggeber (BWVI) • Projektmarketing und politische Abstimmung Construction • Neubau der Zufahrt Buchheisterstraße und des zugehörigen Hauptknotenpunkts mit zwei Bahnübergängen • Ausrüstung der Kaimauer am bestehenden Seeschiffsliegeplatz Kronprinzkai für Kreuzfahrtschiffe von max. 350 m Länge einschließlich der seeseitigen Zufahrt • Herstellung eines Anlegers für die Anbindung von Fähren oder Barkassen • Durchführung Kampfmittelsondierung und -räumung • Einholen aller erforderlichen Genehmigungen • Erstellung der Gebäude für den Terminalbetrieb inklusive Verteilergang • Dimensionierung, Planung und Herstellung der Passagierzugangsbrücken • Erstellung der landseitigen Flächen für den Terminalbetrieb - Parkflächen, Vorstauflächen, Verkehrsflächen • Aufhöhung des Geländes • Bau Ver- und Entsorgungsleitungen Finance & Corporate Structure • Erarbeitung der Corporate Structure - Gesellschaftsform, Beteiligungsverhältnisse, Funktion der Gesellschaften und Geschäftsbeziehungen • Gesellschaftsgründungen • Erstellung eines Business Cases und laufendes Monitoring der Prämissen • Sicherstellung der Finanzierung des Projektes • Einrichtung neuer Buchungskreise für die neuen Gesellschaften Abfahrts- und einen Ankunftsbereich ermöglicht die Abfertigung von bis zu 8.000 Passagieren an einem Tag. Dies ist bei einem sogenannten Turnaround-Anlauf eines großen Kreuzfahrtschiffes mit ca. 4000 Passagieren unabdingbar, da mit dem Festmachen des Schiffes am Morgen eine Kreuzfahrt endet und am Abend bereits die nächste beginnt. In einem Gebäudeteil verlassen die Passagiere das Schiff, während die ersten Passagiere im anderen Gebäudeteil bereits an Bord gehen. Selbstverständlich müssen hierfür auch zwei getrennte Passagierzugangsbrücken vorgesehen werden. Zusätzlich zu dem Gebäude sind 1.500 asphaltierte Parkplätze für Pkw, 30 für Busse und 35 für Lkw entstanden, um auch hier genug Vorstaufläche anbieten zu können. Auf Wunsch der Reedereien wird der Busbetrieb durch elf überdachte Abfertigungsplätze erleichtert. Für die Ver- und Entsorgung der Schiffe wurden an der Kaikante entsprechende Flächen geschaffen. Der Aus- und Umbau der Buchheisterstraße bietet einen kapazitätsstarken Anschluss an das Verkehrsnetz des Hamburger Hafens. Zu den wasserseitigen Projekten gehörte die Ertüchtigung des Liegeplatzes für große Schiffe bis 350 Meter Länge, 40 Meter Breite und zu einem Tiefgang von 10 Metern. Dafür wurden Landpoller gebaut, mehrere Fendertafeln inkl. Fender und ein Festmacherdalben an der Kaianlage errichtet. Außerdem sichert ein Anleger mit einem Schwimmponton die Erreichbarkeit des Terminals für Fähren und Barkassen. Die Hauptaufgaben der Teilprojekte: Gesamtprojektleitung • Verfolgung der Projektziele und Terminpläne • Durchführung eines Projektkostencontrollings projektron.de ISO 27001 zertifiziert Projektron BCS Projektmanagement-Software Wir suchen Mitarbeiter Wir suchen Mitarbeiter für die Standorte Hamburg, München, Stuttgart und Berlin. planen koordinieren auswerten Projekte Anzeige projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 Zeitlicher Ablauf des Projekts, Foto: HPA Gebäudeansicht des Terminals Steinwerder mit Passagierzugangsbrücken, Foto: HPA/ Goldbeck • Erstellung von Verträgen (u. a. Geschäftsbesorgungsverträge) • Vorbereitung von Gremienbefassungen und -beschlüssen Operations • Definition der Funktionen der Terminalbetriebsgesellschaft • Definition der Berthing Policy (Grundsätze des Liegeplatzmanagements) • Konzeption der Liegeplatzvergabe • Ausschreibung der Securitydienstleistungen • Vorbereitung einer Lizenzvergabe Groundhandling am CC3 und nachfolgend für CC1 & 2 • Erstellung Gesamtbetriebskonzept • Schnittstellenfunktion zwischen zukünftigem Betreiber und Teilprojekt Construction • Definition und Umsetzung des Parkraummanagements • Begleitung der Inbetriebnahme Zeitliche Etappen des Projektes Im Januar 2013 begann die Initialisierungsphase mit der Variantenuntersuchung und Standortanalyse inklusive Kostenrahmen für ein neues Terminal im Hamburger Hafen. Die Entscheidung für den Standort Steinwerder fiel im Frühjahr 2013. Nach der Planungsphase (gemäß HOAI) konnte die bauliche Umsetzung bereits im April 2014 mit der Auftragserteilung für den Hochbau am 01.04.2014 beginnen. Mit den fertiggestellten Außen- und Dachflächen war noch vor Weihnachten 2014 der wichtige Meilenstein „Hülle dicht“ erreicht. Die vertragliche Abnahme folgte am 30.04.2015. Parallel zum Hochbau erfolgte die Planung und Herstellung von zwei Passagierzugangsbrücken (Passenger Boarding Bridges, PBBs) sowie den weiteren Infrastruktureinrichtungen (Verkehrsflächen, Kaimauer und Verkehrsanbindung), sodass das Terminal fristgerecht in Betrieb gehen konnte. Die verbindliche „Deadline“ war der geplante Erstanlauf der „Aida Prima“ am 1.5.2015. Die wesentlichen Planungsparameter des Business Cases waren: • Laufzeit: 15 Jahre • Investitionen: Kostenrahmen € 74 Mio.; tatsächliche Realisierungssumme ca. € 50 Mio. projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 12 REPORT chen positiven wie negativen Detailkritik standen folgende positive Leistungen und Ergebnisse sowie verbesserungswürdige Punkte im Vordergrund: Es gelang, innerhalb sehr kurzer Zeit ein tragfähiges Netzwerk mit den Cruise Lines und an- Lessons Learned Um die Erfahrungen aus dem Projekt professionell auswerten zu können, hat das Team einen Lessons Learned Workshop durchgeführt. Neben der übli- • Mögliche Rückbaukosten: € 1 Mio. in 2030, denn das betreffende Hafengelände samt Umgebung wird unter Umständen noch überplant • Flächenmiete: € 8/ qm p. a. • Parkplätze: 1.500 Plätze (Ausbaureserve: 400 Plätze) Im Zuge der im Projektverlauf angestrebten Neuorganisation des Kreuzfahrtgeschäfts in Hamburg gründete die HPA im März 2014 zusammen mit der FHH die CGH Terminaleigentumsgesellschaft mbH & Co. KG (TEG). Diese wurde Eigentümerin des Terminals Steinwerder. In einem zweiten Schritt wurde am 12. September 2014 die Terminalbetriebsgesellschaft Cruise Gate Hamburg GmbH (CGH) als Joint Venture zwischen HPA und der Flughafen Hamburg GmbH (FHG) gegründet. Die CGH ist seitdem die zentrale Anlaufstelle für alle Kreuzfahrtreedereien für alle drei Hamburger Terminals, sowohl in Fragen des Betriebs als auch der Liegeplatzvergabe. Insgesamt konnte durchgehend ein Business Case mit einem wirtschaftlichen Ergebnis für die drei beteiligten Gesellschaften entwickelt werden, sodass der Business Case die Renditeerwartungen der Gesellschafter bei allen drei Einheiten erfüllt hat. Klare Trennung in die Bereiche Infrastruktur (TEG) und Terminalbetrieb (CGH), Foto: HPA Innenansicht des Terminals Steinwerder, Foto: HPA/ Goldbeck projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 REPORT 13 deren Kreuzfahrtstandorten zum Austausch und zur Diskussion von Planungsständen und Anforderungen aufzubauen. Nutzerwünsche ließen sich so in hohem Maße umsetzen, in Einzelfällen allerdings erst durch späte bauliche Anpassungen. Um diese zu verhindern, hätte man die ohnehin detaillierte operative Planung frühzeitig noch weiter verfeinern müssen. Es gab einen offenen, transparenten und konstruktiven Umgang sowie klare Kommunikation mit allen Auftragnehmern, Partnern und Stakeholdern wie Reedereien, Planungs- und Baugesellschaften, staatlichen Institutionen sowie Versorgungsbetrieben. Dank dessen waren sich alle des gemeinsamen Zieles bewusst. Alle strittigen Fragestellungen konnten so innerhalb der Gruppe der Projektbeteiligten geklärt werden, sodass zu keinem Zeitpunkt eine juristische Begleitung vonnöten war. Bei der HPA wirkten weiterhin interne Faktoren entscheidend für den Erfolg. Für die Projektlaufzeit wurde das Projekt direkt an die Geschäftsführung angebunden. Die Leitung sowie die Teilprojektleitungen für ihren jeweiligen Bereich besaßen selbst eine hohe Entscheidungskompetenz, die von allen auch wahrgenommen wurde. So waren kurze Entscheidungswege und schnelle Abläufe gesichert. Zusätzlich gab es gerade innerhalb der HPA eine hohe Akzeptanz für die Projektaufgabe, sodass eine kontinuierliche Unterstützung außerhalb des Projekts, sofern erforderlich, gewährleistet war. Die Notwendigkeit eines straffen Zeitplans war allen, auch den nur zeitweise am Projekt beteiligten Mitarbeitern, bewusst. Als bedeutsam erwies sich auch die ausgewogene Teamzusammensetzung, fachlich wie persönlich. Die Projektleitung besitzt hohe Führungsqualitäten und etablierte eine effektive Kommunikation und regelmäßige Berichterstattung. Auch wenn es zu Beginn viele kritische Stimmen zur Machbarkeit des Projekts gab, haben diese Faktoren doch maßgeblich das Projekt zum Erfolg geführt. In der Rückschau sind folgende Punkte kritisch zu betrachten: Das gesamte Kernteam sollte bei Projekten dieser Dimension von allen sonstigen Aufgaben freigestellt und dem Projekt direkt zugeordnet werden. Es gelingt unter hoher Arbeitsbelastung den einzelnen Mitarbeitern nur schwer, Projektaufgaben gegen Aufgaben im Regelbetrieb abzuwägen. Meist zu spät wird auf Führungsebene eskaliert und dann gemeinsam priorisiert. Der Fokus des Projekts lag sicherlich auf der großen Infrastrukturaufgabe. Vermeintliche Randthemen wie IT, Versorgungstechnik und Energiekonzepte hätten früher aufgegriffen und stärker in den Fokus der Stakeholderanalyse gerückt werden müssen. Eine detaillierte Aufgaben- und Zeitplanung ist auch für Organisationsprojekte wie bei den Teilprojekten Finance und Operations von hoher Bedeutung. Sie bedarf bei aller notwendigen Konzentration auf die technische Planung und Realisierung ebenfalls zu jeder Zeit großer Aufmerksamkeit. Diese Aspekte aber haben den Erfolg des Projektes zu keiner Zeit gefährden können. Es ist, auch dank des sehr guten Projektmanagements, eines der wenigen öffentlich geprägten Projekte, das innerhalb des prognostizierten Zeit- und Kostenrahmens realisiert werden konnte. Folgende Zahlen sprechen für sich: Der Terminal wurde bei einem bereits ambitionierten Zeitplan in einer reinen Bauzeit von 198 Tagen einen Monat früher als geplant fertiggestellt. Gegenüber dem ursprünglich kalkulierten Kostenrahmen wurden rund 24 Millionen Euro eingespart. Im ersten Monat nach der Eröffnung fertigte der Terminal Steinwerder bereits elf Schiffe mit fast 60.000 Passagieren ab. Dass mit dem Bau des Terminals und der Neuorganisation ein funktionierendes Modell für Hamburg geschaffen wurde, zeigen auch die in den Jahren 2015 bis heute stetig gestiegenen Passagierzahlen von 519.000 auf 900.000.  Autoren Birgit Däweritz studierte Bauingenieurwesen an der TU Berlin und arbeitete dort im Anschluss als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Seit 2007 ist sie Projektingenieur bei der Hamburg Port Authority. Im Projekt CC3 lag ihr Schwerpunkt bei den Themen Kosten und Termine. Seit Abschluss des Projektes arbeitet sie in verschiedenen Infrastrukturprojekten mit Schwerpunkt Kreuzfahrt. Thomas Pachnio studierte Bauingenieurwesen an der TU Braunschweig und arbeitete anschließend u. a. bei der Sellhorn Ingenieurgesellschaft mbH. 2007 wechselte er zur HPA und schloss hier 2009 das Baureferendariat ab. Im Projekt CC3 hatte er die Teilprojektleitung Construction inne und ist seit 2015 Projektleiter verschiedener Infrastrukturprojekte. Seit 2018 leitet er die Einheit Corporate Projects. Haftungsausschluss Die Inhalte dieser Zeitschrift werden von Verlag, Herausgeber und Autoren nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und zusammengestellt. Eine rechtliche Gewähr für die Richtigkeit der einzelnen Angaben kann jedoch nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für die Websites, auf die verwiesen wird. Es wird betont, dass wir keinerlei Einfluss auf die Inhalte und Formulierungen dieser Seiten haben und auch keine Verantwortung für sie übernehmen. Grundsätzlich gelten die Wortlaute der Gesetzestexte und Richtlinien sowie die einschlägige Rechtsprechung. projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 14 REPORT Iris Scheel war Projektmanagerin. Heute ist sie - eine versierte und engagierte Strategin - im Führungskreis der Hamburg Port Authority. Als Projektmanagerin versteht sie sich nach wie vor. Wie bringt sie beides zusammen? Als „Traumschiff-Planerin“ hat eine Hamburger Zeitung Iris Scheel unlängst bezeichnet. Die Managerin besuchte im August das neue Maritime Competenzcentrum, wo Seeleute und Windkraft-Crews die Rettung aus Seenot trainieren. Iris Scheel, Spartenleiterin bei der Hamburg Port Authority, war gemeinsam mit den zwei Geschäftsführern und dem Finanzchef vor Ort, begleitet von Reportern. Am nächsten Tag las sie „Traumschiff-Planerin“ in der Zeitung, eine Bezeichnung, die in ihrem Hause nicht überall zu Beifall führte: zu leger, zu sehr Boulevard. Doch Iris Scheel sieht dies - nach einigem Nachdenken - differenziert. Traumschiff-Planerin, dies hat einen wahren Kern für sie. Wenn sie die Bezeichnung ausspricht, betont sie den ersten und den letzten Teil des Wortes. Traum. Und Planerin. Als Projektmanagerin hat Iris Scheel mit ihrem Team vor einigen Jahren das Kreuzfahrt-Terminal Steinwerder errichtet, genannt „Cruise Center Steinwerder“, ein Vorhaben von fünfzig Millionen Euro. Pünktlich war das Terminal im Juni 2015 fertig. Heute machen gigantische Kreuzfahrtschiffe an dem 400 Meter langen Kai fest, bleiben dort für einen Tag und stechen dann wieder in See, etwa nach Skandinavien oder auch in die USA. Bis zu 8.000 Reisende schiffen an einem Tag ein und aus. Rund einhundert Schiffe legen jährlich am Kronprinzkai im Kaiser-Wilhelm-Hafen an, vis-à-vis der großen Containerfrachter und Hafenkräne. Dort ist auch für Iris Scheel ein Traum wahr geworden, eine Vision, die sie realisiert hat. Sie trat als Bauingenieurin und Projektleiterin an, doch sie dachte über die Baustelle der Terminals hinaus. Sie hatte die Strategie im Blick, das boomende Kreuzfahrtgeschäft für Hamburg zu nutzen und die Hansestadt zu einem Top-Standort für Cruising auszubauen. Sie hatte diesen Traumschiff-Traum verstanden, ihn eingefangen und in Planung umgesetzt. So versteht sie den Beruf der Projektleiterin. Heute ist sie Mitglied im Managementboard der Hamburger Port Authority, in der Hansestadt kurz Iris Scheel Iris Scheel studierte Ingenieurwissenschaften an der Technischen Universität in Hamburg und hält daneben einen Masterabschluss in Business Administration. Im internationalen Hafennetzwerk profitiert sie von ihrer langjährigen Erfahrung in der maritimen Wirtschaft, etwa beim Design und bei der Realisierung großer Hafeninfrastrukturprojekte. Mit der Entwicklung Hamburgs zum größten nordeuropäischen Kreuzfahrtstandort verlagert sich Iris Scheels Arbeitsschwerpunkt zunehmend auf den Bereich Cruise. Zuletzt hat sie die Neuorganisation des Kreuzfahrtmanagements in Hamburg konzipiert sowie das neueste und größte Kreuzfahrtterminal in Hamburg verantwortlich geplant und realisiert. Seit 2018 leitet Iris Scheel die Sparte Corporate Functions. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern im Süden Hamburgs. In ihrer Freizeit ist sie gern sportlich unterwegs, liest und reist gern. Foto: HPA Autor: Oliver Steeger Die Traumschiff-Planerin Iris Scheel beim ersten Spatenstich für das Kreuzfahrt-Terminal Steinwerder, Foto: HPA/ Gregor Schläger projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 16 REPORT HPA genannt. Die Verantwortung für den Hafen teilt sie sich mit sieben Männern und zwei Frauen. Iris Scheel arbeitet an der Gesamtstrategie für den Hafen. Dazu gehört auch das Geschäftsfeld „Cruises“, wie Kreuzfahrten in der internationalen Reederei heißen. Projekte setzen bekanntlich Strategien um. Als Managerin hat sich Iris Scheel der projektorientierten Unternehmensführung verschrieben. Die Strategin weiß bestens, wie Projekte funktionieren. Sie pendelt zwischen den Welten, verbindet Strategie mit Projekten; sie wechselt immer wieder die Rollen, ist mal Generalistin mit Überblick auf das Portfolio, mal Spezialistin in einem einzelnen Projekt. In ihrem Profil auf der HPA-Website schreibt sie: „Du siehst Dinge und fragst ‚Warum? ‘, doch ich träume von Dingen und sage: ‚Warum nicht? ‘“ Das ist mehr als gefällige Selbstbeschreibung. Dieser Satz ist ihr Credo, ihre Inspiration. Auf den ersten Blick hat der Satz etwas Aufmüpfiges - doch in ihm schwingt etwas zutiefst Unternehmerisches mit. Er lässt erkennen, dass sie an Strategien mitwirken will. Wir sind mit Iris Scheel in der Hamburger Speicherstadt verabredet, in dem weltgrößten historischen Lagerhauskomplex. Die Straßen sind mit Kopfstein gepflastert, auf einer Brücke überqueren wir ein Fleet. Steil ragen die Speicher mit ihren Backsteinfassaden auf. Kleine Türen führen in das Innere dieser Speicherwelt, wo einst Gewürze, Kaffee, Früchte oder Tabak lagerten. 2003 wurde die Speicherstadt aus dem Freihafen herausgelöst, und seither haben sich Unternehmen hier angesiedelt, Restaurants, Museen und Verwaltungen. Auch die HPA hat hier ihre Adresse. Eine dieser niedrigen zweiflügeligen Türen führt in ein beengtes Treppenhaus. Es geht zwei Etagen hinauf, erneut öffnet sich eine Tür - in eine moderne, großzügige Welt. Alte Stahlträger sind mit Backstein und Glas kombiniert. Alles lichtdurchflutet, chic und mit hanseatischer Zurückhaltung. Die HPA, heute eine Anstalt öffentlichen Rechts, entstand 2005 aus verschiedenen Hafenbehörden und beschäftigt gut 1.800 Mitarbeiter. Sie betreibt das Hafenmanagement der Freien und Hansestadt Hamburg. Ihr gehört der Großteil der Hafengrundstücke und die Infrastruktur, darunter 120 Brücken, 43 Kilometer Kaimauern, 140 Kilometer Straße und 300 Kilometer Schiene. Die HPA, so erklärt man uns, stellt Hafenunternehmen die Infrastruktur bereit, managt Immobilien und zeichnet darüber hinaus für die Sicherheit des Schiffsverkehrs verantwortlich. In der Region Hamburg sichert der drittgrößte europäische Hafen rund 156.000 Arbeitsplätze. Gewissermaßen ist die HPA die Bühnenmeisterin für die Bühne, auf der Hunderte von Hafenfirmen agieren. Im Hamburger Hafen hatte das Kreuzfahrtgeschäft lange Zeit kaum Priorität - obgleich die Kreuzfahrt offenbar in der Hansestadt erfunden worden ist. Ende des neunzehnten Jahrhunderts stieß sich der visionäre Hapag-Generaldirektor Albert Ballin daran, dass die großen Überseedampfer in der Wintersaison ungenutzt auf Reede lagen. Auch das berühmte Flaggschiff dümpelte in der reisearmen Zeit vor sich hin, der Dampfer „Augusta Viktoria“, ein schwimmender Palast. Ballins Vision vom Traumschiff: Luxusreisen könnten den Stillstand im Winter überbrücken. Schiffsreisen könnten etwa ins Mittelmeer führen, nur zum Pläsier der Passagiere, allein der Reise wegen. In Hamburg erntete er mit dieser Traumschiff-Idee zunächst Achselzucken: Kann man damit Geld verdienen? Allen Unkenrufen zum Trotz schickte er die „Augusta Viktoria“ im Winter auf Exkursion und Vergnügungsreise. Neben der in jeder Hinsicht luxuriösen Schifffahrt standen dreizehn durchorganisierte Landgänge auf dem Programm. Im Januar 1891, bei Eisgang, dampfte die „Augusta Viktoria“ los Richtung Ägypten. Zweihundert wohlbetuchte Herrschaften waren an Bord. Auch Albert Ballin, der erste Traumschiff-Planer überhaupt, war mit von der Partie. Aus der Kreuzfahrt ist in den letzten Jahren ein boomender Massenmarkt geworden. Mittelgroße Kreuzfahrtschiffe, die Hamburg anlaufen, fassen rund 3.500 Passagiere, die großen liegen bei 5.000. Ich frage Iris Scheel, wie sich der aktuelle Boom erklärt. „Den Reedern ist es gelungen, den Wunsch nach Individualität auf eine sehr bequeme Art und Weise zu bedienen“, antwortet sie. Die Vielfalt an Reisen ist enorm. Es gibt Kreuzfahrten für Golfer und Gourmets, für Singles oder Heavy-Metal-Fans. Kochkurse werden angeboten, Lesungen, Konzerte oder ausgewählte Sportprogramme. Fasziniert beobachtet Iris Scheel, wie die Reeder touristische Erfolgsmodelle aus sehr verschiedenen Segmenten zusammenbringen und auf dem Schiff miteinander kombinieren. „Mich erstaunt immer wieder, wie geschickt die Reeder diese touristischen Ideen adaptieren und zusammenfügen“, sagt sie. Nicht wenige Menschen verbringen ihre Urlaube ausschließlich auf diesen Schiffen; die Reeder verstehen es exzellent, dauerhaft Kunden zu binden. Bei vielen spielt auch das Thema Sicherheit eine Rolle. Auf den Schiffen ist alles optimal vorgeplant und durchorganisiert - vor allem für Menschen, die sich das Reisen auf eigene Faust nicht zutrauen. Wahrscheinlich war dies schon zu Ballins Zeiten so. Dieser Boom hat - zumindest in Deutschland - viel mit dem Preis zu tun. Zwar sind die exklusiven, kostspieligen Kreuzfahrten nach wie vor im Angebot. Doch im Massenmarkt sind die Preise erschwinglich geworden. Je größer die Schiffe, desto preiswerter werden die Tickets, auf wes- Das Domizil der Hamburg Port Authority (HPA) in der Speicherstadt, dem weltgrößten historischen Lagerhauskomplex, Foto: HPA projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 REPORT 17 sen Kosten auch immer. Vor allem die All-inclusive-Strategie trifft den Zeitgeist in Deutschland. Einmal bezahlen und es sich danach nach Herzenslust gut gehen lassen. Man hat ermittelt, dass im Durchschnitt jeder Kreuzfahrtgast eineinhalb Kilogramm Gewicht pro Reisewoche zulegt. Von dem großen Kreuzfahrt-Kuchen wollen sich viele ein Stück abschneiden. Für die HPA selbst ist das Kreuzfahrtsegment derzeit ein Nischenmarkt, obwohl sie mit der eigenen Tochter Cruise Gate Hamburg mittlerweile drei Terminals in Hamburg betreibt. Dagegen profitiert die Hansestadt enorm davon, dass sich ihr Hafen zum wichtigsten Kreuzfahrt-Stützpunkt im Norden entwickelt. Mehrere 100 Millionen Euro lassen Kreuzfahrt-Passagiere in der Stadt. Viele verbinden das Einschiffen mit einem Kurzurlaub in der Elbmetropole, besuchen Musicals, Museen oder Einkaufsmeilen. Dies ist der strategische Kern des Traumschiff-Traums für Hamburg, den Iris Scheel mit eingefangen hat. Er bildete auch den Hintergrund für ihr Projekt „Kreuzfahrtterminal Steinwerder“. „Das Geschäft mit der Kreuzfahrt ist über die Jahre generisch gewachsen“, berichtet Iris Scheel, „dann erreichte es ein Volumen, für das wir eine neue Struktur brauchten.“ Die Bauingenieurin wollte mit ihrem Projekt nicht nur die Hardware liefern, sondern dazu beitragen, dass Hamburg in Europas erster Liga für Kreuzfahrt-Tourismus mitspielen kann. Zum Hafenleben hat Iris Scheel Verbindung seit ihrer Kindheit. Ihr Vater arbeitete im Freihafen. Dennoch zog es sie zunächst in eine andere Richtung. Sie studierte Bauingenieurwesen mit Schwerpunkt Umwelt und Entsorgungstechnik, eine Spezialisierung, die für Absolventen Ende der 1990er-Jahre einen steinigen Weg bedeutete. Wenig später war sie mit der Entsorgung kontaminierter Böden auf einer Baustelle im Hamburger Hafen befasst. Ohnehin auf der Suche nach etwas Neuem fing sie (wieder) Feuer für die Hafenwelt. Sie erinnerte sich an einen HPA-Ingenieur, dessen Vorlesungen sie an der Universität gehört hatte. Als Ingenieurin für Umwelt und Entsorgung war sie im Hafen vielleicht nicht so sehr gefragt, wohl aber als Bauingenieurin. „Die HPA war zu dieser Zeit stark durch Bauingenieure geprägt“, berichtet sie, „und der Hafen war mir von klein auf vertraut.“ Sie tat den entscheidenden Schritt und ging zur HPA. Ein Glücksfall? „Der Hafen ist eine vielfältige Welt für sich“, erklärt sie, „diese Komplexität entdecke ich jeden Tag wieder neu und stelle häufig fest, dass alles noch etwas verflochtener ist, als ich angenommen habe.“ Iris Scheel kann sich kaum vorstellen, dass es eine zweite Branche mit solcher Vielfalt gibt. Sie liebt das Staunen und hat dies offenbar nie verlernt. Das Geschehen am Hafen vergleicht sie mit einem Knäuel; man fasst irgendeinen Faden, folgt ihm und dann öffnet sich plötzlich eine Tür in eine neue Welt. Solche Türen gehen beispielsweise auf, wenn sie die spezialisierten Unternehmen am Hafen besucht. Da geht es um Fragen etwa von Recycling, E-Mobilität oder den Umschlag von Hibiskusblüten. Ihr kommt die Geschichte von dem maritimen Kompetenzzentrum in den Sinn (wo man sie Traumschiff-Planerin nannte). Im Sommer dieses Jahres stattete sie dem neuen, innovativen Zentrum ihren Antrittsbesuch ab. Jährlich 8.000 Seeleute und Windkraft-Crews üben dort, sich in Notsituationen richtig zu verhalten. Im orangefarbenen Überlebensanzug probte Iris Scheel gemeinsam mit Hafen-Chef Jens Meier und HPA-Finanzchef Tino Klemm den Ernstfall im drei Meter tiefen Testpool: Wie kommt sie in zehn Sekunden aus einem gewasserten Hubschrauber, der untergeht? Elf Grad kaltes Wasser schießt ins Cockpit, ergießt sich über die Köpfe der auf den Sitzen Angeschnallten und flutet die Kabine. Schnell abschnallen, Scheiben raus und mit den Köpfen voraus in den Pool. Dann im Übungspool auf dem Rücken liegen und sich aneinander festhalten, damit im Notfall niemand auf dem Meer verloren geht. „So etwas ist ungemein spannend, und es wird einem auf einem Silbertablett präsentiert“, sagt sie, „dies übt eine unglaublich starke Anziehungskraft auf mich aus.“ Was sie so fasziniert, will sie mitgestalten. Indes, Bauingenieure gestalten selten strategisch mit. Sie führen das aus, was andere vorgedacht und geplant haben. Sie sind am Steuerrad ihres Projekts, doch den Kurs stecken andere ab. Sie wollte bei der Strategie jenseits von Stahlbeton und Bauphysik mitdenken, mitreden und mitentscheiden. „Darauf“, sagt sie, „hatte mich die Ingenieurausbildung nicht vorbereitet.“ Sie erzählt, wie sie Geschäftsführern von Hafenunternehmen ihre Ideen vorstellte. Schnell kamen dabei die Gespräche ins ökonomische und strategische Fahrwasser. Man ließ sie immer wieder wissen, dass ihre Vorschläge „interessant“ seien, sich aber nicht rechneten. Da wurde der Ton auch mal eine Spur herablassend. „Ich konnte zu dieser Zeit einfach nicht mehr mitargumentieren“, sagt sie, „vielleicht habe ich mich um dieses Wissen im Studium zu wenig bemüht, vielleicht ist es wirklich nicht vermittelt worden.“ Das wurmte sie: das Nichtwissen. Das Ausgeschlossensein bei Diskussionen zu Marktentwicklung und strategischer Positionierung. Wollte sie auf Augenhöhe kommen, ihre Ideen qualifiziert einbringen, nicht nur als Ingenieurin wahrgenommen werden - brauchte sie die notwendigen Kompetenzen. Die Bauingenieurin entschloss sich zu einem berufsbegleitenden MBA-Studium. Sie machte ihren Masterabschluss in Business Administration mit einem Schwerpunkt auch bei Strategie und Marktanalyse. „Wer mitreden will, muss auch mitreden können“, sagte sie. Blick auf den Hamburger Hafen: für Iris Scheel eine faszinierende Welt, Foto: HPA/ Martin Elsen projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 18 REPORT wird es wichtig sein, dass wir ein Papier einer externen Organisation hochhalten können, welches unsere Zahlen bestätigt“, erklärte sie ihrem Team. So taktisch zu denken - das war eine schwierige Häutung von der Bauingenieurin zur Managerin, von der Expertin zur Generalistin. „Je weiter ich mich zur Generalistin entwickelt habe, desto mehr musste ich den sicheren Platz der Ingenieurin verlassen“, erzählt sie. Zeitweise fühlte sie sich nicht mehr als Ingenieurin, aber noch nicht als Managerin. Da gab es einen „wackeligen Punkt“ in der Entwicklung, an dem sie das eine zurückgelassen hatte, das Neue aber noch nicht überblicken konnte. Einmal vom Lenkungsausschuss auf Sitzungen nach technischen Details gefragt, hatte sie keine Antwort parat. „Man muss das Gefühl aushalten lernen, dass man in diesem Augenblick selbst keine Antwort weiß“, sagt sie. Nicht wissen kann, weil man Generalistin ist. Solche Momente nagen besonders am Selbstverständnis einer Ingenieurin, die ihren technischen Beruf als Berufung und Selbstverständnis sieht. Das waren schmerzhafte Momente. Heute sieht sie dieses Lobbying anders; überwiegt es nicht in ihrer Tagesarbeit, macht es sogar Spaß. Es ist durchaus ein befriedigender Erfolg für eine Ingenieurin, Menschen mitzunehmen - sei es in den Gremien, sei es im eigenen Team, dem sie das Expertentum überlässt. „Das ganze Team hängt davon ab, dass ich als Managerin einen guten Job mache“, sagt sie, „will ich einen Traum realisieren, muss ich andere Menschen gewinnen, mitnehmen, mit ihnen Erfolge teilen.“ Projektmanagement und Management, das ist kein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-alsauch. Zwei verschiedene Seiten einer Medaille. Iris Scheel bringt beide Seiten zusammen, und sie verknüpft beide Seiten immer weiter. Sie ist nach wie vor Ingenieurin genug, um auf anfassbare (oder zumindest sichtbare) Ergebnisse hinzuarbeiten. Gefragt nach technischen Projektdetails, springt sie ihren Teams zur Seite, vermag den Projektfaden wieder aufzunehmen und die einzelnen Vorhaben voranzubringen. Als Generalistin hält sie ihre Projektflotte auf Kurs und nutzt das Portfolio als Hebel für die Umsetzung der HPA-Strategie. Ob sie sich wohl damit fühlt? Die schmerzhaften Momente und Häutungen liegen zurück. Sie wirkt befreit und zur Managerin gereift. Sie weiß, dass sie mit projektorientierter Unternehmensführung die Hafenstadt voranbringen kann. Ob man dies alles bei der Zeitung, der Iris Scheel den Titel „Traumschiff-Planerin“ verdankt, im Blick hatte?  Tabellen zu überfrachten. Sie begriff, wie man Ideen elegant politisch „verkauft“ - statt Zahlen ins Feld zu führen und Fakten in Stellung zu bringen. „Manchmal ist es besser, Menschen für eine Idee zu begeistern und sie taktisch klug zu gewinnen, statt sie mit einem Bauplan zu überzeugen“, sagt sie. Menschen taktisch klug gewinnen? Was ist damit gemeint? „Ich habe bei meiner Vorbereitung viel Zeit damit verbracht, die erforderlichen Projektentscheidungen aus der Perspektive jedes Gremiumsmitglieds zu betrachten“, sagt sie, „ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich die von mir benötigte Entscheidung durch Win-win-Situationen erreichen konnte.“ Stundenlang präparierte sie die Sitzungen und spielte sie durch: Mit welchen Ideen, Informationen, Angeboten konnte sie welches Gremium, welche Person erreichen? Sie fragte sich, welches Vorwissen die Mitglieder mitbringen und gegenüber welchen Informationen sie offen waren. Manchmal half es, dass ein Gremium selbst eine Entscheidung für ein Projekt nach draußen als seinen eigenen Erfolg verkaufen konnte. Bekanntlich öffnen sich Türen, wenn man Entscheidern ermöglicht, Erfolge auch für sich selbst nutzbar zu machen. In Sitzungssälen muss man mit Befindlichkeiten genauso sorgsam umgehen wie mit der Bauphysik auf der Baustelle. Man zieht Strippen und kalkuliert die Feinmechanik des politischen Betriebs. Dies erfordert Geduld und Gespür für die Gunst der Stunde. Lobbying nennt sich das. Lobbying ist der vielleicht einzige Weg der Einflussnahme, den ein formal machtloser Projektmanager hat. Noch etwas verstand Iris Scheel auf der Baustelle: Als Projektleiterin war sie das Scharnier zwischen der politischen Welt und der technischen Welt. Die taktischen Entscheidungen „draußen in den Gremien“ übersetzte sie für ihr Team. „Viele an der Sache arbeitende Experten verstehen politische Entscheidungen nicht, die etwa ein Stocken oder Bremsen auslösen“, sagt sie. Sie erklärte dem Team, dass sie gelegentlich einen Schritt zurückwich, um bei nächster Gelegenheit zwei Schritte nach vorne zu machen. Iris Scheel illustriert dies mit einem Beispiel. Da war die Kostenaufstellung für das Projekt. Über Wochen hatte ihr Team an dieser Aufstellung gearbeitet. Dennoch holte Iris Scheel von außen Fachleute, die diese Aufstellung überprüften. Das Team war verschnupft darüber; es hatte Zeit und Engagement in diese Aufgabe investiert. Dann sah es sein Ergebnis infrage gestellt. „In den Gremien Das Projektmanagement war für sie eine gute (manchmal auch schmerzhafte) Lehre. Projektmanagement lehrte sie Kompetenzen, die sie heute an der Spitze der HPA gut verwenden kann. Inwiefern das Projektmanagement? Iris Scheel holt etwas aus, um mir diesen Punkt zu erklären. Obwohl der Bau eines Terminals technisch alles andere als ein Kinderspiel ist, leiden solche politisch gefärbten Vorhaben wie Infrastrukturprojekte selten unter technischen Krisen. Meistens sind die Krisen bei solchen Projekten politischer Natur. Es fehlen Entscheidungen, oder die Entscheidungen gehen nicht in die gewünschte Richtung. Es kommt zu Kritik, Kontroversen und Widerstand. So auch beim „Cruise Center Steinwerder“. An dem Vorhaben beteiligten sich verschiedene Projektpartner, beispielsweise der Hamburger Flughafen. Das Projekt stand hoch auf der Agenda von Politik und Haushaltsausschüssen. Die Hamburger Bürgerschaft hatte die Baustelle im Auge. Das bedeutet: Iris Scheel war umgeben von Lenkungsausschüssen und anderen Gremien, denen wichtige Projektentscheidungen oblagen. „Der Erfolg für ein öffentliches Projekt wird häufig in Gremien herbeigeführt statt auf der Baustelle“, sagt sie und zögert nicht zuzugeben: Diese Dimension des Projekts hat sie anfangs auch unterschätzt. Während des Projekts wurde ihr zunehmend klar, dass sie technische Details ihrem Team überlassen musste. Dies war nicht immer leicht. Ingenieure finden ihr Selbstverständnis darin, durch Detailarbeit zu technischen Lösungen zu kommen. Sie vertiefen sich in Sachfragen, „bohren sich in die Probleme bis zum Erdmittelpunkt ein“, wie Iris Scheel dies formuliert, „und sie lassen sich durch nichts und niemanden davon ablenken“. Diese Fachwelt, ihre Komfortzone, musste die Bauingenieurin verlassen. Stattdessen bereitete sie Sitzungen von Lenkungsausschüssen vor. Sie sprach mit Politikern, Partnern und Behörden. Sie lernte, Menschen mitzunehmen, für ihre Vision zu gewinnen und in eine Richtung zu führen. Sie machte Marketing für ihr Projekt. Sie war die Lobbyistin in ihrem Team. Ihre Aufgabe: das Projekt in den Gremien und im Fluss zu halten. Als Ingenieurin war Iris Scheel gewohnt, technisch zu überzeugen, Details exakt zu beschreiben und Argumentationsketten zu bilden. Genau dies funktionierte in den Gremien selten. Sie lernte, Laien überzeugend an ihre Visionen heranzuführen, statt sie mit technischen Plänen und projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 REPORT 19 Viele entwickeln das Thema Marketing oder Lobbying für ihr Projekt schrittweise … Offen gesagt, dies halte ich für ungünstig. Versuchen Sie, die verschiedenen Gruppen und Kanäle von Anfang an in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Anderenfalls kann es sein, dass Sie auf eine wichtige Gruppe erst dann aufmerksam werden, wenn es zu spät ist und diese Gruppe sich vergessen fühlt. Also von Anfang an: Wer sind die Entscheider, wer die Stakeholder? Welche Rollen und Verbindungen haben diese Gruppen, welche Ziele und Motivationen haben sie? Wie können Sie ihnen Brücken bauen, im Sinne Ihres Projekts zu entscheiden? Ich habe immer versucht, mich in fachfremde Beteiligte und ihre jeweilige Rolle hineinzuversetzen. Das ist zu Beginn viel Arbeit. Am Anfang wird das Projekt ja auch technisch aufgesetzt. Da ist man vielfach mit anderen Aufgaben beschäftigt … Das ist der Grund, weshalb ich Hilfe von außen empfehle, also externe Experten, die sich damit auskennen. Diese Experten sollten von Anfang an dabei sein. Also nicht herbeirufen, wenn sich bereits Schwierigkeiten beim Marketing zeigen; auch Experten brauchen ja Zeit, sich in ein Projekt einzuarbeiten. Was für den Projektleiter wichtig ist: Er muss dafür Ressourcen freistellen. Er muss sich überlegen, wie er Laien für sein Projekt gewinnen und begeistern kann, ohne allzu technische Argumentationen. Technische Details werden draußen häufig nicht verstanden. Die Frage ist also, wie er die Details adressatengerecht aufbereiten kann. Zur Vorbereitung von Gremiensitzungen haben wir im Team Testläufe gemacht, also richtige Proben: Sind wir wirklich gut für den Dialog mit Entscheidern oder Stakeholdern aufgestellt? Das kostet sehr viel Zeit, aber ich denke, dass man sich die Zeit nehmen muss und dass sie gut investiert ist. Diese Art von Kommunikation liegt nicht jedem technischen Projektmanager … Ich habe mich, als ich vor diesen Aufgaben stand, ein Stück weit aus meiner Komfortzone herausbewegen müssen. Es wird immer seltener, dass wir Projektmanager beispielsweise ein Gebäude mitten auf die grüne Wiese bauen und wie unter Frau Scheel, Sie sind heute als Spartenleiterin im Managementboard der Hamburg Port Authority (HPA) tätig. Sie leiten keine Projekte mehr. Dennoch spielt Projektmanagement für Sie nach wie vor eine Rolle. Wie integrieren Sie Projektmanagement in Ihre strategischen Managementaufgaben? Viele der Maßnahmen, die ich initiiere, haben Projektcharakter. Die Werkzeuge, die ich als Projektleiterin benutzt habe, verwende ich heute auch - etwa, wenn ich Aufgaben formuliere. Der Nutzen von Projektmanagement zeigt sich meiner Ansicht nach in der Zielorientierung. Die Werkzeuge zwingen dazu, ein klares Ziel in einer klaren Zeit zu definieren. Besonders die Fokussierung auf Termine tut einer Organisation wie der HPA gut. Die Werkzeuge des Projektmanagements verwenden Sie heute also auch außerhalb von Projekten? Natürlich! Ich war mit diesen Werkzeugen erfolgreich als Projektleiterin. Da liegt es nahe, sie auch für andere Aufgaben zu adaptieren. Ich habe in meinem Projekt beispielsweise gelernt, Nichtprojektziele zu definieren. Nichtprojektziele? Was ist damit gemeint? Es geht um die Frage, was durch eine Maßnahme ausdrücklich nicht erreicht werden soll: Wie und wo grenzen wir die Maßnahme ab? Wir sprechen über das, was nicht Ziel unseres Projekts ist; dadurch können wir uns auf das fokussieren, was wir wirklich erreichen wollen. Sie kennen Projekte zum einen aus der Innensicht als Projektleiterin, zum anderen auch aus der Sicht als Managerin. Welche Empfehlungen geben Sie jungen Projektmanagern? Themen wie Führung und Teambuilding sind wichtig. In meinem Projekt „Cruise Center Steinwerder“ habe ich darüber hinaus gelernt, wie bedeutsam das Verkaufen des Projekts nach außen ist. Darauf sollten Projektmanager unbedingt achten und sich dafür auch Hilfe von außen holen. Investieren Sie Zeit und Ressourcen in die Umfeldanalyse für Ihr Projekt, in die Vorbereitung von Sitzungen der Lenkungsausschüsse oder von Gesprächen mit Stakeholdern. einer Käseglocke vor uns hinarbeiten, ohne dass sich jemand dafür interessiert. Projekte werden immer politischer mit allen Höhen und Tiefen. Mit allen Höhen und Tiefen? Was meinen Sie damit genau? Tiefen hat man, wenn man etwa vor dem Lenkungsausschuss auf ein Thema oder eine Frage nicht vorbereitet ist. Man fühlt sich entlarvt. Dies hat mir persönlich am meisten zu schaffen gemacht. Doch es gab auch viele Höhen, wenn wir nach guter Vorbereitung Entscheidungen im Sinne des Projekts erwirken konnten. Das ist ein Hochgefühl! Diese Vermarktung kostet viel Zeit. Projektmanager müssen deshalb immer mehr technische Detailarbeit an ihr Team abgeben ... Das ist richtig. