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PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
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UVK Verlag Tübingen
914
2020
314 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.
1 2 Editorial Reportage 4 Auf Augenhöhe Projektmanagerin mit technischem Verständnis Politik und Gesellschaft 9 Mit Projekten die Krise als Chance gestalten Die GPM auf dem ersten Zukunftskongress Staat & Verwaltung live + digital Wissen 12 „Ich sehe der Zusammenarbeit freudig entgegen.“ Im Interview mit Christoph Verenkotte und Helmut Klausing 18 Von der Digitalstrategie zum digitalen Planen und Bauen 24 Commercial Project Management: Was ist denn das jetzt? 28 Wie lässt sich wirtschaftlicher Erfolg von Auftragsprojekten gestalten und steuern? »Ohne Moos nix los« 33 Einbindung von Stakeholdern ins CPM Die richtigen Leute richtig mitnehmen 38 Mit Commercial Project Management Ansprüche (Claims) stützen Unserer gutes Recht 42 Perspektiven der Softwareunterstützung für CPM bei Bauprojekten Muss man denn alles manuell bearbeiten? 47 Zahlungsmeilensteine in der CPM Praxis Damit die Kasse stimmt 51 CPM und GPM: Was wird geboten? 53 Metriken für agile Projekte 60 Buchbesprechungen 64 Kolumne: Das schwarze Loch der Digitalisierung GPM Themen 66 Neuer, exklusiver Lehrgang der GPM zum zertifizierten Business Projekt Management 72 PM Forum und PMO Tag 2020 als digitale Fachkongresse Aus den DACH-Verbänden 74 GPM intern 75 SPM Intern 76 PMA Intern 78 In eigener Sache INHALT Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Am Tullnaupark 15, 90402 Nürnberg Unter Mitwirkung von Spm - Swiss Project Management Association Flughofstraße 50, CH-8152 Glattbrugg und Projekt Management Austria Palais Schlick, Türkenstraße 27/ 2/ 21, A-1090 Wien Prof. Dr. Helmut Klausing (Geschäftsführender Herausgeber) Redaktion: Prof. Dr. Steffen Scheurer, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (Chefredakteur) Oliver Steeger, Alfter (Ressort Report) Myriam Conrad, GPM, Nürnberg Christopher Klausnitzer, GPM, Nürnberg (Ressort GPM intern) Dr. Thor Möller, con-thor, Ganderkesee Wir freuen uns auf weitere Aktivitäten mit dem neu berufenen Redaktionsbeirat; mehr auf Seite 80. G 6010 31. Jahrgang, 4/ 2020 ISSN 0942-1017 Verlag: UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5, 72070 Tübingen Telefon: +49 (0)7071 / 97 97 0 Telefax: +49 (0)7071 / 97 97 11 www.projektmanagement.digital © 2020 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG, Tübingen Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlages. Namentlich gekennzeichnete Beiträge sowie die Inhalte von Interviews geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion oder des Verlages wieder. Zeitschriftenkoordination: Elena Gastring eMail: gastring@narr.de Anzeigenverwaltung: Stefanie Richter Telefon: +49 (0)89 / 85 85 38 13 eMail: richter@narr.de Erscheinungsweise: 5 Hefte pro Jahr Bezugspreise für Privatpersonen: Einzelheftpreis: EUR 20,- Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 88,- Bezugspreise für Institutionen: Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 198,- Preisänderungen vorbehalten. Der Bezugspreis für Mitglieder der GPM ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Alle Preise zzgl. Versandkosten und inkl. MwSt. Die Kündigung ist sechs Wochen vor Ende eines Kalenderjahres schriftlich an den Verlag zu richten. Sonderausgaben werden zusätzlich berechnet. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift ohne Verschulden des Verlages oder infolge höherer Gewalt entfällt für den Verlag jegliche Lieferpflicht. Umschlagabbildung: © iStock.com/ Photobuay Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird die männliche Form verwendet (generisches Maskulinum). Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter und beinhalten keine Wertung. Impressum 01_toc.indd 1 01_toc.indd 1 19.08.2020 13: 06: 02 19.08.2020 13: 06: 02 Commercial Project Management Editorial Commercial Project Management DOI 10.2357/ PM-2020-0060 31. Jahrgang · 04/ 2020 Liebe Leser, zwei Trends im Projektmanagement sind bereits seit einiger Zeit unbestritten und vor allem auch nicht mehr umkehrbar. Zum einen nimmt die Projektifizierung ständig zu, oder mit anderen Worten: Es werden zunehmend höhere Anteile des Bruttoinlandsprodukts über Projekte abgewickelt. Die Studie „Makroökonomische Vermessung der Projekttätigkeit in Deutschland“ der GPM zeigt, dass schon im Jahr 2013 mehr als ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland - exakt 34,7 Prozent - durch Projekte erwirtschaftet wurden. Dieser Wert wird heute sicher höher liegen. Eine Wiederholung der Studie ist in Planung. Zum zweiten wird Projektmanagement heute nicht mehr nur als Methodik zur Abwicklung einzelner Projekte, sondern als Führungskonzeption gesehen. Dies bedeutet, dass die Ziele, die Aufgaben und die Methoden des Projektmanagements unmittelbar mit der strategischen Entwicklung des Unternehmens verknüpft werden müssen. Dies zeigt sich ganz deutlich auch in der Entwicklung der internationalen Standards wie der ICB 4.0, in der nun auch das Projektportfolio- und das Projektprogrammmanagement eine große Rolle spielen. Mit einer erfolgreichen strategischen Entwicklung des Unternehmens ist zugleich untrennbar die Steigerung des Unternehmenswertes verbunden. Damit wird klar: Wenn Unternehmen immer stärker auf Projekte setzen, dann müssen diese einen wesentlichen Beitrag zur Wertsteigerung des Unternehmens liefern! Projekte müssen also nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich erfolgreich abgewickelt werden. In diesem Heft soll der inhaltliche Schwerpunkt auf den administrativen und kaufmännischen Tätigkeiten im Projektmanagement liegen. Diese Aktivitäten lassen sich unter dem Stichwort des „Commercial Project Management“ fassen. Die GPM Fachgruppe Commercial Project Management (CPM) hat dazu einen Standard erarbeitet, der ab sofort verfügbar ist. Zudem stammt eine Vielzahl von Beiträgen in diesem Heft von den Mitgliedern der Fachgruppe. Lesen Sie zu diesen Beiträgen den einführenden Text „Commercial Project Management: Was ist denn das jetzt? “ von Hasso Reschke . Zudem erhalten Sie einen Einblick in die Tätigkeiten einer kaufmännischen Projektleiterin bei thyssenkrupp industrial solutions. Oliver Steeger hat Frau Vanessa Stickl porträtiert. Darüber hinaus finden Sie in diesem Heft einen Beitrag von Jörg Brüggenkamp, Peter Preuss und Tobias Renk , in dem die Autoren aufzeigen, wie sich mit Hilfe von Metriken der Fortschritt agiler Projekte messen lässt und das Projektteam bei der Risikominimierung und der Identifizierung möglicher Verbesserungspotenziale unterstützt werden kann. Bereits 2017 hat die GPM das Aktionsprogramm „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“ initiiert und an die Bundesregierung übergeben. Seit 2018 gibt es einen Beirat zum Aktionsprogramm. Zum 1.7.2020 ging der Vorsitz des Beirats von Helmut Klausing , dem Präsidenten der GPM, an Christoph Verenkotte , den Präsidenten des Bundesverwaltungsamtes, über. Lesen Sie hierzu das Interview, das Heike Kratt mit dem neuen und dem scheidenden Vorsitzenden des Beirats geführt hat. Wie mit herausragenden Beispielen aus der öffentlichen Verwaltung Deutschlands Zukunft mit Projekten gestaltet werden kann, lesen Sie in dem Beitrag von Christian Pfromm und Felix Scholz zum „BIM.Hamburg“, einer virtuellen Organisation, mit der die behördenübergreifende BIM-Standardisierung in der Stadt Hamburg gesteuert und koordiniert wird. Auch in diesem Heft bleibt uns das Thema „Corona“ nicht erspart: Die Pandemie hat leider dafür gesorgt, dass in diesem Jahr drei wichtige Präsenzveranstaltungen im Jahreskalender der GPM entfallen müssen. Dies ist das PM Forum und der PMO Tag 2020. Beide Veranstaltungen werden jedoch im Oktober erstmalig als digitale Kongresse stattfinden. Der Beitrag von Christopher Klausnitzer wird Sie so neugierig auf die neuen Formate machen, dass Sie Lust auf eine digitale Teilnahme an den Kongressen bekommen werden. Ganz entfallen muss dieses Jahr leider die DACH-Forschungswerkstatt. Ziel der Forschungswerkstatt ist es, WissenschaftlerInnen aus den drei deutschsprachigen Ländern mit ProjektpraktikerInnen aus der Industrie interdisziplinär zu vernetzen, um dadurch gemeinsam die Zukunft des Projektmanagements weiterzuentwickeln. Das Schwerpunktthema der letzten beiden D-A-CH-Forschungswerkstätten der drei Schwesterverbände GPM, pma und spm in Berlin im Oktober 2018 und in Wien im Mai 2019 war „Emotionen im Projektmanagement“. Als Ersatz für den Ausfall der diesjährigen Forschungswerkstatt haben wir uns entschlossen, Ihnen die wichtigsten Erkenntnisse aus den Veranstaltungen der letzten beiden Jahre in einem Beiheft zu Heft 4 der PROJEKTMANAGE- MENT AKTUELL vorzustellen. Sie finden dieses Beiheft in der Heftmitte. Zum guten Schluss möchte ich Sie noch auf die zwei Rezensionen von Reinhard Wagner und Heinz Schelle hinweisen. Ich wünsche Ihnen nun viel Spaß und neue Erkenntnisse bei der Lektüre dieses Heftes, Ihr Steffen Scheurer Die Digitalisierung von Planungs- und Entscheidungsprozessen lässt Unternehmen flexibler auf Marktveränderungen oder Krisen, wie wir sie derzeit erleben, reagieren. Der Einsatz agiler Tools im Projektmanagement beschleunigt Prozesse und erleichtert die Kommunikation in verteilt arbeitenden Projektteams. Ideal in der heutigen VUCA-Welt ist der hybride Projektmanagementansatz, der je nach Projektart den Einsatz klassischer oder agiler PM-Methoden ermöglicht. Das ist die Flexibilität, die Ihre Projekte heute brauchen. Der PLANTA-Hybrid bietet dies in einem integrierten System: klassische Projektplanung und agile Teamarbeit. Mit PLANTA project hat das Management Budget, Ressourcenauslastung und Projektfortschritt im Blick und das webbasierte Planungs-Tool PLANTA pulse erleichtert die Kommunikation und agile Aufgabenverwaltung in den Projektteams. Beide Seiten profitieren von aktuellen Projektinformationen und schnellen Entscheidungsprozessen. Meistern Sie die gängigen Projekthindernisse und laufen dem Wettbewerb davon. Nutzen Sie unsere PM-Expertise - seit 40 Jahren werden Projekte erfolgreich mit PLANTA-Software geplant und gesteuert. Projektmanagement 4.0: PM-Methoden nach Bedarf Schritt halten mit dem digitalen Wandel Lernen Sie uns kennen: www.planta.de 2 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0060 EDITORIAL 02_editorial.indd 2 02_editorial.indd 2 14.08.2020 15: 02: 18 14.08.2020 15: 02: 18 Die Digitalisierung von Planungs- und Entscheidungsprozessen lässt Unternehmen flexibler auf Marktveränderungen oder Krisen, wie wir sie derzeit erleben, reagieren. Der Einsatz agiler Tools im Projektmanagement beschleunigt Prozesse und erleichtert die Kommunikation in verteilt arbeitenden Projektteams. Ideal in der heutigen VUCA-Welt ist der hybride Projektmanagementansatz, der je nach Projektart den Einsatz klassischer oder agiler PM-Methoden ermöglicht. Das ist die Flexibilität, die Ihre Projekte heute brauchen. Der PLANTA-Hybrid bietet dies in einem integrierten System: klassische Projektplanung und agile Teamarbeit. Mit PLANTA project hat das Management Budget, Ressourcenauslastung und Projektfortschritt im Blick und das webbasierte Planungs-Tool PLANTA pulse erleichtert die Kommunikation und agile Aufgabenverwaltung in den Projektteams. Beide Seiten profitieren von aktuellen Projektinformationen und schnellen Entscheidungsprozessen. Meistern Sie die gängigen Projekthindernisse und laufen dem Wettbewerb davon. Nutzen Sie unsere PM-Expertise - seit 40 Jahren werden Projekte erfolgreich mit PLANTA-Software geplant und gesteuert. Projektmanagement 4.0: PM-Methoden nach Bedarf Schritt halten mit dem digitalen Wandel Lernen Sie uns kennen: www.planta.de 02_editorial.indd 3 02_editorial.indd 3 14.08.2020 15: 02: 20 14.08.2020 15: 02: 20 Vanessa Stickl: Projektmanagerin mit technischem Verständnis Auf Augenhöhe Oliver Steeger Porträt | Vanessa Stickl ist kaufmännische Projektleiterin mit ganzer Seele. Die 32-Jährige hat neben Betriebswirtschaft auch Wirtschaftsingenieurwesen studiert. Denn sie betrachtet das Technische und das Kaufmännische im Projekt integral. Es handelt sich, sagt sie, um zwei Seiten einer Medaille. Was meint sie genau damit? Vor einiger Zeit arbeitete ihr Unternehmen an einem seiner Anlagenbauprojekte in Frankreich. Ein Auftragsprojekt. Vanessa Stickl, kaufmännische Projektleiterin, war auf der Baustelle. Ihre Kollegen, zuständig für das Technische, planten die schweren Bauelemente per Schiff von Deutschland aus an die Baustelle zu bringen: Bis an die Küste Frankreichs, dort umladen, dann flussaufwärts bis direkt an den Bauzaun. Technisch soweit kein Problem. Doch Vanessa Stickl hatte weitere Aspekte im Kopf: Ist dies erlaubt? Bekommen wir eine Genehmigung dafür? Welche französische Behörde muss gefragt werden? Welche Fristen sind zu berücksichtigen? Die Fragen ersparten dem Projekt viel Troubleshooting. Es stellte sich heraus: Für den Plan, die kompletten Elemente auf dem Fluss zu transportieren, war keine Genehmigung zu bekommen. Die Breite der Schiffe war gesetzlich beschränkt. Sie waren damit zu schmal für die ausladenden Bauelemente. Die Bauelemente deshalb zerlegen, in kleineren Stücken transportieren und an der Baustelle wieder zusammensetzen? Wie war das technisch zu bewerkstelligen? Und: Was würde dies mehr kosten? Stundenlang spielte Vanessa Stickl mit ihrem technischen Kollegen Szenarien durch. Heute erzählt Vanessa Stickl diese Geschichte, wenn sie über ihre Disziplin- - kaufmännisches Projektmanagement- - berichtet. Kaufmännische Projektleiter haben weit mehr im Blick als nur Finanzen: also Kalkulationen, Finanzierungen, Verträge und Rechnungen. „Wir kümmern uns um alle kaufmännischen Anforderungen im Projekt, also Vertrags- und Claim Management, Zahlungssicherheiten und Fremdwährungen, Ausfuhrbestimmungen, Versicherungen, Steuern, Genehmigungen oder lokales Unternehmensrecht“, sagt Vanessa Stickl. Manche behaupten, dass alles Nicht-Technische in ihr Ressort fällt- - so auch die Frage, was (wie) durch die französische Binnenschifffahrt transportiert werden darf und welche Auswirkungen Änderungen auf andere Projektparameter haben. Vanessa Stickl kommt dann auf etwas zu sprechen, was ihr wichtig ist-- nämlich die Zusammenarbeit von Kaufleuten und Technikern im Projekt. „Man wird schnell dazu verleitet, dem technischen Projektleiter das Technische zu übergeben, dem kaufmännischen Projektleiter alle kaufmännischen Themen“, sagt sie. Das mag nicht ganz falsch sein. Manche Aufgaben kann man in der Tat eindeutig zuordnen. Doch, mal ehrlich, die meisten Aufgaben im Projekt gehören weder allein in die Hand des kaufmännischen noch in die des technischen Projektmanagers. „Zum Beispiel Risikomanagement“, sagt sie, „wem wollen Sie das Risikomanagement zuordnen? Demjenigen, der die technischen Risiken aufspürt? Oder dem, der finanzielle Risiken ermittelt? Risikomanagement ist eine Team-Aufgabe, Risiken können sowohl technischer als auch kaufmännischer Natur sein. Aus meiner Sicht ist dies eine Aufgabe, die beide verantworten und die nur im Team zu bewerkstelligen ist.“ Bloß kein Ressortdenken, sagt sie, keine Abteilungswände. Beide Projektleiter-- der technische und der kaufmännische-- müssen die Perspektive wechseln können. Der Kaufmann die Sicht des Technikers verstehen, der Techniker die Sicht des Kaufmanns. Und sich dann austauschen. Vanessa Stickl ist für eine offene Diskussionskultur zwischen beiden, auch mal für produktiven Streit, wenn es etwa um die Einschätzung eines Risikos geht. Dann sagt sie: Das alles ist ihre Meinung. Doch wer der Projektleiterin eine Stunde aufmerksam zuhört, sieht kaufmännisches Projektmanagement möglicherweise in einem anderen Licht. Reportage Auf Augenhöhe DOI 10.2357/ PM-2020-0061 31. Jahrgang · 04/ 2020 4 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0061 03_Stickl.indd 4 03_Stickl.indd 4 14.08.2020 15: 53: 54 14.08.2020 15: 53: 54 Vanessa Stickl ist kaufmännische Projektmanagerin bei thyssenkrupp Industrial Solutions am Standort in Beckum. Die Stadt hat etwas mehr als 35.000 Einwohner, manchmal wird Beckum der geographische Mittelpunkt des Münsterlands genannt. Das ehemalige Rathaus mit den spitzbogigen Arkaden stammt dem Kern nach aus dem 15. Jahrhundert. Eine Windmühle gibt es auf dem Stadtgebiet. Auch ein kleines Stück Technikgeschichte wurde hier vor rund achtzig Jahren geschrieben: In Beckum wurde die erste deutsche Spannbetonbrücke über eine Autobahn gebaut. Darin mag man eine Verbindung zur Gegenwart sehen. Wer mit Beton arbeitet, braucht Zement. Zement ist weltweit ein ebenso hochflexibler wie unverzichtbarer Baustoff, leicht zu verarbeiten, günstig in der Herstellung. In Beckum ist einer der global agierenden Spezialisten für den Bau von Zementwerken beheimatet. thyssenkrupp Industrial Solutions konstruiert hier Zementwerke für die ganze Welt. Als Global Player verfügt das Unternehmen über viele weitere Standorte rund um die Welt. Das Auftragsvolumen für einen schlüsselfertigen Werksneubau liegt bei mehreren 100 Millionen Euro. In den vergangenen zwanzig bis dreißig Jahren hat sich überall im Maschinenbau und Großanlagenbau der Wind gedreht, und er bläst heute den Unternehmen frontal ins Gesicht. Der globale Wettbewerb hat das Geschäft härter gemacht. Er lässt die Margen auch in Projekten schmelzen. Zwar ist der Zementwerksbau weltweit gefragt-- doch allein mit einem starken Markennamen lassen sich ein Auftraggeber kaum überzeugen. Der Preis zählt. Die weltweiten Anbieter müssen ihre Projekte mit spitzem Bleistift kalkulieren und das Geld beisammenhalten. Die schrumpfenden Margen sind nur eine Herausforderung für diese Branche. Beim Bau von Zementwerken kommen auch die langen Laufzeiten der Projekte hinzu sowie die wachsende Komplexität. Von den ersten Sondierungsgesprächen bis zur schlüsselfertigen Übergabe erstrecken sich die Projekte über rund drei bis fünf Jahre- - ein Zeitspanne, die sich in heutigen dynamischen Zeiten nur schwer überblicken lässt. Niemand kann prognostizieren, wie sich etwa die Preise für Baustoffe oder Rohmaterialien entwickeln und ob der Im Anlagenbau wächst die Komplexität. Ausgerechnet das „Nicht-technische“ trägt dazu bei, etwa internationales Steuerrecht, Gesetzgebung vor Ort, Arbeitsrecht, Versicherungsfragen oder Umweltregularien. © thyssenkrupp Immobilienmarkt in zwei Jahren noch so boomt wie derzeit. Was die Komplexität betrifft: Ausgerechnet das „Nicht-technische“ trägt zur Komplexität bei. Internationales Steuerrecht, Gesetzgebung vor Ort, Arbeitsrecht, Versicherungsfragen, Umweltregularien, Aspekte von Finanzierung, Zahlungssicherheiten und Fremdwährung oder Vertragsrecht sind komplizierter geworden. Sobald Projekte im Ausland stattfinden, stehen anfangs die Teams vor hunderten ungelöster Fragen. Aufgabe der Projektkaufleute ist es, diese Fragen zu stellen, Lösungen zu entwickeln und diese Anforderungen im Projekt zu managen. Wie die meisten Großanlagenbauer verfügt thyssenkrupp Industrial Solutions schon seit Jahren über Commercial Project Management, wie kommerzielles Projektmanagement in Fachkreisen genannt wird. Beispielsweise unterhält das Beckumer Unternehmen eine eigene Abteilung für kaufmännisches Projektmanagement. Große Projekte haben eine Doppelspitze aus technischem und kaufmännischem Projektleiter, die in gleichem Rang stehen und auf Augenhöhe agieren. Geschöpft werden diese Projektleiter aus einem Projektleiterpool des Unternehmens. Vanessa Stickl, Anfang dreißig, strahlt etwas Grundoptimistisches und Zielstrebiges aus. Jemand, der auch bei Schwierigem zuversichtlich bleibt. Die täglichen Probleme im Projektgeschäft mögen manche als Knüppel sehen, den man ihnen zwischen die Beine wirft. Für Vanessa Stickl sind diese Schwierigkeiten Abwechslung und Herausforderung zugleich. Sie mag es, Dinge anzupacken. Langweilig, sagt sie lachend, werde es ihr in der Projektleitung bestimmt nicht. „Und das Schöne an Projekten ist, dass man wirklich etwas bewegen kann. Dass man Rückhalt im Team hat, schnell Entscheidungen trifft und diese zügig umsetzt.“ Ein positives Naturell war ihr vielleicht in die Wiege gelegt- - nicht aber das Projektgeschäft selbst. Aufgewachsen im Ländlichen bei Beckum, suchte sie nach dem Abitur berufliche Orientierung-- und besann sich auf den heimischen Spezialisten für Aufbereitungstechnik, damals die ThyssenKrupp Reportage | Auf Augenhöhe 5 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0061 03_Stickl.indd 5 03_Stickl.indd 5 14.08.2020 15: 53: 55 14.08.2020 15: 53: 55 Fördertechnik GmbH, später Teil der thyssenkrupp Industrial Solutions. Sie startete ihre Ausbildung zur Industriekauffrau. Dabei blieb es nicht. Sie studierte parallel zur Ausbildung abends und am Wochenende Betriebswirtschaft. Sie schloss Lehre und Studium ab-- und fragte sich, ob sie, nun Anfang zwanzig, nicht mehr wolle. Projektmanagement faszinierte sie. Die Rolle einer Projektleiterin konnte sie sich vorstellen. Alle Projektleiter um sie herum waren zu dieser Zeit (auch) Techniker. „Wollte ich das auch werden, brauchte ich ein technisches Studium”, sagt sie. Also nochmals zurück zur Hochschule in ein berufsbegleitendes ingenieurwissenschaftliches Studium: Nach Feierabend über Lehrbüchern brüten, am Freitag zum Hörsaal und am Samstag im Labor praktisch arbeiten, etwa schweißen, Werkstoffe prüfen oder CAD-Programme schreiben. Zwischendurch ließ sie sich zur Projektleiterin zertifizieren. Eine harte Zeit des akademischen Lernens. War dies wirklich nötig? Ja, sagt sie. „Diskutiere ich mit einem technischen Projektleiter, will ich die technischen Aspekte wenigstens nachvollziehen und einordnen können“, sagt sie. Sie hält es für illusorisch, dass man nach dem Studium sofort alle technischen Zusammenhänge im Anlagenbau tief versteht. Selbst nach ihrem Studium war es schwierig für sie, den Erörterungen der Elektrotechniker zu folgen. Doch ihr Doppel-Studium erlaubt ihr, schnell die Brillen zu wechseln-- von der kaufmännischen zur technischen und zurück zur kaufmännischen. Ein ständiges Wechselspiel. Sie kann die Themen und Fachbegriffe, die diskutiert werden, im größeren Zusammenhang sehen und beurteilen. Und sie kann die richtigen Fragen stellen, um die Dinge für sich zu bewerten. Dies nennt sie „technisches Verständnis“. Bei den Technikern trifft es durchaus auf Sympathie. Man unterhält sich dann anders mit ihnen, sagt sie. Der Ton verändert sich. „Dann ist es auch völlig in Ordnung, wenn man zugibt, dass man die Details nicht verstanden hat.“, sagt sie. Technisches Verständnis hilft ihr in der Kommunikation. „Als Projektmanagerin will ich technische Sachverhalte nicht bis ins Detail erforschen oder alles über sie wissen. Ich will die Dinge einordnen und aus strategischer Sicht gute Entscheidungen treffen.“ Da scheinen zwei Welten aufeinanderzustoßen. Das Technische und das Kaufmännische. Dem einen oder anderen technischen Projektmanager mögen kaufmännische Aspekte ungelegen kommen. Sie können eleganten technischen Lösungen im Wege stehen. Mitunter scheinen sie kleinkariert und bürokratisch. Ist der Dialog in der Doppelspitze wirklich harmonisch? „Die Bereitschaft, in einer Doppelspitze zusammenzuarbeiten, hängt auch stark von der Persönlichkeit ab“, erklärt Vanessa Stickl. Der Dialog ist kollegial, sagt Vanessa Stickl, und er funktioniert. Und es stoßen auch nicht zwei Welten aufeinander (dazu später mehr). Das Verhältnis von technischem und kaufmännischem Projektleiter vergleicht sie mit dem eines CEO und CFO in Unternehmen. Beide steuern das Unternehmen. Einer von beiden ist „primus inter pares“. Entscheidend ist, dass beide ihre Rolle kennen. Einerseits soll keiner der beiden die Macht gänzlich an sich ziehen. „Andererseits soll sich keiner dem anderen gänzlich unterordnen“, sagt Vanessa Stickl. Streitvermeider füllen ihre Rolle ebenso wenig aus wie Alphatiere. Mit einem Augenzwinkern fügt sie an: „Kaufmännische Projektleiter sind als ‚Partner‘ in der Doppelspitze nicht einmal Zementwerke sind besonders in Zeiten von Baubooms weltweit gefragt. © thyssenkrupp unbeliebt.“ Denn die kaufmännischen Aufgaben liegen ja auf dem Tisch, und jeder ausgebildete Projektmanager weiß um die Bedeutung nicht-technischer Aspekte des Projekts. Diese Aspekte müssen berücksichtigt und gemanagt werden-- mit oder ohne Kaufmann. In den Genuss, dass ein kaufmännischer Projektleiter die kaufmännischen Projektaufgaben managt, kommen nicht alle technischen Projektleiter in Deutschland. Experten beobachten, dass zwar internationale Unternehmen für Großanlagenprojekte und Infrastrukturvorhaben in der Regel wirksames Commercial Project Management entwickelt haben. Anders sieht es in kleinen und mittleren Unternehmen aus. Dort laufen kommerzielle Aufgaben eher beim Projektmanager mit. Die Unternehmen wissen, dass sie sich auch im Projektgeschäft um Verträge und Finanzierung kümmern müssen. Die Frage ist nur-- wie nahe und wie umfänglich ist dieses Kümmern am jeweiligen Projekt dran? Und: Wird dieses Kümmern eher als lästig empfunden? Wie schnell die Geringschätzung kaufmännischer Aufgaben zum potenziellen Showstopper werden kann, illustriert Vanessa Stickl an einem Beispiel. Ein Projektmanager will ein kleines Team mit zehn Mitarbeitern für ein Jahr auf eine südamerikanische Baustelle schicken. Das Team soll dort Montagearbeiten überwachen, Subcontractoren managen und das Vorhaben vor Ort vorantreiben. Schaut auf den ersten Blick simpel aus. Vanessa Stickl fallen dutzende von Fragen dazu ein: Welche Art von Visum brauchen sie? Was geschieht mit der Sozialversicherung in Deutschland? Was passiert steuer- Reportage | Auf Augenhöhe 6 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0061 03_Stickl.indd 6 03_Stickl.indd 6 14.08.2020 15: 53: 56 14.08.2020 15: 53: 56 lich mit den Mitarbeitern? Die Mitarbeiter sind ja einkommenssteuerpflichtig in Deutschland. Wer aber im Ausland arbeitet, muss auch dort Steuern bezahlen. Die Mitarbeiter müssten folglich doppelt Steuern zahlen. Gleich, wie hoch die Auslandszulagen sind-- welcher Mitarbeiter willigt da ein? Was man wissen muss: Es gibt Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Ländern, die eben diese Doppelbelastung verhindern sollen. Doch es gelten bestimmte Fristen für den Aufenthalt. Manchmal heißt es: Arbeitet jemand bis zu 183 Tage vor Ort, ist dies grundsätzlich kein Problem-- es sei denn eine Betriebsstätte ist anzumelden: dann sieht die Sache schon wieder anders aus. Außerdem: Wie werden die 183 Tage gezählt? Von der Anreise an oder dem ersten Arbeitstag auf der Baustelle? „Dies ist nur ein Beispiel für Rahmenbedingungen, die je nach Gastland ermittelt und in ein Konzept gegossen werden müssen“, sagt Vanessa Stickl, „das Konzept muss dann konform gehen mit dem Recht des Gastlandes und natürlich Deutschlands.“ Was gilt für das Unternehmen? Werden Ertragssteuern oder Quellensteuer fällig? Muss sich das Unternehmen vor Ort registrieren und wie ist die Baustelle anzumelden? Braucht es dafür einen Rechtsberater vor Ort? „Die Fragen mögen sich für jedes Projekt ähneln“, sagt Vanessa Stickl, „aber je nach Zielland fallen die Antworten höchst unterschiedlich aus.“ Dieses „Fragenstellen“ ist guten kaufmännischen Projektleitern zur zweiten Natur geworden. Sie hören von einem neuen Planungsdetail-- und vor ihrem geistigen Auge taucht sofort der Fragenkatalog auf. Manchmal muss man um die Ecke denken; für selbstverständlich sollte man nichts nehmen. Selbst Geringfügiges darf man nicht vernachlässigen. Lieber dazu eine Frage notieren als später keine Antwort zu wissen. Für einige kaufmännischen Projektleiter ist das Notizbuch zum unentbehrlichen Arbeitsinstrument geworden. Beispielsweise war Vanessa Stickl an einem Projekt im Libanon beteiligt. Ein Zementwerk wurde dort modernisiert. „Zu dieser Zeit war Ramadan. Da sollte ein kaufmännischer Projektleiter bedenken, dass dann die Arbeitszeiten variieren können“, sagt sie, „die Rahmenbedingungen des Gastlandes spielen eine große Rolle. Zum Beispiel sind in manchen Ländern Verträge zu ratifizieren. In manchen Regionen machen Regenzeiten bestimmte Arbeiten auf der Baustelle zeitweise unmöglich. Manche Transportwege sind aufgrund von klimatischen Bedingungen, wie Eis oder Schnee, in bestimmten Monaten nicht zu nutzen.“ Je nach Projekt und Gastland gibt es vieles zu berücksichtigen. Weltgewandtheit gehört zum Job. „Vielleicht ist es utopisch, dass man wirklich jeden relevanten Aspekt zu einem Projekt erfassen kann“, räumt Vanessa Stickl ein. Sie war an einem Projekt in Liberia beteiligt. „Dort hatten wir es plötzlich mit dem Ebola-Virus zu tun“, sagt sie. Bei einem Projekt in der Ukraine brach unvermittelt die Krimkrise aus. „In solchen Situation steht man erst einmal wie vor einer Wand-- und man weiß nicht, wie einem geschieht.“ Kann man solche Dinge überhaupt auf dem eigenen Radarschirm haben-- obwohl man Checklisten nutzt, versierte Kollegen fragt oder auf Erfahrungen zurückgreift? „Da gibt es vermutlich auch Grenzen“, sagt sie, „man entwickelt jedoch ein Gefühl dafür, was alles bei Projekten vorfallen kann, eine Art siebten Sinn, der einen wachhält.“ Vanessa Stickl wirkte an Vorhaben etwa in Südamerika mit, in China, Frankreich und im Libanon. Danach wandte sie sich 2017 Neuem zu. Sie wurde „Global Commercial Project Officer“. Sie begann, für ihr Unternehmen kaufmännische Projektprozesse zu standardisieren und zu verbessern-- also das kommerzielle Projektmanagement global unter einen Hut zu bringen. Mit zwanzig weltweiten Standorten arbeitet sie zusammen. „Wie gehen unsere Standorte in aller Welt mit diesem Thema um? “, war für sie die Frage. Sie sammelt dieses Know-how, dokumentiert es, entwickelt Standards, gibt es weiter an Kollegen. Zu diesen Standards zählen auch Rollenmodelle. Ihr Unternehmen gibt seinen kaufmännischen Projektmanagern eine Beschreibung darüber an die Hand, welche Aufgaben und Zuständigkeiten sie haben. „Das einheitliche Verständnis hat davor manchmal gefehlt“, sagt Vanessa Stickl, „es war manchmal unklar, für was meine Kollegen verantwortlich sind und was von ihnen erwartet wird.“ Gute Frage. Was fällt alles in diese Zuständigkeit? Zementherstellung ist ein weltweiter Wirtschaftsfaktor. © thyssenkrupp Reportage | Auf Augenhöhe 7 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0061 03_Stickl.indd 7 03_Stickl.indd 7 14.08.2020 15: 53: 57 14.08.2020 15: 53: 57 „Aus meiner Sicht ist kaufmännisches Projektmanagement eine Managementaufgabe mit fachspezifischen Schwerpunkten“, sagt sie. Die Projektleitung repräsentiere das Projekt gegenüber Stakeholdern. „Kaufmännische Projektleiter brauchen deshalb auch Durchsetzungsvermögen“. „Sind sie der Meinung, dass im Projekt etwas aus dem Ruder läuft, müssen sie auf Diskussion drängen und Schritte einleiten.“ Dies bedeutet auch: Sie müssen „kommunikationsstark“ sein. Also auch bei hochrangingen Stakeholdern überzeugend auftreten und ihre Sichtweise einbringen. Stärken bei der Konfliktlösung und generell Führungsstärke gehören ebenfalls dazu. „Fachspezifisch gehört zum kaufmännischen Projektmanagement etwa das Cost Controlling dazu“, sagt sie, „der kaufmännische Projektleiter ist monatlich für die komplette Kalkulation und das Berichtswesen zuständig.“ Weiteres Thema sind Finanzaspekte wie etwa Zahlungssicherheiten und Fremdwährungen. Dazu kommt die Abrechnung, also sämtliche Rechnungen, die aus dem Projekt heraus an Dritte geschrieben werden, an Kunden oder auch als Belastungen an Lieferanten. Dann: Der kaufmännische Projektleiter ist in seinem Projekt verantwortlich für das Vertragsmanagement sowie für alle projektbezogenen Steuer-, Versicherungs- und Finanzaspekte. Und auch die kaufmännischen Aspekte auf der Baustelle obliegen ihm, beispielsweise Verbindungen zu örtlichen Handelskammern und Behörden, die Administration von Expatriates und lokalem Baustellenpersonal, mitunter auch sehr bodenständige Fragen, etwa die Baustellenkasse oder die Organisation von Mietwagen. Sofort fügt sie an: Mit all diesen rechtlichen, administrativen und organisatorischen Dingen kennt sich kein kaufmännischer Projektleiter im Detail persönlich aus. Der technische Projektleiter, sagt Vanessa Stickl, konstruiert ja den Brennofen auch nicht selbst, sondern delegiert dies. Analog steht sein kaufmännischer Kollege mit den Fachabteilungen des Unternehmens in Verbindung, etwa mit der Rechtsabteilung oder Steuerabteilung. Für Spezialthemen braucht er Spezialisten. „Doch er muss seine nicht-technischen Fragen kennen und zu ihnen die Fäden in der Hand behalten“, sagt Vanessa Stickl. Bei thyssenkrupp Industrial Solutions setzt man konsequent auf Doppelspitzen aus kaufmännischen und technischen Projektleitern, zumindest bei großen Projekten. Die Doppelspitze ist eher selten in Deutschland. Als Patentrezept für andere Unternehmen will man dies aber nicht verstanden wissen. Wir haben damit gute Erfahrungen für uns gemacht“, sagt Vanessa Stickl, „aber ich kenne keine Studie, die sagt, dass dies der beste Weg ist. Man kann dies auch anders organisieren. Da gibt es aus meiner Sicht kein ‚richtig‘ oder ‚falsch‘.“ Branchenkenner bestätigen dies. Viele Wege führen nach Rom. Einige Unternehmen stellen technischen Projektleitern Kaufleute an die Seite, die sie bei kaufmännischen Aufgaben unterstützen (aber nicht auf Augenhöhe mit ihnen agieren). Andere kennen keine spezialisierten Projektkaufleute, sondern assistieren durch ihre Fachabteilungen. Wieder andere betreiben eine Art kaufmännisches PMO. Zur Person Vanessa Stickl (32), Betriebswirtin und Wirtschaftsingenieurin, startete ihre Laufbahn beim Anlagenbauer thyssenkrupp. Dort wickelte Sie als Commercial Project Manager EP und EPC Projekte für die Mining- und Zementindustrie in Europa, Asien und Südamerika ab. Aktuell betreut sie als „Global Commercial Project Officer“ das Prozessmanagement für Commercial Project Management in Zusammenarbeit mit den Business Units Cement, Mining und Chemical & Process Technologies bei der thyssenkrupp Industrial Solutions AG. Sie erwarb ihr Projektmanagementwissen u. a. beim Project Management Institute und hält das Project Management Professional (PMP®) Zertifikat. © privat In einem Punkt ist Vanessa Stickl allerdings weniger konziliant. Es geht darum, wie gut die kaufmännische Perspektive in das Projekt integriert ist. Werden im Projekt zentrale Aufgaben wie Risikomanagement oder Vertragsmanagement tatsächlich als Gemeinschaftsaufgaben gesehen-- oder bloß zugeordnet, entweder der technischen Seite oder der kaufmännischen? Vanessa Stickl favorisiert einen integralen Ansatz, einen Gesamtblick auf das Projekt, mal durch die kaufmännische Brille, mal durch die technische. Um dies zu erklären, hat sie den Workshop zum Risikomanagement vor Augen, bei dem das Team aus verschiedenen Perspektiven Risiken abschätzt. Jeder Beitrag ist willkommen und wichtig, keiner zu „theoretisch“ oder „abseitig“. In einem professionellen Risk-Workshop kommt alles auf den Tisch, wird analysiert und bewertet. Diese Haltung gefällt Vanessa Stickl. „Ich finde es zudem gut, wenn Techniker und Kaufleute bei der Projektabwicklung auch räumlich zusammen sind“, sagt sie. Etwa auf der gleichen Etage, besser noch im gleichen Büro; die beiden Projektleiter sollten nicht nur auf Augenhöhe sein, sondern auch in Sichtweite. „Bespricht dann beispielsweise ein Mitarbeiter etwas mit dem technischen Projektleiter, bekommt der kaufmännische Kollege es direkt mit“, sagt sie. Dieses „Mitbekommen“ sei in der Praxis extrem wichtig. Es sei häufig der Anfang, einen Aspekt gemeinsam mit den beiden verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Diese persönliche Fähigkeit, die Perspektive zu wechseln, schätzt Vanessa Stickl denn auch besonders an Projektleitern. Vielleicht hängen damit auch Tugenden wie Offenheit und Neugier zusammen. „Auf keinen Fall sehe ich kaufmännisches Projektmanagement als eine Art methodisches Element des Projektmanagements wie beispielsweise Zeitmanagement und Risikomanagement“, sagt sie, „ich persönlich finde die Unterscheidung zwischen technischem und kaufmännischem Projektmanagement eher unpassend, sie ergibt keinen rechten Sinn. Es sind lediglich zwei Seiten einer Medaille.“ Eingangsabbildung: © thyssenkrupp Reportage | Auf Augenhöhe 8 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0061 03_Stickl.indd 8 03_Stickl.indd 8 14.08.2020 15: 53: 57 14.08.2020 15: 53: 57 Die GPM auf dem ersten Zukunftskongress Staat & Verwaltung live + digital Mit Projekten die Krise als Chance gestalten Heike Kratt, Hauptstadtrepräsentantin der GPM Für eilige Leser | Am 16. Juni 2020 fand der Zukunftskongresses Staat & Verwaltung coronabedingt erstmalig digital statt. Diese Leitveranstaltung des Public Sectors für Digitalen Wandel steht unter Schirmherrschaft des BMI. Die GPM begleitete den Zukunftskongress erneut als einer der sechs Hauptpartner und gestaltete das Programm in mehreren Panels aktiv mit. Schlagwörter | Digitaler Wandel, Zukunftskongress, Corona, GPM, Krise, Resilienz Mit Mut und Schwung aus der Krise-- Digital als neues Normal Nicht nur dieses Motto des digitalen Zukunftskongresses war von der Corona-Krise bestimmt- - das Format selbst war ihr direktes Ergebnis. Nach dem endgültigen Verbot von großen Präsenzveranstaltungen standen der Veranstalter Wegweiser mit dem Schirmherren, dem BMI, und mit seinen Partnern, darunter die GPM, vor der großen Herausforderung, die Leitveranstaltung des Public Sectors für Digitalen Wandel bestmöglich stattfinden zu lassen. Es war schnell entschieden: Der ursprüngliche Termin sollte gehalten werden, aus drei Tagen sollte eine hochwertige Ein-Tages-Veranstaltung am 16.6.2020 werden- - natürlich im digitalen Format und mit hochrangigen VertreterInnen aus der Politik und der öffentlichen Verwaltung. Wir schaffen das-- ein digitaler Kongress in sechs Wochen Knappe sechs Wochen- - das war die Vorbereitungszeit für Wegweiser und die Partner, in der die inhaltliche, organisatorische und technische Umsetzung eines völlig neu konzipierten Programms gelingen sollte. Die Abteilung Public Affairs, die die Inhalte der GPM konzipierte und umsetzte, war zu diesem Zeitpunkt bereits in Kurzarbeit. Das waren keine leichten Umstände zur Gestaltung eines inhaltlich anspruchsvollen Settings. Teilnehmerrekord des digitalen Formats Das Ergebnis kam gut an: Knapp Zehntausend Teilnehmer- Innen waren beim ersten digitalen Zukunftskongress dabei, allein 3.776 sahen das Kick-off und die Eröffnung vom 16. Juni 2020. Übertragen wurde live aus dem Kuppelsaal des bcc Berlin Congress Center, das Podium war besetzt mit prominenten VertreterInnen aus Verwaltung und Wirtschaft- - darunter auch Herr Prof. Klausing, Präsident der GPM. Krise bedeutet: Mehr projektorientiertes Verwaltungshandeln Klausing betonte, dass der Handlungs- und Erwartungsdruck auf allen Ebenen der Verwaltung sichtbar die Art und Weise, wie zusammengearbeitet werde, verändere: Die Zusammenarbeit werde schneller, digitaler, interdisziplinärer, kommunikativer und zielorientierter: und damit agiler und projektorientierter. Kompetenz und Strategiefähigkeit staatlichen Handelns rückten stärker in den Fokus. „Dabei ist uns wichtig zu betonen: Prozesse allein machen Projekte nicht erfolgreich. Projekte werden von Menschen gemacht. Kompetenz und Rahmenbedingungen für erfolgreiche Projekte zu stärken- - Politik und Gesellschaft Die GPM auf dem ersten Zukunftskongress Staat & Verwaltung DOI 10.2357/ PM-2020-0062 31. Jahrgang · 04/ 2020 Aktionsprogramm Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten 9 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0062 04_Kratt.indd 9 04_Kratt.indd 9 14.08.2020 15: 55: 09 14.08.2020 15: 55: 09 dafür setzen wir uns im Rahmen des Aktionsprogramms ‚Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten‘ gemeinsam mit Partnern aus der öffentlichen Verwaltung seit Jahren ein.