eJournals

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
pm
2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
121
2020
315 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.
Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L www.pmaktuell.de Projektorientierte Unternehmensführung Ausgabe 5/ 2020 | 31. Jahrgang Mehr Projektmanagement-Wissen für Sie und Ihren Unternehmenserfolg! Aus dem profunden und vielfältigen Know-how des Vereins entstehen die Ideen für das Seminarangebot der GPM. Dank des gemeinnützigen Charakters der GPM können Sie sich dabei auf faire Preise verlassen. Änderungen (auch Online-Durchführung) vorbehalten, aktuelle Termine unter: www.gpm-ipma.de/ seminare Jetzt informieren und anmelden unter: www.gpm-ipma.de/ weiterbildung WEITERBILDUNG Hauptgeschäftsstelle Nürnberg Hauptstadtrepräsentanz Berlin Am Tullnaupark 15 I 90402 Nürnberg Mittelstraße 55 I 10117 Berlin Tel.: +49 911 433369-54 I Fax: +49 911 433369-99 Tel.: +49 30 36403399-0 I Fax: +49 30 36403399-5 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. I seminar@gpm-ipma.de I www.gpm-ipma.de Know-how für Ihren Projekterfolg Profitieren Sie vom Expertenwissen der GPM - dem führenden deutschen Fachverband für Projektmanagement. * 1 Intensivworkshop / * 2 Intensivkurs Agile Projekt Management 4.0 Dr. Alfred Oswald ONLINE 25.-26.03.2021 Köln, 24.-25.06.2021 best practices hat versagt - wie geht anders Lernen im/ aus dem Projekt? * 1 Dr. Klaus Wagenhals ONLINE 18.-21.03.2021 Der europäische PM Standard OPM2 Dietmar Prudix Hannover, 04.-05.03.2021 Disruptive Innovation und Design Thinking Thor Möller ONLINE 11.-12.03.2021 Erfolgreiches Claimmanagement Dietmar Prudix Stuttgart, 29.-30.03.2021 Erfolgreiches Projektmanagement in und mit Asien Dr. Karl Waldkirch ONLINE 19.-20.04.2021 Mehr Projekte in kürzerer Zeit Uwe Techt / Guido Bacharach ONLINE 02.-03.02.2021 Metakompetenz Selbstorganisation 4.0 - Selbst führen in Komplexität und Unsicherheit Sonja Armatowski Stuttgart, 26.-27.04.2021 Projektleitertraining Johanna Boos-Lomnitz Köln, 21.-23.06.2021 Selbst- und Zeitmanagement Dr. Thor Möller ONLINE 10.03.2021 Sicheres und überzeugendes Auftreten* 2 Irene Kayser / Manfred Baumann Fulda, 10.-11.06.2021 Strategisches Projektmarkting kompakt Alexander Mereien ONLINE 11.02.2021 „Theorie U“ und systemische Methoden für die komplexe Projektarbeit Petra Sohnius ONLINE 16.-17.03.2021 Projektmanagement - Das Grundlagenseminar Online-Seminare: 06.-08.07.2020 25.-27.01.2021 03.-05.02.2021 08.-10.03.2021 26.-28.04.2021 München, 14.-16.06.2021 Stuttgart, 19.-21.05.2021 Hamburg 28.-30.06.2021 Das GPM Weiterbildungsprogramm - Übersicht der Seminare 1. Halbjahr 2021 1 2 Editorial Reportage 4 Ein Stück weit freies Radikal Werner Motzet: IT-Projektleiter 9 Die „Übersetzungsarbeit“ des Top-Managements Im Interview mit Dr. Markus Schmitz Politik und Gesellschaft 13 Ein erfolgreicher Weg von der Linie zur flexiblen Projektorganisation im öffentlichen Sektor Das Beispiel Hamburg Port Authority AöR Wissen 20 Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen Führen in der Arbeitswelt 4.0 mit dem iCDE-Modell© 25 Das neue PMO: agil und doch klassisch 29 Agile Unternehmensführung 34 Changes als besondere Herausforderung für projektorientierte Führung 42 Digitalisierung - mit hybridem Projektmanagement-Ansatz durch die Krise Change Projekt: Fallbeispiel viadonau 50 Rollen in der Projekt Governance Explorative Studie und Benchmark-Tool 57 Plattformbasiertes X-Shaped Collaboration Projektmanagement 64 Das Ressourcendrama Versuch einer Fehlersuche 71 Buchbesprechung Kolumne 73 Zurück auf Los! Aus den DACH-Verbänden 75 PMO Tag 77 PM Forum 80 GPM intern 82 pma intern 85 spm intern INHALT Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Am Tullnaupark 15, 90402 Nürnberg Unter Mitwirkung von Spm - Swiss Project Management Association Flughofstraße 50, CH-8152 Glattbrugg und Projekt Management Austria Palais Schlick, Türkenstraße 27/ 2/ 21, A-1090 Wien Prof. Dr. Helmut Klausing (Geschäftsführender Herausgeber) Redaktion: Prof. Dr. Steffen Scheurer, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (Chefredakteur) Oliver Steeger, Alfter (Ressort Report) Myriam Conrad, GPM, Nürnberg Christopher Klausnitzer, GPM, Nürnberg (Ressort GPM intern) Dr. Thor Möller, con-thor, Ganderkesee Dr. Dieter Butz, Robert Bosch GmbH Axel Graser, Südwestrundfunk / SWR Prof. Dr. Nino Grau, Grauconsult GmbH Prof. Dr. Katrin Hassenstein, Hochschule der Medien Stuttgart Prof. Dr. Claus Hüsselmann, Technische Hochschule Mittelhessen Dr. Hans Knöpfel, spm, Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement Brigitte Schaden, pma (Projektmanagement Austria) Prof. Dr. Heinz Schelle, GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Reinhard Wagner, Tiba GmbH Prof. Dr. Doris Weßels, Fachhochschule Kiel G 6010 31. Jahrgang, 5/ 2020 ISSN 0942-1017 Verlag: UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5, 72070 Tübingen Telefon: +49 (0)7071 97 97 0 Telefax: +49 (0)7071 97 97 11 www.projektmanagement.digital © 2020 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG, Tübingen Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlages. Namentlich gekennzeichnete Beiträge sowie die Inhalte von Interviews geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion oder des Verlages wieder. Zeitschriftenkoordination: Elena Gastring eMail: gastring@narr.de Anzeigenverwaltung: Stefanie Richter Telefon: +49 (0) 89 / 85853 - 813 eMail: richter@narr.de Erscheinungsweise: 5 Hefte pro Jahr Bezugspreise für Privatpersonen: Einzelheftpreis: EUR 20,- Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 88,- Bezugspreise für Institutionen: Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 198,- Preisänderungen vorbehalten. Der Bezugspreis für Mitglieder der GPM ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Alle Preise zzgl. Versandkosten und inkl. MwSt. Die Kündigung ist sechs Wochen vor Ende eines Kalenderjahres schriftlich an den Verlag zu richten. Sonderausgaben werden zusätzlich berechnet. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift ohne Verschulden des Verlages oder infolge höherer Gewalt entfällt für den Verlag jegliche Lieferpflicht. Umschlagabbildung: © LoveTheWind Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird die männliche Form verwendet (generisches Maskulinum). Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter und beinhalten keine Wertung. Impressum Projektorientierte Unternehmensführung Editorial Commercial Project Management DOI 10.2357/ PM-2020-0097 31. Jahrgang · 05/ 2020 Liebe Leserinnen und Leser, wir gehen dem Jahreswechsel 2020 / 21 entgegen. Es ist Brauch, dass Wirtschaftsforscher und die Volkswirte großer Banken prognostizieren, wie das kommende Jahr aus ökonomischer Perspektive verlaufen wird. Machen wir es dieses Mal anders! Blicken wir zurück auf das, was uns für 2020 in Aussicht gestellt wurde-- und schauen wir, was dies praktisch für uns im Projektmanagement bedeutet. Am 24. Januar 2020 ging die DB Research davon aus, dass sich die Weltwirtschaft auf ein Wachstum von 3,3 Prozent einstellen kann. Für Deutschland wurde ein Wachstum von 1,1 Prozent vorhergesagt, auch sollte es zu einem leichten Haushaltsüberschuss kommen. Einige Banken gingen für 2020 von einem DAX-Stand im Schnitt von 13.900 Punkten aus. Der Dow Jones sollte auf knapp 29.000 klettern. Die Ölpreise wurden mit ca. 62 Dollar für Brent Öl prognostiziert. Der Goldpreis sollte bis auf etwa 1.570 Dollar pro Unze steigen. Dies alles waren Prognosen unter Fortschreibung einer „normalen“ Entwicklung. Doch was war in 2020 schon „normal“? Entweder gar nichts- - oder alles. Je nach Sichtweise! Gar nichts, wenn wir die Prognosen in die Zukunft auf der Basis der bekannten Vergangenheitswerte fortschreiben. Alles, wenn wir davon ausgehen, dass die „neue Normalität“ eine Normalität mit Disruptionen ist. Unter Disruption sind „Störungen, Behinderungen, Unterbrechungen“ zu verstehen. Mit Covid-19 haben wir in 2020 eine echte Disruption erlebt! Was brachte uns diese Disruption? Eine Schrumpfung der Weltwirtschaft von 4 Prozent in 2020, wenn man der Prognose der DB Research vom 6. Oktober folgt. Für die EU wird eine Schrumpfung der Wirtschaft von 8 Prozent erwartet, für Deutschland von 5,5 Prozent. Deutschland wird nach Angaben des Bundesfinanzministeriums in den Jahren 2020 und 2021 bis zu 1,446 Billionen Euro zur Bewältigung der Corona-Krise ausgeben. Damit würde es nach Berechnungen der Bundesbank in 2020 auf ein Defizit von 7,5 Prozent des BIP zusteuern. Der Goldpreis stieg in 2020 bis über 2.000 Dollar. Der Ölpreis liegt im Oktober bei rund 40 Dollar für Brent Öl. Die Indizes der Aktienbörsen unterliegen starken Schwankungen. Wie geht’s weiter? Das hängt stark von der erfolgreichen Entwicklung eines Impfstoffes ab. Er könnte die nächste Disruption auslösen. Könnte, wie gesagt. Für viele Unternehmen kommt es durch diese Disruption zu gewaltigen Umbrüchen. Manche Unternehmen kämpfen ums Überleben, beispielsweise in Touristik, Gastronomie oder Luftverkehr. Bisher gut funktionierende Strategien müssen komplett infrage gestellt werden. Geschäftsmodelle müssen redefiniert und neu ausgerichtet werden. Andere Unternehmen wie zum Beispiel Toilettenpapierhersteller mussten im Jahr 2020 abwechselnd mit Boomphasen klarkommen- - denen schnell radikaler Nachfrageausfall folgte. Wie sollen Unternehmen mit solchen Schwankungsbreiten umgehen? Wie können Unternehmen anpassungsfähiger, agiler werden? Helfen könnte ein Blick auf das Unternehmen als Summe seiner Projekte. Projekte sind kleinere, dezentral am Markt und direkt am Kunden arbeitende Organisationseinheiten. Werden die Projektteams mit Entscheidungskompetenzen ausgestattet, können diese selbstorganisierend und schnell auf die sich laufend verändernden Anforderungen von Kunden und Markt reagieren. Die Summe aller Projekte müssen natürlich im Sinne der übergeordneten Gesamtzielsetzung des Unternehmens koordiniert werden. Dafür brauchen wir eine Ausrichtung der Führungsfunktionen an den Projekten, also eine projektorientierte Unternehmensführung. Projektorientierte Unternehmensführung- - das ist dieses Mal unser Stichwort für dieses Heft! Wir wollen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, Aspekte der projektorientierten Unternehmensführung nahebringen. Eine zentrale Rolle kommt Führungskräften im Rahmen einer neu verstandenen projektorientierten Unternehmensführung zu. Martin-Niels Däfler geht in seinem Beitrag auf das veränderte Rollenverständnis von Projektleitern und Führungskräften ein, das in disruptiven Zeiten notwendig wird. Frank Döttling, Arlette Dumont du Voitel, Roland Dumont du Voitel und Gunnar Scheffler erklären in ihrem Beitrag das große Potenzial von PMOs für die strategische Projekt-Portfolio-Steuerung-- gerade in höchst dynamischen Umwelten. Eine reine Agilisierung des Projektmanagements greift zu kurz, um ein Unternehmen anpassungsfähiger zu machen. Andreas Schliep plädiert in seinem Beitrag dafür, das agile Unternehmen selber als Produkt anzusehen. Ihm geht es darum, den Wandel als echte Führungsaufgabe zu sehen und wie eine Produktentwicklung anzugehen. Eine agile Kultur ist Voraussetzung für den Umgang mit Disruptionen. Wie diese Kultur mit teamorientierter, nicht-hierarchischer Werthaltung und fokussierter Selbstverantwortung zu erreichen ist, dies zeigen Christian Majer und Ines Schubiger. Sie legen dar, wie eine solche Kulturveränderung unter Einsatz von Projektmanagement als Führungsinstrument gelingen kann. Sie beschreiben ein konkretes Changeprojekt (Digitalisierung bei viadonau) und machen entlang der einzelnen Projektphasen deutlich, wo die Herausforderungen in solch einem Changeprojekt liegen. Die Unterstützung des Projektmanagements durch das Senior Management ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Projektarbeit. Christian Rudischer, Dorothee Feldmüller und Gerhard Ortner berichten über die Ergebnisse einer Studie zu Governance-Strukturen in Projekten und Programmen, die von der Fachgruppe „PM goes Boardroom“ erarbeitet wurde. Projektmanagement findet längst in einer global vernetzten Welt statt. Aus dieser Vernetzung ergeben sich Chancen zur weltweiten Nutzung von Ressourcen. Zugleich aber entsteht ein neuer Bedarf an Kollaboration und technischer Integration im Projektmanagement. Die Covid-19-Pandemie hat wesentlich zum Einsatz leistungsfähiger IT- und PM-Tools für die Zusammenarbeit in virtuellen Teams beigetragen. Welche neue Regularien und Standardisierungsanforderungen 2 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0097 Editorial werden für die Projektarbeit der Zukunft auf Projekt-Plattformen benötigt? Wie verändert sich das Rollenverständnis der Projektleitung? Diese Fragestellungen werden in dem Beitrag von Doris Weßels und Eike Meyer aufgegriffen. Mit dem zeitlos aktuellen Thema der Ressourcenplanung in Projekten beschäftigt sich Dietmar Prudix in seinem Beitrag „Das Ressourcendrama“. Zum Schluss möchte ich Sie noch auf die Rezension von Heinz Schelle hinweisen. Ich hoffe, wir können Ihnen mit diesem Heft den einen oder anderen Gedankenanstoß in diesen schwierigen Zeiten liefern. Ich wünsche Ihnen-- bei allen Herausforderungen-- schöne Festtage und einen guten Start ins neue Jahr. Bleiben Sie gesund! Ihr Steffen Scheurer Jetzt online lesen in unserer neuen eLibrary www.pmaktuell.de Der Online-Zugriff ist in den Leistungen für GPM Mitglieder inbegriffen. Noch kein GPM Mitglied? Schreiben Sie uns unter mitglieder@gpm-ipma.de. Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L Anzeige Editorial | Commercial Project Management Werner Motzet: IT-Projektleiter Ein Stück weit freies Radikal Oliver Steeger Porträt | Theologie hat Werner Motzet studiert. Statt Seelsorger wurde er IT-Projektleiter. Heute hilft er, die Agilität bei Deutschlands größter Behörde voranzutreiben-- bei der Bundesagentur für Arbeit. Als freies Radikal, wie er sagt, und mit einem tief humanen Menschenbild. 2015 gab die Bundesagentur für Arbeit eine Stellenanzeige auf. Für ein IT-Projekt suchte sie einen Spezialisten. Er sollte in der Bundesagentur das agile Projekt VAM-VERBIS unterstützen. Ein 200-köpfiges Team trieb dieses zentrale IT-Vorhaben seit sieben Jahren voran, durchaus erfolgreich. Dann kam das Team an einen Punkt, an dem es zweifelte, ob es noch richtig unterwegs war. Es brauchte Hilfe. Ein Spezialist für agiles Arbeiten musste her. Dem IT-Systemhaus der Agentur schwebte ein Psychologe vor- - oder jemand ähnliches, der sich mit zwischenmenschlicher Chemie auskennt. Unter den Bewerbungen fand sich die des Theologen und IT-Projektleiters Werner Motzet. Man lud Werner Motzet ein, unterzog ihn sorgfältiger Prüfung und vergewisserte sich, dass sein unglaublich klingender Lebenslauf wirklich stimmte. Dann holte das VAM-VERBIS-Team Werner Motzet als Koordinator für die fast 150 Schnittstellen an Bord. Der Theologe half mit, VAM-VERBIS voranzubringen: auch, indem er die Neugier und Lust auf agiles Arbeiten wiedererweckte. „Agilen Coach" wollte das Team den unkonventionellen Mann nennen. Der aber wies den Titel von sich; er war weder ausgebildeter Coach noch Berater. Mit der Zeit einigte man sich auf etwas anderes: Katalysator. Daran anknüpfend bezeichnet sich Werner Motzet gerne als „ein Stück freies Radikal“. Freie Radikale sind sehr reaktionsfreudig, und sie beschleunigen Prozesse. Diese Idee gefällt ihm. I. Radikal frei Wer über Werner Motzet, das „freie Radikal“, schreibt, weiß gar nicht, wo er anfangen soll. Schwierig genug, exakt zu verstehen, was er in der Bundesagentur macht. Ich verstehe es so: Mit Segen der Agenturspitze bewegt er sich frei und bringt die Agilisierung der Bundesagentur mit voran. Die Bundesagentur für Arbeit ist die größte Behörde Deutschlands. Knapp einhunderttausend Mitarbeiter sind in der Organisation tätig, eine Zahl, die fast der Einwohnerzahl einer Großstadt entspricht. Werner Motzet unterhält ein immenses Netz von Verbindungen in diese Organisation. Seine Türe steht offen für Menschen, die Interesse an agilem Arbeiten haben und sich persönlich weiterentwickeln wollen. Eine junge Mitarbeiterin bat ihn kürzlich, ihr Mentor zu werden und sie in einem Projekt zur Organisationsentwicklung zu unterstützen. Andere wollen Projekte agil machen und sehen sich dem Unbehagen von Kollegen gegenüber. Ist Werner Motzet Missionar für Agilität? Nein, nein, das streitet der Theologe ab. Wer missioniert, will Menschen für etwas gewinnen. Die, die zu ihm kommen, sind bereits für Agilität gewonnen. Sie sind neugierig-- wissen aber häufig noch nicht, wie es für sie weitergeht. „Wer Lust hat, mit mir zu arbeiten, der rührt sich halt“, sagt er. Seine Tür steht wirklich weit offen. Als Werner Motzet 2015 zum VAM-VERBIS Team stieß, fand er ein motiviertes Team vor, dem es wirklich ernst war mit seinem Ziel. „VAM-VERBIS“ ist die strategisch zentrale IT-Lösung der Bundesagentur, quasi das digitale Rückgrat der Organisation. VAM steht für Virtueller Arbeitsmarkt, VERBIS für Vermittlung-, Beratung- und Informationssystem. So weit, so sperrig. Deutlich geschmeidiger ist die Idee, die hinter dieser Softwarelösung steht. Zur Jahrtausendwende hatte sich Reportage Ein Stück weit freies Radikal DOI 10.2357/ PM-2020-0098 31. Jahrgang · 05/ 2020 4 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0098 die Agentur entschieden, den Arbeitsmarkt weiter zu digitalisieren. Die damals entwickelte Lösung war in die Jahre gekommen. 2011 machte sich ein Team daran, diese Lösung zu modernisieren. Die Idee: Die Datenerfassung sollte, so weit es ging, gemeinsam mit den Kunden der Agentur automatisiert werden; ein virtueller Arbeitsmarkt entstand. So können sich die Mitarbeiter ganz auf die Betreuung und Beratung der Kunden konzentrieren. Das VAM-VERBIS-Team agierte vergleichsweise frei; unter anderem legte es seine Vorgehensweise selbst fest. Einige neugierige Teammitglieder kamen früh in Kontakt mit agilem Projektmanagement, und nach einigem hin und her im Team probierte es die Prinzipien agiler Arbeitsweise aus. „Sie haben sich die agile Vorgehensweise auf eigene Faust angeeignet“, sagt Werner Motzet, „und ich war überrascht von der Reife der agilen Arbeit. Ihre Vorgehensweise war hervorragend.“ Das Team hingegen stellte sein Licht unter den Scheffel. „Die Kollegen hielten mir entgegen, ich sei ein netter Mensch und lobe sie deshalb“, sagt Werner Motzet. In Wahrheit sei man das Team einer Behörde-- und vermutlich auch deshalb bloß Mittelmaß. Es fehlte, sagt er, an Selbstbewusstsein und der Glaube an sich selbst und an seine Talente. Daran hakte die Arbeit. Was Werner Motzet in unserem Gespräch zur Theologie bringt. II. Radikal anders Werner Motzet kommt auf ein Gleichnis aus der Bibel zu sprechen, das Gleichnis von den anvertrauten Talenten, dem antiken Geld. Jesus schildert einen Herren, der auf Reisen geht und seine Knechte mit Geld ausstattet. Als der Herr zurückkehrt, haben einige das Geld investiert und Gewinn gemacht; er entlohnt sie. Doch ein Knecht investierte aus Angst nichts. Er verbarg das anvertraute Geld. Ihm lässt der Herr das Geld wegnehmen, und er spricht es dem Erfolgreichsten zu. Mit den Talenten (Geld) ist es wie mit den menschlichen Talenten (Gaben). „Jedem von uns sind Begabungen und Fähigkeiten anvertraut“, sagt Werner Motzet. Wir sind gefordert sie zu gebrauchen, zu investieren. „Jesus schimpft mit dem, der sein Licht unter den Scheffel stellt“, erklärt er, „wer seine Gaben nicht gebraucht, dem droht er mit Verlust.“ Was das VAM-VERBIS-Team betraf, so galt der Prophet wenig im eigenen Land. Werner Motzet besann sich und holte deshalb Propheten aus anderen Ländern, die das Team ermutigten, seine Talente zu gebrauchen. Er startete ein Besuchsprogramm. Er lud Unternehmen ein, die selbst gerade in der agilen Transformation standen und deshalb bei anderen Unternehmen Agilität studieren wollten. „Ich wollte unseren Teammitgliedern ein sicheres Gefühl dafür geben, wo sie mit ihrer Agilität stehen“, sagt er, „sie brauchten ein klares Bild davon, wo sie sich auf der Skala von ‚gar nicht agil‘ und ‚völlig agil‘ befinden.“ Dieses Bild, so war er sicher, konnten ihnen nur Menschen aus der freien Wirtschaft geben. Die Einladung war im gewissen Sinne eine radikale Neuerung. Die meisten Unternehmen hielten sich in puncto Agilität bedeckt. Sie ließen sich kaum in die Karten schauen. Wer agiles Arbeiten live und in der Praxis studieren wollte, musste weit laufen- - notfalls bis nach Nürnberg zur Bundesagentur. Dieser Bedarf machte Werner Motzets Besuchsprogramm erfolgreich. Einer der ersten Gäste war ein Automobilbauer aus der Umgebung. Das Team war nervös vor diesem Besuch, und ein eigentlich stiller Entwickler ging mit Werner Motzet hart ins Gericht. Er warf ihm vor, er habe den Gästen vorab Unwahrheiten über die agile Reife der Bundesagentur erzählt. Vermutlich seien die Gäste viel, viel weiter auf dem agilen Weg. Man werde sich bis auf die Knochen blamieren. Doch dann-- es kam anders! Die Besucher waren tief beeindruckt von der agilen Arbeitsweise. Und so, wie das Team die Gäste beeindruckte, hinterließ der Besuch bleibenden Eindruck bei dem Team. Offenbar kochten freie Unternehmen auch nur mit Wasser. Und das Team der Agentur spielte offensichtlich in der Top-Liga. Für Werner Motzet war dieser Erfolg vielleicht eine Genugtuung, aber kein Triumph. Er kennt Selbstzweifel aus seiner eigenen Jugend. Er wuchs neugierig, frei und eigensinnig auf. Als ältester Sohn einer sechsköpfigen Familie zeigte er ausgeprägtes technisches Interesse, das sich zu einem Talent entwickelte. Neugier, sagt Werner Motzet, sei der Antrieb in seinem Leben. Er wollte stets alles genau verstehen. Die Familie hatte es nicht immer leicht mit ihm. Er baute die Nähmaschine der Familie auseinander, um ihre Funktionsweise zu studieren- - ohne sie danach „wieder zusammenbekommen zu haben“, wie er erzählt. Sein Vater, der ohne Studium an mehreren Hochschulen unterrichtete und viele Patente hielt, sah in dem ältesten seiner Kinder den künftigen Ingenieur. Doch Werner Motzet fehlte der klare Blick für seine Talente. In der Schule blieb er selbstzweiflerisch. „Ich war sehr gut in Naturwissenschaften und Mathematik“, sagt er. Doch das galt ihm nicht viel. Sein Interesse an Religion erwachte. Unter der Leitung eines Kaplans rang Werner Motzet mit einem Satz aus der Bibel. Den Herrn, seinen Gott, solle er lieben, heißt es dort, und seinen nächsten wie sich selbst. Die Sache mit dem „wie sich selbst“ machte ihm zu schaffen. Die Jugendseelsorger rieten ihm, er solle bei sich selbst anfangen und sich selbst annehmen. „Für mich war das damals ein großer Schritt und ein prägendes Erlebnis“, meint er, „ich weiß, wie sich Menschen fühlen, die sich wenig zutrauen“. Nach seinem Fachabitur entschloss sich Werner Motzet zum Theologiestudium in Eichstätt. Als Priester, kalkulierte er, konnte er Gutes tun für Menschen. Seine technischen Interessen konnte er dabei verfolgen, quasi en passant: Priester mit technischem Verständnis könnten in Pfarreien nützlich sein. Eine Pfarrei hat Gebäude, kalkulierte, in den Gebäuden gibt es viel Technik. Und auch Computer, mit denen er sich bereits an der Schule befasst hat, gehören zum Inventar. Seine technische Ader machte er sich bereits während der Studienzeit zunutze: als zwar ungelernter, doch sehr begabter Maschinenschlosser in der Automobilindustrie, dem man schnell die Wartung komplizierter Maschinen anvertraute. Nach den Vorlesungen zog er sich regelmäßig den „Blaumann“ an, so kam er während der Semester finanziell über die Runden. Zum Theologiestudium in Eichstätt gehörten damals nicht nur Pflichtkenntnisse in den drei biblischen Sprachen Latein, Hebräisch und Altgriechisch („Die musste ich nachlernen“), sondern auch das Belegen von Physikvorlesungen. Werner Motzet beschäftigte sich unter anderem mit Heisenberg. „Ich fand heraus, dass es bei der Physik um eine Art definiertes System handelt, ähnlich wie in der Mathematik“, sagt Reportage | Ein Stück weit freies Radikal 5 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0098 er, „hinter den Grenzen des definierten Systems ist die Physik bei weitem nicht so stabil, wie wir denken.