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, meinen Mitarbeitern Raum zum Entscheiden zu geben. Ermutigen Sie Ihr Team, seine Aufgabe auch als unternehmerische Aufgabe zu sehen. Signalisieren Sie ihm, dass Sie seinen Entscheidungen vertrauen. Damit entlasten Sie nicht nur Ihr Team, sondern auch sich selbst. Dafür müssen Projektmanager loslassen können. Wie schwierig ist dies? Loslassen heißt nicht, dass Sie sich überhaupt nicht mehr mit technischen Details befassen und die Rolle des Experten völlig hinter sich lassen. Ich bin immer so weit an technischen Themen drangeblieben, dass ich jederzeit den Faden wieder aufnehmen, an Fachdiskussionen teilnehmen oder Fragen meiner Mitarbeiter diskutieren konnte. Also ein eher kontrolliertes Loslassen? Kontrolliertes Loslassen, das ist ein gutes Wort. Es macht Freude zu sehen, wie Mitarbeiter Verantwortung übernehmen, Entscheidungen sorgfältig fällen oder eigene Vorschläge machen. Sie wachsen immer weiter in diese Rolle hinein, trauen sich dann auch größere Aufgaben zu, beispielsweise etwas zu präsentieren. Dies zu beobachten ist für mich sehr befriedigend und bedeutet für mich eine unglaubliche Entlastung. Autor: Oliver Steeger  Fragen an Iris Scheel projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 20 REPORT Auf 8.000 Passagiere ist das vor vier Jahren eröffnete Kreuzfahrt-Terminal Cruise Center Steinwerder ausgelegt, Foto: Cruise Gate Hamburg Turnaround am Cruise Center Steinwerder „Die Passagiere wollen das Schiff sehen“ Autoren: Steffen Scheurer und Oliver Steeger Kreuzfahrten nachsagt. Sie stehen Schlange, ein bunter Lindwurm am Terminalgebäude entlang, einen Zebrastreifen überquerend bis zu dem überdachten Busbahnhof. Im Hintergrund überragt die imposante Flanke eines Kreuzfahrtschiffs das Terminalgebäude, ein Kabinenfenster neben dem anderen, wie Fischschuppen. Wir gehen an der Menschenschlange vorbei Richtung Kreuzfahrt-Terminal, dem Cruise Center Steinwerder. Das 2.800 Menschen fassende Kreuzfahrtschiff liegt einen Tag am Liegeplatz. Ein sogenannter Turnaround. Morgens, binnen weniger Stunden, schiffen die Ankommenden aus. Die Passagiere von Bord zu bringen, funktioniert nach einem ausgeklügelten System. Ab mittags gehen neue Passagiere an Bord. Außerdem werden Proviant und Treibstoff verladen. Hochbetrieb, nicht anders als an einem Flugha- Legt ein Kreuzfahrtschiff am Hamburger Terminal Steinwerder an, startet eine perfekt einstudierte Choreografie. Bis zu 8.000 Passagiere bewegen sich durch die lichte Halle: Ankommende verlassen das Schiff, neue Urlauber starten ihre Reise. Das 315 Meter lange Schiff wird mit Kränen „proviantiert“; bis zu 25 Lkw-Ladungen verschwinden im Bauch des Schiffes. Die Prozesse laufen reibungslos in dem 2015 eingeweihten Terminalbau, der als Vorzeigeprojekt im Hamburger Hafen gilt. Wir haben im Cruise Center Steinwerder den „Turnaround“ eines Schiffes beobachtet. Hunderte ausgeschiffter Passagiere machen sich auf den Heimweg: Familien mit kleinen Kindern, Paare, Gruppen von Gleichgesinnten, auch einige „Silberhaare“, denen man so gerne Affinität zu fen. Noch heute sticht das Schiff wieder in See Richtung New York. Die Hamburg Port Authority hat das Terminal vor vier Jahren in Betrieb genommen. An dem neuesten der drei Hamburger Kreuzfahrt-Terminals machen die ganz großen Kreuzfahrtschiffe fest. Das flache graue Gebäude gilt als eines der Vorzeigeprojekte im Hafen: In nur knapp 200 Tagen errichtet, wurde das Terminal schneller als geplant fertig. Das Bauprojekt blieb vollumfänglich im Budget; am Ende sparte es sogar 24 Millionen gegenüber der ursprünglichen Planung ein. Vor allem: Das Projekt hat seine Ziele erreicht. Die manchmal mühsamen Abstimmungen mit Stakeholdern und Nutzern haben sich rentiert. Auch mancher Kampf hat sich gelohnt: Beispielsweise hat das Projektteam darum gerungen, zusätzlich in ein Dach über dem BustermiprojektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 REPORT 21 Hunderte von Koffern stehen in der Ankunftshalle zum Abholen parat, Foto: Oliver Steeger Geräumig und hell präsentiert sich das Terminal, Foto: HPA nal zu investieren, angesichts des Hamburger Wetters und der ansonsten im Freien stehenden Menschenschlange mehr als nur ein Luxus. Heute funktioniert das Terminal reibungslos. Wir wollen wissen: Was wird „hinter den Kulissen“ bewegt, damit die Prozesse laufen wie eine gut geölte Maschine? Wir sind morgens mit Fährlinie 73 angereist. Vom Anleger Argentinienbrücke aus sind es einige Minuten zu Fuß zum Terminal. Es liegt im Kaiser-Wilhelm-Hafen, umgeben von Container-Terminals, Schiffswerften und Lagerschuppen. Jörg Jocker nimmt uns in Empfang. Auf seiner Visitenkarte steht „Director Operations & Revenue Management“; er ist bei der Cruise Gate Hamburg GmbH tätig, einer eigenständigen Tochtergesellschaft der Hamburg Port Authority, die eigens für das Kreuzfahrtgeschäft gegründet wurde. Jörg Jocker begrüßt uns mit kräftigem Händedruck und händigt uns orangefarbene Warnwesten aus. Jeder hat seine Rolle, auch wir als Besucher. Man muss wissen, wer wohin und zu wem gehört. Das ist eine Voraussetzung für den reibungslosen Ablauf. „Wir sind mit unserem Terminal auf über achttausend Passagiere ausgelegt“, sagt Jörg Jocker. So viele Menschen können das Terminal täglich nutzen: Vormittags gehen mehr als 4.000 Menschen von Bord, nachmittags beginnen ebenso viele eine neue Kreuzfahrt auf demselben Schiff. Hinzu kommt noch die Crew in vierstelliger Zahl. Wie schafft man es, so viele Passagiere auf einmal zu bewältigen? Die Antwort: indem die Passagierströme strikt getrennt werden. Jörg Jocker führt uns durch die Ankunftshalle. Obwohl die meisten Passagiere schon abgereist sind, stehen noch Koffer in Reih und Glied, bereit, von den wenigen noch aus dem Schiff kommenden Passagieren in Empfang genommen zu werden. Kinder laufen durch die Halle auf der Suche nach ihren Koffern, die am Morgen von dem Abfertigungsdienstleister des Terminals für die Gepäckausgabe aufgestellt wurden. Die Halle wirkt hell und nüchtern mit ihren Stahlträgern. Mit ihrer Weite erinnert sie an eine Messehalle. Durch ein Fensterband ist das Schiff zu erkennen, fast zum Greifen nah. „Die Passagiere wollen das Schiff sehen“, sagt Jörg Jocker. Was so viel heißt: Für die Reisenden ist das Terminal vor allem eine Durchgangsstation. Nach einer Viertelstunde, spätestens einer halben Stunde, haben sie das Terminal wieder verlassen. In Richtung Schiff oder Busbahnhof. Ansprechend sollte das Terminal werden, doch in erster Linie funktional. Folgerichtig hat die Hamburg Port Authority diesen Bau seinerzeit rein funktional ausgeschrieben ohne Vorgaben für die Architektur und Ausgestaltung. Eine der Anforderungen: Mehr als achttausend Passagiere müssen pro Tag problemlos durch die Hallen laufen können. Dass ein Spezialist für Logistikhallen den Zuschlag für den Bau bekam, wurde bei einigen zunächst mit Stirnrunzeln quittiert. Doch der routinierte und industrieerfahrene Generalunternehmer hielt, was er versprochen hatte, nicht nur hinsichtlich des Baus, sondern auch des Budgets und der Termine. Vor allem kannte er sich damit aus, wie man Räume schnörkellos-praktisch und vor allem optimal für reibungslosen Durchfluss gestaltet. projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 22 REPORT Vorfreude auf die Kreuzfahrt: Nachmittags treffen die ersten Reisenden zum Einschiffen ein, Foto: Oliver Steeger stadt noch nicht lange ein strategisches Feld. Zunächst wuchs dieses Segment generisch. Erst seit einigen Jahren baut die Hamburg Port Authority diesen Bereich gezielt und systematisch aus. Neben dem Terminal Steinwerder unterhält Hamburg ein weiteres in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt in der HafenCity. Das dritte liegt in Altona; es ist allerdings den ganz großen Schiffen nicht mehr gewachsen. Wo heute Kreuzfahrtschiffe ihren „Turnaround“ machen, befand sich vor einigen Jahren ein Containerterminal. Die Umgebung hat sich etwas von der alten Rauheit bewahrt. In Sichtweite liegt ein Containerschiff vor Anker, über das sich Kräne wie Insekten hermachen. Sattelschlepper durchqueren das Hafengelände. Der Lärm dringt gedämpft heran. Indes, so unwirtlich das Umfeld erscheint, für den Bau des Terminals war das Gelände ideal. Beispielsweise konnte für das Projekt eine alte Kaimauer verwendet werden, die bis zu 19 Meter in die Tiefe reicht. Eine neue Kaimauer hätte je laufenden Meter rund 80.000 Euro gekostet, bei 400 Meter Kailänge ein nicht geringer Posten im Projektbudget. Auch war Platz genug für 1.500 Parkplätze unmittelbar am Terminal sowie für den Busbahnhof. Jörg Jocker ist studierter Betriebswirt. Bevor an dieses Terminal-Projekt zu denken war, hat er bei der Hamburg Port Authority neue Geschäftsfelder entwickelt, darunter auch das Geschäft mit Kreuzfahrtschiffen. Dieses boomende Touristiksegment bildet für die Hamburg Port Authority - angesichts des Gesamtgeschäfts - eine Nische. Doch die Hansestadt selbst profitiert ordentlich von den Kreuzfahrtreisenden. Solche übergeordneten Überlegungen führten zum Terminal-Bauprojekt und dazu, dass Jörg Jocker heute in Steinwerder arbeitet. Er wurde erst stellvertretender Projektleiter, danach kam er in die Führung der neu gegründeten Betreibergesellschaft. Obwohl er eine Führungskraft ist, kann er auch mit anpacken: Einen Führerschein für Gabelstapler bringt er aus früheren Zeiten mit. Notfalls setzt er sich selbst in den Stapler. Dies lässt er in einem Nebensatz fallen, was umso mehr seine Entschlossenheit unterstreicht, unter Druck den Terminalbetrieb reibungslos zu halten. Rund einhundert Kreuzfahrtschiffe machen jährlich am Terminal Steinwerder fest. Betreiber Cruise Gate Hamburg stellt den Reedern die Infrastruktur in diesem Terminal bereit. Dazu kommen etwa Gangways, Sicherheitseinrichtungen oder Gastronomie. Auch die Vorplanung des Wechseltags, des „Turnaround“, gehört zum Geschäft, wie zum Beispiel heute im Morgengrauen das Einweisen des 315 Meter langen Schiffs am 400 Meter langen Kai. Die gesamte Abwicklung, das Ausschiffen oder das Boarding, liegt beim Reeder. „Jeder Reeder hat da sein eigenes System“, sagt Jörg Jocker. Auch die „Kofferausgabe“ für Abreisende organisiert jeder anders. Nach dem Festmachen bringen kräftige Hände 5.000 bis 7.000 Gepäckstücke in die Ankunftshalle. Über die Art und Weise, wie sie in der Ankunftshalle optimal aufzustellen sind, gehen bei Reedern die Meinungen auseinander. „Es ist aber immer ein Stoßgeschäft“, erklärt Jörg Jocker, „ganz anders als etwa bei einem Flughafen, an dem man mit vergleichsweise gleichbleibenden Passagierströmen zu tun hat.“ Kreuzfahrten boomen. Immer mehr Menschen gehen auf Seereise. Die Schiffe werden größer und fassen immer mehr Passagiere und Crewmitglieder. An den drei Hamburger Terminals stieg die Zahl der Passagiere binnen vier Jahren von rund 519.000 auf 900.000. Indes, das Geschäft mit Kreuzfahrtschiffen ist für die HanseprojektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 REPORT 23 Das Proviantieren - das Schiff wird beladen, Foto: Oliver Steeger Der Ankunftsbereich ist gegen Mittag leer. („Die Leute wollten schnell nach Hause“, sagt Jörg Jocker.) Die Menschenschlange vor dem Terminal hat sich aufgelöst. Es ist „Halbzeit“. Schon tröpfeln die ersten neuen Passagiere ein und geben am Terminal ihre Koffer auf. Das Gepäck geht durch einen Sicherheits-Check wie am Flughafen. Die Sicherheitskräfte suchen auch nach feuergefährlichen Gegenständen oder Elektrogeräten wie Bügeleisen, die durch einen Kurzschluss einen Brand auf dem Schiff auslösen könnten. Befreit vom Gepäck gehen die Passagiere die wenigen Schritte zur Abfahrtshalle weiter. Helfer, gekleidet in blaue Shirts und weiße Hosen, nehmen sie in Empfang und wünschen eine „schöne Reise! “. Wie beim Auschecken, so hat auch beim Einchecken jeder Reeder weitestgehend freie Hand und seinen eigenen Stil. Das reicht bis ins Detail, etwa wie viele der insgesamt dreißig Counter er öffnet oder wie er die Menschenschlangen in der Abfahrtshalle organisiert. Cruise Gate Hamburg mischt sich in der Regel nicht ein, solange die Prozesse reibungslos funktionieren. Allerdings ist für den Reeder immer ein Ansprechpartner da, der Chief Terminal Officer. Wo nötig, unterstützt er und betreibt Troubleshooting. Manchmal schlüpft Jörg Jocker in diese Rolle des Chief Terminal Officers, um an der Basis zu arbeiten und sein Gefühl für die Terminalprozesse nachzuschärfen. Er spricht viel von Durchfluss, den die Prozesse gewährleisten müssen. Im Terminal verschiebt sich der „Bottleneck“ immer wieder; Jörg Jocker und sein Team behalten im Auge, wo der Durchfluss der Passagiere gerade gehemmt sein und durch welche Maßnahmen Abhilfe geschaffen werden könnte. Solch ein typischer Engpass ist das Einchecken an den Countern. Dort können sich Schlangen bilden. Reeder diskutieren deshalb das digitale Einchecken. Manche halten dies noch für Zukunftsmusik, aber es gibt bereits einige, bei denen ein Online-Check-in erfolgt. Dies würde das Einchecken flott machen, aber möglicherweise den „Bottleneck“ von den Countern weg hin etwa zu Sicherheitsschleusen oder den Passagierbrücken verschieben. Das muss man im Blick behalten. Langes Warten würde Passagiere und Reeder im schlimmsten Fall verärgern. Deshalb sind Jörg Jocker und das Team auf der Hut. „Wir haben im Terminal zum Glück viel Fläche, auf der wir Schwierigkeiten schnell in den Griff bekommen können“, sagt er. Natürlich, viel Fläche bedeutet aber auch längere Wege für Passagiere. Idealerweise benötigt ein Passagier jedoch nicht länger als 15 Minuten durch das Terminal bis an Bord des Schiffes. Die Reisenden nicht durch Wartezeiten zu verärgern, dies ist das eine, offensichtliche Ziel reibungsloser Prozesse. Indes, Jörg Jocker beobachtet den „Bottleneck“ auch aus Gründen der Sicherheit. Schon bei den ersten Überlegungen für das Projekt fiel die Aufmerksamkeit der Planer auf die Frage, wie sie große Menschenmengen optimal steuern können. Menschenmengen reagieren panisch bei Gefahren. Sogar einfache Barrieren, an denen sich Massen stauen, können einen „Ich will hier raus! “-Fluchtinstinkt auslösen und eine fatale Dynamik in Gang setzen. Solche Massenbewegungen muss man in den Griff bekommen. Fliehende Menschen brauchen Raum, viel Raum. Deshalb sind die Türen im Terminal auffallend breit. Es stellen sich keine Geschäfte, Kioskstände oder Abfertigungscounter in den Weg. Die Sicherheitsschleusen sind geräumiger dimensioniert, als es für die Kontrollen nötig wäre. Keine den Weg abschneidenden Gepäckbänder, kein Engegefühl, keine dunklen Ecken oder Barrieren, wo sich Menschen stauen könnten. Die Geräumigkeit lässt Menschen sich instinktiv sicher fühlen und macht sie entspannt. „Wir haben uns während der Planungen für dieses Projekt intensiv mit Sicherheitsfragen beschäftigt und ein Konzept entwickelt“, sagt Jörg Jocker, „für mich ist es schön zu sehen, wie sich aus unseren Überlegungen und Planungen auf Papier ein Gebäude entwickelt hat, das wirklich eine entspannte, sichere Abfertigung ermöglicht.“ In der Abfahrtshalle ist es noch mittagsruhig. Das Schiff legt erst abends ab. Einige Paare und kleine Reisegruppen sitzen auf den Bänken. Ein paar Sessel der kleinen Kaffeebar sind besetzt. Freudiges Reden über die bevorstehende Reise. Einen schnellen Kaffee noch, vielleicht einen kurzen Blick in den einzigen Shop in der Halle, der unter anderem St.-Pauli-Fanartikel und Souvenirs verkauft. Vor dem Terminalgebäude ragt das Schiff geschätzte fünfzig Meter empor. Auf dem schmalen Betonstreifen zwischen Schiff und Gebäude ist das „Proviantieren“ in Gang gekommen. Über 300 Tonnen Proviant nimmt das Kreuzfahrtschiff bei seinem „Turnaround“ auf, etwa 20 bis 25 Lkw-Ladungen. Mobile Schwerlastkräne hieven die Ladung mit einer Art improvisiertem Aufzug durch eine seitliche Luke. Große Kisten aus dem Lkw werden in einen Korb geladen, der an den Schiffsrumpf gebracht wird und von dem der Proviant durch die Luke an Bord geholt wird. „Der Hamburger Hafen ist von Ebbe und Flut beeinflusst“, sagt Jörg Jocker. Irritiert schauen wir ihn an. „Und? “ Er erklärt: „Dies bedeutet, dass wir mit einem starken Tidenhub zurechtkommen müssen.“ Das Schiff hebt und senkt sich im Rhythmus von Ebbe und Flut um mehrere Meter. Dafür müssen auch die zwei Passagierbrücken ausgelegt sein, die das Terminal mit dem Schiff verbinden. Die jeweils 100 Tonnen schweren Stahlkonstruktionen ruhen auf einem Fahrwerk mit Gummireifen. Sie reagieren sehr fein auf die Höhenbewegung des Schiffes. Um dreieinhalb Meter bewegen sie sich zentimeterweise mit dem Tidenhub. Auch können die Brücken entlang des Kais gefahren werden. Die Positionen der Einstiegsluken sind nicht genormt; jedes Schiff hat sie an einer anderen Stelle. Technisch ist das alles nicht trivial, sagt Jörg Jocker. Es gibt nicht viele Unternehmen, die solche Brücken entwickeln und passgerecht bauen können. projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 24 REPORT Jörg Jocker führt uns zurück in die mittlerweile leere Ankunftshalle. Die Menschenschlange am Busterminal hat sich gänzlich aufgelöst. Er wirkt entspannt. Die erste Hälfte des „Turnaround“ ist herum. Der Tag hat gut begonnen. Immer noch fahren Sattelschlepper am Schiff vor und bringen Proviant. Die knapp 3.000 einschiffenden Passagiere, die mehr und mehr eintreffen, machen ihm keine Sorge. Das haben seine Mitarbeiter im Griff. Er weiß, dass die heute reibungslos funktionierenden Prozesse auch der sorgfältigen Projektierung des Terminals vor vier Jahren zu verdanken sind. Die detaillierte Planung hat sich für ihn gelohnt. Was auf dem Papier entworfen wurde, funktioniert gut. Die Prozesse laufen zuverlässig, die Sicherheit ist gewährleistet, die Gäste wirken entspannt. „Es läuft“, sagt Jörg Jocker mit der hanseatischen Freundlichkeit und Gelassenheit, die bei uns aber keinen Zweifel aufkommen lässt an seiner Klarheit und Konsequenz in der Sache.  Crew am Terminal. Jörg Jocker führt uns zur „Seafarer’s Lounge“, einem Raum, der den Crews vorbehalten ist. Wir werden mit einem warmen Händedruck begrüßt. Es ist ruhig und fast anheimelnd. Ein paar Tische mit Tischdecken, eine Weltuhr an der Wand. Auf dem Tresen steht eine kleine Sammelbox, eine Spendendose für die Deutsche Seemannsmission. An einer Wand findet sich ein Supermarktregal mit asiatischen Nudelgerichten und Dingen des täglichen Bedarfs. Viele Crewmitglieder kommen von den Philippinen und versorgen sich mit dem, was sie aus ihrer Heimat kennen. Sie machen Pause, atmen durch. Jemand in Schiffsuniform sitzt am Tisch, Kaffee vor sich, und schaut durchs Fenster zu, wie palettenweise Proviant aus den Sattelschleppern ins Schiff verladen wird. Von den gut 5.000 Reisenden, die heute das Terminal passieren, spüren wir nichts in der Seafarer’s Lounge. Die Passagierströme auf dem Weg zum Traumschiff fließen vorbei. Eine Oase der Ruhe. Sie ist der Crews vorbehalten. Das ist auch gut so. Immer mehr Passagiere schiffen ein. Zwischen ihnen entdecken wir auf der Galerie, von der die Gangways zum Schiff abgehen, Crewmitglieder. Mit ihren Smartphones sitzen sie auf Bänken, telefonieren und surfen. „Wir haben kostenfreies WLAN“, erklärt Jörg Jocker, „das wird von der Crew gerne genutzt, um sich nach vielen Seetagen bei ihren Familien zu melden.“ Häufig sind diese Familien in Asien. Anders als vor Jahren fällt es Reedern immer schwerer, geeignete Mitarbeiter für ihre Schiffe anzuheuern. Für die Crews selbst hat der Personalmangel ein Gutes: Allmählich verbessern sich die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung. Es mag sein, dass Kreuzfahrtschiffe Menschen rund um den Globus bringen. Doch wegen der kurzen Liegezeiten kommt für die Crew nur selten ein Landgang infrage. Dies gilt auch für den „Turnaround“ in Hamburg. Die meisten Schiffsmitarbeiter werden ohnehin an Bord gebraucht, um „klar Schiff“ zu machen und etwa Kabinen für die neuen Gäste herzurichten. Also bleibt die projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 REPORT 25 Anzeige BERUFSBEGLEITEND ZUM MASTER OF ARTS (M.A.) PROJEKTMANAGEMENT • Studium in nur 21 Monaten • International anerkannter Abschluss • Zulassung u.U. ohne Erststudium • Sonderkonditionen für Zertifizierungen • Kleine Gruppen INFOS & BERATUNG UNTER: business-school@tiba.de www.master.jetzt Führen mit Werten im Business Intelligence Bereich von OTTO Astrid Ritscher 65 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · Was beobachten und erleben Menschen, die für den Business Intelligence Bereich von OTTO arbeiten, mit Führung und Werten? Was denken und fühlen sie? Wo helfen ihnen Werte in der Veränderung? Das sind die Themen dieses Artikels. Der Business Intelligence Bereich - im Folgenden BI Bereich genannt - hat in den letzten Jahren viele Veränderungen erlebt: • von klassischem Arbeiten zu agilem Arbeiten, • hin zu agiler Führung, • von der Organisation in zwei Bereichen zur Organisation in einen gemeinsamen BI Bereich und • von der Arbeit in Projekten zur Arbeit an und in Wertströmen. Die damit einhergehenden Veränderungen von Organisationsstrukturen, Prozessen und Arbeitskultur sind für die Menschen beträchtlich. Es ist spannend, das nah mitzuerleben und mitgestalten zu können. Dieser Artikel teilt Entwicklungen und Erfahrungen aus dem BI Bereich. Die Veränderungen wurden notwendig, da der Onlinehandel immer häufiger in einem komplexen Umfeld stattfindet. Dazu gehört zum Beispiel: • Der Onlinehandel, mit globalen Kunden und Konkurrenten, der in einem schnellen, disruptiven Markt viele Möglichkeiten bietet, erfolgreich oder erfolglos zu sein. • Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an Schnelligkeit und Skalierbarkeit von Prozessen und IT. Auf die BI und deren Mitarbeiter*innen kommen besondere Herausforderungen zu, da sie mit ihrem Know-how von bewährten und innovativen Data Science Technologien passende BI Lösungen bauen, um die Fachbereiche dabei zu unterstützen, die richtigen Entscheidungen für OTTO zu treffen. Beispielsweise helfen Algorithmen dabei, Werbebudget gezielt einzusetzen und Kund*innen auf den Kanälen anzusprechen, die sie auch wirklich nutzen. Die Organisationsform, das übliche Vorgehen klassischer Projekte und die Art, wie Führungskräfte und Mitarbeiter*innen Verantwortung übernehmen, entscheiden und handeln - kurz: wie Führung gelebt wird - passten in diesem komplexen Umfeld nicht mehr. Die Autorin hat von den rund 200 Mitarbeiter*innen der BI zehn Mitarbeiter*innen und Führungskräfte interviewt und in vielen weiteren Gesprächen Eindrücke gesammelt. Bei den von den Kolleg*innen geteilten Beobachtungen, Erfahrungen und Erkenntnissen zu Führung mit Werten spielen frühere Erfahrungen, persönliche Prinzipien, Werte und vieles mehr eine Rolle. Das macht die versammelten Eindrücke so vielfältig, aber manchmal auch gegensätzlich und immer spannend. Deswegen gibt es hier kein Richtig oder Falsch, sondern nur das aus dem vertrauensvollen Gespräch entstandene „subjektive Richtig“. Zunächst wird das Umfeld beschrieben, in dem Führen mit Werten im BI Bereich stattfindet. In diesen Kontext werden dann Beobachtungen und Meinungen der BI Kollegen zu Führung und zu Werten gestellt, einander gegenübergestellt und beleuchtet. Das Umfeld Los geht es mit dem Kontext von OTTO, dem BI Bereich und einer organisatorischen Veränderung, mit der gemeinsame Werte im neuen BI Bereich etabliert worden sind. Seit Mitte 2017 arbeitet der Onlinehändler an der Weiterentwicklung seines Geschäftsmodells zur Plattform und der Öffnung von otto.de für neue Partner und Marken. Wir werden unser Sortiment deutlich erweitern. Zunächst konzentrieren wir uns darauf, die Sortimente Home & Living, Fashion und Unterhaltungselektronik auszubauen und unsere führende Position im Segment Möbel- und Einrichtung ausbauen. Gleichzeitig öffnen wir unsere technologische Infrastruktur. Partner werden zukünftig von der Finanzierung über Marketingangebote bis hin zur Logistikleistung das komplette Paket von OTTO angeboten bekommen. Waren wir bislang primär Händler, entwickeln wir uns jetzt zu einem Marktplatz und Serviceprovider. Das sind elementare Veränderungen, die auch unsere Unternehmenskultur tangieren. Der BI Bereich von OTTO ist Dienstleister für die Fachbereiche, wie beispielsweise Einkauf, Logistik und Online-Marketing. Die Kolleg*innen arbeiten daran, Daten in wertvolle Informationen umzuwandeln, mit denen die Fachbereiche bessere Entscheidungen treffen können. Die Mitarbeiter*innen kennen sich mit Data Science und der Entwicklung von Reports, Software und Datenbanken aus. Unterstützt wird ihre Arbeit unter anderem durch Product Owner, Scrum Master, Agile Coaches und disziplinarische Führungskräfte. Wie war und ist der BI Bereich organisiert? Die mehr als 200 Mitarbeiter*innen der OTTO-BI waren bis zum 1. März 2019 zwei Bereichen mit verschiedenen Zielen zugeordnet. Die unterschiedliche Ausrichtung führte immer wieder zu Spannungen. Schließlich wurde entschieden, die BI in einen gemeinsamen Bereich zu transformieren. Dazu wurde das Projekt RockitBI ins Leben gerufen. Innerhalb eines halben Jahres wurde unter Einbezug von Architektur- und Pro- | 66 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · duktvision eine neue Organisation mit Vision, Zielen, Mission und Werten geschaffen. An RocktiBI waren neben Hilfe von außen ein überschaubarer Kreis von Kolleg*innen in Expert Circles und weitere BI Mitarbeiter*innen, die sich in Think Tanks zu tiefergehenden Themen engagierten, beteiligt. Regelmäßig wurden für alle BI Mitarbeiter*innen Termine zum Fortschritt und für die Gelegenheit zu Feedback veranstaltet. Seit dem 1. März arbeiten die BI Kolleg*innen in einem gemeinsamen Bereich in einer Produktorganisation. Der Bereich wird von zwei BI Leads geführt, die von 12 Domain Leads unterstützt werden. Die Domain Leads fungieren als disziplinarische und fachliche Führungskräfte. Führung wird außerdem von den Product Ownern fachlich und technisch und dem agilen Personal prozessual ausgeübt. Kolleg*innen, die als Agile-Expert*innen unterstützen, gehören disziplinarisch nicht zum BI Bereich und werden vom Process Lead geführt. Die Vision der neuen BI Organisation lautet: “Innovation and Excellent Business Decisions - Powered by Data, Algorithms and People”. Die folgenden Werte, übertitelt mit „Werte und Mindset der OTTO BI“, wurden definiert: • Sei Du selbst • Handle als achtsamer OTTOpreneur • Entwickle Dich stetig • Zusammen wachsen • Vertraue und sei vertrauenswürdig In den nächsten Abschnitten geht es um die Werte: Wozu dienen sie? Sollten sie gepflegt werden und durch wen? Wie passen sie zusammen? Was wird zu Werten gedacht? Erwartungen an Werte Die folgende Aufzählung zeigt, was die befragten Kolleg*innen von Werten erwarten. • Werte dienen.. • ..als Rahmen für das Arbeiten im komplexen Arbeitsumfeld, • ..als Möglichkeit, sich in ständiger Veränderung ohne Angst zu bewegen, • ..als Identifikation mit dem Bereich, • ..als Check mit den persönlichen Werten, • ..als Maßstab für das eigene Handeln. • Werte sind nützlich, weil man sich gegenseitig an sie erinnern kann. Sie helfen beim Erreichen des Ziels. • Werte geben Leitplanken, gerade wenn die Teams viel Verantwortung tragen und wenn im Komplexen gearbeitet wird. • Werte sind ein verbindendes Element für die Zusammenarbeit im Komplexen, für das eigene Wohlbefinden und für die Erreichung der Ziele. • Wenn die individuellen Werte nicht zu den Bereichswerten passen, dann bin ich da nicht richtig. Zum Beispiel will ich Aufrichtigkeit und Offenheit in den Werten finden. • Führungskräfte sollten sehr streng nach Werten handeln. • Führungskräfte und Mitarbeiter*innen sind dabei, agile Führung zu lernen. Balance durch Werte Werte können sich widersprechen und ihre Ausprägung passt im Alltag nicht immer zueinander. Das wird am Beispiel der Werte „Sei ein achtsamer OTTOpreneur“ und „Sei Du selbst“ sehr gut deutlich: „Ich will meine Arbeitsergebnisse immer hundertprozentig richtig und vollständig abliefern. Das gehört zu mir und wenn ich das tue, fühle ich mich am wohlsten. Wenn aus unternehmerischer Sicht 100 Prozent Perfektion für die Effektivität meiner Arbeit nicht nötig sind, sollte ich lernen zu überprüfen, wo ich meine Arbeitskraft sparen kann.“ Wenn Werte sich widersprechen, ist das gut so. Ein Wert, ins Extreme gelebt, kann schaden, und wenn er fast nicht vorkommt, kann er nicht wie erhofft wirken. Mit Hilfe der anderen Werte fällt eine Schieflage eher auf und wir können gegensteuern und eine Balance schaffen, die der Effektivität unserer Arbeit guttut. Auch dies kann wieder durch die Werte unterstützt werden. Pflege von Werten Sollten Werte gepflegt werden? Und wenn ja, wie? Was bringt das oder ist das eher schädlich? Zu diesen Aspekten wurden die folgenden Aussagen gemacht: • Wir sollten die Einhaltung der Werte messen und damit arbeiten. • Werte kann man nicht abfragen und deren Einhaltung nicht messen - dann wird’s rational. • Werte nicht überprüfen und nicht „vergemeinschaften“, sondern sich zu Werten austauschen, heißt erzählen und zuhören, nicht diskutieren, verfeinern oder festlegen. Abbildung 1: Werte und Mindset des BI Bereichs | 67 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · • Statt aktivem Nachhalten oder Nachprüfen von Werten sollten wir Feedback nutzen und situativ die Werte des Gegenübers kennenlernen. • Werte werden unterschiedlich gelebt - das aufzulösen, kann durch Debatte über Werte geschehen, das sollten wir üben. • Mitarbeiter*innen sollten von ihrer Führungskraft nicht nach Inhalten, sondern nach Haltung zu Werten beurteilt werden. • Es passiert bei uns gar nichts, wenn jemand gegen die Werte verstößt. In jedem Kommentar ist der Wunsch, Werte zu nutzen, spürbar. Sehr unterschiedlich ist, auf welche Weise Werte genutzt werden sollten. Einige wollen die Werte überprüfen können. Andere wünschen sich, dass jeder das Gleiche unter einem Wert versteht. Andere würden ihre Haltung zu Werten miteinander teilen. Der Titel „Werte und Mindset der OTTO-BI“ über den Werten zeigt in die Richtung, unseren Werten mit Haltung und nicht mit KPIs zu begegnen. So überlassen wir das Wachsen an den Werten dem Miteinander der Menschen. Zurzeit gibt es im BI Bereich keine unmittelbaren Aktivitäten zu Werten, aber vieles zahlt stark auf die Werte ein. Dazu gehört beispielsweise, dass die BI Leads mehr Verantwortung für Entscheidungen bestimmter Themen zu Architektur, Produkten oder Organisation in die Hände der Mitarbeiter*innen legen, was die Werte „Zusammen wachsen“ und „Vertraue und sei vertrauenswürdig“ stärkt. Die fünf BI Werte im Fokus Jeder der fünf BI Werte wurde durch konkret in einigen Sätzen beschrieben. Für einen Wert werden im folgenden Teil diese Sätze genannt und um Aussagen der befragten Kolleg*innen ergänzt. Darauf folgt eine kurze Einordnung und Interpretation der wichtigsten Aspekte. Sei du selbst • Wir schaffen ein sicheres Umfeld für Offenheit, Respekt und Vertrauen - Niemand hat hier etwas zu befürchten. • Wir schätzen und fördern Vielfalt - unterschiedliche Meinungen und Persönlichkeiten sind uns willkommen. „Dieser Wert wird schon lange stark gelebt. Vielleicht ist das auch ein Wert, in dem OTTO stark ist. In anderen Unternehmen gibt es ein offizielles „Sei Du selbst“, das durch implizite Regeln wie zum Beispiel die Kleiderordnung wieder geschwächt wird.“ „Der Wert wie z.B. „Sei Du selbst“ sagt den Führungskräften, wie sie mit den Mitarbeiter*innen arbeiten sollen, mit Wertschätzung und auf Augenhöhe.“ Der ersten Aussage nach ist dieser Wert sehr stark entwickelt. Wir sind gut darin, wir selbst zu sein, und unsere Organisation lässt das zu. Und die Kolleg*innen lassen das ebenfalls zu. Viele Teams sind zum Beispiel geübt darin, im Alltag die Vorlieben für tägliche Arbeitszeiten, Arbeit im Homeoffice und Sabbaticals, mit den Anforderungen an die Arbeitsprozesse in Einklang zu bringen. Die zweite Aussage geht auf die Beschreibung des Wertes ein: „Akzeptiere und schätze die Kolleg*innen so, wie sie sind.“, gerichtet an die Führungskraft. Der Wunsch ist, dass dieser Wert der Führungskraft hilft, mit den Mitarbeiter*innen auf Augenhöhe und mit Wertschätzung zu arbeiten. Das ist ein Schritt auf dem Weg von einer Führungskraft im tayloristischen Stil zu einer agilen Führungskraft. Im Taylorismus denkt und entscheidet der Chef und die Mitarbeiter*innen führen aus. Zur Grundhaltung der agilen Führung gehört es, allen Menschen Entscheidungskompetenz zuzusprechen - genau das, was für die Arbeit in komplexen Umfeldern benötigt wird. Augenhöhe und Wertschätzung sind substanzielle Bausteine dafür. Handle als achtsamer OTTOpreneur • Wir treiben stets kundenorientierte Ergebnisse voran - so schnell und verantwortungsvoll wie möglich • Wir setzen Ressourcen nachhaltig ein - Wir achten auf Zeit (unsere wie die anderer), Geld und mentale Last • Daten vor Meinungen - wir messen unsere Leistung kontinuierlich und validieren unsere Entscheidungen & deren Wirkung „Es wird häufiger nach dem Wozu gefragt, anstatt einfach zu machen was uns einfällt. Dadurch wird die unternehmerische Sicht unterstützt.“ Die Fragen nach dem „Wozu“ und ob das für OTTO als Unternehmen gut ist, werden innerhalb der Teams und bei der Zusammenarbeit mit den Fachbereichen gestellt und beantwortet. Das ist jetzt stärker ausgeprägt als noch vor ein paar Monaten. Entscheidungen fühlen sich viel besser an, wenn wir den Fokus auf OTTO legen. Bei Entscheidungen im komplexen Umfeld ist der richtige Weg nicht immer ableitbar. Auf dem Weg die richtigen Fragen zu stellen hilft es, in die richtige Richtung zu denken und in kleinen Schritten zu gehen. Vertraue und sei vertrauenswürdig • Wir garantieren Autonomie und Vertrauen - im Austausch für Selbst-Organisation, Transparenz und Verantwortung • Wir respektieren unsere Kund*innen - wir behandeln vertrauliche Daten verantwortungsvoll und sind uns über ihren essentiellen Wert für uns und unsere Kund*innen bewusst • Wir sind ehrlich und spielen mit offenen Karten - wir gehen davon aus, dass jeder zu jedem Zeitpunkt nach bestem Wissen und Gewissen handelt „Dieser Wert wird gelebt. Es gibt Fälle, in denen Vertrauen leidet, zum Beispiel, wenn Entscheidungen nicht transparent getroffen werden. Wenn der Fachbereich Entscheidungen bezüglich BI Produkten trifft, ohne sich der Expertise des BI Teams zu bedienen, kann das gute Gründe haben. Spät kommuniziert aber wird das Team überrascht.“ Der erste Satz ist kurz und dabei wichtig. Der Wert wird im Bereich gelebt. Es gehört trotzdem zum Arbeitsalltag, dass Ereignisse auftreten, die das Vertrauen schwächen. Das Bild vom Vertrauenskonto hilft zu erkennen, warum Vertrauen kein stabiler Zustand ist: Vertrauensbildende Ereignisse zahlen auf das Konto ein, Vertrauensbrüche buchen vom Konto ab. Nach unverstandenen Entscheidungen wird vom Konto abgebucht. Initiativen wie eine gemeinsame Re- | 68 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · trospektive helfen, das Verständnis zu verbessern. Auf das Vertrauenskonto wird damit wieder neu eingezahlt. Entwickle Dich stetig • Lernen ist Teil unseres Alltags - wir streben stets nach neuen Fähigkeiten und Perspektiven • Wir investieren in Ideen, kämpfen für Innovation und trauen uns, unser komplexes Umfeld zu erkunden & gestalten • Wir lernen aus Fehlern - wir feiern den Mut, Risiken einzugehen, Fehler zuzugeben und Erfahrungen zu teilen „Entwickle Dich stetig ist ein Investment, weil Mitarbeiter*innen aus ihrer Komfortzone raus müssen, und weil es Zeit und Geld für die Weiterbildung kostet. Der Effekt auf OTTOpreneur ist sicher da, aber schwierig nachzuweisen.“ Sich zu entwickeln ist auf die Zukunft ausgerichtet. Beim agilen Arbeiten wird in kurzen Zyklen geplant, gemacht, geprüft und gelernt. Fehler transparent zu machen und daraus zu lernen, findet für viele Menschen nicht in der Komfortzone statt. Es braucht Zeit, Mut und Vertrauen, bis das zum Alltag gehört, zumal die scheinbare Sicherheit eines langfristigen Plans wegfällt. Ebenso relevant ist die Haltung der Führungskräfte zu agilem Arbeiten, die in Bezug auf Mut und Lernbereitschaft Vorreiter sein können. Zusammen wachsen • Wir entwickeln uns gemeinsam - wir nutzen jede Chance, Wissen, Ideen und konstruktive Kritik zu erfahren und zu teilen • Wir wollen enger zusammenwachsen - wir fördern Teamgeist durch respektvolle Zusammenarbeit und Hilfsbereitschaft • Als engagierte Mitarbeiter*innen leben wir unsere Vielfalt und setzen gemeinsam Maßstäbe „Unsere Führungskraft schenkt viel Vertrauen und Wertschätzung. Zusammen wachsen wird stark gelebt im Team.“ Was heißt es genau, zusammen zu wachsen? Mit diesem Zitat und im Gespräch betonte der Befragte deutlich, dass Führungskraft und Team viel investieren, um sich zu entwickeln und zusammen zu wachsen, und dass sich diese Investition für die Arbeit im Team lohnt. Führen mit Werten im BI Bereich Es folgen Aussagen und Beobachtungen zweier Veränderungen in der Führung der Kolleg*innen des BI Bereichs. Etablierung der Domain Leads Am 1. März übernahmen Domain Leads die fachliche und die disziplinarische Führung in den BI Teams. Was hatte sich geändert? Bis zum 1. März waren die Führungskräfte für mehrere Mitarbeiter*innen der gleichen Rolle zuständig, zum Beispiel für alle Report Entwickler*innen oder für alle Product Owner*innen. Jede*r Mitarbeiter*in arbeitete in einem anderen Team. Jetzt sind Domain Leads zuständig für alle Mitarbeiter*innen eines oder mehrerer Teams, heißt Entwickler*innen, Data Scientisten und so weiter. Damit sind sie näher an der Fachlichkeit und dem operativen Lebenszyklus der Produkte. Diese Veränderung wurde von einigen Mitarbeiter*innen, gerade auch von Product Owner*innen, als Begrenzung ihres Entscheidungsspielraums empfunden. Das Zusammenspiel zwischen Mitarbeiter*innen und Führungskraft, die neben der disziplinarischen auch die fachliche Führung hat, ist herausfordernd. Unsicherheit und Unzufriedenheit auf der Seite der Mitarbeiter*innen können entstehen, weil • die Autonomie des Teams/ des Product Owners begrenzt wurde, • Zuständigkeiten noch nicht klar verteilt waren • Einige Führungskräfte wiederum wünschten sich, ihr fachliches Know-how einbringen und mit diskutieren zu können, ohne dass dies gleich als disziplinarische Kontrolle und auch als überstimmende technische Führung wahrgenommen wird Wie hat sich die Zusammenarbeit von Mitarbeitern und Domain Leads entwickelt? Die folgenden Aussagen von Mitarbeitern geben einen guten Überblick. „Die neue Führung gibt Sicherheit, weil die Führungskraft fachlich im Bilde ist und mitgestaltet. Sie kann einschätzen, was der/ die Mitarbeiter*in tut, und kann bei Eskalation besser unterstützen.“ „Alle Mitarbeiter*innen im Team arbeiten mit derselben Führungskraft zusammen. Dadurch passen die Ziele der Mitarbeiter*innen zusammen, alle arbeiten mit einer gemeinsamen Agenda. Das fehlte früher und hat zu Unruhe geführt.“ „Unsere Führungskraft schenkt uns viel Vertrauen. Wertschätzung, Zusammen wachsen werden gelebt. Der Wert „Entwickle Dich stetig“, der vielleicht gerade nicht so stark verfolgt wird. Das ist allen bewusst und die Führungskraft macht das transparent. Die unternehmerische Sicht ist sehr stark ausgeprägt. Alles was das Team tut, ist von den BI Zielen abgeleitet und wird an ihnen gemessen.