“ Klausing betonte, dass die Empfehlungen und Themen des Aktionsprogramms durch den Veränderungsdruck dieser Krise weiter an Bedeutung gewonnen haben. (Lesen Sie hierzu auch das Interview mit dem neuen Beiratsvorsitzenden des Aktionsprogramms Christoph Verenkotte im Anschluss an diesen Beitrag.) Mit Projekten die Krise erfolgreich gestalten In dem Zukunftsforum der GPM „Mit Projekten die Krise erfolgreich gestalten: Veränderung und Resilienz von Verwaltungshandeln“ ging es um die Frage, welchen Beitrag Projektmanagement zur Gestaltung der Corona-Krise in der öffentlichen Verwaltung derzeit leistet. Auch der Zusammenhang zwischen der derzeitigen Veränderungsdynamik, die in vielen Bereichen projektorientiertes Arbeiten fördert, und der langfristig verbesserten Krisenresilienz von Verwaltungshandeln war Thema. In der Runde diskutierten Albrecht Broemme (Ehrenpräsident des THW und Projektleiter der Corona-Klinik in Berlin), Volker Düring (Leiter der Unterabteilung IE im Bundesgesundheitsministerium), Tanja Krins (Digitalisierungsstab der Stadt Köln) sowie Dr. Lutz Liffers (Leiter des PMO beim Finanzsenator der Stadt Bremen). Moderiert wurde die Runde von Prof. Dr. Silke Schönert von der Rheinischen Fachhochschule Köln. Hohe Veränderungsbereitschaft-- Verwaltung kann Krise Aus der sehr lebhaften Runde lassen sich vor allem folgende Punkte ausmachen, die sich aus der bisherigen Krisenerfahrung für das Thema Projektmanagement und Projektorientierung in der Verwaltung schlussfolgern lassen: • Die Fähigkeit und die Bereitwilligkeit zu flexiblem, hierarchieübergreifendem und verantwortungsvollem Handeln ist in der Verwaltung vorhanden und hat sich in der Krise gezeigt: Alle Diskutanten betonten die stark ausgeprägte Veränderungsbereitschaft vieler Mitarbeiter bei gleichzeitigem Willen Verantwortung zu übernehmen und stärker selbstorganisiert und hierarchieübergreifend zu arbeiten. Diese projektorientierte Haltung hat die Fähigkeit der Verwaltung, die Krise gut zu bewältigen, unterstützt. • Eine offene und transparente Kommunikation und eine hohe Klarheit der Ziele fördert Schnelligkeit und Erfolg der Umsetzung: Diese beiden Grundbausteine aus dem Projektmanagement seien in der Krise als essenziell bestätigt worden. Dazu gehöre auch die Klarheit des Auftrags. • Der Krisenmodus legt den Fokus auf schnelle Umsetzung, darunter leiden Projekte, die mehr Zeit brauchen, z. B. Organisationsentwicklungsprojekte. Nach der Krise ergäbe es Sinn, sich auch auf diese Bereiche, die mehr Zeit brauchen und Veränderungsprozesse langfristig ermöglichen, zu konzentrieren. • Projektorientierte Arbeit hat erhebliche Auswirkungen auf die Führung: Projektbezogene Arbeit kann auch diametral zur Hierarchie liegen. Dass dies auch in der Verwaltung möglich ist, habe sich durch diese Krise bestätigt. • Klare Projektstrukturen und gut ausgebildete Projektleiter fördern die Fähigkeit, Projekte auch in der Krise erfolgreich zu gestalten: Dies müsse langfristig zum Thema gemacht werden, ohne ein Gegeneinander von Linie und Projekt zu erzeugen. Die Menschen, die gern in Projekten arbeiten, müssen gezielt gefördert werden. • Eine Fachkarriere für Projektmanagement sollte etabliert werden: Um sicherzustellen, dass das Engagement in Projekten „belohnt“ wird, sollte die Verwaltung, Elemente etablieren, die Projektmanagementarbeit auch im Beurteilungssystem berücksichtigt. Verwaltungskultur: Hierarchie, Kommunikation und Beteiligung Im Zentrum des Zukunftsforums „Verwaltungskultur: Hierarchie, Kommunikation und Beteiligung: Was nehmen wir aus der Corona-Krise für die Zukunft mit? “ stand die Frage, ob es sichtbare Veränderungen auf der kulturellen Ebene der Verwaltung durch die Krise gibt, die langfristig Auswirkungen auf Themen wie Hierarchie, Kommunikation und Beteiligung haben könnten. Die Panelisten waren Jonathan Grunwald (Leiter des Referats P 3- - Gesellschaftliche und ökonomische Grundsatzfragen in der Staatskanzlei NRW) Juliane Hollstein (Teamleiterin beim Jobcenter team.arbeit.hamburg), Peter Janze (Geschäftsführer Digital@M GmbH), Dirk Meyer (Abteilungsleiter Z im BMU), Friedhelm Schäfer (zweiter Vorsitzender und Vorstand Beamtenpolitik, Deutscher Beamtenbund und Tarifunion) sowie Philip Schmidt (Senior Consultant bei Cassini). Für die GPM moderierte Heike Kratt, Hauptstadtrepräsentantin. Das Momentum für Veränderung erhalten In der großen Runde wurden viele Themen angeschnitten. Zusammenfassend lassen sich folgende Punkte hervorheben: • Es gibt jetzt ein Momentum für Veränderung zu einer stärker vernetzten, weniger hierarchieorientierten und stärker selbstorganisierten, projektorientierten und digitalen Verwaltung, das genutzt und nachhaltig ausgebaut werden sollte: Alle Beteiligten hoben hervor, dass die Verwaltung gezeigt habe, dass sie unter den Ausnahmebedingungen erfolgreich gestalten und dafür auch neue Formen der Beteiligung über verschiedene Hierarchiebenen hinweg nutzen kann. Dieses Momentum sollte auch nach der Krise erhalten bleiben. Herr Meyer, Mitglied im Beirat des Aktionsprogramms, verwies hier auch auf das Potenzial des Aktionsprogramms „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“. • Das Thema Führung ist durch die Krise noch einmal deutlich in den Fokus gerückt und braucht eine entsprechende Ansprache auch durch eine entsprechende Kompetenzentwicklung. • Die Unterschiedlichkeit von Verwaltung ist bei der Frage von Veränderungen der Verwaltungskultur zu berücksichtigen. Politik und Gesellschaft | Die GPM auf dem ersten Zukunftskongress Staat & Verwaltung 10 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0062 Jetzt online lesen in unserer neuen eLibrary www.pmaktuell.de Der Online-Zugriff ist in den Leistungen für GPM Mitglieder inbegriffen. Noch kein GPM Mitglied? Schreiben Sie uns unter mitglieder@gpm-ipma.de. A K T U E L L 04_Kratt.indd 10 04_Kratt.indd 10 14.08.2020 15: 55: 09 14.08.2020 15: 55: 09 • Digitalisierung und Flexibilisierung haben sich durch die Krise enorm beschleunigt und die Erwartung ist: Das wird so bleiben. Eine Organisationskultur des gemeinsamen Erfolgs Mit Spannung wurden die Impulse des neuen CIO des Bundes, Dr. Markus Richter, erwartet, welcher als neuer Staatssekretär im BMI auch den Schirmherren vertrat. Als CIO des Bundes spielt er eine wichtige Rolle bei der konkreten Umsetzung der Digitalisierung der Verwaltung. Deutlich wurde, welche zentrale Bedeutung Dr. Richter Themen wie Transparenz, offene Kommunikation, Kooperation über verschiedene Ebenen hinweg, einer positiven Fehler- und Lernkultur und auch der Frage der Kompetenzentwicklung innerhalb der Verwaltung gibt. Das Handwerk der Digitalisierung könne dann gelingen, wenn sich alle Ebenen als Treiber sehen und gemeinsam Dinge voranbringen. Es war eine Organisationskultur des gemeinsamen Erfolgs, die Herr Dr. Richter dort beschrieb. Dies stellt auch aus der Perspektive des Projektmanagements eine inspirierende Haltung dar. Eingangsabbildung: © iStock.com / metaworks Politik und Gesellschaft | Die GPM auf dem ersten Zukunftskongress Staat & Verwaltung 11 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0062 Jetzt online lesen in unserer neuen eLibrary www.pmaktuell.de Der Online-Zugriff ist in den Leistungen für GPM Mitglieder inbegriffen. Noch kein GPM Mitglied? Schreiben Sie uns unter mitglieder@gpm-ipma.de. Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L Anzeige 04_Kratt.indd 11 04_Kratt.indd 11 14.08.2020 15: 55: 09 14.08.2020 15: 55: 09 Im Interview mit Christoph Verenkotte und Helmut Klausing „Ich sehe der Zusammenarbeit freudig entgegen.“ Ein Gespräch über die Perspektiven des Aktionsprogramms „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“ mit dem neu gewählten Beiratsvorsitzenden, Christoph Verenkotte, Präsident des Bundesverwaltungsamtes, und dem stellvertretenden Beiratsvorsitzenden, Prof. Helmut Klausing, Präsident der GPM Das Gespräch führten Julia Bauer (BVA), Marcus Kirchner (BVA) und Heike Kratt (GPM). Als Ergebnis des jahrelangen Dialogs mit der öffentlichen Verwaltung hat die GPM 2017 das Aktionsprogramm „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“ initiiert und an die Bundesregierung übergeben. Dem 2018 gegründeten Beirat des Aktionsprogramms sitzt seit dem 1.7.2020 Christoph Verenkotte, Präsident des Bundesverwaltungsamtes, vor. Prof. Helmut Klausing, Präsident der GPM, ist stellvertretender Vorsitzender. In diesem Gespräch geben die beiden einen Ausblick darauf, welche Perspektiven sie für das Aktionsprogramm sehen. Das Bundesverwaltungsamt und die Rolle von Projektmanagement Können Sie uns einen kleinen Einblick in die Aufgaben Ihrer Behörde, dem Bundesverwaltungsamt, geben? Wo liegen die Anknüpfungspunkte zum Projektmanagement? Verenkotte: Das Bundesverwaltungsamt (BVA) ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat. Mit rund 6.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern fungieren wir als verlässlicher Partner von Bürgern, Behörden, Unternehmen und Vereinen mit der Wahrnehmung von mehr als 150 Aufgaben. Das BVA übernimmt u. a. die Beihilfe- und Gehaltsabrechnung sowie das Travel-Management für zahlreiche Bundesbehörden. Wir betreiben im BVA das Ausländerzentralregister, vergeben Bildungskredite, ziehen BAföG-Darlehen ein, organisieren das Zuwendungsmanagement und sind im Auftrag des Auswärtigen Amts am Visaverfahren mit mehreren Millionen Anfragen pro Jahr beteiligt. Unser Selbstverständnis ist es, als zentraler Dienstleister des Bundes mit der Gestaltung, Anwendung und Weitergabe von Lösungen die Verwaltung von heute und morgen zu unterstützen. Beim Thema Projektmanagement sind wir vorne mit dabei: Wir führen selbst erfolgreiche Projekte durch, sei es im Bereich IT und Digitalisierung mit z. B. digitalen E-Government-Lösungen für Bürgerinnen und Bürger, die Fluggastdatenverarbeitung (Passenger Name Record) oder die E-Akte-Bund. Und mit dem Beratungszentrum des Bundes (BZB) beraten wir Bundesbehörden und Zuwendungsempfänger in Themen der Verwaltungsmodernisierung seit über 20 Jahren durch Unterstützungsleistungen und die Weitergabe unseres Wissens und unserer Erfahrungen in mittlerweile über 1000 Projekten. Was tut das BVA, um das Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung zu unterstützen? Verenkotte: Die Komplexität von Projekten der öffentlichen Verwaltung nimmt deutlich zu. Komplexe fachliche Anforderungen, vernetzte IT-Systeme, spezielle Sicherheitsanforderungen, hoher Ressourceneinsatz, aber auch öffentliche Sichtbarkeit und politische Auswirkungen von Projekten sind nur einige der Herausforderungen. Das Ziel des BVA ist es, Ressorts und Behörden beim Projektmanagement zu unterstützen, damit sich diese auf ihre fachlichen und inhaltlichen Kernaufgaben in ihren Projekten konzentrieren können. Nennen möchte ich konkret zwei unserer Angebote. Zum einen das Drei-Partner-Modell (3PM), mit welchem wir Bundesbehörden Beratungsleistungen externer Dienstleister über Rahmenverträge zur Verfügung stellen. Wir bieten dabei Politik und Gesellschaft Im Interview mit Christoph Verenkotte und Helmut Klausing DOI 10.2357/ PM-2020-0063 31. Jahrgang · 04/ 2020 Aktionsprogramm Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten 12 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0063 05_vehrenkotte_klausing.indd 12 05_vehrenkotte_klausing.indd 12 14.08.2020 15: 55: 55 14.08.2020 15: 55: 55 ein Gesamtpaket von Beratung, Projektsteuerung und Vertragsadministration. Und zum anderen das Kompetenzzentrum (Groß-)Projektmanagement (CC (Groß-)PM), mit dem wir unseren Kunden Unterstützung im praktischen Management großer Projekte bieten und auf Großprojekte zugeschnittene Methoden und Werkzeuge zur Verfügung stellen, darunter die vom BVA entwickelte S-O-S-Methode©. Sie sind Gründungsmitglied des Beirats des Aktionsprogramms und sind nun zum neuen Beiratsvorsitzenden gewählt worden. Herzlichen Glückwunsch! Was hat Sie motiviert, sich zur Wahl zu stellen und das Aktionsprogramm auf diese Weise noch aktiver mitgestalten zu wollen? Verenkotte: Vielen Dank für die Glückwünsche. Ich freue mich sehr über diese neue Rolle. Ich habe einige Beispiele für Projekte im BVA erwähnt. Andere Häuser stehen jedoch, blicken wir nur auf die Herausforderungen der Digitalisierung, vor vergleichbaren Herausforderungen. Deswegen liegt mir viel daran, das Thema Projektmanagement in der Öffentlichen Verwaltung voranzubringen. Dabei habe ich auch die Förderung des ebenen- oder ressortübergreifenden Austausches (Bund / Land / Kommune) im Bereich Projektmanagement im Blick. Wie bei jedem Projekt mit verschiedenen Stakeholdern wird man auch hier mit Schwierigkeiten konfrontiert, wie z. B. die Abstimmung unter den Häusern mit verschiedenen Dienstherren und Hierarchiestufen oder auch nur die unterschiedliche Technikausstattung. Diese Herausforderungen zu meistern, lohnt sich umso mehr, wenn man sich die Synergieeffekte einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit in der Öffentlichen Verwaltung vor Augen führt. Im Bereich Projektmanagement kann zum Beispiel der reine Informationsaustausch unter den Häusern zu „lessons learned“ und „good practices“ den Erfolg zukünftiger Projekte in der Öffentlichen Verwaltung steigern. Gerade darin sehe ich die große Chance des Aktionsprogramms und der Mitgliedschaft im Beirat. Mir geht es darum, gemeinsam Wissen und Erfahrungen aufzudecken, sich auszutauschen und zu lernen. Dieses Netzwerk des Aktionsprogramms auszubauen, ist mein Ziel und deshalb habe ich mich zur Wahl gestellt. Führen in Projekten-- Chancen für die Verwaltung Sie sind seit Jahren in verschiedenen Bereichen der Verwaltung auf Führungsebene tätig. Wo sehen Sie die größten Herausforderungen und die größten Chancen der Verwaltung in Bezug auf Projektmanagement? Verenkotte: Vor besondere Herausforderungen hat uns alle der Umgang mit der Corona-Krise gestellt und uns vor Augen geführt, dass auch die öffentliche Verwaltung flexibel und neuen Technologien gegenüber aufgeschlossen sein muss, um zukunfts- und krisensicher agieren zu können. Hier hat sich gezeigt, wer souverän im Umgang mit Projektmanagement ist, und das ist oft einfach Krisenmanagement, kann auch solche Klippen umschiffen. So haben wir im BVA durch gezielte und zeitnahe Maßnahmen Kapazitätsengpässe ausgleichen und den Dienstbetrieb fast ungehindert weiterführen können. Risikomanagement, Organisation und Koordinierung gehören zu jedem guten Projektmanagement, um Projekte und Maßnahmen zu planen, zu initiieren und umzusetzen. Weiterhin ist für mich das Thema Führung und auch der Umgang mit Führung auf Distanz ein zentraler Dreh- und Angelpunkt. Dies sehe ich als Chance für die Verwaltung. In meinem Haus zum Beispiel haben wir in der Krise weitreichende Maßnahmen ergriffen, die auch unsere bisher gekannte Arbeitswelt verändert haben. Am eindrucksvollsten ist sicherlich die erhebliche und langdauernde Ausweitung von Tele- und mobiler Arbeit, die ganz wesentlich zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes beigetragen hat. Führung auf Distanz sowie das Suchen und Finden neuer Formen der Zusammenarbeit haben da noch einmal eine weitere Dimension erreicht. Offen gegenüber dynamischen Entwicklungen Christoph Verenkotte (ganz rechts) als Panelist auf dem Projektgovernance-Kongress der GPM im Rahmen des Zukunftskongresses Staat & Verwaltung 2019 (mit v.l. Gageik (Europäische Kommission), Dr. Brockmann,(Metropolregion Rhein-Neckar GmbH), Kratt (GPM), Dr. Saebetzki (Bremen) Foto: Thomas Ernst Politik und Gesellschaft | Im Interview mit Christoph Verenkotte und Helmut Klausing 13 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0063 05_vehrenkotte_klausing.indd 13 05_vehrenkotte_klausing.indd 13 14.08.2020 15: 55: 57 14.08.2020 15: 55: 57 zu sein und mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen an Lösungen zu arbeiten, hat gezeigt, dass man so auch in Krisenzeiten verantwortungsvoll führen kann. Und das sind Qualitäten, die auch im Projektmanagement benötigt werden. Welchen Rat geben Sie neuen Führungskräften um Projekte im komplexen Umfeld der öffentlichen Verwaltung erfolgreich zu machen? Verenkotte: Mir ist eine gute Fehlerkultur wichtig, das heißt einerseits, sich selbst Fehler eingestehen zu können, Fehler zuzulassen und andererseits auch richtig mit Misserfolgen umzugehen. Dass Projekte scheitern können, gehört zum Projektrisiko dazu. Dabei ist es entscheidend, das Risiko mit dem Einsatz der richtigen Werkzeuge zu minimieren. Da kein Projekt ohne Risiken einhergeht, muss man als Führungskraft auch bereit sein, ein Projekt, das nicht mehr die geplanten Ziele erreichen wird, nach objektiver Bewertung vorzeitig enden zu lassen. Mit Blick auf die Frage klingt das jetzt seltsam: Scheitern als Projekterfolg. Ja, das konkrete Projekt ist ggf. gescheitert. Aber für alle Folgeprojekte ergibt sich eine ungeheure Dynamik, denn das „Scheitern dürfen“ fördert Phantasie und mutige Entscheidungen! Deshalb muss man als Führungskraft den Mitarbeitern erlauben, Fehler machen zu dürfen, um nicht durch fehlenden Mut Innovationen zu bremsen. Das A und O bleibt dabei, aus den Fehler zu lernen und diese nicht erneut zu begehen. Das Aktionsprogramm in der öffentlichen Verwaltung verankern Wir gratulieren zur Wahl zum stellv. Beiratsvorsitzenden. Welche Bedeutung hat es für das Aktionsprogramm, dass Herr Verenkotte den Beiratsvorsitz übernommen hat und Sie damit in der Rolle des Vorsitzenden ablöst? Klausing: Das Aktionsprogramm ist das Ergebnis des jahrelangen Dialogs der GPM mit Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern aus der öffentlichen Verwaltung. 2018 ist der Beirat mit dem Ziel gegründet worden die Trägerschaft für das Programm in der öffentlichen Verwaltung zu verankern. Die Wahl von Herrn Verenkotte zum neuen Vorsitzenden ist ein entscheidender Schritt zur Umsetzung dieses Ziels. Ich habe mich auch persönlich sehr über die Kandidatur von Herrn Verenkotte gefreut. An dieser Stelle ist es mir ein besonderes Anliegen, das Engagement des bisherigen stellvertretenden Beiratsvorsitzenden, Herrn Norman Heydenreich, und der Abteilung Public Affairs bei der Initiierung und Entwicklung des Aktionsprogramms und des Beirats zu würdigen. Die Übernahme des Vorsitzes durch einen führenden Vertreter der öffentlichen Verwaltung war auch ihm ein besonderes Anliegen. Welche strategische Rolle spielt das Aktionsprogramm für die GPM? Warum setzen Sie sich als Präsident seit Jahren aktiv für das Aktionsprogramm ein? Klausing: Das Aktionsprogramm will die Rahmenbedingungen für die erfolgreiche und gemeinwohlorientierte Umsetzung komplexer öffentlicher Projekte verbessern. Damit trägt es zum satzungsgemäßen Ziel der GPM bei, Projektmanagement gesamtgesellschaftlich zu fördern. Es zahlt weiterhin auf alle drei strategischen Ziele ein, die sich die Delegiertenversammlung der GPM im Jahre 2019 gesetzt hat: Das Verständnis für den ganzheitlichen Ansatz von Projektmanagement zu fördern, Organisationen zu befähigen, Projektmanagement erfolgreich anzuwenden und das Netzwerk für Projektmanagement auszuweiten. Verwaltung muss verlässlich sein und dem Gemeinwohl dienen. Dazu muss sie nun sehr komplexe Aufgaben bewältigen und Veränderungen gestalten. Wie kann das gelingen? Und welchen Beitrag kann das Aktionsprogramm dazu leisten? Klausing: Die deutsche öffentliche Verwaltung ist eine Erfolgsgeschichte- - so zeigt sie z. B. jetzt in der Corona-Krise, wie leistungsfähig sie ist. Gleichzeitig befinden wir uns in Zeiten großer Transformationen und krisenhafter Zuspitzungen und es gibt heute deutlich mehr öffentliche Aufgaben, die so komplex sind, dass sie nur in behördenübergreifenden Projekten erfolgreich zu bearbeiten sind. Beiratssitzung am Rande des 7. Zukunftskongresses Staat & Verwaltung 2019. V.l.n.r. Dr. Wenzel (BMVg), v. Witzendorff (BAIINBW), Gageik (Europäische Kommission, Gast), Brockmann (Hamburg), Kratt (GPM), Dr. Saebetzki (Bremen), Heydenreich (Management Akademie Weimar), Dr. Cassel (BMWi), Naundorf (Bundeskanzleramt, Gast), Prof. Klausing (GPM), Sauer (Landkreis Hameln-Pyrmont), Reimold (BMWi) Foto: Thomas Ernst Politik und Gesellschaft | Im Interview mit Christoph Verenkotte und Helmut Klausing 14 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0063 05_vehrenkotte_klausing.indd 14 05_vehrenkotte_klausing.indd 14 14.08.2020 15: 55: 59 14.08.2020 15: 55: 59 Das Aktionsprogramm ist eine Roadmap, um diesen Weg erfolgreich zu begleiten. Im Wesentlichen sind es zwei Stränge, die hier wichtig sind: Projektgovernance- - das heißt die Stärkung der Rahmenbedingungen für eine ebenen- und ressortübergreifende projektorientierte Zusammenarbeit- - und den Ausbau der Projektmanagementkompetenz innerhalb der Verwaltung selbst. Was sind für Sie die größten Erfolge der letzten zwei Jahre? Welche Projekte und Initiativen laufen bereits? Klausing: Es gibt viele erfolgreiche Momente, die mir einfallen-- ich möchte eines besonders hervorheben: Die Gründung und Fortführung eines lebendigen und engagierten Beirats des Aktionsprogramms seit 2018 sehe ich als ganz zentral. Der ebenenübergreifende Austausch im Beirat hat sich zu einem geschätzten Impulsgeber entwickelt, der jetzt gemeinsam mit Herrn Verenkotte sicher noch weiter ausgebaut werden wird. Im Jahr 2019 sind wir im Beirat in den Dialog mit der EU-Kommission und dem Bundeskanzleramt eingetreten. Laufende Projekte, die einen Bezug zu den Empfehlungen des Aktionsprogramms haben, gibt es einige. Exemplarisch möchte ich hier den Aufbau von Governance-Strukturen für Bauprojekte in Hamburg benennen (BIM.Hamburg). Welche Angebote kann das Aktionsprogramm für die vielfältige Welt der Kommunen machen, die einen Großteil der Projekte umsetzt? Klausing: Die GPM ist seit 2017 basierend auf den Zielen des Aktionsprogramms eine Kooperation mit der KGSt Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement eingegangen, um gemeinsam Projektmanagement für die Kommunen nutzbarer zu machen. Ein Ergebnis dieser Kooperation ist ein in fast zweijähriger Arbeit mit kommunalen Vertreterinnen und Vertretern entstandener KGSt-Bericht unter Mitwirkung der GPM zum Thema „Rolle und Verantwortung von Führungskräften im kommunalen Projektmanagement“. Im Rahmen dieser Kooperation ist die GPM Fachgruppe „Kommunales Projektmanagement“ mit dem Format des KGSt- Innozirkels zusammengelegt worden. Diese Gruppe tauscht sich regelmäßig zum Thema Projektmanagement aus und hat sich u. a. zum Ziel gesetzt, konkrete Angebote für die Kommunen zu entwickeln. In der Anfang 2020 beschlossenen Verlängerung der Kooperation mit der KGSt um weitere drei Jahre sehe ich großes Potenzial, weitere Initiativen und Angebote für Kommunen zu entwickeln. Die GPM hat zudem in diesem Jahr ein Projekt aufgesetzt, das sich konkret an Bürgermeister kleinerer und mittlerer Kommunen richtet. Sie sind von Hause aus Ingenieur und haben den überwiegenden Teil Ihres beruflichen Lebens in der Wirtschaft verbracht-- was wertschätzen Sie an der Verwaltung auch hinsichtlich ihrer Leistungen im Bereich der Projektumsetzung? Klausing: Es wird oft so getan, als sei die Wirtschaft der öffentlichen Verwaltung weit überlegen, zum Beispiel hinsichtlich ihrer Kompetenz Projekte erfolgreich umzusetzen. Dies trifft schlicht nicht zu. Die Komplexität der Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung übertrifft meiner Ansicht nach in vielen Fällen die der Unternehmen. Ich finde, die Gestaltung der derzeitigen Krise zeigt deutlich, wie flexibel und anpassungsfähig Verwaltung sein kann. Ich wünsche mir hier manchmal ein bisschen mehr Selbstbewusstsein von Seiten der öffentlichen Verwaltung, die eigenen Stärken zu sehen und zu fördern. Positive Synergien nutzen-- Netzwerke ausbauen: Das Aktionsprogramm gemeinsam gestalten Wie wollen Sie als Tandem, BVA und GPM, gemeinsam im Beirat agieren? Verenkotte: Ich sehe unserer Zusammenarbeit freudig entgegen und weiß es sehr zu schätzen, dass die GPM den Beiratsvorsitz für das Aktionsprogramm in die Verantwortung der öffentlichen Verwaltung übergibt. Ich denke, wir können durch unsere Erfahrungen und aktuellen Zuständigkeiten viele positive Synergieeffekte für das Aktionsprogramm erzielen. Klausing: Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit und über die Bereitschaft von Seiten der öffentlichen Verwaltung und auch von Herrn Verenkotte persönlich, stärker in die Verantwortung für das Aktionsprogramm zu gehen. Die GPM bringt sich weiter aktiv in die strategische Gestaltung des Aktionsprogramms ein. In der Ausgestaltung des stellv. Beiratsvorsitzes werde ich sehr eng mit Heike Kratt, Hauptstadtrepräsentantin der GPM, zusammenarbeiten, die bereits bei der Initiierung und Entwicklung des Aktionsprogramms maßgeblich beteiligt war. Ihr habe ich als Bevollmächtige wesentliche Aufgaben im Rahmen des Aktionsprogramms übertragen. Welche Empfehlung bzw. welcher Punkt des Aktionsprogramms liegt Ihnen besonders am Herzen und warum? Verenkotte: Mir ist die Stärkung der Projektmanagementautonomie in der öffentlichen Verwaltung ein vornehmliches Anliegen. Und ich denke, durch das Netzwerk an Führungskräften sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der öffentlichen Verwaltung im Aktionsprogramm können wir gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung des Aktionsprogramms vorantreiben und das Projektmanagementwissen in den Behörden verbreiten und vertiefen. Klausing: Die Empfehlungen des Aktionsprogramms bergen in ihrem Zusammenspiel ein enormes Potenzial, das nur im Netzwerk zu heben ist. Die beiden zugrundeliegenden Stränge der Empfehlungen- - Förderung von angemessenen Projektgovernancestrukturen und der Ausbau der PM-Kompetenzentwicklung- - weiterzuentwickeln, halte ich für sehr wichtig. Ein Aktionsprogramm lebt von der Aktion, also der Umsetzung: Wie wollen Sie in ihren jeweiligen Rollen dazu beitragen, dass das Programm lebendig bleibt und weiter wächst? Verenkotte: Ich möchte gemeinsam mit den Beiratsmitgliedern die Richtung und Ausrichtung des Aktionsprogramms schärfen, um gezielte Programme voranzubringen. Mein Ziel ist es, im Beirat konkrete Maßnahmen zu definieren, wie das Aktionsprogramm die öffentliche Verwaltung breit beim The- Politik und Gesellschaft | Im Interview mit Christoph Verenkotte und Helmut Klausing 15 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0063 05_vehrenkotte_klausing.indd 15 05_vehrenkotte_klausing.indd 15 14.08.2020 15: 55: 59 14.08.2020 15: 55: 59 ma Projektmanagement unterstützen und weiter voranbringen kann. Klausing: Ich kann mir vorstellen, dass wir bei den Empfehlungen zur Vorbereitung der Führungskräfte auf ihre Rolle in Projekten, zur Stärkung von Projektmanagementausbildung und -zertifizierung, und in den Bereichen Projektgovernance, Projektkultur und (gesetzliche) Rahmenbedingungen weitere Initiativen starten sowie bestehende Projekte stärker vernetzen und sichtbarer machen. Den Bereich der begleitenden Forschung auszubauen- - das wäre aus meiner Sicht auch ein wichtiges Anliegen. Wir sind im Jahr 2022-- die reguläre Zeit Ihres Beiratsvorsitzes ist zu Ende-- woran merken Sie, dass die Arbeit des Beirats Erfolg hatte? Was hat sich verändert? Verenkotte: Die Vernetzung und der Austausch der öffentlichen Verwaltung beim Thema Projektmanagement sind noch besser geworden. Das Bewusstsein, dass Projektmanagement ein essentielles Handwerkszeug der Zukunft ist, wird noch tiefer verankert sein. Zu guter Letzt können wir aus den dann vergangenen zwei Jahren auch erfolgreiche Beispiele der oben genannten Punkte hervorzeigen. Klausing: Das Bewusstsein dafür, dass Projektmanagement weit mehr ist als eine Methode-- nämlich ein ganzheitlicher Führungsansatz, der zur Gestaltung komplexer Aufgaben unerlässlich ist- - ist gewachsen. Es gibt sehr viel mehr Strukturen in der Verwaltung, die Projektmanagement nachhaltig verankern, die Projektmanagementkompetenz in der Verwaltung ist ausgebaut und die guten Beispiele von Projektgovernancestrukturen, die es schon gibt, machen Schule: Christoph Verenkotte Christoph Verenkotte studierte Rechtswissenschaft, Geschichte und Philosophie in Bonn. Von 1988 bis 1990 arbeitete er als Referent und Referatsleiter im Bundesverwaltungsamt (BVA) in verschiedenen Bereichen. In den Jahren 1990 bis 2010 übte er wechselweise Tätigkeiten im BVA und im Bundesministerium des Innern aus, u. a. im Leitungsbereich und zuletzt als Leiter der Abteilung Bundespolizei. Seit März 2010 ist Christoph Verenkotte Präsident des Bundesverwaltungsamtes. © BVA Prof. Dr. Helmut Klausing Prof. Dr. Helmut Klausing ist Präsident der GPM Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Es gibt mehr sichtbare Beispiele für erfolgreiche Projekte der öffentlichen Hand. Eingangsabbildung: © iStock.com / piranka Aktionsprogramm Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten www.nextlevelconsulting.com weiterkommen abfahren fortbilden aufsteigen www.nextlevelconsulting.com Politik und Gesellschaft | Im Interview mit Christoph Verenkotte und Helmut Klausing 16 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0063 05_vehrenkotte_klausing.indd 16 05_vehrenkotte_klausing.indd 16 14.08.2020 15: 56: 01 14.08.2020 15: 56: 01 www.nextlevelconsulting.com weiterkommen abfahren fortbilden aufsteigen weiterkommen abfahren fortbilden aufsteigen www.nextlevelconsulting.com Kommen Sie mit auf eine Lern-Reise! In diesem Jahr ist vieles anders … aber manches steht unverändert hoch im Kurs: Der Stellenwert von Lernen beispielsweise ebenso wie die Sehnsucht nach Reisen, um Neues zu entdecken. Wir haben diese Elemente verknüpft und bieten Ihnen mit unserer neuen Aus- und Weiterbildungsbroschüre eine Vielzahl von Lernreisen an - für ein rasches Weiterkommen auf Ihrem Karriereweg sowie Erweiterung des Horizonts. Entdecken Sie Ihre Möglichkeiten! 05_vehrenkotte_klausing.indd 17 05_vehrenkotte_klausing.indd 17 14.08.2020 15: 56: 02 14.08.2020 15: 56: 02 Von der Digitalstrategie zum digitalen Planen und Bauen Christian Pfromm, Felix Scholz Für eilige Leser | Die Auswirkungen des digitalen Wandels beeinflussen den gesamten Wirtschafts- und Sozialraum und stellen Staat und Verwaltung vor neue Herausforderungen. Künftig wird es immer mehr darauf ankommen, wie gut es gelingt, die Transformationspotenziale der Digitalisierung im Sinne bestmöglicher Lebensqualität und umfassender Teilhabe auszuschöpfen. Deshalb nimmt die Digitalstrategie für Hamburg alle Lebensbereiche in den Blick. Am Beispiel der Digitalisierung des Planens und Bauens mit Building Information Modeling (BIM) wird die Umsetzung eines komplexen Transformationsvorhabens gezeigt. Hierfür legitimierte Hamburg die virtuelle Organisation „BIM.Hamburg“ aus einem Zusammenschluss mehrerer Organisationen und etabliert ein Programm- und Projektmanagement mit cross-funktionalen Teams zur Steuerung und Harmonisierung der Hamburger BIM-Aktivitäten. Schlagwörter | BIM, Hamburg, Digitalstrategie, BIM.Hamburg, Digitale Räume, Programmmanagement Eine Digitalstrategie für Hamburg Die zu Beginn dieses Jahres durch den Hamburger Senat verabschiedete „Digitalstrategie für Hamburg“ nimmt mit ihrem umfassenden Ansatz sämtliche für die Digitalisierung relevanten Bereiche und Themen eines Gemeinwesens in den Blick. Sie definiert Handlungsfelder der Digitalisierung und benennt konkrete Vorhaben. Die Strategie zeigt zum Beispiel auf, wie digitale Infrastrukturen und Plattformen weiterentwickelt werden oder wie ein verantwortungsvoller Umgang mit Daten aussehen muss. Außerdem wird eine ganze Reihe von Projekten dargestellt, die von Behörden und städtischen Unternehmen verantwortet werden. Hamburg eröffnet mit der Digitalstrategie eine Perspektive für die gesamte Stadtgesellschaft. Um dem fach- und ressortübergreifenden Charakter von Digitalisierungsprojekten gerecht zu werden, wurde das Konzept der „Digitalen Räume“ entwickelt. Sie greifen den Umstand auf, dass Zusammenarbeit im Zeitalter der Digitalisierung nur teilweise mit behördlichen Zuständigkeiten korrespondiert und stattdessen vielfältige Akteure miteinander kooperieren (z. B. Behörden, städtische Einrichtungen, Unternehmen, Wissenschaft, Zivilgesellschaft), um zeitgemäße, nutzerorientierte Lösungen zu schaffen oder wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Die in diesem Artikel noch zu beschreibende Programm- und Projektstruktur von BIM.Hamburg setzt diesen Ansatz in idealtypischer Weise um. Als zentrale Einheit der Hamburger Verwaltung, bei der alle Digitalisierungsprozesse zusammenlaufen, hat das Anfang 2018 gegründete Amt für IT und Digitalisierung (ITD) einen konsistenten, übergreifenden Strategieprozess angestoßen und im Laufe des Jahres 2019 umgesetzt. Auf der administrativen Ebene wurden hierbei zunächst alle Behörden (Hamburger „Landesministerien“) und Ämter einbezogen, die ihre eigenen Digitalstrategien entwickelten. Daran anknüpfend und diese ergänzend entstand schließlich bei ITD die gesamtstädtische „Digitalstrategie für Hamburg“. Die Kooperationen, die sich aufgrund des Strategieerstellungsprozesses und darüber hinaus ergeben, erstrecken sich über alle Bereiche der Verwaltung und somit auch über nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche. Prozesse der Aufgabenerfüllung in der Fachlichkeit werden in den Digitalisierungsprozess einbezogen. Neue Formen der Zusammenarbeit haben einen großen Einfluss auf die bisherigen Arbeitsweisen innerhalb der Verwaltung. Es ist nicht geübte Praxis, dass in hohem Maße vertikale und horizontale Organisationsebenen aufgeweicht bzw. aufgelöst werden, um die möglichst beste Lösung zu finden. Folglich ging es in dem Prozess nicht nur um die Inhalte der Strategie und die damit verbundenen Maßnahmen. Der Politik und Gesellschaft Von der Digitalstrategie zum digitalen Planen und Bauen DOI 10.2357/ PM-2020-0064 31. Jahrgang · 04/ 2020 18 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0064 06_Scholz.indd 18 06_Scholz.indd 18 14.08.2020 15: 58: 06 14.08.2020 15: 58: 06 Strategieprozess selbst hat durch seine verschiedenen Komponenten (Konzept der Digitalen Räume, Methodenvielfalt, hierarchieübergreifendes Arbeiten, iterativer Ansatz) und ihr Zusammenspiel auch den für die Digitalisierung notwendigen Kulturwandel angestoßen. Die gemeinsame Verständigung auf eine „Transformationsagenda“ für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung ist Bestandteil der Digitalstrategie für Hamburg. Alle Bereiche und Ebenen sind betroffen und es bedarf einer abgestimmten und einheitlichen Herangehensweise, um den mit der Digitalisierung verbundenen Herausforderungen für die Beschäftigten gerecht zu werden. Prozessorganisation und Governance-Strukturen Der Prozess erfuhr von Anfang an eine aktive politische Unterstützung auf der ministeriellen Leitungsebene- - durch alle Staatsrätinnen und Staatsräte. Es wurden außerdem Digitalisierungsverantwortliche in allen Behörden benannt, die als Brückenkopf in diese hineinwirken, die dortigen Strategieprozesse koordinieren und als Kontaktpersonen für das Amt ITD agieren. ITD hat in diesem Zusammenhang umfangreiche methodische und personelle Hilfestellung bereitgestellt. Im Zuge der Strategieerstellung wurden außerdem zahlreiche zentral koordinierte Workshops durchgeführt, um so die Behörden und die Fachlichkeit aktiv einzubinden. Zielgruppe waren beispielsweise die fachlichen Vertreterinnen und Vertreter der „Digitalen Räume“, so dass sichergestellt war, dass der strategische Ansatz des übergreifenden Arbeitens Berücksichtigung findet und es jeweils einen verantwortlichen Ansprechpartner gibt. Die Entwicklung und Umsetzung einer Digitalstrategie kann nur gelingen, wenn beides in den jeweiligen Behörden getragen wird- - von der Behördenleitung und von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Gleichzeitig ist auf der zentralen Ebene eine Perspektive erforderlich, die das gesamte Gemeinwesen in den Blick nimmt und zu mehr Verbindlichkeit und Transparenz hinsichtlich der Verantwortlichkeiten, strategischen Priorisierung und des Monitorings der Digitalstrategie und ihrer Vorhaben führt. Die Entwicklung geeigneter Rollen und Strukturen ist in diesem Zusammenhang ein entscheidender Erfolgsfaktor. Sie müssen folgenden Anforderungen und Aufgaben gerecht werden: • klare Zuständigkeiten schaffen, • dezentrales Portfolio- und Realisierungsmanagement ermöglichen, • Innovationsorientierung und fachübergreifende Koordinierung gewährleisten. Die Digitalstrategie für Hamburg setzt hierbei auf einen behördenübergreifenden Prozess, der ein neues Gremiengefüge schaffen soll, das diese Aspekte berücksichtigt: Das „Steuerungsgremium Digitalisierung“-- im Wesentlichen die Behördenleitungen, Staatsrätinnen und Staatsräte-- übernimmt die Aufgabe der Steuerungs- und Lenkungsgruppe für die Digitalisierungsstrategie des Senats. Das „Städtische CDO-Kollegium“ bereitet die Entscheidungen des Steuerungsgremiums vor und verantwortet die fachliche Ausgestaltung sowie Weiterentwicklung der Digitalisierungsstrategie inklusive der damit verbundenen Investitionsentscheidungen. Das „Städtische Change-Board“ verantwortet vor allem die strategische Weiterentwicklung von personal- und organisationsbezogenen Themen der digitalen Transformation der Verwaltung. Die Digitalstrategie benennt nicht nur Handlungsfelder der Digitalisierung und definiert Arbeitsstrukturen. Zu den konkreten Vorhaben der Strategie zählt etwa, dass Hamburg plant, schrittweise ein digitales Abbild der gesamten Stadt aufzubauen- - einen digitalen Zwilling oder „Digital Urban Twin“. Als dynamisches, virtuelles, interaktives 3D-Stadtmodell wird dieser von Experten ebenso wie von Bürgerinnen und Bürgern gleichermaßen genutzt werden können. Durch Simulation und Modellierung kann das digitale Abbild helfen, Entscheidungen vorzubereiten, besser fundiert zu treffen und perspektivisch Kosten einzusparen. Eine wichtige Komponente des Digital Urban Twin ist die digitale Arbeitsmethodik Building Information Modeling BIM, die in ihrer Struktur die Anforderungen an ein modernes Projektmanagement erfüllt und dadurch Vorbild für eine entsprechende Professionalisierung im Verwaltungskontext sein kann, zu der beispielsweise auch die Einführung von Audits und die Etablierung Abbildung 1: Digitale Räume und strategische Entwicklungsbereiche (Grafik: Senatskanzlei Hamburg) Politik und Gesellschaft | Von der Digitalstrategie zum digitalen Planen und Bauen 19 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0064 06_Scholz.indd 19 06_Scholz.indd 19 14.08.2020 15: 58: 06 14.08.2020 15: 58: 06 verbindlicher Standards gehören. BIM ist unter strategischen Gesichtspunkten vor allem bedeutsam, weil die beteiligten Organisationen unterschiedlicher Disziplinen gleich in mehrere Digitale Räume hineinwirken. Strategisches Kernvorhaben BIM Die Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens mit der Methode Building Information Modeling- - kurz BIM- - ist ein komplexes strategisches Kernvorhaben der Digitalstrategie Hamburgs. Hierzu heißt es in der Strategie: „Der Senat wird in allen am Bau beteiligten öffentlichen Organisationen Hamburgs die digitale Arbeitsmethodik Building Information Modeling (BIM) einführen, um über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks (Planen, Bauen und Betreiben) alle relevanten Bauwerksdaten in einem intelligenten Bauwerksinformationsmodell („Digitaler Zwilling“) zu vereinen. Digitale Zwillinge sind digitale Repliken materieller Objekte (wie Gebäude, Straßen, Gewässer) oder immaterieller Prozessketten (wie Verwaltungsabläufe, Bürgerbeteiligungen, Verkehrssteuerung). Sie sind aus Daten und Algorithmen aufgebaut und können über Sensoren mit der realen Welt verbunden sein.