“ Heisenberg stellte mit seinem Unschärfeprinzip viel Sichergeglaubtes in Frage. Einer seiner Professoren war nicht nur Theologe, sondern auch angesehener Atomphysiker, ein Mann überdies mit absolutem Gehör für Musik und bemerkenswertem Zeichentalent („Er malte Nobelpreisträger, mit denen er befreundet war, aus dem Gedächtnis“). Für viele angehenden Theologen waren Physikvorlesungen Quälerei, für Werner Motzet dagegen reines Vergnügen. Gleiches galt für die Philosophie, besonders die Metaphysik, die für ihn direkt an die Grenzen der Physik anschließen. „Von der Philosophie profitiere ich bis heute“, sagt er, „ich hatte immer gehofft, dass das irgendwann etwas bringt.“ Werner Motzet befasste sich mit den theologischen Gedanken von Karl Rahner. Karl Rahner, erklärt er, hat vieles in der Theologie völlig neu gedacht. Rahner legte beispielsweise dar, dass man nichts über Jenseitiges sagen kann. Er könne nur sagen, dass da etwas jenseits ist- - mehr aber nicht. „Ich bin damals zu dem Schluss gekommen, dass dieser Theologe in seinen Büchern trotzdem etwas darüber gesagt hat“, sagt er. Werner Motzets Diplomarbeit zeigte, dass die meisten Arbeiten über Karl Rahner bislang diese radikal wirkenden Botschaften zwischen den Zeilen unbeachtet ließen. „Die Autoren hatten vielleicht Angst vor dem, was sie dort entdecken konnten“, meint Werner Motzet. Man bot ihm an, auch zu diesem Thema zu promovieren. Er lehnte ab. Er wollte etwas Praktisches machen. Auf den ersten Blick scheinen Theologie und IT kaum miteinander verwandt. Und doch gibt es Verbindungslinien. In der Theologie lernt man diszipliniert Logik. Dogmatik sei reine Logik, sagt Werner Motzet. Auch Sprache spielt eine wichtige Rolle. Jeder Theologe befasst sich tief mit Philosophie, und in der Philosophie gehört es zum Geschäft des Denkens, neue Begriffe zu schaffen und sauber zu definieren. Hinzu kommt etwas weitaus Bodenständigeres. Anfang der 1980er Jahre standen viele Theologen auf der Straße; es gab zu wenige Stellen in den Diözesen der katholischen Kirche. Viele suchten sich alternative Berufe, einige landeten in der Informatik. „Vor zehn oder fünfzehn Jahren noch bin ich Theologen begegnet, die zur IT gewechselt sind und auch IT-Häuser gegründet haben“, erklärt er. Einer seiner Kommilitonen sei direkt nach dem Studium von einem kommunalen Rechenzentrum abgeworben worden. Nach dem Studium kam Werner Motzet zu einer Gemeinde in Weißenburg („Dort lebe ich heute noch! “), eine alte bayerische Stadt, die um einen karolingischen Königshof entstand, im Laufe der Geschichte zur freien Reichsstadt erhoben wurde und heute Touristen mit einer weitgehend erhaltenen Stadtmauer und einem beeindruckenden Altstadtkern erfreut. Dort kam der soeben diplomierte Theologe mit Seelsorge in Berührung und all den praktischen Erfordernissen, die Gemeindearbeit mit sich bringt. Sein Vorgesetzter, der ein ähnliches Menschenbild hatte wie er, ließ den quirligen Assistenten seine Ideen ausprobieren, auch dann, wenn der eine oder andere in der Pfarrei daran Anstoß nahm. Regeln und Gesetze sind wichtig, sagte ihm der Vorgesetzte, doch letztlich gibt der Mensch, der einem gegenübersitzt, den Ausschlag. Im Einzelfall helfe das Gesetz da wenig. Daraus lernte Werner Motzet. Er begriff, wie wichtig gutes, vorurteilsfreies Zuhören ist („Auch dann, wenn man selbst so übervoll mit eigenen Gedanken ist“). Bei der Seelsorge verstand er, dass Zuhören weiterbringt, wenn man mit seinem Latein eigentlich am Ende ist. Seine Fähigkeit zum Zuhören half ihm Tätigkeiten in der Gemeinde zu übernehmen, die damals Nicht-Geweihten selten übertragen wurden. Daneben zog etwas Weiteres seine Aufmerksamkeit auf sich. In dem Pfarramt gab es viel Verwaltungsarbeit. Der zeitraubende Dienst am Schreibtisch hielt den Pfarrer vom Dienst am Nächsten ab. Beispielsweise musste er hunderte Spendenquittungen ausstellen zwischen Weihnachten und dem Dreikönigsfest, jede einzelne auf der Schreibmaschine. Werner Motzet entwickelte dafür an seinem Computer eine Softwarelösung, die die tagelange Plackerei an einem Abend nahezu automatisch erledigte. Dies sprach sich herum. Die Idee, Pfarrer und ehrenamtliche Helfer zu entlasten und ihnen mehr Seelsorge zu ermöglichen, faszinierte nicht nur Werner Motzet. Nur, dafür man musste man teils bejahrte Pfarrer und ehrenamtliche Helfer für die Arbeit am Computer gewinnen. „Ich hörte damals von Plänen einer Softwarelösung für Pfarrämter“, erzählt er, „man wollte die Vorgehensweise eines Automobilherstellers kopieren-- inklusive zweiwöchiger Schulung von Pfarrern und Helfern.“ Unmöglich, dachte er. Er stellte bei der Diözese Eichstädt ein einfacheres Konzept vor. „Ich hatte eine Fernwartung über Modem zugekauft“, sagt er, „wenn Pfarrer oder Mitarbeiter nicht weiterkamen, konnten wir ihnen damit gut helfen.“ Das konnte einen guten Teil der langwierigen Schulungen ersparen. Vor allem war dieses Konzept userfreundlicher, wie man es heute nennen würde. Es machte Lust, mit der Software zu arbeiten. Beispielsweise orientierte das System täglich die Pfarrer über anstehende Geburtstage in ihrer Gemeinde. „Das war für sie Grund genug, den Computer morgens zu starten“, sagt Werner Motzet, „die Aktualisierung der Geburtstagslisten war in vielen Pfarrämtern ein Schmerzpunkt.“ Später entwickelte er Lösungen für eine kirchenrechtskonforme Dokumentation von gestifteten Messen. „Alle haben mir gesagt, so etwas ist nicht möglich“, sagt er, „aber wenn alle sagen, etwas geht nicht-- dann hat dies für mich einen wunderbaren Reiz.“ Was soviel heißt wie: Geht nicht, gibt's nicht! III. Das radikale „Macht's einfach“ Solch eine hemdsärmelige Direktheit ist Werner Motzet bis heute zueigen. In der Bundesagentur für Arbeit stieß er eines Morgens-- er ist viel unterwegs in der Behörde-- auf eine Arbeitsgruppe des Teams VAM-VERBIS. Die Arbeitsgruppe hatte sich in einen Konferenzraum zurückgezogen und quälte sich seit geraumer Zeit mit root cause analysis, einer speziellen Technik für Problemlösung. In dem Raum waren die Wände mit Plänen zugehangen; gut zwölf Mitarbeiter arbeiteten an der Analyse. „In einer agilen Umgebung schadet die Analyse vielleicht nicht, aber sie hat auch keinerlei Nutzen“, erklärt Werner Motzet, „dies wusste ich damals schon aus meiner Zeit in der freien Wirtschaft.“ Doch das Team, allesamt systematisch ausgebildete IT-Spezialisten, wollte nicht recht davon lassen. Werner Motzet fragte in die Runde: Bringt Euch das was? Verdutzte Blicke. Frage zurück: „Wie meinst Du das? Ob Reportage | Ein Stück weit freies Radikal 6 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0098 das etwas bringt? “ Er wiederholte: „Bringt Euch root cause analysis etwas? “ Dann kühles Schweigen. Nach zehn Minuten hielt er, der Kommunikative, die Stille im Raum nicht mehr aus. Er ging. Beim Mittagessen setzten sich die IT-Leute zu ihm. Sie sagten ihm, er habe Recht. Root cause analysis sei für sie völlig nutzlos. Doch ob man darauf ohne Weiteres verzichten kann? Werner Motzet entgegnete: Macht's einfach! Macht's einfach, dies hat für Werner Motzet eine doppelte Bedeutung. Erstens, die Dinge nicht zu kompliziert machen; die Betonung liegt auf „einfach“. Zweitens, Dinge einfach ausprobieren-- mit Betonung auf Machen. Er sagt: Dinge einfach zu gestalten liegt im Kern von Agilität. „Man hat sich lange gefragt, weshalb so viele Projekte scheitern“, erklärt er, „dann kam jemand darauf zu fragen, was die wenigen erfolgreichen Projekte erfolgreich gemacht hat.“ Die Untersuchungen führten die Leistung immer wieder auf schlagkräftige Teams zurück, die zudem einfach vorgingen. Also zu prüfen, welche Prozesse man wirklich braucht- - und wie die Teams wendig werden können. Auf komplexe und dynamische Märkte reagieren Unternehmen häufig durch Komplexität. Sie erhöhen ihre eigene Komplexität (etwa durch komplexe Prozesse), oder sie reduzieren ihre Komplexität. Beides, so glaubt Werner Motzet, funktioniert nicht. Für ihn ist Komplexität nicht die richtige Antwort. Sondern? „Es ist besser, das Wort Komplexität durch Diversität zu ersetzen. Wir brauchen diverse Unternehmen und Firmen, um in komplexen Umfeldern zu navigieren.“ Im Grunde brauchen wir Menschen aus unterschiedlichen Disziplinen und mit unterschiedlichen Sichtweisen, Mentalitäten, Naturellen und persönlichen Hintergründen. „Da wird die Vielfalt der Komplexität durch eine Vielfalt der Individuen betrachtet“, sagt er. Darauf kommt es an bei Agilität: Auf die Vielfalt der Individuen. IV. Ein radikales Menschenbild „Ich habe einige Male den Vorwurf gehört, dass ich mehr von Individuen spreche als von Teams“, sagt Werner Motzet. Es gehe doch beim agilen Projektmanagement um das Team, hielt man ihm vor, wie könne er das Individuum so in den Vordergrund stellen? Ein guter Punkt. Doch dem hat Werner Motzet etwas entgegenzusetzen: Diversität hängt immer mit Individuen zusammen. Erst Individuen machen ein Team divers, und ohne Individuen kein diverses Team. „Sogar im agilen Manifest spricht man ausdrücklich von Individuen“, sagt Werner Motzet. Dort heißt es klar: Eine Gruppe von Individuen macht gute IT-Architektur und Software. Natürlich müssen Individuen im Team gut kooperieren und dabei persönliche Kompromisse schließen. „Hat aber das Individuum im Team keinen Stand, wird es nicht wertgeschätzt und in seiner Entwicklung gefördert- - dann kann man kaum gute Teams bilden“, sagt er. So weit, so gut. Aber dies ist nicht der einzige Grund, weshalb Werner Motzet das Individuum ins Zentrum stellt, wenn er über Agilität, New Work und dergleichen spricht. Dahinter steht auch sein christlich geprägtes Menschenbild. „Bei allem Interesse an Technik und Projektmanagement, Religion spielt bis heute eine große Rolle für mich“, sagt er. Alle Menschen sind für ihn gleichwertig, und in jedem Menschen, wirklich in jedem, begegnet Werner Motzet Gott. „Jeder Mensch ist tatsächlich anders und in seinem Anderssein wertvoll. Es gibt keine zwei identischen Menschen auf der Welt, da liegt der Reichtum für uns. Das ist etwas, was wir von Jesus gelernt haben.“ Dies erklärt ein Stück weit, weshalb Werner Motzet vom Individuum so fasziniert ist. Er sagt: „Wie ich mit Menschen umgehe, hat auch damit zu tun, wie ich zu Gott stehe.“ Aus diesem Menschenbild leitet er Verantwortung für den Menschen ab, sein Engagement für Soziales, auch seine persönliche Mission, die Welt ein Stückchen besser zu machen. Einige haben versucht, Werner Motzet aus der Reserve zu locken: Wie er denn mit Low-Performern umgeht? Er antwortete darauf mit der ihm eigenen Radikalität: Er kennt keine Low-Performer. Er kennt nur Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten. Die Teams, mit denen er arbeiten darf, sind damit glücklich: Sie haben auch Menschen, die einfache Arbeiten übernehmen und so beispielsweise Entwickler entlasten. Damit ist allen gedient. Dies ist gelebte Diversität. Ein letzter Versuch des Widerspruchs: Menschen können im Projektleben recht unleidlich sein. Jeder kennt die Nörgler und Kritiker im Projekt, Teammitglieder, die immer wissen, weshalb eine Idee, ein Plan, eine Lösung nicht funktionieren wird. Oder Stakeholder, die nichts besseres zu tun haben, als das Projekt einem andauernden Störfeuer auszusetzen. Ob diese Leute ihm nicht schlichtweg mal auf die Nerven gehen? „Nein! Diese Leute haben mich als Projektleiter besonders interessiert“, sagt Werner Motzet, „ich habe sie erfolgreich im Risikomanagement genutzt. Für mich waren sie eine große Hilfe, die ich quasi kostenlos bekommen habe.“ Er hört den vermeintlichen Nörglern zu. Er bittet sie, mehr über ihre Bedenken mitzuteilen. Er lässt sie Pläne schmieden, wie sich diese Risiken aus ihrer Sicht umgehen lassen. „Ich habe nie verstanden, weshalb diese Menschen so negativ gesehen werden“, sagt er, „der Mensch ist ein so großartiges Kunstwerk, so bunt und vielfältig-- wir müssen sein jeweiliges Potenzial nur nutzen wollen! “ V. Radikal dem Menschen zugewandt Ein „freies Radikal“ wie Werner Motzet findet nicht überall Zuspruch. Bis zur Jahrtausendwende arbeitete er als IT-Projektleiter für die Kirche. Aus kleinen IT-Projekten für Pfarreien entwickelten sich mit der Zeit Komplett-Lösungen, die ganz Bayern abdeckten und bis heute anstandslos laufen. Dann kam es zum Bruch. „Ich bin damals immer mehr angeeckt, weil ich sehr frei gearbeitet habe“, sagt er, „dies gefiel nicht jedem in der strengen Kirchenhierarchie.