“ Die Zusammenarbeit von Domain Lead und Teams hat sich in vielen Fällen gut eingependelt. Sicherheit und Vertrauen gibt die explizite und gemeinsam ausgehandelte Vereinbarung zwischen Team und Domain Lead darüber, welche Entscheidungen wer trifft. Die gemeinsame Agenda und das fachliche Know-how des Domain Leads stärken die Teams. Expedition People Lead Führungsmodelle wurden während des RockitBI Projekts viel diskutiert. Zum Start im März stand fest, die fachliche von der disziplinarischen Führung - seit März durch die Domain Leads übernommen - zu einem späteren Zeitpunkt in einer Expedition zu trennen, indem ein People Lead die disziplinarische Führung übernimmt. Ziel ist, die Mitarbeiter*innen in ihrer Weiterentwicklung noch besser begleiten zu können. Damit wird der Fokus auf den Wert „Entwickle Dich stetig“ gelegt, der im operativen Alltag vielleicht manchmal untergeht. Im Rahmen der Expedition hat ein People Lead seit dem 1. November die disziplinarische Führung für 30 Mitarbeiter*innen übernommen. Die 30 Mitarbeiter*innen wurden ausgelost, da eine Beschränkung auf Mitarbeiter*innen weniger Teams nicht repräsentativ ist. Alle BI Mitarbeiter*innen | 69 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · sind zu Umfragen vor, während und am Ende der Expedition eingeladen, um die Zufriedenheit, die sich auch unabhängig vom People Lead verändern kann, im ganzen Bereich zu ermitteln. Nach 6 Monaten wird die Expedition überprüft und entschieden, ob sie um weitere 6 Monate verlängert wird. Aussagen über die Vorteile von disziplinarischer und fachlicher Führung in einer Person sind bereits genannt. Vorteile, die von den Mitarbeiter*innen gesehen wurden, sind: • Die Trennung von fachlicher und disziplinarischer Führung kann dazu führen, dass die persönliche Entwicklung stärker in den Fokus rückt, da im Gespräch mit dem People Lead die fachlichen Themen nicht so viel Raum einnehmen. • Es mag auch sein, dass der Blick des People Lead auf die Mitarbeiter*innen neutraler ist, weil er keine fachlichen Ziele hat. Fachliche Ziele können mit der Weiterentwicklung des Mitarbeiters durchaus konkurrieren. Abschluss Während der Interviews und Gespräche für diesen Beitrag fiel es den Kolleg*innen leicht, ihre Position zu Werten zu bestimmen. Sie waren sicher darin, Führung und Veränderungen im BI Bereich im Licht der Werte für sich zu beurteilen. Das galt auch für die Kolleg*innen, die angaben, dass die BI Werte für sie im Alltag keine große Rolle spielen. Es scheint, als würden die Werte die Kolleg*innen unausgesprochen verbinden und als wirkungsvoller Rahmen für ihre Zusammenarbeit dienen. Astrid Ritscher Astrid Ritscher ist als Agile Coach im Bereich Business Intelligence bei Otto tätig. Sie hat viele Jahre für Logistikunternehmen und Banken Software entwickelt, Software-Entwicklungsteams geleitet und zu agilen Themen und NoSQL-Datenbanken beraten. Jetzt begleitet sie cross-funktionale Teams. Anschrift: Astrid Ritscher Agile Coach • Agile Cluster • IT-BI-3 Otto (GmbH & Co KG), Werner-Otto-Straße 1-7, 22179 Hamburg A member of the Otto Group Telefon: +49 (40) 6461-8942 E-Mail: astrid.ritscher@otto.de Hinweis: Vorliegende Fassung entspricht nicht der gedruckten Fassung des Beitrages in der PM AKTUELL 5 (2019), sondern einer aktualisierten e-only-Variante. Anzeige Seit dem 1. März arbeiten die BI-Kolleginnen und -Kollegen in einem gemeinsamen Bereich in einer Produktorganisation. Der Bereich wird von zwei BI Leads geführt, unter ihnen sind 12 Domain Leads die disziplinarischen und fachlichen Vorgesetzten. Führung wird außerdem von den Product Ownern fachlich und technisch und dem agilen Personal prozessual ausgeübt. Das agile Personal gehört disziplinarisch nicht zum BI-Bereich und wird vom Process Lead geführt. Die Vision der neuen Organisation lautet: „Innovation and Excellent Business Decisions - powered by Data, Algorithms and People“ Werte im BI-Bereich In den nächsten Abschnitten geht es um die Werte: Wozu dienen sie? Sollte man sie pflegen? Wie passen sie zusammen? Was wird zu Werten gedacht? Erwartungen an Werte Die folgende Aufzählung zeigt, was Kollegen von Werten erwarten. • Werte dienen ... … als Rahmen für das Arbeiten im komplexen Arbeitsumfeld, … als Möglichkeit, sich in ständiger Veränderung ohne Angst zu bewegen, … als Identifikation mit dem Bereich, … als Check mit den persönlichen Werten, … als Maßstab für das eigene Handeln. • Werte sind nützlich, weil man sich gegenseitig an sie erinnern kann. Sie helfen beim Erreichen des Ziels. • Werte geben Leitplanken, grade wenn viel Verantwortung in die Teams geht und wenn im Komplexen gearbeitet wird. • Werte sind ein verbindendes Element für die Zusammenarbeit im Komplexen, für das eigene Wohlbefinden und für die Erreichung der Ziele. • Wenn meine Werte nicht zu den Bereichswerten passen, dann bin ich da nicht richtig. Zum Beispiel will ich Aufrichtigkeit und Offenheit in den Werten finden. • Führungskräfte sollten sehr streng nach Werten handeln. Werte und Mindset der OTTO BI REPORT 27 Agilität meistern. Kontrolle behalten. Erwerben Sie neue Kompetenzen. Lernen Sie selbstbewusst zu managen. Erlangen Sie Ihre Zertifizierung im agilen Projektmanagement. PRINCE2-Agile-Anzeige Nov-210x297_Anschnitt-wasp.indd 1 14.11.19 15: 45 Astrid Ritscher. Sie ist agiler Coach im Unternehmensbereich „Business Intelligence“ von Otto, Foto: studioline Hamburg GmbH & Co KG Wie Coach Astrid Ritscher bei Otto das agile Arbeiten voranbringt Die Werte der „Ottopreneure“ Autor: Oliver Steeger Uns interessieren die Werte, die die Basis für diese agile Arbeitsweise bilden. Wir wollen sehen, was es damit bei Otto in der Praxis auf sich hat - und ob ich (theoretisch) zu Otto passen würde. Wir sind mit Astrid Ritscher verabredet. Sie ist agiler Coach im Unternehmensbereich „Business Intelligence“ (BI), einer Abteilung mit rund 200 Mitarbeitern. Wir fragen sie nach den Werten, die im BI-Bereich bei Otto gelten. Eine Handvoll Kernwerte prägen die Arbeitswelt des Bereichs: Sei du selbst. Verhalte dich wie ein Unternehmer. Vertraue und schenke Vertrauen. Wachse zusammen (im doppelten Sinne des Wortes! ). Entwickele dich ständig. Für unternehmerisches Denken hat man ein schönes Wort gefunden: Werde „Ottopreneur“! Solche „Ottopreneure“ braucht das Hamburger Unternehmen, wenn es erfolgreich sein will. Digitalisierung und „Everywhere-Commerce“ verändern das Geschäft. Facebook und Twitter werden zu Kommunikationskanälen. Das Unternehmen investierte in die dreidimensionale Präsentation von Produkten. Seit 2016 vermietet Otto einen Teil seiner Sortimente statt sie zu verkaufen: beispielsweise Möbel, Technik und E-Scooter. Vor allem: Mit der Transformation des Geschäftsmodells zu einer Plattform öffnete es sich für Dritte, für neue Partner und Marken. Solche Innovationen fallen nicht vom Himmel. Der Online-Kulturmatcher bringt mich zum Nachdenken. Der legere Ton und die witzigen Zeichnungen täuschen nicht über den Ernst der Fragen hinweg. Eine davon: Wie positioniere ich mich zu „Arbeit als Verpflichtung“ vs. „Arbeit als Erfüllung“? Keine leichte Entscheidung. Verpflichtung bedeutet Verbindlichkeit, Commitment und Verlässlichkeit. Und Erfüllung - ja, erfüllen soll mich die Arbeit auch. Mit einem Schieberegler kann ich Position beziehen. Ich lasse den Regler in der Passe ich zu Otto? Würde ich mich in der Arbeitswelt der Hamburger Otto (GmbH & Co KG) entfalten können - und vielleicht sogar zu einem „Ottopreneur“ werden, wie man dies dort nennt? Das Unternehmen bietet mir einen Online-Test an. Dort finde ich beschrieben, auf was es dem Unternehmen ankommt. Die Mitarbeiter fühlen sich nicht nur als Kollegen, sondern als Freunde. Werte wie Offenheit, Mut, Ergebnisorientierung, Freiräume prägen die Zusammenarbeit - und auch „kontrollierte Kontrollverluste“ sind erlaubt. Ich teste mit dem „Kulturmatcher“, ob ich dazugehören könnte; „cultural fit“ nennen dies die Fachleute. 49 Fragen gibt es zu beantworten. Im November 2018 nahm Otto Abschied von seinem Hauptkatalog. Eine letzte Edition erschien. Die Zeit der gedruckten Warenhäuser war vorbei. Doch nur wenige schienen den Katalog ernsthaft zu vermissen. Wer stellt sich seine Sommergarderobe im Hauptkatalog zusammen und ordert sie auf Bestellkarten? Die allermeisten bestellen via Smartphone, wenn und wo es gerade passt. „Everywhere Commerce“ nennt sich dies. Was für den Kunden heute selbstverständlich ist, hat Otto bis an die Wurzeln verändert. Versandhandel ist heute ein volldigitales Geschäft. Amazon, der Branchenprimus, wurde bezeichnenderweise von einem Informatiker gegründet, nicht von einem Kaufmann. In dieser Branche gelten längst die Gesetze des digitalen Business: ständige Anpassung an Märkte, laufende Weiterentwicklung, immer wieder sich neu erfinden. Agile Arbeitsweisen sind bei Otto heute selbstverständlich. Unlängst hat das Unternehmen ein ganz auf „New Work“ zugeschnittenes Verwaltungsgebäude eröffnet. Mitte. Beides gilt für mich. Die nächste Frage: „Abwechslung bereichert das Leben“ vs. „Routine erleichtert das Leben“. Das ist leicht zu entscheiden. Abwechslung gefällt mir gut. Regler rüberschicken - und weiter geht’s! Otto setzt ausdrücklich auch auf „unerschrockene und unkonventionelle“ Mitarbeiter. Sie sollen neue Ideen entwickeln, Neues ausprobieren, Verantwortung übernehmen. Man gibt einzelnen Mitarbeitern weit mehr Freiräume und mehr Verantwortung als früher. Mit Fehlern will man anders umgehen, kürzere Entscheidungswege einrichten und das Herrschaftswissen abschaffen. „Kulturwandel 4.0“ nennt sich diese Initiative, die schon seit einiger Zeit läuft. Mit diesem Anspruch hat Astrid Ritscher täglich zu tun. Sie begleitet insbesondere Projektteams projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 32 REPORT Einer der Unternehmenswerte: Vertraue und schenke Vertrauen. Dies braucht auch buchstäblich Raum für persönliche Kommunikation, Foto: Otto (GmbH & Co KG) „auf dem Weg in die agile Transition“, wie sie sagt. Sie ist täglich dabei, wenn Mitarbeiter sich in ihren neuen Freiräumen bewegen und Verantwortung übernehmen. „Agiles Arbeiten muss man lernen“, sagt sie. Für nicht wenige sei es eine persönliche Herausforderung, beispielsweise Entscheidungen zu treffen und dafür einzustehen. Bei Teambesprechungen hält Astrid Ritscher sich im Hintergrund, beobachtet und ermutigt, gibt Feedback und weist auf wunde Punkte hin. Sie bespricht Prozesse und Verhalten. „Ich begleite nur“, sagt sie, „ich gebe nichts vor.“ Manchmal berät sie auch, wenn beispielsweise Teams erstmals agil arbeiten und dafür Methoden entwickeln. Dann ist sie eher Scrum-Masterin in diesem Team. „Ich verlasse die Beratung möglichst schnell wieder“, fügt Astrid Ritscher an. Ihr Ziel: Das Team soll sich selbst in die Lage bringen, effizient zu planen, zu arbeiten und Rückschau auf seine Arbeit zu halten. Da kommen auch die Werte ins Spiel. „Ich beobachte, dass bei uns viele Führungskräfte tatsächlich Authentizität bei ihren Mitarbeitern schätzen“, berichtet Astrid Ritscher. Auch lernen sie, Mitarbeitern Vertrauen zu schenken und selbst vertrauenswürdig zu sein - etwa dann, wenn die Teams jene Entscheidungen treffen, die früher über den Schreibtisch von Führungskräften gingen. „Teams sich selbst organisieren und entscheiden zu lassen hat viel mit Vertrauen zu tun“, sagt sie. Deshalb ist für Otto das unternehmerische Handeln als Kernwert so wichtig. Mitarbeiter sollen zu „Ottopreneuren“ werden. Der aus einem Wortspiel entstandene Kunstbegriff bringt auf den Punkt, wie man sich die Haltung von Mitarbeitern wünscht: nicht nur Arbeit erledigen und der eigenen Abteilung dienen, sondern das Unternehmen voranbringen. „Früher haben Teams gesagt, dass sie ihr Projekt für ihren Fachbereich durchgeführt haben“, sagt Astrid Ritscher, „heute entwickeln sie Dienstleister-Mentalität und denken an das Ganze.“ Einer ihrer Kollegen brachte dies unlängst auf den Punkt: „Unseren Bereich Business Intelligence würde es nicht geben, wenn andere Bereiche nicht unsere Zahlen, Ausfertigungen und Prognosen bräuchten.“ Astrid Ritscher hat selbst beobachtet, dass Teams immer häufiger offen darüber sprechen, ob ihre Ideen und Pläne Otto wirklich besser machen. „Solche Gedanken kommen durch Führungskräfte ins Gespräch und durch die IT-Entwickler selbst.“ Die Ottopreneure fragen sich selbstkritisch, ob es sinnvoll ist, was sie gerade tun. Sie haben den Mut, Zweifel anzumelden - auch gegenüber Vorgesetzten. Indes: So vielversprechend diese neue Haltung klingt, sie ist noch nicht überall und bei jedem angekommen. Es mag immer noch Abteilungen geben, in denen Mitarbeiter ihren Chef bestimmen lassen - und beide Seiten damit zufrieden sind. Ich arbeite mich beim Online-Kulturmatcher durch die Fragen. Manchmal denke ich zu viel nach. Ich lasse mich von Fakten beeinflussen - statt meinen Werten nachzuspüren. Da ist zum Beispiel die Frage: „Allein arbeitet man am effektivsten“ versus „Die besten Resultate entstehen im Team“. Die Effektivität von Teamarbeit ist wissenschaftlich erwiesen. Doch um solche „objektiven“ Gründe geht es nicht. Ich soll nicht rational entscheiden, ob Einzelkämpfertum oder Teamwork besser sind - sondern meiner persönlichen Position nachspüren. (Astrid Ritscher nannte dies: „Wie man gestrickt ist.“) Ich begreife: Werte kann man nicht rational ermitteln. Es braucht eine Art Zustimmung, die tief aus der Persönlichkeit kommt. Man muss mit Haut und Haaren hinter seinen Werten stehen. Weshalb ist es so schwierig, eine Unternehmenskultur zu verändern? Ein Grund ist: Vorgesetzte treffen nicht nur Entscheidungen und verteilen Aufgaben. Sie entscheiden auch über Prämien ihrer Mitarbeiter und unterstützen deren Karriere. „Da gibt es Abhängigkeiten, aus denen Mitarbeiter nicht durch einen Kulturwandel herauskommen“, sagt Astrid Ritscher. Nicht nur Mitarbeitern, sondern auch Führungskräften machen solche Abhängigkeiten zu schaffen. Hinter solchen vordergründigen Schwierigkeiten liegt noch weit mehr. Neue Verhaltensweisen kann man lernen. Doch dafür muss man von den neuen Werten überzeugt sein. Die Werte des Unternehmens und des Bereichs müssen - zumindest weitgehend - zu den eigenen Werten passen. Viele Mitarbeiter sind in der alten Wertewelt des Unternehmens sozialisiert. Was bedeutet es für sie, wenn das Unternehmen sich selbst verändert und neue Werte verkündet? Astrid Ritscher ist von Hause aus studierte Informatikerin. Sie hat in Bremen Software entwickelt für die See-Verkehrswirtschaft und Logistik; einige Jahre war sie bei einem Reeder tätig. Programmieren machte ihr Spaß. „Das ist ein völlig kreativer Flow-Prozess“, sagt sie, „man versenkt sich tief in das Programmieren und vergisst alles um sich herum. Das ist wie Kochen oder Malen.“ Schon bald hatte sie erste IT-Projekte zu leiten. Auch das machte ihr Spaß. „Ich finde es total spannend, mit Menschen zu kommunizieren und gemeinsam etwas zu erreichen - oder auch nicht zu erreichen“, berichtet sie. Sie lernte, dass die Arbeit mit Menschen „anders funktioniert“ als die Arbeit mit Programmzeilen. Man muss beobachten, abwarten, aushandeln; Achtsamkeit ist wichtig. „Ich verstand, dass man bei der Arbeit mit Menschen den Erfolg nicht in Zahlen messen kann. Und es dauert, bis der Erfolg sich zeigt.“ projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 REPORT 33 Astrid Ritscher wechselt mehrfach zwischen Personalverantwortung und Programmieren. Beides gefällt ihr. Dann führt sie ein Projekt, das sie selbst vom Programmieren abhält. Nach Projektende merkt sie, dass sie für mehrere Jahre nicht mehr programmiert hat. In der IT-Branche verliert man fachlich schnell den Anschluss. Astrid Ritscher sieht ein, dass sie sich besser auf ihre anderen Stärken besinnt. Auf die Arbeit mit Menschen. Sie bildet sich zur Scrum-Masterin weiter; mit der agilen Haltung und den dahinterliegenden Werten ist sie bereits gut vertraut. Selbstverantwortung und Selbstorganisation im Team sind genau ihr Ding. Bei Otto lässt sie sich zum agilen Coach ausbilden. Sie lernt viel über das, was einen guten Coach ausmacht: Er begleitet Klienten oder Teams, indem er die richtigen Fragen stellt. „Bei Gesprächen versuche ich herauszufinden, wo der andere gerade steht“, sagt sie, „hat er Angst vor Veränderung? Kommt er im Augenblick auf keine Ideen? Fühlt er sich im Umgang mit Vorgesetzten gehemmt? “ Sie entwickelt eine Hypothese und versucht diese zu verifizieren. Dann bringt sie den anderen zum Nachdenken: Wie möchte er in drei Monaten sein? Wie würde die Welt aussehen, wenn er morgen früh aufsteht und die Bauchschmerzen nicht mehr hat, mit denen er zu ihr gekommen bist? Was hätte sich verändert? Kann Coaching auch dazu beitragen, dass Mitarbeiter besser mit den Werten ihrer Unternehmen zurechtkommen? Astrid Ritscher denkt über die Frage nach. „Ja, wahrscheinlich“, sagt sie. Man könnte in einer Retrospektive des Teams Fragen stellen, die sich auf Werte richten. „Man kann das Team über diese Frage zum Nachdenken und Diskutieren bringen“, meint sie, „die Werte helfen ja, sich selbst auszutarieren und in einem komplexen Umfeld Halt zu finden.“ Sie schränkt dies etwas ein. Viele Teams reden ungerne über so schwer Greifbares wie Werte. Deshalb bevorzugt sie konkrete Anlässe, Werte zur Sprache zu bringen - etwa bei Meinungsverschiedenheiten, Störungen im Arbeitsklima oder kontroversen Feedbackrunden. Ihr fällt eine in Teamtrainings verwendete Methode ein, die sogenannte Aufstellung: Es geht darum, Position zu beziehen. Derjenige, dem beispielsweise Vertrauen sehr wichtig ist, stellt sich im Besprechungsraum ganz auf die rechte Seite. Derjenige, der dies für nicht so wichtig hält, auf die linke Seite. Die anderen dazwischen - dort, wo sie sich im Verhältnis zum Vertrauen selbst verorten. So erstaunlich es klingt, Gespräche beispielsweise über Vertrauen setzen bereits Vertrauen voraus. Wer über Werte spricht, der öffnet sich den anderen. Gespräche über Werte bleiben selten oberflächlich. Für die einzelnen Werte haben wir häufig unterschiedliche Begriffe. So sprechen wir über Offenheit oder Wertschätzung - doch wir denken im Grunde an Vertrauen. Im Dialog Übereinstimmungen bei den Werten zu finden führt Menschen zusammen. Sie finden eine gemeinsame Basis. „Mitarbeiter, die neu zu einem Team kommen, kann man durch ein Gespräch über Werte in die Gruppe hineinholen“, meint Astrid Ritscher. Die BI-Werte bei Otto offerieren eine Menge Gesprächsstoff. Manche Werte stehen im Spannungsfeld zueinander, im produktiven Widerspruch. Ein Beispiel: Zum einen dürfen Mitarbeiter bei Otto ganz sie selbst sein, also authentisch. Andererseits sollen sie unternehmerisch denken und handeln. Wer unternehmerisch handeln will, muss manchmal bei der Selbstentfaltung zurückstecken. Umgekehrt kann die freie Selbstentfaltung ein zu einseitiges unternehmerisches Denken in die Schranken weisen. Ein weiteres Beispiel: die persönliche Weiterentwicklung. Das lebenslange Lernen. Indes, Personalentwicklung kostet Geld. Auch hier gibt es eine Spannung zum unternehmerischen Handeln. Daraus ergibt sich häufig: Weiterbildung gerne - aber mit mittelfristiger Aussicht, dass sie sich auch für das Unternehmen auszahlt. Als die Werte des BI-Bereichs bei Otto Astrid Ritscher erstmals präsentiert wurden, hat sie die einzelnen Punkte nur gelesen. „Ich war auf die Äußerlichkeiten fixiert“, sagt sie. Später betrachtete sie die Werte genauer und reflektierte sie für sich selbst. Wie einige andere im Bereich auch hätte sie an Details noch gefeilt, vielleicht an den Begriffen, vielleicht an den erklärenden Sätzen, die jedem Wert angefügt sind. Gelegentlich äußerte sie, dass sich die Werte etwas ähnlich sind und nur der „Ottopreneur“ heraussticht. „Doch ich fand sie spontan wirklich gut“, sagt sie, „sie passten zu mir.“ Sie leiten bei der Zusammenarbeit. Ab und zu „ruckeln sie einen auch zurecht“, wie sie sagt. Vor allem: Sie entsprechen ihren persönlichen Werten. „Ich könnte nicht in einem Unternehmen arbeiten, dessen Kultur auf gänzlich anderen Werten aufgebaut ist als meinen.“ Beim Online-Kulturmatcher ertappe ich mich, wie ich mich dem Mainstream anpassen will - bezeichnenderweise bei der Frage „gegen den Strom schwimmen“ vs. „go with the flow“. Ich vermute, dass man bei Otto Gegen-den-Strom- Schwimmer braucht. Reflexhaft will ich mich zu diesem Wert bekennen. Mich anpassen an die Wertewelt. Doch - dieser Wert passt nicht so ganz zu mir. Ich bin nur bedingt ein Rebell. Ich schiebe den Regler hin und her. Man akzeptiert andere Werte so schnell, wenn man dazugehören will (oder muss). Was ist, wenn man mir auf die Schliche kommt: dass ich den Wert eigentlich nicht teile - und mich nur durchmogeln will? Also, authentisch bleiben. Ich lasse den Regler in der Mitte. Das soll heißen: Gegen den Strom schwimme ich nur als „Ultima Ratio“. Vor einiger Zeit sprach Astrid Ritscher mit einer Kollegin über die Werte. Die Kollegin sagte: „Wenn ich mit jemandem im Team partout nicht klarkomme, dann liegt das häufig daran, dass wir verschiedene Werte haben.“ Dies blieb Astrid Ritscher in Erinnerung. Werte wirken und steuern das Verhalten im Verborgenen. Über sie wird nicht viel geredet, auch in ihrem Bereich nicht. „Nur selten nehmen Teammitglieder bei Diskussionen ausdrücklich Bezug auf Werte“, sagt sie. Niemand trägt die Werte wie eine Monstranz vor sich her. Veranstaltungen oder Gesprächsrunden zu den Werten sind rar. Sie sind eher still in die Organisation eingesickert. Schwierig dagegen wird es, wenn jemand erkennbar gegen die Werte verstößt. Wenn eine Führungskraft vorgibt, dem Team zu vertrauen - und dann durch Kontrollieren und Mikromanagement enttäuscht. Lange bevor Astrid Ritscher zu Otto kam, hat sie selbst solch einen Wertekonflikt erlebt. „Man hatte mir eine Führungsposition angeboten“, berichtet sie, „man sagte mir, ich dürfe so bleiben, wie ich bin. Ich würde mit meinen persönlichen Werten geschätzt.“ Doch schon nach einem halben Jahr stellte sie fest, wie sie sich langsam veränderte. „Da war etwas passiert. Irgendetwas war nicht mehr richtig“, sagt sie. Später sollte sie gegenüber einem Kunden die Unwahrheit sagen. Es ging um eine Mitarbeiterin, die aus einem Kundenprojekt herausgeholt werden sollte, um in einem anderen Team zu arbeiten. „Sag einfach, sie sei krank geworden“, gab man Astrid Ritscher mit. „Dies stand im scharfen Widerspruch zu meinen innersten Werten“, sagt sie. Ob im BI-Bereich von Otto wirklich alle Kollegen die Werte im Innern teilen, weiß Astrid Ritscher nicht. Denkbar, dass sich einige wenige mit ihnen kostümieren und versuchen, sich durchzulavieren. „Ich kann nicht behaupten, dass ich projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 34 REPORT dies immer merken würde“, sagt sie. Diese Mitarbeiter könnten versuchen, sich eine Maske aufzusetzen, und doch einfach wie bisher weitermachen. Dies hätte einen zweifachen Preis. Zum einen: Die Kollegen reagieren mit einem Aufschrei, wenn die Maske fällt. Sie fühlen sich hintergangen. Zum anderen: Wie will jemand diese Maskerade durchhalten und dabei unauffällig bleiben? Astrid Ritscher sagt: „So etwas über Jahre zu schaffen ist schwierig.“ Häufig beobachtet Astrid Ritscher, was die neue Kultur bei ihren Kolleginnen und Kollegen auslöst. Einige spüren Stress, wenn sie plötzlich selbst entscheiden müssen. Sie fühlen sich überfordert und verloren. Andere beklagen den Verlust von Sicherheit, Status und Gestaltungsmacht. Wieder andere sehen die Werte und die agile Arbeitswelt als Befreiung. Die Digitalisierung verlangt Mitarbeitern viel ab. „In unserem Business-Intelligence-Bereich gibt es so viele unterschiedliche Themenstränge“, sagt Astrid Ritscher, „das kann ein Einzelner nicht mehr überblicken.“ Führungskräfte spüren, wie ihnen die agilen Arbeitsformen eine Management-Last von den Schultern nehmen - und wie die Werte helfen, besser gemeinsam zu handeln. „Ich habe Führungskräfte gesprochen, die von sich aus sagen, dass sie sich aus inhaltlicher Detailarbeit herausziehen wollen“, sagt Astrid Ritscher, „sie betrachten die Dinge dann von höherer Ebene aus.“ Auch solche persönlichen Vorteile tragen dazu bei, dass sehr viele Mitarbeiter hinter den Werten stehen und zufrieden sind mit der Arbeitskultur. Astrid Ritscher beobachtet, dass die Werte in der Breite wirken. „Die Menschen bei Otto sind sehr vielfältig, ein bunter Haufen“, sagt Astrid Ritscher, „viele schätzen es, dass sie authentisch bleiben können, wenn sie morgens zur Arbeit kommen - und dass dies für alle anderen in Ordnung ist.“ 49 Fragen später habe ich den Kulturmatcher beendet. Ich bekomme das Ergebnis: „Du hast bestimmte Wunschvorstellungen von Unternehmenskultur? Wir erfüllen sie in ganz vielen Punkten. In einigen Aspekten unterscheiden wir uns auch - aber die gemeinsame Richtung stimmt.“ Ich passe zu 76 Prozent zu Otto. Ob ich das Zeug zum Ottopreneur habe, sagt mir dieser Test nicht.  Die moderne Arbeitswelt bei Otto, wie geschaffen für New Work und agile Teams, Foto: Otto (GmbH & Co KG) Project Office ist Enterprise-Software für beeindruckende Projekte wie den Gotthard-Basistunnel. Agiles Teamwork und hohe Prozesssicherheit verbinden sich dabei zu konsequent hybridem Projektmanagement. Mit agilen Elementen wie Task Boards, Issues und Activities machen Sie Ihre Teams schneller und produktiver. Bewährte Elemente wie die Planung der Ecktermine liefern zuverlässige Leitplanken. energizing great minds Erfolgreiche Projekte durch verlässliche Prozesse und bessere Teamarbeit Engineering success - the agile way Anzeige REPORT 35 Wie Till Sabel agiles Arbeiten bei Otto erlebt „Ich möchte, dass das Ganze zum Erfolg kommt“ Autor: Oliver Steeger Teambesprechung bei OTTO, Foto: Otto (GmbH & Co KG) Mit dem Wort „Ottopreneur“ kann sich Till Sabel gut anfreunden. Der studierte Mathematiker, 33 Jahre alt, arbeitet in einem der agilen Teams, die Astrid Ritscher coacht. „Ottopreneur“ sein, das bedeutet bei Otto unternehmerisch zu denken. Und unternehmerisch denken, das ist ausdrücklich einer der Kernwerte, die die Unternehmenskultur bei dem Hamburger Onlinehändler prägen. „Diesen Wert reflektieren wir regelmäßig im Team“, sagt er. Reflektieren - inwiefern? „Wir überlegen prüfend, ob unsere Arbeit zum Ganzen passt und sinnvoll ist.“ Da ist immer jemand im Team, der fragt, ob die entwickelten Ideen und Lösungen gut für das Unternehmen sind. Ob das Team durch seine Arbeit wirklich Mehrwert für den Konzern schafft - oder nur einen Prozess, eine Vorschrift, eine Anweisung bedient. Mit bedachter Wortwahl versucht Till Sabel zu beschreiben, wie agiles Arbeiten ihn prägt. „Wenn ich an einer Aufgabe arbeite, dann geht es um meine Sache - und nicht eine Aufgabe, die mir ein Vorgesetzter übertragen hat“, sagt er. Er fühlt sich von innen her motiviert. Ihm liegt etwas an dieser Tätigkeit. Er sagt: „Ich möchte, dass das Ganze, für das ich arbeite, zum Erfolg kommt - wie jeder im Team auch.“ Unternehmenswerte können Menschen verändern, sagt Till Sabel. Natürlich formen sie niemanden im Ganzen. Dies will der Business-Intelligence-Bereich von Otto ohnehin nicht, ganz im Gegenteil. Ausdrücklich gilt der Wert: Sei du selbst! Jeder kann im Bereich so leben und arbeiten, wie er ist - sofern dies zur Kultur des Unternehmens passt. „Wir geben uns gegenseitig Feedback“, sagt Till Sabel, „wir sind ehrlich zueinander und bringen offen zur Sprache, wenn wir Ideen nicht teilen oder uns anderes Verhalten wünschen.“ Dadurch lernen die Einzelnen wie auch die Teams. „Werte sehe ich nicht als Regelwerk für Entscheidungen“, sagt Till Sabel, „sie unterstützen dennoch.“ Sie sind wie ein Rahmen, ein Kompass. Beim agilen Arbeiten vermissen Teams manchmal solche Orientierung und Sicherheit. Der Vorstand gibt über die Leitlinien für Strategie und Ziel die Orientierung, auf der operativen Ebene ist jedoch das Team zuständig. „Da ist kein Chef, der für Mitarbeiter Entscheidungen fällt, Anordnungen trifft und Ergebnisse prüft.“ Till Sabel beobachtet, dass Führungskräfte oder Coaches höchstens Anhaltspunkte oder „Startpunkte“ nennen, mehr nicht. Sie geben Hinweise, welche Prozesse oder Artefakte bei anderen Teams gut wirken und wie das Team seine Prozesse mit denen anderer Teams verzahnen kann. „Dies geben sie aber nicht vor“, sagt Till Sabel, „wir haben die Freiheit, diese Hinweise nicht aufzugreifen, wenn wir gute Gründe dafür haben.“ Dann, nach kurzem Nachdenken, fügt er an: „Am Anfang fühlen sich einige Kollegen damit vielleicht etwas hilflos.“ Zu Beginn spürte auch er das Bedürfnis nach Orientierung und Leitung. Von dem agilen Coach habe er Vorgaben erwartet. Jemand sollte sagen, wie die agilen Prozesse laufen. „Dann wurde mir klar, dass ein Coach dies nicht tun kann.“ Anderenfalls würde das Projekt seinen agilen Charakter verlieren. Viele Diskussionen im Zusammenhang mit der agilen Transition drehen sich um Führungskräfte: Einige tun sich schwer, Vertrauen zu ihren Mitarbeitern zu entwickeln oder Macht abzugeben. Mitarbeiter standen dagegen bisher selten im Fokus. Viele von ihnen sind in klassischen Unternehmenskulturen sozialisiert. Es ist ihnen in Fleisch und Blut übergegangen, Anweisungen der Führungskräfte zu folgen. Till Sabel beobachprojektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 36 REPORT Viele Mitarbeiter sehen den Coach als Helfer, wenn sich ihr Team etwa in einer Idee verrannt hat, Foto: Otto (GmbH & Co KG) tet diese Erwartung selbst bei jüngeren Kollegen, die sich erstmals mit agiler Arbeitsweise konfrontiert sehen. „Manche gehen insgeheim davon aus, dass dann doch jemand in irgendeiner Form die Führungsrolle innehat und ihnen sagt, wie sie vorgehen sollen.“ Dies zeigt: Agile Transitionen erfordern eine Änderung im Mindset von Führungskräften, aber auch von Mitarbeitern. Mehr noch: Alle in einem solchen Transitionsprozess müssen ihre neue Rolle verstehen und auch im Arbeitsalltag leben - was für Beteiligte nicht immer einfach ist. Agiles Arbeiten soll Projekte in Unternehmen beschleunigen. Vermag es dies wirklich? „Agiles Arbeiten fühlt sich in der Praxis sogar manchmal langsamer an als eine nicht agile Vorgehensweise“, meint Till Sabel. Er und seine Kollegen haben viel zu kommunizieren; die zahllosen Kommunikationsroutinen und Meetings scheinen zunächst Zeitfresser zu sein. „Wir sitzen in unserem Team wöchentlich fünfmal zusammen und reden über das, was wir machen und wie wir es machen“, sagt er. Doch diese Zeit findet er gut investiert. Besonders gegen Projektende fließen Informationen extrem schnell. „Die Feedbackschleifen sind sehr eng“, sagt Till Sabel, „man erkennt schneller Veränderungen und auch Fehler.“ Und: Durch die intensive Kommunikation sieht er viele Blickwinkel in die Entscheidungen einbezogen, was nach seiner Erfahrung die Entscheidungen verbessert. „Wollte man in einem nicht agilen Umfeld eine ähnliche Entscheidungsgüte erzielen, würde man vermutlich ebenso viel kommunizieren wie im agilen Umfeld.“ Manche seiner Kollegen gehen in dieser Kommunikationsarbeit auf. Sie mögen dies tägliche Zusammensein; die damit verbundenen Routinen sehen sie als Chance. „Für sie ist es nicht anstrengend, sie sehen darin einen sinnvollen und erfüllenden Teil ihres Arbeitsalltags.“ Und die anderen? Da gibt es einige, die konzentriert ihre Aufgaben erledigt sehen wollen - und die Kommunikationsrituale als belastend empfinden. „Von diesen Mitarbeitern fordert die Kommunikation eine gewisse Disziplin“, sagt Till Sabel. Ergibt sich daraus nicht ein Zielkonflikt: zum einen die dringende Aufgabe fertigstellen, zum anderen zum Meeting gehen? „Manchmal kann dieser Konflikt anstrengend sein“, meint Till Sabel. Er löst solche Konflikte durch Transparenz: das Problem offenlegen und mit anderen klären, ob die Besprechung oder die Aufgabe Priorität hat. Agiles Arbeiten stellt viele seiner Kollegen auf sich selbst. Da ist wenig, an dem sie sich festhalten können - und dies erklärt die hilfreiche Wirkung der Werte. Ähnliche Sicherheit bieten die Prozesse. Die agilen Artefakte bilden den Mindestrahmen; jedes Team entwickelt mit der Zeit seinen eigenen Prozessrahmen. Können auch agile Coaches Sicherheit geben? Ja, durchaus. „Ich sehe den Coach als Helfer, wenn sich das Team beispielsweise verrannt hat in einen Prozess oder einer Idee“, sagt Till Sabel, „es ist beruhigend zu wissen, dass jemand da ist, der das Ganze im Auge hat und, wenn nötig, dem Team kritisch Feedback oder einen Impuls gibt.“ Besonders, wenn das Team unter starkem Druck steht, ist die Unterstützung durch agile Coaches hilfreich. Unter Druck fallen nicht wenige Mitarbeiter in alte Verhaltensmuster zurück. Dann ist es verlockend, doch jemanden das Projekt führen zu lassen oder sich fragend an einen Vorgesetzten zu wenden. „Ich finde, dass wir in unserem Team mittlerweile so weit sind, dass wir uns gegen den Druck stemmen können“, sagt Till Sabel, „wir wissen, dass wir unsere Haltung und unsere Prozesse aus gutem Grund haben.“ In solchen Situationen des Standhaltens springen agile Coaches ihren Teams bei. Sie spüren Problemen nach und sprechen auf wunde Punkte an. „Coaches sind sehr empathische Menschen“, sagt Till Sabel, „sie halten durch ihr Feedback Teams auf ihrem selbst gewählten Kurs.“ Manchmal sind es die kleinen Bemerkungen der Coaches, die Randnotizen, die das Team voranbringen. Der Coach nimmt jemanden zur Seite: „Mir ist da etwas an dir aufgefallen …“ Oder: „Deine Äußerung hat etwas mit mir gemacht …“ Solche Denkanstöße, solches Feedback empfinden Till Sabel und viele seiner Kollegen als Ankerpunkte in der agilen Welt.  Der Benchmark für Ressourcenplanung Projektportfolio-Management Ressourcenplanung Zeit-/ Aufwanderfassung Kostenmanagement Projektplanung Die Testumgebung in der Cloud steht für Sie bereit Scheuring AG CH-4313 Möhlin � +41 61 853 01 54 www.scheuring.ch � info@scheuring.ch www.ressolution.ch Anzeige projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 REPORT 37 Performancetrainer Mirko Sellner erklärt das Geheimnis von Topleistung Die letzten drei Prozent Reserve wecken Autor: Oliver Steeger Sellner, kennen Sie als Sportcoach so etwas auch aus Wettkämpfen im Spitzensport? Mirko Sellner: Ja, sehr gut sogar! Ich habe vor einiger Zeit mit einer Eishockey-Mannschaft zusammengearbeitet. Sie hat hart gearbeitet und trainiert. Die Spieler haben hervorragend ihr Leistungspotenzial entfaltet und sich mit der Silbermedaille belohnt. Doch die nächste Meisterschaft war umso schwieriger. Die Mannschaft hat dann verloren? Nein. Sie kannte die Gefahr. Sie hat den Silber-Sieg gefeiert - und sich dann sofort auf die nächste Meisterschaft vorbereitet. Sie hat noch mehr gearbeitet als vorher. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, wie man im Sport sagt … … wobei Sportler nach einem Sieg noch mehr für Projektmanagement braucht Spitzenkönner. Doch wer Spitzenkönner werden will, muss mehr als nur seine Disziplin üben. Ein Gespräch mit dem Performancetrainer Mirko Sellner zeigt: Topperformance setzt sich aus Dutzenden einzelner Bausteine zusammen, darunter scheinbar simple Punkte wie Atmung, Ernährung, Stressmanagement, mentale Haltung oder Management von Leistungskurven. Wie aus exzellenten Könnern Topperformer werden (und was Projektmanager davon lernen können) - dies erklärt Mirko Sellner im Interview. Manche Teams machen enorme Fortschritte bei ihrem Projekt - und dann plötzlich zerrinnt ihnen der Erfolg zwischen den Fingern. Das Team kann die Erfolgsserie nicht fortsetzen. Es ist, als sei die Luft heraus aus dem Team. Herr Rundumsicht im Simulator, Foto: www.kraeling-foto.de Mirko Sellner Mirko Sellner ist Performance- und Mentaltrainer sowie Sportprojektmanager. Seit 23 Jahren ist er im Personal-Coaching tätig. Seit 12 Jahren coacht er Rennfahrer und hat viele Meistertitel im Profi-Rennsportbusiness unterstützt, dabei auch mit einem eigenen Formel-Rennsimulator. Er war vier Jahre lang Team-Mentaltrainer in der ersten Bundesliga DEL und hat zwei Vizemeistertitel unterstützt (Saison 2014/ 2015 und 2015/ 2016). Mirko Sellner ist außerdem erfolgreicher Sportmentalcoach für verschiedene Einzelsportarten. E-Mail: -info@mirkosellner.de projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 38 WISSEN (Fast) wie auf der Piste: Mirko Sellners Rennsimulator wird für professionelles Training genutzt, Foto: www.kraeling-foto.de Mirko Sellner im Gespräch mit einem Rennfahrer, Foto: Raimo Hübner das nächste Spiel trainieren müssen. Sportler sollten lernen, die Spannung beizubehalten. Beim Eishockey finden die Spiele hauptsächlich Freitag und Sonntag statt. Die Mannschaft reist beispielsweise freitags spätabends von der Spielstätte wieder ab. Auf der Heimfahrt - auch nach erfolgreichen Spielen - beginnt die Analyse für die Nachbereitung, um daraus eine Vorbereitung für das kommende Sonntagsspiel zu generieren. Also nicht nur um der Analyse willen, sondern auch um ein Signal zu senden: „Wir müssen hart weiterarbeiten. Der nächste Erfolg wird umso schwieriger! “ Ein guter Trainer erkennt die Leistungszyklen seiner Sportler. Nach einem Sieg zeigt er der Mannschaft, dass sie nicht abheben darf. Sie muss sich noch intensiver als bisher auf das nächste Spiel vorbereiten. Denn nach einem Sieg sind Sportler anfällig dafür, sich von einer Erfolgswelle getragen zu sehen. Sie starten in den nächsten Wettkampf mit dem Gefühl, dass ihnen der erneute Sieg sicher ist - obwohl sie noch nicht am Ziel sind. Während des Spiels gibt es erste Teilerfolge. Die Sicherheit nimmt zu. Alles läuft perfekt. Der Sieg scheint greifbar, so, als ob er schon erreicht wäre. Dann kommt die fatale Wendung: Die Leute fühlen sich unschlagbar. Es läuft ja so großartig! Sie wähnen sich unbesiegbar. Vielleicht ist dies nur ein Gedanke, ein Gefühl. Doch in diesem Moment lässt die Spannung nach. Sie werden unachtsam. Sie geben nicht mehr alles für die Spitzenleistung. DIE SPIELER „EINFANGEN“ Die Sportler sehen sich nicht mehr auf dem Spielfeld, sondern schon auf der Siegerstraße? Genau. Dann sinkt die Leistungskurve. Zuerst lässt die Leistung ein bisschen nach; es kommt zu kleineren Fehlern. Dann kommen die Einschläge näher. Manche Sportler erschrecken und versuchen panisch, das Steuer herumzureißen. Doch plötzlich ist der Flow weg. Ihr Spiel kommt ins Stolpern. Die Niederlage ist dann häufig vorprogrammiert. Die Aufgabe des Trainers ist es, dieses Gefühl der Unschlagbarkeit in einer Mannschaft zu erkennen und schnell und wirksam gegenzusteuern. Er muss die Spieler wieder einfangen, damit sie weiterarbeiten. Wo genau liegt das Problem mit dieser Spannung, von der Sie sprechen? Wenn die Spannung nachlässt, sind wir nicht mehr zu 100 Prozent fokussiert auf das, was wir tun. Wir schöpfen unser Leistungspotenzial nicht mehr vollständig aus. Zunächst kommt es zu vielleicht verzeihlichen Flüchtigkeitsfehlern. Dann wird es schlimmer. Versuchen Sportler dann, das Steuer herumzureißen, sind sie häufig nur noch bei 65 bis 70 Prozent ihrer Leistungsfähigkeit. Dann kommt vielleicht nochmals neuer Kampfgeist, doch man erreicht nur noch maximal 80 Prozent seiner normalen Leistungsfähigkeit. Bei der Krisenbewältigung kann die Mannschaft gar nicht mehr alle Kräfte wecken, die in ihr stecken. GEFÜHL FÜR LEISTUNGSZYKLEN Sie sprechen vom Mannschaftssport. Gilt dies auch für Einzelne? Selbstverständlich! Wenn Sie zu einem Topperformer werden wollen, brauchen Sie dieses projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 WISSEN 39 Gefühl für Ihre Leistungszyklen. Sie benötigen eine gute Intuition dafür, wann die Spannung nachlässt und Sie beginnen, sich für unbesiegbar zu halten. Das ist häufig ein Seiltanz, dies gebe ich zu. Man fragt sich: Muss jetzt diese Anspannung wirklich sein? Man hat ja bewiesen, dass man es kann ... Genau! Man war ja auf dem Gipfel! Weshalb jetzt noch mehr arbeiten? Spitzensportler haben gelernt, sich recht gut gegen diese Versuchung zu schützen. Manche nennen dies Respekt vor dem Sport und dem Kampf. Andere sprechen von Demut, wieder andere von Dankbarkeit. Dankbarkeit und Demut sind vielen Spitzenkönnern zu eigen. Ich habe Rennsportler beobachtet, die nach dem Rennen vor ihrem Wagen in die Knie gegangen sind und ihm gedankt haben. Das war für viele Zuschauer irritierend. Was macht der Rennfahrer da? Er kniet vor dem Auto nieder und dankt ihm. Doch dies ergibt Sinn! Im Motorsport sind Fahrer und Wagen stark verbunden. Die Fahrer entwickeln eine exzellente, innige Verbindung zu dem Wagen. Sie spüren alles, was der Wagen ihnen mitteilt. Dadurch kommen sie in einen Flow-Effekt während des Rennens. Und dabei entsteht Dankbarkeit gegenüber der Technik, die den Sieg ermöglichte. Diese Demut und Dankbarkeit sind Tugenden, die alle lernen sollten, die sich auf den Weg zu Spitzenleistungen machen. STARKE EIGENMOTIVATION Sie haben viel Erfahrung damit, Menschen zu Höchstleistung zu bringen. Was unterscheidet Ihrer Beobachtung nach Spitzenkönner von denen, die „nur“ gute Leistungen erbringen oder über Mittelmaß gar nicht hinauskommen? Was den Sport betrifft: Genetik und Talent sind wichtig für Topperformance. Bei Topläufern beispielsweise passen Größe und Statur des Körpers perfekt zueinander. Die Beinlänge und die Länge des Rumpfes harmonieren. Doch Genetik und Talent sind nicht alles. Da kommt noch einiges hinzu, zum Beispiel der eigene Antrieb, die Motivation. Manche Sportler, die mit mir zusammenarbeiten wollen, haben dank ihrer starken Eigenmotivation bereits einen Großteil ihrer Leistungsfähigkeit erschlossen. Ihnen geht es darum, die letzten drei Prozent Reserve zu wecken. Die letzten drei Prozent? Wirklich? Das ist meine Aufgabe: die letzten drei Prozent zu mobilisieren, die exzellente Sportler von Topperformern trennt. Drei Prozent klingt recht wenig. Diese zu wecken bedeutet aber manchmal sehr, sehr viel Arbeit. Und dafür ist diese intrinsische Motivation unerlässlich. Inwiefern viel Arbeit? Viele Sportler beklagen sich, dass sie nicht weiterkommen - obwohl sie viel trainieren, topfit sind, ihre Sportdisziplin gut beherrschen, technisch ausgefeilte Sportgeräte haben und von einem guten Team begleitet werden. Sie stoßen an eine Art gläserne Decke. Wo setzen Sie an? Wie machen Sie aus exzellenten Sportlern Spitzenperformer? Bei der Technik und anderen harten Faktoren kann ich mit meinen Sportlern vielleicht noch an Kleinigkeiten feilen. Beispielsweise Tennis: Wir können vielleicht nochmals den Schläger optimieren und die Bespannung auf den Sportler und das Match einstellen. Doch dieses Potenzial ist schnell ausgeschöpft. Da ist eigentlich nicht mehr viel zu holen. Wir kommen dann zu den weichen Faktoren - zum Menschen selbst. Ein Beispiel: Ich habe viel mit jungen Sportlern zu tun, die in ihre Sportarten sehr erfolgreich hineinwachsen. Häufig stehen ihre Eltern im Hintergrund, die die Sportlerkarriere ihrer Kinder pushen. Manchmal merke ich im Coaching, dass die Eltern den Erfolg mehr wollen als die jungen Sportler selbst. Dann fällt es den Sportlern schwer durchzustarten. Da kommt man auf Loyalitäten und viele andere mentale Faktoren zu sprechen. BLOCKADEN IM KOPF LÖSEN Etwa durch mentales Training? Nicht nur durch mentales Coaching. Allein mentale Techniken reichen manchmal nicht aus, um Blockaden im Kopf zu lösen, Selbstbewusstsein oder Motivation zu entwickeln. Neben dem Mentalen gibt es noch viele andere wichtige Dimensionen. Wir wollen den Erfolg auf ein sehr breites Fundament stellen. Wie darf ich mir dies genau vorstellen? Jeder Mensch hat Bedürfnisebenen, von einfach erscheinenden Dingen wie Ernährung und Schlaf bis hin zur Sinnsuche und zu einem erfüllenden Leben. Beim Sportcoaching gehen wir die Bedürfnispyramide stufenweise durch, von unten nach oben. Wir optimieren jeden einzelnen Punkt. Zum Beispiel? Denken Sie an die Ernährung! Es gibt viele gute Regeln für gesunde Ernährung. Doch die für Sie optimale Ernährung hängt davon ab, welcher Stoffwechseltyp Sie sind. Welche Lebensmittel tun Ihnen gut - und welche nicht? Viele Sportler befolgen allgemeine Ernährungsempfehlungen. Das ist gut, reicht aber nicht aus. Zusammen mit anderen Experten stelle ich sie auf typgerechte Ernährung um. Daran schließt sich eine Der Motorsport erfordert höchste physische und mentale Leistung, Foto: Raimo Hübner projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 40 WISSEN weitere Frage an: Wie sieht es mit der Vitaminversorgung aus? Menschen, die Leistung erbringen wollen, brauchen beispielsweise Vitamin D, das Sonnenvitamin. Ist die Mikronährstoffversorgung schlecht, kann ein Sportler an seiner mentalen Fitness arbeiten, wie er will. Er wird nicht vorankommen. Noch ein Beispiel: Bei der ganzheitlichen Körperanalyse - in Form von unterschiedlichen Messungen - stellen wir oft fest, dass der Sportler zu wenig Wasser im Körper hat. Drei Prozent zu wenig Wasser im Körper kann dazu führen, dass Sie nur noch 65 Prozent Ihrer Energie abrufen können. Wir brauchen Wasser beispielsweise für den Transport von elektrischen Signalen im Nervensystem. Man sagt, man soll täglich 30 ml je Kilogramm Körpergewicht trinken - unter normalen Umgebungsbedingungen. Für jemanden mit 80 Kilogramm Körpergewicht sind das 2,4 Liter. Trinken Sie so viel? Offen gesagt, nein. Ich bin aber auch kein Sportler! Ich beziehe dies alles nicht nur auf Sportler, sondern auf jeden, der Topleistungen erbringen will. Von Spitzensportlern können Sie lernen, wie Sie ganzheitlich Ihre Leistungsfähigkeit ausschöpfen. Wir alle wollen ja nicht nur Leistung erbringen, sondern auch in dem Beruf, den wir ausüben, noch eine Weile tätig sein. Deshalb ist auch die Regeneration so wichtig. Also Pause und Auszeit? Pause und Auszeit braucht man, keine Frage. Doch ich gehe an dieses Thema noch viel detaillierter heran. Ich spreche beispielsweise mit Sportlern über die Atmung. Atmung? Für Regeneration? Atmung trägt enorm zur Regeneration Ihres Organismus bei. Beim Einatmen beschleunigt sich die Herzfrequenz leicht, beim Ausatmen fällt sie. Beim Einatmen werden Sie auf vielleicht 80 oder 85 Schläge kommen, beim Ausatmen vielleicht auf 70 - je nachdem, wie trainiert Sie sind. DAS RICHTIGE ATMEN Sie meinen den Puls, den man mit einer Sportuhr misst? Sportuhren ermitteln nur den Durchschnittswert. Sie zeichnen nicht diese leichte Wellenbewegung in der Herzfrequenz auf, die durch das Atmen verursacht wird. Lernen Sportler das richtige Atmen, dann erhöht sich die Frequenz beim Einatmen, und die Frequenz beim Ausatmen sinkt weiter. Manche Sportler haben eine Frequenz von über 100, wenn sie einatmen - und unter 50 beim Ausatmen. Das Herz-Kreislauf-System kann sich dadurch viel besser regenerieren. Dafür aber muss man das richtige Atmen lernen. Ich hätte eher vermutet, dass mentales Training oder Meditation zur Regeneration führen. Das eine schließt das andere nicht aus. Wichtig ist, dass wir überhaupt an die Regeneration denken. In unserem autonomen Nervensystem gibt es zwei Spieler: den Sympathikus und den Parasympathikus. Der Sympathikus ist quasi unser Gaspedal. Er gibt unserem Organismus Energie. Drücke ich aber nur aufs Gaspedal und aktiviere nur den Sympathikus, dann kommt die Regeneration zu kurz. Für diese Regeneration ist der Parasympathikus zuständig. Wir müssen lernen, ihn zu aktivieren; er ist gewissermaßen die Bremse. Viele leistungsorientierte Menschen können aber nicht bremsen. Sie meinen, Regeneration besteht darin, nur einmal kurz vom Gas zu gehen. Sie wissen gar nicht, wie man richtig bremst. Arbeiten Sie mit Sportlern viel an dieser Bremse? Ja! Anderenfalls würden sie sich verschleißen. Die richtige Atmung ist ein Beispiel dafür; sie wirkt ja direkt auf das autonome Nervensystem. Wir setzen aber auch anders an. Wir trainieren, zu einer Art inneren Frieden zu finden. MEDITIEREN UND GEDANKEN BETRACHTEN Zum inneren Frieden finden - was ist damit gemeint? Einige Sportler meditieren. Sie lernen es, Gedanken nur zu betrachten und weiterziehen zu lassen. Ein Sportler geht dafür in die Berge, ein anderer ans Meer; manche brauchen nur eine Zimmerecke. Beim Meditieren stellt man fest: Ein Gedanke kommt, beschäftigt einen - und er geht auch wieder, wenn man sich von ihm nicht ergreifen lässt. Manche Sportler sind überrascht von der Kraft, die durch solch einen inneren Frieden ermöglicht wird. Früher haben sie sich über Kleinigkeiten aufgeregt; heute lassen sie Gedanken weiterziehen, die sie früher aus der Fassung gebracht haben. Dies ermöglicht Regeneration ... ... und vermutlich auch Stressbewältigung? Meditation und andere mentale Übungen machen uns resistenter gegen Stress. Stress fällt ja nicht vom Himmel. Er hat Auslöser, sogenannte Stressoren. Die Stressoren lösen eine Stressreaktion aus, was allerdings ein sehr individueller Vorgang ist. Durch unsere Erfahrungen sind wir geprägt, auf bestimmte Stressoren zu reagieren. Manche fühlen sich beispielsweise unter Stress gesetzt, weil sie nie gelernt haben, Nein zu sagen und sich abzugrenzen. Wenn wir solche Hintergründe kennen und wissen, weshalb wir auf einen Stressor mit Stress reagieren, dann sind wir einen Schritt weiter. Wir können also die Weise, wie wir auf Stressoren reagieren, verändern. Wir können lernen, anders mit Stressoren umzugehen. Augenblick! Jeder kennt das Gefühl, unter Zeitdruck zu stehen. Wir spüren den Stress geradezu körperlich und sehr tief in uns, oder? Genau in dieser tiefen, körperlichen Wirkung liegt die Gefahr von Stress. Stress zwingt uns zu instinktiven Verhaltensweisen aus grauer Vorzeit: Flucht, Verteidigung oder Totstellen. Solche Reaktionen würden uns wirklich helfen, wenn es um Leben oder Tod ginge. In einer Stresssituation wird blitzartig unser limbisches Gehirn aktiviert: Der Blutdruck steigt. Unsere Arme und Beine werden mit Blut versorgt, damit wir im Notfall weglaufen oder uns verteidigen können. Das rationale Denken hat darauf keinen Einfluss. Ganz im Gegenteil, es wird gedämpft. In Stressreaktionen folgen wir mehr den Automatismen als klarer Überlegung. Wir stehen unter Strom - und können trotzdem unser Leistungspotenzial nicht abrufen. Beim Boxsport ist dies ein ganz großes Thema. Da dürfen Stressgefühle nicht überkochen; sie würden den Sportler aus dem Flow bringen. Ähnliches habe ich auch im Rennsport beobachtet. STRESSREAKTION BEEINFLUSST KONZENTRATION Im Rennsport? Stellen Sie sich einen Rennfahrer vor, der in einer Runde mit 250 Stundenkilometern auf eine projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 WISSEN 41 90-Grad-Kurve zufährt. 150 Meter vor der Kurve bremst er scharf ab und meistert danach die Kurve problemlos, wie im Flow. Ein Ingenieur aus seinem Team sagt ihm, er könne auch 30 Meter später bremsen. Doch der deutlich kürzere Bremsweg setzt den Fahrer unter starken Stress. Die Auswertung der Runden zeigt dann: Er ist zwar schneller auf die Kurve zugefahren, doch in der Kurve selbst hatte er dann Probleme. Die Stressreaktion hat seine Konzentration massiv beeinträchtigt. Viele Sportler wissen hinterher nicht mehr, wie sie genau in Stresssituationen gehandelt haben. Unter Stress schaltet unser Gehirn in einen Betriebsmodus, der uns aus dem Hier und Jetzt herausholt. Unter diesen Bedingungen ist Topperformance nicht mehr möglich. Wie gehen Sportler mit solchen akuten Stresssituationen um? Wir setzen stark auf „Separatoren“, die quasi einen Keil zwischen den Stressor und die Stressreaktionen treiben. Haben Sie schon einmal Menschen beobachtet, die sich stark erschrocken haben? Manche schlagen sich mit der flachen Hand auf die Brust. Das ist solch ein Separator, ein Trick, aus der Stresssituation herauszukommen. Der Schlag auf die Brust fährt den Körper wieder herunter. Andere versuchen, ihre Zehen zu bewegen, um wieder ins Hier und Jetzt zu gelangen. Oder jemand anderes holt sie etwa mit einem Schlag auf die Schulter heraus. Es gibt da durchaus wirksame Strategien. SELBSTVERTRAUEN UND INNERE BALANCE Sprechen wir bitte über weitere mentale Einflussfaktoren für Spitzenleistungen. Was gehört Ihrer Erfahrung auf die Liste der wichtigsten Faktoren? Selbstvertrauen und Selbstsicherheit sind sehr wichtig; beides hängt übrigens auch mit der inneren Balance und dem inneren Frieden zusammen. Ein weiterer Faktor ist die Balance zwischen dem Sport und dem Rest der Lebens; im Arbeitsleben wird dies auch als Work-Life-Balance bezeichnet. Ein weiterer Faktor: Selbstannahme und Selbstliebe. Selbstliebe? Mit Selbstliebe ist die Anerkennung der eigenen Person gemeint, das Einverständnis damit, wie man ist. Die Frage, ob man sich selbst ein guter Freund sein kann. Was gehört noch auf die Inventarliste mentaler Faktoren? Man braucht Partner auf Augenhöhe. Für Spitzensportler heißt dies, selbst die Augenhöhe zu halten und nicht abzuheben. Damit hängt dann auch die Verbundenheit zusammen: Fühlt man sich denen verbunden, mit denen man zusammen am Erfolg arbeitet? Verbunden etwa mit der eigenen Mannschaft, dem Trainer, anderen Teammitgliedern? Bei Meisterschaften können Sie häufig beobachten, dass zur Siegesfeier auch die aufs Feld geholt werden, die im Hintergrund an dem Sieg mitgewirkt haben oder nicht direkt auf den Erfolg Einfluss nehmen konnten. Diese Verbundenheit mit wirklich allen Beteiligten ist enorm wichtig. Sie haben bei Ihrem Vortrag auf dem Projektmanagement Forum im vergangenen Jahr den Begriff „unbewusste Kompetenz“ verwendet. Was ist damit gemeint? Angenommen, ein Sportler startet mit einer für ihn völlig neuen Sportart. Er stößt natürlich schnell an seine Grenzen. Er kommt nicht voran. Dies ärgert ihn; vielleicht hat er auch Angst zu versagen. Er ist in dieser Phase inkompetent, und er weiß nicht einmal genau, welche Kompetenz ihm fehlt. Er ist unbewusst inkompetent - ein völlig normaler Startpunkt für den Lernprozess. Dann fragt der Coach, weshalb sich der Sportler ärgert und Angst empfindet. Er redet mit dem Sportler; die Angst vergeht, und der Sportler entdeckt langsam, welche Kompetenzen ihm fehlen. Die Inkompetenz ist ihm jetzt bewusst. Und diese Inkompetenz löst jetzt keine starken Gefühle mehr aus. Der Sportler kommt aus einer Problemzone heraus und kann sich entwickeln. Er wird befähigt zur Leistung. Er verbessert sich. Aus der bewussten Inkompetenz wird langsam bewusste Kompetenz. UNBEWUSSTE KOMPETENZ ALS SCHLÜSSEL Welchen Nachteil hat diese bewusste Kompetenz? Der Sportler muss beispielsweise seine Bewegungen noch bewusst steuern. Er denkt viel nach - und das kostet Energie und Zeit. Dies ändert sich erst, wenn er allmählich unbewusst kompetent wird. Unbewusste Kompetenz ist das Ziel des Lernprozesses und des Trainings. Nach langem Training kommt der Sportler dazu, Bewegungen unbewusst auszuführen, quasi automatisch. Die unbewusste Kompetenz hat drei Vorteile: Sie funktioniert zuverlässig, unglaublich schnell - und sie spart sehr viel Energie. Unser Bewusstsein ist, verglichen mit dem Unbewussten, langsam und energieraubend. Jeder Spitzensportler will des- Gemeinsames Auswerten des Rennens, Foto: www.kraeling-foto.de projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 42 WISSEN halb immer aus seinem Unbewussten heraus Leistung erbringen … … diese schlafwandlerische Sicherheit, von der immer wieder gesprochen wird ... Ja, genau darum geht es. Man sagt, dass man eine Bewegung - etwa einen Schlag im Tennis - eintausendmal wiederholen sollte. Dann beherrscht man sie unbewusst, und es entstehen diese Floweffekte, die im Hochleistungssport so wichtig sind. Der Sportler scheint sich auf dem Feld selbst vergessen zu haben. Er agiert und reagiert schlafwandlerisch. In diesem Flow sind die Sportler wirklich authentisch und in ihrem Element - so, als wären sie ein anderer Mensch. Ein anderer Mensch? In der Tat? Ich kenne Kampfsportler oder Rennfahrer, die der ideale Schwiegersohn wären. Freundlich, mitfühlend, zuvorkommend. Auf der Matte oder der Rennbahn verändern sie sich völlig. Sie nehmen eine ganz andere Identität an. Sie sind dann nicht mehr die Person, die man vielleicht aus dem Privatleben kennt. Vor dem Wettkampf ziehen sich manche Sportler zurück und finden sich bewusst in diese Identität ein. Kehren sie nach dem Wettbewerb wieder in ihre alte Identität zurück, sind sie von ihrer Topleistung abgeschnitten. Die Spitzenleistungen erzielen sie nur in ihrer Sportler-Identität. FLOW-ZUSTAND Was geschieht während dieses Flow-Zustands, in dem Sportler ihre „andere“ Identität haben? Das ist schwierig zu beschreiben. Die Sportler stehen unter Strom. Ihr Körper ist extrem aktiviert. Die Sportler sind vollständig präsent und können unbegrenzt auf ihre körperlichen und mentalen Ressourcen zugreifen. In diesem Moment ist auch die unbewusste Kompetenz aktiviert. Der Sportler denkt nicht darüber nach, was er gerade macht. Seine Abläufe sind vollkommen in sich automatisiert. Für einen Tennisspieler gibt es dann beispielsweise keine Zuschauer mehr, sondern nur noch den Ball und den Schläger, den er in der Hand hält. Seine Beine und Arme arbeiten von allein. Der Sportler ist allein damit beschäftigt, seinen Fokus zu halten. In diesem Flowzustand arbeitet sein Körper sehr sparsam und schonend. Er benutzt beispielsweise nur die Muskelgruppen, die er wirklich braucht. Fragt man den Sportler, wie er den Sieg erzielt hat … … dann kann er häufig diese Frage nicht beantworten. Er wird vielleicht antworten, dass für ihn die Dauer eines einstündigen Wettkampfs gefühlt zu drei Minuten geschrumpft ist - und er sich bei aller Anstrengung hervorragend gefühlt hat. Eine Abschlussfrage. Sie gehen beim Sportcoaching ganzheitlich vor. Sie drehen an über dreißig verschiedenen Stellschrauben, um die letzten drei Prozent des Leistungspotenzials zu heben. Kann man auf diese Weise wirklich zu einem Topperformer werden? Eine Garantie gibt es nicht! Auch viele Sportler stellen mir diese Frage. Ich antworte dann: Theoretisch, ja! Doch der Mensch ist eine Wundertüte ... ERFOLG UND LEISTUNG NICHT VORPROGRAMMIERBAR Eine Wundertüte? Es gibt einige wirklich gute Trainingsprogramme, beispielsweise eines aus Finnland, das ursprünglich in Russland für die Raumfahrt entwickelt wurde. Das Tool weist genau an, was wie an welchem Tag zu trainieren ist. Doch das ist keine Garantie. Sie können Erfolg und Leistungsentfaltung nicht vorprogrammieren. Ich kann einem Sportler nicht sagen, wann er seine Leistungsfähigkeit zu 100 Prozent erreicht und an der Spitze stehen wird. Da gibt es viele Unwägbarkeiten. Unwägbarkeiten - inwiefern? Stellen Sie sich einen Tennisstar vor: Er hat alles getan und wurde von einem Team von Coachs, Trainern, Medizinern und anderen Experten vorbereitet. Zu dem Match seines Lebens steht er auf dem Feld. Er ist hoch konzentriert, in bester Form. Dann, mitten im Match, klatscht jemand zu einer unpassenden Zeit. Diese kleine Störung irritiert den Sportler völlig. Er verliert für einen Augenblick seine Spannung und seinen Flow. Mit etwas Glück kommt er nach einigen Minuten wieder in den Flow. Doch für den Sieg ist es zu spät. Ich will damit sagen: Wenn Sie hart an sich arbeiten, die letzten Prozentpunkte Ihres Leistungsvermögens erschließen - dann ist das keine Garantie für den Erfolg. Aber ohne diese entschlossene, ganzheitliche Arbeit würden Sie vermutlich nie ein Topperformer werden.  Preisausschreiben für Leser der Projektmanagement aktuell - „Open Day“ für Projektmanager mit Mirko Sellner Am 28. März 2020 laden wir fünf Leserinnen und Leser der Projektmanagement aktuell ein, einen Tag lang mit dem Topexperten Mirko Sellner zu arbeiten. Sie gehen im einzigartigen Rennsimulator an ihre persönlichen körperlichen und mentalen Grenzen. Sie werfen einen Blick hinter die Kulissen des Leistungssports. Sie kommen ihrer eigenen körperlichen und mentalen Fitness auf die Spur: Wie rufen Spitzensportler ihre Leistungsfähigkeit ab? Was lernen Projektmanager von ihnen? Welche Erfolgsfaktoren helfen, die eigene Performance nachhaltig aufzubauen? Wie halten Sie auch unter großem Druck Ihre Leistungsspitzen? Wir verlosen die Teilnahme am „Open Day“ mit dem Performance- und Mentaltrainer in Lengede (Nähe Hannover/ Braunschweig). An der Verlosung nehmen Sie teil, indem Sie uns eine E-Mail schreiben und uns mit drei Sätzen Ihre Motivation beschreiben: Weshalb wollen Sie am „Open Day“ dabei sein? Für die Gewinner ist die Teilnahme an der Veranstaltung frei; sie kommen für ihre individuelle Anreise nach Lengede und ggf. Übernachtung in einem Hotel vor Ort auf. Bei den Teilnehmern ist eine körperliche Grundfitness wünschenswert, aber keine Voraussetzung. Außerdem erklären sie sich damit einverstanden, dass wir über den „Open Day“ mit Mirko Sellner in Wort und Bild in der Projektmanagement aktuell berichten. Senden Sie Ihre E-Mail bis 30. Januar 2020 an: leseraktion@ pmaktuell.de - Alle bis zum Einsendeschluss eingegangenen E-Mails nehmen an der Verlosung teil. Über die Gewinner entscheidet das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 WISSEN 43 Shopfloormanagement in der Bauausführung Autoren: Benedikt Schaab, Katharina Lennartz, Markus Lanzerath, Rainard Osebold Die Bauindustrie ist wie kaum eine andere Industrie vom Projektgeschäft geprägt. Dabei stellt die Einzigartigkeit der Projektrahmenbedingungen alle Beteiligten vor Herausforderungen, sodass die Zielgrößen Zeit, Kosten und Qualität in Bauprojekten nur selten eingehalten werden. Eine Umfrage von KPMG International aus dem Jahr 2015 zeigt auf, dass 69-% der abgeschlossenen Projekte das angesetzte Budget um mehr als 10- % überschreiten. Der gesetzte Zeitrahmen der Projekte wird sogar in 75- % der Fälle um mehr als 10- % überschritten [1]. Ebenso stellt die Qualität in der Bauausführung weltweit ein Problem dar, sodass Kundenziele nicht oder nur unzureichend erfüllt werden [2]. Zur Behebung von Defiziten im Projektmanagement wird nachfolgend das Shopfloor Management als eine Methodik des Lean Managements auf die Ausführungsphase von Bauprojekten adaptiert. 1 Lean Construction (LC) Aktuelle Studien zu Defiziten im Projektmanagement von Bauprojekten zeigen unter anderem zwei Ansätze zur Effizienzsteigerung auf. Zum einen wird als Ansatz eine kollaborative Ausführungsvorbereitung gesehen, welche die Meilensteine des Auftraggebers in eine detaillierte Arbeitsplanung umwandelt und vorausschauend Probleme erkennt. Zum anderen eignet sich insbesondere ein kennzahlengestütztes Performance-Management-System, welches sowohl rückblickend als auch vorausschauend Probleme sichtbar macht, um sie lösen zu können [1]. Der japanische Automobilhersteller Toyota sah sich während des Zweiten Weltkriegs ebenfalls vor der Herausforderung, die Produktivität in seinen Werken drastisch zu erhöhen, um mit der amerikanischen Konkurrenz mithalten zu kön- Der Begriff der „schlanken Produktion“, aus dem sich das Lean Management entwickelt hat, wurde maßgeblich geprägt durch eine Studie von Womack, Jones und Roos vom Massachusetts Institute of Technology. Unter dem Titel „The machine that changed the world“ analysierten sie den Wandel der Fertigung in der Automobilindustrie. Die Erhebung der Daten fand im Rahmen des International Motor Vehicle Program-(IMVP) statt, finanziert durch Unternehmen der Automobilindustrie sowie mehrere Regierungen [3]. Den Ausgangspunkt der Untersuchung bildete die Intention, eine Vergrößerung der Marktanteile der japanischen Automobilhersteller zu erzielen und eine neue Denkweise in der Produktion zu verfolgen, um sich somit von den westlichen Automobilherstellern abzuheben [3]. In Konklusion entstand die Entwicklung des weltweit bekannten Toyota-Produktionssystems (TPS). Um eine Übertragung der Lean-Philosophie auf andere Bereiche zu ermöglichen, formulierten die Autoren in ihrem Buch Lean Thinking fünf Grundprinzipien (siehe Abb. 1). Anhand dieser sollen im Folgenden die Ziele einer schlanken Bauabwicklung aufgeführt werden. 1.1 Spezifikation des Wertes Die Spezifikation des Wertes soll nach den Prinzipien des Lean Thinking aus Sicht des Endkunden stattfinden. Der Wert ist dabei als das definiert, wofür der Kunde bereit ist zu bezahlen. Die erste Schwierigkeit ergibt sich in der Baubran- >> Für eilige Leser In dem vorliegenden Artikel wird das Shopfloor Management (SFM) als Methodik des Lean Managements auf die Ausführungsphase von Bauprojekten adaptiert und modellhaft dargestellt. Das SFM baut auf einer disziplinenübergreifenden, kollaborativen Planung auf und erzeugt durch Kennzahlen Transparenz über den aktuellen Projektstatus. Auf diesem Weg werden ein kurzzyklischer Soll- Ist-Abgleich sowie Partnerschaftlichkeit zwischen den Projektbeteiligten ermöglicht. Essenziell hierfür ist die erfolgreiche Etablierung einer Fehlerkultur, die einen kulturellen Wandel in der gesamten Branche voraussetzt. nen. Die Untersuchung und Analyse der Produktivität hat gezeigt, dass eine der wesentlichen Ursachen in der Organisation der Fabrik lag [3]. Die erfolgreiche Reaktion auf diese Feststellung war die Entwicklung der heute allseits bekannten Lean Management-Methoden, die mittlerweile unter dem Stichwort Lean Construction in Bauprojekten Anwendung finden. Abb. 1: Fünf Grundprinzipien der Lean-Philosophie [3] projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 44 WISSEN che dadurch, dass der Endkunde eines Bauwerks zumeist nicht eindeutig zu definieren ist, wie bspw. bei einem Verbrauchsartikel. Als potenzielle Kunden kommen unter anderem der Bauherr, der zukünftige Betreiber, der Nutzer oder auch der Investor in Betracht. Diese multiple Kundendefinition und die potenzielle Umnutzung des Gebäudes innerhalb der Betriebsphase vergrößern den Kreis der zu betrachtenden Interessenträger im Rahmen der Wertedefinition deutlich [4]. Es ist dementsprechend erforderlich, das Verständnis für das Kundensystem und die Wünsche des Kunden kontinuierlich zu verändern sowie den Wert sukzessive anzupassen [5]. In der Lean-Philosophie wird neben dem externen Kunden auch verstärkt der interne Kunde betrachtet. In Übertragung auf die Baubranche können die nächsten internen Kunden nachfolgende Gewerke oder die Ausführenden auf der Baustelle darstellen. So setzt die Erfüllung der Wünsche zukünftiger interner Kunden voraus, dass die Projektbeteiligten zu jeder Zeit den Mehrwert kennen, den sie für den nächsten internen Kunden schaffen [5]. 1.2 Identifikation des Wertstroms Die Denkweise in der Bauindustrie ist stark von einem Unikat-Denken geprägt. Jedes Bauwerk wird als einzigartig angesehen, was wiederum oftmals mit einem niedrigen Standardisierungspotenzial in Verbindung gebracht wird [6]. Die Betrachtung von Wertströmen erfordert Prozessdenken. Anstatt jedes Bauwerk als Unikat zu betrachten, muss der Fokus darauf liegen, die Arbeitsschritte und ihre Schnittstellen zu verstehen, die zur Durchführung des jeweiligen Prozesses notwendig sind. Dies führt wiederum zum Erkennen von Verschwendung, die sich in Form von nicht planmäßig ausgeführten Arbeiten darstellt und Schwankungen innerhalb des Prozesses zur Folge haben kann [7]. 1.3 Das Flow-Prinzip Anders als in der stationären Industrie ist es in der Bauindustrie nicht möglich, dass sich das zu erstellende Produkt von einer Arbeitsstation zur nächsten bewegt. Stattdessen bewegen sich die Arbeitsstationen in Form der Gewerke durch das Gebäude [8]. Planabweichungen, die aus Schwankungen in Ausführungsprozessen resultieren, sind in der Bauindustrie im Vergleich zur stationären Industrie hoch. Dies ist mit einer höheren Anzahl von Unsicherheitsfaktoren zu begründen, die durch nicht vorhandene Vorarbeiten die Ausführung einer Tätigkeit verhindern können. Empirische Erhebungen von Ballard und Howell zeigen, dass die Quote der wie geplant ausgeführten Tätigkeiten in Bauprojekten in der Regel unter 60-% liegt [9]. 1.4 Das Pull-Prinzip Das Pull-Prinzip kann generell sowohl auf den Materialfluss als auch auf den Informationsfluss angewendet werden. Um das Pull-Prinzip in der Materialbestellung effektiv anzuwenden, muss die Vorlaufzeit der Bestellung größer sein als die Zeit, die der Lieferant benötigt, um die bestellten Materialien (einschließlich Produktion) zu liefern. Aufgrund zuvor beschriebener Schwankungen innerhalb der Bauabläufe sind Bestellungen nach dem Pull-Prinzip bisher kaum effektiv umsetzbar [10]. Auch in der Ausführungsvorbereitung kann das Pull-Prinzip angewendet werden. Bei der Pull-Planung wird jedes Arbeitspaket auf seine Durchführbarkeit geprüft, bevor es als geplant an die Ausführung übergeben wird. Eine Weitergabe in den Ausführungsprozess findet nur nach Beseitigung der Unsicherheitsfaktoren statt. Der nachfolgende Prozess „zieht“ demnach alle Vorleistungen der vorgelagerten Prozesse, um einen störungsfreien Ablauf zu gewährleisten. [10]. 1.5 Perfektion Zum Streben nach Perfektion setzt der Ansatz der kontinuierlichen Verbesserung an der untersten Ebene der Hierarchie an. Die ausführenden Arbeitskräfte, die im Rahmen der Wertschöpfung die Verschwendungen direkt mitbekommen und diese wahrnehmen, werden dazu motiviert, Verbesserungspotenziale aufzuzeigen und Probleme damit nachhaltig zu lösen [7]. Dazu stellt die Etablierung einer Fehlerkultur eine notwendige Grundlage dar, die eine Kommunikation über Fehler und Störungen zulässt [11]. Zur Steigerung der Motivation zum Einreichen von Verbesserungsvorschlägen können Incentivierungssysteme eingeführt werden, die Arbeitskräften und Nachunternehmern einen Bonus für angestoßene Verbesserungen in Aussicht stellen [12]. 2 Shopfloor Management (SFM) Das Shopfloor Management - (SFM) ist eine Methodik aus dem Lean Management. Sie beschreibt eine Führungssystematik, die den Fokus auf die Führung am Ort der Wertschöpfung legt, d.-h., dass bei produzierenden Unternehmen die Führung in der Produktionsstätte, dem „Shopfloor“, stattfindet. Dieser Grundgedanke findet sich in den Grundwerten des TPS wieder. Einer der fünf Grundwerte lautet Genchi Genbutsu, was übersetzt bedeutet: „Gehe hin und siehe selbst! “ Es fordert Führungskräfte dazu auf, sich von aufgetretenen Problemen vor Ort selbst ein Bild zu machen, um die tatsächliche Ursache zu ergründen und das Problem nachhaltig lösen zu können [13]. Im Kontext des SFM beschreibt der Shopfloor denjenigen Ort innerhalb eines Unternehmens, an dem ein Wert für die Gesellschaft generiert wird. Dieser ist abhängig von dem jeweiligen Produkt bzw. der Dienstleistung und kann sich daher sehr unterschiedlich darstellen [14]. Auch wenn das SFM ursprünglich aus dem Produktionsbereich kommt, ist es für die Führung des gesamten Unternehmens einschließlich der administrativen Bereiche gedacht. Die Bedeutung des Begriffs SFM sollte daher als „Führung am Ort des Geschehens“ verstanden werden [15]. Aus der Literatur lassen sich zwei wesentliche Ziele des SFM herausstellen, die sich zum einen in der kontinuierlichen Prozessverbesserung und -stabilisierung sowie zum anderen in der Befähigung und Motivation der Mitarbeiter zur Selbststeuerung darstellen. Zur Erreichung dieser Ziele sind drei Aspekte von Relevanz: • Regelkommunikation • Abweichungsmanagement und Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) • Führungsverhalten 2.1 Regelkommunikation Unter Regelkommunikation wird der Aufbau einer klar strukturierten und untereinander koordinierten Landschaft von regelmäßig stattfindenden Besprechungen verstanden [16,- 17]. Sie verfolgt das Ziel, den Informationsfluss über alle Hierarchieebenen derart zu gestalten, dass Entscheidungen transparent und schnell getroffen werden können [18]. Um das Ziel des befähigten und sich selbstständig steuernden Mitarbeiters zu erreichen, wird projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 WISSEN 45 im SFM das Konzept der Mini-Company (MC) angewandt. Dieses betrachtet jeden Mitarbeiter als den Chef seines Verantwortungsbereichs. Auf der Ebene des Shopfloors bilden sich MC in Form der Teams und ihrer Teamleiter. Diese wiederum bilden eine MC mit anderen Teamleitern und dem jeweiligen Gruppenleiter. Dies setzt sich fort bis in die Ebene des Topmanagements des Unternehmens [14]. Innerhalb der MC finden regelmäßige Besprechungen statt. Diese dienen dazu, die aktuellen Ziele, Probleme und Aufgaben der MC zu besprechen [15]. Durch die Überschneidungen der MC gliedern sie sich in eine Kaskade von Regelkommunikationstreffen ein, welche einen Informationsfluss von der untersten Ebene bis in das Topmanagement sowie andersherum ermöglicht [14, 15, 18, 19]. 2.2 Abweichungsmanagement und KVP Jedes Unternehmen verfolgt Ziele unterschiedlicher Art, an denen es seinen Erfolg oder Misserfolg misst. Wie im vorherigen Abschnitt beschrieben, gilt dies auch für die MC innerhalb des SFM. Das Abweichungsmanagement soll durch das frühzeitige Erkennen von Abweichungen und entsprechendes Gegensteuern ermöglichen, ungewollte Auswirkungen auf diese Ziele zu vermeiden [15]. Dazu wird im SFM kurzzyklisch der aktuelle Zustand im Vergleich zu einem definierten Soll-Zustand bewertet. Hertle et al. stellen den Standardablauf des SFM anhand eines Regelkreises dar. Aus diesem lassen sich die drei Schritte „Messbarkeit erzeugen, Abweichungen erkennen und Probleme lösen“ zusammenfassen [20]. Die Messgrößen lassen sich in fünf Zielkategorien einteilen, welche innerhalb des SFM auf jeder Ebene betrachtet werden. Diese beinhalten neben den drei klassischen Zielgrößen des Projektmanagements Qualität, Zeit und Kosten die Zielkategorien Sicherheit und Moral [14]. Es wird generell zwischen ursachenorientierten und ergebnisorientierten Messgrößen unterschieden. Während die ergebnisorientierten Kennzahlen lediglich eine Aussage über das Ergebnis im Nachhinein zulassen, können die Abweichungen durch die ursachenorientierten Kennzahlen womöglich erklärt und gelöst werden [18]. Die Messgrößen und zugehörigen Sollwerte müssen in Abhängigkeit des Projekts und des Gewerks definiert werden, um die Anforderungen an Kennzahlen zu erfüllen. Eine ursachenorientierte Kennzahl in der Kategorie Qualität könnte beispielsweise auf standardisierten Checklisten aufbauen. Diese sind für jedes Arbeitspaket zu erstellen und werden nach Abschluss des Arbeitspakets von den Ausführenden kontrolliert. Die Anzahl der Abweichungen ist eine Kennzahl, welche in Relation zur ergebnisorientierten Kennzahl der durch den Auftraggeber beanstandeten Mängel steht. 2.3 Führungsverhalten Das Ziel des SFM ist eine Befähigung und Motivation der Mitarbeiter zur Selbststeuerung, wodurch sich auch die Rolle der Führungskräfte maßgeblich verändert [15]. Das SFM zeichnet sich durch einen Führungsstil aus, welcher auf der einen Seite durch ein partnerschaftliches Verhältnis geprägt ist und sich auf der anderen Seite durch eine hohe Verbindlichkeit auszeichnet. Dies bedeutet, dass den Mitarbeitern eine hohe Wertschätzung in Bezug auf ihr Wissen und ihre Meinungen entgegengebracht und ihnen Freiraum zum selbstständigen Treffen von Entscheidungen gegeben wird. Durch die Verbindlichkeit werden sie verstärkt in die Pflicht genommen, definierte Ziele zu erreichen [15,- 16]. Suzaki beschreibt den Wechsel der Führungseinstellung von einem „Mach, was ich dir sage! ” zu einem fragenden „Wie würdest du vorgehen? ” [14]. Dies lässt sich auch in dem durch Toyota bekannt gewordenen Mentor-Mentee-Prinzip wiedererkennen. Dabei ist es die Aufgabe der Führungskraft als Mentor, ihre Mitarbeiter zum eigenständigen Denken zu befähigen. Die Führungskraft unterstützt dabei den Mitarbeiter auf dem Weg der Problemlösung oder der Verbesserung eines Prozesses durch gezieltes Fragen. Sie gibt dabei keine Lösungsvorschläge, sondern versucht, Fragen zu stellen, die dem Mentee bei der eigenen Lösungsfindung helfen [15, 16]. Diese Befähigung der Mitarbeiter zum eigenständigen Arbeiten schafft den Führungskräften Freiräume, die sie zur Verfolgung zukünftiger Ziele nutzen können [14]. Auch die Zielsetzung und Zielverfolgung findet transparent und in einem partnerschaftlichen Verhältnis statt. Die Erfolgskontrolle darf dabei nicht als Überwachungsinstrument, sondern als Bewertung der gemeinsam beschlossenen Maßnahmen und Ziele verstanden werden [17]. Dabei darf die Transparenz vonseiten der Führung niemals ausgenutzt werden. Aufgabe der Führungskraft ist es, den Mitarbeitern die Angst vor der entstehenden Transparenz gezielt zu nehmen [15]. 3 Adaption des SFM auf die Organisation der Baustelle Die Anwendung des SFM auf das Projektgeschäft der Baubranche ergibt eine U-förmige Ablauforganisation (siehe Abb. 2), die auf dem Projektmanagementregelkreis nach Burghardt basiert [21]. Sie orientiert sich an den bestehenden Strukturen der Aufbauorganisationen bei großen Bauprojekten und ordnet die Definition des Soll sowie das Steuern des Ist den Hierarchieebenen der Aufbauorganisation zu. Weiterhin strukturiert sie den Informations- und Kommunikationsfluss innerhalb des Projekts mittels einer durchgehenden Regelkommunikation. Während der Sollzustand in der stationären Industrie durch die Produktionsplanung meist scharf auf Stunden-, Minutenbzw. Sekundenbasis definiert ist, existiert in der Bauausführung zumeist nur ein Terminplan, welcher in Form von grob geplanten Aktivitäten den Projektablauf darstellt. Dieser wird als Orientierung herangezogen, lässt aber aufgrund fehlender Messgrößen keinen genauen Soll-Ist-Abgleich zu. Nach den Ansätzen des Lean Managements sollen die Aufgaben des Projektmanagements verstärkt auf die an der Ausführung Beteiligten übertragen werden. D. h., sowohl die Definition des Sollzustandes als auch die Überwachung des Istzustandes und das Ergreifen von geeigneten Maßnahmen sollen auf der Ebene des Wertstroms stattfinden. Das darauf aufbauende Management unterstützt dabei den Wertstrom, welcher in der Baubranche stark segmentiert ist [22]. Dies sorgt für hohe Abhängigkeiten zwischen den Projektbeteiligten, weshalb die Ausführungsvorbereitung zwingend kollaborativ zu erfolgen hat. Durch die kollaborative Planung werden Zielvorgaben in Arbeitspakete auf Wochen- oder Tagesbasis heruntergebrochen, die messbar formuliert sind und einen kurzzyklischen Abgleich mit dem Istzustand ermöglichen. Der Abgleich des Istmit dem Sollzustand findet in den Linienfunktionen der Gewerke statt. Durch die fachliche Kompetenz können Abweichungen erkannt und geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Um eine schnelle Reaktion auf Probleme zu ermöglichen und eine nachhaltige projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 46 WISSEN kontinuierliche Verbesserung der Prozesse über das gesamte Projekt zu erzeugen, werden die Grundprinzipien des SFM angewandt. Die Ablauforganisation bringt die Informationen in einen Fluss. Dazu verbindet sie die kollaborative Planung (linke Seite) mit der Gewerkeführung (rechte Seite). Die kollaborative Planung wandelt die mit dem Kunden vereinbarten Meilensteine in messbare Arbeitspakete um, die das Tages-Soll im Sinne des Gesamtprojekts definieren. Die Definition des Sollzustands in diesen tagesgenauen Messgrößen ermöglicht - im Gegensatz zu langfristig angelegten und in vielen Fällen nur selten aktualisierten Balkenterminplänen - einen kurzzyklischen Abgleich zwischen dem Ist- und dem Sollzustand sowie ein entsprechend frühzeitiges Erkennen von Abweichungen. Das Erfassen des Istzustands und das Ergreifen von Maßnahmen bei Abweichungen finden in der Gewerkeführung als der zweiten Säule der Ablauforganisation statt. In dieser werden die Arbeitsergebnisse auf der Baustelle täglich mit den geplanten Arbeitspaketen abgeglichen und die Aufgaben des Projektcontrollings sowie der Projektsteuerung übernommen, wie sie im Regelkreis nach Burghardt benannt sind. Aufbauend auf der Erfassung des Istzustands werden sowohl ursachenals auch ergebnisorientierte Kennzahlen erhoben (siehe Kap. 2.2). Die ursachenorientierten Kennzahlen ermöglichen dabei das vorausschauende Erkennen von Problemen, während die ergebnisorientierten Kennzahlen zurückschauend Probleme aufzeigen. Abweichungen des Istvom Sollzustand werden auf ihre Ursachen hin untersucht und innerhalb der Führungskaskade konsequent verhindert. Dazu dient der systematische Problemlösungsprozess des PLAN- DO-CHECK-ACT(PDCA)-Zyklus. 