“ [1]. Durch die Etablierung einer kollaborativen digitalen Arbeitskultur und einem verbesserten Informationsmanagement trägt die Einführung von BIM ein hohes Potenzial zur Kostenersparnis und Terminsicherheit in der Projektrealisierung. Darüber hinaus hat BIM das Potenzial neue Formate der Öffentlichkeitsbeteiligung zu entwickeln, wie die virtuelle Begehung von Bauwerken und Infrastrukturvorhaben, z. B. mittels Virtual Reality (Abbildung 2). BIM digitalisiert und transformiert die gesamte Baubranche. Die erfolgreiche Implementierung von BIM erfordert daher das Agieren auf vier strategischen Handlungsebenen-- der Prozesse, der Richtlinien, der Menschen und der Technologien [2]: • Prozesse: Konventionelle Planungs- und Bauprozesse müssen sukzessive ohne Datenverluste und Systembrüche digitalisiert werden. • Richtlinien: Um eine „gemeinsame“ digitale Sprache zu sprechen, müssen neue verbindliche Richtlinien für digitale Zwillinge geschaffen und bestehende angepasst werden. • Menschen: Für die Einführung der BIM-Arbeitsweise bedarf es mit dem BIM-Manager neuer Rollen. Dies erfordert Qualifizierungs- und Zertifizierungskonzepte für Beschäftigte sowie die Kooperation mit der Forschung und Lehre. • Technologien: BIM bedarf eines standardisierten Datenmanagements und Softwareeinsatzes für die Vernetzung von Daten aller beteiligten Stakeholder über eine zentrale Plattform. Legitimation einer virtuellen Organisation Die Herausforderungen der Digitalisierung des „Planen, Bauen und Betreibens“ mit BIM erfordert es auch im öffentlichen Sektor neue Wege zu beschreiten. Die disruptiven und volatilen Veränderungsprozesse der Digitalisierung betreffen alle Branchen und erreichen zunehmend den Bausektor mit steigendem politischen Veränderungsdruck. Auf die komplexen Veränderungsprozesse finden starre Linienorganisationen und Verwaltungsstrukturen teilweise keine adäquaten Antworten mehr. So zeigte sich, dass in Hamburg seit 2016 einige Realisierungsträger das Potenzial der digitalen Methode BIM erkannt, eigene Fachexpertise aufgebaut und in zahlreichen Bauprojekten pilotiert haben. Aus den Ergebnissen der BIM-Pilotprojekte erwuchsen folgende Erkenntnisse: • Die Planungs- und Bauprozesse sind so stark miteinander verzahnt, dass nur ein gemeinsamer Rahmen behördenübergreifender BIM-Standards- - von der konventionellen Planung hin zur integrierten Planung am digitalen Zwilling-- in Hamburg zum Ziel führen kann. • Für die erfolgreiche Implementierung von BIM ist ein Agieren auf vier Handlungsebenen erforderlich: Prozesse, Standards, Menschen und Technologien. • Eine Governance- und Projektstruktur muss entwickelt werden, um relevante Erkenntnisse aus den BIM-Projekten der einzelnen Behörden und Realisierungsträger Hamburgs zu koordinieren, mit dem Ziel die BIM-Entwicklungen zu skalieren. Auf Arbeitsebene hatte sich 2018 ein behördenübergreifender Erfahrungsaustausch von BIM-Experten etabliert, aus dem ein Strategiepapier für ein gemeinsames Vorgehen der BIM-Standardisierung in Hamburg resultierte. Dieser Prozess wurde Bottom-up entwickelt und über die Amtsleiter und Geschäftsführer der beteiligten Organisationen bestätigt. Er fand schließlich Eingang in das Staatsrätegremium der Freien und Hansestadt Hamburg, um ein behördenübergreifendes Agieren innerhalb einer virtuellen Organisation „BIM.Hamburg“ zu legitimieren. Von den Staatsräten wurden im März 2019 drei strategische Maßnahmen für die Implementierung von BIM in Hamburg beschlossen: Abbildung 2: Digitaler Zwilling der Freihafen Elbbrücken (Grafik: Hamburg Port Authority AöR) Politik und Gesellschaft | Von der Digitalstrategie zum digitalen Planen und Bauen 20 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0064 06_Scholz.indd 20 06_Scholz.indd 20 14.08.2020 15: 58: 07 14.08.2020 15: 58: 07 • Die Einrichtung von sechs BIM-Leitstellen mit Schwerpunktthemen, um die dynamische BIM-Entwicklung der öffentlichen Organisationen in Hamburg zu professionalisieren und zu institutionalisieren. • Etablierung eines zentralen Programmmanagements zur übergreifenden Koordinierung und Steuerung der BIM-Standardisierungsprojekte in Hamburg. • Einführung einer virtuellen Organisation „BIM.Hamburg“ mit eigener Corporate Identity, unter der alle sechs BIM-Leitstellen die entwickelten Standards und Prozesse zum Einsatz von BIM zentral bündeln. Ziel ist es, eine gemeinsame Plattform für die öffentlichen Auftraggeber Hamburgs zu schaffen, auf der die relevanten Unterlagen und themenspezifischen BIM-Expertisen transparent für alle Beteiligten zur Verfügung gestellt werden. Der Staaträtebeschluss bildete die Basis für das strategische Kernvorhaben BIM, das in die Senatsdrucksache „Digitalstrategie für Hamburg“ eingegangen und mittlerweile im aktuellen Regierungsprogramm politisch verankert ist. Abbildung 4: Koordination der BIM-Projekte & Aktivitäten in einem Programmmanagement (Grafik: Hamburg Port Authority) Abbildung 3: Vorstellung BIM.Hamburg auf der Landespressekonferenz, v.r.n.l. Erster Bürgermeister Peter Tschentscher, Felix Scholz, Daniel Mondino (Grafik: Senatskanzlei Hamburg) Programmmanagement als Antwort auf komplexe Transformationen Um die BIM-Standardisierung in Hamburg zum Erfolg zu führen, müssen alle relevanten Aufgaben aus den vier strategischen Handlungsfeldern zentral gesteuert, nachgehalten und an strategischen übergeordneten Zielen der Digitalstrategie für Hamburg ausgerichtet werden. Erreicht wird das durch die Strukturierung des BIM-Aufgabenportfolios nach Fachdisziplinen und Übersetzung der BIM-Aufgaben in Projekte, die innerhalb von BIM-Leitstellen mit der jeweils höchsten Fachexpertise verantwortet werden. Die Ergebnisse und Standards fließen sukzessive in die Bauprojekte ein. Das Programmmanagement wird in Hamburg nach den Standards der International Project Management Association (IPMA) als eine Menge zusammenhängender Projekte und Maßnahmen definiert, die auf das Erreichen des strategischen Ziels- - der Einführung von BIM in Hamburg- - ausgerichtet ist. Während der Laufzeit des Programms können Politik und Gesellschaft | Von der Digitalstrategie zum digitalen Planen und Bauen 21 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0064 06_Scholz.indd 21 06_Scholz.indd 21 14.08.2020 15: 58: 07 14.08.2020 15: 58: 07 weitere Projekte und Maßnahmen integriert werden. Es bietet somit die Flexibilität und Agilität, die in einem sich dynamisch wandelnden Digitalisierungsumfeld erforderlich ist. Die übergeordnete Steuerung aller Projekte erfolgt durch das Programmmanagement bei der Hamburg Port Authority. Im Kern bietet ein professionelles Programmmanagement nach internationalen PM-Standards der IPMA folgende Benefits: • BIM-Projekte können in der Organisation mit der höchsten Fachexpertise in Projektform abgewickelt werden. Die Projektumsetzungsverantwortung verbleibt in den jeweiligen BIM-Leitstellen. • Die Bildung der Projektteams erfolgt organisationsübergreifend. • Alle Projekte werden an strategischen Programmzielen ausgerichtet. Somit können Doppelarbeiten, Zielkonflikte und gegenläufige Entwicklungen rechtzeitig identifiziert und aufgefangen werden. • Ein professionelles Programmmanagement gewährleistet die Planung, Steuerung und Überwachung von mehreren laufenden, miteinander verbundenen Projekten. Es ist die ideale Organisationsform für organisationsübergreifende Veränderungsprojekte, wie die BIM-Standardisierung in Hamburg. Das Management der BIM-Standardisierung für die Infrastruktur und den Hochbau wird dabei auf Projektebene in den BIM-Leitstellen sichergestellt (Abbildung 5), zentral über den Programmmanager bei der Hamburg Port Authority gebündelt und koordiniert. Aufgrund der komplexen organisatorischen Aufstellung des Hochbaus werden die operativen Belange der Hochbaurealisierungsträger Hamburgs in einer BIM-Leitstelle Hochbau gebündelt. Übergeordnetes Entscheidungsgremium ist die Steuerungsgruppe, welche sich aus Vertretern der aufgeführten BIM-Leitstellen (Abb. 5) zusammensetzt. Ihre wichtigste Funktion ist die Überwachung übergeordneter Programmziele und die Intervention bei der Abweichung von Projektzu den vereinbarten Programmzielen. Zudem dient die Steuerungsgruppe als klassische Eskalationsebene. Erfolgsfaktoren und Skalierbarkeit Mit BIM.Hamburg ist es gelungen, organisationsübergreifende BIM-Standardisierungsprojekte in cross-funktionalen Teams zu etablieren, Unternehmenssilos zu brechen, die BIM-Expertisen behördenübergreifend auszutauschen sowie erste gemeinsame BIM-Standards im Bereich der Infrastruktur und des Hochbaus für Hamburg zu entwickeln. Das gemeinsame und koordinierte Vorgehen vermeidet Doppelarbeit und spart Kosten für die BIM-Implementierung. Ein maßgeblicher Erfolgsfaktor ist die Schaffung der virtuellen Organisation „BIM.Hamburg“ mit einer eigenen Corporate Identity. Sie unterstreicht die gemeinsame Identität, das Bekenntnis zur Etablierung von BIM und ist zugleich Ausdruck kooperativer sowie behördenübergreifender Zusammenarbeit in einem der bedeutendsten Themen im Bereich der öffentlichen Bauverwaltung und Realisierungsträger-- der Digitalisierung des Planens, Bauens und Betreibens mit BIM. Die Hamburger BIM-Aktivitäten werden auch auf Bundesebene wahrgenommen. Dies spiegelt sich sowohl in der Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie mit BIM Deutschland (Zentrum für die Digitalisierung des Bauwesens) wider, die das Modell des Programmmanagements für die BIM-Standardisierung zur Koordination auf Bundesebene adaptiert haben. Darüber hinaus etabliert sich auf internationaler Ebene eine strategische Kooperation mit der Stadt Zürich, die eine Abbildung 5: Programm- und Projektstruktur von BIM.Hamburg (Grafik: Hamburg Port Authority AöR) Politik und Gesellschaft | Von der Digitalstrategie zum digitalen Planen und Bauen 22 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0064 06_Scholz.indd 22 06_Scholz.indd 22 14.08.2020 15: 58: 07 14.08.2020 15: 58: 07 BIM-Standardisierung in Anlehnung an das Programmmanagement BIM.Hamburg ebenfalls forciert. Literaturhinweise [1] Digitalstrategie für Hamburg (www.hamburg.de / senatskanzlei / digitalstrategie-fuer-hamburg/ ), Senatskanzlei Freie und Hansestadt Hamburg Projektgovernance in der öffentlichen Verwaltung: Good-Practice-Beispiel BIM.Hamburg Als Ergebnis des jahrelangen Dialogs mit der öffentlichen Verwaltung hat die GPM 2017 das Aktionsprogramm „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“ initiiert und an die Bundesregierung übergeben. Dem 2018 gegründeten Beirat des Aktionsprogramms sitzt seit dem 1.7.2020 Christoph Verenkotte, Präsident des Bundesverwaltungsamtes, vor. Ein wichtiges Ziel des Programms ist es, herausragende Good-Practice-Beispiele aus der öffentlichen Verwaltung sichtbar werden zu lassen, die dazu beitragen die Rahmenbedingungen für erfolgreiche Projektarbeit nachhaltig zu verbessern. BIM.Hamburg im Rahmen der Digitalisierungsstrategie Hamburgs ist ein herausragendes Beispiel für eine strategische Projektgovernance mit klaren Verantwortungsstrukturen, angemessenen Standards und einer förderlichen Projektkultur. Diese Entwicklung und Ausprägung der Projektgovernance ist beispielhaft- - auch über Hamburg und das Thema öffentliche Bauprojekte hinaus. Text: Heike Kratt, Hauptstadtrepräsentantin der GPM Freuen Sie sich schon jetzt auf den Vortrag von Christian Pfromm und Felix Scholz am 14.6.2021 im Rahmen des GPM Projektgovernance-Forums auf dem Zukunftskongress Staat und Verwaltung 2021. https: / / www.zukunftskongress.info / de / node / 5/ program. Christian Pfromm Als Chief Digital Officer der Freien und Hansestadt Hamburg und Leiter des Amtes für IT und Digitalisierung der Senatskanzlei koordiniert Christian Pfromm sämtliche Digitalisierungsmaßnahmen und hat die „Digitalstrategie für Hamburg“ auf den Weg gebracht. eMail: info.itd@sk.hamburg.de Internet: www.hamburg.de/ senatskanzlei/ it-und-digitalisierung/ Felix Scholz Felix Scholz leitet den Bereich PMO-& Digitalisierung in der Technical Division der Hamburg Port Authority. Als Programmmanager der virtuellen Organisation BIM.Hamburg koordiniert er die behördenübergreifende BIM-Standardisierung in der Stadt Hamburg. eMail: felix.scholz@hpa.hamburg.de Internet: www.bim.hamburg.de [2] Baldwin, Mark. Der BIM-Manager. Berlin: Beuth Verlag GmbH, 2018 Eingangsabbildung: © iStock.com / metamorworks Politik und Gesellschaft | Von der Digitalstrategie zum digitalen Planen und Bauen 23 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0064 06_Scholz.indd 23 06_Scholz.indd 23 14.08.2020 15: 58: 07 14.08.2020 15: 58: 07 Commercial Project Management: Was ist denn das jetzt? Hasso Reschke Projektmanagement ist heute weit bekannt und vielfältig praktiziert. Letztlich geht es um das Managen von Projekten, also landläufig: „ein Projekt hinkriegen“. Dass das nicht einfach ist, wissen wir alle. Dass es dazu allerlei Methoden, Konzepte, Einstellungen, Auffassungen gibt, ist allgemein bekannt. Dass sich die Betrachtungspunkte im Lauf der Zeit geändert haben, zeigt die Entwicklung der GPM. Hat man sich zu Gründerzeiten noch mit Planungstechniken (Netzplantechnik) beschäftigt, so sind heute agiles PM, Qualifizierung und Zertifizierung en vogue. Ein Feld der Projektbearbeitung ist in der fachöffentlichen Betrachtung aber bislang häufig auf der Strecke geblieben und nur einem begrenzten Kreis bekannt. Dabei haben die meisten Projekte eine technische und eine nichttechnische Seite. Erstere wird häufig von Ingenieuren oder je nach Fachinhalt von anderen Disziplinen wahrgenommen, letztere leidet in der Praxis oft Not. Für den (wirtschaftlichen) Erfolg eines Projekts sind aber beide Seiten erforderlich, zumindest, wenn es sich um Projekte im Auftraggeber-Auftragnehmer-Verhältnis (Kundenprojekte) handelt. Das trifft besonders auf die für Deutschland so wichtigen Exportprojekte zu. Was ist denn nun CPM? Der neue GPM Standard für Commercial Project Management definiert wie folgt: „Commercial Project Management (CPM, deutsch: kaufmännische Projektabwicklung) im Sinne dieses Standards umfasst die Gesamtheit aller administrativen und kaufmännischen Tätigkeiten im Projektmanagement (PM), die den kommerziellen Erfolg des Projekts sicherstellen sollen (Aufgabenspanne). CPM bezeichnet, soweit im konkreten Fall als solche eingerichtet, die Organisationseinheit oder Funktion, der die verantwortliche Wahrnehmung aller aus dem Projekt resultierenden administrativen und betriebswirtschaftlichen Aufgaben in Ausführung und / oder Koordination der relevanten Fachabteilungen und Funktionen obliegt. CPM ist zuständig für den nicht-technischen, insbesondere den administrativ-betriebswirtschaftlichen Bereich von Projekten. Es trägt die Verantwortung für vollständige, rechtzeitige, sachgerechte und projektbezogene Erfüllung der generell und aus dem Projekt erwachsenden Aufgaben und Anforderungen in diesem Bereich (Organisationseinheit). Gebräuchliche Bezeichnungen sind neben CPM, insbesondere bei unternehmensspezifisch gesetzten Schwerpunkten u. a.: Contract(s) Management, kaufmännischer Vertrieb, kaufmännische Auftragsabwicklung, Project Controlling, Order handling. Commercial Project Manager (CPMgr) bezeichnet die Person (in einer Organisation), die für ein oder mehrere Projekte die projektorientierte Erfüllung der hier beschriebenen Aufgaben des CPM ausführt und / oder, die Fachabteilungen und Funktionen steuert, koordiniert und damit den Projekterfolg absichert (Klammerfunktion). Er / sie ist ein essenzieller Teil des Projektteams (Funktion). Gebräuchliche Benennungen sind: Commercial Project Manager, Projektkaufmann/ -frau, Contract Manager, Baukaufmann/ -frau, weitere.“ Warum ist CPM so wichtig? Die beste Technik nutzt nichts, wenn die Rahmenbedingungen des Projekts nicht genügend berücksichtigt werden. Wenn also Kundenzahlungen nicht genügend abgesichert sind, wenn Versicherungen in ihren Bedingungen und Fristen nicht projektspezifisch gestaltet und ggfs. weitergeführt Wissen Commercial Project Management: Was ist denn das jetzt? DOI 10.2357/ PM-2020-0065 31. Jahrgang · 04/ 2020 24 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0065 Ressourcenplanung, die funktioniert Projektportfolio-Management Ressourcenplanung Zeit-/ Leistungserfassung Kosten-Controlling Die Testumgebung in der Cloud steht für Sie bereit Scheuring AG CH-4313 Möhlin � +41 61 853 01 54 www.scheuring.ch � info@scheuring.ch www.ressolution.ch 07_Reschke_einleitung.indd 24 07_Reschke_einleitung.indd 24 14.08.2020 15: 59: 31 14.08.2020 15: 59: 31 werden, wenn Kosten für Mehrarbeit, die nicht vom Lieferanten verursacht wurde (nämlich z. B. aufgrund von Versäumnissen des Kunden), mangels genügender Nachweise nicht eingefordert werden können, wenn der Vertrag im Rahmen von Besprechungen mit dem Kunden (unbewusst) verändert wurde und plötzlich nicht mehr passt, wenn-… usw. Lesen Sie dazu den Beitrag von Herrn Geusen, der Ihnen einige Einblicke gibt. Wenn also die nicht-technischen, aber notwendigen Dinge nicht genügend beachtet und bearbeitet werden, sei es, weil man sie dem Projektleiter (der ist für das ganze Projekt zuständig) zugeordnet hatte, dieser aber kapazitativ und vielleicht auch fachlich überfordert ist, wenn die kaufmännischen Fachabteilungen, die es ja im Unternehmen gibt, jede für sich ihren Anteil bearbeiten, aber niemand den Blick auf das Gesamtprojekt hat, wenn unseren motivierten Technikern auf der Kundenseite ausgefuchste Kaufleute und Juristen gegenübersitzen, die an Schrauben drehen, von deren Existenz unser Projektleiter gar nichts wusste- - dann gehen technisch errungene Erfolge des Projekts leider aufgrund von Mängeln im administrativ-wirtschaftlichen Bereich verloren. Sie kennen hierzu kein Beispiel aus Ihrer Praxis? Dann seien Sie glücklich. Was alles zu CPM dazugehört Der GPM Standard für Commercial Project Management gibt eine systematisierte und umfassende Darstellung aller zum CPM gehörenden Aufgaben. Er umfasst zunächst die Definitionen (siehe oben), dann die organisatorische Gestaltung, verdeutlicht die dem Einzelprojekt übergeordneten Aufgaben und systematisiert schließlich die Fachaufgaben im CPM im Einzelnen. Diese finden sich in den Themengebieten: Planung und Controlling- - Kalkulation- - Risikoanalyse und -management- - Vertragsmanagement- - Projektspezifische Steuerpflichten-- Fakturierung und Mahnwesen-- Reporting-- Änderungsmanagement- - Projektabschluss, ergänzt um ein Glossar. Die nachfolgenden Beiträge hier im Heft zu einzelnen Aspekten des CPM zeigen exemplarisch die Ausgestaltung der Tätigkeiten und ihre Anforderungen und Schwierigkeiten. Damit lässt sich erkennen, wie umfangreich die Thematik ist und wie wichtig deren sorgfältige und aufmerksame Bearbeitung sein muss. Wie man CPM organisieren kann? Es gibt kein Patentrezept, CPM zu organisieren. Jedes Unternehmen muss sich aufgrund seines Projektgeschäfts sowie der Komplexität, des Risikos, der Strukturen im Markt und anderer Aspekte selbst einen Weg suchen. Ist das Projektgeschäft für das Unternehmen bedeutend und birgt es vielfältige Risiken (wie das bei Exportprojekten oft üblich ist), so ist es schon sinnvoll, für die Thematik einen Commercial Project Manager, eine Gruppe oder gar eine Abteilung einzurichten. Diese hat nicht nur die Rolle des Abarbeiters kommerzieller Themen, sondern auch den Überblick über alle nicht-technischen Aspekte zu behalten und die jeweils erforderliche Zuarbeit anderer kaufmännischer Fachabteilungen und ggfs. auch externen Dienstleister (Rechtsanwaltskanzlei, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater) im Sinne des Projekterfolgs zu koordinieren. Weiterhin muss man dann die Beziehungen zum Projektleiter regeln, denn das enge Zusammenwirken beider bestimmt maßgeblich den Projekterfolg. Was gibt es im Ausland zu CPM? Für die Artikelreihe in diesem Heft wurde auch eine Umfrage in rd. 10 Ländern gestartet. Leider waren die Antworten nicht sehr ergiebig. Natürlich haben Projekte in anderen Ländern auch die angeführten kommerziellen Aufgaben. Allerdings sind die organisatorischen Gestaltungen anders als in Deutschland: Dort gibt es meist nicht einen CPM für ein (oder mehrere) Projekte. Vielmehr sind die unterschiedlichen kommerziellen Aufgaben auf mehrere Personen verteilt, die oft alle im Projektteam unter dem Projektleiter repräsentiert sind. Wir propagieren dagegen den umfassenden Commercial Project Manager, der mit Gesamtsicht auf das Projekt die unterschiedlichen Aufgaben koordiniert (oder selbst bearbeitet). Antonio Calabrese und andere berichten aus Italien (und das passt zu Meldungen aus anderen Ländern): “With reference to the client-contractor projects, in Italy we cannot observe a common practice to formally establish Wissen | Commercial Project Management: Was ist denn das jetzt? 25 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0065 Ressourcenplanung, die funktioniert Projektportfolio-Management Ressourcenplanung Zeit-/ Leistungserfassung Kosten-Controlling Die Testumgebung in der Cloud steht für Sie bereit Scheuring AG CH-4313 Möhlin � +41 61 853 01 54 www.scheuring.ch � info@scheuring.ch www.ressolution.ch Anzeige 07_Reschke_einleitung.indd 25 07_Reschke_einleitung.indd 25 14.08.2020 15: 59: 31 14.08.2020 15: 59: 31 the so called “Commercial Project Manager” within the organizational structure of companies, as intended in Germany or possibly in other countries. Of course, it is clear and agreed the need to address effectively all non-technical aspects and tasks of projects, but more commonly we can observe organizational structures where companies establish the following classical roles: 1. Proposal Manager(s)-- sometimes Bid Manager or Project Sales Manager 2. Project Manager” 3. ….. Eine von den Berichterstattern durchgeführte Internet-Recherche ergab: “What could be more interesting are the results coming from job searching, when using the “Commercial Project Manager” keyword. Many open positions come out, but then- - more precisely- - they are referred to typical Project managers, Portfolio Managers, Field Stakeholder Managers, Advisors, Global Category Managers and many others. But, again, nothing that at least apparently would match your definition. The interesting point is that the wording “Commercial Project Manager” started to be used and it seems a kind of awareness is growing about this role, although still “potential” because not yet established and subject to all the above mentioned limitations ”. In der angelsächsischen Welt ist der „Quantity Surveyor“ insbesondere bei Bauprojekten gebräuchlich. Aus der ursprünglichen Aufgabe, die Quantitäten im Auge zu behalten, ist in der Zwischenzeit ein dem deutschen mehr oder weniger vergleichbarer CPM geworden. Aus dem Buch: Commercial Project Management (Quellenangabe siehe Ende des Beitrags: Was tut die GPM für CPM ? in diesem Heft): Detaillierte Darstellungen zu CPM Die nachfolgenden Beiträge aus der Praxis des CPM stammen alle von Mitgliedern der GPM Fachgruppe cpm@ gpm-ipma.de. Was die GPM für CPM tut, ist im letzten Themenbeitrag dargestellt. Wir hoffen, mit den Beiträgen in diesem Heft von Projektmanagement Aktuell ein interessantes Feld dieses Spezialgebiets von Projektmanagement anschaulich und interessant darbieten zu können. Professor Hasso Reschke Dr. Hasso Reschke, war Professor für Betriebswirtschaftslehre und Projektmanagement an der Hochschule München in der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen. Als Gründungsmitglied der GPM und über 19 Jahre im Vorstand der GPM hat er die Entwicklung und Verbreitung von Projektmanagement in Deutschland wesentlich mitgeprägt. Commercial Project Management liegt ihm seit 1995 am Herzen, entsprechend ist er in der Fachgruppe CPM engagiert und hat wesentlich an der Erarbeitung des Standards für Commercial Project Management mitgearbeitet. eMail: h.reschke@cpm-institut.de Foto: © Oliver Steeger. „Der Quantity Surveyor ist ein geschützter (kaufmännischer) Beruf mit eigener Standesvertretung (RICS : Royal Institution of Chartered Surveyors ): ein britischer Berufsverband von Immobilienfachleuten und Immobiliensachverständigen. Der folgende Text stammt von der Homepage des RICS (www. rics.org). Dort können auch detaillierte weitere Informationen zum QS abgerufen werden. „ RICS wurde 1868 in Großbritannien gegründet und erhielt 1881 die königliche Charta. Heute ist sie eine weltweit tätige Berufsorganisation, die 125 . 000 Immobilienexperten rund um den Globus repräsentiert. Die RICS steht für die professionelle Berufsausübung in sämtlichen Bereichen der Immobilienwirtschaft, sei es Bewertung, Investment, Bauwesen, Projektmanagement, Infrastruktur oder Umwelttechnik, über alle Nutzungsarten hinweg. Sie reguliert und fördert den Berufsstand auf der Grundlage hoher fachlicher Standards und einer strengen Berufsethik.“ Man findet den QS vorwiegend in der angelsächsischen Einflusssphäre, also in angloamerikanischen Ländern, in UK, in Australien und Neuseeland, auf dem indischen Subkontinent, in Südafrika oder auch am arabischen Golf und den sonstigen arabischen Ländern.“ Eingangsabbildung: © iStock.com / JirapongManustrong Wissen | Commercial Project Management: Was ist denn das jetzt? 26 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0065 Stella Systemhaus löst ein Digitalisierungsproblem, das bislang als unlösbar galt EIN WEG AUS DEM DILEMMA MIT DEN DATENBLÄTTERN www.stella-systemhaus.de Anzeige 07_Reschke_einleitung.indd 26 07_Reschke_einleitung.indd 26 14.08.2020 15: 59: 32 14.08.2020 15: 59: 32 Stella Systemhaus löst ein Digitalisierungsproblem, das bislang als unlösbar galt Eine neue Software der Firma Stella Systemhaus erleichtert den Beschaffungsprozess von Sondermaschinen und -anlagen. „G2 TypeTec“ unterstützt Projektleiter beim Vergleich und bei der Bewertung der Angebote der verschiedenen Hersteller. Für den Kauf einer neuen Maschine müssen Ausschreibungsunterlagen mit oft Hunderten Seiten von Datenblättern ausgefüllt werden. Die Kriterien sind in unübersichtlichen Fließtexten enthalten. Die neue Software „G2 TypeTec“ lässt nur streng getypte Parameter wie zum Beispiel Zahlen oder Ja-/ Nein-Angaben zu. Das ermöglicht, die Anforderungen Position für Position mit den Angeboten der verschiedenen Hersteller zu vergleichen und gegebenenfalls Abweichungen anzuzeigen. Das Procedere ist einfach: Die Anforderungen, die die neue Sondermaschine erfüllen soll, werden wie sonst auch in einem Office-Dokument festgehalten. Der „G2“-Automat leitet daraus Formulare ab, übernimmt also die Soll-Werte für die Sondermaschine. Anschließend werden den Anbietern entweder Office-Dokumente oder Web-Formulare zur Verfügung gestellt. Diese tragen die jeweiligen Parameter ihrer Angebote in die vorgegebenen Datenmasken ein. Nach der Freigabe durch die Anbieter werden die ausgefüllten Office-Dokumente oder Web-Formulare ins „G2“-System importiert. Der Automat ist nun in der Lage, Soll- und Ist-Werte zu vergleichen und aufgetretene Abweichungen auszuweisen. Die Software „G2 TypeTec“ bietet mehrere Vorteile. Statt die Datenblätter der Anbieter Zeile für Zeile durchzuarbeiten und mit den Parametern aus dem Lastenheft zu vergleichen, kann sich der Projektleiter anhand der von „G2 TypeTec“ ausgewiesenen Abweichungen schnell einen Überblick verschaffen, welches Angebot seine Anforderungen am besten erfüllt. Das Vermögen, Abweichungen herauszufiltern, ist ein Alleinstellungsmerkmal von „G2 Type- Tec“. Zudem ermöglicht die neue Software, den Prozess des Soll-Ist-Vergleichs an Projektmitarbeiter zu delegieren. Weil die Anbieter alle Vorgaben getypt ausfüllen, kann auch kein Parameter mehr übersehen werden. Am Ende können sämtliche Daten in das Warenwirtschaftssystem importiert werden (u.a. Excel, Access, Text, Zwischenablage). Das neue Modul „G2 TypeTec“ ist Bestandteil der Programmsuite „Stella EPC“. Das Anwendungspaket umfasst neben der Beschaffung der Maschine auch die Abnahme, außerdem ein Ticketsystem, ein Dokumentenmanagement- und ein Leitungsinformationssystem. Stella Systemhaus ist mit der Software „G2“ seit 15 Jahren auf dem Markt und in der Lage, beliebig komplexe Unternehmensprozesse zu digitalisieren. Der Vorteil: Die Anwender entwickeln und betreiben Lösungen selbstständig und unabhängig von IT-Experten - umfassender als mit Excel und passgenauer als mit einer Branchenlösung. Programmierkenntnisse sind dafür nicht nötig. Wer mit „Excel“ arbeitet, kann das auch mit „G2“. Zudem liegen die Daten wohlgeordnet auf einem sicheren Datenbankserver. EIN WEG AUS DEM DILEMMA MIT DEN DATENBLÄTTERN www.stella-systemhaus.de Anzeige 07_Reschke_einleitung.indd 27 07_Reschke_einleitung.indd 27 14.08.2020 15: 59: 32 14.08.2020 15: 59: 32 »Ohne Moos nix los« Wie lässt sich wirtschaftlicher Erfolg von Auftragsprojekten gestalten und steuern? Karl Geusen Für eilige Leser | Commercial Project Management (CPM) hat in Unternehmen, die Aufträge in Form von Projekten abwickeln, eine besondere Bedeutung, da sich das Unternehmensergebnis aus der Performance der Projekte ergibt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Projekte nicht erst mit der Abwicklung starten, sondern bereits in der Angebotsphase, da z. B. mit Inkrafttreten des Vertrags das Budget feststeht. CPM muss also eine realistische Kalkulation sicherstellen. In der Abwicklung kommt es vor allem darauf an, durch Transparenz in den Daten frühzeitig Abweichungen von der Planung zu erkennen, um durch zeitnahe Maßnahmen im Sinne einer proaktiven Steuerung von Kosten und Cash Flow negative Einflüsse auf das Projektergebnis möglichst zu vermeiden. So trägt professionelles CPM dazu bei, dass das Unternehmen am Ende Geld verdient, denn: ohne Moos nix los! Schlagwörter | Commercial Project Management, Anlagenbau, Kostenkalkulation, realistisches Budget, Vertrag, proaktive Steuerung, Transparenz Einleitung In vielen Unternehmen werden Aufträge in Form von Projekten abgewickelt, d. h., das Unternehmensergebnis basiert auf den Wertbeiträgen, die sich aus der Performance der einzelnen Projekte ergeben. Daher spielt das Commercial Project Management (CPM) eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, den wirtschaftlichen Erfolg nicht nur einzelner Aufträge, sondern des ganzen Unternehmens sicherzustellen. Wissen Wie lässt sich wirtschaftlicher Erfolg von Auftragsprojekten gestalten und steuern? DOI 10.2357/ PM-2020-0066 31. Jahrgang · 04/ 2020 Abbildung 1: Kernprozess Auftragsabwicklung im Anlagenbau 28 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0066 08_geusen.indd 28 08_geusen.indd 28 14.08.2020 16: 00: 28 14.08.2020 16: 00: 28 Aber worauf kommt es dabei an, was sind die kritischen Erfolgsfaktoren? Dieser Fragestellung geht der Beitrag am Beispiel des (Groß-)Anlagenbaus nach. Dort ist nach wie vor eine klassische Projektabwicklung üblich. Allerdings startet das Projekt eigentlich schon vor dem Auftragsstart mit der Angebotsphase, in der bereits ein nicht unerheblicher Teil der Projektplanung stattfindet. Die Anfrageanalyse fällt im Wesentlichen in den Aufgabenbereich des Vertriebs, weshalb hierauf nicht weiter eingegangen wird, aber bei der Angebotserstellung und der Vertragsverhandlung kommt dem CPM eine besondere Bedeutung zu, da alle hier festgelegten Parameter und Regelungen die Basis für die spätere kaufmännische Auftragsabwicklung bilden. Hier entscheidet sich bereits, inwieweit ein potenzieller Auftrag später auch wirtschaftlich erfolgreich abgewickelt werden kann. Und nach Unterzeichnung des Vertrags dafür Sorge zu tragen, dass dieser auch in Kraft tritt und somit die Auftragabwicklung beginnen kann, ist eine Domäne der Commercial Project Manager (CPMgr.). Angebotserstellung Die wesentliche kaufmännische Aufgabe bei der Angebotserstellung ist die Schätzung der zu erwartenden Kosten für die Abwicklung des Projektes. Basis hierfür ist der von den technischen Fachabteilungen erarbeitete Liefer- und Leistungsumfang. Je genauer das Mengengerüst definiert ist, desto besser können die zu erwartenden Kosten abgeschätzt werden. Es gilt aber auch, dass der Aufwand für die technische Bearbeitung mit zunehmender Genauigkeit exponentiell steigt, sodass aus Kostengründen während der Angebotsphase eine gewisse Ungenauigkeit akzeptiert werden muss. Hier kommt nun ein weiterer, ganz wesentlicher kaufmännischer Aspekt ins Spiel- - die Bewertung von Ungenauigkeiten und Risiken, und zwar von im Prinzip bekannten Risiken als auch von unvorhersehbaren Ereignissen. Die Ungenauigkeit der Kalkulation gehört in die erste Kategorie, ebenso wie Risiken, die z. B. aus Fehlern im Engineering oder aus Qualitätsmängeln bei Fertigung oder Montage resultieren. Dies können aber auch kaufmännische Risiken sein wie Preissteigerungen durch Inflation, Zahlungsausfälle o. Ä. Neben der Identifikation der Risiken ist eine Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit notwendig, um daraus eine angemessene Risikovorsorge als Bestandteil der Kalkulation abzuleiten. Allerdings kann man so lediglich statistisch die Risiken abdecken, wie das folgende Beispiel verdeutlicht: Für den Bau einer Chemieanlage in Chile war aus Kostengründen die Fertigung eines großen Reaktors aus glasfaserverstärktem Kunststoff nach Indien vergeben worden. Für den Schiffstransport von Mumbai nach Santiago ließ der Kapitän den Reaktor auf dem Oberdeck befestigen, da er befürchtete, dass der Reaktor bei einem Sturm unter Deck durch eventuell verrutschende andere Ladung beschädigt werden könnte. Leider hatten die Hafenarbeiter den Reaktor aber nicht richtig festgezurrt. Als das Schiff dann tatsächlich in einen Sturm geriet, wurde der Reaktor losgerissen und liegt nun irgendwo auf dem Grund des indischen Ozeans. Die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas passiert, ist zwar grundsätzlich gering, aber im konkreten Fall ist dennoch ein erheblicher Schaden entstanden. Die erneute Fertigung des Reaktors hat zwar die Transportversicherung übernommen, doch kam sie nicht für die Folgeschäden durch den entstandenen Terminverzug auf. Darüber hinaus muss auch eine Vorsorge für unvorhersehbare Ereignisse gebildet werden. Hierunter fallen z. B. Naturkatastrophen, Kriege, aber auch Änderungen von (technischen) Vorschriften. Da niemand aufgrund der Unvorhersehbarkeit einen möglichen Aufwand auch nur ansatzweise abschätzen kann, wird üblicherweise ein pauschaler Ansatz gewählt, durch einen prozentualen Aufschlag auf die kalkulierten Kosten. Am Ende der Angebotserstellung steht das kaufmännische Highlight dieser Phase: die Bestimmung des Angebotspreises. Traditionell wird dieser in vielen Anlagenbaufirmen berechnet, indem zu den kalkulierten Kosten ein Aufschlag auf Basis einer vorgegebenen Gewinnmarge addiert wird. Diese Methode hat jedoch einen entscheidenden Nachteil: In den meisten Fällen weicht der so berechnete Preis vom »Marktpreis« ab, der sich im Wesentlichen aus der Erwartung des Kunden ableitet. Sollte dieser höher liegen, so verschenkt der Anlagenbauer ein gewisses Gewinnpotential. Meistens jedoch liegt er niedriger. Dann verliert man entweder den Auftrag (und der in der Regel beträchtliche Aufwand für die Angebotserstellung war vergebens), oder aber der Vertrieb senkt den Angebotspreis entsprechend ab. Um die vorgegebene Marge trotzdem einhalten zu können, werden die Kosten- - schlimmstenfalls unrealistisch- - reduziert ( O-Ton eines Vertrieblers: »Wenn ich realistisch kalkulieren würde, könnte ich nichts verkaufen« ). Das führt in der Abwicklung unweigerlich zu nicht geplanten Verlusten. Es ist daher ratsam, die Entscheidung über den Angebotspreis und insbesondere die Verantwortung für die Kalkulation nicht dem Vertrieb allein zu überlassen. Um eine realistische, auf kaufmännisch wie technisch validen Parametern basierende Kalkulation sicherzustellen, hat sich in der Praxis bewährt, diese einem für diesen Zweck etablierten Gremium, dem die Geschäftsleitung sowie Vertreter aller relevanten Fachabteilungen angehören, zur Validierung vorzulegen. In diesem Gremium wird dann transparent das erstellte Angebot bewertet und entschieden, ob beispielsweise aus strategischen Gründen auch einmal eine unter der Zielvorgabe liegende Marge akzeptiert werden Abbildung 2: Kernprozess Angebotsphase im Anlagenbau Wissen | Wie lässt sich wirtschaftlicher Erfolg von Auftragsprojekten gestalten und steuern? 29 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0066 08_geusen.indd 29 08_geusen.indd 29 14.08.2020 16: 00: 28 14.08.2020 16: 00: 28 kann, um dadurch die Chancen bei der Auftragsvergabe zu verbessern. Vertragsverhandlung Wenn der Kunde das Angebot attraktiv findet, beginnt die Phase der Vertragsverhandlung. Im Anlagenbau ist es üblich, dass es für jeden Auftrag einen individuellen Vertrag gibt, in dem die Interessen beider Vertragsparteien gegeneinander abgewogen werden. Die Vertragsverhandlung sollte aber nicht allein den Juristen und Technikern überlassen werden, denn auch kaufmännische Expertise ist von entscheidender Bedeutung. Da eine möglichst genaue Beschreibung des Liefer- und Leistungsumfangs im Vertrag unabdingbar ist, sollte zumindest dieser Teil des Angebots als Anlage aufgenommen werden. Allerdings versuchen Kunden immer wieder, speziell bei Verhandlungen mit einem Generalunternehmer (»lump-sum turn-key«-Projekte, also Pauschalpreis, schlüsselfertig), im Vertragstext »Weichmacher« einzubauen, wie z. B. • »Der Auftragnehmer sichert die Funktionsfähigkeit der Anlage zu und liefert dazu alle notwendigen Ausrüstungen.« • »Die Anlage wird gemäß dem letztgültigen Stand der Technik gebaut.« Die Erfahrung lehrt, dass viele Techniker die Sprengkraft solcher, vermeintlich eindeutiger Formulierungen verkennen. Selbstverständlich muss die Anlage die vertraglich geforderte Funktionalität erreichen; und den Anspruch, den Stand der Technik zu berücksichtigen, hat ohnehin jeder Ingenieur. Aber was passiert, wenn der Kunde im Verlauf der Abwicklung Änderungen an der Ausführung fordert (die aus seiner Sicht immer »notwendig« sind) oder ein allgemein anerkannter Branchenverband eine neue Richtlinie herausgibt, die eine andere Auslegung von einzelnen Komponenten vorgibt? Dann haben es die CPMgr. schwer, eine Anspruchsgrundlage für eine Kompensation der Mehrkosten zu generieren, denn der Kunde kann mit Bezug auf die erwähnten Klauseln fordern, dass die notwendigen Änderungen ohne Nachtrag durchgeführt werden, da sie gemäß Vertrag mit dem ursprünglichen Vertragspreis abgegolten seien. Ein weiteres Betätigungsfeld für versierte CPMgr. sind die ständigen Veränderungen am Vertragsgegenstand im Verlauf der Verhandlungen. Im Anlagenbau ist es nicht unüblich, dass der Liefer- und Leistungsumfang mehrfach an die Wünsche des Kunden angepasst werden muss. Auf der einen Seite werden Teile herausgenommen, wenn der Kunde z. B. der Auffassung ist, eine preisgünstigere Alternative zu haben. Auf der anderen Seite kann der Kunde besondere Wünsche haben, durch die zusätzliche Kosten entstehen können. Das zeigt ein konkreter Fall beim Bau einer Chemieanlage: Der Kunde äußerte während der Verhandlungen den Wunsch, die Rohrleitungen aus Edelstahl statt wie im Angebot aus Gusseisen auszuführen. Dies wurde im Vertrag so vereinbart, ohne dass eine Kostenanalyse durchgeführt wurde. In der Abwicklung ergaben sich dann ungeplante Mehrkosten von über 1 Mio. Euro, was mehr als 20 % des geplanten Gewinns entsprach. Es ist also zwingend geboten, dass alle Veränderungen im Laufe der Vertragsverhandlungen kaufmännisch eng begleitet und in die Kalkulation eingearbeitet werden. Und das kann durchaus sehr komplex werden. Es gibt im Anlagenbau nicht selten Projekte, in denen sich die Verhandlungsphase über mehrere Jahre hinziehen kann. Dabei sind mehr als zwei Dutzend Revisionen des Angebots keine Seltenheit, die zusätzlich mehrere Kalkulationsversionen und Optionspreise enthalten können. Hier den Überblick zu behalten, erfordert einen kühlen Kopf mit kaufmännischem Sachverstand, insbesondere wenn es in der Schlussphase der Verhandlungen hektisch wird. Inkraftsetzung des Vertrags Auch wenn beide Vertragsparteien den Vertrag rechtskräftig unterschrieben haben, bedeutet das noch lange nicht, dass der Vertrag auch rechtswirksam, d. h. in Kraft getreten ist. Vielmehr ist es üblich, dass hierzu bestimmte, im Vertrag festgelegte Voraussetzungen erfüllt werden müssen. Dazu zählt normalerweise, dass der Kunde eine Anzahlung leistet, abgesichert durch eine Bankbürgschaft des Auftragnehmers. Des Weiteren gibt es ggf. Gremienvorbehalte, d. h., dass der Vertrag durch Aufsichtsorgane der Vertragsparteien genehmigt werden muss. Es ist die Aufgabe der CPMgr., dafür Sorge zu tragen, dass alle im Vertrag für das Inkrafttreten geregelten Aufgaben zügig erledigt werden, denn sowohl der Kunde als auch das eigene Projektteam drängen aus Termingründen oft darauf, unverzüglich mit der technischen Projektbearbeitung zu beginnen. Das sollte aber auf keinen Fall vor Inkrafttreten des Vertrags erfolgen, denn damit würde der Anlagenbauer in Vorleistung treten mit dem Risiko, keinen Vergütungsanspruch für die erbrachten Leistungen zu haben, falls der Vertrag doch nicht in Kraft tritt-- was durchaus schon vorgekommen ist, wenn z. B. der Kunde die Anzahlung nicht zahlt, da die Finanzierung im letzten Moment scheitert. Auftragsstart-- Planung der Auftragsabwicklung Man könnte meinen, dass der Auftragsstart aus kaufmännischer Sicht einfach ist. Wenn während der Angebotsphase die Kalkulation ordentlich gepflegt wurde und diese den finalen Liefer- und Leistungsumfang realistisch widerspiegelt, steht das Budget für die Abwicklung fest. Dann bleiben noch ein paar administrative Tätigkeiten wie das Anlegen der Kostenstruktur im ERP-System und fertig-- oder? Ganz so einfach ist es in der Praxis dann doch nicht, denn es gibt noch ein paar zusätzliche Planungsaktivitäten. Das fängt bei den Kosten an, denn es ist nicht nur relevant, wie hoch die Gesamtkosten des Projekts sind, sondern auch, wann die Kosten anfallen. Grund hierfür ist die Tatsache, dass viele Unternehmen heute ihre Bilanz nach internationalen Standards wie IFRS erstellen. Anders als nach deutschem Handelsrecht, das eine Umsatzrealisierung erst nach Fertigstellung eines Auftrags zulässt, wird dort eine monatliche Umsatzrealisierung nach Fortschritt gefordert. Der Fortschrittsgrad (Percentage of Completion- - PoC) wird dabei meist berechnet aus dem Verhältnis der tatsächlich angefallenen Kosten zu den erwarteten Gesamtkosten. Auch müssen viele Unternehmen Prognosen für den zukünftigen Geschäftsverlauf abgeben. Als Basis hierfür benötigt das Finanzwesen die Planung der zeitlichen Verteilung der Kosten in den einzelnen Projekten. Insbesondere bei größeren, komplexen und vor allem langfristigen Projekten ist es ratsam, den Kostenverlauf Wissen | Wie lässt sich wirtschaftlicher Erfolg von Auftragsprojekten gestalten und steuern? 