“ Zudem bekam verwaltendes Management ein zunehmendes Gewicht bei der täglichen Arbeit- - und weckte wieder die Sehnsucht nach Seelsorge und Nähe zum Menschen. „Ich wollte zurück in die Pfarre.“ Die Kirche wollte ihn nicht zurückkehren lassen, und sie verlor ihn ganz. Werner Motzet ging in die freie Wirtschaft. Für ein Ingenieurbüro baute er eine IT-Lösung für Wissensmanagement auf und machte rund eintausend Mitarbeitern Lust, dieses System rege zu nutzen. Seine nächste Station war ein Hersteller für Medizintechnik. Er war nicht mehr der Reportage | Ein Stück weit freies Radikal 7 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0098 Jüngste, er schraubte seine Erwartungen herunter und bewarb sich als Requirement-Engineer. Während des Vorstellungsgesprächs kam man auf ein IT-Problem zu sprechen; er erklärte ihnen, wie es sich lösen ließ. Das Unternehmen verpflichtete ihn als Software Koordinator. Er arbeitete erfolgreich und kooperierte mit Texanern, die Freude an seinem bayerisch eingefärbten Englisch haben. Dann kam er in den Strudel von Stellenabbau. „Wir mussten Menschen entlassen“, sagt er. Vielleicht hätte er selbst bleiben dürfen. Er wollte aber nicht. In diesem Moment entdeckte die Stellenanzeige der Bundesagentur für Arbeit. Nicht nur die Stelle war nach seinem Geschmack, sondern auch die Bundesagentur. Sie eröffnet, sagt er, Menschen berufliche Perspektiven und denkt auch das Thema Arbeit neu. Das Schlagwort „New Work“ hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Buzzword entwickelt. „New Work“, das ist vermeintlich selbstbestimmtes und freies Arbeiten im Team. Indes, das Schlagwort ist alles andere als eine Geburt des 21. Jahrhunderts. Es kam bereits in den 1980er Jahren auf; der Sozialphilosoph Frithjof Bergmann prägte es. Eine Idee bei New Work war, den Menschen neue Räume und Perspektiven zu geben. Manche radikalen Konzepte empfahlen, dass der Mensch in der einen Hälfte seiner Arbeitszeit arbeitet, in der anderen lernt und sich beruflich weiterentwickelt. „Für mich heißt New Work, dass Menschen öfter als einmal im Leben über ihre Berufsentscheidung nachdenken“, sagt Werner Motzet, „der Urheber von New Work hat sinngemäß einmal gesagt: Geht raus und findet heraus, was Euch liegt und was Ihr gut könnt. Weshalb soll sich beispielsweise ein IT-Spezialist nicht zum agilen Coach ausbilden lassen oder in Richtung Organisationsentwicklung fortbilden? “ Und dann: „Am liebsten würde ich den Begriff Karriere durch individuelle Entwicklung verändern! “ Eine Entwicklungschance, auf die Menschen-- ohne Zwang-- neugierig sind und die sie mit Lust ergreifen wollen. „Viele Menschen fühlen sich ja entfremdet von ihrer Arbeit“, sagt Werner Motzet, „sie sehen sich als ein kleines Rädchen im Getriebe von Prozessen.“ Die agile Arbeitsweise wirke dieser Entfremdung entgegen. Agiles Arbeiten löse die Entfremdung auf. Sie stelle für die Mitarbeiter wieder einen Bezug zum Produkt her. „Wir können dem Menschen helfen, wieder Lust auf produktive Arbeit zu entwickeln, sich weiterzuentwickeln und als Individuum zu entfalten“, sagt er. Genau zu dem Individuum, das Unternehmen brauchen, um der wachsenden Komplexität durch diverse Teams zu begegnen. Da schließt sich der Kreis. Im praktischen Leben braucht man für all dies aber Freiräume. Freiräume für Mitarbeiter. Solche Freiräume zu geben kostet Kraft. Das Systemhaus der Bundesagentur für Arbeit liegt in einem Nürnberger Büropark. Die IT-Leute der Agentur begegnen Kollegen etwa von Banken und Versicherungen. „Da werden auch Stellen gewechselt“, sagt Werner Motzet. Er habe mit Führungskräften der Agentur lange diesen Punkt diskutiert. Sie wollten die Mitarbeiter, nachdem die Agentur lange in ihre Ausbildung mitinvestiert hat, nicht ohne Weiteres ziehen lassen. Doch er empfahl ihnen: „Geben wir unseren Mitarbeitern doch den Raum, auch einmal Neues zu lernen und anderes zu probieren. Freuen wir uns doch, wenn sie Chancen finden und sich weiterentwickeln.“ Und wenn sie Lust haben, können sie wieder zurückkommen. „Nicht alle kamen zurück“, sagt Werner Motzet, „aber manche.“ Die, die zurückkamen, hieß man willkommen. Für die anderen freut man sich. Eingangsabbildung: © iStock.com / Burhanuddin Helmi Werner Motzet Zur Person: Werner Motzet ist seit 2015 als „Katalysator” und Coach beim IT-Systemhaus der Bundesagentur für Arbeit tätig. Seit 2015 erlebt er das Spannungsfeld von klassischer und agiler Arbeitsweise in einem agilen Framework mit knapp 200 Kollegen und seit 2017 unterstützt er zusätzlich bereichsübergreifend bei der Transformation und im Handlungsfeld „Kultur und Führung”. Er startete seine berufliche Laufbahn in der Seelsorge und wechselte dann als Projektleiter in die Software-Entwicklung für kirchliche Einrichtungen. Ab 2000 leitete er die Entwicklung eines Wissensmanagementsystems für einen mittelständischen Ingenieurdienstleister und im Anschluss wirkte er als Koordinator in der Entwicklung von Medizingeräten bei einem amerikanischen Unternehmen. Darüber hinaus ist er im Forschungsbeirat der GPM und in der Initiative „Selbstorganisationsführerschein“ des Konzernaustausch Selbstorganisation aktiv. Reportage | Ein Stück weit freies Radikal 8 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0098 Im Interview mit Dr. Markus Schmitz, CIO der Bundesagentur für Arbeit Die „Übersetzungsarbeit“ des Top-Managements Steffen Scheurer, Oliver Steeger Agile Arbeitsweisen in Behörden? Die Bundesagentur für Arbeit zeigt, wie es geht-- seit Jahren schon! Mit einem essenziellen Softwareprojekt startete die Agentur in die agile Transition. Seither arbeiten nicht nur Teams agil, sondern auch die Linie. Wir sprachen mit Dr. Markus Schmitz, CIO der Bundesagentur für Arbeit. Im Interview erklärt er, weshalb agile Arbeitsweisen für die Agentur heute unverzichtbar sind, wie sie seine Führung verändern-- und weshalb er „Übersetzungsaufgaben“ in der Führungsspitze wahrnimmt. Herr Dr. Schmitz, viele denken, dass Behörden und agiles Arbeiten kaum zusammenpassen. Die Bundesagentur für Arbeit, die größte Behörde Deutschlands, beweist das Gegenteil. Ihre IT-Organisation arbeitet vielfach agil-- sowohl in Projekten als auch in der Linie. Bereits vor Jahren haben Sie die agile Transition gestartet. Was gab den Ausschlag dafür? Wir haben vor gut fünfzehn Jahren eine Software namens VAM VERBIS entwickelt. Dabei handelt es sich um einen virtuellen Arbeitsmarkt. Europaweit einzigartig war, dass sowohl unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch unsere Kunden auf diese Plattform zugreifen. Dieses Projekt haben wir klassisch gestartet, ganz nach dem damals üblichen Wasserfallprinzip. Doch das Vorhaben war mit hunderten von Anforderungen und Funktionalitäten überlastet. Kurz, wir waren damals nahe dran, dieses für uns essenzielle Projekt gegen die Wand zu fahren. Erst durch den allmählichen Einsatz agiler Vorgehensweise haben wir den Turnaround geschafft und dieses Projekt gerettet. Heute arbeiten wir weiter daran, auch weiterhin agil-- in der Linie. Dieses Projekt war gewissermaßen der Nukleus für die agile Transition Ihrer Behörde? Genau gesagt, des IT-Bereichs der Bundesagentur. Hier arbeiten wir mit einem Projektvolumen von jährlich rund 160 Millionen an Softwarelösungen und Online-Plattformen für die Bundesagentur. Wir haben festgestellt, dass sich unser Markt immer schneller entwickelt. Auch die Gesellschaft unterliegt hoher Dynamik. Die Covid-19-Pandemie zeigt dies ja soeben. Die Geschwindigkeit, die „Drehzahl“ unserer Projekte ist mittlerweile so hoch, dass die klassische Vorgehensweise nach dem Wasserfallprinzip riskanter ist als agile Arbeitsweisen. Nochmals zu dem Projekt virtueller Arbeitsmarkt. Wo lag die Herausforderung bei dem VAM-VERBIS- Projekt? Auf der einen Seite bildet VAM VERBIS ein Fachverfahren für die Kolleginnen und Kollegen der Agentur ab. Auf der anderen Seite nutzen Bürgerinnen und Bürger dieses System. Wir haben zwei grundverschiedene Kundengruppen. Das System hat gewissermaßen zwei Seiten. Wie dürfen wir das verstehen? Eine Fachseite für unsere Mitarbeiter und eine für Bürger. Wir mussten also ein System entwickeln, dass sowohl als Expertensystem taugt als auch für unsere externen Kunden verständlich ist. Ein weiteres Beispiel: Wir haben unlängst unser Portal arbeitsagentur.de überarbeitet. Vor einigen Jahren war dieses Portal alles andere als bürgerfreundlich. Nur wer die Struktur und Arbeitsweise der Bundesagentur verstand, der konnte sich dort zurechtfinden. Interview Die „Übersetzungsarbeit“ des Top-Managements DOI 10.2357/ PM-2020-0116 31. Jahrgang · 05/ 2020 9 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0116 Sie war an der Lebenswelt und Denkweise der Bürger vorbei entwickelt? Ja, das war ein Problem. Für dieses Projekt haben wir von der agilen Vorgehensweise beim virtuellen Arbeitsmarkt gelernt. Wir haben enge Verbindung zu Nutzergruppen gesucht. Wir wollten von ihnen lernen. Beispielsweise haben wir mit Bürgern in einem Nürnberger ”Testcafè” Customer Journeys entwickelt. Was hat dies bewirkt? Gehen Sie nicht mehr von Verwaltungsabläufen und Aktenzeichen aus? Nein, wir rücken Lebenslagen der Bürger ins Zentrum, also persönliche Situationen, in denen Bürger Informationen auf der Seite suchen. Zum Beispiel: Ein Nutzer beendet die Schule und will eine Ausbildung machen. Ein anderer Nutzer ist arbeitslos geworden und will Leistungen beziehen. Ein solcher Ansatz erfordert ein hohes Maß an interdisziplinärem Denken. Ein weiteres Beispiel dafür ist unser Webangebot zum Thema Kindergeld. Kindergeld? Ist dies eine Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit? Ja, die Bearbeitung von Kindergeldanträgen ist bei uns angesiedelt. Das wissen nur wenige. Das alte Informationsangebot hatte eine Nutzungsrate von einem Prozent. Diese Seiten haben wir vor einiger Zeit gründlich überarbeitet-- und zwar interdisziplinär. Nach der klassischen Vorgehensweise hätten wir die Antragsstrecke der Agentur abgebildet, also den Prozess. Damit erreicht man wohl kaum jemanden. Was die Frage aufwirft: Wie erreicht man wirklich die Menschen? Genau das wollten wir wissen. Meine Mitarbeiter sind komplett neu gestartet. Sie sind beispielsweise in Geburtskliniken gegangen. Sie haben mit Menschen gesprochen, die soeben Eltern geworden sind. Dadurch bildet die Seite heute die Lebenswirklichkeit der Nutzer ab. Unser neues Angebot hat derzeit eine Nutzungsquote von 25 bis 30 Prozent. Uns interessiert Ihre agile Transition. In Ihrer Behörde sind rund 100.000 Menschen beschäftigt. Allein im Bereich Software investieren Sie ein jährliches Projektbudget von 160 bis 170 Millionen Euro. Trotz der Größe haben Sie die agilen Arbeitsweisen erfolgreich eingeführt. Welche Erfolgsfaktoren spielen dabei eine Rolle? Wichtig sind die erwähnten interdisziplinären Teams, etwa aus der IT und Fachbereichen, die beispielsweise rechtliche Fragen im Blick haben. In puncto interdisziplinäre Teams sind Behörden häufig keine Vorbilder-… Das ist häufig so, ja. Die Bereiche sind oft abgeschottet. Die Bildung interdisziplinärer Teams ist eine Herausforderung. Es gibt dabei noch eine zweite Herausforderung. Das ist der permanente Fokus auf Kunden. Es ist leicht gesagt, dass man vom Kunden her denkt. Wir haben ja auch für unsere IT-Organisation den klaren Auftrag, vom Kunden her zu denken. Diesen Anspruch dann aber wirklich umzusetzen- - das ist schwierig. Wir betrachten ja nicht nur den Bürger als unseren Kunden, sondern auch unsere Mitarbeiter, die unsere Software nutzen. Was macht dieses Denken vom Kunden her so schwierig? Für dieses Denken braucht man mehr als nur neue Methoden. Dafür ist ein Mentalitätswechsel erforderlich. Die Arbeitsweise ändert sich grundlegend. Mitarbeiter bekommen mehr Freiheit und Verantwortung. Vieles entscheiden sie selbst. Das heißt aber nicht, dass man beliebig arbeitet. Beispielsweise müssen Backlogs konsequent geführt werden. Diese Mischung aus Freiheit, Selbstverantwortung und Orientierung an agilen