3.1 Projektkernteam Das Projektkernteam stellt das Bindeglied zum Projektumfeld dar. Es kontrolliert die Einhaltung der für den Kunden relevanten Zielgrößen auf Basis des aktuellen Istzustands und regelt die Einbindung von Änderungen in den Planungsprozess. Dazu verfolgt es den aus der kollaborativen Planung gemeldeten Status der Bauausführung und betrachtet mögliche Auswirkungen auf die definierten Meilensteine. Das Projektkernteam führt die relevanten Informationen zusammen, trifft strategische Entscheidungen und behält den Überblick über das gesamte Projekt. Das Projektkernteam besteht aus dem Projektleiter sowie den Oberbauleitern der Gewerke. Bei Bedarf sollte der Personenkreis um weitere Entscheidungsträger, wie bspw. aus der baubegleitenden Planung oder den administrativen Bereichen, erweitert werden. Die Aufgabe des Projektkernteams ist die Sicherstellung der mit dem Kunden vereinbarten Zielgrößen. Dazu stellt es eine Verbindung zwischen der Definition des Sollzustands in der kollaborativen Planung und der Aufnahme des Istzustands durch die Gewerkeführung her. Weiterhin ist das Projektkernteam die Schnittstelle des Projekts zum Kunden und zu weiteren externen Stakeholdern. Neben der Nachverfolgung der Projektziele ist es auch die Aufgabe des Kernteams, Änderungen in die Planung einfließen zu lassen und daraus entstehende Risiken für die Projektziele möglichst gering zu halten. Die Projektziele werden stark durch Änderungen beeinflusst, die aus der Projektorganisation heraus (interne Änderungen) oder aber von außen aus dem Projektumfeld stammen (externe Änderungen) [23]. Folgende Ursachen können dabei Änderungen bedingen [23]: • „Nachträgliche Nutzer-/ Bauherrenwünsche • Änderungen bei Vorschriften bzw. Genehmigungsprozeduren • Unpräzise Vorgaben (quantitativ und qualitativ) • Neue Erkenntnisse aus fortschreitender Bautätigkeit • Unvorhergesehene technische Probleme • Unzureichende Vorplanung und Voruntersuchungen“ Die Folgen von Änderungen sind häufig für alle Gewerke relevant, sodass bestehende Bauablaufplanungen an die neuen Gegebenheiten anzupassen sind. Das aktuell auf vielen Baustellen angewandte Änderungsmanagement beschränkt sich meist auf die Dokumentation von Änderungen und die Begründung von Mehrvergütungsansprüchen. Ein kundenorientiertes Änderungsmanagement sollte jedoch darüber hinaus die Auswirkungen, die sich durch Änderungen für die Zielgrößen des Projekts ergeben, minimieren [24]. Dabei lautet die Grundannahme: Änderungen sind keine Ausnahmen, sondern die Regel. Das Projektkernteam muss Änderungen, die sich intern ergeben, frühzeitig erkennen, gegensteuern und die Auswirkungen von eintretenden internen sowie externen Änderungen auf die Zielgrößen minimieren. 3.2 Kollaborative Planung Kollaboration beschreibt die höchste Stufe der Interaktion zwischen Wertschöpfungspartnern in Abb. 2: Übersicht Ablauforganisation projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 WISSEN 47 einem Unternehmensnetzwerk. Im Gegensatz zu den Stufen der Kommunikation, Koordination und Kooperation beschreibt die Kollaboration das gemeinsame Bearbeiten einer Aufgabe am selben Objekt. Der Grad der Integration der Aufgaben ist in diesem Fall so hoch, dass die Abgrenzung der einzelnen Teilaufgaben nicht mehr klar möglich ist [25]. Die Eigenschaften von Bauprojekten erfordern grundlegend eine kollaborative Interaktion. Häufig scheitert dies aber gerade an der fehlenden Bereitschaft, die gegenseitigen Abhängigkeiten, die durch das gemeinsame Arbeiten an einem Produkt gegeben sind, zu akzeptieren. Ansätze der kollaborativen Planung versuchen diesen Missstand durch ein gemeinsames Planen der Vorgehensweise zu verbessern. Eine bekannte Vorgehensweise stellt das von Ballard entwickelte Last-Planner-System (LPS) dar. Der Last Planner eines Projekts ist derjenige, der die groben Vorgaben der Terminplanung, die ihm von oben vorgeschrieben werden, auf Aufgaben herunterbricht und entscheidet, welche Tätigkeit am nächsten Tag ausgeführt wird. Dieser letzte Schritt der Ausführungsplanung findet auf demselben Level statt, auf dem am Ende die Aufgaben ausgeführt werden [26]. Das LPS basiert auf einer Planung „vom Groben ins Feine“. Diese beruht auf der Regel, dass Planungen immer nur Prognosen darstellen, die umso fehlerbehafteter sind, je weiter der geplante Prozess in der Zukunft liegt. Im LPS ist die Planung daher in einer hierarchischen Ordnung festgelegt, unterteilt in den Masterterminplan, den Phasenterminplan, die Vorausschauplanung und die Zusagenplanung [27]. Genauso wie die Grundsätze des LPS es vorsehen, wird die Ausführungsvorbereitung umso detaillierter, je näher sie der Ausführung kommt [28]. Die in Abb. 3 gewählten Zeithorizonte entsprechen den durch Ballard benannten Zeithorizonten gemäß LPS. Durch die hierarchische Planung wird der mit dem Auftraggeber abgestimmte Rahmenterminplan bis auf tageweise Arbeitspakete mit greifbaren Inhalten heruntergebrochen. Um diese nach der Abweichungslogik des SFM bewerten zu können, müssen sie messbar und überschneidungsfrei beschrieben sein. D. h., neben Zeitpunkt, Ort und Beschreibung werden auch Messgrößen definiert, wie die benötigten Kapazitäten und die genaue Anzahl der auszuführenden Tätigkeiten. Die Visualisierung der Planung findet dabei an einem Planungsboard statt (siehe Abb. 4). Auf diesem werden die Arbeitspakete entsprechend dem Ausführungstermin und Bauabschnitt in Abhängigkeit zu den anderen Paketen gesetzt. 3.3 Gewerkeführung Das Ergebnis der kollaborativen Planung stellt den von allen Beteiligten zugesagten Prozess dar, auf welchem das SFM aufgebaut werden kann. Dieses unterteilt sich, anders als der gewerkeübergreifende Prozess der kollaborativen Planung, nach den hierarchischen Strukturen innerhalb der Gewerke. Bei großen Bauprojekten entsteht somit eine mehrstufige Hierarchie, wie sie in Abb. 5 zu sehen ist. Diese zeigt einen Ausschnitt der Regelkommunikationskaskade, wobei eine Farbfamilie ein Gewerk darstellt. Die Ebenen sind nach der zuständigen Führungskraft benannt, die der Leiter der MC ist und diese auf der nächsthöheren Ebene vertritt (siehe Kap. 2.1). Durch diese Regelkommunikationskaskade wird eine Verbindung zwischen der Baustelle und der Projektleitung hergestellt. Die Regelkommunikation des SFM bezieht auch die am Wertstrom tätigen Kolonnen ein und ist von Standards geprägt. So sind neben der Agenda auch Verhaltensweisen für die Treffen festgelegt. Diese stellen sicher, dass die Besprechungen so effizient wie möglich und innerhalb der angesetzten Zeit durchgeführt werden können. Dazu gehört auch, dass die Teilnehmer pünktlich erscheinen, vorbereitet sind und alle benötigten Informationen vorab zur Verfügung gestellt bekommen haben. Insbesondere täglich stattfindende Regelkommunikationstreffen sind dabei zeitlich beschränkt und sollten 15 Minuten nicht übersteigen. Aufbauend auf den definierten Arbeitspaketen werden im Rahmen des SFM Kennzahlen erhoben und an einem Board visualisiert. Das ermöglicht es der Führungskraft, anhand von Fakten Abweichungen von den Zielgrößen zu erkennen und darauf basierend Maßnahmen ergreifen zu können. Auf Basis der definierten Arbeitspakete lassen sich unter anderem tagesaktuelle Kennzahlen über den aktuellen Status in Bezug auf die Termineinhaltung, die angefallenen Personal- und Materialaufwände sowie über die ausgeführte Qualität erfassen. Die tageweise Definition verhindert, dass Abweichungen von den Zielgrößen erst nach langen Zeiträumen erkannt werden. 4 Implementierung und Ausblick Um eine erfolgreiche Umsetzung des vorgestellten Projektmanagementansatzes in der Baubranche zu ermöglichen, ist vor allem eine Anpassung des Verhaltens aller Projektbeteiligten notwendig. Dieses Verhalten zeigt sich in dem Willen zur echten Kollaboration, der Verbindlichkeit der Zusagen sowie dem ständigen Ausrichten der Projektaktivitäten auf die Bedürfnisse des Kunden. In Bauprojekten sind die Abb. 3: Hierarchische Ebenen der kollaborativen Planung projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 48 WISSEN Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen häufig von untereinander abgeschlossenen Verträgen geprägt. Dies führt zu angespannten und von Misstrauen begleiteten Verhältnissen, die eine Kultur der Transparenz und des Vertrauens verhindern [29,-30]. Sowohl in der kollaborativen Planung als auch in der Gewerkeführung sind Änderungen im Verhalten der Beteiligten notwendig, um das volle Potenzial des SFM heben zu können. Dieses lässt sich anhand von verschiedenen Verhaltens- und Denkweisen beschreiben: 4.1 Verbindlichkeit Die kollaborative Planung beruht auf der Verbindlichkeit der Zusagen aller Projektbeteiligten. Werden die Zusagen nicht eingehalten, ist die Planung nicht belastbar. Dieses Merkmal wird häufig als Netz aus Zusagen beschrieben [31,- 33]. Es funktioniert lediglich, wenn alle Projektbeteiligten auf die Zusagen der anderen vertrauen können und selbst fundierte Zusagen geben. Diese Verbindlichkeit setzt ebenfalls das Widerrufen von Zusagen voraus. Sobald derjenige, der eine Zusage getätigt hat, nicht mehr darauf vertraut, sie auch einhalten zu können, ist er dazu verpflichtet, dies mitzuteilen [27]. 4.2 Ausrichtung auf das Projekt Da die Wertschöpfung für den Kunden nicht in den einzelnen Gewerken stattfindet, sondern erst durch das Zusammenfügen der einzelnen Arbeiten, gilt es, das Projekt als Ganzes zu optimieren. Dies führt dazu, dass die Interessen der einzelnen Beteiligten hinter die des Gesamtprojektes zurückzustellen sind [30]. 4.3 Führungsverhalten Das Führungsverhalten im SFM basiert auf einem partnerschaftlichen und verbindlichen Verhältnis und hat zum Ziel, die Mitarbeiter zur Selbststeuerung zu befähigen. Dies erfordert, dass die Führung über die Managementtätigkeiten hinausgeht und eine direkte Interaktion der Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern stattfindet. Diese findet zum einen im Rahmen der Regelkommunikation, zum anderen aber auch durch das Coaching im Alltag statt. Das Verhalten der Führungskräfte muss genauso wie die sichtbaren Werkzeuge des SFM zu einer Routine werden, die für jeden ersichtlich nach einem festen Muster abläuft. Toyota bezeichnet diese routinierten Verhaltensweisen als Kata. 4.4 Kundenbeziehung Wie in Kap.-1 beschrieben, erfordern die Besonderheiten der Bauindustrie eine ständige Anpassung und Überarbeitung des Wertes aus der Sicht des Kunden. Das SFM muss von den Ver- Abb. 4: Planungsboard Arbeitspakete Abb. 5: Führungskräfte in der Regelkommunikationskaskade projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 WISSEN 49 [5] Nesensohn, C./ Fiedler, M., Lean Culture, 2018 [6] Kitzmann, Q./ Brenk, W., Entwicklung zu Lean Construction, 2018 [7] Picchi, F./ Granja, A., Lean Principles, 2004 [8] Koskela, L., Production Theory, 2000 [9] Ballard, G./ Howell, G., Shielding Production, 1998 [10] Ballard, H. G., Last Planner, 2000 [11] Carl, C./ Haenes, H., Kontinuierlicher Verbesserungsprozess, 2007 [12] Nakagawa, Y./ Shimizuz, Y., Adoption Toyota, 2004 [13] Liker, J. K./ Convis, G. L., Lean Leadership, 2012 [14] Suzaki, K., New Shop Floor Management, 1993 [15] Leyendecker, B./ Pötters, P., Shopfloor Management, 2018 [16] Peters, R., Shopfloor Management, 2009 [17] Grundnig, A./ Meitinger, S., Führung, 2013 [18] VDI 2871 Blatt 2, Ganzheitliche Produktionssysteme Führung, 2016 [19] Dombrowski, U. et al., Braunschweiger Shopfloor Management Assessment, 2018 [20] Hertle, C. et al., Darmstädter Shopfloor Management, 2017 [21] Burghardt, M., Projektmanagement, 2018 [22] Gassmann, O., Praxiswissen Projektmanagement, 2006 [23] Kochendörfer, B./ Liebchen, J. H./ Viering, M. G., Bau-Projekt-Management, 2018 [24] Uhlendorf, T., Änderungsmanagement, 2018 [25] Hilbert, F./ Scherer, R. J., Virtuelle Organisation, 2014 [26] Ballard, G., Last Planner, 1994 [27] Ballard, G., Das Last Planner System, 2018 [28] Ballard, G./ Hammond, J./ Nickerson, R., Production Control Principles, 2009 [29] Thomas, R. et al., Importance of Project Culture, 2002 [30] Heidemann, A., Kooperative Projektabwicklung, 2011 [31] Gehbauer, F., Lean Management im Bauwesen, 2011 [32] Chambers, D. et al., Five Big Ideas, 2004 [33] McKinsey Global Institute, Reinventing Construction, 2017 Schlagwörter Bauprojekte, Führung, Kollaboration, Kontinuierlicher Verbesserungsprozess, Lean Construction, Projektmanagement, Shopfloor Management Autoren: Benedikt Schaab, M. Sc., beschäftigte sich während seiner Masterarbeit am Lehrstuhl für Baubetrieb und Projektmanagement der RWTH Aachen University mit dem Thema Lean Projektmanagement in Kooperation mit der Staufen AG. Nach seinem Abschluss wurde er als Berater der Staufen AG für den Bereich Lean Management in der Bauindustrie eingestellt. Anschrift: STAUFEN AG, Blumenstraße 5, 73257 Köngen, E-Mail: b.schaab@staufen.ag Katharina Lennartz, M. Sc., arbeitet seit 2017 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl und Institut für Baubetrieb und Projektmanagement der RWTH Aachen University und promoviert dort zum Thema Agilität im Bauprojektmanagement. Von 2007 bis 2013 studierte sie Wirtschaftsingenieurwesen mit Fachrichtung Bauingenieurwesen an der RWTH Aachen University sowie der NTNU in Trondheim und war anschließend im Projektmanagement eines Generalplanungsunternehmens tätig. Anschrift: Lehrstuhl und Institut für Baubetrieb und Projektmanagement (ibp), RWTH Aachen University, Mies-van-der-Rohe-Straße 1, 52074 Aachen, E-Mail: lennartz@ibp.rwth-aachen.de Markus Lanzerath, M. Sc., ist seit März 2019 Geschäftsführer eines Wirtschaftsverbands der Betonindustrie (www.fbsrohre.de). Zuvor war er sechs Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Baubetrieb und Projektmanagement sowie als Berater für unternehmensstrategische Fragestellungen tätig. Der studierte Wirtschaftsingenieur ist ebenfalls Gründer und 2. Vorsitzender von BAUEN Aachen e. V., einem Netzwerk aus aktuellen und ehemaligen Studierenden mit baubetrieblicher Ausrichtung. Anschrift: Fachvereinigung Betonrohre und Stahlbetonrohre e. V. (FBS), Schloßallee 10, 53179 Bonn, E-Mail: markus.lanzerath@fbsrohre.de Prof. Dr. Rainard Osebold ist seit 2003 Universitätsprofessor an der Fakultät für Bauingenieurwesen der RWTH Aachen University sowie Leiter des Lehrstuhls und Instituts für Baubetrieb und Projektmanagement. Nach dem Studium des Bauingenieurwesens an der RWTH Aachen University und seiner Promotion war er als Bauleiter, Projektleiter, Prokurist und Geschäftsführer in der Bauindustrie tätig. antwortlichen als Möglichkeit gesehen und dazu entwickelt werden, auf diese Änderungen reagieren zu können und sie im Sinne des Kunden umzusetzen. Der Bauherr wiederum muss für eine erfolgreiche Umsetzung des Ansatzes sicherstellen, dass Entscheidungen zeitnah getroffen und Vorleistungen, welche nicht im Einflussbereich der Projektorganisation liegen, erbracht werden. 4.5 Vergabe und Verträge Die aktuellen Vergabeformen und Vertragsstrukturen in Bauprojekten sind zumeist nicht auf ein kollaboratives Verhalten im Sinne der Projektziele ausgerichtet. Die vertraglichen Strukturen geben in vielen Fällen Anreize, nicht im Sinne des Projektes, sondern im Sinne der effizienten Durchführung der eigenen vertraglich geregelten Leistungen zu handeln. Dieser Umstand hat insofern auf den entwickelten Projektmanagementansatz Auswirkungen, da die Beteiligten, trotz der anders gesetzten vertraglichen Anreize, die Vorteile in der Kollaboration erkennen müssen. Erkennen sie diese nicht, wird eine echte Kollaboration unmöglich sein. Um diesen Missstand der falschen Motivation zu beheben, existieren bereits neue Vertragsformen (bspw. Integrated Form of Agreement sowie Allianzverträge), die eine Kollaboration innerhalb der Projektorganisation belohnen. 4.6 Fehlerkultur Die Entwicklung einer gemeinsamen Fehlerkultur, in der aus Fehlern gelernt wird und die die Angst vor dem Aufzeigen von Fehlern nimmt, ist essenziell, um Transparenz und einen KVP zu erzeugen [11]. Dazu muss das Verhältnis zwischen den Projektbeteiligten frei von Schuldzuweisungen sein und stattdessen ein gemeinsames Lösen der Probleme stattfinden [30,-33]. Dieser Aspekt stellt eine wesentliche Herausforderung bei der Anwendung des vorgestellten Projektmanagementansatzes dar und erfordert einen weitreichenden Kulturwandel in der gesamten Branche.  Literatur [1] KPMG International, Climbing the curve, 2015 [2] Ali, A. S./ Wen, K. H., Building Defects, 2011 [3] Womack, J. P./ Jones, D. T./ Roos, D., Die zweite Revolution, 1992 [4] Fiedler, M./ Dlouhy, J./ Binninger, M., Lean in der Baubranche, 2018 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 50 WISSEN Was, bitte, ist ein Akkreditiv? Commercial Project Management: Die kaufmännische Seite im Projekt Autor: Oliver Steeger Beim Technischen sind wir stark. Doch wie sieht es beim Geld aus? Erstaunlicherweise stehen bei vielen Projekten kaufmännische Themen immer noch im Schatten. Lange haben technische Projektleiter das Kaufmännische nebenbei erledigt: Verträge gesichtet, Rechnungen angestoßen, Steuerliches beurteilt oder Versicherungen abgeschlossen. Doch dies funktioniert heute immer weniger. Von Jahr zu Jahr wachsen Zahl und Komplexität nicht technischer Aufgaben im Projekt. Eine neu gegründete GPM-Fachgruppe hat sich des Commercial Project Managements angenommen. Im Interview erklärt Professor Hasso Reschke, weshalb es ohne Commercial Project Management (eigentlich) nicht mehr geht, wie Unternehmen Commercial Project Management einführen - und weshalb es sich für Projektmanager lohnt zu wissen, was ein „Akkreditiv“ ist. Unternehmen wollen mit Projekten bekanntlich Geld verdienen. Die kaufmännischen Aufgaben rund um das Geldverdienen liefen lange Zeit bei Projektmanagern „nebenher“. Neuerdings ist vermehrt von Projektkaufleuten die Rede, gewissermaßen Spezialisten für die finanzielle Seite von Projekten. Wie kommt es dazu? Liegt das Kaufmännische bei technischen Projektleitern in den falschen Händen? Nein, nicht unbedingt. Es liegt nahe, die Leitung für ein technisches Projekt Leuten in die Hand zu geben, die von der Sache selbst etwas verstehen, beispielsweise Ingenieuren für Auftragsprojekte im Maschinenbau oder Anlagenbau, IT-Spezialisten für IT-Projekte oder Bauingenieuren für Infrastrukturvorhaben. Ich kenne viele technische Projektleiter, die sich bei internationalen Vorhaben auch profundes nicht technisches und kaufmännisches Wissen angeeignet haben. Projektmanager können auch bei nicht technischen Aufgaben Projekte sind nicht nur technisch komplexer geworden, sondern auch kaufmännisch. Foto: Nataliya Hora - stock.adobe.com Professor Hasso Reschke Professor Hasso Reschke war Professor für Betriebswirtschaftslehre und Projektmanagement an der Hochschule München in der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen. Als Gründungsmitglied der GPM und über 19 Jahre im Vorstand hat er die Entwicklung und Verbreitung des Projektmanagements in Deutschland wesentlich mitgeprägt. Commercial Project Management liegt ihm seit 1995 am Herzen, entsprechend ist er auch in der neuen GPM-Fachgruppe „Commercial Project Management“ engagiert. Kontakt: -h.reschke@cpm-institut.de Foto: Oliver Steeger projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 WISSEN 51 einen exzellenten Job machen, wenn sie Erfahrung gesammelt haben und zudem über die entsprechende Persönlichkeit verfügen. Aber? Speziell der nicht technische Bereich von Projekten hat in den vergangenen Jahren stark an Komplexität und Umfang zugenommen. Da stoßen viele Nichtkaufleute an ihre Grenzen. Werden etwa kaufmännische oder vertragliche Anforderungen in der Technik nicht korrekt wahrgenommen und verstanden, kann es schnell zu Strafzahlungen, ungeplanten Mehrkosten im nicht technischen Bereich kommen - und damit zu Verlusten und schlechteren Ergebnissen. Welche kaufmännischen oder vertraglichen Anforderungen meinen Sie? Ich denke beispielsweise an Zahlungsfristen und Finanzierungsfristen, Versicherungsbedingungen, steuerliche Dinge oder rechtliche Begrenzungen. „NICHT TECHNISCHE ANFORDERUNGEN UND AUFGABEN“ In den vergangenen Jahren haben Sie gemeinsam mit anderen Mitstreitern den Begriff „Commercial Project Management“ geprägt. Auch eine Fachgruppe hat sich kürzlich bei der GPM zu diesem Thema gegründet. Was ist unter Commercial Project Management genau zu verstehen? Commercial Project Management ist ein schillernder Begriff wie viele andere auch im Projektmanagement. Streng genommen sprechen wir von nicht technischen Anforderungen und Aufgaben im Projekt. Diese Beschreibung ist genauer. Andere nennen dies beispielsweise Contract Management, kaufmännische Projektierung oder kaufmännische Abwicklung. Management bedeutet in diesem Zusammenhang: Der Commercial Project Manager koordiniert die verschiedenen nicht technischen Themen. Viele Aufgaben kann er selbst gar nicht erledigen, weil sie eigene Spezialisten brauchen. Aber er muss die Aufgaben erkennen und im Blick behalten. Er muss ihre Bearbeitung rechtzeitig anstoßen etwa bei Fachabteilungen oder externen Spezialisten. Dann muss er sie verfolgen, die entstehenden Chancen und Risiken beachten und das Projekt zusammen mit der Technik ans Ziel führen. Das klingt sehr abstrakt. Sprechen wir über die Praxis. Welche Aufgaben fallen in den Bereich des Commercial Project Managers? Welche Aufgaben bekommt er auf den Tisch? Er wird sich Verträge vornehmen. Probleme ergeben sich häufig aus unklar oder unfair formulierten Verträgen. Dann ist nicht klar, was in das Leistungspaket des Auftragnehmers hineingehört und was nicht. Ein weiteres Beispiel dafür: Reißt ein Projekt die Terminleiste, weil man vielleicht den Arbeitsaufwand für die Konstruktion unterschätzt hat oder Änderungen hinzugekommen sind - dann kann es sehr eng werden bei Zahlungssicherungen, Versicherungen oder staatlichen Genehmigungen, die zeitlich befristet sind. Denken Sie an ein Akkreditiv … … an ein was bitte? An ein Akkreditiv. Das Akkreditiv ist ein gängiges Instrument, Zahlungen an den Auftragnehmer sicherzustellen. Es enthält viele einzelne Detailpunkte. Wenn einer dieser Einzelpunkte nicht akribisch bedient wird, dann ist die Zahlungssi- Nicht technische Aufgaben dürfen bei Projekten nicht „hinten herunterfallen“. Foto: Gorodenkoff - stock.adobe.com Großunternehmen sind bereits in puncto Commercial Project Management versiert. Foto: industrieblick - stock.adobe.com projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 52 WISSEN cherung dahin. Dann muss man sehen, wie man zu seinem Geld kommt. KLEINERE UND MITTLERE UNTERNEHMEN KAUM GERÜSTET Angesichts dieses rechtlichen und finanziellen Drucks wird Commercial Project Management in der deutschen Industrie nicht völlig unbekannt sein … Commercial Project Management ist verbreitet - und auch wieder nicht. Unternehmen wissen, dass sie sich auch im Projektgeschäft um Verträge und Geld kümmern müssen. Da ist niemand blauäugig. Die Frage ist nur - wie nahe ist dieses „Kümmern“ am jeweiligen Projekt dran? Und: Wird dieses „Kümmern“ eher als lästig empfunden? Als lästig? In manchen Projekten sagt man sich: Wir liefern ordentliche Maschinen made in Germany. Da sollen die Kaufleute sich des „Kleingedruckten“ annehmen. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Internationale Unternehmen für Großanlagenprojekte und Infrastrukturvorhaben haben in der Regel Strukturen für Commercial Project Management entwickelt. Dort könnte ein Großprojekt, das kaufmännisch aus dem Ruder läuft, das gesamte Unternehmen in Bedrängnis bringen. In großen Unternehmen ist man also gerüstet. Wie sieht es bei kleineren Unternehmen aus? Etwa im Mittelstand? Dort sieht es anders aus. In den kleinen und mittleren Unternehmen laufen kommerzielle Aufgaben eher beim Projektmanager nebenbei mit. Und dies trifft leider für viele Branchen zu, in denen Auftragsprojekte bearbeitet werden. Wie sieht es aus mit der anderen Seite, also mit den Auftraggebern von Projekten? Wir haben bislang nur von Auftragnehmern gesprochen ... Große Auftraggeber haben sich für den Einkauf von Projekten ebenfalls spezialisiert. Es ist ja etwas völlig anderes, Rohmaterial einzukaufen - oder gleich ein ganzes Projekt. Beim Commercial Project Management sollten wir deshalb neben Auftragnehmern auch die Auftraggeber in den Blick nehmen. Auch bei Auftraggebern ist dieses Management wichtig. ORGANISATORISCHE MODELLE Eben sprachen Sie von Strukturen für Commercial Project Management bei Großunternehmen. Welche organisatorischen Modelle sind für Commercial Project Management üblich? Da ist der Stein der Weisen noch nicht gefunden. Und vielleicht gelingt es auch gar nicht, eine für alle Projektarten und Branchen einheitliche Struktur zu finden. Projekte unterscheiden sich ja. Gleiches gilt für Strukturen und Kulturen in Unternehmen. Da spielen viele Rahmenbedingungen eine Rolle. Arbeitet das Unternehmen im Wesentlichen immer mit denselben Kunden zusammen? Wie steht es da im internationalen Wettbewerb? Ist das Unternehmen klein, muss es sich deshalb großen Kunden fügen? Hat das Unternehmen ein Alleinstellungsmerkmal und kann es Verträge aktiv mitgestalten? Lebt es allein vom Projektgeschäft oder haben Projekte nur einen geringen Anteil am Gesamtgeschäft? Ich frage anders: Welche verschiedenen Ausgestaltungen von Commercial Project Management haben Sie beobachtet? Die Spannweite beginnt bei einzelnen Fachabteilungen, die auch Projekte in ihre Tagesarbeit „einspeisen“, und sie endet bei hoch spezialisierten, mitverantwortlichen Commercial Project Managern in Projekten. Auch habe ich Zwischenlösungen gesehen, also „Kümmerer“, die im Projektteam die nicht technischen Aufgaben und Themen im Blick behalten. Aus diesen Beobachtungen lese ich, dass Unternehmen wohl selbst ihren Weg suchen müssen. Dieser Weg ist oft holprig, und er führt zu Umwegen. Da ist Erfahrungsaustausch sehr hilfreich; dies war auch ein Grund für uns, die GPM-Fachgruppe zu gründen. „MINDESTAUSSTATTUNG“ FÜR DAS KAUFMÄNNISCHE Bei aller Vielfalt - was wäre aus Ihrer Sicht eine Mindestausstattung für Commercial Project Management? Bei Mindestausstattungen tut einem alles weh, was nicht drin ist … Versuchen wir trotzdem mal eine Auflistung … Gut, auch auf die Gefahr der Unvollständigkeit hin. Wichtig finde ich die Fähigkeit, Verträge zu verstehen, zu interpretieren und intern zu kommunizieren. Ein gutes Risiko- und Chancenmanagement wäre hilfreich. Zur Grundausstattung gehört natürlich alles, was mit Geld zu tun hat: beispielsweise Zahlungspläne, Zahlungssicherungen, Wechselkursfragen, Bank- und Kreditwesen, Kalkulationen sowie die Planung und Kontrolle von Kosten. Außerdem brauchen Unternehmen die Fähigkeit, Änderungen zu erkennen, zu administrieren und daraus resultierende Forderungen geltend zu machen; da geht es um Claims Management. Sie brauchen eine qualifizierte Vorgehensweise für den Umgang auch mit nicht technischen Störungen. Nicht technische Störungen - was ist damit gemeint? All die großen und kleinen Schwierigkeiten, von denen Projektmanager ein Lied singen können: Ausfall von Lieferanten, falsch eingeschätzter Aufwand, Transportschäden, höhere Gewalt, unberechenbare Politik, Garantiefälle - um da nur einige zu nennen. Wichtig ist aus meiner Sicht zudem das Thema Steuern. Im eigenen Land kommt man noch ganz gut mit dem Steuerrecht klar. Betritt man mit dem Projekt aber zusätzlich Ausland, dann wird dieses Thema wirklich anspruchsvoll und hat Überraschungen in petto. Generell ist das Thema internationales Projektmanagement voller Tücken. Die Mentalität in anderen Ländern unterscheidet sich manchmal dramatisch von der, die wir in Deutschland kennen. Da geht es um für uns undurchsichtige Entscheidungswege, das konsequente Beachten von Dos and Don’ts oder von religiösen Regeln und Befindlichkeiten. Wenn man solche Regeln nicht beachtet, stößt man schnell auf Probleme, von denen man nie geahnt hätte, dass es sie gibt. Offenbar wäre viel gewonnen, wenn solche Aufgaben in einer Hand liegen oder zumindest aus einer Hand koordiniert würden. Commercial Project Manager als Spezialisten sind noch vergleichsweise selten. Woher kommen diese Commercial Project Manager? Viele von ihnen kommen tatsächlich aus der operativen Projektarbeit, häufig aus der Technik, und sie haben sich durch Fortbildung und Erfahrung weiterqualifiziert. Andere entstammen dem kaufmännischen Bereich, etwa Bankkaufleute, Exportkaufleute, Wirtschaftsingenieure, BetriebsprojektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 WISSEN 53 wirte oder Juristen. Was allen gemeinsam ist: Sie haben einen guten Überblick und ein gutes Verständnis für nicht technische Themen. Und fast wichtiger noch, sie bringen wichtige Personal Skills mit: Verhandlungsgeschick, rasche Auffassungsgabe, Bereitschaft zur Zusammenarbeit und Teamfähigkeit sowie Kommunikationsfähigkeit, auch international und in Fremdsprachen. Da sprechen wir über Fähigkeiten, die jeden guten Manager ausmachen. DOPPELSPITZE - ODER DOCH NICHT? Es gab vor einiger Zeit Vorschläge, Projekte ab einer bestimmten Größe mit einer Doppelspitze zu besetzen: Ein technischer und ein kaufmännischer Projektmanager sollten das Projekt leiten. Solch eine Doppelspitze würde ja dem Umstand Rechnung tragen, dass die nicht technischen Themen immer komplexer, umfangreicher und erfolgskritischer werden. Dennoch, die Doppelspitze ist nach wie vor selten. Scheinbar stehen Commercial Project Manager höchstens im zweiten Glied. Weshalb? Die Doppelspitze ist in der Tat selten. Sie ist nicht unumstritten. Größe und Komplexität des Projekts müssen den Aufwand rechtfertigen. Auch spielt eine andere Frage eine Rolle: Projektleitung hat ja mit Eindeutigkeit der Verantwortung zu tun und damit, dass es zu einer klaren Meinungsbildung und Entscheidung kommt. Man bezweifelt, ob in dieser Hinsicht eine Doppelspitze wirklich hilfreich ist. Meiner Einschätzung nach ist schon viel gewonnen, wenn der Projektkaufmann fest ins Team integriert und akzeptiert ist. Verglichen mit dem technischen Projektmanagement ist Commercial Project Management eine recht junge Disziplin. Wo gibt es Ihrer Einschätzung nach noch Lücken in diesem neuen Zweig des Projektmanagements? Commercial Project Management ist ein noch recht schwammig formulierter Begriff. Da ist es schwierig, Lücken zu finden. Was mir auffällt: In der praktischen Arbeit wird Commercial Project Management manchmal auf wenige Aufgaben reduziert. AUFGABENSPEKTRUM NICHT ZU ENG FASSEN Auf einige wenige Aufgaben reduziert? Welche zum Beispiel? Da gibt es klassische Muster. Beispielsweise die Reduzierung allein auf Claims Management oder Cost Controlling oder Abrechnungsaufgaben. Dieses Aufgabenspektrum ist dann eindeutig zu eng gefasst. Um eine zu enge Definition zu vermeiden, sprechen wir sehr weit gefasst von nicht technischen Aufgaben. Also alles, was nicht ins Ressort der Techniker fällt, aber dennoch über den Erfolg des Projekts mitentscheidet. Ich halte es für wichtig, diese Aufgaben aus einer Hand zu steuern. Diese Aufgaben sollten dann natürlich aus Sicht des Projekts gesteuert werden - und nicht durch irgendeine rein kaufmännische Fachabteilung bearbeitet werden. Das verstehe ich nicht so ganz. Weshalb nicht durch eine rein kaufmännische Fachabteilung? Dort sitzen die Spezialisten für so etwas! Das ist gerade das Problem. Möglicherweise kennen Sie Ähnliches aus dem technischen Projektmanagement: Hat der Projektleiter allein die einseitige Brille des Konstrukteurs auf, werden ihm möglicherweise Fragen zu Beschaffung, Produktion oder Auslieferung eher nebensächlich sein. Ähnlich ist es mit dem Commercial Project Management: Den kaufmännischen Abteilungen wäre vielleicht das Technische fremd. Das Projekt verdient ja nur Geld, wenn alles zusammenpasst und zusammenspielt. Die Projektmanagement-Community hat lange Zeit dem Kaufmännischen eine Nebenrolle zugewiesen - zugunsten des Technischen. Was sind die Ursachen dafür? Wie Sie sagen, Projektmanagement war und ist immer eine Domäne der Technik. Zumindest in Deutschland. Projektmanagement ist technikgetrieben. Vielleicht haben auch die hohen Margen, die früher mit Projekten erwirtschaftet wurden, dazu beigetragen, dass Kaufmännisches eher am Rand stand? Möglich, ja, zumindest in einigen Branchen und Unternehmen. Doch, wie gesagt, die großen Unternehmen sind heute gut aufgestellt beim Commercial Project Management. Und auch der Mittelstand, darunter durchaus Unternehmen aus dem M-Dax, beginnt sich mit der Frage qualifizierter Bearbeitung kaufmännischer Projektbelange zu beschäftigen. Da findet ein Umdenken statt. IMPULS HÄUFIG AUS DEN PROJEKTEN SELBST Welche Anlässe bringen Unternehmen dazu, sich mehr mit Commercial Project Management zu befassen? Den kraftvollsten Hebel bilden nach wie vor Pannen im Projekt, die richtig viel Geld gekostet Commercial Project Manager sorgen dafür, dass am Ende auch die Kasse stimmt. Foto: sidorovstock - stock.adobe.com Integrated Project Engineers Ihre neuen Leistungsträger 4.0 Technik + Wirtschaft + Digitales = Ihre Erfolgs-Ingenieure der Zukunft. Global denken, global lenken. Project Engineers im neuen Studiengang Integrated Engineering der DHBW sind Ihre leistungsstarken Allrounder von morgen. Und das macht sie so einzigartig: • Know-how und Praxis in Technik, Wirtschaft und IT • Fachkompetenz plus Persönlichkeit für Projekte, die Ziele und Menschen erreichen • Digitales Wissen für Projekt-Erfolg in Industrie 4.0 • Von Anfang an in Ihrem Unternehmen verankert • Investition in Qualifikation durch Integration Bringen Sie jetzt Ihre Project Engineers der Zukunft an den Start. Mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Mehr als 40 Jahre gehen wir mit Unternehmen gemeinsame Wege. Kompetenz aus der Praxis bündeln wir für noch mehr Kompetenz in der Praxis. 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Aber nach wie vor beobachte ich, dass sich viele Unternehmen über die Bedeutung von Commercial Project Management noch nicht recht im Klaren sind. Der Engpass liegt manchmal nicht bei der Einsicht, sondern beim qualifizierten Personal. Welche Strategien eignen sich, Projektkaufleute auszubilden? Bei uns wird viel durch „Training on the Job“ ausgebildet, also durch Mitarbeit im Projekt. Eine einheitliche Qualifizierung für Commercial Project Manager haben wir noch nicht, wobei aber einzelne Großunternehmen bereits gute eigene Programme haben. In anderen Ländern ist man da schon weiter. In Großbritannien gibt es einen eigenen Masterkurs für Commercial Project Management. Daneben kennt man dort den „Quantity Surveyer“ als anerkannten Beruf; ihn kann man durchaus in der Nähe des Commercial Project Managers sehen, vielleicht eher im Bauwesen und bei Infrastrukturprojekten. Unsere neue GPM Fachgruppe könnte in der Qualifizierung eine Initialisierungsaufgabe sehen. GPM ALS MOTOR FÜR DIE VERBREITUNG Könnte die GPM generell ein Motor für die Verbreitung von Commercial Project Management sein? Dies hoffe ich! Die Gründung unserer Fachgruppe hat breites Interesse in der Wirtschaft gefunden. Neben namhaften Konzernen beteiligen sich auch angesehene Mittelstandsunter- Anzeige nehmen. Und die GPM selbst ist Spezialistin dafür, neue Ideen und Ansätze zu verbreiten. Bei der Gründung der GPM im Jahr 1979 wussten nur wenige, was Projektmanagement ist; es gab kaum Unternehmen, die Projektmanagement anwendet haben. Da ist vieles der GPM zu verdanken. Sie hat Projektmanagement entwickelt und etabliert. Ähnlich könnte es nun mit dem Commercial Project Management werden.  Integrated Project Engineers Ihre neuen Leistungsträger 4.0 Technik + Wirtschaft + Digitales = Ihre Erfolgs-Ingenieure der Zukunft. Global denken, global lenken. Project Engineers im neuen Studiengang Integrated Engineering der DHBW sind Ihre leistungsstarken Allrounder von morgen. Und das macht sie so einzigartig: • Know-how und Praxis in Technik, Wirtschaft und IT • Fachkompetenz plus Persönlichkeit für Projekte, die Ziele und Menschen erreichen • Digitales Wissen für Projekt-Erfolg in Industrie 4.0 • Von Anfang an in Ihrem Unternehmen verankert • Investition in Qualifikation durch Integration Bringen Sie jetzt Ihre Project Engineers der Zukunft an den Start. Mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Mehr als 40 Jahre gehen wir mit Unternehmen gemeinsame Wege. Kompetenz aus der Praxis bündeln wir für noch mehr Kompetenz in der Praxis. An der DHBW Mannheim studieren 6.600 Nachwuchskräfte in Kooperation mit 2.000 Unternehmen. www.dhbw-mannheim.de Ihr Ansprechpartnerin Prof. Dr. Lilit Mkrtchyan Studiengangsleiterin Project Engineering Tel.: (0621) 4105-1176 lilit.mkrtchyan@dhbw-mannheim.de DHBW Mannheim Coblitzallee 1-9 68163 Mannheim Telefon: +49 (0)621 4105-0 info@dhbw-mannheim.de Jetzt informieren! 0621 4105 1176 WISSEN 55 >> Für eilige Leser In diesem Artikel werden Herausforderungen an Jahrzehnte andauernde Großprojekte dargestellt und mit Lösungsansätzen aus dem agilen Projektmanagement kombiniert. Als zentrales Kernelement dient die Methodik „Scrum“, welche sich beispielsweise an dreißigtägigen Zyklen orientiert. Fazit: Die Integration von Scrum steht vor immensen Herausforderungen; könnte Großprojekten aber langfristig zu einem lang ersehnten Projekterfolg verhelfen. Autor: Daniel Jovanovic 1 Einleitung Oftmals heißt es in Presseberichten und sogar literarischen Werken, Großprojekte sind zum Scheitern verurteilt. Die Fertigstellung eines Großprojektes findet nur selten im Rahmen der geplanten Kostenkalkulation und terminlichen Vorgaben statt. Vielmehr erreichen Großprojekte auf internationaler Ebene Kostenüberschreitungen gegenüber dem ursprünglichen Zielwert von bis zu 1.900 % [1]. Auch auf nationaler Ebene sind Großprojekte zu beobachten, die das ursprünglich gesetzte Ziel nicht erreichen oder nicht erreichen konnten. Dazu zählen beispielsweise Großprojekte, wie das Lkw-Mautsystem Toll Collect, die Elbphilharmonie und der Berliner Flughafen. Derartige Projekte stehen stark im öffentlichen Fokus und sind gleichzeitig durch höchste Komplexität charakterisiert. Der Grund für das „Scheitern“ von vielen Großprojekten ergibt sich genau aus dieser immensen Komplexität. Ziel ist es also, die Komplexität so weit wie möglich zu minimieren und so die Laufzeit des Projektes und die entsprechende Investitionshöhe zu reduzieren. Das klassische Projektmanagement sieht im Rahmen der Betrachtung des magischen Dreiecks eine klare Restriktion vor, dass nur eine Komponente der drei Kategorien Zeit, Kosten und Qualität positiv beeinflusst werden kann. Die Qualität wird durch den Umfang der notwendigen Maßnahmen und die Aufrechterhaltung von Qualitätskriterien festgelegt, die sich außerhalb des magischen Dreiecks befinden (Sicherheit, Effektivität, Effizienz, Minimierung von Betroffenheit etc.). Da die Faktoren und Erfordernisse zur Zielerreichung dieser Qualitätskriterien sich im Laufe eines Großprojektes ändern, ist eine stetige Beachtung von Anforderungen seitens der Stakeholder (Öffentlichkeit, Städte, Kommunen, Private etc.) notwendig. Das klassische Projektmanagement stößt aber genau bei derartinagement dabei umgesetzt werden? Wenn ja, unter welchen Rahmenbedingungen? Als Beispiel wird die agile Arbeitsmethodik „Scrum” ausgewählt und im Rahmen einer Fokussierung auf Großprojekte im Schieneninfrastrukturbereich hinsichtlich ihrer Anwendungstauglichkeit untersucht. 