30 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0066 08_geusen.indd 30 08_geusen.indd 30 14.08.2020 16: 00: 28 14.08.2020 16: 00: 28 aus dem Terminplan abzuleiten, d. h. den einzelnen Terminplanaktivitäten die entsprechenden Kosten zuzuordnen und so eine Fortschrittskurve zu erstellen. Hierdurch können auch im weiteren Verlauf der Abwicklung auftretende Abweichungen leichter erkannt werden. Anschließend ist auch der zu erwartende Cash Flow zu planen, d. h. die monatlichen Geldabflüsse und -einnahmen gegenüberzustellen. Erstere ergeben sich aus dem Kostenverlauf (s. o.). Die Geldeingänge leiten sich aus dem Vertrag ab. Kein Anlagenbau-Unternehmen ist in der Lage oder willens, einen Auftrag im zwei- oder dreistelligen Millionenbereich vorzufinanzieren. Deshalb ist es üblich, dass der Kunde neben der Anzahlung zu Beginn des Auftrags weitere Abschlagszahlungen leistet. Höhe und Zeitpunkt der jeweiligen Zahlungen werden als Zahlungsplan im Vertrag vereinbart. Im Idealfall ist dieser so gestaltet, dass über die gesamte Projektlaufzeit ein positiver Cash Flow existiert. Das schont nicht nur die eigenen Kreditlinien, sondern dient auch der Risikominimierung, da selbst bei einem vorzeitigen Projektabbruch-- etwa wenn der Kunde insolvent wird-- die bis dato aufgelaufenen Kosten gedeckt sind. Insgesamt gilt auch für das CPM: Gute Planung ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Projektabwicklung. Auftragsabwicklung Sind alle kaufmännischen Planungsaspekte sauber berücksichtigt, gilt es nun, die Projektabwicklung so zu steuern, dass die gesteckten Ziele erreicht werden, frei nach dem Grundsatz »Plan the work-- work the plan« . Wie wichtig es dabei ist, vom ersten Tag an die Entwicklung des Projektes aktiv zu verfolgen und immer wieder zu analysieren, ob man noch »im Plan« ist, zeigt folgendes Praxis-Beispiel: Innerhalb eines Monats war es einem Anlagenbauunternehmen gelungen, zwei Aufträge für den Bau einer Chemieanlage mit gleicher Technologie zu erhalten. Der erste Auftrag beinhaltete den Bau einer Standardanlage in einem Land, in dem das Unternehmen schon erfolgreich viele Anlagen gebaut hatte. Insofern wurde dieses Projekt als risikoarm eingestuft. Der zweite Auftrag über den Bau einer »first-of-its-kind«-Anlage mit neuem verfahrenstechnischen Konzept war gegen harten Wettbewerb gewonnen worden. Da man das Projekt aus strategischen Gründen als Referenz gewinnen wollte, war der Preis soweit gesenkt worden, dass in der Kalkulation nahezu kein Gewinn mehr ausgewiesen wurde. Weitere Risiken ergaben sich aus dem Aufstellungsort mit problematischen Rahmenbedingungen. Alles in allem ein Hochrisikoprojekt. Folglich hatte dieses Projekt die volle Aufmerksamkeit des Managements, während man das erste Projekt »laufen« ließ. Nach einem Jahr stellte sich die Situation wie folgt dar: Das Hochrisikoprojekt hatte sich dank der aktiven Steuerung sehr positiv entwickelt. Wie im Vertrag vereinbart, war das Design der Anlage zusammen mit dem Kunden optimiert worden. Dadurch war der Kunde am Ende des Projekts sehr zufrieden, obwohl sich der Auftragswert deutlich erhöht hatte, wodurch das Anlagenbauunternehmen einen Gewinn verbuchen konnte. Das andere Projekt steckte jedoch in tiefen Schwierigkeiten, vor allem wegen der schlechten Performance lokaler Partner. Als Konsequenz gab es einen erheblichen Terminverzug und Kostenüberschreitungen. Doch trotz erheblicher Aufwendungen in der Folge konnte kein Turn-Around mehr erzielt werden. Die Anlage ging zum Leidwesen des Kunden verspätet in Betrieb, und der Auftrag generierte deutliche Verluste. Was lehrt uns das? Je später Probleme in einem Projekt bzw. Abweichungen von der Planung erkannt werden, desto schwieriger wird es, das Projekt zurück in die Spur zu bringen. Und ab einem gewissen Punkt bleibt nur noch Schadensbegrenzung. Es ist also von entscheidender Bedeutung, jedes Projekt zu jeder Zeit auf dem Radarschirm zu haben. Hierzu ist es notwendig, größtmögliche Transparenz zu schaffen. Das bedeutet aus kaufmännischer Sicht vor allem, ständig die Kosten im Blick zu haben und im Rahmen der mitlaufenden Kalkulation die zu erwartenden Gesamtkosten auf der Basis von Ist-Kosten und Bestellwerten aus dem Einkauf permanent zu aktualisieren. Zur Unterstützung kann die Earned-Value-Methode (EVM) genutzt werden, denn die Kennziffern CPI (Cost Performance Index) und SPI (Schedule Performance Index) sind gute Frühindikatoren. Abbildung 3: Mängelbeseitigungskosten steigen exponentiell! Wissen | Wie lässt sich wirtschaftlicher Erfolg von Auftragsprojekten gestalten und steuern? 31 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0066 08_geusen.indd 31 08_geusen.indd 31 14.08.2020 16: 00: 28 14.08.2020 16: 00: 28 Neben den Kosten müssen die CPMgr. auch den Cash Flow im Blick behalten und insbesondere für die Einhaltung des vertraglichen Zahlungsplans sorgen. Das bedeutet vor allem, dass Rechnungen an den Kunden zeitnah erstellt werden. Anschließend muss der Zahlungseingang eng verfolgt werden, einschließlich entsprechender Mahnungen bei Verzug. Das ist eigentlich kaufmännisches Handwerk, wird aber allzu oft aus falsch verstandener Kundenorientierung oder Mangel an interner Transparenz vernachlässigt. Neben der reinen Projektperspektive gibt es aus kaufmännischer Sicht aber noch einen weiteren wichtigen Aspekt. Um diesen zu verstehen, stellen wir uns folgende Situation vor: In einem Anlagenbauprojekt läuft zunächst alles nach Plan-- Engineering und Materialbeschaffung sind im Zeitplan und auch auf der Kostenseite gibt es keine Budgetüberschreitungen. Als aber der Bauleiter kurz vor Montagebeginn auf die Baustelle kommt, stellt er fest, dass das separat vom Kunden beauftragte Bauunternehmen die Fundamente noch nicht fertiggestellt hat, sodass die Montage erst mit einem Verzug von mehreren Monaten beginnen kann. Aus Projektsicht handelt es sich um eine Vertragsstörung, die im Wege eines Vertragsnachtrags mit Verschiebung der zukünftigen Vertragstermine sowie Erstattung der resultierenden Mehrkosten zu beheben ist.Ist damit alles unter Kontrolle? Wie schon im Kapitel Projektplanung dargelegt, bilanzieren viele Anlagenbauunternehmen nach internationalen Regelwerken mit monatlicher PoC-Umsatzrealisierung. Wenn also die geschilderte Situation ohne Vorwarnung auftritt, fehlen dem Unternehmen kurzfristig wegen fehlendem Fortschritt Umsatz und damit Deckungsbeitrag, d. h., auch wenn sich aus Projektsicht perspektivisch das Ergebnis nicht verschlechtert, hat das Unternehmen ad hoc doch ein Ergebnisproblem. Es ist daher für das Unternehmenscontrolling von entscheidender Bedeutung, möglichst frühzeitig eventuelle Veränderungen der Umsatzentwicklung einzelner Projekte zu erfahren, um gegensteuern zu können. Es kommt also für eine erfolgreiche (kaufmännische) Projektabwicklung vor allem darauf an, durch Transparenz und proaktives Handeln so früh wie möglich Abweichungen von der Projektplanung zu erkennen und geeignete Korrekturmaßnahmen einzuleiten. Projektabschluss Nachdem die Anlage (technisch) vom Kunden abgenommen wurde, beginnt die Phase des Projektabschlusses. Während die Arbeit für das technische Projektteam nun schnell zu Ende geht, haben die CPMgr. viel zu tun, da es zu diesem Zeitpunkt üblicherweise noch eine ganze Reihe offener kaufmännischer Themen gibt. Nicht selten steht der Betrag für die Schlussrechnung an den Kunden nicht fest, da noch nicht alle Nachträge mit dem Kunden verhandelt und beauftragt sind. Und dann halten viele Kunden gerne einen Teil der Zahlungen unter Hinweis auf noch offene Mängel zurück. Manche Kunden sind hier sehr kreativ. So weigerte sich ein Kunde, die Schlussrate in Höhe von 5 % des Auftragswertes zu bezahlen, da noch Toilettenpapierhalter und ähnliches fehlen würden, obwohl die Anlage voll in Produktion war. Das klingt anekdotisch, aber in manchen Kulturkreisen ist es Methode, die Schlussrate aus fadenscheinigen Gründen nicht zu bezahlen. Deshalb gehört es zur Risikoabwägung in der Angebotsphase, ein solches Szenario mit abzudecken. Schließlich muss dafür Sorge getragen werden, dass die herausgelegten Bankbürgschaften- - ein nicht unerheblicher Kostenfaktor- - wieder zurückgegeben werden. Neben den kundenbezogenen Aktivitäten sind auch alle Transaktionen mit Lieferanten und Sub-Unternehmern ebenso abzuschließen. Zum Schluss müssen zusammen mit dem Finanzwesen im ERP-System alle Salden zwischen Kostenplanung und Ist-Kosten auf »Null« gesetzt werden. Für die Gewährleistungsphase müssen bilanzielle Rückstellungen gebildet werden. Nur wenn alle offenen Themen geklärt sind, kann das Projekt final kaufmännisch abgeschlossen werden. Und erst dann lässt sich abschließend beurteilen, ob das Projekt wirtschaftlich erfolgreich war. Zum einen bemisst sich diese Bewertung natürlich am absoluten Wertbeitrag des Projekts zum Unternehmensergebnis. Ein weiterer Maßstab ist aber auch die Relation zwischen geplantem Ergebnis im Budget und dem tatsächlich erreichten Ergebnis. Wenn also ein Projektleiter einen ursprünglich erwarteten Verlust deutlich reduziert hat, so war er unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten durchaus erfolgreich. Zusammenfassung In erster Linie ist selbstverständlich die Kundenzufriedenheit entscheidend dafür, ob ein Auftragsprojekt erfolgreich ist. Für ein Anlagenbauprojekt bedeutet dies, dass zuvorderst die Anlage termingerecht fertiggestellt wird und dass alle vertraglichen Produktparameter hinsichtlich Quantität und Qualität erfüllt werden. Darüber hinaus ist es aber für das Anlagenbau-Unternehmen von entscheidender Bedeutung, dass das Projekt auch wirtschaftlich erfolgreich war. Um dieses Ziel zu erreichen, spielt CPM eine Schlüsselrolle. Zunächst geht es darum, während der Angebotsphase mit einer realistischen Kalkulation nach bestem Wissen und Gewissen sowie einem »sauberen« Vertrag ein solides Fundament für die Auftragsabwicklung zu legen. Eine ordentliche Planung bildet dann die Basis für eine proaktive Steuerung von Kosten und Cash Flow. Ein transparentes Reporting sorgt dafür, dass notwendige Korrekturmaßnahmen frühzeitig eingeleitet werden. So können professionelle CPMgr. sicherstellen, dass das Unternehmen am Ende auch Geld verdient, denn wie der Volksmund sagt: ohne Moos nix los! Eingangsabbildung: © Karl Geusen Karl Geusen Selbständiger Projektmanagement- Berater mit mehr als 30 Jahren Führungserfahrung in technischen und kaufmännischen Managementpositionen bei namhaften, weltweit tätigen (Groß-)Anlagenbauunternehmen, Lehrbeauftragter für Projekt-Controlling eMail: karl.geusen@geusen-consult.com Wissen | Wie lässt sich wirtschaftlicher Erfolg von Auftragsprojekten gestalten und steuern? 32 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0066 08_geusen.indd 32 08_geusen.indd 32 14.08.2020 16: 00: 29 14.08.2020 16: 00: 29 Die richtigen Leute richtig mitnehmen Einbindung von Stakeholdern ins CPM Thomas Röllecke Für eilige Leser | Dieser Beitrag legt den Fokus auf den Zusammenhang des Stakeholdermanagements mit dem CPM. Welches sind typische interne und externe Stakeholder für den Projektkaufmann (CPMgr)? Wie kann eine Aufgabenteilung zwischen Projektleiter und CPMgr aussehen? Einige praktische Tipps ergänzen die Ausführungen. Besondere Aufmerksamkeit wird darüber hinaus den Themen „Verbindung des Risikomanagements mit dem Stakeholdermanagement“ und der „Bewegung von Stakeholdern in einem Portfolio“ gewidmet. Der frühe Beginn eines bewussten Stakeholdermanagements ist auch für das CPM von entscheidender und risikomindernder Bedeutung. Schlagwörter | Stakeholder, Interessen, Projekterfolg, Projektscheitern, Zusammenarbeit, Risiko- und Chancenmanagement, Risikotabelle Relevanz des Stakeholdermanagements Das englische Wort Stakeholder wird im Deutschen übersetzt mit Interessenvertreter, Anspruchsberechtigter, Interessenseigner, interessierte Person, Mitglied einer Interessengruppe oder auch als Projektbeteiligter . Zudem können es auch vom Projekt Betroffene sein, in der DIN ISO 9001: 2015 wiederum wird von „interessierten Parteien“ gesprochen. In Zusammenhang mit dem Projektmanagement lassen sich interne und externe Stakeholder unterscheiden, also solche, die sich innerhalb der eigenen Firma (dies schließt auch das Projektteam selbst ein) befinden, und solche, die sich außerhalb der eigenen Firma befinden. Die Interessen der Stakeholder können rational oder emotional bedingt und offen, aber auch verdeckt vorhanden sein. So können die Interessen der Stakeholder das Projekt unterstützen, dulden oder auch behindern. Da sie eine gravierende Wirkung auf den Projekterfolg ausüben können, ist das Stakeholdermanagement, also der auf Erreichung der Projektziele gerichtete Umgang mit den Stakeholdern, eng mit dem Risikomanagement verbunden. Viele der Risiken, aber auch Chancen in einem Projekt stehen in Zusammenhang mit Stakeholdern. Werden sie nicht ausreichend berücksichtigt, werden wesentliche Risikoquellen, aber auch Chancen übersehen. Das Projektgeschäft ist prädestiniert für den Einsatz von Stakeholdermanagement, da kein Projekt mit dem anderen identisch ist. Selbst wenn sich Projekte ähnlich sind, haben sie zumindest teilweise unterschiedliche Stakeholder. Sei es der Kunde, die Lieferanten, beteiligte Partner, das Team, Behörden, genehmigende Stellen, Nutzer oder andere Betroffene: Identisch sind die einzelnen Stakeholder in den Projekten meist nicht, außerdem können sich durch unterschiedliche Konstellationen von Stakeholdern in den verschiedenen Projekten ganz andere Spannungsfelder ergeben. Stakeholdermanagement ist im Projekt auch eine besondere Herausforderung. Da häufig neue Stakeholder hinzukommen, die oft nur für ein Projekt relevant sind, ist deren Identifikation, Analyse und die Ausarbeitung entsprechender Maßnahmen durch Zeitdruck geprägt. Die Fertigstellungstermine der Projekte liegen oft schon fest, wenn erst richtig deutlich wird, welche Stakeholder eine Rolle spielen. Eine Verzögerung bei deren Betreuung kann sich schnell als großes Hindernis für den Projekterfolg herausstellen. Das Stakeholdermanagement in Projekten Das Stakeholdermanagement ist praktisch mit allen anderen PM-Disziplinen verknüpft, insbesondere aber mit dem Risiko-/ Chancenmanagement. Sie alle haben bestimmte Stakeholder. Dies sind zumindest die Personen, die sich im Projekt selbst um die verschiedenen Themen kümmern. Da Projekte häufig in einer Matrixorganisation organisiert sind, kommen Wissen Einbindung von Stakeholdern ins CPM DOI 10.2357/ PM-2020-0067 31. Jahrgang · 04/ 2020 33 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0067 09_roellecke.indd 33 09_roellecke.indd 33 14.08.2020 16: 15: 52 14.08.2020 16: 15: 52 die Leitungen von Fachabteilungen dazu, die ihre Mitarbeiter in die Projekte schicken. Viele der Disziplinen haben auch Außenkontakte, sei es zum Kunden, zu Lieferanten, zu Behörden oder zu anderen Betroffenen. Diese Verknüpfungen werden den Beteiligten jedoch häufig nicht gleich bewusst. Ein einfaches Schaubild hilft dabei, solche Verbindungen übersichtlich darzustellen. Stakeholdermanagement im CPM International ist oft der Projektleiter allein der „Herr“ des Projekts und verantwortet das gesamte Projekt inklusive aller technischen, organisatorischen und finanziellen Aspekte. In Deutschland ist jedoch die Rolle des Commercial Project Managers (CPMgr) deutlich ausgeprägter, der in vielen Firmen den Projektleiter unterstützt oder gelegentlich sogar gleichberechtigt mit ihm zusammen das Projekt steuert. Um herauszufinden, welche Stakeholder speziell für das CPM wichtig sind, empfiehlt es sich, zunächst einmal eine Umfeldanalyse des Projekts zu machen bzw. eine bereits existierende Umfeldanalyse nochmals genauer zu betrachten. Auf dieser Basis lässt sich dann- - am besten im Team und in Form einer Mindmap- - eine aufschlussreiche Darstellung der speziell aus CPM-Sicht involvierten Stakeholder erarbeiten. Wichtig ist hierbei, dass auch der Projektleiter involviert ist. In Projekten, in denen der CPMgr gleichzeitig stellvertretender Projektleiter ist, muss er sich mit dem PL zu Beginn und später laufend abstimmen, wer wie welche Stakeholder betreut. Eine bereits existierende Übersicht über die Stakeholder sollte bewusst um spezielle Anforderungen des CPM ergänzt werden. In einer solchen Mindmap oder Auflistung kann auch gezielt festgelegt werden, wer sich primär um welche Stakeholder kümmert. Weiterhin ist es wichtig, dem Projektteam diese Informationen auch in einer sinnvollen Form zur Verfügung zu stellen. Gemeinsam sollten PL und CPMgr festlegen, wie das Stakeholdermanagement im Projekt gehandhabt wird und wer für die Betreuung welcher Stakeholder zuständig ist. Interne Stakeholder Zu Beginn eines Projekts sind zunächst einmal alle internen Stakeholder mit der Rolle und Funktion des CPM vertraut zu machen, sofern dies nicht grundsätzlich von der Organisationsstruktur her allen Beteiligten bereits klar ist. Der CPM sollte mit Unterstützung des PL speziell allen Mitarbeitern des Projektteams klarmachen, wie die Rollen verteilt sind und welche Bedeutung der CPMgr hat. Bereits im Kick-off eines Projekts sollten auch die Beteiligten des CPMgr und ihre speziellen Rollen vorgestellt werden (z. B. Controlling, Rechnungswesen, Finanzierung, Versicherung, Export-/ Importgenehmigungen, Einkauf, Logistik / Versand etc.). Bezüglich der internen Stakeholder ist in vielen Fällen klar, für welche Stakeholder der CPMgr zuständig ist (siehe Mindmap in Abb. 2). Am wichtigsten ist der Projektleiter. Mit ihm muss der CPMgr eng zusammenarbeiten und sich laufend abstimmen. Dazu gehört auch die gegenseitige Information über wichtige Ereignisse in der Zusammenarbeit mit den Stakeholdern. Externe Stakeholder Für die externen Stakeholder wird es oft schon schwieriger, die Zuständigkeiten festzulegen. Hier ist auch zu beachten, mit wem sie kommunizieren möchten. Insbesondere beim Kunden ist auf dessen Wunsch Rücksicht zu nehmen. Da speziell im internationalen Geschäft die Rolle des CPMgr eher unüblich ist, möchten Kunden häufig einen einzigen Ansprechpartner auf der Lieferantenseite haben, den PL. Sollte es in der Rolle des CPMgr aber angedacht sein, zu bestimmten Themen direkt mit dem Kunden zu kommunizieren, so sollte dies gemeinsam mit dem Kunden durch PL und CPMgr festgelegt werden. Wünscht ein Kunde dies nicht, so ergibt sich in der Praxis im Projektverlauf dennoch häufig die Situation, dass der CPMgr oder seine Mitarbeiter zu bestimmten Themen direkt mit dem Kunden sprechen. Ähnlich, wenn auch nicht so gravierend, verhält es sich mit der Beziehung zu möglichen Konsortialpartnern. Gibt es auf Seiten des Kunden oder Konsortialpartners ebenfalls eine Funktion, die dem CPM entspricht, so ist dennoch genau festzulegen, welche Themen durch den PL und welche durch den CPMgr verantwortet werden. Es kann durchaus sein, dass das Verständnis auf Kundenbzw. Konsortialpartnerseite ein anderes ist als in der eigenen Organisation. Dies ist speziell mit Blick auf mögliche Claims und deren Durchsetzung bzw. Abwehr wichtig. Neben dem kaufmännisch Verantwortlichen des Kunden und eventuell des Konsortialpartners kümmert sich der CPMgr bei den externen Stakeholdern üblicherweise um Ban- Abbildung 1: Stakeholdermanagement in Projekten Wissen | Einbindung von Stakeholdern ins CPM 34 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0067 09_roellecke.indd 34 09_roellecke.indd 34 14.08.2020 16: 15: 52 14.08.2020 16: 15: 52 ken- - falls solche im Rahmen einer Finanzierung oder von Geldflüssen involviert sind- -, um Finanzbehörden und den Zoll. Für weitere externe Stakeholder wie Beteiligte auf Kundenseite, weitere Behörden, Lieferanten, Logistikunternehmen, Schiedsgerichte oder die Politik ist wiederum zwischen PL und CPMgr abzustimmen, wer wen hinsichtlich welcher Detailaufgaben betreut. Manche der definierten Stakeholder müssen auch durch Personen betreut werden, die in der eigenen Organisationshierarchie über dem Projekt stehen. Dies kann notwendig sein, um bei größeren Projekten auf entsprechend hoher Ebene mit dem Kunden bzw. auch der Politik zu kommunizieren oder in schwierigen Situationen deeskalieren zu können. Neben den hier mit Schwerpunkt in Bezug auf das CPM genannten Stakeholdern tritt natürlich in vielen Fällen auch die Öffentlichkeit in den verschiedensten Formen auf, wie z. B. in Form von Bürgerinitiativen. Dies ist hinreichend bekannt, daher gehen wir an dieser Stelle nicht tiefer darauf ein. Praktische Tipps Platzierung des CPM intern Falls der CPM intern nicht eine bereits festgelegte und geübte Rolle ist, muss zunächst die interne Organisation im Projekt und außerhalb des Projekts darüber aufgeklärt werden. Dies geschieht im ersten Fall durch den PL, im zweiten Fall durch den zuständigen Manager / Abteilungsleiter / Geschäftsführer. Dazu gehört eine Definition der Aufgaben-- am besten in Form einer schriftlichen und spezifischen Aufgabenbeschreibung--, die typischerweise durch den CPMgr zu erledigen sind. Das betrifft sowohl Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die allein beim CPMgr liegen, als auch solche, die er zusammen mit dem PL wahrnimmt. Dies muss allen Beteiligten bekannt gemacht werden. Im Projektauftrag mit Zielvereinbarung sollen beide Personen namentlich benannt und auch auf die Projektziele verpflichtet werden. Platzierung des CPM beim Auftraggeber Der CPMgr ist dem Auftraggeber eine nicht immer geläufige Rolle. Soll diese aber durch den CPMgr in gemeinsamer Verantwortung mit dem PL durchgeführt werden, ist der CPMgr bzw. die Rolle des CPMgr früh im Projekt- - am besten noch in der Akquisitionsphase- - beim Auftraggeber zu platzieren. Am besten ist es, wenn sowohl der PL als auch die Geschäftsleitung dem Auftraggeber diese Rolle früh erklären und den CPMgr mit den ihm zugehörigen Aufgaben positionieren. Idealerweise kann der CPMgr auch der offizielle Vertreter des PL sein und hat dann automatisch die Autorisierung, gegenüber dem Auftraggeber aufzutreten, wenn der PL verhindert ist. Dies ist natürlich auch für den CPMgr eine große Herausforderung-- aber auch Chance-- , da er sich mit Themen über die klassischen CPM-Aufgaben hinaus zumindest rudimentär vertraut machen muss. Für den Fall, dass ein Auftraggeber es ablehnt, mit anderen Verantwortlichen als dem PL zu sprechen, sollte trotzdem deutlich gemacht werden, dass dieser dann nur eine Botenfunktion hat, bestimmte Entscheidungen aber zusammen mit dem CPMgr oder gar alleine von diesem getroffen werden. Good Guy / Bad Guy Eine wirkungsvolle und durchaus unterhaltsame Möglichkeit, sich das externe Stakeholdermanagement z. B. zwischen PL und CPMgr wirkungsvoll aufzuteilen, ist die Methode des Good Guy / Bad Guy. Vor Beginn von Gesprächen mit schwierigen Stakeholdern legt man die Ziele fest, die man erreichen möchte. Dann werden intern die Rollen verteilt und die Gesprächsstrategie besprochen. Einer der beiden Beteiligten ist der „Good Guy“, der es dem Stakeholder recht machen und ihm entgegenkommen will, der andere ist der „Bad Guy“, der die eigene Position recht deutlich vertritt und kaum zu Zugeständnissen bereit ist. Im Wechselspiel der beiden eigenen Beteiligten kann man so gegenüber dem Stakeholder die unterschiedliche Sichtweise aus dem Projekt heraus deutlich Abbildung 2: Beispiel einer Mindmap von Stakeholdern für das CPM Wissen | Einbindung von Stakeholdern ins CPM 35 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0067 09_roellecke.indd 35 09_roellecke.indd 35 14.08.2020 16: 15: 52 14.08.2020 16: 15: 52 machen und sich schrittweise einer gemeinsamen Lösung mit dem Stakeholder nähern, wobei die eine Seite immer wieder einlenken und die andere dagegen sprechen kann. Ist eine Lösung in diesem Gespräch nicht möglich, ist es ein Leichtes, das Gespräch abzubrechen und zu verschieben mit der Begründung, man müsse sich intern erst noch einmal klar werden, wie eine Lösung aus Projektsicht aussehen könnte. Wenn eine solche Vorgehensweise durch ein gut eingespieltes Team erfolgt, merkt die Gegenseite nicht, dass es sich um ein geplantes Vorgehen handelt und ist eventuell sogar der Meinung, einen Keil in das Team treiben zu können. Man sollte aber auch die Rollen gelegentlich für andere Themen tauschen, damit nicht der Eindruck der Berechenbarkeit entsteht und der Stakeholder zukünftig immer nur noch mit dem ihm wohler gesonnenen Partner sprechen möchte. Einbindung des Einkaufs Ein oft schwieriges Verhältnis in Projekten besteht zwischen dem Projekt und dem eigenen Einkauf. Das Projekt möchte die gesetzten Projektziele erreichen und dafür mit bewährten und zuverlässigen Lieferanten zusammenarbeiten. Das kann bedeuten, dass die Kosten für diesen Lieferanten bzw. Dienstleister über denen liegen, die der Einkauf realisieren möchte, ein klassischer Zielkonflikt. Gerade dem CPMgr kommt hier eine entscheidende Rolle zu. Er muss mit seinem wirtschaftlichen Verständnis versuchen, dem Einkauf die Projekterfordernisse deutlich zu machen und gemeinsam Vorschläge entwickeln, eine projektgerechte Lösung zu finden, die auch vom Einkauf mitgetragen wird. Andererseits muss er der Technik immer wieder den wirtschaftlich vertretbaren Weg verdeutlichen. Bei größeren Projekten ist eine oft wirkungsvolle Methode, einen Vertreter aus dem Einkauf zumindest zeitweise mit in das Projektteam zu integrieren. So erlebt der Einkäufer aus erster Hand, welche Fragestellungen das Projekt beschäftigen und der CPMgr kann von den Erfahrungen und Marktkenntnissen des Einkäufers profitieren. Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass damit gravierende Erfolge für das Projekt erzielt werden können. Da diese Ergebnisse dem Projekt und dem Einkauf gemeinsam angerechnet werden, wird das alte Spannungsfeld aufgebrochen. Verbindung von Risiko- und Stakeholdermanagement Eine besondere Bedeutung kommt der Verbindung des Stakeholdermanagements mit dem Risiko- und Chancenmanagement zu. Ein Großteil der Risiken und Chancen ist nämlich direkt oder indirekt auch mit einem oder mehreren Stakeholdern verknüpft. Häufig sind es die Stakeholder, die über Erfolg oder Misserfolg in bestimmten Situationen entscheiden. Daher sollten in einer Risikoliste neben den üblichen Faktoren und Daten auch die relevanten Stakeholder für die jeweilige Position mit aufgeführt werden. Da der CPMgr im Risiko- und Chancenmanagement sowieso meist eine wichtige Rolle spielt, die entsprechenden Aufzeichnungen führt und zusammen mit dem PL wirtschaftlich bewertet, kann er auch im Stakeholdermanagement des Projekts eine wichtige Rolle übernehmen. Stakeholder-= Risiken oder Chancen. Eine geniale Methode, das Risikomanagement mit dem Stakeholdermanagement zu verbinden, ist die Risikotabelle. Üblicherweise führen Unternehmen und Projekte eine Maßnahme Eintrittswahrscheinlichkeit Bruttorisiko Kosten der Maßnahme Eintrittswahrscheinlichkeit Nettorisiko Nettorisikowert in % in € in € in % in € in € potentielle Schadenshöhe gewichteter Risikowert nach Maßnahme potentielle Schadenshöhe nach Maßnahme verbleibender Risikowert Stakeholder Stakeholder Name / Bezeichnung Maßnahme Stakeholder Maßnahmenverantwortlicher zu erledigen bis Status der Maßnahme Risiko-Identifizierung und -Bewertung vor Maßnahme Beschreibung des Risikos Bruttorisikowert in € Beschreibung der Maßnahme Risikobewertung nach Maßnahme Abbildung 3: Muster einer Risikoliste Abbildung 4: Muster einer Stakeholderliste Maßnahme Eintrittswahrscheinlichkeit Bruttorisiko Kosten der Maßnahme Eintrittswahrscheinlichkeit Nettorisiko Nettorisikowert in % in € in € in % in € in € Planungsfehler bei DB E&C 35% 20.000 € 7.000 € Zusätzliche Planprüfung 1.500 € 5% 20.000 € 1.000 € Pönale wegen Terminüberschreitung 50% 12.000 € 6.000 € Einschaltung eines externen Planungsbüros zur Unterstützung 4.000 € 10% 20.000 € 2.000 € Risiko-Identifizierung und -Bewertung vor Maßnahme Risikobewertung nach Maßnahme Beschreibung des Risikos Bruttorisikowert in € Beschreibung der Maßnahme Abbildung 5: Zusammengeführte Liste Wissen | Einbindung von Stakeholdern ins CPM 36 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0067 09_roellecke.indd 36 09_roellecke.indd 36 14.08.2020 16: 15: 52 14.08.2020 16: 15: 52 Risikoliste, die in der Basisversion etwa so aussieht wie in Abb. 3. Wenn das Unternehmen oder Projekt gut ist, führt es zusätzlich eine Stakeholderliste mit einem Maßnahmen-/ Kommunikationsplan. Dieser könnte in einer Basisform so aussehen wie in Abb. 4. Nun könnte man diese Listen zusammenführen. Es wird dann die bisherigen Risiken und Chancen geben, die um einen speziellen Teil zum Stakeholdermanagement angereichert sind. Zusätzlich kommen Positionen für Stakeholder hinzu, die bisher nicht explizit mit Risiken und Chancen verbunden sind, dies aber sein könnten. Wenn dies nicht der Fall ist, hat die gemeinsame Liste eben einige Positionen, die im linken Teil nur sehr spärlich oder gar nicht ausgefüllt sind. Doch davon wird es nicht viele geben. Wenn man diese beiden Sichtweisen verbindet, entstehen oft neue und verblüffende Erkenntnisse. Die gemeinsame Liste könnte also in ihrer Grundform so aussehen wie in Abb. 5. Wichtig ist es im Projekt, das Vorgehen bezüglich des Stakeholdermanagements frühzeitig festzulegen und sich ein gemeinsames Bild über die existierenden Stakeholder zu machen. Ebenso ist es sehr nützlich, diese bereits früh auf Basis der eigenen Einschätzung in einer Matrix anzuordnen und sich für die wichtigen Stakeholder im Vorfeld zu überlegen, wie man sie betreut und in ihren Vorstellungen / Anforderungen zufriedenstellen kann. Ganz wichtig ist es, diese Analyse nicht nur zu Beginn eines Projektes durchzuführen, sondern in regelmäßigen Abständen oder in dringenden Fällen umgehend zu überprüfen und zu aktualisieren. Stakeholder können hinzukommen, verschwinden oder sich in ihrem Verhalten ändern. Bleibt dies unbeachtet, kann es zu unerwarteten Schwierigkeiten führen. Eine nützliche Darstellungsweise eines Stakeholder-Portfolios findet sich oben. Die Zuordnung der Stakeholder in Abbildung 6: Stakeholder-Portfolio Thomas Röllecke Thomas Röllecke ist seit 2014 als selbstständiger Berater und Coach für Projekt- und Wissensmanagement aktiv. Davor war er als ausgebildeter Industriekaufmann 37 Jahre bei Siemens in verschiedenen Funktionen im internationalen Projektgeschäft tätig, davon 14 Jahre im Ausland in Europa, Asien und Afrika. Internet: www.tr-pc.eu diesem detaillierten Raster lässt zu Projektbeginn auf einen Blick schön erkennen, wie sich die Gesamtsituation im Projekt darstellt. Arbeitet man z. B. mit einem großen Poster und Post-Its (evtl. auch in verschiedenen Farben für verschiedene Kategorien von Stakeholdern), die die einzelnen Stakeholder darstellen, kann man auch Überlegungen anstellen und gezielt Maßnahmen überlegen, um bestimmte Stakeholder in bestimmte Richtungen zu bewegen: Man kann sie z. B. von Gegnern zu Unterstützern machen, beim Gegner deren Einfluss senken oder den Einfluss von Befürwortern stärken (vgl. Abb. 6). Der Schlüssel des Erfolgs von Stakeholdermanagement, auch im Bereich CPM, liegt darin, sehr früh damit zu beginnen. Jede frühzeitige Erkenntnis hilft dabei, Risiken später besser in den Griff zu bekommen. Jede Stunde, die im Frühstadium für diese Überlegungen aufgewendet wird, kann später viel Zeit, Risiken und Kosten ersparen. Eingangsabbildung: © vegefox.com / stock.adobe.com Wissen | Einbindung von Stakeholdern ins CPM 37 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0067 09_roellecke.indd 37 09_roellecke.indd 37 14.08.2020 16: 15: 52 14.08.2020 16: 15: 52 Unserer gutes Recht Mit Commercial Project Management Ansprüche (Claims) stützen Andreas Scherdel Für eilige Leser | (Schieds-)Gerichtsverfahren bringen es ans Licht: Ohne Verschulden des Auftragnehmers sind Projekte in Schieflage geraten, weil Verzögerungen, Behinderungen oder andere leistungserschwerende Ereignisse eingetreten sind. Trotzdem kann der Auftragnehmer im Rahmen eines Verfahrens weder nachweisen, dass und wie die Behinderungen für Mehrkosten verantwortlich waren, noch kann er den Schaden genau beziffern, oder er scheitert mit der Forderung an formalen Hürden, z. B. weil die notwendige Dokumentation fehlt oder der Anspruch während der Abwicklung nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht wurde. Im Folgenden wird auf Basis von anwaltlicher Erfahrung in internationalen Verfahren beschrieben, welche Anforderungen an eine erfolgreiche Anspruchsdurchsetzung von den Gerichten gestellt werden und wie diese Anforderungen durch gutes Commercial Project Management erfüllt werden können. Schlagwörter | Commercial Project Management, CPM, Gericht, Schiedsgericht, Projekt, Mehrkosten, Schadensersatz, Verzug, Leistungsänderung, Frist, Rechtswahl, Dokumentation, Finanzierungskosten, Vertrag In Projekten, die pauschal und nicht nach tatsächlichem Aufwand vergütet werden, passiert es immer wieder: Aus Gründen, die nicht beim Auftragnehmer liegen, verzögert sich das Projekt, Umstände auf der Baustelle erschweren und verzögern die Arbeit oder der Auftraggeber verlangt ständig Änderungen. Das anfänglich mit Mühe akquirierte Projekt gerät in der Folge in tiefrote Zahlen. Alle Bemühungen einer gütlichen Einigung scheitern und der Schaden ist zu groß, um ihn einfach hinnehmen zu können. Es bleibt nur der Weg zum (Schieds-)Gericht. Wir Rechtsanwälte, die wir unsere Mandanten hierbei begleiten, mussten dabei lernen, dass berechtigte Ansprüche oft nicht durchgesetzt werden können, obwohl dies bei gutem kaufmännischem Management des Projekts in der Angebots- und erst recht in der Abwicklungsphase möglich gewesen wäre. Ganz überwiegend entstehen für den Auftragnehmer nicht von ihm zu vertretende Schäden im Projekt durch Verzug, Behinderung und einseitige Leistungsänderung. Wir gehen im Folgenden davon aus, dass der Geltendmachung des Anspruchs keine rechtlichen Gründe entgegenstehen. Hierzu kann nur angeraten werden, die Verträge im Verhandlungsstadium auch und besonders daraufhin rechtlich zu prüfen oder prüfen zu lassen, dass insoweit keine Haftungsminderungen oder gar -ausschlüsse zugunsten des Auftraggebers bestehen und eine passende Rechtswahl getroffen wurde. Wenn die rechtlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung des Anspruchs gegeben sind, kann dieser aber nur dann durchgesetzt werden, wenn • die Ansprüche vertragsgemäß geltend gemacht wurden UND • die schadensbegründenden Ereignisse nachgewiesen werden können UND • die Schadenshöhe nachgewiesen werden kann. Während in den angelsächsischen Ländern hohe Fertigkeit darin besteht, diese Ansprüche zu sichern und durchzusetzen, sich hieraus sogar Berufsbilder entwickelt haben (z. B. der Quantity Surveyor), arbeiten deutsche Unternehmen sehr Wissen Mit Commercial Project Management Ansprüche (Claims) stützen DOI 10.2357/ PM-2020-0068 31. Jahrgang · 04/ 2020 38 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0068 10_scherdel.indd 38 10_scherdel.indd 38 14.08.2020 16: 19: 50 14.08.2020 16: 19: 50 häufig noch nach dem „deutschen Ingenieursethos“: Zuallererst gilt es das Projekt in der bestmöglichen Qualität fertigzustellen und den Kunden nicht durch die Geltendmachung von zusätzlichen Ansprüchen zu verärgern. Insbesondere im internationalen Projektgeschäft kommt es dann aber zu teils erheblichen Nachteilen für den Auftragnehmer, wenn nur der Auftraggeber die Möglichkeiten des modernen Vertrags- und Claim-Managements nutzt, die eigenen Ansprüche dadurch sichert und Gegenansprüche erfolgreich abwehrt. Falsche Scheu, eigene Ansprüche anzumelden und durchzusetzen, erzeugt überwiegend keine Anerkennung mehr, sondern wirtschaftlichen Schaden. EXKURS: Die Plus-/ Minus-Liste Gerade im nationalen Projektgeschäft beobachten wir immer wieder, dass die Parteien ihre gegenseitigen mutmaßlichen zusätzlichen Ansprüche nicht sauber vertraglich geltend machen, sondern sich darauf einigen, eine im Vertrag nicht geregelte Plus-/ Minus-Liste zu führen, in die die gegenseitigen Forderungen eingetragen werden, um diese dann am Projektende, im Wesentlichen über einen Verrechnungsmodus (Package Deal), zu klären. Wir raten von dem Führen einer solchen Liste aus folgenden Gründen ab: • Die Liste ist im Vertrag nicht geregelt. Die Handhabung ist deshalb nicht in die Vertragsmechanismen einbezogen und damit unklar. • Ansprüche nicht sofort geltend zu machen bedeutet oft, die Ansprüche nicht sauber zu dokumentieren, da es ja erst am Projektende zur Klärung kommt. Hierdurch entstehen Nachweisschwierigkeiten. • Letztlich gerät durch das Liegenlassen der Ansprüche, insbesondere bei längeren Projekten, der Hintergrund des Anspruchs in Vergessenheit, auch gerade dann, wenn das Projektpersonal wechselt. Einen Anspruch, den man aber nicht mehr genau kennt, kann man auch schwerlich durchsetzen. Der aus dem angelsächsischen Raum kommende hohe Standard bei der Geltendmachung von zusätzlichen Projektforderungen lässt auch die Ansprüche der Gerichte und insbesondere der internationalen Schiedsgerichte an den Nachweis des Grunds und der Höhe des Anspruchs steigen. Welche Anforderungen stellt diese Entwicklung an den Auftragnehmer? 