Regeln fällt nicht jedem leicht. Die neue Arbeitsweise üben wir seit vielen Jahren, und wir sind, denke ich, gut vorangekommen. Sprechen wir bitte über Sie als Führungskraft. Agiles Arbeiten verändert stark die Führung. Es stellt klassische Führungsgrundsätze in Frage. Wie erleben Sie selbst diese agile Transition Ihrer Organisation? Die agile Transition ist kein Selbstläufer. Sie muss von Führungskräften angestoßen und dann auch gestaltet werden. Wir haben uns auf diesen Wandel gründlich vorbereitet mit einer agilen Strategieklausur im Führungsteam. Wir haben Agilität von allen Seiten aus betrachtet, also Experten gehört und agil arbeitende Unternehmen besucht. Wir wollten nicht das agile Manifest für unsere Organisation quasi abschreiben. Wir wollten unseren eigenen Weg finden. Weshalb einen eigenen Weg? Da geht es auch um Authentizität und Glaubwürdigkeit. Die Mitarbeiter sollten uns unsere Pläne abnehmen und glauben. Deshalb haben wir die Transition gemeinsam mit unseren Mitarbeitern gestaltet und uns intensiv ausgetauscht, etwa zu Kunden, Visionen, Werten oder Arbeitsweisen. Anschließend habe ich mit meinem Führungskreis jeden unserer 12 Standorte in Nürnberg besucht, das Konzept erklärt und an Beispielen erläutert. Die klassische Roadshow? Ja. Wichtig ist darüber hinaus ein Qualifizierungsprogramm für agiles Arbeiten, das sich an verschiedene Fachbereiche und IT-Bereiche richtet. Da kann sich jeder mit den Werkzeugen und dem Mindset vertraut machen. Noch ein weiterer Punkt: Wir haben agile Coaches. Dafür konnten wir wirklich hervorragende Leute gewinnen. Sie tragen dazu bei, die agilen Prinzipien und vor allem das Mindset in der Organisation zu verankern. Das Thema Mindset interessiert uns näher. Agilisierung bedeutet, dass Führungskräfte den Projekten und Teams Freiheit ermöglichen und Verantwortung an sie abgeben-… Das ist richtig, und es ist nicht ganz einfach. Als Führungskräfte sind wir ja letztlich dafür verantwortlich, dass Ziele erreicht und Ergebnisse erbracht werden. Früher haben Führungskräfte die Arbeiten beispielsweise durch Lastenhefte gesteuert. Da wurde dann abgehakt, ob ein Ziel erreicht wurde. Bei agilen Projekten sieht dies anders aus. Für die kreative Ausgestaltung der Projekte sind allein die Teams zuständig. Sie entwickeln selbstverantwortlich die Features der Soft- Interview | Die „Übersetzungsarbeit“ des Top-Managements 10 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0116 ware. Anfangs wissen Führungskräfte wenig über die konkreten Details, die am Ende des Projekts stehen. Ich gebe also einen Vertrauensvorschuss. Man muss den Teams vertrauen, dass sie den Projektauftrag gut umsetzen. Im agilen Projektmanagement wird Scheitern als Lernchance gesehen. „Fail fast“, heißt es. Dann aber stehen die Führungskräfte nach außen hin für dieses Scheitern gerade. In der Politik oder Gremien geben Sie Rechenschaft für Projekte ab- - über die Sie am Ende kaum Kontrolle haben. Wie gehen Sie damit um? Kommt ein Projekt in Schwierigkeiten, dann bin ich häufig zu Gast in Gremien. Und man kann etwa im Verwaltungsrat nicht einfach sagen: Tja, das ist halt ein agiles Projekt…! Darauf wollten wir hinaus-… Natürlich haben wir in unserer Organisation einige Haltelinien. Projektbüros und Controller stehen den Projekten zur Seite. Sie haben grundlegende Aspekte wie Termine, Ziel und Budget im Blick. Wir investieren ja Mittel aus Beiträgen und Steuern. Wir müssen die Wirtschaftlichkeit von Projekten darlegen. Aber im Kern handelt es sich für Führungskräfte um einen Balanceakt. Ich muss natürlich meine Führungsrolle wahrnehmen und ausfüllen. Das steht außer Zweifel. Ich verstehe mich nicht als Helikopter-Führungskraft, die morgens beim Team landet und ihm sagt, wo es langgeht heute. Ich sehe mich eher in einer Rolle des Coachs. Zum einen: In agilen Projekten gibt es häufig keine klare Trennung zwischen “richtig” und ”falsch”. Das muss ich als Führungskraft anerkennen. Zum anderen: Übersieht man als Führungskraft mehrere Dutzend Projekte gleichzeitig, wäre es vermessen zu sagen, dass man das Richtige weiß- - oder es zumindest auch nur besser weiß als der Projektleiter. Was heißt dies konkret? Wir haben hier neue Formate eingeführt, Dialogformate für Führungskräfte und Teams. Eines davon ist das ”Stage-Gate”. Ich besuche Projekte. Diese Besuche sind völlig losgelöst von Lenkungsausschüssen und regelmäßigen Berichten. Auf einem Stage-Gate stellen mir Teams ihre Arbeit vor- - und zwar nicht als Power-Point-Präsentation, sondern mit greifbaren Zwischenergebnissen, etwa Prototypen oder ersten Features. Ich sage: Wenn ich Verantwortung abgebe, will ich auch regelmäßig sehen, wo meine Teams stehen, wo und wie sie ihre Prioritäten setzen, wie sie denken und wie sie arbeiten. Neben dem Stage-Gate gibt es ein zweites Format, nämlich der Projekttag. Jedes Team hat eine Viertelstunde Zeit, mit mir eine Art Health Check des Projekts zu machen. Das ist ein anstrengender Tag; ich habe einen Termin nach dem anderen von morgens bis abends. Bei Stage-Gates oder bei Health Checks bekomme ich ein gutes Gefühl dafür, wo die Projekte stehen und wie sie unterwegs sind. Nach diesen Veranstaltungen könnte ich keinen Detailbericht über die Projekte schreiben. Aber ich sehe, wie die Teams unterwegs sind und wo ich unterstützen muss. Man merkt, was man einer Organisation zutrauen kann… Mitarbeiter dürfen Ihr Vertrauen erwarten. Was erwarten Sie dagegen von Ihren Mitarbeitern? Ich gebe Vertrauen und stelle dafür Entscheidungsspielräume bereit. Ich erwarte natürlich Kreativität und Eigenverantwortung. Vor allem erwarte ich Wahrhaftigkeit insofern, dass Mitarbeiter Probleme rechtzeitig und transparent nach draußen geben, sodass ich reagieren kann. Das ist das Spannungsfeld im Führungsalltag: Man bewegt sich zwischen Vertrauen und Wahrhaftigkeit. Manchmal ertappe ich mich selbstkritisch dabei, dass mir das Geben von Vertrauensvorschuss schwerfällt-- vor allem dann, wenn hinter dem Projekt große Interessen stehen. Dafür braucht man den Mut, von dem ich vorhin sprach. Vorhin sagte Sie, dass Sie sich auch in der Rolle eines Coachs sehen. Wie dürfen wir uns dies genau vorstellen? Bei meiner Führung handelt es sich vielfach um wechselseitiges Coaching und gemeinsame Reflexion. Ich bringe beispielsweise Wissen aus anderen Projekten mit. Ich kann sagen, wie ein anderes Projekt eine ähnliche Herausforderung gemeistert hat. Dann sieht man, ob dieser Impuls hilfreich ist und wie er fruchtbar gemacht werden kann. Bei alledem muss ich darauf achten, dass ich keine versteckten Steuerungsimpulse gebe. Ich gebe nicht vor, wie das Team etwas zu bauen oder bei einer Fachfrage vorzugehen hat. Es geht eher um die Frage, ob im Projekt alles bedacht worden ist. Die Teams können dabei erwarten, dass ich gute Ideen unterstütze, dass ich neugierig bin und sogar den Spieltrieb teile, den viele Entwickler haben. Ihre Mitarbeiter bekommen Feedback nicht nur von Ihnen, sondern auch von Nutzern. Sie pflegen Nutzergruppen aus ganz Deutschland, die Sie virtuell zuschalten und die immer wieder auf Zwischenergebnisse schauen. Richtig! Auf diese Weise profitieren wir von sehr verschiedenen Perspektiven. Das Team muss sich dann natürlich mit diesem Feedback auseinandersetzen. Feedback annehmen und umsetzen ist nicht jedem in die Wiege gelegt. Wie bereiten Sie Ihre Mitarbeiter auf dieses Arbeiten mit Feedback vor? Ich denke, dass der Appetit mit dem Essen kommt. Anfangs waren einige Mitarbeiter nach der Nutzerkritik gekränkt. Das hat sich verändert. Wer eine Customer Journey entwickelt, braucht schon eine bestimmte Offenheit im Kopf. Man muss akzeptieren, dass man noch nicht genau die Lösung kennt und Feedback braucht. Insofern verstehen viele meiner Teams, dass zum funktionierenden agilen Projektmanagement diese Rückmeldung gehört. Häufig wird Feedback auch nicht mehr als Kritik gesehen, sondern als wertvoller Beitrag. Das Feedback scheint heute vielen Teams willkommen zu sein, und manche Feedbackgruppen und Entwickler wachsen richtig zusammen. Da entsteht stellenweise eine beeindruckende Vertrautheit im Sinne von Teamgeist. Diese Teams sind zur Überzeugung gekommen, dass durch den Dialog ein besseres Produkt entsteht. Interview | Die „Übersetzungsarbeit“ des Top-Managements 11 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0116 Das agile Mindset ist für viele Menschen eine Befreiung. Sie können selbstverantwortlich und kreativ im Team arbeiten. Andere aber empfinden eben dies als Bürde. Ist dies Ihrer Erfahrung nach eine Frage des Alters? Nein, überhaupt nicht. Wir habe viele langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wirklich modern denken und völlig offen sind gegenüber Agilität. Im Grunde handelt es sich dabei wahrscheinlich um eine Frage der persönlichen Haltung-- also damit, wie jemand gestrickt ist. Unsere Organisation ist groß genug, um Menschen, die sich mit Agilität nicht wohlfühlen, einen Platz anzubieten. Niemand wird bei uns in Rollen hineingezwängt, die er nicht ausfüllen will oder kann. Aber, wie Sie eben sagten, für viele ist Agilität auch eine Befreiung. Ich finde es wichtig, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier an einem für sie erfüllenden und sinnstiftenden Thema arbeiten können. Inwiefern sinnstiftend? Bei der Bundesagentur wollen wir ja Menschen und Arbeit zusammenbringen. Wir wollen Existenzen sichern. Das ist eine wirklich beeindruckende Aufgabe-- zumal wir diesen Beitrag digital leisten. Hier entstehen attraktive Lösungen beispielsweise für Familien mit Kindern oder für Arbeitslose. Wir helfen Menschen, Probleme zu lösen und Chancen zu ergreifen. Erwerbsbiografien verändern sich derzeit sehr stark. Sie sind nicht mehr so kontinuierlich wie vor 40 Jahren. Menschen müssen oder wollen sich beruflich umorientieren. Wir helfen ihnen mit Online-Angeboten, sich zu orientieren und über ihre Potenziale klar zu werden. Wir wollen auch, dass sie ihre Talente beruflich besser nutzen. Im Augenblick arbeiten wir an einer Plattform für Self-Assessment. Durch psychologisch normierte Testverfahren werden Nutzer künftig Ihre Stärken besser kennenlernen und erkennen, wie es für sie beruflich weitergehen kann. Als Führungskraft ist es auch meine Aufgabe, unseren Teams diesen gesellschaftlichen Nutzen unserer Arbeit zurückzuspielen und zu übersetzen. Wie wichtig sind solche Übersetzungsaufgaben für Sie als Führungskraft? Sehr wichtig! Ich übersetze in verschiedene Richtungen. Ich übersetze politische Aufträge in meine Organisation hinein. Meine Kollegen arbeiten sich tief in ihre Themen ein. Manchmal sehen sie den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Meine Aufgabe ist dann, den Sinn hinter dem politischen Auftrag zu verdeutlichen: Es geht um den Nutzen für den Bürger. Das ist der Grund, weshalb wir agil arbeiten und täglich unseren Job machen. Darüber hinaus übersetze ich die agile Arbeitsweise auch in Richtung Politik und Gremien. Wie schwierig ist es die agile Arbeitsweise für Dritte zu übersetzen? Vielleicht weniger schwierig als man zunächst annimmt. Politiker wollen ja Bürger beteiligen und bürgernahe Angebote schaffen. Im Prinzip haben wir alle damit die gleichen Ziele. Erklärt man unter diesem Gesichtspunkt das agile Projektmanagement, so erreicht man schnell Verständnis und Zustimmung. Ein Beispiel dazu: Kürzlich hat man ein Gesetz auf den Weg gebracht, dass die Meldung von Arbeitslosigkeit online ermöglichen soll-- inklusive einer Online-Terminvereinbarung und einer Online-Beratung. Daraus soll eine gute, bürgernahe Lösung entstehen. Dafür ist die agile Vorgehensweise besser geeignet als ein Behördenprozess… …-auch wenn die Freiräume für Teams revolutionär für eine Behörde sind? Man muss das nur richtig übersetzen. Es gibt keinen Widerspruch zwischen dem Auftrag und der agilen Vorgehensweise. Wir ziehen alle an einem Strang! Eingangsabbildung: © iStock.com / piranka Dr. Markus Schmitz Dr. Markus Schmitz ist seit 2016 CIO, Generalbevollmächtigter und Geschäftsführer Informationstechnologie und Digitale Prozesse der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit. Er studierte Sozialwissenschaften und