2 Großprojekte Die Forschung begründet das Verfehlen von Projektzielen mit Fehleinschätzungen der Kosten und der Projektdauer bei Projektbeginn, mit möglichen Änderungen von Projektanforderungen, die nicht genügend beachtet werden, und mit Marktentwicklungen, die ebenfalls unterschätzt werden [4]. Die Literatur erfasst folgende Kriterien, die für die Charakterisierung eines Projekts als Großprojekt ausschlaggebend sind [5]:  Zeit: Projektdauer länger als 10 Jahre  Kosten: Projektvolumen größer als 100.000.000 USD  Auftraggeber: öffentlich  Immense Risiken  Soziale, politische, ökonomische und technologische Auswirkungen  Höchstes Maß an Komplexität  Hohe Anzahl an unbeeinflussbaren und externen Projekteinflussgrößen Das Projektmanagement von Großprojekten unterscheidet sich vom Management klassischer Projekte gravierend. Während der Projekterfolg klassischer Projekte im Rahmen der drei bekannten Größen Kosten, Zeit und Qualität gemessen wird, sind die Anforderungen an die Zielerreichung bei Großprojekten viel höher. Neben den sogenannten Key Performance Indicators (KPI), den Kosten, der Zeit und der Qualität werden Performance-Kriterien, wie Effektivität, Effizienz, Sicherheit, Aufrechterhaltung der gen Problemstellungen auf Grenzen. Im Fokus stehen bei Anforderungsänderungen die Zusammenarbeit und Kollaboration zwischen allen Projektbeteiligten, da nur so eine kundenorientierte Lösung im Rahmen des Großprojektes umgesetzt werden kann. Kundenorientierung und Zusammenarbeit sind die Stichwörter, die im agilen Projektmanagement Anwendung finden. Agiles Projektmanagement hat sich mittlerweile bereits über Jahrzehnte in der Branche der Softwareentwicklung bewährt [2]. Auch eine Integration des agilen Projektmanagements in andere Branchen hat in den letzten Jahren stark zugenommen und zu Effizienzeffekten geführt [3]. Was die Projekte in diesen Branchen aber alle gemeinsam haben, sind die vergleichsweise kurze Projektdauer und der vergleichsweise kleine bis mittlere Projektumfang. Doch wie sieht die Anwendungsmöglichkeit des agilen Projektmanagements auf der Großprojektebene aus? Kann agiles Projektma- Management von Großprojekten mit Scrum Funktioniert das? projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 56 WISSEN Erwartungen der Stakeholder und der Minimierung von konstruktionsbedingten Konflikten und Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit, erfasst. Allein durch die multidimensionale Performance-Messung ergibt sich die hohe Erwartungshaltung auf unterschiedlichen Ebenen bei Großprojekten, die zu entsprechenden Zielverfehlungen führt. Durch die lange Laufzeit von Großprojekten ergeben sich oftmals Änderungen an die Projektanforderungen, die zwar im Rahmen des Projektes aufgegriffen und umgesetzt werden können, aber zu großen Einbußen in mindestens einer der multidimensionalen Performance-Messungskriterien führen. Um diesen Effekt aufzugreifen und die notwendige Flexibilität bei Großprojekten herzustellen, eignet sich das agile Projektmanagement, das im folgenden Kapitel näher erläutert wird. 3 Agiles Projektmanagement mit Scrum Agiles Projektmanagement ist eine Art „Gegenbewegung“, die im Rahmen der Softwareentwicklung in den 90er-Jahren initiiert wurde. Agiles Projektmanagement wird als Gegenbewegung charakterisiert, da zu diesem Zeitpunkt in nahezu allen anderen Industriebereichen der Drang zu standardisierten Prozessen und zum Vermeiden von kurzfristigen Änderungen herrschte. Die Softwareentwicklung stieß allerdings auf Grenzen des klassischen Projektmanagements, da die ständig geänderten Projektanforderungen, die seitens der Kunden festgelegt wurden, zu Projektmisserfolgen führten. Das agile Projektmanagement ist auf derartige Änderungen eingestellt und führt dadurch zu höheren Effizienzergebnissen. Im Laufe der Zeit etablierte sich dieser Grundgedanke auch in anderen Branchen, die sich heutzutage eine individualisierte Massenfertigung in der Produktion, wie beispielsweise in der Automobilindustrie, als Ziel setzen. Das Rahmenwerk „Scrum“, das von Jeff Sutherland im Jahr 1993 auf Basis vorheriger Entwicklungen von Nonaka und Takeuchi entwickelt wurde, dient als elementares Kernelement und repräsentiert das agile Projektmanagement im Rahmen eines inkrementellen Vorgehens [6]. Der große Unterschied zwischen klassischem und agilem Projektmanagement ergibt sich bei der Betrachtung des Arbeitsfortschritts und der „Produktlieferung“. Während beim klassischen Projektmanagement das Produkt am Ende mit all seinen Ausprägungen dem Kunden bereitgestellt wird, ermöglicht die agile Arbeitsweise mit Scrum ein inkrementelles Vorgehen, das nach iterativen Prozessen die Erwartungen des Kunden erfüllt und zu höherer Kundenausrichtung führt. Scrum ist grundsätzlich durch eine einfache Regelhaltung, eine fest strukturierte Meeting-Struktur, wenige und klar definierte Rollen und Verantwortlichkeiten und durch die selbst organisierte Arbeitsform des Scrum-Teams charakterisiert. Die Rollen des Scrum-Teams beschränken sich auf den Product Owner, der die Kundeninteressen vertritt und die Kundenzufriedenstellung verantwortet, den Scrum Master, der für die Einhaltung des Scrum- Rahmenwerks verantwortlich ist, und das „Entwicklungsteam“, das im Rahmen seiner Interdisziplinarität für die Umsetzung des gewünschten Produktes verantwortlich ist. Eine klare Einschränkung ergibt sich bei der Betrachtung der Projektgröße. Die Theorie besagt, dass Scrum nur in kleineren und mittleren Projekten angewandt werden kann, da sonst die Komplexität und die notwendigen Interaktionen nicht mehr greifbar sind. Nach der reinen Lehre ist eine Anwendung von Scrum in einem Großprojekt ausgeschlossen [7]. Dieser Artikel widmet sich dieser Fragestellung und bietet einen Einblick in die Umsetzungsmöglichkeiten von Scrum in Großprojekten. Dabei wird auch auf bestehende Ansätze in der Skalierung von Scrum auf Großprojekte Bezug genommen und auf entsprechende Schwierigkeiten hingewiesen. 4 Herausforderungen und Lösungsansätze Eine immense Herausforderung stellt in erster Linie der zeitliche Aspekt dar. Während sich Großprojekte über Jahrzehnte erstrecken, lebt der Scrum-Ansatz von tagesscharfen Aufgabensteuerungen und Planungen. Folgende Kernfragen stehen im Fokus: Ist eine Integration von Scrum auf Gesamtprojektebene sinnvoll? Ändert sich das Prozesswesen in Großprojekten durch Scrum? Wie passen die zeitlichen Dimensionen von Jahrzehnten und Tagen zusammen? Reichen die bestehenden Skalierungsansätze aus? Die Frage nach der Implementierung auf Gesamtprojektebene kann bereits mit einem klaren „Nein” beantwortet werden. Scrum kann in Großprojekten nur in bestimmten Projektanteilen umgesetzt werden. Die Integration in Großprojekten kann nur erfolgen, wenn gewisse Rahmenbedingungen vorliegen und so die Effizienz und Transparenz von Scrum zum Tragen kommt. Die Paradoxie bei Großprojekten ergibt sich bei der Betrachtung der Komplexität. Während die Anwendung von Scrum in einem komplexen Umfeld angedacht ist [8], stellt der immense Komplexitätscharakter im Rahmen von Großprojekten [9] gleichzeitig die größte Hürde dar. Bei umfangreichen Projekten, die mit einem Scrum- Team nicht bewältigt werden können, schlägt die Literatur die Anwendung von „Scrum of Scrums“ vor [10]. Das Projekt soll mit mehreren Scrum-Teams, autarker Bearbeitungsstruktur und gleichzeitiger Informationsvermittlung zwischen allen Parteien gestemmt werden. Allerdings stößt auch dieses Konzept nach Paasivaara et al. [10] auf seine Grenzen. Der Koordinationsaufwand bei Aufrechterhaltung eines agilen Vorgehens im Rahmen eines Großprojektes auf allen Ebenen ist in der Praxis nicht vertretbar. Ferner erlaubt das Rahmenwerk „Scrum of Scrums“ eine autarke Bearbeitung in interaktiven Teams, jedoch ist die übergreifende Planung und Abstimmung der einzelnen Arbeitsergebnisse wieder als Teilprojekt zu verstehen, bei dem sich der dann vorhandene Komplexitätsgrad widerspiegelt. Ein weiterer Ansatz zur Skalierung von Scrum und Übertragung auf Großprojekte ergibt sich bei der Betrachtung des Rahmenwerks SAFe (Scaled Agile Framework) [11]. Dieses Rahmenwerk fokussiert sich stärker auf die Integration von agilen Methoden in bereits vorhandene klassische Projekt- und Organisationsstrukturen. In dieser Hinsicht ist eine Implementierung von SAFe absolut im Sinne von bestehenden Großprojekten. Die Besonderheit bei diesem Rahmenwerk ergibt sich durch die Existenz eines sogenannten Agile Release Trains (ART). Die Einführung einer solchen Systematik ist mit einem sehr hohen Aufwand verbunden. Der Grund dafür ist, dass der ART auf das Management des Unternehmens ausgerichtet ist, sodass das Management in dem Prozess mit integriert wird und strategische Zielsetzungen auf agiler Arbeitsebene beeinflusst werden. Auf Basis weiterer Scrum-Rollen (Enterprise Architects, Epic Owners, Program Portfolio Manager etc.) wird dann durch eine Anknüpfung an die Lean-Ansätze von Toyota aus den 90er-Jahren ein gesamthaftes Rahmenwerk abgebildet, das sich laut der Literatur erst ab einer Projektgröße von ca. 150 Projektmitarbeitern lohnt und rechnet [12]. Das Rahmenwerk ist projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 WISSEN 57 in erster Linie für eine projektübergreifende Struktur konzipiert, sodass die Projektperspektive in dem komplexen System verloren geht. In der Literatur taucht ein weiteres Rahmenwerk auf, das auf Basis eines Skalierungsansatzes für die Integration agiler Methoden in Großprojekten infrage kommt. Es handelt sich um den Ansatz „Large Scale Scrum (LeSS)“ [13]. Was ist die Besonderheit und wie unterscheidet sich dieser Ansatz vom klassischen Scrum-Ansatz? Der Ansatz LeSS setzt sich die Erweiterung der Projektbeteiligten mit gleichzeitiger Komplexitätsreduktion zum Ziel. Deshalb wird oft das Motto „weniger ist mehr“ mit diesem Skalierungsansatz in Verbindung gebracht. Die grundsätzliche Vorgehensweise ist analog zum ursprünglichen Scrum-Ansatz zu sehen, jedoch werden parallel laufende und separate Scrum-Teams koordiniert. Der wesentliche Unterschied zum Konzept „Scrum of Scrums“ ergibt sich bei Betrachtung des Product Backlogs. Es ist ein Product Backlog für mehrere Scrum-Teams vorhanden. Die größte Hürde ergibt sich bei der Aufgabenplanung und Koordination der entsprechenden Ergebnisse. Die Aufgaben werden den Teams entsprechend dem jeweiligen Know-how-Gebiet zugeteilt. Der Aufbau zentralisierter Wissensstrukturen ist unumgänglich. Schnell kann ein Konflikt im Bereich des transaktionalen Wissens auftreten, der sich nicht ohne Weiteres beheben lässt. Großprojekte sind in ihrer Komplexität jedoch so verankert, dass das transaktionale Wissen für den Projekterfolg ausschlaggebend ist. Wird die Erstellung eines Produktes hingegen als Ziel genommen, ist ein spartenartiges Denken durchaus möglich, sodass der LeSS-Ansatz im Bereich des Produktmanagements durchaus Anwendung gefunden hat. Die Literatur bietet noch einen weiteren Ansatz zur Integration agiler Strukturen in umfassenden Organisationen. Es ist die Rede von „Nexus“ [14]. Dieser Ansatz ähnelt dem ursprünglichen Scrum-Ansatz am ehesten. Es existiert ein Product Backlog und es können drei bis neun Scrum-Teams koordiniert werden. Der Fokus bei diesem Ansatz liegt auf den Abhängigkeiten zwischen den Teams und der Förderung des Kommunikationsverhaltens in der gesamten Scrum- Organisation. Ein sogenanntes Nexus-Team setzt genau diese Einheiten um und setzt sich dann die Stärkung der Kommunikation und des Wissensaustausches zum Ziel. Die ursprünglichen Rollen werden erweitert. Ein Problem bei diesem Ansatz liegt darin, dass das prozessuale Inkrement im Rahmen der Aufgabenpakete nicht kontinuierlich unter den einzelnen Teams abgestimmt wird. Durch die „Nexus Daily Scrums“, die vor den normalen Daily Scrums der einzelnen Teams durchgeführt werden, werden bewusst Abhängigkeiten identifiziert und die Planung der einzelnen Teams wird dadurch indirekt beeinflusst. Dem „Nexus Integration Team“ als neues Rollenbild obliegt somit in indirekter Weise eine erweiterte Handlungsmacht im Vergleich zu den normalen Scrum-Teams. Alle Skalierungsansätze sind in ihrer theoretischen Natur umsetzbar und können zu Produktivitätsgewinnen im Vergleich zu klassischen Projektmanagementstrukturen führen. Vielmehr stellt sich die Frage, inwieweit bestehende Großprojekte um ein agiles Verhalten ergänzt und teilweise umgewälzt werden können. Das agile Vorgehen orientiert sich nach Faschingbauer [8] an Projektsituationen, bei denen die Anforderungen an das Ziel und die Art der Zielerreichung unklar sind. Bei Großprojekten sind in der Regel die Anforderungen an das Ziel relativ klar, während die Art der Zielerreichung bei vielen Projektbestandteilen in Großprojekten ein Fragezeichen bildet. In Abbildung 1 [8] wird die Situation der Großprojekte nach der „Stacey-Matrix“ in das komplexe Umfeld eingegliedert und bildet somit die Absprungbasis für die Integration von Scrum. Bei den Projektbestandteilen, bei denen die Art der Zielerreichung nicht ganz klar ist, erzielt die agile Arbeitsmethodik ihren positiven Effekt. Die meisten Abläufe sind bei Großprojekten in standardisierte Prozesse eingegliedert und bilden auch einen guten Rahmen für eine erfolgreiche Umsetzung bis zu dem gewissen Bereich der Einordnung von Großprojekten in die Stacey-Matrix (in Anlehnung an Faschingbauer [8]) projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 58 WISSEN Unkenntnis. Sind Projektbestandteile durch bereits definierte Prozesse zu lösen, schafft agiles Projektmanagement nur in geringem Maße einen Mehrwert. Interessanter ist die Anwendung der Methodik, wenn gewisse Aufgabenstellungen nicht durch unternehmensinterne und standardisierte Prozesse abbildbar sind und ein gewisser Spielraum besteht, der agiles Vorgehen überhaupt zulässt. Neben der Betrachtung des Prozesswesens und entsprechenden Freiräumen für agiles Vorgehen steht auch noch die Frage nach den zeitlichen Dimensionen im Raum. Darin ergibt sich ein weiterer Grund dafür, dass Scrum auf Gesamtprojektebene keinen Mehrwert erzielen kann, sondern vielmehr eine kreative Lösungsmöglichkeit bei kurzzyklischen Projektbestandteilen bietet. Bei der zeitlichen Betrachtung wird schnell ersichtlich, dass ein Product Backlog für ein Großprojekt nicht handhabbar ist. Auch die Fortschreibung und die Detaillierung von User-Stories führen zu erhöhtem Koordinationsaufwand. Je weiter das Großprojekt in seiner Planung und Umsetzung voranschreitet, desto kurzzyklischer werden die Projektaufgaben und Projektbestandteile. Dies steht auch in direktem Zusammenhang mit der Integration von Scrum. Die Schaffung des Mehrwertes kann als exponentiell steigend angenommen werden, da die Anteile an kurzzyklischen Aufgaben und der Anteil an prozessunabhängigen Aufgaben entsprechend zunehmen. Die zeitlich unterschiedlichen Dimensionen zwischen Großprojekten und Scrum sind zwar vorhanden, stellen aber bei Betrachtung des entsprechenden Projektfortschritts keineswegs eine Herausforderung dar. 5 Fazit Großprojekte und Scrum könnten hinsichtlich ihrer zeitlichen Dimensionen kaum unterschiedlicher sein. Großprojekte dauern Jahrzehnte, Scrum orientiert sich an Tagesplanungen. Großprojekte sind von standardisierten Prozessen geprägt, während Scrum ein agiles Vorgehen erfordert. Auf den ersten Blick stehen Scrum und Großprojekte in keinem denkbaren Zusammenhang. Bei genauerer Betrachtung wird aber schnell ersichtlich, dass auch Großprojekte zeitlich voranschreiten und somit kurzzyklische Projektbestandteile und Aufgaben zum Tagesgeschäft gehören. Die Kunst liegt darin, geeignete Projektbestandteile zu identifizieren, die nicht im standardisierten Prozesswesen integriert sind. Derartige Projektbestandteile sollten auch weiterhin von der Notwendigkeit einer tagesscharfen Steuerung geprägt sein. Um die durch Scrum angestrebten Effizienzgewinne zu erzielen, sollten die entsprechenden Projektbestandteile auch einen hohen Komplexitätsgrad haben, der sich durch unklare Anforderungen an das Projektziel und der Unkenntnis der Art der Zielerreichung ergibt. Der im Laufe der Zeit exponentiell steigende Mehrwert durch die Integration von Scrum lässt sich auf die Projektphasen bzw. Leistungsphasen in Großprojekten beziehen und kann so zum Projekterfolg beisteuern. Grundlegend ist also festzuhalten, dass sowohl konventionelle Projektteams als auch Scrum-Teams erforderlich sind. Diese Tatsache führt zu neuen Herausforderungen. Die Organisationsstrukturen müssen in Großprojekten für eine erfolgreiche Integration von Scrum angepasst werden; es sind Anpassungen von Vertragsstrukturen (unternehmensübergreifende Projektteams) vorzunehmen und die Schaffung eines Änderungsbewusstseins wird zu einem zentralen Kernelement. Das konventionelle Management von Großprojekten und das Rahmenwerk Scrum stehen nicht im Widerspruch - sie ergänzen sich vielmehr.  Literatur [1] Flyvbjerg, B. (2014). What you Should Know about Megaprojects and Why: An Overview. In: Project Management Journal, 45(2), 6-19. [2] Fernandez, D.J. & Fernandez, J.D. (2008). Agile Project Management - Agilism versus Traditional Approaches. In: The Journal of Computer Information Systems, 49(2), 10-17. [3] Conforto, E. et al. (2014). Can Agile Project Management be Adopted by Industries Other than Software Devlopment? In: Project Management Journal, 45(3), 21-34. [4] Han et al. (2009). Analyzing Schedule Delay of Mega Project: Lessons Learned From Korea Train Express. In: IEEE Transactions of Engineering Management, 56(2), 243-256. [5] Oliomogbe, G.O. & Smith, N.J. (2012). Value in Megaprojects. In: Organization, Technology and Management in Construction, 4(3), 617-624. [6] Sutherland, J. (2004). Agile Development: Lessons Learned from the first Scrum. In: Cutter Agile Project Management Advisory Service, 5(20), 1-7. [7] Serrador, P. & Pinto, J.K. (2015). Does Agile work? - A quantitative analysis of a agile project success. In: International Journal of Project Management, 33(5), 1040-1051. [8] Faschingbauer, M. (2010). Effectuation: Wie erfolgreiche Unternehmer denken, entscheiden und handeln (Systematisches Management), S. 18-20. [9] Giezen, M. (2012). Keeping it simple? A case study into the advantages and disadvantages of reducing complexity in mega project planning. In: International Journal of Project Management, 30(7), S. 781-790. [10] Paasivaara, M. et al. (2012). Inter-team Inter-team Coordination in Large-Scale Globally Distributed Scrum: Do Scrum-of-Scrums Really Work? In: Proceedings of the ACM-IEEE international symposium on Empirical software engineering and measurement, S. 235-238. [11] Brenner, R. & Wunder, S. (2015). Scaled Agile Framework - Presentation and Real World Example. In: IEEE Eighth International Conference on Software Testing, Verification and Validation Workshops (ICSTW). [12] Stojanov, I. et al. (2015). A Maturity Model for Scaling Agile Development. In: 41st Euromicro Conference on Software Engineering and Advanced Applications. [13] Larman, C. & Vodde, B. (2016). Large-Scale Scrum: More with LeSS. Addison-Wesly Professional, S. 27. [14] Schwaber, K. (2015). Nexus Guide. The Definitive Guide to Nexus: The exoskeleton of scaled Scrum development. Scrum.org. Schlagwörter agiles Projektmanagement, Großprojekte, Scrum Autor Daniel Jovanovic (M. Sc.) ist derzeit als Projektingenieur, als externer Doktorand im Bereich Technologie- und Innovationsmanagement und als Lehrbeauftragter im Bereich Technologiemanagement tätig. Anschrift: DB Netz AG, Mülheimerstr. 50, 47057 Duisburg, E-Mail: daniel.jovanovic@deutschebahn.com projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 WISSEN 59 Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch - Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben. Ehrlich sieht, wie Priesberg in der Kantine versucht, aus zwei Modellbahnwagen einen Zug zu bauen. Er setzt sich zu Priesberg. Dieser scheint mit seinen Gedanken völlig woanders zu sein und merkt an: „Ein Zug für meinen Neffen. Egal wie man die Wagen verkuppelt, schlussendlich können sie doch nicht fahren. Warum sagt mir keiner, wie ich einen Antrieb in einen der beiden Wagen bauen kann? Jetzt muss ich das mühevoll nachholen! Und außerdem nervt mich ein Kollege, der ein Problem in meinem neuen Projekt komplett anders lösen will.“ Ehrlich entgegnet ihm: „Kannst du das nicht mit ihm in Ruhe ausdiskutieren? ” „Nein. Er fühlt sich von mir dominiert“, antwortet Priesberg und knallt die Wagen gegeneinander. „Oh, oh, da ist was im Argen“, vermutet Ehrlich: „Was meint denn euer Projektleiter? Kann er vermitteln? “ „Er ist eine durch und durch honorige Person. Fachlich exzellent und dazu noch umgänglich. Er nimmt dich ernst und kann deinen Argumenten mühelos folgen. Aber er entscheidet hier nicht! Ein Machtwort würde genügen! Ein kleines Machtwort als Antrieb! “ Priesberg muss mit sich ringen, um wenigstens einigermaßen ruhig zu bleiben. Er fährt fort: „Will er nicht, oder kann er nicht? Was ist die Botschaft, die er uns vermitteln will? “ Ehrlich überlegt: „Wir können diese Fragen vermutlich nicht beantworten. Das müssen wir aber auch gar nicht …“ Das Gesicht von Priesberg ist zu einem Fragezeichen mutiert, als er Ehrlichs Worte vernimmt. „Du wirst doch nicht wieder das System ‚Projekt‘ betrachten wollen …“ „Doch, Kollege, genau das will ich“, insistiert Ehrlich. „Wir müssen die vorhandenen Ressour- Projektgeschichten und Fallstudien Versteckte Führung Autor: Jens Köhler cen nutzen und sie nicht verschwenden, indem wir stets nach dem ‚Warum‘ fragen. Welche Ressourcen könnte es denn geben? “, fragt er Priesberg. „Also, fangen wir von mir aus mit dem Projektleiter an. Auf der Habenseite ist seine exzellente fachliche Kompetenz. Und auch die Stärke, die er im Dialog ausstrahlt. Allerdings liegt sein größtes Defizit in seinen Entscheidungen. Es gibt hier nämlich keine! “, schließt Priesberg. „Gut, und als Nächstes müssen wir dieses Defizit in eine Ressource verwandeln, aus der wir Kraft schöpfen können“, setzt Ehrlich seinen Gedankengang unbeirrt fort. „Jetzt müssen wir uns das Projektteam näher anschauen. Welche Persönlichkeiten arbeiten dort? “ Priesberg überlegt: „Es sind überwiegend Personen, die fachlich gute Arbeit leisten, sich tief in die Details einarbeiten und dort auch ihre Motivation schöpfen. Durch das freundliche Wesen des Projektleiters fühlt sich jeder aufgehoben. Man arbeitet halt seine Aufgaben ab.“ „Wenn du in dem Team eine neutrale Person identifizieren könntest, die euch beide kennt, zwischen euch vermitteln möchte, und zwar auf der persönlichen Ebene, wie würde der Projektleiter reagieren? “, spricht Ehrlich und gibt Priesberg lächelnd die Lok in die Hand, die auf dem Tisch liegt. Priesberg überlegt, legt sie aber beiseite: „Er würde es sehr anerkennen. Das gibt dem vermittelnden Kollegen die nötige Rückendeckung.“ Ehrlich lacht: „Wir haben das Defizit des Projektleiters eliminiert und eine seiner Stärken genutzt, nämlich die Fähigkeit, tragfähige Beziehungen zu knüpfen.” Priesberg stutzt: „Stimmt, manchmal sollte man nicht auf die Ansage des Projektleiters warten, sondern selbst aktiv werden. Der Projektleiter agiert im Hintergrund und ist quasi immer anwesend. Du würdest sicher sagen: ein freundliches Hintergrundfeld. Ich frage mich aber, ob damit eine Erfolgsgarantie gegeben ist.“ Ehrlich überlegt: „Sicherlich nicht. Aber es sind günstige Voraussetzungen für ein Gelingen. Deine Kollegen sind prinzipiell freundliche Wesen, die an ihren Problemen arbeiten und nach Lösungen suchen. Dies sind viel bessere Voraussetzungen als in einem Projektteam, das vom Geist der Konkurrenz beherrscht wird. Einen Versuch ist es wert! Wenn du und dein Kollege wieder zusammenarbeiten, dann geht es euch besser und das Team ist nebenbei noch gestärkt - versteckte Führung.“ Priesberg schaut auf den Tisch: „Die Lok. Ich habe sie mit meinem Tunnelblick einfach übersehen. Ich muss niemanden nach einem Antrieb fragen. Alle Komponenten sind schon da. Und niemand verbietet uns, die Lok einzusetzen. Der kleine Zug ist endlich komplett! “ Ehrlich schließt: „Niemand hat uns verboten, die Lok zu benutzen. So ist das auch mit dem Projektleiter. Sein Schweigen ist eine Aufforderung, das Problem im Team zu lösen. Alle Beteiligten sind bereits an Bord. Also ziehe den dritten Kollegen ruhig hinzu.“  Autor Dr. Jens Köhler, BASF SE, fokussiert sich auf die Digitalisierung in Forschung und Entwicklung. Sein Spezialgebiet ist die Regulation sozialer Komplexität zur Effizienz- und Effektivitätssteigerung von Projektteams. Anschrift: BASF SE, RB/ IC, 67056 Ludwigshafen, E-Mail: Jens.Koehler@basf.com projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 60 WISSEN Im Sommer hat die GPM ihren neuen Vizepräsidenten Daniel Stumpf vorgestellt. Auf dem zurückliegenden PM Forum sprach er erstmals mit der Projektmanagement aktuell. Er setzte erste Akzente: Gemeinsamkeiten finden, durch Transparenz die Kräfte aller bündeln und den Mut für verantwortungsvolle Experimente finden - damit will Daniel Stumpf die GPM voranbringen. Herr Stumpf, die GPM hat Sie kürzlich als neu gewählten Vizepräsidenten vorgestellt. Viele Aktive und Mitglieder kannten Ihren Namen. Sie waren bereits vor einigen Jahren für die GPM tätig - und zwar bei der GPM-eigenen Zertifizierungsstelle PM-ZERT ... Richtig, zunächst als Produktmanager für Zertifizierungen, später als Operational Manager. Mir oblag das Tagesgeschäft der PM-ZERT. Damals habe ich die GPM kennenlernen dürfen - und viele Menschen, die in der GPM Einzigartiges leisten. Über welchen Weg sind Sie zur GPM gekommen? Offen gesagt, weder Projektmanagement noch die GPM waren mir in die Wiege gelegt. Nach der Schule ging mein Weg zunächst in eine völlig andere Richtung. Ich wollte im Ausland Deutsch als Fremdsprache unterrichten. Deshalb habe ich in Bamberg Germanistik studiert. Nach dem Studium zog es mich dann nach Berlin - auch aus privaten Gründen. Dort habe ich das Deutschlandgeschäft für einen französischen Weiterbildungs-Anbieter aufgebaut. Ich habe damals eine Vielzahl von Seminartexten aus dem Französischen übersetzt, Seminarräume angemietet, Trainer unter Vertrag genommen, Marketingaktionen durchgeführt, Anzeigen getextet und geschaltet. Eine gute Gelegenheit, mit Projektmanagement in Berührung zu kommen ... Ja, in der Tat! Wir hatten zum Projektmanagement Qualifizierungskurse, die mit einem Zertifikat abschlossen. Auch gab es einige freie Seminare zum Thema Projektmanagement, beispielsweise über Führung oder Qualitätsmanagement im Projekt. Da ich diese Trainings in Deutschland aufbauen sollte, habe ich mich inhaltlich mit Projektmanagement beschäftigt. Seither fasziniert mich Projektmanagement sehr. Es lässt mich immer „Gemeinsamkeiten finden, Transparenz schaffen, Experimente wagen“ Daniel Stumpf ist neuer Vizepräsident der GPM Foto: © CHRISTIAN TECH wieder staunen, was mit gutem Projektmanagement erreicht werden kann und wie Projektmanager dazu beitragen, die Welt ein Stück weit besser zu machen. Gab es zu Ihrer Berliner Zeit bereits erste Verbindungen zur GPM? Nur punktuell. Ich bin einigen GPM-Mitgliedern begegnet, die ich als Dozenten gewinnen konnte, etwa auf dem PM Forum. Eine unserer Trainerinnen war Assessorin beim Deutschen Project Excellence Award. Die Welt im Projektmanagement ist offenbar klein … Das ist sie wirklich! Später bin ich als gebürtiger Franke zurück nach Nürnberg gegangen und habe mich bei der PM-ZERT beworben. Dort habe ich mich gründlich in unseren Standard und IP- MA-Zertifizierung eingearbeitet. Trotzdem haben Sie die GPM wieder verlassen? Ja. Schweren Herzens. Nach eineinhalb Jahren. Weshalb? Ich wollte Führungsverantwortung übernehmen. Mit Professor Helmut Klausing habe ich dies intensiv besprochen. Wir waren uns einig, dass man erste Führungsverantwortung mit Anfang dreißig übernehmen sollte - was mir die GPM zu diesem Zeitpunkt nicht ermöglichen konnte. Bei der GPM hatte man Verständnis sowohl für meine Ziele als auch meine Entscheidung. Ich wechselte zu einer Öko-Kontrollstelle. Anfangs war ich für die Verwaltung zuständig und hatte 30 Mitarbeiter zu führen. Später habe ich die 90 Mitarbeiter der Niederlassung in Nürnberg geleitet. Ich habe Konzernstrukturen kennengelernt. Ich habe verstanden, weshalb manche Entscheidungen viel Zeit brauchen und wie man dicke Bretter bohrt. Doch ich spürte bald, dass ich wieder in einer dynamischeren Organisation arbeiten wollte. Ausschlaggebend war für mich die GPM-Ausschreibung für das Amt des Vizepräsidenten. Diese Ausschreibung hat mich zurückgeholt. Was hat Sie gereizt, zur GPM zurückzukehren? Die GPM ist eine dynamische Organisation. Sie steht vor großartigen und vielfältigen Chancen. Alle Ehrenamtlichen und Mitarbeiter in den Geschäftsstellen, die zum Erfolg der GPM beitragen, sind hervorragend vorbereitet, top trainiert, professionell aufgestellt und sehr engagiert. Und was für mich auch wichtig ist: Ich habe mich auf die Menschen hier gefreut. Sie wiederzusehen und mit ihnen zu arbeiten - dies war eine wesentliche Motivation für meine Kandidatur. Als Vizepräsident will ich mit ihnen jetzt die Zukunft der GPM gestalten und mich einbringen. In der GPM ist man sich einig, dass Projektmanagement in Zukunft immer wichtiger wird. Einige Aktive aber beklagen, dass es der GPM an einer griffigen Strategie mangelt ... Mit Verlaub - das ist nicht richtig! Wir haben gute, zukunftsweisende strategische Ziele. Sie sind in einem breiten Kreis von Ehrenamtlichen und den Mitarbeitern erarbeitet und von der Delegiertenversammlung beschlossen worden. Ich bin überzeugt, dass die GPM diese Strategie erfolgreich realisieren kann. Dafür müssen wir Gemeinsamkeiten finden, Transparenz schaffen und auf dem Weg nach vorne verantwortungsvolle Experimente wagen. Da sehe ich meine Aufgaben als Vizepräsident. projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 NACHRICHTEN 61 Gemeinsamkeiten finden - wie darf ich dies verstehen? Die GPM ist sehr vielfältig. Wir haben das Glück, unterschiedliche Stakeholder mit unterschiedlichen Sichtweisen und Interessen zu haben. Dies macht unsere Stärke aus. Nun kommt es darauf an, dass wir diese Sichtweisen und Interessen bündeln. Ich lade alle ein, ihr Wissen, ihre Ideen, ihre Energie und ihr Engagement auf unsere strategischen Ziele zu lenken - also auf die gemeinsame Autobahn in die Zukunft aufzubiegen. So können wir das Potenzial der GPM ganz entfalten. Und genau dafür will ich mich einsetzen. Eben sprachen Sie von Transparenz. Was ist damit gemeint? Wir haben sinnvolle Ziele. Was uns allen helfen würde, wäre eine Präzisierung dieser Ziele. Meiner Ansicht nach müssen wir die strategischen Ziele mit sinnvollen Zielgrößen unterfüttern, die für alle in der GPM einsehbar und nachvollziehbar sind. Um welche Zielgrößen handelt es sich beispielsweise? Etwa zu Mitgliederzahlen, Teilnehmerzahlen von Qualifizierungen oder die Zahlen von Zertifizierungen. Ähnliches gilt für die Anzahl und Qualität von GPM Events in Regionen und Fachgruppen. Solche Ankerpunkte werden unsere Ehrenamtlichen und Mitarbeiter in ihrem Engagement unterstützen. Noch ein weiterer Punkt: Es wäre für alle hilfreich, wenn wir Transparenz auch über die Auslastung unserer Ressourcen vor allem in der Linie hätten. Es ist bekannt, wie sehr die Überlastung von Ressourcen die Leistung beeinträchtigt. Ich setze mich dafür ein, noch deutlicher zu machen, welche Projekte laufen, wie viele Projekte wir parallel abwickeln können und was jeweils in der Linie geleistet werden kann - und wann die Pipeline möglicherweise voll ist: das magische Dreieck … Eben haben Sie von verantwortungsvollen Experimenten gesprochen. Was ist damit gemeint? Verantwortungsvolle Experimente helfen, die Zukunft zu erschließen. Ein Beispiel: Die Arbeitswelt verändert sich derzeit sehr dynamisch. Schon heute wird fast die Hälfte dessen, was wir in Deutschland erwirtschaften, in Projekten erarbeitet. Bis 2045, so wurde mir aus einer Masterarbeit zitiert, werden praktisch alle Organisationen mit temporären (Teil-)Organisationen arbeiten und so als Matrix aufgestellt sein. Die GPM hat jetzt die große Chance, an diesem Wandel mitzuwirken und ihn in Deutschland mitzugestalten. Wir verfügen über unser einzigartiges Alleinstellungsmerkmal. Ein Alleinstellungsmerkmal - inwiefern? Wir sind Ansprechpartner nicht nur für Projekte, sondern für projektorientiertes Arbeiten. Die neue ICB 4 beschreibt einen holistischen Ansatz, der in Richtung New Work geht. Unser neuer Standard zeigt, worauf es beim projektorientierten Arbeiten ankommt. Was hinzukommt: Wir decken alle Bereiche und Branchen ab. Wir sind nicht beispielsweise auf IT oder Elektrotechnik spezialisiert, sondern auf die gesamte Arbeitswelt der Zukunft. Wir sind also gut aufgestellt. Wir können diesen Wandel zukünftig beispielsweise durch neue Weiterbildungsangebote unterstützen. Um welche Art von Weiterbildungsangeboten wird es sich handeln? (lacht) Ich bin leider kein Hellseher! New Work entwickelt sich ja im Augenblick. Es ist für niemanden absehbar, welche Qualifizierungen zukünftig zusätzlich erforderlich sein werden. Geht es um Schnittstellenangebote? Geht es Spezialisierungsangebote? Geht es um etwas völlig Neues? Dies können wir mit klugen Experimenten herausfinden. Schnittstellenangebote? Denken Sie an das Thema Qualität im Projekt. Daraus ergibt sich die Rolle des Qualitätsbeauftragten im Projekt. Für diese typische Spezialisierung haben wir heute noch keine spezifische Qualifizierung mit Kompetenznachweis. Ähnliches könnte für Schnittstellen-Rollen gelten, etwa für projektorientiertes Prozessmanagement. Damit werden die Schnittstellen zu anderen Disziplinen abgedeckt. Dies alles herauszufinden - dafür brauchen wir neben der fachlichen Sorgfalt auch Mut zu Experimenten. Ich setze mich für kluge Experimente ein, die kontrolliert und mit Verantwortung durchgeführt werden. Und ich plädiere stark für eine Kultur, die Experimente fördert - so, wie dies in anderen Ländern schon üblich ist. Beispielsweise sind in Israel die Gründer Popstars - etwa wie hier Fußballstars oder Musikstars ... Wenn dort ein Experiment scheitert, sieht man dies nicht als Untergang, sondern als Chance zu lernen. Von dieser Mentalität und Kultur können wir in der GPM profitieren. Agiles Handeln wird auch so beschrieben: Finde heraus, wo du stehst. Mache einen kleinen Schritt in Richtung Ziel. Passe dein Verständnis an das an, was du gelernt hast. Wiederholen. Im Oktober 2019 haben Sie Ihr Amt als Vizepräsident der GPM angetreten. Für diese Position bringen Sie einiges mit - sprachlichen Background, Kenntnisse über Zertifizierung und Schulungen, Konzernerfahrungen, Wissen über Nachhaltigkeit sowie einen geisteswissenschaftlichen Hintergrund. Wie wird sich dies auf Ihre Tätigkeit auswirken? Der Mensch ist immer die Summe seiner Erfahrungen - so objektiv er auch an Personen und Themen herangehen will. Da schwingen immer auch Emotionen mit. Deshalb werde ich nicht verhehlen: Ich habe eine besondere Beziehung zur PM-ZERT und zur Zertifizierung. Ich fühle mich den Aktiven und Mitarbeitern dort verbunden. Aber: Ich weiß, dass sich meine Aufgaben bei der GPM heute völlig anders gestalten als bei der PM- ZERT. Ich werde die gesamte GPM mit ihrer Vielfalt im Blick behalten. Wenn es gelingt, Gemeinsamkeiten zu finden, durch Transparenz die Kräfte aller Beteiligten zu bündeln, in eine Richtung zu bringen und den Mut für verantwortungsvolle Experimente zu finden - dann bringen wir die GPM einen großen Schritt voran. projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 62 NACHRICHTEN Verantwortung übernehmen und für Werte einstehen Das „PM Forum“ setzte gesellschaftliche Akzente Meinungsfreiheit, Klimawandel, künstliche Intelligenz - es waren ernste Themen, die die 36. Ausgabe des PM Forum bestimmten. Der Kongress im Oktober 2019 zeigte: Projektmanager sehen sich immer häufiger gesellschaftlich gefordert. Sie sind beispielsweise Umsetzer beim Klimaschutz, verantwortungsvolle Gestalter der digitalen Transformation oder kritische Stimme beim öffentlichen Disput über unsere Zukunft. Offenbar ist die Zeit vorbei, in der Projektmanager Projekte „nur“ planten und realisierten. Wertorientiertes Handeln, soziale Sensibilität und gesellschaftliche Verantwortung sind zunehmend Teil ihrer Arbeit. Und die rund eintausend Projektmanagement-Fachleute, die an dem Kongress teilnahmen, ließen erkennen: Sie wollen sich dieser Herausforderung stellen. Mit rund achtzig Vorträgen und Workshops und einhundert Referenten spiegelte das PM Forum die Bandbreite des aktuellen Projektmanagements wider. Unter Headlines wie „Best Practice im PM“ und „PM Champions League“ lernten die Teilnehmer für ihre eigene Praxis. Bei „Fail like a Startup“ erlebten sie, wie (auch gescheiterte) Experimente zum Lernerfolg führen. Ein Gaming-Format befasste sich erstmals mit Business-Kurzspielen, während im „Science Fiction“-Stream Zukunftsszenarien für das Projektmanagement entworfen wurden. „Wo immer Menschen zusammenarbeiten, spielt Projektmanagement eine Rolle“, sagte GPM Präsident Professor Helmut Klausing bei der Eröffnung des PM Forums. Neben Klimawandel, New Work und künstlicher Intelligenz sei die digitale Transformation eine unserer großen globalen Herausforderungen. Dabei gehe es nicht nur um Technologien, sondern auch um Werte sowie Verantwortung für diese Technologien. „Projektmanagement ist eine Führungsmethode“, erklärte Professor Helmut Klausing. Für Projektmanager bedeute dies, Verantwortung zu übernehmen, Chancen aufzuzeigen und verantwortlich zu gestalten. Künstliche Intelligenz greift schon heute in unser Leben ein, vielleicht mehr, als wir denken. Zukünftig wird sie fast jeden Lebensbereich gründlicher verändern, als es sich viele vorstellen können. KI-Pionier und Keynote Speaker Professor Jürgen Schmidhuber führte die Zuhörer auf eine Reise in die Welt künstlicher lernender neuronaler Netzwerke. Diese Netzwerke - in der Fachsprache Long Short-Term Memory genannt - sind heute beispielsweise aus der Spracherkennung, Übersetzungssoftware und Krebsdiagnose bekannt. Sie sind die Grundlage für selbstfahrende Autos und andere autonom funktionierende Systeme. Was viele nicht wissen: Der Preis für die KI-Rechenleistung fällt von Jahr zu Jahr. Alle fünf Jahre wird die Leistung zehnmal billiger - in einem ähnlichen Rahmen, wie wir es vielleicht von der Mobiltelefonie her kennen. Dies macht KI erschwinglich für fast alle Bereiche im Alltagsleben. Die künstlichen neuronalen Netzwerke werden zukünftig immer neugieriger, kreativer und klüger. Sie eignen sich ihr Wissen selbst an, erweitern ihre Welt und stecken sich Lernziele, wie Professor Jürgen Schmidhuber prognostizierte. Wir werden möglicherweise Roboter sehen, die wie Kleinkinder lernen. Wir werden diesen Robotern die Welt erklären. Wir werden mit ihnen kommunizieren und ihnen helfen, ihre Fertigkeiten zu trainieren. Im nächsten Stadium (und gar nicht ferner Zukunft) wird KI klüger sein als der Mensch selbst. Es klang nach Science-Fiction, als der KI-Pionier seine Vision vorstellte: In ferner Zukunft werde künstliche Intelligenz das Weltall besiedeln, mittels Radiowellen reisen und Kolonien bilden. Dies ähnelt dem Prozess, durch den sich einst das Leben auf der Erde ausgebreitet hat. Dem Menschen selbst (sofern dieser dann noch existiert) werde KI dann kaum gefährlich werden. KI interessiere sich nicht für ihn; für KI spiele der Mensch in ferner Zukunft keine Rolle mehr. Ein wesentlich irdischeres und deutlich dringenderes Problem sprach die Journalistin und TV-Moderatorin Anja Reschke (u. a. „Panorama“) an. „Stirbt der Journalismus, stirbt die Demokratie“, warnte sie die Projektmanager. Viele Journalisten in Deutschland werden beleidigt und bedroht, wenn sie etwa über Flüchtlingspolitik, Rechtsextremismus oder Klimawandel berichten. Es wird versucht, ihre Glaubwürdigkeit in Misskredit zu bringen und ihnen die Vertrauenswürdigkeit zu nehmen. Was die Sache schlimmer macht: Fälschungen und nachweisbare Unwahrheiten werden über soziale Medien gezielt verbreitet. Anja Reschke zeigte, wie Fotos verfälscht und Fakten verdreht werden. Mittlerweile brauchen Journalisten und professionell aufgestellte Redaktionen immer mehr Zeit und Ressourcen, um eintreffende Nachrichten zu verifizieren. In sozialen Netz- GPM Präsident Professor Helmut Klausing eröffnete das diesjährige PM Forum, Foto: Oliver Steeger projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 NACHRICHTEN 63 werken verbreitet, verändern und manipulieren „Fake News“ die Wahrnehmung der Bürger. „Wir können die Nachrichten auf Wahrheit prüfen“, sagte Anja Reschke, „wir können aber nicht die Wahrnehmungen aus den Köpfen der Menschen herausbekommen.