1. Prüfung der einschlägigen Regelungen schon im Angebotsstadium Wir sehen in Vertragsentwürfen immer wieder Regelungen, die verlangen, dass der Auftragnehmer zusätzliche Ansprüche für Mehraufwand innerhalb einer bestimmten kurzen Frist geltend machen muss. Erfolgt die Geltendmachung nicht innerhalb dieser Frist, sind die Ansprüche verwirkt. Hier gilt es, im Angebotsstadium zu versuchen, derlei Ausschlussfristen nicht zu akzeptieren. Gelingt dies nicht, so muss bereits an dieser Stelle für die Projektabwicklung intern ein geeigneter Ablauf geplant werden, der sicherstellt, dass etwaige Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht werden. Dies ist wichtige Aufgabe des kommerziellen Projektmanagements (CPM). Zusätzlich versuchen Auftraggeber die Geltendmachung von Ansprüchen dadurch zu erschweren, dass für die Anmeldung von Ansprüchen Formvorschriften gelten. Nichteinhaltung der Formvorschriften führt zu Anspruchsverlust. Solche Vorschriften können z. B. darin bestehen, dass die Anmeldung schriftlich in einem bestimmten Format (Muster) zu erfolgen hat, in bestimmter Weise autorisiert sein und / oder bestimmten Empfängern zugeleitet werden muss. Auch diese formalen Anforderungen sollten entweder vermieden oder deren Einhaltung durch geeignete Prozesse sichergestellt werden. Auch dies ist eine wichtige Aufgabe des CPM. Letztlich werden immer wieder hohe Anforderungen an die Begründung des Anspruchs dem Grunde und der Höhe nach gestellt, eine Aufgabe, die durch das CPM koordiniert werden muss. Solche Anforderungen an die Anspruchsbegründung führen in Verbindung mit kurzen Ausschlussfristen durchaus dazu, dass eine form- und fristgerechte Anspruchsgeltendmachung faktisch nahezu unmöglich wird. Dies ist auf jeden Fall im Rahmen der Vertragsverhandlungen zu vermeiden. EXKURS: Rechtswahl Die Wichtigkeit der Wahl des Rechts, unter der der jeweilige internationale Vertrag stehen soll, wird häufig unterschätzt und oft nur dadurch beeinflusst, welches Recht im Unternehmen geläufig ist. Dies führt dazu, dass es als Verhandlungserfolg gewertet wird, wenn man zwar nicht das „eigene“ Recht durchsetzen, aber die Anwendung des Ortsrechts des Auftraggebers vermeiden konnte und sich auf ein drittes, beispielsweise das englische Recht, das man eben besser als das Ortsrecht kennt, geeinigt hat. Kommt es dann zum Streit über die Gültigkeit von z. B. eben beschriebenen Ausschlussfristen und Formerfordernissen, dann stellt man-- zu spät-- fest, dass eine Unwirksamkeit solcher Fristen und Erfordernisse nach Ortsrecht eher zu erwirken gewesen wäre als nach englischem Recht. Wir empfehlen umfassendes Augenmerk auf die Rechtswahl zu legen und rechtzeitig fachlichen Rat von Kennern der in Betracht kommenden Rechte einzuholen. 2. Vertragsgemäße Geltendmachung der Ansprüche Wie oben schon angesprochen, gilt es, zur korrekten Geltendmachung der Ansprüche den Vertrag genau zu kennen und entsprechende Abläufe im Projektteam zu installieren, die die zeitige und formrichtige Geltendmachung der jeweiligen Ansprüche sicherstellen. Ebenso selbstverständlich, wie alle- - teilweise komplexen-- Details der korrekten Abrechnung des Projektfortschritts bekannt sind und eingehalten werden, genauso selbstverständlich sollten die betroffenen Projektmitarbeiter mit der korrekten Geltendmachung von Ansprüchen vertraut sein. Nur wenn die Details bekannt sind und eingehalten werden, kann ein Anspruch erfolgreich durchgesetzt werden. Wissen | Mit Commercial Project Management Ansprüche (Claims) stützen 39 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0068 10_scherdel.indd 39 10_scherdel.indd 39 14.08.2020 16: 19: 50 14.08.2020 16: 19: 50 3. Dokumentation der schadensbegründenden Ereignisse Wenn Verzögerungen dadurch entstehen, dass nicht rechtzeitig Zugang zur Baustelle geschaffen wurde, wenn andere Gewerke Schäden an eigenen Installationen erzeugen, wenn der Auftraggeber oder Dritte die zügige Installation behindern oder wenn Anordnungen oder Handlungen des Auftraggebers zu Änderungen und Mehraufwand führen, dann müssen diese Ereignisse lückenlos dokumentiert werden. Nur so gelingt die Substantiierung der schadensauslösenden Ereignisse, und die Geltendmachung daraus resultierender zusätzlicher Zeit und Kosten im Rahmen der Anmeldung des Aufwands beim Auftraggeber oder im Rahmen eines streitigen Verfahrens wird ermöglicht. Gutes CPM ist die Voraussetzung dafür, dass bekannt ist, welche Dokumentation erforderlich ist und wie diese zeitnah erstellt werden kann. Fehlendes CPM führt immer wieder dazu, dass das Projektteam am Ende zwar die Gründe für den Mehraufwand kennt und den Sachverhalt darstellen kann, der erforderliche anspruchsbegründende Nachweis aber nie erzeugt wurde. Nachträgliche Aktivitäten sind unserer Erfahrung nach im Streitfall relativ wertlos, da es auf zeitnahe Nachweise (‚contemporaneous records‘) ankommt. Zusätzlich zum Nachweis der schadensauslösenden Ereignisse führt gutes CPM auch dazu, dass die erforderlichen schadensmindernden Aktivitäten des Auftragnehmers durchgeführt und dokumentiert werden, da, wenn auch nicht immer vertraglich verlangt, beinahe jedes Rechtssystem eine Schadensminderungspflicht manifestiert. Wird diese nicht erfüllt, so führt das regelmäßig zu einer Anspruchsminderung. 4. Dokumentation der angefallenen Mehrkosten Mehrkosten in einem Projekt können im Unternehmen des Auftragnehmers und vor Ort auf der Baustelle entstehen. Dies betrifft einerseits Kosten des Auftragnehmers selbst (Material, Personal, Finanzaufwand), andererseits Kosten durch den Einsatz von Unterlieferanten. Die Zuordnung der Mehrkosten von Unterlieferanten gestaltet sich im Allgemeinen einfacher, insbesondere wenn von den Lieferanten in der Rechnung eine ausreichende Dokumentation des Auftragsumfangs verlangt und geliefert wird. Hinsichtlich der Kosten des Auftragnehmers ist der Nachweis deswegen schwieriger, weil im Allgemeinen zwar eine projektbezogene Stunden- und Materialerfassung erfolgt, innerhalb dieser Erfassung aber nicht zwischen erforderlichem Projektaufwand und Zusatzaufwand unterschieden wird. Diese Unterscheidung ist auch nicht allen projektbeteiligten Mitarbeitern möglich, da hierzu eine genaue Kenntnis des Auftragsumfangs erforderlich wäre. Der Projektplaner führt Planänderungen immer dann durch, wenn dies verlangt wird. Ob dieses Verlangen im Rahmen des Auftragsumfangs erfolgt oder Zusatzaufwand bedeutet, kann der Planer nicht beurteilen. Hier kann CPM wesentlich unterstützen und bereits bei Entstehung der Kosten dafür sorgen, dass diese verursachungsgerecht zugeordnet werden. Neben der korrekten verursachungsgerechten Zuordnung im Hause des Auftragnehmers spielt die Qualität der vertraglich vereinbarten Projektdokumentation eine wesentliche Rolle für die Geltendmachung von Ansprüchen. Der Auftraggeber verlangt in beinahe jedem Projekt mehr oder weniger aufwendige Dokumentationen über die Aktivitäten des Auftragnehmers im Projekt. Dies gilt insbesondere für die Phase der Installation vor Ort. Die vereinbarte Berichterstattung (Tages-, Wochen-, Monatsberichte, Besprechungsprotokolle etc.) wird vom Auftragnehmer häufig als lästiges Übel ‚neben‘ der Arbeit verstanden und deshalb vielfach nicht sorgfältig erstellt. Gutes CPM nutzt aber diese Werkzeuge der Berichterstattung, um Zusatzaufwand anzuzeigen und zu protokollieren. Wenn im Rahmen der Tagesberichte nachzuweisen ist, welches Personal wie lange an welchen Arbeitspaketen gearbeitet hat, dann kann dies nachlässig (nicht selten „copy / paste“ vom Vortag) erfolgen oder für die Anspruchsdokumentation genutzt werden, wenn bereits in diesen Berichten eine Zuordnung zu regulärem und Mehraufwand erfolgt. Gutes CPM stellt Letzteres sicher. 5. Dokumentation der Höhe der Mehrkosten Gelingt nun durch gutes CPM die Zuordnung des Aufwands zu Projekt- und Mehrkosten, dann muss in einem letzten Schritt die Höhe der Zusatzkosten nachgewiesen werden. Im besten Fall wurde im Rahmen der Vertragsverhandlungen eine Vorgehensweise in den Vertrag aufgenommen, wie diese Kosten zu berechnen sind. Dies kann über vertraglich vereinbarte Stunden- und Materialsätze oder unter Bezugnahme auf die Positionen im Lastenheft erfolgen. Eine solche vertragliche Abdeckung des Themas vermeidet im Schadensfall einen aufwendigeren Nachweis der tatsächlich entstandenen Kosten. Zusätzlich wird auf diese Weise das strittige Thema erledigt, ob der Schadensersatz auch einen Gewinnanteil enthalten darf. Gibt es, wie häufig, keine vertragliche Regelung, dann bleibt nur der Nachweis der tatsächlich entstandenen Kosten, da sich der Schadensersatzanspruch grundsätzlich auf die tatsächlich entstandenen Kosten bezieht. Auch hier stellt sich die Frage nach einem Gewinnanteil, der, im besseren Fall, vertraglich geregelt ist und ansonsten nach dem anwendbaren Recht zu entscheiden ist, was dann zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Der Nachweis der tatsächlichen Mehrkosten gestaltet sich einfacher, solange es sich um Material- oder Finanzierungskosten handelt, da hierfür im allgemeinen Rechnungen existieren. EXKURS: Finanzierungskosten Nach unseren Erfahrungen werden Finanzierungskosten grundsätzlich von den Gerichten anerkannt. Hierbei muss nachgewiesen werden, mit welchem Aufwand sich das Unternehmen refinanziert. Die Berechnung des Mehraufwands aufgrund von Verzug ist insoweit komplex, als der geplante Cash Flow mit dem tatsächlichen Cash Flow verglichen werden muss. Weiterhin können Mehrkosten aus Verzug für länger in Anspruch genommene vertraglich vereinbarte Garantien in Ansatz gebracht werden. Wenig Erfolgsaussichten sehen wir bei dem Anspruch auf Erstattung von Währungssicherungs- und Exportkreditsicherungskosten. Dieser Aufwand wird von den Gerichten im Allgemeinen in der Sphäre des Auftragnehmers gesehen, da der Auftragnehmer das Währungs- und Wissen | Mit Commercial Project Management Ansprüche (Claims) stützen 40 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0068 10_scherdel.indd 40 10_scherdel.indd 40 14.08.2020 16: 19: 50 14.08.2020 16: 19: 50 Exportkreditrisiko vertraglich auf sich genommen hat und es deshalb in seiner Verantwortung und Entscheidung liegt, sich dagegen abzusichern. Hinsichtlich des Mehraufwands für eigenes Personal des Auftragnehmers gestaltet sich der Nachweis der tatsächlich entstandenen Kosten als sehr aufwendig. Einerseits müssen beim Nachweis der Gehaltskosten (Arbeitgeber Brutto) vertrauliche Informationen des Mitarbeiters weitergegeben werden, andererseits muss glaubhaft gemacht werden, dass zu den direkten Gehaltskosten in der Regel ca. 100 % indirekte Personalkosten zuzuschlagen sind, da die Betreuung und Verwaltung des Personals erhebliche weitere Kosten erzeugt. Genannt seien hier beispielhaft Arbeitsplatz, Arbeitsmittel, Reisekosten, Zusatzleistungen wie Firmenwagen, Firmenpension, Kantine oder Kinderbetreuung und die Personalverwaltung und -abrechnung („Personalgemeinkosten“). Die Aufgaben des CPM bestehen hier einerseits darin, Regelungen mit den betroffenen Mitarbeitern zu finden, die es ermöglichen, die Gehaltsdaten im erforderlichen Umfang weiterzugeben und gleichzeitig Vertraulichkeit zu etablieren. Andererseits müssen die Personalnebenkosten glaubhaft gemacht werden. Hier sind einige Hürden zu nehmen, da diese Nebenkosten im Allgemeinen nicht projektbezogen, sondern in Kostenstellen kalkuliert und gebucht werden. Neben der Behandlung dieser Zuordnungsproblematik muss die Höhe der Kosten an sich glaubhaft gemacht werden. Dies könnte z. B. durch das Testat des Wirtschaftsprüfers erfolgen. Alles in allem sind hier hohe Anforderungen an das CPM gestellt. Sind diese Anforderungen aber dem CPM bekannt, so kann, wenn auch aufwendig, ein ‚gerichtsfester‘ Nachweis erbracht werden, der zur erfolgreichen Anspruchsdurchsetzung führt. Die größte Herausforderung besteht im Nachweis der Kosten, die nicht direkt dem Projekt zugeordnet werden, also den sogenannten Gemein- oder allgemeinen Verwaltungskosten (Head Office Overhead Cost: HOOC). Diese HOOC- - abzugrenzen von den Personalgemeinkosten- - berücksichtigen z. B. den Aufwand für Management, Personal, IT oder Buchhaltung und werden in den Unternehmen auf unterschiedlicher Basis (z. B. Kostenstellenkalkulation) ermittelt und fließen unterschiedlich in die Projektkalkulationen ein (Auf- oder Zuschläge oder weitgehende Berücksichtigung in den Stundensätzen). Die Geltendmachung dieser Kosten ist oft nicht projektbezogen möglich und kann nur über eine summarische Herleitung, z. B. über Formeln, erfolgen. Mit viel Erfahrung und genauer Kenntnis der Kalkulation der Unternehmenskosten kann gutes CPM aber auch HOOC erfolgreich geltend machen. Aus unseren vorstehend geschilderten Erfahrungen geht hervor, dass auch und gerade für die Durchsetzung von Ansprüchen aus Mehraufwand und Leistungsänderungen gutes CPM unabdingbar ist. Dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil an die Substantiierung dieser Ansprüche immer höhere Ansprüche gestellt werden. Andreas Scherdel Andreas Scherdel ist Partner bei Alexander & Partner Rechtsanwälte, eine auf internationales Wirtschaftsrecht, vor allem am arabischen Golf und in Afrika ausgerichtete Kanzlei, die ihre Mandanten insbesondere bei Transaktionen und bei der Gestaltung und Verhandlung von Verträgen unterstützt, rechtliche Unterstützung in der operativen Phase von Projekten und bei der Streitbeilegung gibt und auch im Bereich Projekt-, Vertrags- und Claim Management berät. Herr Scherdel hat viele Jahre praktische Erfahrung im CPM in verschiedenen kaufmännischen Managementpositionen bei einem internationalen Großunternehmen gesammelt. eMail: as@alexander-partner.com Tel: +49 (0)30 88 778 050; Mob.: +49 (0)1 702 418 356 Auch wenn die Installation eines CPM, gerade in mittelständischen Unternehmen, zusätzliche Projektkosten bedeutet, wird dieses CPM durch gutes Vertrags- und Claim-Management sofort zur profitablen Einrichtung. EXKURS: Remote CPM In den Fällen, in denen Unternehmen aufgrund der Auftragsgröße und Unternehmensstruktur nicht sinnvoll ein eigenes CPM einrichten können, ist an sog. Remote CPM zu denken. CPM Spezialisten bieten diese Dienstleistung an und arbeiten auf Projektbasis mit den Auftragnehmern eng zusammen, ohne permanent vor Ort bzw. in das Unternehmen eingebunden zu sein. Wenn diese Leistung im Rahmen einer Pauschale eingekauft werden kann, kann der Aufwand kalkulationssicher in die Projektkosten aufgenommen werden. In internationalen Projekten ist gutes CPM unerlässlich, da der Auftraggeber dies auf seiner Seite regelmäßig installiert hat. Gutes CPM steht heute für hohe Professionalität im Projektgeschäft und sorgt ebenso für Respekt und Anerkennung beim Auftraggeber wie technische Exzellenz. Dies führt auch dazu, dass der Auftraggeber souverän angemeldeten Mehraufwand auch schon während der Projektabwicklung akzeptiert und es nicht auf ein späteres Verfahren ankommen lässt, da er dort einen starken Gegner zu erwarten hat. Eingangsabbildung: © Thomas Röllecke Wissen | Mit Commercial Project Management Ansprüche (Claims) stützen 41 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0068 10_scherdel.indd 41 10_scherdel.indd 41 14.08.2020 16: 19: 51 14.08.2020 16: 19: 51 Muss man denn alles manuell bearbeiten? Perspektiven der Softwareunterstützung für CPM bei Bauprojekten Oliver Haxter, Lorenz Schneider Für eilige Leser | Der Artikel beschreibt ein mögliches Bindeglied zwischen der technischen und der kaufmännischen Projektabwicklung von Bauprojekten. Hierbei wird im Rahmen einer digitalen Projektplanung die BIM-Methodik genutzt. Für einen fach- und systemübergreifenden Informationsaustausch ist ein OpenBIM-Umfeld sowie die Nutzung eines standardisierten Datenaustauschformats erforderlich. Im Artikel wird beschrieben, wie die Informationen einer digitalen Planung für das CPM genutzt werden können. Ein Ausblick zeigt Risiken und Chancen einer solchen Vorgehensweise auf und gibt Anregungen, wie diesen begegnet werden kann. Schlagwörter | Auftragsprojekte, Bauwesen, BIM-Methode, IFC-Standardschnittstelle, Kaufmännische Projektsteuerung, Kostenplanung, OpenBIM Ausgangslage Die Unterstützung durch Softwaretools für den geschäftlichen wie auch für den privaten Bereich hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Waren es in den Anfängen einzelne Arbeitsschritte, die durch „Computerprogramme“ erledigt wurden, so sehen wir heute, dass ganze Systemlandschaften entstanden sind, die Unternehmen bei der Planung und Durchführung ihrer unternehmerischen Tätigkeiten unterstützen. Diese Entwicklung verlief dabei zunächst in Technik und Kaufmannschaft unabhängig voneinander. Für technische Fragestellungen wurden Planungstools wie CAD oder Finite Elemente als Anwendungen entwickelt, für kaufmännische Aspekte wurden Lösungen im Bereich CRM etabliert oder datenbankgestützte Informationsverarbeitung für verschiedene kaufmännische Anwendungen implementiert. Unternehmen, die (Auftrags-)Projekte im Bau- oder Anlagenbau-Bereich durchführen, setzen in jüngerer Zeit für technische Fragestellungen vermehrt Softwarelösungen ein, die unter dem Stichwort „Building Information Modeling“ (BIM) zusammengefasst werden. Diese Software bietet aber auch die Möglichkeit der Unterstützung im Bereich der Erfassung und „Steuerung“ von Kosten. Die Frage ist, inwieweit durch diese eher technisch geprägten Planungstools eine Unterstützung für den kaufmännischen Bearbeitungsprozess bei Auftragsprojekten erfolgen kann. Zweifellos kann durch eine professionelle kaufmännische Betreuung von Projekten ein wesentlicher Beitrag für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens geleistet werden. Die heutige Zeit der digitalen Transformation in nahezu allen Lebensbereichen mit zunehmender Digitalisierung vieler Geschäftsprozesse kann dabei als Chance genutzt werden, um Projekte in der heutigen VUCA-Zeit kaufmännisch zeitnah und flexibel zu führen. Dies gilt insbesondere für Auftragsprojekte im Bau- und Anlagenbaubereich, bei denen es üblich ist, dass verschiedene Unternehmer in der Form einer ARGE oder in einer klassischen Unternehmer- und Subunternehmerstruktur kollaborativ zusammenarbeiten. Im vorliegenden Beitrag werden Auftragsprojekte aus dem Bau- und Anlagenbaubereich betrachtet. Dabei wird die Sichtweise des ausführenden Unternehmens als Auftragnehmer eingenommen. Es soll ein Lösungsansatz skizziert werden, der die heute mögliche Vorgehensweise bei der kaufmännischen Softwareunterstützung für die kaufmännische Planung, Steuerung und Abwicklung von Auftragsprojekten aufzeigt. Weiterhin soll ein Ausblick auf die Art und Weise Wissen Perspektiven der Softwareunterstützung für CPM bei Bauprojekten DOI 10.2357/ PM-2020-0069 31. Jahrgang · 04/ 2020 42 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0069 11_haxter.indd 42 11_haxter.indd 42 14.08.2020 16: 21: 51 14.08.2020 16: 21: 51 erfolgen, wie BIM-Software die kaufmännischen Arbeiten bei dieser Art von Projekten unterstützen kann. Dabei wird der Ablauf generisch erklärt und es werden mögliche Chancen und Risiken aufgezeigt. Der Beitrag versteht sich als ein Erfahrungsbericht aus der Praxis von Auftragsprojekten, wobei die Beschreibung eher aus dem Blickwinkel der Investition erfolgt. Einige Finanzierungsaspekte werden jedoch auch beleuchtet. Begriffe und Definitionen Auftragsprojekte aus dem Bau- und Anlagenbaubereich werden im Regelfall in sieben aufeinanderfolgenden Projektphasen realisiert: Planung, Genehmigung, Einkauf / Beschaffung, Ausführung, Inbetriebnahme, Abnahme und Überleitung in den Regelbetrieb. Insbesondere bei den Projektphasen Planung, Einkauf / Beschaffung, Ausführung, Abnahme und Regelbetrieb ist eine umfangreiche und fundierte kaufmännische Unterstützung notwendig. Hier geht es um Kostenplanung, Kostenverfolgung, Kostenabrechnung und die kostenmäßige Leistungsmessung (Soll / Ist-Vergleich) eines Investitionsvorhabens. Daneben sind auch Finanzierungsfragen zu lösen, um das notwendige Projektbudget rechtzeitig bereitzustellen. Weiterhin sind Mittelabflusspläne zu erstellen, um darauf aufbauend die notwendigen finanziellen Mittel sukzessive und rechtzeitig zur Verfügung zu haben. Natürlich ist in diesen fünf Phasen auch eine projektbegleitende vertragsrechtliche Unterstützung notwendig. Bei Auftragsprojekten findet man auf der Auftragnehmerseite häufig eine Konstellation der Vertragsabwicklung, bei der mehrere ausführende Gesellschaften in einer projektbezogenen Arbeitsgemeinschaft (ARGE) fusionieren oder ein Hauptauftragnehmer (Generalunternehmer) mit Subunternehmern zusammenarbeitet. Die beteiligten ausführenden Firmen arbeiten dabei kollaborativ am Projekt. Diese Abwicklungssituationen stellen hohe Anforderungen an den Informationsaustausch zwischen den beteiligten Firmen, idealerweise nahezu in „Echtzeit“. In diesem Kontext seien die Rollen der kaufmännischen sowie der technischen Projektleitung erwähnt, welche im Verlauf des Projekts für den Projekterfolg von wesentlicher Bedeutung sind und zudem ein erhebliches Konfliktpotential beinhalten, wenn sie nicht in enger Abstimmung zusammenarbeiten. Zur ersten Orientierung hinsichtlich der Softwareunterstützung bei der kaufmännischen Projektabwicklung soll zunächst ein Blick in die beiden großen Standardwerke für die Aus- und Fortbildung des Projektpersonals im Fachgebiet Projektmanagement geworfen werden. Dies ist zum einen die ICB 4 der IPMA und der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement GPM e. V. (PM 4), zum anderen ist dies der PMBOK Guide des Project Management Institute PMI. Im PM 4 finden sich einige Hinweise auf Softwareunterstützung für die kaufmännischen Projekt-Arbeiten im Kapitel 2.7 „Digitalisierung im Projektmanagement“. Im dortigen Unterkapitel 3 „Software für das Projektmanagement“ werden Hinweise gegeben auf spezialisierte Werkzeuge für die Kostenkalkulation sowie Software zur Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung von Leistungen [1, S. 278]. In diesem Kapitel wird auch auf Kollaborations- und Informationsplattformen eingegangen. Das Kapitel gibt einen Überblick, geht aber nicht auf Einzelheiten wie zum Beispiel Funktionalitäten oder Ablaufprozesse ein. Im PMBOK Guide gibt es einige wenige Bezüge zur Softwareunterstützung im Projektmanagement. Im Kapitel 10 „Kommunikationsmanagement in Projekten“ wird auf das Projektmanagement-Informationssystem hingewiesen. Im Kapitel 11 „Risikomanagement in Projekten“ wird auf die Anwendung der Monte-Carlo-Simulation im Rahmen der Risikoanalyse von Kostenrisiken eingegangen [2, S. 433]. Und im einleitenden Text zu Kapitel 12 „Beschaffungsmanagement in Projekten“ erfolgt der Hinweis, dass bei großen Unternehmen und staatlichen Stellen in aller Welt die Gebäudemodellierung bei Großprojekten (BIM) zunehmend zur Pflicht wird [3, S. 463]. In Deutschland gibt es einen großen Softwarehersteller aus dem kaufmännischen Bereich, der nach eigenen Aussagen mit seinem Softwaretool die Verknüpfung von Projekt- und Investitionscontrolling ermöglicht. Hierdurch soll die Integration des Projektsystems in das interne Rechnungswesen gelingen. Einen anderen Denkansatz verfolgt das BIM. Unter BIM verstehen Wissenschaftler eine Arbeitsweise, bei der die ganzheitliche Betrachtung des Planens, Bauens und Bewirtschaftens im Fokus steht. „Viele Beteiligte und Verantwortliche sind überzeugt, dass BIM eine gute Möglichkeit darstellt, langfristig höhere Qualitäten in der Planung, Ausführung und Nutzung von Bauwerken zu ermöglichen. BIM wird daher noch großes Potenzial zugebilligt. Der Aufwand und die Auswirkungen dafür sind aber schwer abschätzbar, da dazu Informationen und Erfahrungswerte fehlen“ [4, S. 12]. Die Methodenunterstützung BIM für Bau-Projekte ist im Ausland weit fortgeschritten. In Deutschland versucht man, nicht hinter den internationalen Entwicklungen zurückzubleiben. Es gibt mittlerweile einige Leitfäden und Richtlinien, die jedoch eher technisch orientierte Aussagen machen (beispielhaft: BIM-Leitfaden für Deutschland, erstellt im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2019 oder die VDI-Richtlinie 2552 Building Information Modeling, teilweise aus dem Jahr 2018, teilweise aus 2019). Die VDI-Richtlinie 2552, Blatt 3 beschäftigt sich mit der modellbasierten Mengenermittlung zur Kostenplanung, Terminplanung, Vergabe und Abrechnung. Diese neue Art der Softwareunterstützung bei Auftragsprojekten wird von einigen Softwareherstellern genutzt, die aus dem technischen Bereich, hier dem Baubereich, kommen. Diese versprechen Bausoftware für alle bautechnischen und baukaufmännischen Bedürfnisse. Die Module bilden nach Herstellerangaben den kompletten Prozess von der 3D-Modellierung über Kalkulation und Ausschreibung bis zur Abrechnung ab. Angeboten werden auch die Finanz- und Personalbuchhaltung sowie die komplette Bauabrechnung. Im Februar 2020 fand in Köln erstmalig die Messe „digital- Bau“ statt, zu der über 10.000 Besucher kamen und bei der 270 Unternehmen ausstellten. Die Messe will eine Plattform für den Austausch der Branche zu den digitalen Entwicklungen bieten. Besucher und Aussteller tauschten sich zu den Chancen entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Bauwesen aus. Die Messe soll zweijährig stattfinden und wird daher im Februar 2022 erneut durchgeführt. Ganz offensichtlich Wissen | Perspektiven der Softwareunterstützung für CPM bei Bauprojekten 43 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0069 11_haxter.indd 43 11_haxter.indd 43 14.08.2020 16: 21: 51 14.08.2020 16: 21: 51 kommen mit der Digitalisierung neue Herausforderungen, aber auch Chancen auf die Baubranche zu. „Building Information Modeling bezeichnet eine kooperative Arbeitsmethodik, mit der auf der Grundlage digitaler Modelle eines Bauwerks die für seinen Lebenszyklus relevanten Informationen und Daten konsistent erfasst, verwaltet und in einer transparenten Kommunikation zwischen den Beteiligten ausgetauscht oder für die weitere Bearbeitung übergeben werden“ [5, S. 4]. Ziel bei BIM ist die Erstellung eines „digitalen Zwillings“ des zu errichtenden Gebäudes, um in der Bauausführung planungsbedingte Störungen erheblich zu reduzieren bzw. auszuschließen. Das digitale Modell dient dabei dem Austausch von Planungsinhalten und als planerische „Kommunikationsplattform“ für alle Beteiligten (gemeinsames, strukturiertes Verständnis, einheitliche, maschinenlesbare Sprache, die über Standardschnittstellen (z. B. IFC (Industry Foundation Classes) = Standard für den OpenBIM Datenaustausch) vorhandene Informationen beliebig austauschen kann, die anschließend in den genutzten Systemen weiterverwendet, bearbeitet, im Planungsverlauf zunehmend detailliert (siehe Abb.1) und zur allgemeinen Nutzung auch aktualisiert wieder bereitgestellt werden können). Der Austausch von Planungsinhalten erfolgt über standardisierte Formate (z. B. IFC-Standard) und erlaubt so allen Beteiligten die Nutzung ihrer eigenen Expertensysteme und die Verwendung der gleichen Prüf- und Betrachtungswerkzeuge (OpenBIM). Mit dem in Abb. 2 dargestellten Datenaustausch über eine IFC-Standardschnittstelle werden Daten aus unterschiedlichen Softwaresystemen gemeinsam verwertbar und spezielle zusätzliche Programme können dann bei der Suche nach Abbildung 1: Beispielhafte Fragen, die an jedes Objekt eines Bauwerks während der Planung, Erstellung und im Betrieb gestellt werden können Abb. 2: Beispielhafte Darstellung für den OpenBIM Datenaustausch der einzelnen Planungstools über das IFC-Austauschformat Kollisionen von Bauteilen und auch vergessenen Planungsdetails wie z. B. fehlenden Einbauteilen helfen. Dabei bestimmt das Level of Detail (LoD) der erbrachten Planung den späteren Nutzen des BIM-Modells. Möglichkeiten der kaufmännischen Softwareunterstützung bei Auftragsprojekten Bei der aktuellen Softwareunterstützung von Auftragsprojekten gibt es keine allgemeingültigen, branchenübergreifenden Standardlösungen, sondern lediglich Lösungsansätze, denen man folgen könnte. In der Praxis findet man die kaufmännische Softwareunterstützung durch einfache Excel-Lösungen, den Einsatz von aufwendigen kaufmännischen Standardprogrammen wie z. B. SAP oder auf die Bedürfnisse der Unternehmen angepasste (Customized) Programme bis hin zu aufwendigen Eigenprogrammierungen, bei denen fehlende Standardschnittstellen zu erschwertem Informationsaustausch führen und damit dem angestrebten Kollaborationsansatz widersprechen. Das klassische Vorgehen bei Auftragsprojekten ist oft stark phasenorientiert geprägt und selten durchgängig und homogen gestaltet (viele Schnittstellen, wechselnde Zuständigkeiten, differierende Aufgabenstellungen und Ergebniserwartungen). So kann z. B. die Planung, Ermittlung und Verfolgung von Kosten über Excel-Tabellen erfolgen, die dann fortlaufend über den Kostenverlauf / die Kostensummenlinie einer Investitionsmaßnahme erfasst und verfolgt werden. Die Aktivierung der Kosten (Überführung der Kosten in die Bilanz) durch das Rechnungswesen, die dann über die Finanzbuchhaltung eingebucht und später nach der Schlussabnahme in der Bilanz aktiviert werden, erfolgt hierbei nach Abschlussart autark in einem separaten, entkoppelten Schritt. Hinweis: Diese Vorgehensweise entspricht der Bilanzierung von Fertigungsaufträgen nach dem deutschen HGB. Bilanziert das ausführende Unternehmen nach den Richtlinien des IFRS, so ist gegebenenfalls eine Teilgewinnrealisierung nach Leistungsfortschritt (Percentage of Completion Method) möglich. Unterschiedliche Softwaretools/ -systeme für unterschiedliche Funktionen und Betrachtungsweisen, wie z. B. Kalkulation , Einkauf , Projektabwicklung / Controlling technisch / vertraglich, Finanzbuchhaltung, Projektcontrolling kaufmännisch mit nur zum Teil synchronisierten Schnittstellen, sind gängige Praxis. Durch den verstärkten Einsatz von BIM-Planungen entwickeln sich aktuell neue Möglichkeiten, die Integration von „technischen“ Systemen (Planungs- und Kalkulationstools) mit Wissen | Perspektiven der Softwareunterstützung für CPM bei Bauprojekten 44 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0069 11_haxter.indd 44 11_haxter.indd 44 14.08.2020 16: 21: 51 14.08.2020 16: 21: 51 der CPM-Welt zu fördern. Wie eine kaufmännische Softwareunterstützung durch BIM bei Investitionsvorhaben erfolgen kann, wird schematisch im folgenden Kapitel beschrieben. Bei Projekten mit vielen unterschiedlichen Projektbeteiligten (fachlich, kulturell und sozial), die standort- und gewerkeübergreifend flexibel zusammenarbeiten sollen, macht eine solche Vorgehensweise Sinn, da man auf derselben Plattform mit einheitlichen Standards und Strukturen und mit immer aktuellen Informationen arbeiten kann. Dieser Vorteil kehrt sich aber auch zum Nachteil, wenn es nicht gelingt, die dazu erforderliche fachspezifische Softwareunterstützung im Projekt so frühzeitig zu harmonisieren, dass die Zusammenarbeit verlustfrei und im Aufwand vertretbar funktioniert. Wenn Investitionskosten und administrativer Aufwand nicht in Relation zum Ergebnis stehen, die Nutzung aufwendig Ressourcen bindet und dabei zu viele, nicht kompatible Software-Subsysteme eingesetzt werden müssen, die dann wiederum Mehrfacharbeit erfordern, ist ein solcher Einsatz kritisch zu hinterfragen. Für jedes Unternehmen ist es daher von großer Relevanz, sich auf eine einheitliche und gemeinsame Arbeitsweise mit den Projektpartnern zu verständigen, entsprechende Standards zu manifestieren und erforderliche Schnittstellen zu möglichen Kollaborationssystemen im Vorfeld schon zu kennen und entsprechende Lösungen zu erarbeiten. Dies gelingt z. B. mit bereitgestellten Konvertern, die den standardisierten Datenaustausch von Informationen vom einen in das andere System und auch zurück verlustfrei ermöglichen. Wichtig ist es dabei immer wieder, sich an den Standards und der eingesetzten Software zu orientieren, die eine solche Entwicklung ermöglichen. Je individueller die Unternehmenssoftware gestaltet ist, desto aufwendiger kann die Anbindung an die „Außenwelt“ werden oder sie kann diese sogar verhindern. Praktischer Ablauf beim Einsatz der BIM-Methodik für kaufmännische Fragestellungen Die Basis einer jeden, phasen- und gewerkeübergreifenden BIM-Planung ist eine gemeinsame Datenstruktur, in welcher alle benötigten Ressourcen (physikalische Ressourcen) eines Investitionsvorhabens technisch (qualitativ) eindeutig spezifiziert sind. Diesen Ressourcen sind für den kaufmännischen Einsatz einer BIM-Software auch relevante Kostenattribute zuzuordnen, z. B. wie teuer ist ein Stück Rohr der Spezifikation XYZ [€/ Stück] oder der Einsatz von Montagepersonal [€/ h], und mit den entsprechend zu verwendenden Kalkulationsansätzen (Leistung in m / h etc.) zu definieren. Wichtig bei der Definition und Erstellung von Attributen ist es, unbedingt darauf zu achten, dass nur primär relevante Informationen angehängt werden, die zwingend zur Definition eines Objektes erforderlich sind, da ansonsten zu viel nicht relevanter Speicherplatz belegt wird, der damit das BIM-Modell im Datenvolumen aufbläht und entsprechend schwerfällig und langsam macht. Basierend auf dieser Datenquelle mit Produkten und Preisen kann eine Angebotskalkulation auf Basis von Planungsdaten generiert werden (Massengerüst, Menge x Einheitspreis), die natürlich mit weiteren Zuschlägen versehen wird, wie z. B. Allgemeinkosten, Wagnis und Gewinn etc. Mit Auftragseingang (AE) sind auch die vertraglichen Rahmenbedingungen (Leistungssoll) festgelegt. DANACH erfolgt eine detaillierte BIM-Planung auf Grundlage des Datenmodells. Dabei sind zwei kaufmännische Phasen zu unterscheiden: Kostenplanung NACH AE und VOR Errichtung des Investitionsobjektes (geplante Kosten-= Soll): Der Technische Planer entwickelt ein projektbezogenes Datenbankmodell mit Standards und Attributen. Diese sind im Regelfall alle Baukomponenten (Objekte) mit den erforderlichen Einbaumaßen und Schnittstellen inkl. Spezifikation und Produktanforderung. Dieses Modell wird dann mit zunehmendem Planungsfortschritt ergänzt und spezifisch konkretisiert. Eine objektbezogene Historie macht diesen Zuwachs sichtbar und bewertbar. Für kaufmännische Zwecke sind dann auch Attribute für Kosten und kalkulierte Arbeitszeiten im Datenmodell verfügbar. Parallel zur technischen Planung findet damit automatisch auch eine kaufmännische Bearbeitung statt. Dies hat zwei Aspekte: Zum einen findet eine dynamische, mit dem Planungsfortschritt mitführende Kalkulation des Investitionsobjektes durch den Einsatz des Datenmodells statt und der Auftragnehmer hat quasi in Echtzeit einen Überblick über den kostenmäßigen Wert der aktuell vorliegenden technischen Planung. Dies ermöglicht zum anderen schon während der Planungsphase ein Kostencontrolling (Abgleich der realen Kosten der aktuellen technischen Planung mit dem Zuschlagspreis, dem Vergabepreis). Nach Abschluss der technischen und kaufmännischen Planung sollte / wird das BIM-Modell zum Stichtag genehmigt, freigegeben und mit einem „Planungsstop“ als „offizielles“ Projektbudget eingefroren. Kostenverfolgung WÄHREND der (Bau-)Ausführung (aktuelle Kosten / Ist) Die tatsächlich realisierten Ist-Kosten werden gegen die Soll-Kosten des zu einem vereinbarten Stichtag eingefrorenen BIM-Modells abgeglichen. Hier kann das „Cost loaded“ BIM-Modell das Kostencontrolling in der Kostenrechnung unterstützen und die aktuell erbrachten Ist-Leistungsdaten (leistungsabhängige Gemeinkosten) anhand von aktuellen und im Detail hinreichend prüfbaren Montageleistungen liefern. Je nach vertraglicher Gestaltung mit dem Auftraggeber kann auch die Erstellung von Abschlagsrechnungen und die Erstellung der Schlussrechnung so mittels Fortschrittsgradfeststellung vom BIM-Modell unterstützt und „objektiv“ dargelegt werden. Perspektiven Die Risiken und Chancen bei einer solchen Vorgehensweise liegen zum einen in möglichen Fehlerquellen, die in der Datenbank schon bei der Ursprungskalkulation entstehen können, wie z. B.: • Die Kosten für eine bestimmte Materialart werden falsch eingegeben. • Die für ein spezielles Produkt vorgesehene Spezifikation wird falsch verstanden und damit kostenmäßig falsch bewertet (Beispiel: Es wird eine Komponente der Spezifikation XYZ technisch benötigt, kostenmäßig wird jedoch eine Komponente der Spezifikation ABC angelegt). Wissen | Perspektiven der Softwareunterstützung für CPM bei Bauprojekten 45 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0069 11_haxter.indd 45 11_haxter.indd 45 14.08.2020 16: 21: 52 14.08.2020 16: 21: 52 • Es gibt das Problem der schwankenden Marktpreise für Material und Dienstleistungen sowie das Problem der Inflation bei länger laufenden Auftragsprojekten. Da die in der Datenbank angelegten Kosten der benötigten Ressourcen, auf die das BIM-Modell zugreift, in der realen Welt einer Veränderung (Inflation) unterliegen, müssen diese synchronisiert werden. Um die nach Auftragsvergabe tatsächlich bewirkten Kosten „einzubuchen“, sind die tatsächlichen Kosten zu verwenden (oder die Kosten der Datenbank müssen mit einer zeitlichen Preisbindung versehen, regelmäßig aktualisiert und / oder es muss eine Preisgleitklausel vertraglich vereinbart werden). Dies gilt für alle zeitabhängigen Gemeinkosten (Ressourcen), die aktuell über die BIM-Systematik nicht ausreichend Berücksichtigung finden und entsprechend parallel dynamisiert und mitgeführt werden müssen. Zum anderen liegt eine große Chance darin, die technische Planung mittels BIM-Modell für einen projektmanagementmäßigen Ansatz einer „Kollaborativen Planung“ maßgeblich zu nutzen. Die Kollaboration dient hierbei der Schaffung einer gemeinsamen, koordiniert abgestimmten und vereinbarten Planung. So entsteht ein erheblicher Mehrwert für den Nutzer, Betreiber und Investor durch umfassende Bereitstellung der realen Objektdokumentation und damit für die Funktions- und Betriebssicherheit des Objekts. Wenn der kollaborative Planungsansatz von den Beteiligten auf der Auftragnehmerseite verstanden und „gelebt“ wird, kann hierdurch das typische Problem der „Nachtragsorgien“ erheblich reduziert werden. Um die einheitliche und flächendeckende Nutzung einer solchen Vorgehensweise zu fördern und zu verbessern, sind weitere Schritte zwingend erforderlich: • Die Leistungsabrechnung LoD als Basis für Planungsleistungen muss einheitlich definiert und verbindlich festgelegt werden. • Die Harmonisierung von Attributen und Datenbankmodellen (Inhalten) sollte vorangetrieben werden (Objektmodell und Parametrierung). • Eine Weiterentwicklung von Standardschnittstellen zur vereinfachten Integration von Informationen aus unterschiedlichen Softwaresystemen und Datenquellen muss stattfinden. Die Nutzung von KI (Künstlicher Intelligenz) wird zukünftig auch in diesen Bereich Einzug halten, um Erfahrungen entlang der Wertschöpfungskette zu gewinnen und diese dann für die Zukunft effizient und gewinnbringend nutzen zu können (KVP-Ansatz, Best Practice Lösungen etc.). Literaturhinweise [1]: Meyer, Mey Mark; Ott, Wolfram: Digitalisierung im Projektmanagement. In: GPM (Hrsg.): Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM 4). Handbuch für Praxis und Weiterbildung im Projektmanagement. 1. Aufl., Buch & Media GmbH, München 2019, S. 265-300 [2]: PMI: Risikomanagement in Projekten. In: Project Management Institut PMI (Hrsg.): A Guide to the Project Management Body of Knowledge. Sechste Ausgabe. Independent Publishers Group, Chicago 2019, S. 395-458 [3]: PMI: Beschaffungsmanagement in Projekten. In: Project Management Institut PMI (Hrsg.): A Guide to the Project Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Oliver Haxter Oliver Haxter ist seit 22 Jahren verantwortlich in den Bereichen Bauleitung, Projektleitung, Projektsteuerung und Projektmanagement bei internationalen Großrojekten in Griechenland und Abu Dhabi sowie in Deutschland. Er steuerte Projekte aus dem Motorsport, Hotelbereich, gewerbliche Immobilien, Krankenhäuser, Offshore-Windfarmen, Reinraum, Sportstätten, Einkaufszentren sowie internationale Flughäfen. Seit 2017 führt er den Bereich Projekt- und Lean Management bei der Firma ROM Technik. Er besitzt das GPM / IPMA Level A sowie das Level B Zertifikat und ist zertifizierter Risikomanager. eMail: ohaxter@rom-technik.de Prof. Dr.-Ing. Lorenz Schneider Prof. Lorenz Schneider war nach 9 Jahren PM-Leitung in Deutschland 19 Jahre verantwortlich für Projekte in Aserbaidschan, Bahrain, China, Abu Dhabi und Kuwait. Er steuerte Projekte aus dem Motorsport, Hotelbereich, gewerbliche Immobilien, Krankenhäuser sowie aus dem Umweltschutzsektor. Seit Anfang 2019 hat er eine Professur für Wirtschaftsingenieurwesen mit dem Schwerpunkt Internationales Projektmanagement an der Hochschule FOM inne. Er besitzt das Level A sowie das Level B Zertifikat und ist geprüfter Projektkaufmann. Er leitet die GPM Special Interest Group GO International sowie die GPM Fachgruppe Commercial Project Management. eMail: lorenz.schneider@fom.de Management Body of Knowledge. Sechste Ausgabe. Independent Publishers Group, Chicago 2019, S. 459-501 [4]: Egger, Martin; Hausknecht, Kerstin; Liebich, Thomas; Przybylo, Jakob: BIM-Leitfaden für Deutschland. Informationen und Ratgeber. Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Bundesamt für Bauwesen und Raumentwicklung, 2013 [5]: BMVI Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Hrsg.): Stufenplan Digitales Planen und Bauen. Einführung moderner, IT-gestützter Prozesse und Technologien bei Planung, Bau und Betrieb von Bauwerken. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Berlin 2015 Eingangsabbildung: © joyfotoliakid / stock.adobe.com Wissen | Perspektiven der Softwareunterstützung für CPM bei Bauprojekten 46 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0069 11_haxter.indd 46 11_haxter.indd 46 14.08.2020 16: 21: 52 14.08.2020 16: 21: 52 Damit die Kasse stimmt Zahlungsmeilensteine in der CPM Praxis Ulf Laukien Für eilige Leser | Liquidität als Achillesferse des Projekts Unabhängig von unternehmerischen Entscheidungen, in Ausnahmefällen auch Projekte mit negativen Margen zu akzeptieren, stellt die Liquidität als Summe der einzelnen Projekteinnahmen und Ausgaben grundsätzlich das Leben und Überleben des Unternehmens dar. Sicherzustellen, dass die Einnahmen zum geplanten Zeitpunkt und in der geplanten Höhe erzielt werden, ist eine elementare Aufgabe im Zuge der Projektabwicklung. Der CPM muss zu jedem Zeitpunkt gewährleisten, dass die Liquidität des Projekts nicht unter den geplanten Schwellenwerten sinkt. Wie kann das garantiert werden? Schlagwörter | Einnahmen, Ausgaben, Zahlungsmeilensteine, Nachweise, CPM, Liquidität Unternehmens- und Projektliquidität Unternehmen haben ständig Ausgaben, regelmäßige und unregelmäßige: Steuern, Löhne, Gehälter, Miete, Strom, Materialien für die Produktion oder Einmalinvestitionen, Beratungsleistungen, Vorlaufkosten für den Eintritt in neue Märkte. Zur zwingend notwendigen Erhaltung der Liquidität ist eine durchgehende Deckung dieser Ausgaben erforderlich. Sie erfolgt über Einnahmen aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit sowie über Eigenkapital und Kredite. Ziel muss es sein, die Ausgaben mit den Einnahmen aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zu decken und natürlich auch die prognostizierte Marge zu erzielen oder im günstigsten Fall diese sogar zu übertreffen. In projektorientierten Unternehmen sind die Einnahmen aus der Projektbearbeitung wesentlicher Bestandteil der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Deshalb ist man bestrebt, die Einnahmen im Projekt so früh und hoch wie möglich zu generieren, um nach Möglichkeit „cash neutral“ oder sogar „cash positiv“ zu bleiben. Sie sollten also zu jedem Zeitpunkt über den Ausgaben des Projektes liegen. Ein immenser Unterschied zwischen der Liquiditätsplanung im Unternehmen und des Projekts ist jedoch der Zeitraum. Während normalerweise für die Unternehmen im Sinne der Steuern oder des Jahresabschlusses meist ein Kalenderjahr die Basis bildet, sind Projekte oft unabhängig vom Jahreszyklus über einen längeren Zeitraum aktiv und bedingen somit einen anderen Planungshorizont. Über diesen langen Zeitraum gilt es nun, regelmäßig Einnahmen zu erzielen, die die Ausgaben des Projektes und damit langfristig die des Unternehmens decken. Einzahlungen für Projekte erfolgen zu den zwischen Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN) vereinbarten Zahlungszeitpunkten. Diese müssen für eine spätere eineindeutige Abwicklung der Zahlungsmeilensteine schon bei den Vertragsverhandlungen präzise festgelegt werden. Hierbei haben beide Seiten, Auftraggeber und Auftragnehmer konkrete Ziele, die zunächst nicht deckungsgleich sind. Sich konkret die Vorstellungen des AG, aber auch die Abläufe des eigenen Unternehmens und des Projektes vor Augen zu führen, hilft, eine klare Beschreibung der (Zahlungs-)Meilensteine für den AG und den AN zu finden. Der AG möchte üblicherweise gerne seine Zahlungszeitpunkte so weit wie möglich im Ablauf des Projekts hinausschieben und jeden Zahlungsmeilenstein so gering wie möglich halten, um seine eigene Liquidität zu schonen. Der AN Wissen Zahlungsmeilensteine in der CPM Praxis DOI 10.2357/ PM-2020-0070 31. Jahrgang · 04/ 2020 47 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0070 12_laukien.indd 47 12_laukien.indd 47 14.08.2020 16: 23: 10 14.08.2020 16: 23: 10 hat die Entwicklung der projektbezogenen Kosten im Auge und möchte diese „vorfinanziert“ haben, um möglichst ständig liquiditätsmäßig im Plus zu sein. Im Rahmen der Vertragsverhandlungen muss hierzu eine Lösung zwischen den widerstrebenden Interessen gefunden werden. Häufig kann sich der AG eher durchsetzen. Ein weiterer Grund für divergierende Interessen bezüglich Zeitpunkt und Höhe der Fortschrittszahlungen zu Zahlungsmeilensteinen liegt in der Sorge des AG, möglichst nicht für etwas zu bezahlen, was noch nicht vorhanden ist oder sich zumindest noch nicht in seiner Verfügungsgewalt befindet. Für den AN besteht das Interesse darin, im Falle einer vorzeitigen Vertragskündigung durch den AG zumindest die bislang geleisteten Arbeiten und Ausgaben für Material etc. gedeckt zu haben, also bezahlt zu bekommen. Gebräuchliche Hauptzahlungsmeilensteine Die Hauptzahlungsmeilensteine sind jeweils projektspezifisch festzulegen. Üblicherweise sind dies aber: • Anzahlung • Fertigstellung der Komponenten für das Projekt / die Anlage im Werk des AN oder anderen Orts, z. B. bei Lieferanten • Anlieferung und Montage der Komponenten auf der Baustelle • Inbetriebnahme und Abnahme Selbstfahrer © Nordex Energy GmbH Classification: Internal Purpose # Monat t 0 t 1 t 2 t 3 t 4 t 5 t 6 t 7 t 8 t 9 t 10 t 11 t 12 t 13 t 14 t 15 t 16 t 17 t 18 t 19 t 20 Einnahmen 0 0 2.700.000 0 0 0 0 0 370.000 0 0 500.000 0 6.500.000 0 1.500.000 1.800.000 3.200.000 1.755.000 0 0 Ausgaben 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 -210.000 -2.100.000 -7.000.000 -500.000 -1.900.000 -1.700.000 -300.000 -1.800.000 -750.000 0 0 Saldo kumuliert 0 0 2.700.000 2.700.000 2.700.000 2.700.000 2.700.000 2.700.000 3.070.000 3.070.000 2.860.000 1.260.000 -5.740.000 260.000 -1.640.000 -1.840.000 -340.000 1.060.000 2.065.000 2.065.000 2.065.000 -8.000.000 -6.000.000 -4.000.000 -2.000.000 0 2.000.000 4.000.000 6.000.000 8.000.000 Monat t 0 t 1 t 2 t 3 t 4 t 5 t 6 t 7 t 8 t 9 t 10 t 11 t 12 t 13 t 14 t 15 t 16 t 17 t 18 t 19 t 20 Euro Abb. 1: typische Entwicklung der Liquidität im zeitlichen Ablauf eines Projektes mit Einnahmen (grün), Ausgaben (rot) und dem resultierenden Saldo (blaue Linie). Zu den Zahlungsmeilensteinen im Einzelnen: Anzahlung Eine Anzahlung wird vom AG erbracht, ohne dass der AN zu diesem Zeitpunkt schon der vertraglich geschuldeten Lieferung / Leistung nachgekommen ist. Der AN fordert häufig eine Anzahlung, um die Kosten des Anlaufs des Projekts (Konstruktion, Versuche, andere Startaktivitäten) ganz oder zumindest zum Teil abgedeckt zu bekommen. Außerdem bindet sich der AG damit auch finanziell an das Projekt. Für den AG ist diese geldliche Vorleistung ohne Gegenleistung und ohne Absicherung zunächst ein Risiko. Im schlimmsten Fall wäre der AN nicht in der Lage, seinen künftigen Verpflichtungen nachzukommen (z. B. eingetretene Insolvenz). Das Geld würde bei einer Rückabwicklung des Vertrages nicht an den AG zurückgezahlt und wäre somit für ihn verloren. Deshalb fordert der AG eine Zahlungssicherheit vom AN, meist in Form einer Konzernbürgschaft oder Bankbürgschaft. Damit ist für den AG sichergestellt, dass er im Fall des Falles die geleistete Anzahlung von der Muttergesellschaft des AN bzw. der bürgenden Bank zurückerhalten würde. Für die Fälligkeit der Anzahlung sind als Voraussetzungen das Inkrafttreten des Vertrages sowie die Vorlage der Zahlungssicherheiten in vereinbarter Form erforderlich. Fertigstellung im Werk des AN oder seines Lieferanten Für die Fertigung und Fertigstellung von Komponenten / der Waren, z. B. Generatoren, Türme, Aggregate für eine Raffinerie, Druckbehälter für technische Gase u. v. a. m. hat der AN substanzielle Ausgaben, neben den eigenen Arbeitskosten auch die Kosten von Materialbestellungen und auswärtigen Arbeiten. Um eine Unterdeckung mit liquiden Mitteln so gering wie möglich zu halten, ist sinnvollerweise ein Zahlungsmeilenstein zu diesem Zeitpunkt des Projekts vorzusehen. Problematisch ist möglicherweise die Definition, um das Erreichen dieses Meilensteines einwandfrei zu bestimmen. Hier helfen oft allgemein anerkannte Klauseln und Dokumente. So definiert z. B. der Incoterm „ex works“ (exw), dass die Ware am vertraglich vereinbarten und vom AN benannten Standort abholbereit ist. Ein weiterer zusätzlicher Nachweis für diesen erreichten Zahlungsmeilenstein kann für den AG die standar- Dem positiven Saldo (Einnahmen minus Ausgaben) zu Beginn des Projektes (geringer Kostenanfall) folgt später eine massive Unterdeckung aufgrund der zu tätigenden Ausgaben für die Materialbestellungen, beginnende Fertigung, Löhne und Gehälter, Drittfirmen u. ä., verbunden mit für den AN ungünstigen Zahlungsmeilensteinen. Das Ziel, mit den Projekteinnahmen zu jeder Zeit über den Ausgaben zu liegen, gelang hier nicht. Wissen | Zahlungsmeilensteine in der CPM Praxis 48 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0070 12_laukien.indd 48 12_laukien.indd 48 14.08.2020 16: 23: 10 14.08.2020 16: 23: 10 disierte Qualitätsbescheinigung „Abnahmeprüfzeugnis 3.1“ des AN sein. Anlieferung und Montage Der Nachweis der vertragsgemäßen Anlieferung der Komponenten auf die Baustelle gestaltet sich manchmal etwas schwieriger. Zuzüglich zu den eigenen Dokumenten kommen hier Unterlagen von Dritten hinzu. Vereinfachend ist der Sachverhalt, dass zumindest für Lieferungen Frachtpapiere standardisiert, national und international allgemein in regem Gebrauch sind. Hauptsächlich sind es hier CMR-Dokumente (Convention relative au contrat de transport international de marchandises par route-- Internationale Vereinbarung über Beförderungsverträge auf Straßen) und B / L-Papiere (bill of lading, Warenbegleitpapiere bei Schiffstransporten) zu nennen. Für den Zahlungsmeilenstein „Montage“ oder „Abschluss der Montage“ gibt es kaum standardisierte Regelungen. Insoweit kommt es sehr auf die Vertragsformulierungen und auf deren Präzisierung an. Erschwert wird der Nachweis des Erreichens dieses Zahlungsmeilensteins insbesondere dann, wenn Unterlieferanten für den AN vor Ort tätig sind. Sie müssen ihre Tätigkeiten gegenüber dem AN penibel dokumentieren, da deren Zertifikate zusammen mit denen des AN gegenüber dem AG als Nachweise für den Abschluss dieses Meilensteins dienen. Inbetriebnahme und Abnahme Je weiter AG und AN sich im Projektablauf bewegen, desto projektspezifischer wird die Dokumentation zum Nachweis des zu erreichenden Meilensteins. Für die Inbetriebnahme (IBN), ist es schwierig, standardisierte Dokumente heranzuziehen. Normalerweise werden diese direkt auf das Projekt zugeschnitten erstellt. Eine Hilfe bietet jedoch die Maschinenrichtlinie, die als IBN die „erstmals bestimmungsgemäßen Verwendung“ des Gewerkes / der Maschine / der Anlage beschreibt sowie die CE-Kennzeichnung. Diese Dokumente können gegenüber dem AG als Nachweis dienen. Jedoch geben sich weder AG noch AN nur mit diesen allgemeinen Richtlinien zufrieden. Beide sind an Regularien interessiert, die den Anforderungen des AG genügen, aber auch dem AN die Möglichkeit geben, das Erreichen der IBN zeitnah nachweisen zu können. Als Basis für einen solchen zusätzlichen Nachweis können die Daten aus der Betriebsführung und Systemsteuerung (SCADA, Supervisory Control and Data Acquisition) dienen. Aber auch hier ist im Vorfeld genau zu beschreiben, welche Fehler z. B. beim Probebetrieb auftreten dürfen, welche Toleranzen gelten, welche Parameter erreicht werden müssen. Ein abschließendes Protokoll mit allen Parametern dokumentiert dann das Erreichen des Zahlungsmeilensteins. Wenn vertraglich vereinbart, müssen auch externe Prüforganisationen eingeschaltet werden, die Tests durchführen, begleiten und / oder testieren. Funktioniert die Anlage nach der IBN gemäß den vertraglichen Bestimmungen, erfolgt die Übergabe an den AG. Damit ist die Abnahme erreicht. Gibt es keine den grundsätzlichen Betrieb einschränkenden Sachverhalte, ist zum Nachweis dieses Meilensteins ein gemeinsames Abnahme-Protokoll vom AG und AN auszufertigen. Blatttransport in Italien © Nordex Energy GmbH Dieser abschließende Zahlungsmeilenstein ist häufig kritisch, weil es praktisch nie eine Anlage gibt, die bei der Übergabe / Abnahme völlig mängelfrei funktioniert. Damit kann vom AG die Abnahme verweigert oder zumindest verzögert werden (ob berechtigt oder nicht berechtigt, ist offen) und es erfolgt zunächst keine Zahlung. Wird die Abnahme nicht verweigert, sondern das gemeinsame Protokoll ausgefertigt, werden dort aber die noch zu erledigenden Restmängel und eine Frist zu deren Behebung aufgeführt. Das veranlasst den AG häufig dazu, einen bestimmten Prozentsatz des an sich fälligen Zahlungsbetrags zurückzuhalten. Besonders dramatisch wird die Situation, wenn der AG bei der vorherigen Anbahnung und dem Vertragsabschluss zum Projekt einen Berater einbezogen hat, der dann bei der Abnahme wieder auftritt und möglicherweise Kleinigkeiten und Restpunkte überhöht. Um dieses Verhalten auszuschießen, sollten, wenn überhaupt nötig, nur unabhängige oder von AG und AN beidseitig akzeptierte Prüfinstanzen hinzugezogen werden. Regeln für Zahlungsmeilensteine Natürlich haben die Meilensteine das Ziel, den jeweils erreichten Projektfortschritt zeitnah und umfassend zu dokumentieren. Dafür gilt es, eine enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Bauleiter, dem technischen Projektleiter (PM, Project Manager) und dem kaufmännischen Projektleiter (Commercial Project Manager) sicherzustellen. Errichtung einer N149 © Nordex Energy GmbH Wissen | Zahlungsmeilensteine in der CPM Praxis 49 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0070 12_laukien.indd 49 12_laukien.indd 49 14.08.2020 16: 23: 11 14.08.2020 16: 23: 11 Das elementare Interesse des AN ist es jedoch auch, mit diesen Dokumenten, Nachweisen, Protokollen, Zertifikaten die Berechtigung zu erwirken, mit der er in die Lage versetzt wird, überhaupt eine Rechnungslegung an den AG vornehmen zu können. Aus diesem Grund müssen die zum Erreichen eines Zahlungsmeilensteines notwendigen Dokumente schon bei den Vertragsverhandlungen präzise, klar und eineindeutig benannt und beschrieben werden. Nur dann ist es für den CPM anschließend problemlos möglich, das Erreichen des jeweiligen Meilensteines gegenüber dem AG darzulegen und mit der geforderten Dokumentation zu untermauern. Nur dann ist eine entsprechende zeitnahe Rechnungslegung möglich. Nur dann kann ein zeitlicher Liquiditätsengpass im Projektablauf vermieden werden. National oder international anerkannten Dokumenten (Frachtbriefe, Qualitätsbescheinigungen) unter Nutzung von Beförderungsklauseln (Incoterms) ist aus Akzeptanz- und Vertrautheitsgründen immer der Vorzug gegenüber individuell vereinbarten Dokumenten zwischen AG und AN zu geben. Noch vorteilhafter wäre es natürlich aus Sicht des AN, wenn er einzig mit seinen (eigenen) Dokumenten die Nachweispflicht für Zahlungsmeilensteine erbringen könnte. Leider läuft kein Projekt vollkommen reibungslos. Immer wieder gibt es Störungen im Projektablauf. Der AN, die Unterlieferanten des AN sind in Verzug, der AG selbst ist mit seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr im Zeitplan. Ereignisse Höherer Gewalt behindern die Realisierung des Projektes, aktuell sind es die Einschränkungen infolge der Pandemie COVID-19. Insbesondere vom AN nicht verschuldete Verzögerungen und Einflüsse höherer Gewalt haben häufig einen negativen Einfluss auf die Liquiditätssituation des Projektes. Die avisierten Zahlungsmeilensteine verschieben sich und werden dann später oder vielleicht gar nicht mehr erreicht. Deshalb müssen Sicherungsmechanismen zugunsten des AN vertraglich fixiert werden. „Ist der AN unverschuldet am Erreichen des (Zahlungs-) Meilensteins gehindert“, sollte er trotzdem die Berechtigung zur Rechnungslegung in Anlehnung an den ursprünglichen Projektablaufplan haben („deemed achieved“- - „angesehen als erreicht“), mindestens jedoch für seine erbrachte Leistung bezahlt werden. Grundvoraussetzung, um auch in solchen Blatttraverse © Nordex Energy GmbH Ulf Laukien Kaufmännische Projektabwicklung ist meine Leidenschaft. Die Einführung eines ERP-Systems, ein Börsengang, Betriebsstätten, Tochtergesellschaften und internationales Vertragsmanagement bilden für mich die Basis, den Bereich „CPM Operations Mediterranean & Central“ mit meinen Mitarbeitern verantwortungsvoll zu führen. eMail: ulaukien@nordex-online.com Internet: www.nordex-online.com Situationen die Liquidität sicherzustellen, ist die Beachtung und Einhaltung der vertraglichen Regelungen. Wann und wie ist dem AG eine Störung des Vertrages / des Projektablaufs anzuzeigen? In welcher Form ist dies anzuzeigen? Welche Reaktionsfristen sind dazu im Vertrag benannt? Normalerweise muss der AN „zeitnah“ nach Bekanntwerden des Ereignisses den AG darüber unterrichten. Nur so schützt er seine Ansprüche für die Rechnungslegung („angesehen als erreicht“). Die Vorbereitung des Vertrages ist das A und O, um das Erreichen der Zahlungsmeilensteine sicher zu definieren, nachzuweisen und damit die Rechnungslegung und somit die Einnahmen des AN sicherzustellen. Gerade die exakten Begriffsbeschreibungen, die Anhänge zum Vertrag und deren Ausgestaltung bedürfen großer Sorgfalt und Aufmerksamkeit. Insbesondere, wenn im Rahmen von Vertragsverhandlungen Änderungen gegenüber bisherigen Texten vereinbart werden, ist es wichtig, nachzuverfolgen, was aufgrund dieser Änderung als Folge beachtet werden muss (z. B. andere Dokumente, andere (Liefer-)Orte, Fristen, Prüforganisationen, Normungsvorschriften etc.). Was nützt es, einen Meilenstein „exw“ zu haben, der als Dokumentation aber einen Frachtbrief vorsieht? Oder, wenn in fortgeschrittenen Vertragsverhandlungen oder im Projektablauf ein zusätzlicher Meilenstein verhandelt, aber nicht beschrieben wird, wie er nachzuweisen ist? Zu jedem Stadium des Projektes, während der Anbahnung, während der Verhandlung, während der Durchführung und eventuell auch während der Abnahme muss immer wieder geprüft werden, ob die Zahlungsmeilensteine noch mit dem Gewünschten, mit dem Vertragsstand, den Anhängen und der tatschlichen Gegebenheiten auf der Baustelle einhergehen und ob sie überhaupt erfüllbar sind. Ist all das gegeben, gibt es wenig Raum für Diskrepanz und Interpretation. Der AG möchte ein funktionierendes Gewerk, der AN sein Geld. „Vertrag heißt Vertrag, damit man sich verträgt.“ Eingangsabbildung: © Nordex Energy GmbH Wissen | Zahlungsmeilensteine in der CPM Praxis 50 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0070 12_laukien.indd 50 12_laukien.indd 50 14.08.2020 16: 23: 12 14.08.2020 16: 23: 12 CPM und GPM: Was wird geboten? Hasso Reschke „Gutes Geld für gute Arbeit! Das ist die Mission von CPM“, so fasst der Präsident der GPM, Prof. Klausing, die Bedeutung von Commercial Project Management für die projektorientierte deutsche Exportwirtschaft zusammen. „Deutschland ist eine große Exportnation, und dazu gehören viele komplexe Projekte im Maschinen- und Anlagenbau, Infrastruktur, aber auch in vielen anderen Industrien wie Elektrotechnik oder Luft- und Raumfahrt. Gutes CPM ist erfolgsentscheidend und deshalb für die GPM als wichtiges Feld des Projektmanagements von essenzieller Bedeutung“. Fachbuch: Commercial Project Management Deshalb gründete sich schon vor einigen Jahren eine Initiative von mehreren engagierten und kompetenten Mitgliedern, die in enger Zusammenarbeit mit der einschlägigen Industrie zunächst das Fachbuch „Commercial Project Management“ entwickelten: Die erste umfassende systematische Veröffentlichung zu diesem Thema (siehe Kasten am Schluss). Hier sind alle für CPM relevanten Arbeitsgebiete in Fachartikeln von Experten aus der Industrie praxisnah dargestellt und beschrieben. GPM Fachgruppe Commercial Project Management Im April 2019 wurde dann die GPM Fachgruppe CPM gegründet. Zur Gründungsversammlung in Frankfurt, welche in den Geschäftsräumen des Unternehmens Air Liquide stattfand, kamen 27 Teilnehmer, vorwiegend aus Industrie und Wirtschaft. Nach zügiger Abarbeitung der notwendigen Formalien ging die neue Fachgruppe direkt in die fachliche Diskussion und es wurde beschlossen, im Oktober 2019 bei einer Folgeveranstaltung in Hamburg die inhaltlichen Schwerpunkte der neuen Fachgruppe zu definieren. So trafen sich die Mitglieder Mitte Oktober diesmal bei dem Unternehmen Nordex. In gewohnt effektiver Arbeitsweise legte die Fachgruppe ihre zukünftigen Arbeitsschwerpunkte fest: • Kommunikation und Marketing: Die Fachgruppe möchte die öffentliche Wahrnehmung für den Fachbereich Commercial Project Management stärken. • Erfahrungsaustausch und Netzwerken: Ab 2021 sollen Fachtagungen organisiert werden. • Weiterbildung und Zertifizierung: Hier ist geplant, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit einer Hochschule entsprechende Fortbildungs- und Ausbildungsunterlagen zu entwickeln. Der Ansatz ist dabei zunächst, Fort- und Ausbildungsmöglichkeiten für Nachwuchs- und Führungskräfte der Industrie zur Verfügung zu stellen. • Know-how-Standard: Es sollen ein Standard für Commercial Project Management sowie Beurteilungssysteme zur Einschätzung des Reifegrades im Fachgebiet CPM bei den beteiligten Unternehmen entwickelt werden. GPM Standard für Commercial Project Management Commercial Project Management ist, wie vieles im Projektmanagement, ein schillernder Begriff und in vielen Unternehmen nicht ausreichend etabliert. Als Grundlage für weitere Maßnahmen zur Sicherstellung effizienten CPMs übernahmen Prof. Reschke (Gründungsmitglied GPM) und Roland Fleissig (früher KUKA) aus der FG zunächst die Aufgabe, einen Inhalts- und Begriffsstandard für CPM zu entwickeln. Dieser wurde gemeinsam mit Experten aus der Industrie erarbeitet und liegt jetzt als offizielle GPM Veröffentlichung vor (siehe Kasten am Schluss). Er umfasst zunächst die Definitionen, dann die organisatorische Gestaltung, verdeutlicht die dem Einzelprojekt übergeordneten Aufgaben und systematisiert schließlich die Fachaufgaben im CPM im Einzelnen. Diese finden sich in den Themengebieten: Planung und Controlling- - Kalkulation-- Risikoanalyse und -management-- Vertragsmanagement-- Projektspezifische Steuerpflichten-- Fakturierung und Mahnwesen-- Reporting-- Änderungsmanagement-- Projektabschluss, ergänzt um ein Glossar. Der CPM-Standard ist primär auf die Auftragnehmerseite und schwerpunktmäßig auf Maschinen- und Anlagenbau sowie Infrastrukturprojekte gerichtet, gibt aber auch für andere Branchen und Projektarten sowie für die Auftraggeberseite wertvolle Anregungen. Neben der Aufgabe, Begriffe und Inhalte zu klären, bildet dieser Standard die Grundlage für die optimale Gestaltung und Implementierung von CPM im Unternehmen. Er kann für vielfältige weitere inner- und überbetriebliche Zwecke herangezogen werden und ist die Basis für die Konzipierung weiterer CPM-Fördermaßnahmen. Wissen CPM und GPM: Was wird geboten? DOI 10.2357/ PM-2020-0071 31. Jahrgang · 04/ 2020 Fachgruppenleitung CPM: Dr. B. Müller, Prof. L. Schneider (© Oliver Steeger) 51 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0071 13_reschke.indd 51 13_reschke.indd 51 14.08.2020 16: 23: 53 14.08.2020 16: 23: 53 CPM-Qualifizierung Ein besonderer Schwerpunkt der Arbeit der FG ist das Thema Qualifizierung, also Entwicklung und Bereitstellung von spezifischen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen und Programmen. Hierzu hat es eine erste Meinungsbildung in der Fachgruppe gegeben. Vorbehaltlich eines noch zu treffenden Beschlusses zu diesem Punkt möchte die Fachgruppe wie folgt vorgehen: • In einer ersten Phase sollen zunächst Fortbildungsunterlagen für die Nachwuchs- und Führungskräfte der beteiligten Unternehmen entwickelt werden. • Darauf aufbauend sollen in einer zweiten Phase Ausbildungsunterlagen erstellt werden, um diesen Fachbereich des Projektmanagements für die Hochschulausbildung einschlägiger Studienrichtungen verfügbar zu machen und / oder als „Postgraduierte Ausbildung“ anzubieten. GPM Standard für Commercial Project Management (bearbeitet von R. Fleissig und Prof. H. Reschke) 1. Aufl. 2020; 32 Seiten; ISBN: 978-3-9248-4181 - 2 Erhältlich als e-book. Für Mitglieder der GPM kostenfreier Download im Mitglieder-Login. Bestellung von Nichtmitgliedern (€ 19,95) über: https: / / www.gpm-ipma.de/ know_how/ publikationen.html Hasso Reschke-- Lorenz Schneider-- Gregor Oleniczak (Hrsg.) Commercial Project Management Erfolgsfaktoren-- Aufgaben-- Organisation 179 S., 2017, VDMA-Verlag Frankfurt / M. ISBN: 978-3-8163-0716 - 7 Wissen | CPM und GPM: Was wird geboten? 52 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0071 13_reschke.indd 52 13_reschke.indd 52 14.08.2020 16: 23: 53 14.08.2020 16: 23: 53 Metriken für agile Projekte Jörg Brüggenkamp, Peter Preuss, Tobias Renk Für eilige Leser | Mithilfe der richtigen Steuerungsgrößen kann man nicht nur den Fortschritt agiler Projekte messen, sondern auch das Projektteam bei der Risikominimierung und der Identifizierung möglicher Verbesserungspotenziale effektiv unterstützen. In diesem Beitrag wird gezeigt, welche Metriken sich hierfür besonders eignen und wie man diese aussagekräftig auf einem Management-Dashboard visualisieren kann. Schlagwörter | Agiles Projektmanagement, Fortschrittskontrolle, agile Metriken, kombinierte Metriken Vorspann In einer perfekten agilen Umgebung wird ein Produkt von einem oder mehreren kleinen Teams für eine klar definierte Kundengruppe erstellt, die agilen Kontroll- und Steuermechanismen greifen, jeder Sprint liefert einen nachprüfbaren Wert und es genügen wenige Diagramme mit einfachen Steuerungsgrößen, um den Projektfortschritt zu messen. In großen Organisationen sieht es aber leider oft anders aus. Dort werden komplexe, aus vielen Komponenten bestehende Produkte von großen Projektteams entwickelt, die über mehrere Länder verteilt sind und mit unterschiedlichen externen Lieferanten zusammenarbeiten. Kunden sind in den meisten Fällen mehrere unternehmensinterne Abteilungen mit konkurrierenden Anforderungen und Prioritätsvorstellungen. Der agile Reifegrad ist in solchen Unternehmen eher gering. Daher fehlt es oft an einer einheitlichen Vision und der entsprechenden Strategie. Die Projektteams arbeiten in „Silos“ mit verteilten Product Backlogs und die Fortschrittsmessung basiert höchstens auf wenig aussagekräftigen Standard-Metriken wie einem simplen Sprint-Burndown-Chart. In komplexen Projekten kann man aus einem solchen Diagramm aber in den seltensten Fällen den wirklichen Projektfortschritt ablesen oder einen Handlungsbedarf ableiten. Risiken können dann nicht frühzeitig erkannt und geeignete Gegenmaßnahmen erst spät eingeleitet werden. Metriken werden häufig in wertlosen „Show- oder Ego-Dashboards“ visualisiert, die nicht an den Zielgruppen ausgerichtet sind. Dabei gibt es aufgrund der iterativen Vorgehensweise in agilen Projekten hilfreiche Metriken, die mit relativ geringem Aufwand so auf Dashboards dargestellt werden können, dass sie einen wesentlichen Beitrag zur Fortschrittsmessung und zur Risikoanalyse leisten. Grundlagen zu Metriken im agilen Umfeld Relevante Zielgruppen und deren Ziele identifizieren Metriken sollten niemals um ihrer selbst willen erstellt werden. Stattdessen müssen sie immer an den Zielgruppen und deren Informationsbedürfnis ausgerichtet sein, damit daraus Maßnahmen abgeleitet werden können, die dem Team bei der Ausführung ihrer Arbeit helfen und damit letztendlich zur Wertsteigerung des Produkts beitragen. Nachdem die relevanten Stakeholder identifiziert wurden, kann man z. B. in kurzen Interviews ermitteln, welche Ziele diese mit dem Projekt verfolgen und welche Fragestellungen während des Projektverlaufs anhand der Metriken beantwortet werden sollen. Bei größeren inhaltlichen Überschneidungen kann für verschiedene Zielgruppen ein gemeinsames Dashboard verwendet werden. Zielformulierungen wie „ Es sollen mehr User-Stories pro Sprint geliefert werden “ mit dem Unterziel „ Vergleich der Anzahl von geplanten und gelieferten User-Stories in einem Sprint “ sind nicht sinnvoll. Insgesamt ist die Frage nach der Anzahl der gelieferten User-Stories in einem Sprint an sich fragwürdig, sie kann je nach Aufwand oder Abhängigkeiten von Sprint zu Sprint sehr stark variieren. Bei dieser Formulierung bleibt auch unklar, welche Maßnahmen bei Zielabweichungen zu ergreifen sind. Eine bessere Zielbeschreibung könnte sich z. B. an einer sehr vereinfachten Form des Goal-Question-Metric-Modells Wissen Metriken für agile Projekte DOI 10.2357/ PM-2020-0072 31. Jahrgang · 04/ 2020 53 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0072 14_renk_brueggenkamp_preuss.indd 53 14_renk_brueggenkamp_preuss.indd 53 14.08.2020 16: 26: 25 14.08.2020 16: 26: 25 (GQM) anlehnen. Die Ziele werden hierbei aus folgenden Fragestellungen abgeleitet: Was (z. B. Prozess, Produkt, Modul) ist zu welchem Zweck (z. B. Optimierung, Überwachung, Planung) mit welchem Fokus (z. B. Performance, Skalierbarkeit, Qualität, Time-to-Market) aus welcher Sicht (z. B. Product Owner, Entwickler, Management) und in welchem Kontext (z. B. Projekt, Team, Lieferant) zu analysieren? Nachdem die Ziele formuliert wurden, müssen die Metriken so ausgewählt werden, dass sie bei der Überprüfung der Ziele helfen und aus ihnen Korrekturmaßnahmen abgeleitet werden können. Die Auswahl der Metriken sollte zudem am agilen Reifegrad des Projektteams ausgerichtet sein. Ist der Grad noch niedrig, ist es besser, mit ausgewählten, weniger komplizierten Metriken zu starten. Grundsätzlich ist zu empfehlen, bei den Metriken anstelle von festen Zielwerten Erwartungsbereiche für die Messwerte zu definieren. Anhand dieser Bereiche kann anschließend eine einfache Statusermittlung, z. B. in Form einer Ampel-Darstellung, erstellt werden. Es ist wichtig, dass die den Metriken zugrundeliegenden Messwerte über den Betrachtungszeitraum hinweg vergleichbar bleiben und keine singulären Ereignisse beinhalten. Zu beachten ist weiterhin, dass die Werte nicht zur Leistungskontrolle bzw. Leistungsbewertung verwendet werden. Es gilt das „Goodharts-Gesetz“: „Wenn eine Messgröße zum Ziel wird, hört sie auf, eine gute Messgröße zu sein“. Teams werden automatisch versuchen, die Kennzahlen zu ihrem Vorteil zu manipulieren. Grundsätzlich darf es bei Zielwerten also nicht um Leistungsziele im weiteren Sinn gehen, sondern ausschließlich darum, unterstützende Maßnahmen für die Projektteams zu identifizieren. Standard-Metriken Es gibt eine Reihe von Standard-Metriken, die in den meisten agilen Projekten eingesetzt werden. Für die Ermittlung dieser Metriken werden der Arbeitsfortschritt von User Stories und Story Points, die vom Entwicklerteam investierten Arbeitsstunden, der in den Sprints geschaffene Business Value und unterschiedliche Zeitangaben gesammelt. Diese Messwerte werden anschließend mit unterschiedlichen Funktionen (Anzahl, Mittelwert, Differenz etc.) ausgewertet und in Diagrammen dargestellt. Eine typische Standard-Metrik ist die Sprint Velocity, mit der gemessen wird, wie viele Elemente eines Messwerts ein Scrum Team gegenüber vorgegebenen Planwerten in einem Sprint abarbeitet (siehe Abbildung 1). Sie beantwortet also die Frage, wie gut die Planung erfüllt wurde und ob es Auffälligkeiten in der Kontinuität der verschiedenen Sprintergebnisse gab, wie z. B. Hinweise auf einen abnehmenden Erfüllungsgrad. Als Messgröße für die Velocity wird in der Regel die Anzahl der bearbeiteten Story Points verwendet. Oft wird versucht, Abbildung 1: Sprint Velocity Abbildung 2: Cumulative Flow Diagram Wissen | Metriken für agile Projekte 54 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0072 14_renk_brueggenkamp_preuss.indd 54 14_renk_brueggenkamp_preuss.indd 54 14.08.2020 16: 26: 25 14.08.2020 16: 26: 25 die Teamgeschwindigkeit aus den Story Points abzuleiten, was zur Verbesserung der Planungssicherheit führen soll. Anhand gelieferter Story Points aus vorherigen Sprints werden Erwartungswerte für zukünftige Sprints abgeleitet. Bei dieser simplen Darstellung ist allerdings nicht erkennbar, warum es mehr oder weniger Story Points pro Sprint gab und welche Verbesserungsmaßnahmen gegebenenfalls eingeleitet werden müssen. Das in Abbildung 2 dargestellte Cumulative Flow Diagram wird häufig verwendet, um den „Arbeitsfluss“ bei der Abarbeitung von User Stories für ein festgelegtes Zeitintervall zu visualisieren. Man sieht anhand des Diagramms für jeden Zeitpunkt innerhalb dieses Intervalls, wie viele User Stories noch im Product Backlog, in Bearbeitung oder bereits abgeschlossen sind. Wird die Differenz zwischen den User Stories im Product Backlog und den erledigten User Stories zunehmend größer, könnte dies auf ein Problem hindeuten. Zumindest wird offensichtlich, dass mehr User Stories neu hinzugefügt als erledigt werden. Man kann den Arbeitsfluss in einem Cumulative Flow Diagram auch auf der Basis von Story Points oder dem geschaffenen Business Value darstellen. Noch aussagekräftiger ist eine Kombination dieser beiden Werte. Anhand des bereits gelieferten Business Value und des verbleibenden Aufwands in Story Points kann jederzeit geprüft werden, ob das Projekt beendet werden sollte. Es kann beispielsweise sinnvoll sein, das Projekt unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten nicht mehr fortzuführen, wenn bereits 80 % des gelieferten Business Value, aber nur 50 % der Story Points erledigt sind. Das Sprint Burndown Diagram wird gerne genutzt, um den Fortschritt eines einzelnen Sprints darzustellen. Hierbei wird oft die noch zu erledigende Arbeit in Form von User Stories auf der senkrechten Achse dargestellt und die Sprintdauer auf der waagrechten Achse. Eine Idealline zeigt darin den gewünschten Verlauf an. Zusätzlich kann die für den Sprint zur Verfügung stehende Team-Kapazität ergänzt werden (siehe Abbildung 3). Mit diesem Diagramm möchte man antizipieren, wann die Arbeit eines Sprints vollständig erledigt ist bzw. ob das bis zum Sprintende erreicht wird. In der Realität gilt das aber nicht immer. Wenn User Stories unterschiedliche Story-Point-Werte haben, könnte man zu Beginn schon allein deswegen einen sehr guten Arbeitsfortschritt haben, weil Stories mit geringer Komplexität, also mit wenigen Story Points, zuerst bearbeitet wurden. Es ist daher sinnvoller, Story Points als Kenngröße für das Sprint Burndown Diagram zu verwenden. Somit kann man ggf. besser erkennen, ob es Probleme mit der Zielerreichung gibt. Aber selbst dann ist es Abbildung 3: Sprint Burndown Diagram Abbildung 4: Lead-Time-Analyse Wissen | Metriken für agile Projekte 55 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0072 14_renk_brueggenkamp_preuss.indd 55 14_renk_brueggenkamp_preuss.indd 55 14.08.2020 16: 26: 25 14.08.2020 16: 26: 25 schwierig, Vorhersagen über den weiteren Sprintverlauf zu treffen. Die Lead Time beschreibt, wie lange eine User Story von der Erfassung im Product Backlog bis zur Fertigstellung benötigt. Für die Analyse der Lead Time werden üblicherweise Diagramme wie in Abbildung 4 verwendet. Die blauen Punkte in der Grafik repräsentieren abgeschlossene User Stories. Je größer die blauen Punkte sind, desto mehr Story Points liegen einer User Story zugrunde. Auf der senkrechten Achse wird die Bearbeitungsdauer der User Stories gezeigt. Die schwarze Trendlinie zeigt den gleitenden Durchschnittswert der Bearbeitungsdauer an und das graue Band um diese Trendlinie die korrespondierende Standardabweichung. Die häufigste Aussage, die aus der Lead Time abgeleitet wird, ist, dass ein Entwicklerteam durchschnittlich zwischen y1 und y2 Tagen von der Erstellung bis zum Abschluss einer User Story benötigt und daher davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bearbeitungsdauer zukünftiger User Stories ebenfalls in diesem Zeitkorridor bewegen wird. Diese Annahme gilt aber nur bedingt. Zu Beginn eines Projekts werden häufig sehr viele User Stories angelegt, für die der Lead-Time- Zähler ab diesem Zeitpunkt startet. User Stories, die in den ersten Sprints abgearbeitet werden, haben somit eine sehr kurze Lead Time, weil sie ja zeitnah erledigt werden und die Trendlinie des Lead-Time-Diagramms zeigt nach unten (positiv) bzw. verläuft auf einem sehr niedrigen Level. Irgendwann werden aber auch die User Stories abgearbeitet, die schon länger im Product Backlog sind. Obwohl es positiv ist, dass diese sogenannten Outliner auch erledigt werden, geht die Lead Time und damit auch die Trendlinie nach oben (negativ). Wenn sich das Projekt dem Ende neigt, werden weniger neue User Stories im Product Backlog angelegt. Das führt dazu, dass diese Stories zeitnah abgearbeitet werden können und die Lead Time wieder abnimmt. Die Cycle Time ist eine weitere Metrik zur Messung der Durchlaufzeit. Bei der Berechnung dieser Kenngröße spielt es keine Rolle, wie lange eine User Story bereits im Product Backlog ist, da der Cycle-Time-Zähler erst startet, wenn mit der Bearbeitung der Story begonnen wird. Im Idealfall ist die Cycle Time einer User Story immer kleiner als eine Sprintdauer. Wenn die Cycle Time bei sehr vielen User Stories die Sprintdauer überschreitet, ist das ein Indiz dafür, dass die User Stories zu umfangreich sind. Die mittlere Cycle Time ist auch aussagekräftiger, wenn die Anzahl der User Stories, die unterbzw. oberhalb von diesem Wert liegen, ungefähr gleich ist. Kombinierte Metriken im agilen Umfeld Ein Grundproblem der zuvor beschriebenen Standard-Metriken besteht darin, dass die eindimensionale Kennzahlenbetrachtung (z. B. Anzahl Story Points pro Sprint) nicht ausreicht, um Projektrisiken wirklich erkennen und die notwendigen Korrekturmaßnahmen einleiten zu können. Es ist daher besser, in einer Metrik im Durchschnitt zwei bis fünf zueinander in Bezug stehende Messwerte zu kombinieren. Die Herausforderung besteht dabei darin, eine gut darstellbare Gesamtmetrik zu schaffen. Im Folgenden werden einige kombinierte Metriken vorgestellt und ihre Anwendung bei Optimierungsmaßnahmen in agilen Projekten diskutiert. Backlog Health Nachdem das initiale Product Backlog erstellt wurde, muss es kontinuierlich gepflegt werden. Sind zu viele User Stories im Backlog, geraten die unteren Elemente häufig in Vergessenheit. Es kommt auch häufiger vor, dass ältere User Stories, aufgrund aktueller Erkenntnisse, nicht mehr benötigt werden und aus dem Backlog entfernt werden können. Bei der Entscheidung über die Entfernung von Altlasten sollte der Inhalt anhand des Business Values, der Priorität und der Komplexität (gemessen in Story Points) geprüft werden. Sind die alten User Stories weiterhin relevant, ist es sinnvoll, diese zeitnah in einen Sprint einzuplanen. Wenn hingegen zu wenige Elemente im Product Backlog sind, können die fehlenden Auswahlmöglichkeiten eine gute Sprint-Planung behindern. Im Backlog sollten sich demnach immer genügend „Ready“-Elemente befinden. In der Praxis hat sich ein Wert für ca. 1,5 bis 3 Sprints als gute Größe herausgestellt. Abbildung 5 Abbildung 5: Dashboard-Grafiken zur Bewertung der Backlog Health Wissen | Metriken für agile Projekte 56 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0072 14_renk_brueggenkamp_preuss.indd 56 14_renk_brueggenkamp_preuss.indd 56 14.08.2020 16: 26: 25 14.08.2020 16: 26: 25 Eine angemessene Anzahl an User Stories ist nicht das alleinige Qualitätskriterium für die Beurteilung eines Product Backlogs. Ein gutes Backlog zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die darin enthaltenen User Stories gut beschrieben sind. Sie benötigen Story Points für die Komplexitätsmessung, einen Prioritätswert, einen Business Value und eine Risikobewertung. Um die Qualität des Backlogs zu messen, kann beispielsweise eine kombinierte Metrik mit folgenden Kenngrößen verwendet werden: • Anzahl der User Stories im Backlog verglichen mit einem festgelegten Zielwert. • Verweildauer der User Stories im Backlog bzw. Dauer zwischen Erstellung und Übergang in den Status „Ready“. • Gruppierung der User Stories nach Priorität, Anzahl Story Points, Business Value bzw. Risikobewertung und Vergleich mit festgelegten Zielwerten. Die linke Grafik in Abbildung 5 zeigt die Variante einer kombinierten Metrik, mit der die Qualität des Product Backlogs überwacht werden