Geschichte in Münster, Oxford, Bern und Bonn. Nach seiner Promotion war er als Unternehmensberater im Bereich Telekommunikation, Human Resources und dem Öffentlichen Sektor beruflich aktiv. Seit 2005 ist Dr. Markus Schmitz bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigt und verantwortete im Rahmen der sogenannten Hartz-Reformen mehrere Großprojekte. Er war Geschäftsführer der Zentrale für die Produktentwicklung der Grundsicherung und später Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit. Foto: Stefan Brending Interview | Die „Übersetzungsarbeit“ des Top-Managements 12 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0116 Das Beispiel Hamburg Port Authority AöR Ein erfolgreicher Weg von der Linie zur flexiblen Projektorganisation im öffentlichen Sektor Felix Scholz, Heike Kratt Für eilige Leser | Um den immer komplexer werdenden Projekten und Umfeldanforderungen gerecht zu werden, hat die Hamburg Port Authority als Anstalt öffentlichen Rechts für die Realisierung öffentlicher Bauprojekte im Hamburger Hafen den Weg von einer klassischen Linienorganisation in eine flexible Projektorganisation eingeschlagen. Wie dies nachhaltig gelungen ist, welche Herausforderungen es gab und ob dieser Weg auf andere Verwaltungseinheiten übertragbar ist, davon berichtet dieser Artikel. Schlagwörter | Hamburg Port Authority, HPA, Good Practice, PMO, PMH, Digitalisierung, Tools Projekte machen Zukunft: Gestaltungssouveränität der öffentlichen Verwaltung Das Aktionsprogramm „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“, das 2017 von der GPM initiiert und an die Bundesregierung übergeben wurde, ist das Ergebnis eines jahrelangen Dialogs zwischen der GPM und der öffentlichen Verwaltung. Es beinhaltet Empfehlungen aus der Verwaltung an die Verwaltung. Diese Empfehlungen ergeben eine Roadmap, wie projektorientiertere Rahmenbedingungen in der öffentlichen Verwaltung geschaffen und verbessert werden können, um die zunehmend komplexer werdenden Anforderungen an Politik und Verwaltung besser bewältigen und Lösungen erfolgreich in Projekten umsetzen zu können. Seit 2018 wird das Programm von einem Beirat begleitet. In diesem Beirat engagieren sich hochrangige Vertreterinnen und Vertreter von Bundesministerien, Bundesbehörden, Ländern und Kommunen. Den Vorsitz hat am 1.7.2020 der Präsident des Bundesverwaltungsamtes, Christoph Verenkotte, übernommen. Dieser Schritt markiert einen wichtigen Meilenstein für das Programm. Er zeigt, dass die öffentliche Verwaltung bereit ist, mehr Verantwortung für das Aktionsprogramm zu übernehmen und es aktiv weiterzuentwickeln. Prof. Helmut Klausing, Präsident der GPM, ist stellvertretender Beiratsvorsitzender. Den Beirat eint das Interesse daran, die Gestaltungskompetenz und damit auch die Gestaltungssouveränität der öffentlichen Verwaltung durch professionelles Projektmanagement zu erhöhen. Deutschland soll zu einem Land der gelingenden öffentlichen Projekte werden. Der Fokus liegt dabei nicht auf einem rein prozessorientierten Ansatz von Projektmanagement. Die Grunderkenntnis der Empfehlungen ist die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Herangehensweise, die die Projektorientierung auf allen Ebenen erhöht. Good Practice Hamburg Port Authority AöR: Eine gelungene, ganzheitliche Einführung einer Projektorganisation Ein wichtiges Anliegen der GPM im Rahmen des Aktionsprogramms ist es, positive Beispiele aus der Verwaltung oder behördenähnlichen Organisationen vorzustellen und bekannt zu machen. Schlagzeilen machen allzu häufig nur die öffentlichen Programme und Projekte, die nicht gelingen. Beispiele, die Mut machen und die Kompetenz der Verwaltung belegen, Wissen Ein erfolgreicher Weg von der Linie zur flexiblen Projektorganisation DOI 10.2357/ PM-2020-0099 31. Jahrgang · 05/ 2020 13 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0099 erfolgreich Projekte durchführen zu können, sind kaum öffentlich sichtbar. Damit entfalten sie auch oft nicht ihr Potenzial, innerhalb der Verwaltung als Beispiele zu wirken, aus denen man lernen kann. Auch dazu will das Aktionsprogramm einen Beitrag durch aktive Vernetzung leisten. In diesem Artikel wird beispielhaft für eine gelungene, ganzheitliche Einführung einer Projektorientierung in eine behördenähnliche Struktur, das Vorgehen innerhalb der Technical Division Engineering & Construction (TDEC) der Hamburg Port Authority AöR (HPA) vorgestellt. Dabei stehen folgende Fragen im Mittelpunkt der Betrachtung: - Warum setzt die HPA in ihrer technischen Sparte Engineering & Construction nicht auf eine typische Linienorganisation, sondern auf eine projektorientierte Organisation? - Was genau kennzeichnet die projektorientierte Organisation? Ist sie ein ganzheitlicher Ansatz und wenn ja, woran zeigt sich das? Welche Rolle spielt das Kompetenzmodell der IPMA? - Wie ist diese Entwicklung gelungen? Welchen Herausforderungen ist dabei wie begegnet worden? Welche Lessons Learned lassen sich daraus ableiten? - Was ist heute der Stand der Entwicklung und welcher konkrete Nutzen lässt sich daraus für die HPA und insbesondere für die Führungsebene der HPA ableiten? - Sind die Erfahrungen der HPA für andere Verwaltungseinheiten nutzbar und wenn ja, welche und wie? Die HPA stellt sich vor Die HPA betreibt ein zukunftsorientiertes Hafenmanagement aus einer Hand. Mit rund 1.900 Beschäftigten realisiert die HPA Infrastrukturprojekte und ist verantwortlich für die wasser- und landseitige Infrastruktur, die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs, die Hafenbahnanlagen und das Immobilienmanagement des Hamburger Hafens. Innerhalb der HPA ist die technische Sparte „Technical Division Engineering & Construction“ (TDEC) mit über 190 Beschäftigten als interner Ingenieurdienstleister und Realisierungsträger für die Planung und den Bau von komplexen Infrastrukturprojekten des Hamburger Hafens verantwortlich. Das Leistungsportfolio umfasst die Realisierung von Neubauprojekten und großen Grundinstandsetzungen sowie Beratungs- und Prüfdienstleistungen. Zum Projektportfolio gehören Großprojekte wie die Köhlbrandquerung, die Fahrrinnenanpassung der Elbe als auch komplexe bewegliche Brücken, wie die Neue Bahnbrücke Kattwyk. Als Realisierungsträger gehört neben der Baukompetenz in über zehn Ingenieurdisziplinen das professionelle Projektmanagement von Bauinvestitionsprojekten zum Kerngeschäft der technischen Sparte Engineering & Construction. In der Projektorientierung liegt die Effizienz Vor dem Übergang in eine flexible Projektorganisation waren die Ingenieurdienstleistungen in einer klassischen Linienorganisation mit Fachabteilungen organisiert. Diese Organisationsform bedeutete, dass die Ressourcenzuteilung in Projekte von den einzelnen Abteilungsleitungen entschieden wurde, was oftmals mit Ressourcenkonflikten einherging. Vorteile hingegen waren, dass die Projektleiter und -mitarbeiter eine fachliche Heimat hatten und das Wissen aus den jeweiligen Projekten in den Fachabteilungen gebündelt wurde. Dennoch stellten sich diese Struktur und die damit verbundenen Prozesse als zu starr und damit zunehmend als nicht geeignet heraus, um langfristig Bauprojekte in ihrer sich verändernden Realität erfolgreich umsetzen zu können. Zunehmend wirken auf die Bauprojekte ein komplexer werdendes Umfeld, eine sich verändernde öffentliche Wahrnehmung, eine wachsende Bedeutung von Plan- und Prognosegenauigkeit sowie von Termin- und Kostentreue als auch eine steigende Veränderungsdynamik ein. Vor diesem Erfahrungshintergrund hat sich für die Abwicklung komplexer Bauprojekte in der technischen Sparte TDEC eine flexible Projektorganisation als ideale Organisationsform durchgesetzt. Kern der flexiblen Projektorganisation ist ein Ingenieurspool aus ca. 190 Beschäftigten unterschiedlicher Fachdisziplinen und Rollen, die zentral über ein Ressourcenmanagement entsprechend ihrer Fähigkeit in Projekte eingesetzt werden. Die disziplinarische Anbindung unterliegt hierbei stets der Projektleitung. Den organisationalen Rahmen für diesen Pool bietet eine eigene Organisationseinheit, das Projektbüro. Vorteile der flexiblen Projektorganisation Da das Projektbüro eine eigene Einheit bildet, ist der flexible Personaleinsatz aus diesem Ingenieurspool ohne aufwendige Personalverfahren möglich. Die Reaktionszeit auf Ressourcenbedarfe verbessert sich merklich. Zudem werden im Projektbüro einzelne Bauvorhaben, die in einem Umfeld liegen und hohe Wechselwirkungen untereinander haben, fachdisziplinär übergreifend zu Projekten bzw. Großprojekten zusammengefasst. Die Projektleitung hat durch die fachliche und disziplinarische Verantwortung ihrer Mitarbeiter einen maximalen Handlungsspielraum zur Erreichung der Projektziele. Zudem sind die Projekte weitestgehend unabhängig von der Stammorganisation und haben dadurch eine hohe Ressourcenautonomie. Es treten keine aufzehrenden Ressourcenkonflikte mit der Linie auf, was typisch für Matrixorganisationen ist. Insgesamt vereinfachen sich Aufgabenzuteilung und die Kommunikationswege, was wiederum die Flexibilität erhöht und Reibungsverluste vermindert. Nachteile der flexiblen Projektorganisation Der Wandel hin zu einer flexiblen Projektorganisation war nicht leicht. Neben den vielen positiven Effekten entstanden auch erhebliche Nachteile, die in der Sparte TDEC sukzessive zum Tragen kamen: - Know-how-Verlust nach Projektauflösung durch fehlende bzw. zu schwach ausgebildete Wissensbündelungsfunktion. - Entwicklung eines „Eigenlebens“ der Projekte bzgl. der Methodenstandards und damit einhergehende schwere Vergleichbarkeit und Portfoliosteuerung. - Der zentrale Personalressourceneinsatz und dessen Steuerung ist hoch komplex und mit herkömmlichen Steuerungstools nicht effizient zu bewältigen. Wissen | Ein erfolgreicher Weg von der Linie zur flexiblen Projektorganisation 14 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0099 - Teilweise Unterschätzung des Kulturwandels von Linienstrukturen in eine flexible Projektorganisation. Nachhaltige und ganzheitlich Projektorganisation: Einführung und Rolle des PMO Die Einführung eines Projektmanagement Office (PMO) in der Sparte TDEC ist als eine organisationale Reaktion auf das Erkennen der oben benannten Nachteile der flexiblen Projektorganisation zu sehen. Auf die Nachteile wurde nicht mit einer Umkehr in die Linienorganisation reagiert, sondern mit einem weiteren Schritt in Richtung einer nachhaltigen und ganzheitlichen Projektorganisation mit der Einrichtung eines strukturierenden, beratenden und steuernden PMO. Aufsatzpunkt für das PMO war das Handlungsfeld Organisation und Zusammenarbeit (siehe Abb. 1). Bevor das PMO eingerichtet wurde, waren in diesem Handlungsfeld bereits zwei Maßnahmen erfolgreich umgesetzt worden: Etablierung einer flexiblen Projektorganisation (der oben beschriebene Ingenieurspool gebündelt in der Einheit Projektbüro) sowie die Einrichtung und Besetzung von Lenkungskreisen. Ziel des PMO war und ist es bis heute, die Projektorganisation durch die Professionalisierung des Projektmanagements nachhaltig zu etablieren und damit den oben beschriebenen Nachteilen zu begegnen. In der Verantwortung des PMO wurden zu diesem Zweck eine Reihe von Organisationsprojekten aufgesetzt und durchgeführt. Diese Organisationsprojekte wurden systematisch bestimmten Handlungsfeldern zugeordnet-- abgeleitet aus den Schlüsselfaktoren für ein erfolgreiches PM (Studie der GPM). Auf dieser Grundlage entstanden vier strategische Handlungsfelder, in denen die Maßnahmen vom PMO umgesetzt wurden (Abbildung 1). Im Folgenden werden diese Handlungsfelder und die damit verknüpften Maßnahmen erläutert. PMO Handlungsfeld: Methodenstandard Als projektorientierte Sparte sind verbindliche und einheitliche PM-Methodenstandards zwingend notwendig. Diese helfen, eine Vergleichbarkeit der Projekte zu schaffen und bilden so die Grundlage für eine übergreifende Portfoliosteuerung. Ziel war eine gemeinsame Projektsprache, die die Verständigung und Zusammenarbeit ermöglicht. Die Entscheidung fiel auf den IPMA-Standard, da dieser flexibel anpassbar und sehr gut auf Bauprojekte anwendbar ist. Neben den PM-technischen Kompetenzen stehen