“ Die Schwierigkeit: Viele Menschen sind in einer Zeit aufgewachsen, in der es zwischen Nachrichtensendungen noch Pausen gab. Heute prasseln News - Wahrheit und Lüge - rund um die Uhr auf die Menschen ein, verbreitet über eine Vielzahl verschiedener Kanäle. Diese vermeintliche Vielfalt und Intensität verzerrt häufig die Wirklichkeit. Zudem schürt die Wortwahl, mit der berichtet wird, mitunter Angst. Es wird von „Flüchtlingswellen“ gesprochen, so, als würde es sich um eine Naturkatastrophe handeln, die über die Menschen hereinbricht. „Das ist wie ein Gift, das ständig eingeträufelt wird“, sagte Anja Reschke, „es sind kleine Dosen, doch in Summe sind sie tödlich.“ Was bedeutet dies für die Bürger? „Wir alle müssen unsere Medienkompetenz stärken“, sagte die Journalistin, „es ist an uns, Informationen kritisch und prüfend zu hinterfragen.“ Ihren Vortrag schloss Anja Reschke mit ihrem Appell, dass nur eine freie Presse Demokratie und Meinungsfreiheit gewährleisten kann - ein Statement, das die Projektmanager mit stehenden Ovationen begrüßten. Hagel, Dürren, Starkregen - der Klimawandel wird greifbar. Er wird „haptisch“, wie der TV-Moderator und Wetterexperte Sven Plöger dies nennt. Wir spüren, dass sich das Wetter verändert. Mehr noch: Was die Forschung vor Jahrzehnten prognostiziert hat, tritt jetzt ein. Die Klimawissenschaft hat den Beweis geliefert, dass sie mit ihren Ergebnissen richtigliegt. Dennoch, zu Panik rät der prominente Meteorologe nicht. „Ich weigere mich, alles immer schwarz und schlecht zu sehen“, sagte der Keynote Speaker. Es sei nicht zu spät für uns, in Sachen Klimaschutz umzusteuern. „Das ist ja ein ureigenes Thema der GPM“, erklärte er, „Projektmanager sind prädestiniert dafür, für schwierige Herausforderungen Lösungen zu finden.“ Tatsache ist: Der Planet Erde beginnt zu schwitzen. „In den letzten 23 Jahren gab es kein richtig kaltes Jahr mehr bei uns“, zählte Sven Plöger die Wetterfakten auf. Die Sommer seien fast durchgehend zu warm gewesen. Im Jahr 2018 habe sich dem Winter fast nahtlos der Sommer angeschlossen - ohne richtiges Frühjahr. Meteorologen beobachten, wie sich über Europa Tiefdruckgebiete festsetzen und das Wetter auf Wochen bestimmen; Extremwetterlagen halten lange vor. „Ein Klimawandel hat sich in früheren Zeiten über Tausende von Jahren erstreckt“, sagte Sven Plöger, „heute verändert sich das Klima binnen 100 Jahren.“ Dabei erläuterte er eindringlich den Unterschied zwischen Wetter und Klima. Wetter ist das tägliche Geschehen, das wir spüren. Unter Klima versteht man langfristige sta- Journalistin und TV-Moderatorin Anja Reschke sprach über die Verantwortung des Journalismus in Zeiten des Populismus, Foto: Oliver Steeger TV-Moderator und Wetterexperte Sven Plöger erläuterte den Klimawandel - und die Rolle, die Projektmanagement beim Klimaschutz spielen könnte, Foto: Oliver Steeger Keynote Speaker Professor Jürgen Schmidhuber lud ein in die Welt künstlicher Intelligenz. Sein Fazit: Künstliche Intelligenz wird alles ändern! Foto: Oliver Steeger projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 64 NACHRICHTEN Wie tief greifende Trends das Personalmanagement verändern - dazu stellte Keynote Speaker Dr. Robert Neuhauser seine Gedanken vor, Foto: Oliver Steeger tistische Durchschnittswerte, die Wettererscheinungen in ihrer Gesamtheit, die wir weder spüren noch fühlen können. Zum Wetter haben wir eine emotionale Bindung. Zum Klima nicht. Dies macht es so schwierig, die Dringlichkeit des Klimaschutzes zu verstehen. Uns bleiben - je nach Klimaziel - noch acht bis fünfzehn Jahre, die weltweiten CO 2 -Emissionen in den Griff zu bekommen. „Es wäre langsam sinnvoll, jetzt ein globales Projekt daraus zu machen“, sagte Sven Plöger. Die Schwierigkeit: Wir Deutschen neigen dazu, Klimarhetorik gut zu beherrschen - schneiden aber beim Klimaverhalten schlecht ab. Nach wie vor gewinnen wir unsere Energie zum allergrößten Teil aus fossilen Brennstoffen - obwohl die Sonne uns global gesehen sechstausendmal mehr Energie liefert, als wir tatsächlich brauchen. „Es kommt auf jeden Einzelnen an“, schrieb Sven Plöger den Projektmanagern ins Stammbuch, „wir haben noch Zeit, die wir nutzen können - doch wir müssen endlich etwas tun.“ Einblicke in die Veränderungen beim Thema Human Resources gab Keynote Speaker Dr. Robert Neuhauser, Global VP People & Leadership bei Siemens. „Tief greifende Trends verändern derzeit die Welt des Personalmanagements“, erklärte er. Die schwindende Vorhersagbarkeit in der Wirtschaft habe deutliche Auswirkungen auf die HR. Hinzu kommen neue Technologien in der HR sowie eindeutige Ergebnisse aus der Forschung beispielsweise zu Fragen, was gute Führungskräfte ausmacht, welche Incentives sinnvoll sind und wie man optimal mit Menschen umgeht. Besonders bei jungen Menschen wandeln sich die Vorstellungen darüber, was sie von ihrem Beruf und ihrer Karriere erwarten und wie sie leben wollen. Jüngere haben begriffen, dass sie sich alle fünf bis sechs Jahre neu erfinden müssen - und treten deshalb mit klaren Erwartungen etwa zur Work-Life-Balance an ihre Arbeitgeber heran, um sich nicht zu verbrennen. Eine immer wichtigere Rolle spielt auch die künstliche Intelligenz. Sie erlaube es (je nach Rechtssystem), menschliches Verhalten zu prognostizieren - beispielsweise die Wahrscheinlichkeit, ob jemand aufsteigen will oder in den nächsten Wochen kündigen wird. Siemens zieht aus diesen Trends seine Schlüsse. Das Unternehmen schaffte beispielsweise Incentives sowie die Entlohnung nach einem Levelsystem ab; stattdessen setzt es auf „market conform pay“. Auch gibt es keine vorgefertigten Karrierepfade mehr. Am Ende gehe es, so Dr. Robert Neuhauser, immer um die Frage: Wie behandeln wir die einzelnen Menschen? Autor: Oliver Steeger Bereicherndes Know-how für die Community „Deutscher Studienpreis Projektmanagement“ der GPM verliehen Projektmanagement an Hochschulen zu fördern - dies hat bei der GPM seit vielen Jahren Tradition. Mit ihrem „Deutschen Studienpreis Projektmanagement“ (DSPM) zeichnet sie jährlich akademischen Nachwuchs aus. Dies kommt nicht nur dem Nachwuchs zugute, sondern auch der Wissenschaft: Die Arbeiten bereichern die PM-Community mit zukunftweisenden Ideen und verblüffenden Lösungen. In diesem Jahr prämierte die zwölfköpfige Jury unter Leitung von Professor Yvonne Schoper zwei herausragende Arbeiten, eine Bachelorarbeit und eine Masterarbeit. „Die Arbeiten leisten wieder wichtige Beiträge zur Weiterentwicklung der Projektmanagement-Disziplin“, erklärte Professor Yvonne Schoper bei der Preisverleihung auf dem Galaabend des diesjährigen PM Forum. Die Forschungsergebnisse der jungen Wissenschaftler haben einen großen Bezug zur Praxis und sind nützlich für viele Projektarten und Projektbereiche. Auch für den Nachwuchs lohnt sich die Teilnahme am DSPM. „Die Erfahrung zeigt, dass frühere Gewinner heute in verantwortungsvollen Positionen tätig sind“, sagte die Jury-Leiterin, „sie bereichern mit ihrem Know-how das GPM Netzwerk, aber auch das Projektmanagement im Allgemeinen.“ Die preisgekrönte Masterarbeit von Roland Fuchs steht unter dem Titel „Geschäftsmodellinnovation: Entwicklung eines integrierten Ansatzes zur Geschäftsmodellinnovation mit Design Thinking“ (Technische Universität Berlin, Fakultät Wirtschaft und Management, betreuender Professor: Prof. Dr. Søren Salomo). Design Thinking gehört heute zum Werkzeugkoffer agilen Arbeitens. Roland Fuchs befasst sich mit diesem weitverbreiteten Ansatz, und er ermittelt, inwieweit dieser Ansatz bei der projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 NACHRICHTEN 65 Geschäftsmodellinnovation eingesetzt werden kann. Seine Forschungsfrage: Welche Elemente, Aspekte und Philosophien von Design Thinking eignen sich in diesem Zusammenhang? Was können wir berücksichtigen und anwenden? In seiner Arbeit beschreibt Roland Fuchs zunächst die Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für Geschäftsmodellinnovation. Darauf aufbauend untersucht er, wie Design Thinking bei der Bewältigung dieser Herausforderung unterstützen kann. Seine Erkenntnis: Die Basiselemente von Design Thinking stehen in vielversprechendem Zusammenhang mit den Erfolgsfaktoren der frühen Phase im Innovationsprozess. Sie können den Prozess der Geschäftsmodellinnovation vorteilhaft ergänzen. Solche Vorteile liegen beispielsweise in der Mischung aus analytischen Komponenten und praktischen Vorgehensweisen, die durch den Prozess des Verstehens und Definierens geprägt sind. Auch sind sie für die Entwicklung von Empathie zu Kunden und Anwender hilfreich. Darüber hinaus zeigte sich, dass Visualisierung und Tests wichtige Werkzeuge sind auf dem Weg, die Idee erfolgreich in einem Geschäftsmodell umzusetzen. Indes, Roland Fuchs verweist auch auf einige für den Innovationsprozess notwendige Elemente, die nicht durch Design Thinking abgedeckt werden. Dazu zählen beispielsweise kaufmännische Aspekte und die Implementierung des Geschäftsmodells. Zudem ist Design Thinking eine ressourcenintensive Vorgehensweise - was bei der Planung mit einkalkuliert werden sollte. Die Jury zeigte sich beeindruckt von dieser Masterarbeit. „Ein insgesamt innovativer Ansatz zur Beurteilung der Anwendbarkeit einer Design-Thinking-Methodik auf unterschiedliche Business Models“, urteilt die Jury. Der Masterand habe sich der anspruchsvollen Aufgabe gestellt, zwei neue Themengebiete Preisträger Roland Fuchs auf der Bühne im Interview, Foto: Oliver Steeger Preisträgerin Isabella Schweiger (Mitte) mit Juryleiterin Professor Yvonne Schoper und GPM Präsident Professor Helmut Klausing, Foto: Oliver Steeger mit bislang wenigen bekannten Veröffentlichungen zu bearbeiten. Herausgekommen sei eine rundum preiswürdige Arbeit. Ähnlich lobte die Jury die Bachelorarbeit „Agile project management in virtual teams - challenges, approaches and measures“ von Isabella Schweiger (Hochschule München; Fakultät für Betriebswirtschaftslehre; betreuende Professorin: Prof. Dr. Jessica Slamka). Isabella Schweiger absolvierte ihren deutsch-französischen Bachelor in Betriebswirtschaft an der Hochschule München sowie an der IDRAC Business School mit dem Schwerpunkt „Projektberatung und -management“. Anschließend nahm sie ihr englischsprachiges Masterstudium an der University of Southern Denmark auf. In ihrer Arbeit richtet Isabella Schweiger ihren Blick auf agiles Projektmanagement. Scrum hat sich seit seiner Einführung als solide Methode für das Projektmanagement erwiesen. Es unterstützt Unternehmen dabei, sich an die stetig wechselnden Anforderungen der globalen und dynamischen Märkte anzupassen. Zeitgleich mit der agilen Vorgehensweise hat sich im Projektmanagement ein zweiter Megatrend gebildet: die digitale und virtuelle Zusammenarbeit in Teams. Durch die Bildung virtueller Teams haben Unternehmen die Möglichkeit, Zugang zum globalen Pool talentierter Mitarbeiter zu finden. Die Schwierigkeit: Scrum ist ursprünglich für Teams konzipiert, deren Mitglieder am gleichen Ort arbeiten. Offenbar fehlte es lange an Empfehlungen, wie Scrum für den Einsatz in virtuellen Teams angepasst werden kann. projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 66 NACHRICHTEN Der Psychologe und Coach Louis Lewitan sprach über Menschen, die zu leisen Tönen kaum fähig scheinen: emotionale Analphabeten. Foto: Oliver Steeger Über die Arbeit - und über leise Töne 400 Teilnehmer auf dem PMO Tag der GPM Kleine Schritte und leise Töne bringen weiter. Die Welt verändert sich enorm; ein gutes zwischenmenschliches Klima hilft, die Herausforderungen zu bewältigen. Zu diesem Fazit kamen die 400 Teilnehmer auf dem diesjährigen PMO Tag 2019. PMOs werden immer mehr zu Treibern der digitalen Transformation - und dies führt zu einem Wandel der Arbeitswelt. Von „New Work“ ist zunehmend die Rede, neuen Formen der Organisation, Kooperation und Kommunikation in Projekten. „Damit verbunden ist auch die Frage, wie wir künftig mit Menschen umgehen, wie wir sie mitnehmen und führen werden“, erklärte GPM Präsident Professor Helmut Klausing bei der Eröffnung des eintägigen Fachkongresses. „Es geht um mehr als nur um Tools“, sagte Astrid Beger, Leiterin des Fachbeirats des PMO Tags, „im Miteinander und in der Menschlichkeit liegen die Chancen für die Zukunft der Arbeit.“ Diese leisen Töne waren das Thema des neunten PMO Tags, der führenden deutschsprachigen PMO-Veranstaltung. Die Teilnehmer sammelten Best Practices und nutzten das offene Veranstaltungsformat zum intensiven Netzwerken. Neben drei markanten Keynotes bot der Kongress ein Dutzend Vorträge, Workshops und Diskussionsrunden. Passend zum Motto „Über die Arbeit und die leisen Töne“ standen die vier Streams unter den Stichwörtern „New PMO“, „New Work“, „Sounds of Performance“ und „Sounds of Silence“. Emotionale Analphabeten - mit diesem starken Wort nahm sich der Psychologe und Coach Louis Lewitan eine Gruppe von Managern vor, die zu leisen Tönen kaum fähig scheinen. Er meinte die „Macher“, jene Sorte Führungskraft, die viel in Bewegung setzt, aber kaum Menschen mitzunehmen vermag. Emotionale Analphabeten definieren sich über ihre Arbeit sowie ihre Stärke. Sie neigen zur Selbstüberschätzung und haben selten ihr eigenes Verhalten im Blick (wohl aber das anderer Menschen). Sie reden nicht über Emotionen. Sie halten Monologe, verhalten sich rigide und haben Angst, sich „einzulassen“ und Nähe zu gestatten. Ihr Prinzip: „Mitarbeiter unter Druck setzen - damit am Ende viel herauskommt.“ Erstaunlich häufig sind emotionale Analphabeten mit dieser Strategie erfolgreich. Die Schwierigkeit aber ist: Bei immer mehr Projekten, die neben Innovationen auch Veränderungen hervorbringen, werden emotionale Analphabeten zum Risiko. Sie sind kaum fähig, sich mit Menschen auf Augenhöhe auszutauschen, andere zu begreifen, mit anderen in Verbindung zu kommen und gemeinsam Lösungen zu gestalten. „Vor allem im Changemanagement ist kaum ein Projekt statisch“, sagte Louis Lewitan, „diese Vorhaben bringen Veränderungen mit sich. Wir können aber nichts erfolgreich verändern, wenn wir nicht die Auswirkungen auf andere begreifen.“ Was empfiehlt der Diplom-Psychologe aus München? Die Liste war umfangreich: sich psychologisches Wissen aneignen, Mitarbeiter begreifen lernen, Mitarbeitern Orientierung geben und Anerkennung zollen, Entscheidungen mutig fällen, Klartext sprechen, mit Sinn für Humor führen, auf sich selbst achten (und sich nicht zu Tode schuften). Vor allem einen Irrglauben sollten emotionale Analphabeten hinter sich lassen: dass sie Mitarbeiter durch Gehalt motivieren und steuern kön- Isabella Schweiger identifizierte Themengebiete, die für agiles Arbeiten in virtuellen Teams von Interesse sind: overall scrum event adaptability, daily scrum, coordination mechanism, communication style, standards and guidelines, member continuity and role maturity, role distribution and adaption sowie agile mindset. Auch führte sie in jeweils drei nationalen und internationalen Projekten Interviews mit den Entwicklern, Product Ownern und Scrum Mastern durch - also den typischen Scrum-Rollen. Daraus entwickelte sie einen Unternehmensleitfaden mit 15 Punkten, der erfolgreiches virtuelles Scrum Team Management unterstützt. „Die Arbeit greift ein Thema von aktuell hoher Relevanz auf“, urteilt die Jury und lobte den für eine Bachelorarbeit hochwertigen wissenschaftlichen Stil. „Es werden interessante Erkenntnisse zu dem berechtigten Anliegen abgeleitet, agile Konzepte stärker im Kontext virtueller Teams anzuwenden.“ Autor: Oliver Steeger projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 NACHRICHTEN 67 nen. „Mitarbeiter suchen immer häufiger Sinn in der Arbeit und wollen stolz sein auf das, was sie schaffen“, sagte er. Wie Behörden Agilität und leise Töne zusammenbringen - dies erklärte Werner Motzet von der Bundesagentur für Arbeit. Er stellte ein agiles IT-Großprojekt der Behörde vor, ein sich über elf Jahre erstreckendes Vorhaben, das 160.000 Mitarbeiter und über 40 Schnittstellen betrifft. Bei diesem Projekt ging die Bundesagentur für Arbeit völlig neue Wege - und lernte viel über agiles, selbst organisiertes Arbeiten und New Work. Werner Motzet sprach vor allem über „Soft factors“, über die leisen Töne, die das Behördenprojekt prägten. Er stellte die Erfolgsfaktoren vor, etwa vertrauensbildende Transparenz, regelmäßige Feedbackschleifen, eine Vision und die daraus abgeleitete Mission sowie eine schlanke Organisation. Wichtig zudem ist eine fruchtbare Lernkultur, die auch Umwege, Sackgassen und Fehler erlaubt. Mit verblüffender Experimentierfreude wagte die Behörde in diesem Projekt Neues. Beispielsweise strich sie die regulären, häufig zeitraubenden Meetings - und stellte fest, dass sich die Kommu- Werner Motzet von der Bundesagentur für Arbeit stellte ein agiles IT-Großprojekt der Behörde vor, das 160.000 Mitarbeiter und über 40 Schnittstellen betrifft. Foto: Oliver Steeger Die preisgekrönte Unternehmerin Sina Trinkwalder gab den Zuhörern mit auf den Weg: „Vertrauen muss man schenken, dann kommt es als Verantwortung zurück.“ Foto: Oliver Steeger nikation trotzdem erfolgreich entwickelte. Doch bei allem gilt: Führungskräfte sollten agile Tugenden vorleben statt nur zu predigen. „Neugier wecken, Lust auf Neues machen, Angebote schaffen statt Pflicht einfordern“, so formulierte Werner Motzet diesen Punkt. Denn die agile Haltung lasse sich weder anordnen noch mit Druck erzwingen. Nach dem Vortrag stand Werner Motzet mit seinem Kollegen Dr. Roland Deinzer in einer „Nahaufnahme“ Rede und Antwort. Dabei handelte es sich um ein neues Veranstaltungsformat, eine bewusst kleine Runde, die eine spannende Diskussion zwischen Teilnehmern und Referenten ermöglicht. Bei der Nahaufnahme ging es beispielsweise um die Fragen, inwieweit agile Projektmanager und „New-Work-Propheten“ versäumen, den Rest ihrer Organisation mitzunehmen - und ob es sich beim hybriden Projektmanagement um ein Allheilmittel oder eher um einen faulen Kompromiss handelt. „Die Welt zu retten muss Spaß machen, sonst macht es niemand“, mit diesem Satz leitete die preisgekrönte Unternehmerin Sina Trinkwalder ihren Keynote-Vortrag ein. Es ging ihr um soziales Unternehmertum, darum, etwas Neues, Sinnvolles zu wagen. Genau dies ist ihr persönlicher Weg: Früh auf sich allein gestellt wurde Sina Trinkwalder Werberin und führte eine erfolgreiche Agentur. Als Unternehmerin aber fühlte sie, wie sehr sie in der Filterblase des Erfolgs und der Erfolgreichen lebte. Dann kam die „Stecknadel“, die diese Filterblase zum Platzen brachte. Auf dem Hauptbahnhof in Wuppertal kam sie mit einem Obdachlosen ins Gespräch. Diese Begegnung berührte sie tief; sie trieb sie dazu, die Zelte hinter sich abzubrechen und mit einem neuen Unternehmen zu starten, das etwas Sinnvolles zur Gesellschaft beiträgt. Heute beschäftigt sie in ihrem neuen Unternehmen manomama ausschließlich Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance mehr haben. „Alles hat sich verändert, als ich beschlossen habe, nicht mehr erfolgreich zu sein, sondern wertvoll“, erklärte sie die Konsequenzen, die sich aus ihrem Ausstieg aus der Leistungsgesellschaft ergaben. Sie gibt denen Hoffnung und Heimat, die in dieser Leistungsgesellschaft - aus welchen Gründen auch immer - keinen Platz finden konnten. Die „leisen Töne“ in der Arbeitswelt ansprechend, gab sie den Teilnehmern mit auf den Weg: „Vertrauen muss man schenken, dann kommt es als Verantwortung zurück.“ Ihre Quintessenz aus ihren Erfahrungen: „Der größte Change muss bei einem selbst passieren.“ Autor: Oliver Steeger projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 68 NACHRICHTEN „Die Zukunft des Projektmanagements - 40 Jahre GPM“ - unter diesem Motto begrüßte die Regionalgruppe Hannover am 16. Oktober Projektmanagement-Interessierte, Mitglieder und Delegierte zu einer besonderen und festlichen Abendveranstaltung. Ein Highlight der Veranstaltung war der Festvortrag von GPM Präsident Prof. Dr. Klausing, der die Leistungen der GPM hervorhob: „In den vergangenen 40 Jahren hat die GPM einen maßgebenden Beitrag dazu geleistet, Projektmanagement aus einer Nische herauszuholen, und zu dem gemacht, was es heute ist: eine ganzheitliche moderne Führungsmethode, die aus Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch immer mehr aus der Wissenschaft nicht mehr fortzudenken ist.“ In seiner Rede ging er auch der Frage nach, was uns Menschen antreibt, auch in Bezug auf die Weiterentwicklung des Projektmanagements. „Es ist unser unstillbares Bedürfnis, zu lernen, zu wissen, zu forschen und zu wachsen. Uns mitzuteilen, unseren Horizont zu erweitern und unserem Leben einen Sinn zu geben. Deshalb sind wir Menschen niemals fertig! Wir stehen niemals still! “ Er verwies darauf, dass getrieben durch die digitale Transformation - die unsere Welt immer komplexer, vernetzter, unsicherer und dynamischer macht - das Projekt- Am 14. und 15. Mai 2020 findet in Kiel die Tagung „Science for Society? - Arbeits- und Organisationsformen der Zukunft“ statt. Reichen Sie Ihr Abstract bitte als PDF-Datei unter scienceforsociety@gfo-web.de ein und geben Sie bitte an, für welches Format Sie sich bewerben. management weiter an Bedeutung gewinnen wird und sich selbst immer mehr zur Führungskonzeption entwickelt. Projektmanagement kann aber auch ein Werkzeug sein, das unsere Gesellschaft - etwa als Stakeholder - angemessen und wirkungsvoll integriert, dies veranschaulichte Klausing eindrucksvoll über den Megatrend Klimawandel. Mit Applaus wurden seine Worte bedacht. Den Teilnehmenden wurden drei der sechs neuen niedersächsischen Delegierten vorgestellt. In Interviewform stellten sie ihre Ziele zur Entwicklung des Verbandes vor. Sie äußerten sich zu den Anforderungen der Wirtschaft an das zukünftige Projektmanagement, zu den Aufgaben der Hochschulen, die immer stärker gefordert werden - auch im Hinblick der staatlichen Bildungsaufgabe, Praxisanforderungen aufzunehmen -, oder zu den Fragen, die der Mittelstand stellt, der gerne sehr konkret und ohne Verwaltungsüberbau Projekte realisieren will. Die Veranstaltung fand bei einem kleinen Büfett und angeregten Gesprächen einen angemessenen Abschluss, wobei auch die Leitung der Regionalgruppe mit Freude und zu Recht auch mit Stolz berichtete, dass diese Feier auch zum 30-jährigen Bestehen der RG ausgerichtet wurde. Autor: Michael Mente Die Regionalgruppe Hannover feiert 40 Jahre GPM Science for Society Arbeits- und Organisationsformen der Zukunft Prof. Klausing beim Festakt der Regionalgruppe Hannover, Foto: Michael Mente Wissenschaftler und Nachwuchswissenschaftler können Beiträge in folgenden Formaten einreichen: • 15-minütiger Vortrag, ergänzt durch ein kurzes Ko-Referat • 5bis 10-minütiger Input in einem Young Researcher’s Space zur Diskussion in der Entwicklung befindlicher Promotionen oder Masterarbeiten Zeitplanung: 06.01.2020: Deadline für Einreichung der Abstracts (1.000 Wörter) 20.01.2020: Benachrichtigung über die Annahme des Beitrags 14.04.2020: Einreichung der Langfassungen für die 15-minütigen Vorträge projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 NACHRICHTEN 69 anhand von konkreten Projektbeispielen, wie in ihren jeweiligen Behörden und Senatsverwaltungen das Thema Projektmanagement als Veränderungsmotor und Gestaltungsinstrument wirkt. Sabine Meister stellte das hinsichtlich der Stakeholder und der technischen Anforderungen hochkomplexe „Projekt Erneuerung der Leitstellen“ (Perle) vor, das ein neues, modernes Einsatzleitsystem für Polizei und Feuerwehr in Hamburg entwickeln und einführen soll. Dr. Lutz Liffers verwies auf ein umfangreiches und komplexes Digitalisierungsprojekt in Bremen, das zum Ziel hat, die Abläufe und Akten des Migrationsamtes zu digitalisieren. Die größte Herausforderung der beiden Projektbeispiele liegt weniger in der jeweiligen technischen und methodischen Umsetzung - es sind Fragen der genauen Zielsetzung, der Einbindung aller relevanten Stakeholder und der Kommunikation in und um das Projekt herum, die die Knackpunkte für den Erfolg des Projekts bilden. Beide machten deutlich, dass das Potenzial von Projekten und ihrer kompetenten Umsetzung auch im Bereich der Organisationsentwicklung liegt. PM ist ein Kommunikations- und Führungsinstrument, das bei systematischer Einführung eine ebenen- und hierarchieübergreifende Zusammenarbeit unterstützt, die lösungs- und nutzerorientiert ausgerichtet ist - und so einen Beitrag leistet, die komplexer werdenden Aufgaben, mit denen Verwaltungen zu tun haben, besser zu lösen. Vom 20. bis zum 21. September veranstaltete der Tagesspiegel zum zweiten Mal das „Creative Bureaucracy Festival“, erneut in den historischen Hallen der Humboldt-Universität zu Berlin. Das Creative Bureaucracy Festival feiert seit 2018 Ideen und Lösungen, die den öffentlichen Sektor voranbringen - und die Menschen, die sich dafür einsetzen. Nach dem Erfolg des vergangenen Jahres kamen in diesem Jahr rund 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Humboldt-Universität, um mit 300 hochkarätigen Sprecherinnen und Sprechern auf zwölf Bühnen Best-Practice-Beispiele, neueste Forschungsergebnisse und erfolgreiche Projekte aus dem In- und Ausland zu diskutieren. Neu auf dem Festival war diesmal das- 1.- International Forum of Government Innovation Agencies.- Erstmals kam es zu einem internationalen Treffen der Innovationsagenturen und -labore von Regierungen, Stadtbehörden und kommunalen Verwaltungen. Gemeinsam mit den Teilnehmern diskutierten u. a. das Observatory for Public Sector Innovation (OECD), Nesta, das Centre for Government Innovation der Vereinigten Arabischen Emirate und das GovLab Arnsberg erfolgreiche Innovationsstrategien und neue methodische Ansätze für Staat und Verwaltung. Neu war auch, dass sich die GPM als Programmpartner beim Festival einbrachte. Weitere Programmpartner waren u. a. das Bundeskanzleramt, das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat, die Senatsverwaltung Berlin, die Bundesagentur für Arbeit, die IHK Berlin und die Bertelsmann Stiftung. Innovationen im öffentlichen Sektor fördern das Gemeinwohl Dieser Kerngedanke des Festivals bot den Anknüpfungspunkt für die Entscheidung der GPM, sich zum ersten Mal als Programmpartner einzubringen: Die Gestaltung von Innovation braucht projektorientiertes Arbeiten sowie die Haltung und Kompetenz insbesondere der Führungsebenen, diese Projektorientierung umzusetzen. Das Ziel der Formate der GPM auf dem Festival war es, den Nutzen eines guten Rahmens für Projektarbeit und der Kompetenz durch Projekte zu gestalten, für die öffentliche Verwaltung an konkreten Beispielen sichtbar zu machen und mit dem Thema der Innovationsfähigkeit der Verwaltung zu verknüpfen. Die Beteiligung auf dem Festival bot damit inhaltliche Anknüpfungspunkte an die Ziele des Aktionsprogramms „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“, das 2017 von der GPM initiiert und der Bundesregierung übergeben wurde. Heute wird das Programm getragen von einem Beirat, der sich aus Vertreterinnen und Vertretern der öffentlichen Hand zusammensetzt. In einer sich verändernden und komplexer werdenden Welt braucht es einen guten Rahmen für Projektarbeit, um Gestaltungsspielräume zu schaffen und Lösungen zu entwickeln, die häufig innovativ sein müssen, weil sie Antworten auf Fragen geben, die neu sind. Dies gilt auch für die öffentliche Verwaltung, deren Umsetzungskompetenz wichtig ist: Eine starke, umsetzungsfähige Verwaltung fördert Vertrauen in die Gestaltungsfähigkeit demokratischer Institutionen und leistet damit auch einen Beitrag zum Schutz vor populistischen Anfeindungen der Demokratie. Mit Projekten verändern: Gestaltung und Innovation durch PM-Kompetenz In ihrem Impuls mit Diskussion stellten Sabine Meister, Leiterin PMO in der Justizbehörde Hamburg, und Dr. Lutz Liffers, Projektleiter in der Finanzbehörde Bremen, ihre jeweiligen Ansätze vor, mit PM nicht nur Vorhaben der Verwaltung besser umzusetzen, sondern auch Verwaltungsstrukturen selbst dadurch positiv zu beeinflussen. Unter der Überschrift „Mit Projekten verändern“ zeigten sie Festival der Ideengestaltung im öffentlichen Sektor: Die GPM als Programmpartner beim 2. Creative Bureaucracy Festival Berlin Sabine Meister, Stadt Hamburg, und Dr. Lutz Liffers, Stadt Bremen, beim Creative Bureaucracy Festival Berlin, Foto: Thomas Ernst Aktionsprogramm Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten Projektmanagement Aktionsprogramm Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten Projektmanagement projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 70 NACHRICHTEN Grundtext Name • Grundtext Nachrichter Teilnehmende des Workshops 2.0 im intensiven Austausch, Foto: Thomas Ernst Rekommunalisierung von Kompetenz - PMO, Qualifizierung und Standards Um die Länder und Kommunen zu stärken - so die klare Aussage von Meister und Liffers -, bedarf es einer Art „Rekommunalisierung von Kompetenz“: Die Kompetenz, durch Projekte Veränderung zu gestalten, muss in den Verwaltungen selbst aufgebaut und gehalten werden. Ein Schlüssel dazu: ein „dienendes“ serviceorientiertes PMO, Qualifizierung und Zertifizierung von Projektleiterinnen und -leitern und die Einführung von PM-Standards. Die Leistungen eines PMO beschreiben beide als unterstützend, beratend, weiterbildend und angemessen standardisierend: Die methodische Unterstützung ist Grundlage, entscheidend sei die beratende und weiterbildende Funktion: Während des gesamten Projektverlaufs beraten die Mitarbeitenden des PMO die Projektleiter und Lenkungsausschüsse in der Umsetzung des Projekts. In Workshops und PM Coachings wird Know-how vermittelt und über gezielte Qualifizierung und Zertifizierung PM-Kompetenz aufgebaut. Die Einführung eines PM-Standards wie die ICB 4 ist die Grundlage für eine systematische Einführung von PM. Die Aufgabe des PMO ist es, einen angemessenen Weg zu finden und zu vermitteln: Es darf keine belastende Projektbürokratie entstehen. Ziel ist eine an die Größe und Komplexität der Projekte angepasste Lösung. Dieser nutzerfreundliche Ansatz kann gleichzeitig die oft vorhandene Skepsis mildern, den scheinbaren Aufwand einer Standardisierung auf sich zu nehmen. Kommunales PM - was braucht es - und was nicht? Was haben Modern Talking und ein Auftraggeber, der nie Zeit hat, gemeinsam? Richtig: Es sind beides Dinge, die die Welt nicht braucht. Humorvoll stellten Wolfgang Sauer, Projektmanager im Büro des Landrats des Landkreises Hameln-Pyrmont, und Heike Kratt, Sprecherin Public Affairs der GPM, Analogien her - zwischen Dingen, die die Welt nicht braucht, und Aspekten, die für kommunales PM nicht hilfreich sind. Was wurde deutlich zwischen Fußpilz und den „Bad-Hair-Vertretern“ Boris Johnson und Donald Trump auf der einen und den jeweiligen Äquivalenzen, die kein Mensch braucht, wenn es um gutes PM geht, auf der anderen Seite? Für wirkmächtiges PM vor allem in kleineren Kommunen bedarf es gar nicht so viel. Wichtig sind ein paar zentrale Aspekte, die an die jeweiligen Bedarfe der Kommune angepasst werden sollten: Eine angemessene PM-Systematik im Sinne eines gemeinsamen Standards und Handbuchs; eine/ -n „Kümmerer/ Kümmerin“ (gemeint ist ein PMO, was aber nicht so heißen muss und sehr niedrigschwellig sein kann); eine Person auf oberster Leitungsebene, die eine Projektorientierung will und unterstützt; kompetente (qualifizierte) Projektleitungen; keine aufwendige Software, sondern ein Verständnis von PM als Kommunikations- und Führungsinstrument; bewusste Projektabschlüsse, gern auch mit fröhlichen Feiern; kreative Räumlichkeiten, in denen die neuen Projektrollen erlebt werden können; keine agilen Methoden, wenn noch gar keine Projektorientierung und -kompetenz vorhanden ist, die erst die Voraussetzung schaffen, agiles Handeln sinnvoll einzusetzen; und einen Auftraggeber, der seine Rolle kennt und ausfüllt und vor allem seine Zeit für das Projekt zur Verfügung stellt. Workshop 2.0 Gemeinsam. Gemeinwohl. Gestalten. Am Rande des Creative Bureaucracy Festivals veranstaltete die GPM die Fortsetzung des Workshops „Gemeinsam. Gemeinwohl. Gestalten. Gute Projektmanagementstrukturen in der öffentlichen Verwaltung.“ (s.PM Aktuell 4/ 2019). Der erste Workshop war auf Initiative des Bundesministeriums der Verteidigung und auf Basis einer Umfrage unter rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwal- Was braucht gutes kommunales PM - und was nicht? Wolfgang Sauer, Landkreis Hameln-Pyrmont, gibt Impulse, Foto: Thomas Ernst Aktionsprogramm Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten Projektmanagement Aktionsprogramm Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten Projektmanagement projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 NACHRICHTEN 71 tung zum Stand und zum Nutzen von Projektmanagement im Rahmen des Zukunftskongresses Staat & Verwaltung Ende Mai umgesetzt worden. Die differenzierten Rückmeldungen der Umfrage hatten zu vier Themenfeldern geführt, die im ersten Workshop bearbeitet wurden: Kulturwandel, PM-Kompetenzentwicklung und Personalbindung durch PM inklusive des Konzepts eines PM-Karrierepfads, PMO sowie die Schnittstelle Verwaltung, Politik und Öffentlichkeit. Die Zielsetzung des Workshops 2.0 war nun vor allem eine Vertiefung einzelner Aspekte aus dem ersten Workshop. Die ehrenamtliche Moderation übernahm wieder Claudia Jahnke, aktives Mitglied der GPM. Aus den Diskussionen und Ergebnissen des ersten Workshops wurden die Schwerpunkte abgeleitet: In einer Impulsdiskussion ging es um die Frage, welche Rolle und Verantwortung Führungskräfte in Projekten und für die Rahmenbedingungen von Projekten haben. Sabine Meister, Leiterin PMO in der Justizbehörde Hamburg, stellte ihre Erfahrung mit der Einbindung von Führungskräften in die PM-Qualifizierung dar. Eine wichtige Empfehlung von ihr: am Anfang gezielte Angebote an Führungskräfte zu machen, um sie bei dem Thema mitzunehmen. Wichtig sei es, den Nutzen von PM für die Führungsebene erfahrbar und erlebbar zu machen. Thorsten Herrmann, Bürgermeister von Bensheim a. D., berichtete von seinen Erfahrungen in der Rolle des Bürgermeisters. Er betonte, dass die Chancen von Projektarbeit von Führungskräften häufig noch zu wenig gesehen würden. Das Verständnis, wie vonseiten der Auftraggeber ein Projekt gut begleitet und entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden könnten, müsste noch stärker gefördert werden. Auf kommunaler Ebene sei dies besonders wichtig, weil die Auswirkungen von erfolgreicher Projektarbeit ebenso wie von Misserfolgen unmittelbar für die Bürgerin- Anzeige ibo Beratung und Training GmbH • Im Westpark 8 • 35435 Wettenberg • T: +49 641 98210-300 • www.ibo.de Wir organisieren Souveränität. Neue Herausforderungen selbstbewusst lösen. 