kann. In diesem Beispiel sind 30 User Stories im Product Backlog (Zielwert 50). Diese haben eine Komplexität von 1.600 Story Points (Zielwert 2.000) und einen Business Value von 1.050 (Zielwert 1.500). Je Kategorie wird zusätzlich die Verteilung auf Prioritäten von eins bis vier gezeigt. Aufgrund der Abweichungen gegenüber den Zielwerten ergibt sich ein gemittelter Gesamterfüllungsgrad von 70 %. In der rechten Grafik sieht man einen Vergleich mit einer Vorperiode in Form einer Ampeldarstellung. Kapazität und Auslastung Direkt im Anschluss an die initiale Befüllung des Product Backlogs starten viele Projektteams mit der Planung des ersten Sprints. Eine wichtige Größe bei jeder Sprintplanung ist die verfügbare Teamkapazität in Stunden. Die Sprintplanung sollte daher immer mit der Abfrage der Kapazitäten der einzelnen Teammitglieder beginnen. Für jedes Mitglied werden die verfügbaren Kapazitäten pro Tag in Stunden und die geplanten Abwesenheiten während der Sprintdauer erfasst. Summiert man die Kapazitäten der Teammitglieder auf, ergibt sich die Teamkapazität. Häufig wird anhand der Erfahrungswerte aus vorherigen Sprints ermittelt, wie viele Story Points pro Sprint abgearbeitet werden können. In der Praxis hat sich aber gezeigt, dass diese Methode in größeren Projekten ohne die Berücksichtigung der jeweiligen Teamkapazität zu ungenau ist. Insbesondere bei Projektprodukten, die aus mehreren Modulen bestehen, sollten die Kapazitäten auf Modulebene ermittelt werden. Dann wird erkennbar, welche Module den höchsten Entwicklungsaufwand haben und ob einzelne Experten, die an einem bestimmten Modul arbeiten, überlastet sind. Auf der linken Seite in Abbildung 6 wird die Sprintkapazität auf Komponentenebene analysiert. Es ist beispielsweise erkennbar, dass die geplante Team-Kapazität für Komponente A (35 %) voraussichtlich nicht genügen wird, um den geschätzten Zeitbedarf (45 %) abzudecken. Für die Komponente C ergibt sich ein gegenteiliges Bild: Hierfür stehen 25 % der Gesamtkapazität zur Verfügung, laut Planung werden aber nur 10 % benötigt. Zusätzlich sollten die geplante Teamkapazität und der geschätzte Zeitaufwand immer mit den tatsächlichen Werten des vorherigen Sprints verglichen werden, um Trendaussagen treffen zu können und, falls notwendig, Korrekturmaßnahmen einzuleiten. Eine solche Trendanalyse wird in der rechten Grafik von Abbildung 6 gezeigt, in der der geschätzte Zeitbedarf für Tasks (Auslastung) als Kenngröße für den Ampelstatus (hier in gelb) verwendet wird. Fortschrittskontrolle Während eines Sprints stellt sich immer die Frage, ob das Sprintziel erreicht wird und wie realistisch die Zielerreichung ist. Zur Fortschrittskontrolle wird in der Regel das eingangs beschriebene Burndown Diagram verwendet. Es kann aber leicht zu Fehleinschätzungen führen, wenn nur die geschätzten Story Points (oder der Aufwand in Stunden) mit den bereits geleisteten Story Points (oder der geleisteten Arbeit in Stunden) verglichen werden. Der Zielerreichungsgrad ist nicht allein von der Anzahl der gelieferten Story Points abhängig, sondern immer auch von dem zu schaffenden Wert (Business Value). Es gibt darüber hinaus weitere Einflussfaktoren, wie die Qualität der Anforderungen, die Abhängigkeiten zwischen den verschiedenen Anforderungen, die Güte der teamüber- Abbildung 6 Abbildung 7: Dashboard-Grafiken zur Kapazitätsauswertung Wissen | Metriken für agile Projekte 57 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0072 14_renk_brueggenkamp_preuss.indd 57 14_renk_brueggenkamp_preuss.indd 57 14.08.2020 16: 26: 26 14.08.2020 16: 26: 26 greifenden Zusammenarbeit oder die Teamzufriedenheit, die einen signifikanten Einfluss auf die Zielerreichung haben. Daher ist es auch bei der Messung des Sprintfortschritts sinnvoll, mehrere Kriterien in der Metrik zu verwenden. In Abbildung 7 wird der Fertigstellungsgrad (Average Fulfillment) anhand der bearbeiteten Story Points (65 %) und des geschaffenen Business Values (50 %) gemessen. Hieraus ergibt sich ein gemittelter Erfüllungsgrad von 58 %. Für beide Größen beträgt der Sollwert zum aktuellen Zeitpunkt 70 %. Auffällig an diesem Beispiel ist, dass es zwar einen hohen Erfüllungsgrad bei den Story Points gibt, sich aber ein Problem beim zu schaffenden Business Value andeutet. Daher müsste geprüft werden, warum keine User Stories mit höherem Business Value bearbeitet wurden und ob man die ausstehenden Arbeiten eventuell anders priorisieren sollte. Sprint Performance Am Ende eines jeden Sprints sollte die Sprint Performance bewertet werden. Gibt es über einen bestimmten Zeitraum hinweg signifikant negative Abweichungen gegenüber den üblichen Ergebnissen, müssen notwendige Korrekturmaßnahmen eingeleitet werden. Für die Bewertung der Sprint Abbildung 7 : Dashboard-Grafik zur Messung der Fortschrittskontrolle Abbildung 8 Abbildung 8: Dashboard-Grafiken zur Messung der Sprint Performance Performance werden häufig Messgrößen verwendet, die auch beim Sprint Burndown Diagramm oder der Velocity-Messung anzutreffen sind. Dazu gehören die Anzahl der abgearbeiteten User Stories, die Summe der erreichten Story Points und der im Sprint geschaffene Business Value. Hinzu kommen Werte wie die Anzahl der geblockten Elemente, die Verweildauer von User Stories je Status oder die Anzahl der Bugs. Hilfreich sind aber auch Messwerte, mit denen die Zufriedenheit des Teams mit dem Sprint und die Qualität der einzelnen Anforderungen bewertet werden. Die Anforderungsqualität kann beispielsweise beurteilt werden, indem die Teammitglieder für jede User Story eine Schulnote geben. Anhand dieser Ergebnisse ist beispielsweise erkennbar, für welche Produktkomponente besonders schlechte Noten verteilt wurden und wie diese mit der Sprint Performance korrelieren. Anschließend können Ursachen und mögliche Gegenmaßnahmen in der Retrospektive diskutiert werden. Grundsätzlich gilt auch bei der Analyse der Sprint Performance, dass mehrere Kriterien in einer Metrik kombiniert werden sollten, um zu einem aussagekräftigen Ergebnis zu gelangen. Abbildung 8 zeigt solch eine kombinierte Metrik. In diesem Beispiel wird die Performance anhand der drei Kriterien Anzahl User Stories, Summe der Story Points und geschaffener Business Value gemessen. Zusätzlich wird anhand der Darstellung noch ersichtlich, wie hoch der Anteil der abgeschlossenen, offenen und geblockten Elemente bei diesen drei Kategorien ist. Insgesamt ergibt sich so eine Sprint Performance von 56 %. In der rechten Grafik wird dieser Perfomance-Wert mit dem der Vorperiode verglichen. Resümee Aufgrund der immer weiteren Verbreitung agiler Methoden hegen die Führungskräfte großer Unternehmen häufig den Wunsch, die Arbeitsgeschwindigkeit ihrer agilen Projektteams anhand von Steuerungsgrößen messen und die Teams miteinander vergleichen zu können. Das führt dann allerdings dazu, dass diese agilen Metriken von den Teams manipuliert und so ihres eigentlichen Sinns beraubt werden. Die Metriken sollten die Teams stattdessen dabei unterstützen, die empirische Prozesskontrolle, die auf den drei Säulen Transparenz, Wissen | Metriken für agile Projekte 58 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0072 Project Office ist Enterprise-Software für beeindruckende Projekte wie den Gotthard-Basistunnel. Agiles Teamwork und hohe Prozesssicherheit verbinden sich dabei zu konsequent hybridem Projektmanagement. Mit agilen Elementen wie Task Boards, Issues und Activities machen Sie Ihre Teams schneller und produktiver. Bewährte Elemente wie die Planung der Ecktermine liefern zuverlässige Leitplanken. energizing great minds Erfolgreiche Projekte durch verlässliche Prozesse und bessere Teamarbeit Engineering success - the agile way WEBCAST Agil, klassisch, hybrid: Die maßgeschneiderte Lösung für Ihr Projekt 10. November, 10: 00 Uhr https: / / bit.ly/ 2WNLAXT 14_renk_brueggenkamp_preuss.indd 58 14_renk_brueggenkamp_preuss.indd 58 14.08.2020 16: 26: 39 14.08.2020 16: 26: 39 Dipl. Inf. Jörg Brüggenkamp Dipl. Inf. Jörg Brüggenkamp ist geschäftsführender Gesellschafter der PMC ProjektManagement und Controlling GmbH in der Schweiz. Er ist als Spezialist mit über 20 Jahren Erfahrung in den Bereichen Turnaround-/ Interims-Management im klassischen und agilen Umfeld tätig. Anschrift: PMC ProjektManagement & Controlling GmbH, Artherstrasse 28a, 6300 Zug (CH), eMail: joerg.brueggenkamp@promanage.ch Prof. Dr. Peter Preuss Prof. Dr. Peter Preuss lehrt Wirtschaftsinformatik an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Stuttgart. Er ist zertifizierter Project Management Professional (PMP) nach PMI und Professional Scrum Master. Parallel zu seiner Lehrtätigkeit ist Peter Preuss geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung People Consolidated GmbH. Anschrift: FOM Hochschule für Oekonomie und Management, Fachbereich Wirtschaftsinformatik, Rotebühlstraße 121, 70 178 Stuttgart, eMail: peter.preuss@fom.de Dr. Tobias Renk Dr. Tobias Renk ist Global Service Owner für den Bereich B2C Pricing der BP Europa SE. Er ist als Experte und Keynote Speaker zu den Themen Innovation, kultureller Wandel und digitale Transformation unterwegs. Außerdem ist er als Dozent für Unternehmensführung an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart tätig. Anschrift: BP Europa SE, Wittener Str. 45, 44 789 Bochum, eMail: tobias.renk@de.bp.com Überprüfung und Anpassung basiert, umzusetzen. Nur so können die Teams Verbesserungspotentiale identifizieren und sich von Sprint zu Sprint verbessern. Weiterführende Literaturhinweise Davies, Christopher W. H.: Agile Metrics in Action: How to Measure and Improve Team Performance, MANNING, 2015. Pichler, Roman: Agiles Produktmanagement mit Scrum- - Erfolgreich als Product Owner arbeiten, dpunkt.verlag, 2. korrigierte Auflage, 2014. Sutherland, Jeff: Die Scrum-Revolution-- Management mit der bahnbrechenden Methode der erfolgreichsten Unternehmen, Campus Verlag GmbH, 2015. van Solingen, Rini und Berghout, Egon: The Goal / Question / Metric Method: A Practical Guide for Quality Improvement of Software Development, in: https: / / www. researchgate.net / publication / 243 765 439_The_GoalQuestionMetric_Method_A_Practical_Guide_for_Quality_Improvement_of_Software_Development, Stand: 24. 5. 2020. Eingangsabbildung: © lesslemon / stock.adobe.com Wissen | Metriken für agile Projekte 59 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0072 Project Office ist Enterprise-Software für beeindruckende Projekte wie den Gotthard-Basistunnel. Agiles Teamwork und hohe Prozesssicherheit verbinden sich dabei zu konsequent hybridem Projektmanagement. Mit agilen Elementen wie Task Boards, Issues und Activities machen Sie Ihre Teams schneller und produktiver. Bewährte Elemente wie die Planung der Ecktermine liefern zuverlässige Leitplanken. energizing great minds Erfolgreiche Projekte durch verlässliche Prozesse und bessere Teamarbeit Engineering success - the agile way WEBCAST Agil, klassisch, hybrid: Die maßgeschneiderte Lösung für Ihr Projekt 10. November, 10: 00 Uhr https: / / bit.ly/ 2WNLAXT Anzeige 14_renk_brueggenkamp_preuss.indd 59 14_renk_brueggenkamp_preuss.indd 59 14.08.2020 16: 26: 41 14.08.2020 16: 26: 41 Buchbesprechung Agilität? Herausforderungen neuer Konzepte der Selbstorganisation Herausgegeben von Stephanie Porschen-Hueck, Marc Jungstäubl und Margit Weihrich. 1. Auflage 2020, Rainer Hampp Verlag. ISBN 978-3-9571-0271-3, 265 Seiten, EUR 27,80. Reinhard Wagner Agile Ansätze und Methoden sind in der Projektarbeit in Mode gekommen und verdrängen zunehmend herkömmliche Arbeitsweisen. Dabei wird leider häufig verkannt, dass es nicht DIE Methode gibt, mit der Projekte anpassungsfähiger werden, sondern dass ein Blumenstrauß von Haltungen, kulturellen Werten, Kompetenzen, Führungs- und Organisationsprinzipien nötig ist. WissenschaftlerInnen des Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung e. V. (ISF München) sowie der Universitäten Augsburg und Hohenheim haben sich intensiv mit den Herausforderungen neuer Konzepte der Selbstorganisation auseinandergesetzt und ihre Erkenntnisse in einem Sammelband veröffentlicht. Die Forschungsarbeiten wurden mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Forschungsprogramms „Zukunft der Arbeit“ gefördert und zeigen die Erfolgsgeschichte agiler Ansätze und ihre Dynamik sowie Chancen und Risiken der Entwicklung auf. Dabei gehen die WissenschaftlerInnen auf Fragen nach dem Sinn und Unsinn des Einsatzes agiler Ansätze in sehr unterschiedlichen Settings ein, wie z. B. in der traditionell industriellen Arbeit, in Gesundheitsökonomie und Sozialunternehmen. Sie beantworten zentrale Fragen zum Thema: u. a. „Was kann Agilität tatsächlich leisten? “, „Was genau meint Selbstorganisation? “ oder „Worauf ist zu achten, wenn man Agilität aus der Softwareentwicklung in andere Bereiche exportieren möchte, in denen bereits in hohem Maße selbstorganisiert gearbeitet wird? “. Selbstorganisation findet im Spannungsfeld zwischen dem individuellen Streben nach Autonomie und dem Anspruch der Organisation nach Formalisierung von Arbeit bzw. übergreifender Ordnung statt. Die AutorInnen konstatieren, dass Beschäftigte es dann schwer haben mit selbstorganisierter Interaktions- und Innovationarbeit, wenn Handlungsspielräume eingeengt oder sogar ganz zum Verschwinden gebracht werden. Gerade dort, wo Innovations- und Anpassungsfähigkeit nötig sind, ist selbstbestimmtes, situations-adäquates Handeln gefragt. Das bedeutet ein Weniger an formalen Prozessen und Vorgaben. Der Sammelband gewährt spannende Einblicke in die Arbeitsweisen eines Krankenhauses. Die Arbeit dort erfordert ein hohes Maß an Selbstorganisation zwischen den vielen Beteiligten. Dies wird allerdings von Seiten der Krankenhausorganisation häufig wenig unterstützt. Das selbstbestimmte bzw. selbstorganisierte Handeln muss sich seinen Platz innerhalb der hierarchisch-bürokratischen Strukturen erst erkämpfen und diesen immer wieder verteidigen gegen Einflüsse der umgebenden Organisation. Die AutorInnen sehen in den nächsten Jahren sogar neue Gefahren für das selbstorganisierte Arbeiten heraufziehen, nämlich durch digital realisierte (Re-)Formalisierung. Es stellt sich also generell die Frage, welche Formen der Arbeits- und Organisationsgestaltung jenseits bürokratisch-hierarchischer Steuerung das selbstbestimmte Handeln am besten unterstützen und wie geeignete Rahmenbedingungen für Interventions- und Innovationsarbeit aussehen könnten. Agile Methoden sind ja auch Formalisierungsinstrumente. Deshalb sollten Organisationen vor dem Einsatz von Methoden wie Scrum usw. überlegen, ob diese im Kontext der spezifischen Arbeit geeignet sind oder eine vorhandene Selbstorganisation sogar einschränken. Rezension Agilität? Herausforderungen neuer Konzepte der Selbstorganisation DOI 10.2357/ PM-2020-0073 31. Jahrgang · 04/ 2020 60 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0073 Orientierung schaffen für die Praxis mit dem Projektmanagement-Kompass! 15_wagner.indd 60 15_wagner.indd 60 14.08.2020 16: 27: 12 14.08.2020 16: 27: 12 Ein weiterer Aspekt bei der Betrachtung agiler Arbeitsweisen sind die hohen Anforderungen, die diese an alle Beteiligten stellen. Simultanes, selbstbestimmtes Arbeiten mit hohem Commitment und unter Einbindung von Kunden, Management und Team ist nicht jedermanns Sache und kann schnell zu psychischen Belastungen führen. Hier kommt der Organisation wieder eine Rolle zu, wenn diese ihre Mitarbeiter vor Überforderung schützen und Gesundheit in den Mittelpunkt stellen soll. Das zeigt deutlich das Spannungsfeld zwischen einem „Zuviel“ und einem „Zuwenig“ von Steuerung der Organisation auf, auf das in Zukunft bei der Gestaltung geachtet werden sollte. Im vorliegenden Sammelband reihen sich die einzelnen Beiträge zu einem sinnvollen Überblick aneinander und zeigen sowohl die gesundheitsrelevanten Aspekte agiler Arbeit und agilen Projektmanagements auf als auch die damit verbundenen Herausforderungen bei der Organisationsgestaltung. Damit stoßen die Herausgeber und Autoren eine wichtige Debatte an. Sie fordern eine kritische Auseinandersetzung mit agilen Ansätzen im Kontext der Projektarbeit und von Organisationen über die Softwareentwicklung hinaus. Es wäre spannend, diese Überlegungen auch auf weitere Bereiche der Projektarbeit zu übertragen, beispielsweise im sozialen und kulturellen Bereich. Weiterhin geht der Fokus weg von agilen Methoden und hin zu den Auswirkungen auf die involvierten Menschen. Die Überlegungen sollten in der PM-Forschung oder bei der GPM aufgegriffen und weiter vertieft werden-- denn in Projekten arbeiten Menschen mi t Menschen und für Menschen und deshalb sollten vor allem psychologische, soziologische und organisationswissenschaftliche Überlegungen im Vordergrund stehen. Eingangsabbildung: © iStock.com/ nicolamargaret Anzeige Rezension | Agilität? Herausforderungen neuer Konzepte der Selbstorganisation 61 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0073 Max L. J. Wolf Projektarbeit bei kleineren und mittleren Vorhaben Orientierung schaffen für die Praxis mit dem Projektmanagement-Kompass! expertverlag.de 15_wagner.indd 61 15_wagner.indd 61 14.08.2020 16: 27: 14 14.08.2020 16: 27: 14 Buchbesprechung Projektmanagement Herausgegeben von Franz Xaver Bea, Steffen Scheurer und Stephanie Hesselmann. 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2020, UVK Verlag. ISBN 978-3-8252-8706-1, 724 Seiten, EUR 59,00. Heinz Schelle Es kommt nicht oft vor, dass ich mehrere Auflagen des gleichen Buches bespreche. Das Werk von Bea, Scheurer und Hesselmann habe ich zum ersten Mal ausführlich im Jahre 2009 (1. Auflage) und zum zweiten Mal kurz im Jahre 2011 (2. Auflage) rezensiert. Jetzt ist die dritte Auflage erschienen. Ich habe in der ersten Besprechung geschrieben, dass ich das Buch für einen Meilenstein in der Entwicklung unserer Disziplin halte. Dass ich mit dieser Bewertung nicht alleinstehe, zeigen eine ganze Reihe von späteren Beurteilungen. Meine immer wieder geäußerte Forderung, dass sich die Betriebswirtschaftslehre stärker mit der Disziplin Projektmanagement befassen sollte, wird zunehmend erfüllt. Es dominieren nicht mehr nur die Ingenieure, die zum Teil immer noch der Meinung sind, dass es präzise Begriffe (z. B. die Unterscheidung von Auszahlungen, Ausgaben, Aufwand und Kosten im Rechnungswesen) nur in den Ingenieurwissenschaften gibt. Die an Universitäten gelehrte BWL hat sich der Leistungserstellung mit Projektcharakter bisher kaum gewidmet. Die Werke von Patzak / Rattay und Gareis sind eher Ausnahmen. Dabei wären in diesem Fach zahlreiche Schätze zu heben. Außerdem könnte für die Lehre vom Projektmanagement ein solideres Fundament gelegt werden. Es sei nur daran erinnert, dass zahlreiche Stellen in der ICB 3.0 und 4.0 betriebswirtschaftlich schlicht falsch sind, und dass das Rad von Autoren, die mit der Betriebswirtschaftslehre nicht genügend vertraut sind, immer wieder neu erfunden wird. Aus den genannten Gründen freut mich die vorliegende Publikation von Prof. F. X. Bea (Emeritus der Universität Tübingen) und seinen beiden Mitstreitern ganz besonders. Die Verfasser betonen gleich am Anfang die strategische Bedeutung des Projektmanagements, die viel zu lange sträflich vernachlässigt wurde. Sie begreifen Projektmanagement als Mittel der strategischen Unternehmensplanung und schreiben: Es ist „höchste Zeit, Projektmanagement neu im Kontext der Unternehmensführung zu interpretieren“. Sie betrachten Projektmanagement als Führungskonzeption und verstehen darunter „die grundsätzliche Ausrichtung der Unternehmensführung bei der zielorientierten Gestaltung des Unternehmens“. Dem kann man nur aus vollem Herzen zustimmen. Bea und seine Koautoren sehen im Rahmen der Unternehmensführung zwei Ziele des Projektmanagements, nämlich • die Strategische Unternehmensentwicklung und • die Steigerung des Unternehmenswerts. Der Prozess der Auswahl von Vorhaben sollte sich an qualitativen und quantitativen Kriterien einer strategischen Unternehmensentwicklung ausrichten. Angestrebt wird zudem eine nachhaltige Steigerung des Shareholder Value, wobei die Interessen der verschiedenen Stakeholder berücksichtigt werden müssen. Das bedeutet, etwas anders ausgedrückt, dass das Projektportfolio so zusammengestellt werden muss, dass sich eine aus Sicht des Kapitalgebers notwendige Wertsteigerung des Unternehmens erzielen lässt. In dem voluminösen Werk wird ein Entwicklungskontinuum des Projektmanagements beschrieben. Es wird unterschieden zwischen • dem Management von Projekten, • dem Management durch Projekte (Projekte, wie schon betont, als Mittel der Unternehmensentwicklung und zur Steigerung des Unternehmenswerts) und • dem projektorientierten Unternehmen. Der Schwerpunkt liegt hier auf einer „sukzessiven Anpassung der Führungsfunktion zur Unterstützung des wachsenden Projektgeschäfts“. Rezension Projektmanagement DOI 10.2357/ PM-2020-0074 31. Jahrgang · 04/ 2020 62 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0074 16_Schelle.indd 62 16_Schelle.indd 62 14.08.2020 16: 28: 01 14.08.2020 16: 28: 01 Der Teil „Management von Projekten“ bietet die klassischen Lehrbuchinhalte. Bereits hier findet man eine Fülle von Ausführungen, so die Bemerkungen zur Projektkultur, die in Lehrbüchern eher selten sind. Besonders interessant war für mich der originelle Beitrag zur integrierten Projektkostenplanung mit den Bausteinen Prozesskostenrechnung, Lebenszyklusorientierung und Target Costing. Die Einbeziehung der Prozesskostenrechnung wird durch die hohe Bedeutung indirekter Leistungsbereiche, die Berücksichtigung von Target Costing durch das steigende Gewicht der Kundenorientierung plausibel begründet. Ein ausführliches Beispiel, das freilich dem Leser einiges abverlangt, erläutert das Konzept. Eine Anregung für die nächste Auflage: Die Organisationspsychologie, insbesondere die Schule von Lutz von Rosenstiel, hat in den letzten Jahren Projektmanagement als Forschungsgebiet entdeckt und sich z. B. zum traditionellen Risiko- und Chancenmanagement sehr kritisch geäußert. Eine Berücksichtigung der Ergebnisse in einigen Kapiteln, z. B. auch bei der Teamentwicklung, wäre eine Bereicherung. Richtig spannend wird es dann im Teil „Management durch Projekte“. Die Autoren betonen hier nochmals die beiden strategischen Ziele. Sie stellen dann verschiedene Modelle der Unternehmensentwicklung vor, wie zum Beispiel den „Market-based View of Strategy“ und den „Resource-based View of Strategy“ und leiten daraus Gestaltungsempfehlungen für ein Management durch Projekte ab. Ich halte dieses Kapitel aus mehreren Gründen für besonders wichtig und möchte sie allen, die an der Weiterentwicklung unserer Disziplin interessiert sind, ans Herz legen: • Vergleichbar konkrete Inhalte finden sich in keinem der vielen PM-Bücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe, das heißt, diese Abschnitte des Buches sind wirklich neu und gehen über die vagen und unbefriedigenden Aussagen wie sie etwa im PMBoK, in der ICB 3.0 und im OPM3-Manual zu finden waren, weit hinaus. Sie bilden eine theoretische Grundlage für viele Aspekte, die sich jetzt in der ICB 4.0 wiederfinden und geben zugleich Anregungen für weitere Forschung. • Bea und seine Mitstreiter liefern eine überzeugende Argumentationsbasis, um das Topmanagement für das Führungskonzept Projektmanagement zu gewinnen. • Die Passagen bestätigen mich in meiner Auffassung, dass man nicht unbedingt in entlegenen Wissensgebieten Anregungen für die Weiterentwicklung suchen muss. Nicht minder anregend sind die Gedanken zum zweiten Ziel „Wertsteigerung durch Projekte“. Betrachtet man ein Vorhaben als betriebliche Investitionsalternative, stellt sich die Frage, welchen Beitrag zur Steigerung des Unternehmenswerts ein Projekt leisten kann. Ausgehend von dieser Problemstellung behandeln die Autoren die verschiedenen Verfahren der Investitionsrechnung, der Ermittlung von Entscheidungswerten auf Gesamtunternehmensebene und auf Projektebene. Letztendlich wird die Grundstruktur einer wertorientierten Projektwirtschaftlichkeitsrechnung vorgestellt. In einem weiteren Teil wird dann das Multiprojektmanagement behandelt. Auch hier werden viele neue Aspekte sichtbar, auf die aus Platzmangel nicht im Detail eingegangen werden kann. Erwähnt sei hier nur eine für mich neue, wertvolle Klassifizierung von strategischen Projekten und eine Einordnung in eine Balanced Scorecard, das Projektwertbeitrags-Erfolgswahrscheinlichkeitsportfolio und das Wandlungsfähigkeitsportfolio sowie- - für mich besonders interessant-- die operative und strategische Multiprojektkontrolle. Im letzten Abschnitt entwickeln die Verfasser die Zukunftsvision einer rein projektorientierten Unternehmensentwicklung. Dabei folgen sie teilweise den Gedanken von Patzak / Rattay und Gareis. Fazit Die Autoren haben ein Buch geschaffen, das mit diesem Umfang und mit dieser Originalität meines Wissens in der deutschsprachigen Literatur einmalig ist. Sie haben gezeigt, dass in ihrer Disziplin ein erhebliches Entwicklungspotential steckt. Mit dem Werk, das übrigens zu einem sehr vernünftigen Preis zu haben ist, sollten sie die Lehre vom Projektmanagement auch an Universitäten hoffähig gemacht haben. Besonders erfreulich finde ich, dass die Autoren intensiven Kontakt zur GPM haben und auch auf diese Weise dazu beitragen, dass das Fundament unserer Disziplin fester wird. Ich wünsche dem Buch eine weite Verbreitung und aufmerksame LeserInnen. Eingangsabbildung: © iStock.com / nicolamargaret Rezension | Projektmanagement 63 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0074 16_Schelle.indd 63 16_Schelle.indd 63 14.08.2020 16: 28: 03 14.08.2020 16: 28: 03 Das schwarze Loch der Digitalisierung Jens Köhler Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch - Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben. Priesberg sieht Ehrlich Geldstücke in ein größeres, trichterartig geformtes Objekt hineinwerfen, das vor der Kantine aufgebaut wurde. Eines nach dem anderen rollt auf eigenartigen Bahnen nach unten und verschwindet in dem Podest, auf dem der Trichter steht. „Ist das nicht schön anzusehen, wie elegant sich die Geldstücke auf das Zentrum zubewegen? Sie folgen den Bahnen im Einzugsbereich eines schwarzen Lochs“, spricht Ehrlich mehr zu sich selbst. „Und merkst noch nicht mal, dass du gerade dein letztes Geldstück hineingeworfen hast-… ich stelle mich mit so einem Ding in die Fußgängerzone und werde reich“, spottet Priesberg. „Apropos schwarzes Loch: Ich betreue gerade mehrere Abteilungen, die massenweise Messdaten in IT-Systeme eingeben, und zwar so, als ob diese Daten nie mehr verwendet werden sollen. Nach mir die Sintflut! Das ist auch so ein schwarzes Loch“, überlegt Priesberg. „Und eines Tages werden diese Daten wichtig und keiner weiß mehr, wie sie zusammengehören“, schließt er. Ehrlich nimmt den Faden auf: „Das passt ja gerade prima zusammen. Die Abteilungen versenken Geld in IT-Systeme, um Daten zu speichern, die man nicht mehr zusammenführen kann. Und ich werfe einfach mein Geld in diesen lustigen Apparat-…“ „Mich treibt um, wie wir es schaffen, dass die Abteilungen die Daten so eingeben, dass sie später zusammengeführt werden“, bemerkt Priesberg. Ehrlich erklärt: „Wusstest Du, dass die Zeit, je mehr man sich einem schwarzen Loch nähert, immer langsamer vergeht? Das ist keine Spinnerei, sondern folgt aus Einsteins Gravitationstheorie.“ Priesberg ist irritiert: „Haben wir jetzt eine Physikvorlesung? Ich möchte lieber mein Datenprojekt lösen.“ „Also gut, zurück auf die Erde. Damit deine Daten verwendet werden, benötigst du ein Regelwerk. Also eine Richtlinie, die beschreibt, wie mit den Daten umzugehen ist“, spricht Ehrlich und schaut vor sich hin. „Das ist wichtig- … aber ich spüre, da fehlt noch etwas“, überlegt Priesberg. Ehrlich denkt laut nach: „Machen wir es doch mal einfach: Wann reagiert man im Allgemeinen? Wenn man die Auswirkungen seiner Taten, seien sie gut oder schlecht, spürt. Deswegen bringen Blitzer-Tickets eigentlich nur dann etwas, wenn man direkt nach dem Verstoß zur Kasse gebeten wird.“ „Also spielt die Zeit eine entscheidende Rolle“, ruft Priesberg plötzlich. „Also gut, die Zeit“, Ehrlich überlegt und kommt sich dabei vor, als ob er sich selbst im Einzugsbereich eines schwarzen Lochs sieht. Der Dialog will sich nicht so recht entwickeln. Er und Priesberg bewegen sich plötzlich einen großen Schritt von der Apparatur weg. Priesberg tritt dabei auf eine lose Steinplatte im Boden. Er ruft „Plattform! Plattform! “ Vorbeigehende Kollegen, welche die Szene beobachtet haben, schütteln den Kopf. Priesberg fährt fort: „Wir brauchen eine IT-Plattform, auf der alle Daten und die Auswerte-Algorithmen integriert sind. Natürlich muss diese Plattform auch neue Daten in Echtzeit laden. Man sieht dann sofort seine neuen Daten und spürt die Auswirkungen der eigenen Arbeit.“ Ehrlich ist jetzt wieder hellwach: „Und dann passiert folgendes: Die Kollegen meinen nun, die Daten auswerten zu können. Aber es wird nicht klappen, denn zuerst steht die Datenbereinigung an. Das erzeugt Frust. Und es kommen täglich neue Daten.“ „Einsicht hilft“, fällt ihm Priesberg ins Wort. „Vielleicht lohnt es sich jetzt ganz besonders, das Regelwerk zum Umgang mit Daten anzuwenden. Es ist der Schlüssel zu weniger Arbeit. Die nächsten Daten werden daher schon besser sein und bei der Auswertung fällt weniger Aufbereitungszeit an.“ „Und so geht das weiter, Schritt für Schritt. Regelwerk und IT-Technik Hand in Hand“, schließt Priesberg und zögert: Kolumne Das schwarze Loch der Digitalisierung DOI 10.2357/ PM-2020-0075 31. Jahrgang · 04/ 2020 64 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0075 Alle relevanten Hilfsmittel zur Steuerung eines Unternehmens versammelt in einem Band! 17_koehler.indd 64 17_koehler.indd 64 14.08.2020 16: 29: 58 14.08.2020 16: 29: 58 „Doch halt! Es kann sein, dass dieser Weg aufgrund der Datenflut gar nicht beschritten wird. Die Leute haben vielleicht gar keine Lust dazu.“ Ehrlich winkt ab: „Du vergisst, dass wir uns im Zeitalter der Digitalisierung befinden. Die Firmen wollen mit Daten umgehen: “ Über das Gesicht von Ehrlich huscht ein Haifischgrinsen. „Und noch etwas: Du hast das Projekt eben aus Sicht der Komplexität strukturiert: Der Kontrollparameter ist die Zeit, der Rahmenparameter die Richtlinie und der Ordnungsparameter-…“ Priesberg macht eine Handbewegung, die so aussieht, als ob er Ehrlich in den Trichter werfen will und schließt mit einem breiten Grinsen: „Wir haben einen Weg gefunden, das schwarze Loch der Digitalisierung zu überwinden. Das reicht doch für den Moment.“ Dr. Jens Köhler Dr. Jens Köhler, BASF SE, fokussiert sich auf die Digitalisierung in Forschung und Entwicklung. Sein Spezialgebiet ist die Regulation sozialer Komplexität zur Effizienz- und Effektivitätssteigerung von Projektteams. Anschrift: BASF SE, RB / IC, 67 056 Ludwigshafen, eMail: Jens.Koehler@basf.com Eingangsabbildung: © iStock.com / ComebackImages Kolumne | Das schwarze Loch der Digitalisierung 65 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0075 MICHAEL NAGEL | CHRISTIAN MIEKE | STEPHAN TEUBER Methodenhandbuch der Betriebswirtschaft Alle relevanten Hilfsmittel zur Steuerung eines Unternehmens versammelt in einem Band! uvk.de Anzeige 17_koehler.indd 65 17_koehler.indd 65 14.08.2020 16: 29: 59 14.08.2020 16: 29: 59 Neuer, exklusiver Lehrgang der GPM zum zertifizierten Business Projekt Management Daniel Stumpf, Erich Dräger Für eilige Leser | Wie können Projekte zur Transformation, zur Digitalisierung, zur Geschäftsprozessoptimierung strukturiert bearbeitet werden und damit nachhaltigen Erfolg erzielen? Ein neues, exklusives Angebot der GPM bietet darauf eine pragmatische Antwort. Basis hierfür ist das Business Projekt Management Modell®, ein Vorgehensmodell für Prozessprojekte. Das Modell baut im Kern auf dem kompetenzorientierten Ansatz der GPM / IPMA der ICB4 auf und bietet mit dem Prozessprojekt eine wesentliche Erweiterung, ein Add-on an, welches den Anwendern und Verantwortlichen einen durchgängigen Ansatz für Veränderungsvorhaben mit entsprechenden Methoden an die Hand gibt. Es wurden insgesamt vier neue Lehrgangs-Produkte entwickelt und validiert. Die Lehrgänge werden final ab 2021 allen Interessierten zur Verfügung stehen. Der Start der Lehrgangsreihe ist im Herbst 2020 und wird im Seminarprogramm der GPM angeboten. Verantwortliche von Organisationen bekommen damit einen Handlungsrahmen für ihr Business Management und Teilnehmer eine zukunftsorientierte Expertise und damit eine Teilhabe an der Unternehmensgestaltung. Schlagwörter | Business Projekt Management Modell®, Business Projekt Rookie, Business Projekt Assistent, Business Projekt Manager, Business Projekt Officer Zertifizierung (PM-Zert) 1. Hintergrund Bereits in den späten 1980er-Jahren wurden unternehmerische Prozesse und Geschäftsvorgänge zunehmend durch IT-Architekturen dominiert. Auch aktuell werden die IT bzw. entsprechende Technologien als bevorzugter Ansatz bei der Frage zur Digitalisierung, der Transformation gesehen. Dabei beobachten verschiedene Autoren die Problematik, dass zunehmende IT-Komplexität in der praktischen Umsetzung nicht immer zu einer Steigerung der Unternehmenseffizienz führt, sondern vielmehr lediglich zu einer Verkomplizierung der Strukturen, was den organisationalen Ablauf eher hemmt als fördert. Nur durch die Integration von IT und anderen organisationalen Prozessen (u. a. Führungsprozesse, End-to-End-Geschäftsprozesse und Projektmanagement) kann es gelingen, ein kosteneffizientes und ertragsmaximierendes Gesamtunternehmensdesign im Sinne des Shareholder-Value-Gedankens zu gestalten 1 . Auf Basis dieser Tatsache (und weiterer Faktoren) wurde eine Dissertation inspiriert, mit der Forschungsfrage: „Welche Rolle spielt das Business Projekt Management als Gestaltungselement der digitalen Transformation? ” 2 Diese widmete sich den Themenschnittstellen der vier Wirkungsfelder: Kundennutzen- - Digitalisierung- - Projekt- und Prozessmanagement sowie Kompetenzmanagement. Die Arbeit kam zu dem Ergebnis, dass eine enge vertrauensvolle Kooperation von Führungskräften und Mitarbeitern bei der Digitalisierung der zentrale Erfolgsfaktor ist, um die Unternehmensentwicklung zum Wohle aller Stakeholder (Führungskräfte, Mitarbeiter und Shareholder) zu gestalten. Gesamtorganisational nachhaltige Entwicklung und Veränderung wird nur durch ein Zusammenspiel von Managementkompetenz und Führungsstil, welcher Offenheit, Kommittent und Kooperation der Mitarbeiter motiviert, erreicht. Dabei spielt die Qualifikation aller Beteiligten eine wesentliche Rolle. Weiterhin wurde festgehalten, dass Prozessmanagement und Projektmanagement häufig, im obigen Kontext, in Beziehung gebracht werden müssen. Es wurde ermittelt, dass kein Veränderungsprojekt (Organisationsprojekt, IT-Projekt, F&E- Wissen Neuer, exklusiver GPM Lehrgang zum zertifizierten Business Projekt Management DOI 10.2357/ PM-2020-0076 31. Jahrgang · 04/ 2020 66 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0076 18_Draeger_Stumpf.indd 66 18_Draeger_Stumpf.indd 66 14.08.2020 17: 06: 40 14.08.2020 17: 06: 40 Projekt) ohne Prozessmanagement erfolgreich beendet werden kann und keine Prozessverbesserung ohne das Projektmanagement umsetzbar ist. Es war daher offensichtlich, die beiden interdisziplinären Managementansätze (und weitere) in Verbindung zu bringen. Die Kombination der Managementansätze ist auch gleichzeitig eine Antwort darauf, wie der „Ambidextrie“, der Herausforderung wie Neues geschaffen werden kann und gleichzeitig Vorhandenes effizient geleistet wird, begegnet werden kann. Ein wesentlicher Teil der Arbeit ist der wissenschaftliche und operative Nachweis des Vorgehensmodells in der Praxis. Auf Basis des „Participatory Action Research (PAR)“ Ansatzes wurde das Vorgehensmodell über einen längeren Zeitraum hinweg in einem mittelständischen, produzierenden KMU evaluiert. Es soll exploriert werden, ob die Transformation hin zu einer prozessorientierten Organisation durch das Vorgehensmodell befähigt werden kann. Das Modell hat die Praktikabilität faktisch bewiesen. Der Nachweis der Nachhaltigkeit erfolgt u. a. jährlich auf Basis von Audits nach DIN 9001: 2015 und durch Gespräche mit den Experten, Verantwortlichen. Auszug aus der Expertenbefragung: Auf die Frage: An was machen Sie jetzt den Erfolg fest? Woran messen Sie den Erfolg? Oder ist es überhaupt ein Erfolg? Antwortet der Experte (Geschäftsführer) „Schlussendlich macht sich der Erfolg daran fest, ob eigentlich Umsatzwachstum und Ertragswachstum aus dem Vorhaben resultiert und eine Risikominimierung auf der Marktseite, wie auch der Finanzseite sich einstellt. Das sind dann die harten Fakten. Schlussendlich sieht man an diesen es immer, ob es etwas gebracht hat. Und in diesem Fall ist es einfach positiv.“ Im Ergebnis der Arbeit wurde ein Transformationsmodell für die Unternehmensorganisation, das Business Project Enterprise Framework exploriert sowie ein Vorgehensmodell für Veränderungsvorhaben, das Business Projekt Management Modell®, mit einer neuen Projektart, dem Prozessprojekt, entwickelt, operativ ausgestaltet und evaluiert. 2. Das Business Projekt Management Modell® Da es der Anspruch des Modells ist, die Arbeitsorganisation, das Unternehmen auf den Markt, Wettbewerb, Kunden und Mitarbeiter hin auszurichten, auf Basis eines integrierten, systemischen Ansatzes, müssen das normative, das strategische und das operative Management entsprechend neu gestaltet bzw. angepasst werden. Das Modell, das in Teilen seit 2007 in der Lehre der Fachhochschule Mittweida verankert ist, bildet ein spezielles Vorgehensmodell im Businessprojektmanagement. Es geht dabei um den Umgang mit Schnittstellen, Abläufen und jedweder Art von Veränderungen in Organisationen in Bezug auf die Geschäftsprozesse, das Business. Zur Abgrenzung von anderen Vorgehensmodellen wurde der Begriff „Prozessprojekt“ gewählt, da inhaltlich ein Managementdisziplinen übergreifender Ansatz beschrieben ist, der im Wesentlichen das Strategiemanagement, das Projektmanagement, das Prozessmanagement, das Qualitätsma- Abbildung 1: Das Business Projekt Management Modell® Wissen | Neuer, exklusiver GPM Lehrgang zum zertifizierten Business Projekt Management 67 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0076 18_Draeger_Stumpf.indd 67 18_Draeger_Stumpf.indd 67 14.08.2020 17: 06: 41 14.08.2020 17: 06: 41 nagement (DIN ISO 9001: 2015, IATF, EFQM) sowie das Changemanagement miteinander verbindet. Im Kern geht es also um ein Vorgehen für Prozessprojekte, das das Business befähigt, auf die aktuellen Herausforderungen proaktiv zu reagieren. Die bisherigen Projektmanagementansätze reichen da nicht mehr aus bzw. müssen ergänzt werden. Die Aufgabenstellungen müssen vom Kunden und vom Markt her gedacht werden, fachbereichsübergreifend bis wieder zum Kunden und zum Markt hin. Hierzu bedarf es eines nachvollziehbaren Vorgehens. Die Phasen und Methoden sind daher so gewählt, dass sie ineinandergreifen, sich ergänzen und den Verantwortlichen, den Prozessprojektleitern und den Mitarbeitern führend und koordinierend zur Verfügung stehen. Die Aufbereitung der Daten reicht dabei bis zum prozessorientierten Lastenheft und der operationalen Rollenbeschreibung für das Kompetenzmanagement. Das Modell ist prinzipiell ablauflogisch (top down) aufgebaut. Ausgangspunkt ist der Anlass des Vorhabens, der in der Strategie des Unternehmens und dem Kundenwunsch seine Verbindung hat. Es berücksichtigt auf Basis der Komplexität des Vorhabens einen klassischen oder hybriden Projektmanagementansatz; Basis ist die ICB 4. Themen für Prozessprojekte in der aktuellen Praxis sind zum Beispiel: ein Prozessprojekt zum agilen Projektmanagementprozess in der Auftragsdurchführung sowie ein Prozessprojekt für Software-Updates oder ein Prozessprojekt von der funktionszur prozessorientierten Prozesslandkarte. Wie kann man sich den Ablauf im Vorgehensmodell prinzipiell vorstellen? Am Anfang eines Prozessprojektes steht die Frage: Wer ist unser Kunde, unser Markt, unser Wettbewerber? Was ist die Aufgabenstellung? Welche Prozesse und Kompetenzen sind überhaupt relevant? Wie können wir die relevanten Prozesse und Kompetenzen identifizieren und hierfür messbare Kennzahlen festlegen? Um diese Fragen beantworten zu können, werden in der Strategiephase klare Hinweise (z. B. welche Strategien gibt es und welche Bedeutung haben diese für die Prozesse, das Prozessprojekt) und Methoden (z. B. die Produkt / Kunden-Matrix) zum Angebot gebracht. Im Ergebnis der Strategiephase ist definiert, welcher Prozess innoviert werden soll auf Basis einer Vision und entsprechenden Kennzahlen (z. B. mittels Strategielandkarte). Eine erste Prozesslandkarte ist definiert oder wird entsprechend erweitert. Damit ist festgelegt, woran zu arbeiten ist, der planerische und operative Teil des Prozessprojektes kann starten . In der nächsten Phase Planung wird das Projektdesign, der Projektmanagementansatz für das Prozessprojekt festgelegt. Alle relevanten Kompetenzelemente und Fragen werden bearbeitet bis hin zum Chancen- und Risikomanagement. Die Ablaufplanung ist durch das Modell vorgegeben. In der Phase Erfassung geht es um die detaillierte Aufbereitung des Status quo mit der Ableitung aller Handlungsfelder und möglicher Quick wins. Hier greifen u. a. spezielle Methoden wie die „Brown-Paper-Erfassung“ oder die Swimlane-Methode. Alle Methoden sind partizipativ ausgelegt, es geht um die Erfassung mit allen Beteiligten. Die Phase Erfassung ist sehr wesentlich für den Erfolg des Prozessprojektes, hier muss es gelingen alle Beteiligten für das WARUM zu sensibilisieren. Warum müssen wir etwas verändern? Und warum betrifft es uns alle? In der Analyse phase werden die Handlungsfelder, die Quick wins, also die Potenziale und eventuelle Hindernisse qualifiziert. Dies geschieht im Abgleich mit den fachlichen Verantwortlichen, den Experten. Auch hier ist es wichtig, dass die Analysen von allen Beteiligten verstanden und geteilt werden. Erst in der nächsten Phase, der Konzeption , wird der mögliche Sollprozess (z. B. mittels einer Prozessarchitektur, welche den Vorgaben aus dem QM entspricht) entworfen und detailliert (bis hin zum prozessorientierten Lastenheft). In der Phase Implementierung werden Piloten validiert und es findet der eigentliche Roll out statt. Mittels der Kraftfeldanalyse wird zum Beispiel ermittelt, mit welcher Kommunikationsstrategie der Roll out begleitet werden soll. In dieser Phase wird auch das Performancemanagement initialisiert bzw. der KVP operativ ausgestaltet. Ziel ist es, die Erfahrungen am Ende abzuleiten und entsprechend zu sichern. 