die PM-Verhaltenskompetenzen im Vordergrund der Ausbildung, die zum Handwerkszeug einer jeden Projektleitung gehören. Die Entwicklung und Einführung von PM-Standards ist häufig ein Thema, das zunächst Widerstand auslöst, weil es scheinbar abstrakt, aufwendig und bürokratisierend ist. Erfolgsfaktor für die Einführung des PM-Standards bei der HPA war zum einen die Verzahnung von „abstrakten“ PM-Standards mit den Wertschöpfungs- und PM-Phasen der HPA und zum anderen das Aufbauen der PM-Standards aus bereits bestehenden Best practices der hauseigenen Projekte. Außerdem wurden die erarbeiteten PM-Standards schrittweise mit einem 4-Stufenmodell eingeführt: Dokumentation im Projektmanagementhandbuch (PMH), Rolloutveranstaltungen zu jedem Standard, Begleitung der Einführung in den Projekten durch geschulte PM-Berater im PMO sowie regelmäßige Reviews und Feedbackschleifen zu den PM-Standards. Es gab also einen aufwendigen und kompetenten Kommunikationsprozess, der die Einführung der Standards begleitet und auch dafür gesorgt hat, dass qualifiziertes Feedback aufgenommen wurde. Im Handlungsfeld Methodenstandards wurden folgende Maßnahmen erfolgreich in Projektform vom PMO umgesetzt: Erarbeitung eines intuitiv „begehbaren“ Projektmanagementhandbuchs (PMH) Das digitale „begehbare“ PMH umfasst PM-Standards und PM-Vorlagen. Hier werden Projektmanagement-Standards definiert, um Bauinvestitionsprojekte nachhaltig erfolgreich realisieren zu können. Es steuert die Beschäftigten intuitiv (klickbar) durch die Phasen und Prozesse des Projektmanagements. Es verknüpft das PM-Phasenmodell und die Prozessmodelle mit den PM-Vorlagen, PM-Tools und PM-Wissenstexten, die im Rahmen eines professionellen, standardisierten Projektmanagements erforderlich sind. Die IPMA-Standards werden auf die Anwendung bei der HPA spezifiziert und im PMH dokumentiert. Professionalisierung der Projektstartphase Viele Projekte scheitern daran, dass es zum Projektauftrag kein gemeinsames Verständnis zwischen Auftraggeber und Abbildung 1: Erfolgsfaktoren und Handlungsfelder der PM-Implementierung in der Verwaltung Wissen | Ein erfolgreicher Weg von der Linie zur flexiblen Projektorganisation 15 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0099 Auftragnehmer gibt. Deshalb ist die Professionalisierung des Projektaufsatzes so zentral. Bei der HPA wird dieser, unterstützt durch das PMO, in Workshops gemeinsam erarbeitet und final mit Hilfe eines Projektauftrags geschlossen. So werden zu einem frühen Zeitpunkt im Projekt Projektgegenstand, Ziele, Phasen und Meilensteine, Verantwortlichkeiten etc. beschlossen. Im Erstellungsprozess werden innerhalb dieser Phase wesentliche Projektmanagementprozesse durchlaufen und nach einheitlichen Standards der IPMA in den Bauinvestitionsprojekten der HPA umgesetzt (vgl. Abbildung 3). Einführung eines einheitlichen Projektrisikomanagements Die Weiterentwicklung des Risikomanagements für Bauinvestitionsprojekte umfasst eine Systematik zur Risikoidentifikation und ein Risikotool für die Risikoermittlung und Steuerung. Ein einheitlicher Projektrisikomanagementstandard für die Bauinvestitionsprojekte der HPA ist etabliert. Das Risikomanagement für Bauprojekte ist mit dem HPA-Unternehmensrisikomanagement harmonisiert. Es finden standardisierte Risikoworkshops mit Risikomanagern für deren professionelle Durchführung statt. In diesem Rahmen ist es auch in Pilotvorhaben gelungen, Risikobudgets in öffentlich finanzierten Projekten haushaltskonform zu veranschlagen. Ein Punkt, der für die professionelle Projektdurchführung in der öffentlichen Verwaltung zentral ist. Standardisierung des Projektberichtswesens Bei der Entwicklung des Berichtswesens lag der Fokus darauf, Informationen für die relevanten Stakeholdergruppen über die laufenden Bauprojekte in der technischen Sparte standardisiert und adressatengerecht zur Verfügung zu stellen. Erst auf Basis einheitlicher Berichte kann eine sinnvolle Portfoliosteuerung und Vergleichbarkeit stattfinden. Der entwickelte Projektquartalsbericht fungiert als einheitliches Cockpit für Projektinformationen zum Status von Terminen, Kosten, Leistungen und Qualitäten und ist zentrales Berichtsmedium zwischen Projektleiter, Auftraggeber und Lenkungskreisen. Etablierung von Lessons Learned und Wissensdatenbanken als Teil der lernenden Organisation. Die Lessons Learned dienen sowohl zur Dokumentation als auch zum Wissenserhalt. Die dynamische Projektstruktur des Ingenieurpools erfordert einen strategischen Umgang mit Projektwissen und Fach-Know-how. Deshalb werden Erfahrungen systematisch gesammelt, aufbereitet sowie dokumentiert und für kommende Projekte über eine Wissensdatenbank nutzbar gemacht. So wird sichergestellt, dass nicht immer wieder die gleichen Fehler gemacht werden und sich das Projektmanagement sowie die Organisation kontinuierlich weiterentwickeln. Zur Durchführung von Lessons-Learned-Workshops wurde ein standardisiertes Vorgehen festgelegt, unter der Begleitung eines professionellen Lessons-Learned-Moderators. Handlungsfeld Mensch und Entwicklung Der Faktor Mensch ist der maßgebliche Erfolgsfaktor für das Etablieren einer Projektmanagementkultur im Unternehmen. Hier sind Akzeptanz, gleiches PM-Verständnis, PM-Qualifizierungskonzepte und die Managementunterstützung vom Top-Management bis ins mittlere Management die entscheidenden Faktoren. Zentral ist dabei der Kompetenzaufbau im Bereich Projektmanagement für alle am Projekt beteiligten Mitarbeiter. Dazu hat das PMO in der HPA eine spartenübergreifende PM-Qualifizierung und -Zertifizierung, unter Einbindung der konkreten HPA-spezifischen Standards, aufgebaut. Der Kompetenzaufbau im Themenfeld Projektmanagement verfolgt dabei folgende Ziele: Abbildung 2: Intuitiv klickbares PMH führt durch die PM-Prozesse der HPA Wissen | Ein erfolgreicher Weg von der Linie zur flexiblen Projektorganisation 16 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0099 - Projektmanagement-Fachwissen spartenübergreifend aufbauen. - Einheitliches PM-Verständnis und Handeln aller Projektbeteiligten der HPA schaffen. - Reputation von PM-Kompetenz durch Zertifizierungen nach IPMA-Standard. Maßgeblicher Erfolgsfaktor hierbei war die Einbindung und das Training der HPA-PM-Standards in die IPMA-Qualifizierung und -Zertifizierung durch eigene Themenexperten aus dem PMO innerhalb der Schulungsformate. Diese Kombination stellt sicher, dass der externe PM-Qualitätsstandard gemeinsam mit den spezifischen Inhalten, die für das Projektumfeld HPA wichtig sind, erlernt wird. Darüber hinaus sind die Schulungen so konzipiert, dass die internen Auftraggeber und Auftragnehmer gemeinsam geschult werden, um ein identisches PM-Verständnis zu schaffen. Zudem ist ein PM-Netzwerk geschaffen worden, das dem Austausch und der Sicherung von Best Practices dient. Es dient als fachliche Heimat aller Projektleitungen sowie Projektsteuerer. Das Netzwerk ist auch eine wichtige Reflexions- und Erarbeitungsplattform für PM-Standards. Die Partizipation der Projektmitarbeiter an der Standardentwicklung wurde vom PMO lange unterschätzt, so dass der Fokus mittlerweile auf die Professionalisierung und den Aufbau dieses Netzwerks ausgerichtet ist. Handlungsfeld Digitalisierung und Tools Dieses Handlungsfeld nimmt innerhalb der Projektorganisation eine dienende Funktion wahr. Die digitalen Tools helfen, komplexe Sachverhalte besser zu strukturieren, adressatengerecht darzustellen und PM-Wissen explizit zu filtern und zu suchen. Die Digitalisierung unterstützt dabei, die komplexen Standards adressatengerecht und intuitiv (klickbar) zur Verfügung zu stellen. Folgende Maßnahmen wurden vom PMO in diesem Handlungsfeld in Projektform umgesetzt: Abbildung 3: PM-Methoden innerhalb der PM-Definitionsphase im Zuge der Projektbeauftragung Abbildung 4: Digitale Ressourcenplanung und -steuerung eines projektorientieren Verwaltung Wissen | Ein erfolgreicher Weg von der Linie zur flexiblen Projektorganisation 17 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0099 • Entwicklung einer Kollaborationsplattform „EC-Portal“ für die Kommunikation, die digitale Zusammenarbeit und das Wissensmanagement. Das EC-Portal ist eine Kollaborationsplattform, zugeschnitten auf die Bedarfe der technischen Sparte Engineering & Construction. Die Plattform dient dem PMO als digitale Toolbox, um autark eigene Webanwendungen in Eigenleistung zu erstellen und zu administrieren. Sie stellt internes Fach-Know-how thematisch strukturiert bereit, z. B. Best-Practice-Dokumentationen, Lessons-Learned-Workshops, Beratungsleistungen oder PM-Tools. • Digitalisierung der strategischen Personalplanung zur Ressourcensteuerung innerhalb der Projektorganisation. „HR Management digital“ bildet mit Hilfe einzelner Apps die gesamte Personalressourcenplanung zur Steuerung des Personals in der Projektorganisation ab. Bei Projektanfragen erfolgt eine generische Ressourcenplanung inklusive Skill und Rolle in der APP „Auftragsmanagement“. Über die APP „Personaleinsatzplanung“ können verplante und freie Ressourcen ad-hoc über ein Dashboard ausgewertet werden. Die APP Personalprognose stellt die konsolidierte und generische Personalkapazitätsplanung aller Infrastrukturprojekte mit Laufzeiten von bis zu fünf Jahren zur Verfügung. Die APP Skillmanagement zielt auf die systematische Auswertung der Kompetenzen aller Beschäftigen ab und impliziert eine Skillsuchmaschine und Analysen zur Skillentwicklung in der Sparte. Der Vergleich von Skillbestand und -bedarf zeigt Mangelskills und „Skill-Überhänge“. Hieraus werden strategische Entscheidungen über Qualifizierung und Personalbeschaffung durch valide Prognosen ermöglicht. • Berichtswesendatenbank: Konsolidierung aller wichtigen Projektberichte (Monatsberichte, Quartalsberichte, Senatsmonitoring etc.) Für die Umsetzung dieser Maßnahmen lassen sich unter anderem folgende Erfolgsfaktoren benennen: - Aufbau von IT-Know-how im PMO zur Entwicklung eigener Systeme und Webanwendungen und deren autarke Administration - Abbildung des Wissensmanagements auf der eigenen digitalen Kollaborationsplattform - Das Herunterbrechen komplexer PM-Strukturen in anwenderfreundliche Microsoft SharePoint-Anwendungen mit optisch ansprechendem Design (look & feel) Die Nutzerstatistiken zeigen, dass unsere Plattform eines der meistgenutzten Tools im HPA-Wissensbereich ist. Die Digitalisierung der strategischen Personalplanung wurde mit dem renommierten Human Resources Excellence Award in der Kategorie „Digitalisierung Gesamtorganisation und HR-Division“ ausgezeichnet. Handlungsfeld Organisation und Zusammenarbeit Vor dem Einrichten des PMO sind in diesem Handlungsfeld bereits die flexible Projektorganisation in Form des Ingenieurpools sowie die Entscheidungsstruktur über Lenkungskreise in der Sparte etabliert worden. Die organisatorische Umsetzung der Projektorganisation ist daher als Voraussetzung / Ausgangspunkt zu sehen, auf welcher das PMO die Maßnahmen (Waben in Abbildung 1) in den vier strategischen Handlungsfeldern in Projektform durchgeführt hat. Ist der Ansatz der HPA auf andere Behördenstrukturen übertragbar? Wir sind der Überzeugung, dass wesentliche Aspekte des Ansatzes, der in der HPA entwickelt wurde, auf andere behördliche Strukturen übertragbar sind. Das gilt insbesondere für folgende Punkte: - Die Einrichtung eines PMO zur systematischen Professionalisierung des Projektmanagements, ausgerichtet an den vier Handlungsfeldern (Abbildung 1). - Die Durchführung der Maßnahmen in Form eigener Change- und Organisationsprojekte. Die wichtigsten Maßnahmen sind in Abbildung 1 in Waben dargestellt und bestimmten Handlungsfeldern zugeordnet. Die Handlungsfelder sind universell und grundlegend für den Erfolg einer Projektorganisation. Die zugeordneten Maßnahmen können und sollten je nach Setting, Größe und Komplexität des vorhandenen Behördenumfelds skaliert und an die jeweiligen Bedürfnisse und auch Möglichkeiten angepasst werden. - In Behörden und Unternehmen, die überwiegend projektbasiert arbeiten, ist eine flexible Poolstruktur sinnvoll und steigert die Effizienz erheblich. Die Linie wird dadurch nicht komplett aufgegeben, sondern die Projektmitarbeiter werden gezielt in einer Organisationseinheit „Projektbüro“ gebündelt. In dieser werden die Beschäftigten flexibel nach Skill und Rolle in Projekten eingesetzt. Fazit Die flexible Projektorganisation ist die wirkungsvollste und nachhaltigste Organisationsform, um den immer komplexer werdenden Projekten und Umfeldanforderungen gerecht zu werden. Behördliche Linienorganisationen werden den heutigen Projektanforderungen nicht mehr allein gerecht. Deshalb ist der Aufbau von funktionierenden Projektorganisationen innerhalb der Verwaltung ein wichtiger Beitrag dazu, die Gestaltungssouveränität der staatlichen Institutionen zu fördern. Es ist wichtig, dass Verwaltungen und öffentliche Auftraggeber Projektmanagement als Kernkompetenz aufbauen. Nur so kann die Kostenstabilität und Termintreue von Projekten gewährleistet werden und ein professionelles Agieren als Auftraggeber gelingen. Dipl.