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Wir unterstützen Sie dabei mit Weiterbildung offen und inhouse, Impulsen, Beratung, Coaching und pragmatischen Software-Lösungen. ibo: Wir organisieren Zukunft. ibo-Anzeige Nov-210x100-quer-neues CD_VersLKL_Anschnitt-wasp.indd 1 05.11.19 15: 46 Neue persönliche Mitglieder Oliver Ahmed (Frankfurt am Main), Tatjana Castell (Koblenz), Daniela Diel (Bayreuth), Jörg Dietze (Wilhelmshaven), Carlos Forero-Franco (Heidelberg), Thorsten Fritsch (Hamm), Claus Jergler (Karlsruhe), André Kadenbach (Schwerin), Dagrun Yrsa Möller (Hamburg), Andrea Nobbe (München), Michael Peppel (Wolfenbüttel), Sven Quinque (Adelschlag), Marc Rehling (Ulm), Dominik Rettig (Karlsruhe), Andreas Schubert (Hamburg), Diana Steinbrück (Düsseldorf), Hannah Taubenreuther (Himmelkron), Holger Trüller (Hamburg), Stephan Vöhringer (Buchs), Regina Volk (München), Melissa Wach (Mössingen), Jan Jakob Weber (Hannover), Alexander Wehl (Köln), Florian Wienholt (Bielefeld), Tobias Winter (Freiburg), Ina Zimmer (Ellefeld) Neue studentische Mitglieder Sezer Aslantas (Ludwigshafen), Anton Bechtloff (Dieburg), Isabelle Hochberger (Hildesheim), Moritz Hoheisel (Oldenburg), Nicolas Lacher (Frankfurt), Peiman Leghakhah (Düsseldorf), Rebekka Hang Nghiem (Berlin), Viktoria Schütz (Waldeck), Fabian Zick (Ottobrunn) nen und Bürger spürbar seien und entsprechende Auswirkungen hätten. Im zweiten Schwerpunkt moderierte Sabine Meister das Thema zur Einführung eines PMO. Sichtbar wurden der hohe Bedarf und auch das Interesse der Teilnehmenden an diesem Thema. Die Unterstützungsfunktion eines PMO zeigte sich auch hier als ein wichtiger Baustein für die Entwicklung einer stärkeren Projektorientierung in der Verwaltung. Mit Projekten Ideen für das Gemeinwohl gestalten Das Creative Bureaucracy Festival sieht sich selbst als Plattform für Menschen aus der Verwaltung, die mit kreativen Ideen Gemeinwohl gestalten wollen. Die GPM konnte mit ihren Beiträgen Impulse setzen, welche Beiträge PM-Kompetenz und gute Rahmenbedingungen für Projekte dazu leisten können. Autorin: Heike Kratt Aktionsprogramm Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten Projektmanagement Aktionsprogramm Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten Projektmanagement 72 NACHRICHTEN Vom 26. bis 29. September 2019 fand das GPM Young Crew Project Management Summit (ehemals GPM Young Crew Workshop) in Frankfurt am Main statt. Das Summit ist die größte Veranstaltung im Young-Crew-Kalender und richtet sich an motivierte Auszubildende, Studierende, Berufseinsteiger sowie (Young) Professionals unter 35 Jahren, die am Thema Projektmanagement interessiert sind und gemeinsam in locke- Job, sondern agieren in einer Work-Life-Balance. Projektmanagement ist dabei schon lange keine Methode mehr, die ausschließlich am Arbeitsplatz Anwendung findet. Wir vernetzen uns, sind digital unterwegs und erreichen auch im privaten Umfeld unsere Ziele und geplanten Meilensteine. Dem Organisationsteam war es wichtig zu zeigen, dass Projekte nicht nur im Beruf gemanagt werden, sondern auch im Privatleben an Bedeutung gewinnen und im Beruf erworbene Skills teilweise völlig unbewusst angewendet werden. Diese Gedanken standen im Mittelpunkt der 14 Workshops, durchgeführt von ehrenamtlichen Trainerinnen und Trainern, die die 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Young Crew Summit erlebten. Schon am Donnerstagabend trafen sich die Early Birds in dem gemütlich-rustikalen Ambiente des „Ebbelwoi Unser“. Das Zusammentreffen gab den Teilnehmern die Gelegenheit, das Orgateam kennenzulernen. Am Freitag startete dann der erste Workshop-Tag mit einer Begrüßungsrede von Christopher Brauckmann, Gründer der Young Crew Local Group Frankfurt, und Manuell Trier. Im Anschluss brachten die Orgateam-Mitglieder Viktoria Schütz und Maja Rost die Teilnehmer mit interaktiven Kennenlern-Übungen zum Netzwerken. Anschließend ging es in die Workshops in vier parallelen Streams. Neben spezifischen Themen wie Stressbewältigung, Projektmarketing und Kommunikation, Design Thinking, Kanban und Lean Startup wurde das Programm durch weitere Themen wie Planung, Führung und Projektmanagementtools ergänzt. Sicherlich ein besonderer Augenblick dabei: In einer Übung des Workshops „Stage your project kompakt“ wurden die Teilnehmer blind und teilweise ohne Kommunikation durch das gesamte Gebäude geführt. In diesem Jahr schloss das Team das Tagesprogramm mit einem Gallery Walk ab, der einen kurzen Einblick in die Workshopthemen gab. Das abschließende Highlight des ersten Workshop-Tages war der Besuch des Skydecks der DB Systel im Silberturm der Deutschen Bahn. In dem Gebäude, das die Frankfurter Skyline mitprägt, wurde ein Kreativ-Raum erschaffen, der mit vielen ausgestellten Prototypen und Kuriositäten zum Entdecken einlädt. Eine Stunde führte Accelerator Dylan mit viel Humor durch die ambitionierte Transformation der DB Systel zu einem modernen Arbeitgeber, in dem Projekte eigenverantwortlich durch ein Team umgesetzt werden können. Der krönende Abschluss war aber ein völlig improvisierter Germany’s-Next-Topmodel-Wettbewerb mit rer Atmosphäre ihr Netzwerk erweitern möchten. In vielen spannenden Workshops und mit zahlreichen Gelegenheiten, sich untereinander auszutauschen, widmete sich das Summit 2019 mit dem Motto „Lifestyle Projektmanagement - weil es mit dir beginnt” der praktischen Facette des Projektmanagements. Die Projektmanagementwelt wird zunehmend schneller und bunter. Wir lernen nicht nur für den „Lifestyle Projektmanagement - es beginnt mit dir“ Young Crew Project Management Summit 2019 Teilnehmer, Trainer und Orgateam des GPM Young Crew Project Management Summit in Frankfurt am Main, Foto: Maja Rost GPM Mitglieder: 8.000 Davon Firmenmitglieder: 400 Teilnehmer am Lehrgang „Projektmanagement-Fachmann“: 37.300 Durch PM-ZERT vergebene Projektmanagement-Zertifikate insgesamt: 56.147 Stand: 18.10.2019 +++ GPM +++ GPM +++ GPM +++ GPM +++ GPM +++ GPM +++ GPM INTERN 73 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 v. l. n. r.: Patrick Wirz (Jury-Mitglied), Andreas Grune (Projektleiter GPM Young Project Manager Award), Renata Warzych (3. Platz), Stephan Scheel (Jury-Mitglied), Rosana Sibora (1. Platz), Nadine Panzer (Jury-Mitglied), Daniel Wurzel (2. Platz); Foto: Maja Rost fünf männlichen Teilnehmern. Nach dieser „Gaudi“ waren die Teilnehmer und Workshopleiter in der richtigen Stimmung, um im Irish Pub „Waxy’s“ den Tag ausklingen zu lassen. Der nächste Tag startete mit einer Wake-up-Session, die die Teilnehmer wieder in Schwung für den Tag brachte. Frisch gestärkt ging es für die Teilnehmer in fünf Workshopslots weiter. Neben VUCA-Welt und Resilienz standen die Themen Planung, PM-Formen, starke Teams, effektive Meeting-Methoden, Ideen pitchen und Sinnhaftigkeit im Fokus der Workshops. Am Samstagabend fand die Gala im „Musik-Lokal Südbahnhof“ statt. Hier erwartete die Teilnehmer ein rustikales Ambiente inklusive eines reichhaltigen regionalen Büfetts und leckerer Drinks. Das Highlight des Abends: die Verleihung des Young Project Manager Awards 2019. In einem zweistufigen Auswahlverfahren hatten die Juroren zwei Finalistinnen und einen Finalisten nominiert, die nun auf der Gala ihre eingereichten Projekte präsentieren konnten. Rosana Sibora gewann mit ihrem Projekt „Einführung des Plattform ALPHA“ den ersten Platz. Daniel Wurzel belegte Platz 2 mit seinem Projekt „Einführung eines einheitlichen Projektmanagements bei der Flughafen Köln/ Bonn GmbH“. Der dritte Platz ging an Renate Warzych und ihr Projekt „Konzeption und Einführung eines Wissensportals in der Ausländerbehörde der Stadt Wiesbaden“. Alle drei Preisträger erhielten neben einer Urkunde auch die begehrte Young-Pro- Das Orgateam des GPM Young Crew PM Summit 2019 - v. l. n. r. Tobias Zube (Young Crew Board), Christopher Brauckmann, Manuell Trier, Pieter Knauthe, Viktoria Schütz, Maja Rost; Foto: Maja Rost (nicht auf dem Foto dabei: Dora Slemmer) ject-Manager-Award-Trophäe. Somit kann Rosana Sibora Deutschland im internationalen Finale 2020 vertreten. Wir gratulieren den Preisträgern. Nach Abschluss des offiziellen Programms konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer endlich die Tanzfläche erobern. Dabei durfte der obligatorische Young-Crew-Tanz natürlich nicht fehlen. Bis spät in die Nacht wurde getanzt, gequatscht, gelacht und dabei wurden neue Kontakte geknüpft. Der GPM Young Crew Project Management Summit 2019 wird allen Teilnehmern als ein voller Erfolg noch lange in Erinnerung bleiben. Wir bedanken uns bei allen Teilnehmern, Trainern und Sponsoren sowie bei allen anderen, die dabei waren und uns aktiv unterstützt haben. Auf das Frankfurter Team der Young Crew warten nun noch der offizielle Projektabschluss und ein Lessons Learned, wo die Auswertung der Feedbackbögen erfolgt und Verbesserungspotenziale identifiziert werden. Die Erfahrungen und Ideen geben die Frankfurter an das neue Orgateam, das aus der Local Group Young Crew OWL/ Bielefeld besteht, weiter, damit das Programm und die Organisation auch im kommenden Jahr reibungslos ablaufen. Das neu gegründete Orgateam schmiedet bereits Pläne für das GPM Young Crew PM Summit 2020. Wer Interesse hat, das Summit im nächsten Jahr mitzugestalten und einmal zu erleben, was hinter den Kulissen so abläuft, schreibt bitte eine E-Mail an owl@youngcrew.de. Projektmanagement-Kenntnisse oder Erfahrungen sind nicht notwendig. Autor: Das Orgateam des GPM Young Crew Project Management Summit 2019 74 GPM INTERN projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 Neue Firmenmitglieder stellen sich vor! Firma Hauptgeschäftsgebiet PM-Aufgaben und Bedeutung Erwartungen an die GPM Hochschule Augsburg www.hs-augsburg.de/ weiterbildung Mit über 6.200 Studierenden aus 70 Nationen ist unsere Hochschule eine der größten Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Bayerisch-Schwaben. Berufsbegleitende Weiterbildung bildet neben Lehre und angewandter Forschung die dritte Kernaufgabe im Bildungsauftrag der Hochschule Augsburg. Berufsbegleitende Weiterbildungsstudienangebote im PM: IT-Projekt- und Prozessmanagement, Projektmanagement [Bau und Immobilie / Fassade / Ausbau / Holzbau], Technologiemanagement PD - Berater der öffentlichen Hand GmbH www.pd-g.de Die PD ist ein zu 100 % öffentliches Inhouse-Beratungsunternehmen. Mit über 200 Beratern in Berlin, Düsseldorf und Frankfurt am Main verbindet die PD wirtschaftlich-strategisches Knowhow mit einer genauen Kenntnis der besonderen Abläufe und Strukturen der öffentlichen Hand. Als Beratungsunternehmen agieren wir nahezu ausschließlich in Form von Projekten gemeinsam mit und für unsere öffentlichen Auftraggeber. Wir begleiten strategisch sowie in der Umsetzung sowohl kurz laufende als auch mehrjährige, komplexe Vorhaben zur Verwaltungsmodernisierung und für nachhaltige öffentliche Infrastrukturen auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene sowie für alle öffentlichen Körperschaften und Einrichtungen. Wir freuen uns auf den Erfahrungsaustausch sowie die gemeinsame Weiterentwicklung und Förderung des Projektmanagements insbesondere in der und für die öffentlichen Verwaltung! AUDI AG/ Audi Akademie www.audi.com/ de/ com/ www.audi-akademie.de Als unternehmenseigene Akademie verantwortet die Audi Akademie die Kompetenzentwicklung und Qualifizierung der Mitarbeiter der AUDI AG und sorgt gemeinsam mit den Fachbereichen für den Kompetenzvorsprung des Audi Konzerns im Wettbewerbsumfeld. Projektmanagement als Organisationsform bildet die Grundlage für die Zusammenarbeit in und über alle Geschäftsbereiche der AUDI AG. Ein einheitliches Verständnis für strukturiertes PM ist daher von höchster Bedeutung und entscheidender Erfolgsfaktor. Fokus auf Zertifizierung und Aus- und Weiterbildung inkl. Studien und Trends zu PM ines GmbH https: / / ines.ch ines ist der Spezialist für modulare Softwarelösungen für Kliniken. Wir entwickeln ein Klinik-Informationssystem für das Schweizer Gesundheitswesen. Ganzheitliche Beratung und Betreuung unserer Kunden und die Umsetzung von Einführungsprojekten, Wartungsprojekten und Änderungsanforderungen bei Bestandssystemen. Eine Informationsdrehscheibe für Weiterbildung, fachlichen Austausch und Personalmanagement für Software-Projektmanagement und Dienstleistungen. Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTW Dresden) www.htw-dresden.de/ zfb Zentrum für fachübergreifende Bildung: Wir kümmern uns um die fachübergreifende Bildung unserer Studierenden, um deren Arbeitsmarktfähigkeit nachhaltig zu sichern. Hierfür vermitteln wir in curricularen und extracurricularen Lehrveranstaltungen vielfältige arbeitsmarktrelevante Schlüsselqualifikationen. Zu diesen gehören insbesondere auch Kompetenzen im Bereich des Projektmanagements für Studierende verschiedener Fakultäten und unterschiedlichster Studiengänge. Wir freuen uns auf den fachlichen Austausch mit anderen Hochschulen und Praxispartnern unterschiedlichster Branchen, um unsere Studierenden optimal auf den Berufseinstieg vorzubereiten. GPM INTERN 75 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 Kontakt: spm Geschäftsstelle, Flughofstraße 50, 8152 Glattbrugg, Schweiz, Tel.: +41/ 44/ 8 09 11 70, E-Mail: office@spm.ch Neue Zertifizierungen ICB 4 in einer agilen Welt: Swiss Reference Guide Die Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement (spm) gratuliert den neuen Zertifizierten: 4 IPMA Level A ® spm/ VZPM 2019-01 41 (19 publiziert) IPMA Level B ® spm/ VZPM 2019-01: Lukas Brügger, Arber Bullakaj, Matthieu Cuénoud, Loic Dazin, Lorenz Etzweiler, Gregor Fasching, Michael Fuchs, Nicolas Gistau, Michael Hilty, Michael Hoffmann, Martin Kurath, Andreas Kurmann, Beat Lehmann, Thomas Liljegren, Andreas Maurer, Lukas Mischler, Jürgen Niederer, Rolf Studer, Otto Wernli 65 IPMA (54 publiziert) Level C ® spm/ VZPM 2019-01: Silvan Altorfer, Christian Andreoli, Stefanie Berchtold, Daniel Bohl, Christian Caprio, Milo Cattaneo, Elias Devran, Ralph Eli, Andreas Feichtenschlager, Visnja Florijan, Simon Friedli, Christian Glättli, David Grolimund, Nadja Gschwend, Thomas Martin Hausner, Thomas Heiniger, Christoph Hengartner, Philipp Höfer, Thomas Hufnagl, Noah Hüsser, Eugen Ivanov, Paulo Kirchen, Beat Kissling, Ingrid Kongshavn, Norbert Küng, Claudio Marty, Heiko Meissner, Carlos Menéndez Llamas, Alexia Michalon Machorro, Michael Muster, Marc Oggier, Michael Orpi, Thomas Pfäffli, Lukas Pfyl, Gerd Rebbe, Marcel Schelbert, Thomas Schlup, Thomas Schneiter, Patrik Schnellmann, Mike Schöne-Wang, Martin Schreiber, Cinia Schriber, Ulrike Schröder, Heinrich Schulmeister, Simon Sgier, Andreas Stoll, Joshua Strahm, Oliver Strebel, Pascal Striby, Lorenz Uebelhart, Stefan Wäfler, Daniel Wagner, Christian Wäny, Reto Woodtli, Raphael Zimmermann 998 IPMA Level D ® spm/ VZPM 2019-01 Rezertifizierungen 2 IPMA Level A ® spm/ VZPM 2019-01 31 IPMA Level B ® spm/ VZPM 2019-01 42 IPMA Level C ® spm/ VZPM 2019-01 81 IPMA Level D ® spm/ VZPM 2019-01 Autorin: Maja Schütz, VZPM Um den Bedürfnissen einer sich rasch verändernden Welt gerecht zu werden, braucht es Fachleute, die in neuen Bereichen kompetent sind. Diese Fachleute können schnell auf technologische Innovationen, veränderte soziale Beziehungen, neue Arbeitsteilungen und neue Arbeitsansätze reagieren. Eine Antwort auf diese Herausforderungen ist lean-agiles Arbeiten. Dieser Ansatz ist ein wesentlicher Bestandteil der Arbeitsorganisation von Teams und nutzt einen iterativen Entwicklungsprozess, schnelle Feedbackschleifen sowie disziplinierte Managementprozesse zur Überprüfung und Anpassung. Mit diesem Ansatz können Organisationen unterscheiden, was wertvoll ist und was nicht relevant ist. Swiss Individual Agile Competence Reference Guide (swissICB4agile), IPMA Version 2.3, von spm und vzpm beschreibt, wie die Kompetenzelemente der ICB 4 in einer agilen Welt interpretiert werden können. Damit wird auch die hybride Arbeitsweise, eine Kombination von klassischen und agilen Ansätzen, erleichtert. Wie die ICB 4 dient das von der IPMA ® übernommene, umfassende Kompetenzinventar zu Ausbildung, Karriereentwicklung, Weiterbildung, Zertifizierung, Standards, Forschung, Fachliteratur und Wissensmanagement. Wie bei der IPMA ICB 4 gibt es hier drei Kompetenzbereiche: Kontext (perspective), Menschen (people) und Praktiken (practice). Jeder Kompetenzbereich umfasst eine Reihe von Kompetenzelementen, insgesamt sind es 29.  Jedes Kompetenzelement beschreibt Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten, die für die entsprechende Kompetenz erforderlich sind.  Kompetenzindikatoren (Key Competence Indicators) sind die Indikatoren für ein erfolgreiches agiles Arbeiten.  Zu jedem Kompetenzindikator gibt es Messgrößen, die detaillierte Kriterien beschreiben. Diejenigen, die für agile Leader unerlässlich sind, sind markiert mit (A). Der spm schätzt es sehr, dass der vzpm entschieden hat, den Fachleuten die Chance zu geben, ihre Kompetenzen für das agile Arbeiten mit einem spezifischen Zertifikat auszuweisen und zu präsentieren. Autor: Dr. Hans Knöpfel, spm projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 76 SPM INTERN TÜV Media GmbH www.tuev-media.de ® TÜV, TUEV und TUV sind eingetragene Marken. Eine Nutzung und Verwendung bedarf der vorherigen Zustimmung. Qualitätsmanagement in Dienstleistungsunternehmen 14-Tage-Testbestellung per Fax an +49 221 806-3510 „Qualitätsmanagement in Dienstleistungsunternehmen“ ist speziell auf die Belange von Dienstleistern zugeschnitten. Das Werk berät QM-Verantwortliche zuverlässig bei den zentralen Themen moderner QM-Systeme, z. B.: • Aufbau und Dokumentation, • Audits, Zertifizierung und Assessment, • qualitätsorientierte Unternehmensführung und -politik, • Mitarbeiter- und Kundenorientierung, • Geschäftsprozessoptimierung und Qualitätskosten. Mit vielen Praxisbeispielen aus verschiedenen Dienstleistungsbranchen macht es die Faktoren sichtbar, die für den Erfolg eines Managementsystems entscheidend sind. Die mitgelieferte CD-ROM enthält den kompletten Inhalt des Werkes. Darüber hinaus enthält die CD-ROM zahlreiche Arbeitshilfen und Mustervorlagen, die sich an eigene Bedürfnisse anpassen lassen. Mehr Infos und Leseprobe unter www.tuev-media.de/ qmd H. J. Thomann (Hrsg.) Qualitätsmanagement in Dienstleistungsunternehmen Aktuelles Praxishandbuch mit direkt verwertbaren Arbeitshilfen auf Begleit-CD-ROM DIN A5, 2 Ordner + CD-ROM 239,- EUR netto/ 255,73 brutto (zzgl. Versandkosten) 4 Ergänzungen jährlich, jeweils 54,21 EUR netto/ 58,brutto (jederzeit kündbar) Bestell-Nr. 90473 TÜV Media GmbH TÜV Rheinland Group Vertrieb Am Grauen Stein 51105 Köln Absender: Bitte senden Sie mir Qualitätsmanagement in Dienstleistungsunternehmen für 14 Tage zur unverbindlichen Ansich t Wenn ich das Werk behalte, zahle ich 255,73 EUR inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten. Ich erhalte dann 4-mal im Jahr Aktualisierungs- und Ergänzungslieferungen zum Preis von jeweils 54,21 EUR netto/ 58,- EUR + CD-ROM Update. Diese Lieferung kann ich jederzeit kündigen. Bei Nichtgefallen kann ich das Werk innerhalb des Testzeitraums ohne weitere Verpflichtung zurückschicken. Mit meiner Unterschrift erkenne ich die AGB der TÜV Media (www.tuev-media.de/ agb.php) an. *Mit der Angabe meiner E-Mail-Adresse stimme ich zu, regelmäßig Informationen über Neuerscheinungen der TÜV Media GmbH zu erhalten (jederzeit widerrufbar). Name Firma Abteilung/ Funktion Straße PLZ/ Ort Telefon Umsatzsteuerident-Nr.: E-Mail: * Datum/ Unterschrift ✓ Philip Bargiel und-Michaela Obersriebnig (pma young crew) luden zum Thema Mindfulness. Die Teilnehmenden waren mit großem Engagement bei allen vier Workshops dabei. Fotos: pma Vor den Vorhang! pma Mitglieder. Mit knapp 1.200 Mitgliedern ist pma die größte PM-Vereinigung Österreichs. Wir stellen vor: Firma Hauptgeschäftsgebiet PM-Aufgaben und Bedeutung SSI SCHÄFER IT Solutions GmbH Friesachstraße 15, 8114 Friesach bei Graz www.ssi-schaefer.com SSI Schäfer IT Solutions ist der Softwarespezialist der Unternehmensgruppe SSI Schäfer. Mit der von uns entwickelten Logistiksoftware WAMAS sind wir in der Lage, sämtliche Prozesse im Lager zu steuern und zu optimieren. Mit dem Leitsatz „We do projects together” nehmen unsere IT Project Manager eine zentrale Verantwortung einer projektorientierten Organisation wahr. Sie führen das IT Projektteam und verantworten den IT Liefer-/ Leistungsumfang, der sich vom logistischen Konzept über Inbetriebnahme zum Go-Live und Ramp-up erstreckt. Standpunkt. Mag. Brigitte Schaden, Präsidentin Projekt Management Austria (pma): „Wundermittel“ agile Methoden? Eines vorweg: Projektmanagement sollte immer agil und dem Kontext angepasst sein. Ein Hype um agile Methoden als Wundermittel ist daher nicht zielführend. Zwar gibt es zunehmend Situationen im Businesskontext, in denen agile Methoden relevant sind, etwa um Hypothesen frühzeitig zu validieren. Dennoch passen sie nicht immer automatisch. Vielmehr empfiehlt es sich, von Fall zu Fall zu entscheiden, welcher Projektmanagementstil auch der Unternehmenskultur am besten entspricht. Es darf nicht vergessen werden, dass agile Methoden, die auf selbst organisierten Teams und Eigenkontrolle basieren, eine Kulturveränderung und flexible organisatorische Rahmenbedingungen benötigen. Agile Methoden setzen Impulse, indem sie neue Arten des Lernens und Denkens stimulieren. Damit sind sie auf allen Ebenen ein Veränderungsfaktor für Unternehmen. Nicht alle Organisationen sind bereit dafür. Foto: L. Schedl Zahlreiche pma Mitglieder und Interessierte nutzten das vierte pma quarterly im September 2019, um sich fachlich auszutauschen und ihre PM-Skills im Rahmen von interaktiven Kurzworkshops mit Expert*innen zu reflektieren. Unter dem Motto „Schauplatz pma“ wurden dabei die Themen „Rollenklärung“, „Werte“, „Agile Leadership“ sowie der Umgang mit Fehlern und Erfolgen in Projekten erörtert. Mit viel Engagement ließen sich die Teilnehmenden auf die unterschiedlichen Aufgaben ein: Sie begaben sich auf Spurensuche nach den eigenen Werten oder diskutierten den besten Weg zur Rollenklärung in Projekten. Mögliche Optionen für den produktiven Umgang mit Fehlern wurden anhand von Fallstudien diskutiert und beim Thema „agile Leadership“ wurde klar, dass mit diesem Führungsstil mehr Eigenverantwortung, aber auch mehr Gestaltungsspielraum eingefordert werden kann. „Schauplatz pma“ - interaktive Workshops und neue Impulse im PM Was tut sich? pma Aktivitäten. • 20. Januar 2020: 1. pma quarterly • 20. April 2020: 2. pma quarterly • 14. Oktober 2020: Terminaviso pma focus 2020 Details und Anmeldungen unter: www.pma.at projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 78 PMA INTERN GPM Fachgruppen Agile Management Dr. Alfred Oswald Tel.: 0 24 02/ 3 70-11 Wolfram Müller agile-management@gpm-ipma.de Automotive PM Thomas Klug Tel.: 01 60/ 97 98 81 14 automotive-pm@gpm-ipma.de Bau und Infrastruktur Detlef Obieray Astrid Beger Prof. Tanja Kessel bau-und-infrastruktur@gpm-ipma.de Beratung im Projektmanagement Constantin Hoya beratung-im-pm@gpm-ipma.de Commercial Project Management Dr. Burkhard Müller Dr. Lorenz Schneider cpm@gpm-ipma.de Critical Chain Projektmanagement Ansgar Knipschild Tel.: 02 21/ 35 53 73-10 Guido Bacharach Tel.: 01 75/ 8 47 21 91 Claudia Simon critical-chain@gpm-ipma.de Digitale Transformation Johannes Werbach Dr. Manfred Nolle Norman Heydenreich digitale-transformation@gpm-ipma.de Fashion.Lifestyle.Creative Prof. Dr. Dominik Kögel fashion-lifestyle-creative@gpm-ipma.de Führen im Projekt Roswitha Müller-Ettrich Tel.: 0 89/ 21 02 58 64 fuehren-im-projekt@gpm-ipma.de IT-Projektmanagement Prof. Dr. Oliver Linssen it-projektmanagement@gpm-ipma.de Medien Irene Kayser Tel.: 0 69/ 1 55-28 21 Sabine Schnarrenberger Frank Fell-Bosenbeck medien@gpm-ipma.de Multiprojektmanagement Dr. Jörg Seidl Tel.: 0 21 73/ 2 69 63 07 Prof. Claus Hüsselmann multiprojektmanagement@ gpm-ipma.de Neue Perspektiven in der Projektarbeit Stephen Rietiker Tel.: +41/ 44/ 5 86 96 86 neue-perspektiven-in-der-projektarbeit@ gpm-ipma.de Normen im PM Ralf J. Roeschlein Tel.: 0 61 59/ 7 17 91 17 normen-im-pm@gpm-ipma.de PM goes Boardroom Prof. Dr. Dorothee Feldmüller Tel.: 0 20 56/ 5 84 81 67 21 pm-goes-boardroom@gpm-ipma.de PM-Healthcare Dr. Reinhold Rössler pm-healthcare@gpm-ipma.de Project Management Offices Astrid Beger pmoffices@gpm-ipma.de Projektcontrolling Dipl.-Betriebsw. (FH) Christian Bramkamp Tel.: 01 75/ 2 46 36 75 Dipl.-Ing. Engelbert Scharnagl Tel.: 0 89/ 23 61-22 15 Martin Weiß projektcontrolling@gpm-ipma.de Projekt- und Prozessmanagement Prof. Dr.-Ing. Steffen Rietz Tel.: 0 78 03/ 96 98 44 50 projekt-prozessmanagement@ gpm-ipma.de Projektmanagement an Hochschulen Prof. Dr. Harald Wehnes Tel.: 01 52/ 01 56 85 00 Prof. Dr. Doris Weßels Dipl.-Ing. Dipl.-Wirtschafts-Ing. Claudia Stöhler pm-an-hochschulen@gpm-ipma.de Projektmanagement für bürgerschaftliches Engagement Claudia Jahnke Dr. Thor Möller Rolf Kaestner pm-fuer-buergerschaftlichesengagement@gpm-ipma.de Projektmanagement im Mittelstand Dipl.-Ing. Guido Hänßgen pm-im-mittelstand@gpm-ipma.de Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung (PM-ÖV) Michael Münzberg Tel.: 02 28/ 9 96 80-91 41 Sabine Meister pm-oev@gpm-ipma.de Projektmanagement in Kommunen Tjark Bartels Tel.: 0 51 30/ 5 81-2 18 Wolfgang Sauer Silvia Soremba pm-in-kommunen@gpm-ipma.de Projektmanagement in Luft- und Raumfahrt Dr. Michael Sölter Tel.: 01 71/ 5 50 53 06 Dr. Martina Albrecht Tel.: 0 30/ 57 79 54 78 Dr. Manfred Nolle Tel.: 01 72/ 7 65 84 53 pm-in-luft-und-raumfahrt@ gpm-ipma.de Projektmanagement macht Schule (GPM) Jürgen Uhlig-Schoenian Tel.: 0 47 03/ 92 00 94 Peter Pürckhauer pm-schulen@gpm-ipma.de Projektmanagement Windenergie Daniel Meier Tel.: 0 48 41/ 89 44-2 62 Prof. Dr.-Ing. Steffen Rietz Tel.: 0 78 03/ 96 98 44 50 Jan Koschinski pm-windenergie@gpm-ipma.de Qualität und Projekte Thomas Dörr Udo Schmidt Jörg Rittker Jürgen Frank qualitaet-und-projekte@gpm-ipma.de Requirementsmanagement Anne Hoffmann requirementsmanagement@ gpm-ipma.de Software für PM-Aufgaben Bei Interesse an der Fachgruppe informiert der Ausschuss für Facharbeit gerne über die Möglichkeiten: aff@gpm-ipma.de Stakeholdermanagement Katja Mayer Tel.: 0 61 92/ 96 13 95 stakeholdermanagement@ gpm-ipma.de Systemisches Projektmanagement und Changemanagement Michael Boxheimer Reinhard Kühn Tina Lochmann systpm@gpm-ipma.de Transportation PM Bei Interesse an der Fachgruppe informiert der Ausschuss für Facharbeit gerne über die Möglichkeiten: aff@gpm-ipma.de TurnAround PM Jörg Süggel Tel.: 01 77/ 6 46 34 17 Torsten Koerting Tel.: 01 72/ 3 72 37 59 turnaround-pm@gpm-ipma.de GPM Special Interest Groups Go International Dr. Lorenz Schneider go-international@gpm-ipma.de PM-Expertinnen Sabine Hinners Ingrid Mages Marianne Windelband pmexpertinnen@gpm-ipma.de Young Crew Tobias Zube Bernhard Gerl Chiara Hänel young-crew@gpm-ipma.de GPM und PM-ZERT GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Prof. Dr.-Ing. Helmut Klausing GPM Präsident Am Tullnaupark 15 90402 Nürnberg Tel.: 09 11/ 43 33 69-0 Fax: 09 11/ 43 33 69-99 info@gpm-ipma.de Internet: www.gpm-ipma.de GPM Geschäftsstelle in Nürnberg Tel.: 09 11/ 43 33 69-0 Fax: 09 11/ 43 33 69-99 info@gpm-ipma.de PM-ZERT Karl-Wilhelm Freiherr von Rotenhan Geschäftsführer Tel.: 09 11/ 43 33 69-33 Fax: 09 11/ 43 33 69-39 k.vonrotenhan@gpm-ipma.de GPM Hauptstadtrepräsentanz Tel.: 0 30/ 36 40 33 99-0 Fax: 0 30/ 36 40 33 99-5 GPM KONTAKTE 79 projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 Aachen Waltraud Völlmicke Aachen@gpm-ipma.de Augsburg Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Michael Trommer Augsburg@gpm-ipma.de Tel.: 01 72/ 8 21 17 01 Dipl.-Inf. (FH) Thomas Makkos Bamberg/ Oberfranken Dr. Sandra Bartsch-Beuerlein Bamberg@gpm-ipma.de Guido Reuter Marc Wild Berlin Dipl.-Ing. Eiko Feuerhak Berlin@gpm-ipma.de Dipl.-Kfm. Norman Frischmuth Bielefeld Markus Bode Bielefeld@gpm-ipma.de Tel.: 0 52 41/ 80 77 20 Uwe Kopp Bettina Langer Jan-Hendrik Manter Braunschweig/ Wolfsburg Dr. Thomas Wolenski Braunschweig@gpm-ipma.de Dr.-Ing. Dieter Geckler Dr. Dennis Krull Bremen/ Oldenburg Dr. Thor Möller Bremen@gpm-ipma.de Tel.: 0 42 22/ 9 46 46 77 Irmtraud Behrens Chemnitz Ulrich Meier Chemnitz@gpm-ipma.de Tel.: 0 37 22/ 60 82-172 Robby Bergk Lutz Voigtmann Dortmund/ Ruhrgebiet Jörg Süggel Dortmund@gpm-ipma.de Tel.: 01 77/ 6 46 34 71 Markus Bauer Uta-Maria Hangebrauck Dresden Silke Härta Dresden@gpm-ipma.de Tel.: 03 51/ 2 74 98 26 Torsten Sommer Martin Uhlig Düsseldorf/ Rhein-Ruhr Alexander Miskiw Duesseldorf@gpm-ipma.de Guido Bacharach Claudia Hans Christian Weier Frankfurt/ Rhein-Main Martina Herrmann Frankfurt@gpm-ipma.de Gernot Schultz-Berndt Freiburg Dipl.-Volksw. Stefan Derwort Freiburg@gpm-ipma.de Tel.: 0 76 64/ 5 97 34 Jörg Rietsch Friedrichshafen Dipl.-Math. Sabine Rossbach Friedrichshafen@gpm-ipma.de Tel.: 0 75 41/ 70 07 81 91 Gießen Dr. Volker Bittner Giessen@gpm-ipma.de Dr. Malgorzata Seeger Hamburg Tjalf Becker Hamburg@gpm-ipma.de Carsten Albrecht Ralph Faust Torsten Graßmeier Silke Heine Kerstin-Alexandra Probst Norbert Wengerek Hannover Prof. Dr. rer. pol. Andreas Daum Hannover@gpm-ipma.de Tel.: 05 11/ 92 96-15 53 Dipl.-Kfm. (FH) Berekat Karavul Dipl.-Ing. Michael Mente Katrin Rathjen Carlo De Rooij René Windus Heilbronn Dr. Ulrich Meyer Heilbronn@gpm-ipma.de Tel.: 0 71 36/ 9 61 05 30 Christian Schmidt Kaiserslautern Regionalleitung gesucht! Bei Interesse informiert der Ausschuss der Regionen gerne über die Möglichkeiten: adr@gpm-ipma.de Die Region wird kommissarisch von der GPM Region Saarbrücken/ Trier betreut. Karlsruhe Dr. Klaus Wagenhals Karlsruhe@gpm-ipma.de Mehrschad Zaeri Esfahani Ivana Zareva Kassel Dr. Andrea Follert Kassel@gpm-ipma.de Friedbert Follert Volker Pauling Elmar Sänger Kiel Prof. Dr. Doris Weßels Kiel@gpm-ipma.de Tel.: 04 31/ 2 10-35 19 Dipl.-Volksw. Gisela Heumann Sascha Jevremovic Köln Andreas Schröder-Schlüter Koeln@gpm-ipma.de Tel.: 02 28/ 4 33 04 94 Martina Baehr Dr. Martin Goerner Leipzig/ Halle Peter Richter Leipzig@gpm-ipma.de Tel.: 01 77/ 2 40 02 18 Janko Thoß Magdeburg Martin Steffen Magdeburg@gpm-ipma.de Mannheim/ Ludwigshafen Dr. Dagmar Börsch Mannheim@gpm-ipma.de Tel.: 06 21/ 5 70 58-21 Thomas Bormuth Michael Boxheimer Claudia Brüffer Claudia Simon München Bernhard Gerl Muenchen@gpm-ipma.de Ulrich von Knobloch Andreas Lohrum Claus Lorbach Carmen Mühlenberend Klaus Schopka Bernd Schwander Dr. Tilman Zuleeg Münster Andreas Heuer Muenster@gpm-ipma.de Nürnberg Wilhelm Mikulaschek Nuernberg@gpm-ipma.de Osnabrück/ Emsland Dipl.-Ing. Uwe Horstmann Osnabrueck@gpm-ipma.de Birte Borgmeyer Regensburg Dr. Christian Brunner Regensburg@gpm-ipma.de Robert Treß Mike Zschögner Saarbrücken/ Trier Michael Royar Saarbruecken@gpm-ipma.de Tel.: 0 68 81/ 99 99 50 Rüdiger Marquordt Siegen/ Lippstadt Dr. Miriam Sasse Siegen@gpm-ipma.de Stuttgart Prof. Dr. Steffen Scheurer stuttgart@gpm-ipma.de Sara Ameri Turani Tübingen/ Neckar-Alb Regionalleitung gesucht! Bei Interesse informiert der Ausschuss der Regionen gerne über die Möglichkeiten: adr@gpm-ipma.de Ulm Dipl.-Betriebsw. (FH) Christian Bramkamp Ulm@gpm-ipma.de Tel.: 01 75/ 2 46 36 75 Frank Kochems Susan Lehmann Villingen-Schwenningen Heiko Dehning Villingen-Schwenningen@gpm-ipma.de Tel.: 07 11/ 7 97 33 26-0 Eduard Bleckmann Jan Dietz Norbert Hansen Max Petel Johannes Rehberg Weimar Dipl.-Pol. Siegfried Haarbeck Weimar@gpm-ipma.de Tel.: 0 36 43/ 51 84 24 Dr. Frieder G. Knebel Dipl.-Ök. Karin Rabe Würzburg/ Schweinfurt Dipl.-Ing. (FH) Johannes Voss Wuerzburg@gpm-ipma.de Tel.: 09 31/ 99 17 51-0 Theo Schuck Siegen Bamberg * ** * Hauptstadtrepräsentanz Berlin ** Hauptgeschäftsstelle Nürnberg 80 GPM KONTAKTE projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 4 Projektabschluss 4.1 Entwicklungsende/ Produktabnahme Ist der Übergabemodus festgeschrieben? Welche Abnahmekriterien sind fixiert? Wird die Abnahme des Entwicklungsergebnisses von einer entwicklungsneutralen Stelle vorgenommen? Werden offizielle Übergabe-/ Übernahmeprotokolle erstellt? Gibt es einen Produktabnahmebericht? Wie ist die Fertigungsüberleitung geregelt? Gibt es plötzliche Vorabeinsatzfälle, die den geplanten Entwicklungsablauf verzögern? Welche Maßnahmen sind für den Pilotbzw. Feldtest vorgesehen? Wer übernimmt und überwacht Montage und Transport? Wie ist die Inbetriebnahme geregelt? Wer übernimmt die technische Betreuung der Produkte (SW-Wartung, HW-Kundendienst)? Läuft alles rund im Projekt? - Wesentliches Kriterium für den Projekterfolg ist die Qualität des Projekts mit allen seinen Elementen, Phasen, Mitarbeitern, Methoden und Hilfsmitteln. Ein geeignetes Mittel zur Überprüfung dieser Qualität ist der Fragenkatalog zur PM-Untersuchung, der im Rahmen einer tatsächlich durchgeführten Projektrevision in einem größeren Entwicklungsbereich entstanden ist und sich dort gut bewährt hat. Auch wenn die Führung häufig der Meinung ist, die Projekte „laufen gut“, entspricht das vielleicht weniger der Meinung der Projektleitungen und noch weniger der Realität auf der Ebene der Ausführenden. Deshalb sind im Rahmen der PM-Untersuchung alle drei Ebenen zu befragen, und zwar auf jeder Ebene so viele Personen, dass in Bezug auf die jeweilige Projektgröße ein wirklich repräsentatives Ergebnis möglich wird. Die Befragung sollte in Form von Interviews stattfinden, durchgeführt von - möglichst zertifizierten - PM-Experten, die neben den nötigen kommunikativen Fähigkeiten auch die Kompetenz besitzen, die Interviews qualifiziert auszuwerten und daraus die entsprechenden Vorschläge für Änderungen im Projektmanagement zu entwickeln. Auch wenn der Aufwand dafür erheblich sein kann, können die positiven Effekte für das allgemeine Projektmanagement diesen Aufwand deutlich überwiegen. Die professionelle Anwendung des Fragenkatalogs kann also durchaus nicht nur für den fachlichen, sondern auch für den ökonomischen Projekterfolg eine entscheidende Rolle spielen. Diese Checkliste wurde dem Buch „Projektmanagement. Leitfaden für die Planung und Steuerung von Projekten“ von Manfred Burghardt, Publicis Publishing Erlangen, 10. überarbeitete und erweiterte Auflage 2018, ISBN 978- 3-89578-472-9, 896 S., Preis EUR 119,00, S. 792 ff., mit freundlicher Genehmigung des Verlages entnommen. Lesen Sie dazu auch die Besprechung des Werks von Heinz Schelle in projektManagement aktuell 3/ 2018, S. 48. Checkliste „Fragenkatalog für eine PM-Untersuchung - Teil 7“ projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 CHECKLISTE C1 Autor: Manfred Burghardt 4.2 Schulung der Anwender Gibt es Anwenderschulungen? In welcher Form? In welchem Umfang sind solche bisher durchgeführt worden? Gibt es hierfür Schulungsunterlagen? Wer erstellt die Schulungsunterlagen? Sind die notwendigen technischen Voraussetzungen (z. B. Demonstrationsanlage, Vorführbeispiele) für die Schulung gegeben? Wer trägt die Schulungskosten? Werden Vorbereitungsseminare für eine Zertifizierung des PM-Personals nach dem ICB-Kompetenzmodell angeboten? 4.3 Projektabschlussanalyse Wird eine Projektabschlussanalyse durchgeführt? Wird der tatsächliche Leistungsumfang mit dem ursprünglich geplanten Leistungsumfang verglichen? Wird eine der Vor- und Mitkalkulation adäquate Nachkalkulation vorgenommen? Gibt es eine abschließende Kosten-Nutzen-Analyse für den jeweiligen Einsatzfall (Kontrolle der Wirtschaftlichkeit)? Wird die Qualität der Projektplanung beurteilt? Wie werden die Erkenntnisse aus einer Abweichungsanalyse für nachfolgende Projekte gesichert? Werden formalisierte Kundenbefragungen vorgenommen? 4.4 Erfahrungssicherung Wie wird gewährleistet, dass Einsatzerfahrungen in die laufende Weiterentwicklung einfließen (Rückkopplung)? Wie wirken Einsatzerfahrungen auf zukünftige Projekte? Werden systematisch Produkt- und Projektmessdaten ermittelt? Werden gezielt Kennzahlen aus diesen abgeleitet? Gibt es eine Erfahrungsdatenbank? Wenn nein, ist eine solche geplant? Gibt es einen „Wissensmanager“ in Ihrem Bereich? 4.5 Projektauflösung Wird das Projektende offiziell festgestellt und bekannt gegeben? Findet eine offizielle Projektabschlusssitzung statt? Wie wird die Überleitung des Personals auf neue Tätigkeitsfelder geplant? Gibt es für die projekteigenen Ressourcen einen Verwertungsplan? Ist eine besondere Belohnung von Mitarbeitern (z. B. Prämien) vorgesehen, die sich durch außerordentliche Leistungen hervorgetan haben? Welche Anerkennung erfährt der Projektleiter? projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 C2 CHECKLISTE 5 Methoden und Hilfsmittel 5.1 Projektplanungs- und -steuerungsverfahren Welches Verfahren ist bei Ihnen für die Stundenkontierung eingesetzt? Welche Detaillierung enthält der verwendete Stundenbelegbzw. die Dialog-Eingabemaske (Auftragskennzeichen, Unterkonten, Arbeitspakete etc.)? Sind bei Ihnen rechnergestützte Projektplanungs- und -steuerungsverfahren eingesetzt? Wer sind die Nutzer der Verfahren? Welche Auswertungen erhalten Sie? Unterstützen die genannten Verfahren auch die Terminplanung und -überwachung? Wird hierbei die Netzplantechnik genutzt? Welchen Grad der Dialogisierung haben die Verfahren? Werden in Ihrem Bereich PC-Verfahren für die Projektplanung und -steuerung eingesetzt? Wenn ja, welche PC-Standardverfahren werden genutzt? Wie wird der Abgleich der Plan- und Istdaten zwischen den Kostenerfassungs- und -abrechnungsverfahren sowie den Projektplanungs- und -steuerungsverfahren erreicht? Gibt es Probleme in der Aktualität der Berichterstattung durch die eingesetzten Verfahren? Ist der Verfahrenseinsatz hinsichtlich der personenbezogenen Teile mit dem Betriebsrat abgestimmt? 5.2 Projektbibliothek Gibt es eine zentrale Stelle, die alle relevanten Projektdaten archiviert (Protokolle, Berichte, Spezifikationen, Verträge etc.)? Gibt es hierfür eine DV-technische Unterstützung? Wesentliches Kriterium für den Projekterfolg ist die Qualität des Projekts mit allen seinen Elementen, Phasen, Mitarbeitern, Methoden und Hilfsmitteln. Ein geeignetes Mittel zur Überprüfung dieser Qualität ist der Fragenkatalog zur PM-Untersuchung. Auch wenn die Führung meint, die Projekte „laufen gut“, entspricht das oft kaum der Meinung der Projektleitungen und noch weniger der Realität auf der Ebene der Ausführenden. Deshalb sind alle drei Ebenen zu befragen, und zwar jeweils so viele Personen, dass ein wirklich repräsentatives Ergebnis möglich wird. Die Befragung sollte in Form von Interviews von - möglichst zertifizierten - PM-Experten durchgeführt werden, die die Interviews qualifiziert auswerten und daraus entsprechende Vorschläge für Änderungen im Projektmanagement entwickeln können. Auch wenn der Aufwand dafür erheblich sein kann, können die positiven Effekte für das allgemeine Projektmanagement diesen Aufwand deutlich überwiegen und nicht nur den fachlichen, sondern auch den ökonomischen Projekterfolg entscheidend unterstützen. Diese Checkliste wurde dem Buch „Projektmanagement. Leitfaden für die Planung und Steuerung von Projekten“ von Manfred Burghardt, Publicis Publishing Erlangen, 10. überarbeitete und erweiterte Auflage 2018, ISBN 978- 3-89578-472-9, 896 S., Preis EUR 119,00, S. 792 ff., mit freundlicher Genehmigung des Verlages entnommen. Lesen Sie dazu auch die Besprechung des Werks von Heinz Schelle in projektManagement aktuell 3/ 2018, S. 48. Checkliste „Fragenkatalog für eine PM-Untersuchung - Teil 8“ projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 CHECKLISTE C3 Autor: Manfred Burghardt Was enthält die Projektbibliothek? Welche Daten und Informationen? Kann aus der Projektbibliothek der aktuelle Zustand des Projekts ermittelt werden? Gibt es einen Verantwortlichen für die Projektdokumentation? 5.3 Produktverwaltung Wie erfolgt die Produktverwaltung für die Hardware und die Software? Gibt es ein Konfigurationsmanagement? Welche Hilfsmittel bzw. Verfahren zur Produktverwaltung werden benutzt? Wer weiß, welche Variante/ Version bei welchem Anwender eingesetzt ist? Wie ist das Änderungs- und Fehlermeldungswesen einbezogen? Wer weiß über den Korrekturstand bei den Anwendern Bescheid? Wie werden Produktversion und Dokumentation abgeglichen? Wie viele Versionen werden verwaltet? Wie erkennt ein Anwender, welche Version bzw. Variante er einsetzt? Welches KM-System ist bei Ihnen im Einsatz? 5.4 Technische Dokumentation Wer ist verantwortlich für die technische Dokumentation? Welche Dokumentationsobjekte sind vorgesehen? Wie werden die technischen Dokumente verwaltet? Gibt es eine Dokumentationsbibliothek? Existiert ein Dokumentationsschema für die technische Dokumentation? Welches ldentifikationssystem? Welches technische Grunddatenverfahren wird verwendet? Gibt es für die SW-Produktteile auch eine Stücklistensystematik? Welche Medienbrüche gibt es beim Erstellen der technischen Dokumentation (definierende und beschreibende Dokumentation)? 5.5 Richtlinien und Werkzeuge für die Entwicklung Welche Entwicklungshilfsmittel werden eingesetzt? für Hardware (welche CAD-Verfahren? ) für Software (welche Tools? ) Welche Entwicklungsrichtlinien für Hardware und Software gibt es? Wo sind diese niedergelegt? Existieren Richtlinien bzw. Konventionen für das Projektmanagement? Kennen Sie Qualitätsrichtlinien, die für Ihren Entwicklungsbereich bestimmt sind? Gibt es ein Entwicklungshandbuch? Ist es vollständig? Welchen Stand hat dieses? Gibt es einen Richtlinienverantwortlichen? Wurden Werkzeuge (Tools, Support-SW, Prüfverfahren, CAD-Verfahren) speziell für die hier angesprochenen Projekte entwickelt? Welche? projektManagementaktuell | AUSGABE 5.2019 C4 CHECKLISTE TÜV Media GmbH www.tuev-media.de ® TÜV, TUEV und TUV sind eingetragene Marken. Eine Nutzung und Verwendung bedarf der vorherigen Zustimmung. Betriebssicherheit - Eine Vorschriftensammlung 14-Tage-Testbestellung per Fax an +49 221 806-3510 Im handlichen Pocket-Format liefert diese Vorschriftensammlung alle relevanten Texte zum Thema Betriebssicherheit und ermöglicht eine schnelle Orientierung in der Materie. Die 16. Auflage enthält • die aktualisierte Fassung der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) sowie die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), • das Produktsicherheitsgesetz, das Arbeitsschutzgesetz und das Arbeitssicherheitsgesetz; • sämtliche verfügbaren Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS), Stand Juli 2019. Ergänzt wird die Textsammlung durch ein Begriffsglossar zur Betriebssicherheitsverordnung, Biostoffverordnung und Gefahrstoffverordnung. Mengenstaffelpreise: ab 10 Expl.: 22,32 EUR/ Stück ab 20 Expl.: 19,84 EUR/ Stück ab 50 Expl.: 18,60 EUR/ Stück ab 100 Expl.: 17,36 EUR/ Stück Leseprobe: www.tuev-media.de/ betriebssicherheit A. Spier / K. Westermann Betriebssicherheit - Eine Vorschriftensammlung 16. überarbeitete Auflage 2019 DIN A6, 1032 Seiten, broschiert 24,80 EUR Bestell-Nr.: 60456 TÜV Media GmbH TÜV Rheinland Group Vertrieb Am Grauen Stein 51105 Köln zum Einzelpreis von 24,80 EUR oder zum entsprechenden Mengenstaffelpreis. Preise inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten. Absender: Ich bestelle Exemplar(e): „Betriebssicherheit - Eine Vorschriftensammlung“ Mit meiner Unterschrift erkenne ich die AGB der TÜV Media (www.tuev-media.de/ agb.php) an. *Mit der Angabe meiner E-Mail-Adresse stimme ich zu, regelmäßig Informationen über Neuerscheinungen der TÜV Media GmbH zu erhalten (jederzeit widerrufbar). Name Firma Abteilung/ Funktion Straße PLZ/ Ort Telefon Umsatzsteuerident-Nr.: E-Mail: * Datum/ Unterschrift Rein klassisches oder rein agiles Projektmanagement ist zu starr für die heutige digitalisierte VUCA-Welt. Wenn Sie beide Methoden flexibel in einem System einsetzen können, ganz wie es ihr jeweiliges Projekt erfordert, meistern Sie die gängigen Projekthindernisse und laufen dem Wettbewerb davon. Immer noch scheitern zahlreiche Projekte an mangelnder Kommunikation und daran, dass Termine und Kosten aus dem Ruder laufen. Im Hybrid-System kombinieren Sie klassische Prokjetplanung und agile Teamarbeit. Mit PLANTA project hat das Management Budget, Ressourcenauslastung und Projektfortschritt im Blick und das webbasierte Collaboration-Tool PLANTA pulse erleichtert die Kommunikation und Aufgabenverwaltung in den Projektteams. Nutzen Sie die Vorteile beider PM-Welten in einem integrierten System. Schritt halten mit dem digitalen Wandel PLANTA-Hybrid Interessiert? Starten Sie kostenlos unter www.planta.de