3. Das Prozessprojekt In der Praxis werden Projekte am häufigsten anhand des Projektinhalts bzw. des Anwendungsgebiets unterschieden. Die klassische Einteilung unterscheidet zunächst in drei Hauptprojektarten: Investitionsprojekte, Forschungs- und Entwicklungsprojekte und Organisationsprojekte. In der aktuellen Praxis und vor dem Hintergrund der anstehenden Veränderungen sollten sich, wie oben erwähnt, das Projekt- und Prozessmanagement (und weitere Managementansätze) ergänzen und nicht als solitäre Managementansätze gesehen werden. Insbesondere die Transformation der Organisationen vor dem Hintergrund der Digitalisierung und neuer disruptiver Geschäftsmodelle fordert diesen integrierten Managementansatz, der einen operativen Leitfaden zum Angebot bringt, eine neue Projektart, die die oben genannten Herausforderungen konkret zum Gegenstand macht. Hierzu wurde auf Basis des Business Projekt Management Modell ® , die Projektart Prozessprojekt entwickelt und operativ umgesetzt. Diese Projektart hat sich in der Praxis bereits bewährt und ist eine weitere Projektart, welche das Projektmanagement und damit die Organisation sowie den Anwender wesentlich befähigen wird, Veränderungsvorhaben erfolgreich umsetzen zu können. Im Prinzip kann auch festgehalten werden, dass Prozessprojekte auch als „Businessprojekte“ gesehen werden können. Der konkrete Gegenstand der Projektart ist die Ausgestaltung der Organisation hin zum Kunden, dem Markt unter Berücksichtigung der vorhanden, relevanten Kompetenzen, welche weitestgehend selbstorganisiert wirken können sollen. Hierzu wird auch sichergestellt, dass die IT mit den Abläufen und Prozessen entsprechend verknüpft wird. 4. Die Lehrgänge zum Business Projekt Management Insgesamt sind vier Lehrgangsprodukte entwickelt worden. Mit den Lehrgangsformaten sollen alle Stakeholder in den Unternehmen, Behörden, Vereinen etc. angesprochen werden. Wie oben angeführt, ist es für den Erfolg einer Transformation wesentlich, alle Beteiligten einzubinden bzw. sie entsprechend zu qualifizieren. Wissen | Neuer, exklusiver GPM Lehrgang zum zertifizierten Business Projekt Management 68 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0076 18_Draeger_Stumpf.indd 68 18_Draeger_Stumpf.indd 68 14.08.2020 17: 06: 41 14.08.2020 17: 06: 41 4.1 Business Projekt Rookie (GPM) Der Einstieg zum Business Projekt Management ist der Business Projekt Rookie (GPM). Er richtet sich an alle Mitarbeiter, die sich im Umfeld von Veränderungen befinden und wissen wollen, wie Veränderungen mit dem Business Projekt Management Modell durchgeführt werden sowie welche Abläufe und Methoden im Mittelpunkt stehen. Es handelt sich um ein Wissenszertifikat, das auf Basis von Multiple Choice Fragen vergeben wird. Die Prüfung erfolgt online. 4.2 Business Projekt Assistent (GPM) Dem Business Projekt Rookie (GPM) folgt der Lehrgang zum Business Projekt Assistent (GPM). Dieser Lehrgang wendet sich an alle Teilnehmer, die sich in konkreten Veränderungsprojekten befinden oder in absehbarer Zeit in entsprechende Vorhaben eingebunden sind. Selbstverständlich wendet sich der Lehrgang auch an alle Interessierten, die methodisch an Veränderungen herangehen wollen. Der Lehrgang vermittelt operativ, wie ein Prozessprojekt aufgebaut ist und umgesetzt werden kann. Die Teilnehmer können nach dem Lehrgang selbst Optimierungen, Veränderungen an Abläufen, Geschäftsprozessen und IT-Vorhaben projekthaft bearbeiten. Sie werden qualifiziert und zertifiziert zum Mitarbeiter oder Teilprojektleiter in Prozessprojekten (GPM). 4.3 Business Projekt Manager (GPM) Der Business Projekt Manager (GPM) ist der eigentliche Prozessprojektleiter (GPM). Er initialisiert und übernimmt auf Basis der Unternehmensstrategie komplizierte und komplexe Prozessprojekte, welche das Ziel haben, die Transfor- Abbildung 3: Prozessarchitektur Abbildung 2: Karrierepfad der GPM im Business Projekt Management Wissen | Neuer, exklusiver GPM Lehrgang zum zertifizierten Business Projekt Management 69 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0076 18_Draeger_Stumpf.indd 69 18_Draeger_Stumpf.indd 69 14.08.2020 17: 06: 41 14.08.2020 17: 06: 41 mation bzw. Digitalisierung in der Praxis umzusetzen. Er ist in der Lage, entsprechende Prozessarchitekturen bis hin zu ablauforientierten Lastenheften zu identifizieren, zu analysieren, zu konzeptualisieren und entsprechend operativ umzusetzen. Er kennt die Anforderungen u. a. aus dem Strategie- und Qualitätsmanagement und arbeitet den Anforderungen konkret zu. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Ableitung von entsprechenden Qualifikationen und Rollen für das operationale Kompetenzmanagement in den jeweiligen Fachfunktionen. Eine wesentliche Komponente hierbei ist eine kompetenzorientierte Prozesslandkarte. Darüber hinaus kann der Business Projekt Manager (GPM) ein entsprechendes Kennzahlensystem für das Business Performance Management ableiten. Der Lehrgang wendet sich an alle Interessierten, Teilprojektleiter oder Projektleiter, die sich entsprechenden Aufgabenstellungen gegenübersehen und sicherstellen wollen, dass sie den Herausforderungen faktisch begegnen können. Sie werden qualifiziert und zertifiziert zum Leiter von Prozessprojekten (GPM). 4.4 Business Projekt Officer (GPM) Der Business Projekt Officer (GPM) ist maßgeblich für die prozessorientierte Unternehmensarchitektur zuständig bzw. weiß, wie man die Unternehmensarchitektur passgenau für Unternehmungen und Behörden aus der Strategie ableitet, konstruiert und umsetzt. Er ist Experte für das entsprechende strategische Business Performance Management, das u. a. als Vorgabe für die Prozessprojekte fungiert. Mit dem Business Projekt Officer (GPM) bekommt die Leitung der Fachabteilungen von Unternehmungen oder Behörden einen qualifizierten Experten zur Seite gestellt. Seine wesentliche Aufgabe ist die Befähigung der Unternehmen oder Behörden, ihre Kompetenzen zielgenau auf die Anforderungen am Markt und auf die Anforderungen der Kunden auszurichten und die Potenziale aus der Digitalisierung gemeinsam mit allen Beteiligten zu identifizieren und in entsprechenden Prozessprojekten umsetzen zu lassen. Die Fachabteilungen bleiben hierbei nach wie vor verantwortlich für die Pflege- und Weiterentwicklung der Expertisen. Die gemeinsame Ausrichtung zum Markt und auf den Kunden hin sichert allen Beteiligten eine erfolgreiche Unternehmung und ein entsprechendes Kompetenzmanagement, das Talente fördert, selbstorganisiertes Arbeiten befähigt und effektive, effiziente Zusammenarbeit in den Mittelpunkt stellt. Der Lehrgang wendet sich an Unternehmen und Behörden, die einen Experten qualifizieren und zertifizieren lassen möchten, um die Herausforderungen und Chancen aus der Digitalisierung sowie von Transformationen unternehmensweit bestmöglich nutzen zu können. Außerdem stellt dieser Lehrgang den konsequenten nächsten Schritt für Prozessprojektleiter (GPM) dar. 5. Nächste Schritte Im Herbst 2020 werden die Lehrgangs-Produkte: Business Projekt Assistent (GPM) und Business Projekt Manager (GPM) über das Seminarangebot der GPM am Markt angeboten. Parallel hierzu wird ein Business Projekt Officer (GPM) in einer mittelgroßen KMU den Business Project Enterprise Framework und das Business Projekt Management Modell® ein weiteres Mal operativ validieren. Das Unternehmen möchte den Nutzen aus der Digitalisierung ziehen und sieht in dem Vorgehensmodell und den zertifizierten Lehrgängen den operativen Ansatz hierfür. Auszug aus dem aktuellen Newsletter der KMU: „Der Schlüssel zum Erfolg für die Digitalisierung sind Prozessprojekte, die wir gemeinsam in unterschiedlichsten Projektteams selbstorganisiert durchführen werden. Für alle transparent, veröffentlichen wir, zzgl. der Strategielandkarte, dazu in Kürze das Programm für Prozessprojekte-- die priorisierte Prozessprojekt-Roadmap. Diese Projekte haben zum Ziel, Prozesse zu erstellen, die bereichsübergreifend die Mitarbeiter aus Construction, Industrie und Zentralbereich, beispielsweise auf der Baustelle, auf dem Schiff oder am Büroarbeitsplatz, zu unterstützen.“ Die Transformation wird durch einen Business Projekt Officer koordiniert. Wesentliche Ergebnisse und Erfahrungen liegen im Herbst 2020 vor. Abbildung 4: Prozessorientierte Unternehmensarchitektur Wissen | Neuer, exklusiver GPM Lehrgang zum zertifizierten Business Projekt Management 70 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0076 Jetzt online lesen in unserer neuen eLibrary www.pmaktuell.de Der Online-Zugriff ist in den Leistungen für GPM Mitglieder inbegriffen. Noch kein GPM Mitglied? Schreiben Sie uns unter mitglieder@gpm-ipma.de. A K T U E L L 18_Draeger_Stumpf.indd 70 18_Draeger_Stumpf.indd 70 14.08.2020 17: 06: 42 14.08.2020 17: 06: 42 Erich Dräger Erich Dräger ist seit 2005 Lehrbeauftragter für Projekt- und Prozessmanagement an den Hochschulen Mittweida, Weimar und Chemnitz. Bis 2005 war er Leiter einer Abteilung für Prozess- und Projektmanagement bei der Daimler AG. Seit 2009 ist er Geschäftsführer der Resultance GmbH. Er hat über 25 Jahre Erfahrungen als Berater, Trainer und Coach, in den Themengebieten Projekt- / Prozessmanagement und Unternehmensorganisation. Seit 2016 promoviert er an der technischen Hochschule Chemnitz zum Dr. Ing., bei Professor Egon Müller. Die finale Verteidigung seiner Dissertation ist im Herbst 2020. Seit 2020 ist er auch ATP der GPM. Daniel Stumpf Daniel Stumpf ist seit dem 1.-Oktober 2019 Vizepräsident der GPM. Er bringt Führungserfahrung in verschiedenen nationalen und internationalen Organisationen mit. So war er zuletzt als Operational Manager einer Öko-Kontrollstelle tätig. Die GPM kennt der 38-Jährige bereits aus einer früheren Tätigkeit: Von 2015 bis Ende 2016 fungierte er als Manager Operations und Produktmanager bei der PM-ZERT, der Zertifizierungsstelle der GPM. Seine berufliche Laufbahn startete der Diplom-Germanist als Manager Operations bei Weiterbildungsunternehmen mit dem Schwerpunkt Zertifizierungsvorbereitungen in den Bereichen IT und Projektmanagement. 6. Literatur [1] Vgl. Galicija Mike, Strategic Alignment in Change Prozessen, 2018, S. 6, Hannover: Gottfried Wilhelm Leibniz Universität. [2] Vgl. Dräger, Erich, Ein kompetenzorientiertes, generisches Vorgehensmodell zur Einführung einer prozessorientierten Arbeitsorganisation, 2020, Chemnitz: Technische Universität. Eingangsabbildung: © iStock.com / SvetaZi 2021 erfolgt der Roll out aller Produkte. Die GPM sieht in diesen Qualifizierungs- und Zertifizierungsangeboten eine zielführende Unterstützung, mit der Individuen und Organisationen aktuelle, vordringliche Herausforderungen meistern können. Wissen | Neuer, exklusiver GPM Lehrgang zum zertifizierten Business Projekt Management 71 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0076 Jetzt online lesen in unserer neuen eLibrary www.pmaktuell.de Der Online-Zugriff ist in den Leistungen für GPM Mitglieder inbegriffen. Noch kein GPM Mitglied? Schreiben Sie uns unter mitglieder@gpm-ipma.de. Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L Anzeige 18_Draeger_Stumpf.indd 71 18_Draeger_Stumpf.indd 71 14.08.2020 17: 06: 42 14.08.2020 17: 06: 42 Nachhaltig, zukunftsweisend und vernetzt PM Forum und PMO Tag 2020 als digitale Fachkongresse Willkommen im neuen Jetzt! Die Leitveranstaltungen der GPM, das PM Forum und der PMO Tag, finden 2020 erstmals rein digital statt. Vom 19. - 21. Oktober wartet auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein abwechslungsreiches dreitägiges Kongressprogramm mit sechs Keynotes und zahlreichen weiteren Programmpunkten. Drei Tage, die kompakt den State-of-the-Art des Projektmanagements abbilden-- als digitales Event in hochwertiger Bild- und Tonqualität mit vielfältigen Interaktionsmöglichkeiten. GPM-Themen PM Forum und PMO Tag 2020 als digitale Fachkongresse DOI 10.2357/ PM-2020-0077 31. Jahrgang · 04/ 2020 Auch in der digitalen Variante führt Ralf Schmitt durch das Programm, diesmal sogar an allen drei Tagen. Der bekannte Moderator begrüßt die Teilnehmenden aus ganz besonderen und spektakulären Räumlichkeiten, die einen perfekten Rahmen für die beiden digitalen Kongresse bilden. Neue inspirierende Räume öffnen sich für die Besucher, die sich dabei innerhalb der PM-Community vernetzen und die ganze Vielfalt der Projektmanagement-Themen erleben können- - und das alles bequem von zuhause oder einem beliebigen anderen Ort aus. PMO Tag 2020: Die Digitale Management- Werkstatt-- 19. 10. 2020 Los geht es am 19. Oktober mit dem PMO Tag, dem Treffpunkt für PMO-Experten und Personalentscheider aus allen Branchen. Erleben, entdecken, experimentieren-- was schon immer Teil der DNA des PMO Tag war, wird in diesem Jahr umso mehr gelebt. Unter dem Motto „PMO Tag 2020: die digitale Management-Werkstatt“ können die Teilnehmenden von den Besten lernen, neue Werkzeuge für ihre PMO-Praxis mitnehmen, gemeinsam an Ideen bauen oder einfach selbst experimentieren. Dabei bedient sich der PMO Tag 2020 zweier innovativer Formate: Zum einen zielen Lernsessions auf eine intensive und interaktive Auseinandersetzung mit einem vorgegebenen Lernziel ab- - dies auch über die Veranstaltung hinaus; zum anderen zeigen Erfahrungsberichte kurz und knackig die PMO-Praxis und laden zur Diskussion ein. Beide Formate finden sich auch in den vier Themenstreams „PMO goes human“, „PMO goes boardroom“, „PMO goes agile” und „PMO goes digital” wieder. Eingerahmt wird das Programm durch zwei spannende Keynotes, von Dr. Katharina Hermann, Personaldirektorin von Hubert Burda Medien sowie Moderator und Coach Marius Jung. Einen zusätzlichen Fokus auf Management- und HR-Themen verspricht zudem die Kooperation mit dem BPM, dem Bundesverband der Personalmanager. Keynote Speaker Marius Jung, Foto: Oli Haas Keynote Speaker Dr. Katharina Herrmann, Foto: BPM/ Amin Akhtar 72 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0077 19_Klausnitzer_PM-Forum.indd 72 19_Klausnitzer_PM-Forum.indd 72 14.08.2020 16: 33: 14 14.08.2020 16: 33: 14 PM Forum 2020, Tag 1: Nachhaltigkeit im Fokus-- 20. 10. 2020 Am 20. und 21. Oktober ist die Bühne bereitet für das PM Forum, Europas führender Fachkongress für Projektmanagement. Nachhaltig, zukunftsweisend und vernetzt-- dafür steht das PM Forum 2020. Die neuen digitalen Möglichkeiten bereichern die bewährte Marke des führenden PM-Events um weitere Facetten. Neben Praxisvorträgen und interaktiven Workshops können die Kongressbesucher gespannt sein auf neue Formate zur optimalen Vernetzung. Der erste Tag des PM Forum 2020 steht inhaltlich ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit. Wie kann nachhaltiges Projektmanagement gelingen? Wie sieht ein Projektlebenszyklus aus sozialer und ökologischer Sicht aus? Nur einige der Fragen, mit denen sich die Beiträge in den insgesamt fünf Streams des Tages beschäftigen. Als Highlights warten natürlich wie gewohnt wieder ebenso inspirierende wie hochkarätige Keynotes, jeweils zwei an beiden PM Forum-Tagen. Den Anfang macht am 20.10. Dr. Stefan Wachtel, der weiß, wie man als Redner einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Der Executive Coach, Autor und Kolumnist zeigt anhand aktueller Beispiele aus dem US-Wahlkampf und von bekannten Persönlichkeiten, wie man durch Sprache in den Executive Modus kommt und wie gezielte Rhetorik Menschen mitreißt. Für das Publikum des PM Forum hält er dabei ettliche Tipps und Tricks bereit. Die zweite Keynote zum Abschluss des ersten Tages nimmt das übergreifende Thema Nachhaltigkeit außergewöhnlich und outside the box auf. Starköchin Sarah Wiener, die auch für die österreichischen Grünen als Abgeordnete im Europäischen Parlament sitzt, ist in den vergangenen Jahren zu einer echten Nachhaltigkeitsikone geworden. Auf dem PM Forum legt sie dar, welche Rolle Ernährung, soziales Engagement und Bewusstsein im neuen Jetzt spielen. Ihre Botschaft: Jeder kann was tun, mach dein Leben schön! PM Forum 2020, Tag 2: Zukunft im Blick-- 21. 10. 2020 Am zweiten Tag des PM Forum 2020 dreht sich alles um das Thema Zukunft. Die Streams befassen sich unter anderem mit den Themen Künstliche Intelligenz, neue Technologien in Projekten oder strategisches PM. Auch die beiden Keynote Speaker des Tages haben die Zukunft fest im Blick. Technologischer Fortschritt und immer schnellere globale Kommunikation sorgen nicht automatisch dafür, dass wir besser informiert sind. Über dieses Phänomen spricht Dr. Rolf Dobelli in seiner Keynote „Die Kunst des digitalen Lebens. Der Erfolgsautor ist der Überzeugung, dass die Flut an teilweise unwichtigen Informationen, beispielsweise in den Sozialen Medien, uns schadet und lähmt. Dobelli lebt laut eigener Aussage seit zehn Jahren gänzlich ohne diese „News“- - und schildert auf dem PM Forum sein persönliches Erfolgsrezept gegen die Informationsflut. Den krönenden Abschluss bildet die Keynote von Dr. Julia Shaw, die als Expertin für Zukunftshemen und künstliche Intelligenz gilt. Eine bahnbrechende Studie machte sie über Nacht zum Shooting Star der Rechtspsychologie. Anhand von kreativer Suggestion redete sie Menschen ein, sie hätten emotionale Dinge- - sogar Straftaten- - erlebt, die in der Realität nie stattfanden. Seitdem nennt man sie die Memory Hackerin. Vor dem PM Forum-Publikum nimmt sie vor allem die Führungsebene von Unternehmen in den Fokus. Sie betrachtet dabei Erinnerung und Vertrauen und verspricht: „So gelingt kluges Management“. Bewährte Marke, innovative Ausgestaltung Besucher und Besucherinnen des PM Forum und des PMO Tag können sich also auch 2020 auf das verlassen, was die Veranstaltungen seit vielen Jahren in bewährter Manier auszeichnet: qualitativ hochklassige Fachbeiträge, vielfältige Projektmanagement-Themen und die größtmögliche Vernetzung innerhalb der Community. Zugleich wird 2020 natürlich auch Vieles anders-- im neuen Jetzt erleben die Teilnehmenden geballtes PM-Wissen kompakt wie nie zuvor. Das digitale Format bringt aber noch weitere Vorteile mit sich. So entgeht den Teilnehmern und Teilnehmerinnen trotz des reichhaltigen Programms mit mehreren parallelen Streams nun kein Vortrag mehr. In der Mediathek können sie sich im Nachhinein ganz in Ruhe die Beiträge des Tages ansehen. Auch Unternehmen und Organisationen profitieren von diesem digitalen Kongressformat. Zum einen entfällt bei einer Teilnahme die Anreise. Zum anderen ist es auch und gerade in Zeiten von Corona und wirtschaftlicher Unsicherheit wichtig, in die Weiterbildung der Mitarbeitenden zu investieren und firmenübergreifendes Netzwerken zu fördern. Dank moderner Technik und neuer Programmpunkte ist dies bei PM Forum und PMO Tag in besonderer Weise möglich. Neugierig geworden? Interessierte Teilnehmer und Teilnehmerinnen können Tickets für einen der drei Tage, für zwei Tage in beliebiger Kombination oder für die kompletten drei Tage buchen. Einzelheiten sowie alle Neuigkeiten zu PM Forum und PMO Tag 2020 erfahren Sie unter www.pm-forum.de. Eingangsabbildung: © Paul Hahn Keynote Speaker Dr. Stefan Wachtel, Foto: privat Keynote Speaker Sarah Wiener, Foto: privat Keynote Speaker Dr. Rolf Dobeli, © Bodo_Rüedi Keynote Speaker Dr. Julia Shaw, © Boris Breuer GPM-Themen | PM Forum und PMO Tag 2020 als digitale Fachkongresse 73 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0077 19_Klausnitzer_PM-Forum.indd 73 19_Klausnitzer_PM-Forum.indd 73 14.08.2020 16: 33: 18 14.08.2020 16: 33: 18 GPM Fachgruppen Die Fachgruppen der GPM bearbeiten spezifische Aspekte des Projektmanagements. Sie greifen aktuelle Entwicklungen im Projektmanagement auf, systematisieren diese und entwickeln sie kontinuierlich weiter. Je nach Thema verfolgen die Gruppen einen branchen- oder fachspezifischen Ansatz. Fachleute bringen ihr Know-how und ihre Erfahrungen in die Fachgruppenarbeit ein, tauschen sich bei Veranstaltungen regelmäßig aus und entwickeln so neues Know-how (u.a. Analysen, Konzepte, Standards, Produkte, Fachartikel und -bücher). Weitere Informationen sowie Ansprechpartner der einzelnen Fachgruppen finden Sie unter https: / / www.gpm-ipma.de/ know_how/ fachgruppen.html GPM Regionalgruppen Die derzeit 39 GPM Regionen vertreten den Verband lokal, bieten eine Plattform zum branchenübergreifenden Networking und Erfahrungsaustausch und ein breites Angebot von in der Regel kostenlosen Veranstaltungen zum Projektmanagement. Die GPM Regionen leisten damit wichtige Projektmanagement-Basisarbeit. Weitere Informationen und Ansprechpartner der einzelnen GPM Regionalgruppen finden Sie unter: https: / / www.gpm-ipma.de/ ueber_uns/ regionen.html GPM Mitglieder: 8.000 Davon Firmenmitglieder: 415 Teilnehmer am Lehrgang „Projektmanagement-Fachmann“: 39.200 Durch PM-ZERT vergebene Projektmanagement-Zertifikate insgesamt: 58.534 Stand: 13.07.2020 Aus den DACH-Verbänden | GPM intern Aus den DACH-Verbänden GPM intern DOI 10.2357/ PM-2020-0078 31. Jahrgang · 04/ 2020 Firma Hauptgeschäftsgebiet PM-Aufgaben und -Bedeutung Erwartungen an die GPM INFA - Institut für Abfall, Abwasser und Infrastruktur- Management GmbH www.infa.de Managementberatung, Softwareentwicklung sowie Forschung und Entwicklung im Bereich Abfallwirtschaft sowie weiterer kommunaler Dienstleistungen. Durchführung von deutschlandweiten Benchmarking- und Erfahrungsaustauschrunden Aufgrund einer Vielzahl an Projekten, die wir gemeinsam mit unseren Kunden durchführen, kommt dem zielgerichteten Projektmanagement eine hohe Bedeutung zu. Weiterentwicklung unserer vorhandenen Projektmanagementerfahrungen und Wissenstransfer. Neue Firmenmitglieder stellen sich vor-… 74 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0078 20_gpm.indd 74 20_gpm.indd 74 14.08.2020 16: 33: 50 14.08.2020 16: 33: 50 Aus den DACH-Verbänden | SPM intern Netzwerke (spm) spm im Social Media-- Vielseitiges Netzwerken & aktuelle Informationen Der spm ist für seine Mitglieder und für alle Projektinteressierte neben den Offline-Aktivitäten verstärkt auch in den sozialen Netzwerken aktiv. Haben Sie uns dort schon entdeckt? Über diese Kanäle veröffentlichen wir für Sie Informationen aus unseren Veranstaltungen, den Fachgruppen und dem Newsletter. Gerne fördern wir damit den individuellen Austausch untereinander. Denn Social Media lebt u. a. vom Miteinander, vom Netzwerken und der gegenseitigen Bereicherung! Je nach Netzwerk bildet sich ein anderer Fokus. In LinkedIn bauen wir aktuell das Netzwerk aus und informieren über Ereignisse rund um den spm und Projektmanagement-Themen, ergänzt u. a. um Videos von Vorträgen unserer Frühjahrstagungen. Kommen Sie gerne zu den bereits 212 Followern hinzu und seien Sie up to date! In XING verzeichnen wir derzeit die meisten Mitglieder mit 1.611 Personen. Die Gruppenmitglieder können selbst Beiträge veröffentlichen und somit auch direkt zum Austausch untereinander beitragen. Hier ergänzen wir die Erweiterung des Netzwerks um unsere verschiedenen Events, zu denen Sie sich direkt anmelden können! Twitter ermöglicht uns einen interaktiven Austausch zu tagesaktuellen Themen rund um das Projektmanagement und direkte Informationen zu unseren Veranstaltungen. Unsere 169 Follower halten wir über den spm.talk und den spm. Stammtisch auf dem Laufenden und twittern live von der Frühjahrstagung! Ganz besonders freuen wir uns, dass unsere IPMA® Young Crew auch u. a. in Twitter vertreten ist und bereits 108 Follower hat. Aus den DACH-Verbänden SPM intern DOI 10.2357/ PM-2020-0079 31. Jahrgang · 04/ 2020 Wir freuen uns, mit Ihnen zu netzwerken! Yvonne Voss, Sonja Bannick, spm-Vorstand 75 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0079 21_SPM-intern.indd 75 21_SPM-intern.indd 75 14.08.2020 16: 38: 41 14.08.2020 16: 38: 41 Was tut sich? pma Aktivitäten 23. 09. 2020, 3. pma lounge Linz 24. 09. 2020, pma Zertfifizierungspräsentation (online) 14. 10. 2020, instead of pma focus (online) Infos und Anmeldung: pma.at pma-quarterly-online: Wenn der Ernstfall eintritt Im Falle der Coronavirus-Pandemie sind eine gute Vorbereitung und professionelles Krisenmanagement mit raschen Entscheidungen besonders gefragt. Wie diese im Bereich der Energieversorgung sichergestellt werden können, war Thema des dritten pma quarterly , das am 13. Juli online mit einem Besucherrekord stattfand. Als Vertreter der Wien Energie erläuterte Dipl.-Ing. Alexander Kirchner, MBA, wie Präventivmaßnahmen zur Verringerung der Ansteckungsgefahr gesetzt werden können, um betriebliche Engpässe durch Personalausfälle zu vermeiden. Schutzausrüstung, (Krisen-)Kommunikation und Koordination wesentlicher Themen seien dabei elementar gewesen, so Kircher. Anhand von Beispielen schilderte der Leiter der Geschäftsbereiche „Asset Betrieb“ und „Asset Service“, dass die Krise überraschend kreative und nachhaltige Lösungen zu Tage gebracht hat. Sie habe ebenso verdeutlicht, wie stark Zusammenhalt, Engagement und Souveränität der Mitarbeiter sind, die unter hohem persönlichen Einsatz sogar in Kauf nahmen, während des Lockdowns nicht bei ihren Familien zu sein, um die Energieversorgung sicherzustellen. Krisen treten in Abständen immer wieder auf. Eine durchdachte Vorbereitung- - insbesondere angesichts der unterschiedlichen Planungsphasen des Krisenmanagements- - sei daher elementar, so ein wesentliches Fazit. „Lieber einen Schritt mehr wagen und diesen zu früh setzen, als zu spät zu reagieren“, resümierte Alexander Kircher. Vor den Vorhang! pma Mitglieder Mit knapp 1.200 Mitgliedern ist pma die größte PM-Vereinigung Österreichs. Wir stellen vor: SWARCO AG Blattenwaldweg 8, 6112 Wattens www.swarco.com Aus den DACH-Verbänden PMA intern DOI 10.2357/ PM-2020-0080 31. Jahrgang · 04/ 2020 Standpunkt Mag. Brigitte Schaden, Präsidentin Projekt Management Austria (pma) Krisensicher Der Bauplan des Projektmanagements beinhaltet Lösungskompetenz, Reflexionsfähigkeit, die Bereitschaft konstant zu lernen und Flexibilität. Projekte sind die Antwort auf veränderte unternehmerische Rahmenbedingungen. Auch unter schwierigen Rahmenbedingungen werden sie deshalb zur Organisationsform der Wahl. Besonders in Krisenzeiten ist es wichtig, nach vorne zu schauen und innovativ zu sein. Wenn plötzlich das Geschäftsmodell wegbricht, können Methoden des Projektmanagements sehr hilfreich sein. PM-Profis sind es gewohnt, flexibel und belastbar zu bleiben und selbst in sehr herausfordernden Situationen kreativ und frei zu denken. Sie sind damit begehrte KrisenmanagerInnen. Sie sind nicht unfehlbar und nicht frei von Rückschlägen. Aber sie wissen mit Unsicherheiten umzugehen. Foto: pma/ Schedl Aus den DACH-Verbänden | PMA intern Hauptgeschäftsgebiet Die SWARCO Gruppe steigert die Lebensqualität aller unterwegs mit umweltfreundlichen Produkten und Systemen für Verkehrssicherheit und intelligentes Verkehrsmanagement, ob an der Ampel, auf der Autobahn, im Parkhaus, auf dem Radweg, an der Ladesäule oder im öffentlichen Nahverkehr. PM-Aufgaben und Bedeutung Als Systemintegrator ist SWARCO vielfach Bewerber bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand im In- und Ausland. Ein hohes Maß an internationaler Teamarbeit und strukturierter Vorgehensweisen nach der maßgeschneiderten, IPMA-basierten Project-Management-Methodik sind dabei Wegbereiter für erfolgreiche Auftragsabwicklung und bei der Umsetzung interner Strategieprojekte. Alexander Kirchner, Wien Energie 76 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0080 Online-Tipp | Instead of pma focus Am 14. Oktober 2020 findet Österreichs Leitveranstaltung für Projektmanager*innen statt. Erstmals online. Aus den DACH-Verbänden PMA Extra DOI 10.2357/ PM-2020-0050 1. Jahrgang · 03/ 2020 pma focus - Branchentreff für Projektmanager*innen BACK TO THE ROOTS 2020 pma.at 22_PMA_intern.indd 76 22_PMA_intern.indd 76 14.08.2020 16: 39: 03 14.08.2020 16: 39: 03 pma focus ist Österreichs größter Projektmanagement-Kongress und findet jedes Jahr im Oktober in Wien statt. Vor einem Jahr, 2019, stand die Veranstaltung ganz im Zeichen von Agilität, New Work und Künstlicher Intelligenz. Rund 700 Projektmanager*innen diskutierten über etablierte und neue Methoden im Projektmanagement. In diesem Jahr beschreitet pma neue Wege: Anstelle des Großevents im Austria Center Vienna treffen sich PM-Expert*innen am 14. Oktober 2020 von 14.00 bis 18.00 Uhr im virtuellen Konferenzsaal. Unter dem Motto „Instead of pma focus 2020“ finden Impulsvorträge und Workshops online statt. In ihrer Keynote - Was wir in Corona Zeiten von der heterodoxen Ökonomie lernen - beleuchtet die Volkswirtin Katharina Mader den Umgang mit der Ressource Mensch. Auch für Unterhaltung ist gesorgt: Freuen Sie sich auf Alex Online-Tipp | Instead of pma focus Am 14. Oktober 2020 findet Österreichs Leitveranstaltung für Projektmanager*innen statt. Erstmals online. Aus den DACH-Verbänden PMA Extra DOI 10.2357/ PM-2020-0050 1. Jahrgang · 03/ 2020 Kristan. Er ist Kabarettist und Komiker und der wohl bekannteste Stimmenimitator Österreichs. Brigitte Schaden, Präsidentin von Projekt Management Austria: „Projektmanager*innen können sehr gut mit Veränderungen zurechtkommen und machen immer wieder etwas Neues. Deshalb lade ich alle IPMA Mitglieder ein, an der ersten Online-Ausgabe des pma focus teilzunehmen. Freuen Sie sich auf spannende Vorträge, virtuelles Networking und einen Schuss Humor.“ Die Veranstaltung ist offen für alle Interessierte. Für IP- MA®-Mitglieder ist der Online-Event sogar kostenlos! Die Teilnahme am instead of pma focus können Sie sich im Rahmen der Re-Zertifizierung als Weiterbildung gemäß pma/ IPMA anrechnen lassen. Melden Sie sich gleich verbindlich an: www.pma.at/ focus pma focus - Branchentreff für Projektmanager*innen Aktuelle Themen, Top-Speaker aus Forschung und Praxis, interaktive Workshops und größte Projektmanagement-Messe Öster- Aktuelle Themen, Top-Speaker aus Forschung und Praxis, interaktive Workshops und größte Projektmanagement-Messe Öster- Aktuelle Themen, Top-Speaker aus Forschung und Praxis, interaktive Workshops und größte Projektmanagement-Messe Öster reichs machen den pma focus zur Leitveranstaltung für Projektmanager*innen. Infos: pma.at/ focus BACK TO THE ROOTS 2020 pma.at 2020 2020 BACK TO THE ROOTS BACK TO THE ROOTS BACK ROOTS ROOTS 2020 2020 22_PMA_intern.indd 77 22_PMA_intern.indd 77 14.08.2020 16: 39: 07 14.08.2020 16: 39: 07 In eigener Sache PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL-- Themen 2021 Liebe Leser, seit genau einem Jahr stehen die Hefte der PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL jeweils unter einem Oberthema. So wollen wir verschiedene Facetten und Aspekte dieses Schwerpunktthemas beleuchten. Damit sollen sowohl unsere Mitglieder und die Fachgruppen angesprochen werden; auch wollen wir Wissenschaftler und Praktiker, die sich mit den jeweiligen Themen beschäftigen, erreichen. Wir laden jeden zur Teilnahme ein, der zu den Schwerpunkten 2021 Beiträge leisten will. Als Themenschwerpunkte für 2021 sind geplant: Der Umgang mit COVID 19 durch Projekte Wir werden uns damit beschäftigen, wie Projektmanagement bei der Bewältigung der COVID 19 Pandemie beitragen kann. Auch die Frage, welche Konsequenzen die Pandemie für das Projektmanagement hat, spielt in dieses Thema hinein. Aspekte für Fachbeiträge können sein: • Projekt(e) der Bundesregierung zur Eindämmung von CO- VID 19 • Projekt(e) der Landesregierungen • Projekte in Krankenhäusern zur Sicherstellung der Notfallversorgung • Neue Formen der Arbeit in Homeoffice und virtuellen Teams • Arbeitspsychologische Konsequenzen der Arbeit im Homeoffice • Projekte zum Umgang mit COVID 19 in der Tourismusbranche • Verhandeln-- online! Techniken und Tipps • … Projekte und Künstliche Intelligenz (KI)/ Projekte und Digitalisierung/ Projekte aus dem Bereich Industrie 4.0 Künstliche Intelligenz, Digitalisierung und Industrie 4.0 beeinflussen Projektmanagement in zwei Hinsichten: Zum einen prägen sie die Art und Weise, wie wir Projekte zukünftig durchführen. Zum anderen ergeben sich aus diesen Zukunftsthemen eigene Projekte. • Digitalisierung und Wettbewerbsfähigkeit. Bedeutung der Digitalisierung für den Standort Deutschland • Projekte aus dem Silicon Valley Baden-Württemberg (KI) • Digitalisierungsprojekte - z. B. Digitalisierung Hamburger Hafen - Autonomes Fahren - Digitalisierung in (akademischer) Lehre und Ausbildung • Vorhersagen dank KI: Wie wird KI die Projektsteuerung verändern? • Ist KI der bessere Projektmanager? • Wie kann die Digitalisierung den Projektmanager unterstützen? • Der digitale Mensch im 21. Jahrhundert: Ist der Projektmanager Vorreiter? • Wie Projektmanagement analoges Business in digitales konvertiert • Leaks-- die Datensicherheit im Projektmanagement • Automatisierung von Produktion, die von China nach Deutschland zurückgeholt wird • … Themen In eigener Sache DOI 10.2357/ PM-2020-0081 31. Jahrgang · 04/ 2020 78 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0081 23_in_eigener_sache.indd 78 23_in_eigener_sache.indd 78 14.08.2020 16: 40: 17 14.08.2020 16: 40: 17 Projektmanagement und Energiewende in Deutschland In diesem Themenschwerpunkt gehen wir der Frage nach, welche Projekte zur Energiewende in Deutschland umgesetzt werden und was Projektmanagement zur Energiewende beitragen kann. In diesem Zusammenhang stehen folgende Aspekte: • Dimensionen der Energiewende • Beitrag aus einem Ministerium (Energiekabinett) • Projekte Energiewende - Projekt Windenergie - Projekt Solarenergie - Projekt Wasserstoff - Projekt Wasserkraftwerk (Kavernenkraftwerk) - Smart Grid • Projekt Stromleitungen von Nord nach Süd (Ausbau der Stromnetze) • Wandel des Projektportfolios durch Struktur- und Strategiewandel (projektorientierte Unternehmensführung) • Wandel der Städte (Neue Formen der zentralen und dezentralen Energieversorgung, Angebot neuer Energieträger: E-Mobilität, Neue Verkehrswegekonzepte, Stärkung ÖPNV • Stakeholdermanagement und Widerstände • … Agiles Projektmanagement und agile Organisation/ Agilisierung des Projektportfoliomanagements In einem Schwerpunktheft zum agilen Projektmanagement können beispielsweise folgende Punkte aufgegriffen werden: • Rollenvergleiche im agilen und klassischen PM • Empirie zu Erfolgsfaktoren • Grenzen der Agilität-- Hybrides PM • Agiles PM und Mindsetänderung • Agiles PM und Änderung der Unternehmenskultur • Transformationsprozess und agiles PM • Agiles PM und Mitarbeiterkonsequenzen • Agiles PM und Generation Y und Z • Agiles PM in Konzernen und in KMUs • Wie mit agilen Projekten umgehen, die scheitern? • Agiles Projektmanagement und Generationenkonflikt • Widerstände bei der Agilisierung bzw. agile Transformation • … Projectification of Society In diesem Themenschwerpunkt suchen wir Antworten auf die Frage, in welchen Bereichen der Gesellschaft das Projektmanagement bereits angekommen ist und welche Auswirkungen dies auf die Gesellschaft hat: • Projectification in der Verwaltung • Projectification in der Wirtschaft • Projectification im Non Commercial Bereich • Auswirkungen der Projectification auf die Gesellschaft • „Jeder ist irgendwo Projektmitarbeiter oder Projektleiter“ • Projectification und Generation Y und Z • Projectification und New Work • Projectification und Nutzung vernetzter Intelligenz (Schwarmintelligenz) • Projectification und Aus- und Weiterbildung • Welches gesellschaftliche Umfeld braucht PM idealerweise? • … Darüber hinaus wollen wir immer wieder über besondere Projekte berichten, eben über „Projekte, die die Welt beweg(t) en“. Welche Themen kommen aus Ihrer Sicht dafür in Frage? Projekte wie „Der Mensch auf dem Weg zum Mars“? Projekte am CERN, die ein neues Verständnis unserer Welt schaffen? Oder das Projekt „Brennertunnel“? Was immer Sie für bewegende Projekte halten-- lassen Sie es uns wissen! Jetzt geht es um Ihre Ideen, Denkstöße, Vorschläge und Angebote. Lassen Sie uns wissen, was Ihnen zu den Themenschwerpunkten einfällt und wo Sie zusätzliche Aspekte rund um diese Themen sehen. Schreiben Sie uns-- gerne auch zu Ihren konkreten Plänen für Artikelmanuskripte. Schreiben Sie uns unter: artikel@pmaktuell.de Und: Uns interessiert immer-- auch jenseits der Schwerpunkte 2021-- eine große Frage: Wie sehen Sie die Zukunft des Projektmanagements? . Vielen Dank schon im Voraus für Ihre Beiträge und Anregungen. Wir wünschen uns, dass wir Ihnen auch in den Heften der PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 2021 wieder ein spannendes Themenportfolio anbieten können. Ihr Steffen Scheurer Themen | In eigener Sache 79 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 04/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0081 23_in_eigener_sache.indd 79 23_in_eigener_sache.indd 79 14.08.2020 16: 40: 17 14.08.2020 16: 40: 17 80 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL | 31. Jahrgang · 04/ 2020 Der neue Redaktionsbeirat Wir begrüßen herzlich den neuen Redaktionsbeirat für die PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL. Dr. Dieter Butz, Robert Bosch GmbH Axel Graser, Südwestrundfunk / SWR Prof. Dr. Nino Grau, Grauconsult GmbH Prof. Dr. Katrin Hassenstein, Hochschule der Medien Stuttgart Prof. Dr. Claus Hüsselmann, Technische Hochschule Mittelhessen Prof. Dr. Helmut Klausing, GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Dr. Hans Knöpfel, spm, Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement Dr. Thor Möller, con-thor Unternehmensgruppe Brigitte Schaden, pma (Projektmanagement Austria) Prof. Dr. Heinz Schelle, GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Oliver Steeger, Redaktion PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL Reinhard Wagner, Tiba GmbH Prof. Dr. Doris Weßels, Fachhochschule Kiel Auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit! 24_Redaktionsbeirat.indd 80 24_Redaktionsbeirat.indd 80 14.08.2020 16: 40: 42 14.08.2020 16: 40: 42