-Pol. Heike Kratt Heike Kratt ist Hauptstadtrepräsentantin der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Sie gestaltet den Dialog mit Staat, Gesellschaft und Wirtschaft des Vereins maßgeblich mit. Als Mitglied im Beirat des Aktionsprogramms „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“ setzt sie sich für die Stärkung der Kompetenz der öffentlichen Verwaltung ein, komplexe Themen gemeinwohlorientiert in Projekten umzusetzen. Zuvor war sie u. a. Leiterin der deutsch-israelisch-palästinensischen Kommunikations- und Begegnungsstätte Willy Brandt Center in Jerusalem. eMail: h.kratt@gpm-ipma.de Internet: www.gpm-ipma.de Wissen | Ein erfolgreicher Weg von der Linie zur flexiblen Projektorganisation 18 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0099 Dipl.-Ing. Felix Scholz Felix Scholz leitet den Bereich PMO & Digitalisierung in der Technical Division der Hamburg Port Authority. Dort verantwortet er die Digitalisierung des Bauwesens und die PM-Implementierung in der Technical Division Engineering & Construction. eMail: felix.scholz@hpa.hamburg.de Internet: www.hamburg-port-authority.de Der Weg zur projektorientierten Organisation ist ein ambitionierter und langwieriger Weg und erfordert einen Kulturwandel im Unternehmen, den das PMO mit seinen Organisationsprojekten in den vier strategischen Handlungsfeldern (Methodenstandards, Mensch & Entwicklung, Digitales & Tools, Organisation & Zusammenarbeit) professionell mit ebnen kann, damit die Nachteile einer Projektorganisation aufgefangen werden können und der Change-Prozess mit den Beschäftigten gelingt. Eingangsabbildung: © Andreas Schmidt-Wiethoff www.schmidt-wiethoff.de Anzeige Project Office ist Enterprise-Software für beeindruckende Projekte wie den Gotthard-Basistunnel. Agiles Teamwork und hohe Prozesssicherheit verbinden sich dabei zu konsequent hybridem Projektmanagement. Mit agilen Elementen wie Task Boards, Issues und Activities machen Sie Ihre Teams schneller und produktiver. Bewährte Elemente wie die Planung der Ecktermine liefern zuverlässige Leitplanken. energizing great minds Erfolgreiche Projekte durch verlässliche Prozesse und bessere Teamarbeit Engineering success - the agile way Wissen | Ein erfolgreicher Weg von der Linie zur flexiblen Projektorganisation Führen in der Arbeitswelt 4.0 mit dem iCDE-Modell © Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen Martin-Niels Däfler Für eilige Leser | In der Arbeitswelt 4.0 ist ein anderer Projektleitungs-/ Führungsstil erforderlich. Dabei geht es nicht nur um Methodenkompetenz („Können“), sondern auch die Bereitschaft, sich auf ein neues Führungsverständnis einzulassen („Wollen“). Projektleiter und Führungskräfte müssen zukünftig sehr viel häufiger Rollen einnehmen, die sie bislang nicht oder nur ansatzweise beherrschen mussten, nämlich die eines Coaches, Dirigenten und Entdeckers. Um diese Rollen ausfüllen zu können, sind ich-Kompetenzen erforderlich. Das iCDE-Modell © ist eine brauchbare Hilfe, um zu ermitteln, in welchen Kompetenzfeldern ein Methodendefizit existiert. Es lässt sich als Checkliste verwenden, um sich selbst zu prüfen, auf welchen Gebieten ggf. Nachholbedarf besteht. Zugleich kann das iCDE-Modell © genutzt werden, um sich zu fragen, welche Rollen man eventuell bislang in der täglichen Arbeit vernachlässigt hat und zukünftig verstärkt wahrnehmen möchte. Schlagwörter | Führung, Arbeit 4.0, Veränderungsbereitschaft, Change-Management, Flexibilität, Digitalisierung Vorspann Nicht zuletzt Corona hat uns gezeigt: Segeln bei ruhigem Wetter ist etwas anderes, als auf stürmischer See unterwegs zu sein. In dem Grad, in dem sich die ökonomischen, technischen und sozialen Rahmenbedingungen in immer schnellerem Tempo wandeln, muss sich auch das Verständnis von Führung ändern. Dabei kommt es jedoch nicht (nur) auf das Beherrschen von Werkzeugen an, sondern auch auf die persönliche Veränderungsfähigkeit von Führungskräften. Inzwischen muss man kaum noch Überzeugungsarbeit leisten. Es ist klar, dass es zu Beginn des neuen Jahrzehnts eines anderen Führungsstils bedarf als in einer überwiegend statisch-analogen Welt [1]. In dem Maße, in dem die Digitalisierung Wirklichkeit wird, Corona-bedingt das Home-Office zur Normalität geworden ist und die Generationen Y und Z den Arbeitsmarkt betreten, dämmert es selbst den konservativsten Managern: Unternehmen, die innovativ, flexibel und schnell sein wollen, brauchen Vorgesetzte, die ebenso agieren [2]. Je mehr sich Unternehmen zu projektbasierten Organisationen wandeln, desto dringlicher wird eine Neudefinition von Führung. Und das nicht nur, um im Wettbewerb um Kunden zu bestehen, sondern-- mindestens so wichtig-- auch um qualifizierte Mitarbeiter. Die kommen nämlich nicht zu Arbeitgebern, bei denen der Führungsstil noch auf dem Stand von 1987 ist. 1 Chefs nicht risikobereit Die Realität zeichnet allerdings ein anderes Bild: Eine Umfrage unter 1.048 Berufstätigen hat ergeben, dass die meisten Führungskräfte ihre eigene Aufgeschlossenheit und Risikobereitschaft grandios überschätzen. Die Befragten sollten angeben, ob sie folgender-- auf den Arbeitgeber bezogene-- Aussage zustimmen: „Wir erlauben uns radikale Ideen, um wirklich innovativ sein zu können.“ Während 70 Prozent der interviewten Geschäftsführer und 46 Prozent der Führungskräfte dies bejahten, waren es nur 29 Prozent der Mitarbeiter (siehe Abb. 1). Selbst- und Fremdwahrnehmung klaffen also weiter auseinander als die Positionen der EU und von Großbritannien im Brexit-Streit. So weit kann es dann wohl nicht mit einem modernen Führungsstil her sein, wenn die Mitarbeiter Wissen Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen DOI 10.2357/ PM-2020-0100 31. Jahrgang · 05/ 2020 20 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0100 ihren Chefs mangelnde Risikobereitschaft (als eines der zentralen Elemente eines modernen Führungsverständnisses) attestieren [3]. 2 Vom Machtmenschen zum Teamplayer Die spannende Frage lautet also nicht, ob ein neuer Führungsstil vonnöten ist. Vielmehr ist zu klären, wie ein solcher, zeitgemäßer Führungsstil konkret aussehen soll und welche Kompetenzen Führungskräfte in der Arbeitswelt 4.0 benötigen. Klar, dass sich Forschungsinstitute, Personal-/ Unternehmensberatungen, Autoren sowie Coaches intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen und- - je nach Perspektive- - unterschiedlichste Vorschläge in den Ring werfen, über welche Eigenschaften das ideale Führungspersonal verfügen sollte [4]. Mal sollen die Chefs von heute achtsam und empathisch sein, dann wieder experimentierfreudig und innovativ. Zudem sollen ein „agiles Mindset“ und natürlich unternehmerisches Denken vorhanden sein. Auch schadet es nicht, wenn der (Projekt-)Manager stets eine XL-Portion Optimismus mit ins Büro bringt und seine Mannschaft besser motivieren kann als Jürgen Klopp seine Jungs vom FC Liverpool. So zutreffend die genannten Kompetenzen sein mögen, so schwierig ist es gleichzeitig, sich diese anzueignen. Seien wir ehrlich: Ein tendenziell sicherheitsorientierter Machtmensch wird weder durch das Lesen eines Buchs noch durch einen Workshop oder ein Coaching zum risikofreudigen Teamplayer. 3 Wollen x Können Was kann also getan werden, um Manager dazu zu bewegen, einen zeitgemäßen Führungsstil zu praktizieren? Letztlich ist es immer eine Kombination von zwei Faktoren, die gegeben sein muss, damit sich Menschen ändern: Sie müssen wollen. Und sie müssen können, also das nötige Handwerkszeug beherrschen. Wer sich allerdings nur auf das Können beschränkt, wird kaum Erfolge erzielen. Denn: Was bringt es, Methodenkenntnisse zu besitzen, wenn man nicht bereit ist, sie auch ernsthaft anzuwenden? Genau dieser Fehler wird nach meinen Beobachtungen aber viel zu häufig begangen: Man investiert Zeit und Geld in die Wissensvermittlung, bucht mehrtägige Design-Thinking- und Lego-Serious-Play-Workshops, schickt Manager zum Achtsamkeitsseminar an den Tegernsee und holt sich teure Keynote-Speaker ins Haus. Mit welchem Ergebnis? Mit einem ernüchternden! Denn: Es geht nicht nur darum, Open Space, World Café, Brainwriting, Daily Stand-ups, Sprints oder andere Werkzeuge zu beherrschen. Das allein langt nicht. Um Methoden richtig und erfolgreich einzusetzen, braucht es die entsprechende Einstellung. Wenn man davon überzeugt ist, nur man selbst habe die besten Ideen, wieso sollte man dann überhaupt ein World Café veranstalten? Folgerichtig müssen wir uns fragen: Wie lässt sich das Wollen steigern? Ich bin der Ansicht, dass es im Grunde nur zwei Wege gibt, und zwar: • Manche Menschen wollen schlichtweg deshalb nicht, weil sie nicht verstehen, welchen (tieferen) Sinn es hat, etwas zu verändern. Es fehlt also eigentlich nicht am Willen, sondern am Verständnis. Weg Nr. 1 heißt daher „Einsicht“. Diese lässt sich u. a. erzielen durch: Fakten nennen, Hintergründe erläutern, Raum für Fragen und Dialog schaffen, (irrationale) Ängste thematisieren und positive Beispiele nennen. • Andere Menschen hingegen haben sehr wohl verstanden, worum es geht, aber sie möchten-- aus welchen Gründen auch immer- - nichts verändern. Dies kann stark in der Persönlichkeit verwurzelt sein, mit (traumatischen) Erfahrungen zu tun haben oder am sozialen Umfeld liegen. So hart es klingen mag: Bei Personen dieses Typs sind jedwede Bemühungen nahezu aussichtslos. Ilja Grzeskowitz formuliert es treffend: „Die Reaktionen auf äußere Veränderungsbeglückungen sind sowieso immer mehr oder weniger die gleichen. Manche reagieren trotzig, andere wütend und wiederum andere gar nicht. Und durch Druck erzeugen Sie vor allem eines, nämlich Gegendruck“ [5]. Weg Nr. 2 heißt deshalb „Verzicht“- - auf diese Führungskräfte zukünftig zu verzichten, weil sie höchst wahrscheinlich durch nichts dazu motiviert werden können, einen anderen Stil zu praktizieren. 4 Risiken eingehen Wenn es nur so leicht wäre! Vielleicht sind die veränderungsunwilligen Vorgesetzten ja gerade die fachlich am meisten qualifizierten? Oder diejenigen, die außergewöhnlich gute Abb. 1: Radikale Ideen in Unternehmen-- Selbst- und Fremdwahrnehmung; Grafik: Eigene Erstellung, basierend auf [3] Wissen | Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen 21 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0100 Kundenkontakte haben? Oder die, die arbeitsrechtlich besonders geschützt sind? Wenn dem so ist, dann muss sich die oberste Führung ernsthaft fragen: Wollen wir in unserer Organisation wirklich einen modernen Führungsstil etablieren und sind wir dafür auch bereit zu riskieren, Mitarbeiter zu verlieren, die wertvolles Know-how oder einen exklusiven Kundenzugang besitzen? Bürden wir uns gegebenenfalls hohe Kosten für Abfindungen auf, um uns von den veränderungsresistenten Managern zu trennen? Wagen wir es, neue (veränderungsbereite) Führungskräfte einzustellen (wenn wir sie überhaupt finden) und darauf zu vertrauen, dass sie von den Mitarbeitern akzeptiert werden? Haben wir den Mut, junge Mitarbeiter zu Vorgesetzten zu machen, auch wenn ihnen vielleicht die erforderlichen Erfahrungen fehlen? Meine Einschätzung ist: Bislang zögern die meisten Verantwortlichen in der obersten Geschäftsführung, mutige Entscheidungen zu treffen. Nur wenige Firmen gehen so weit wie die deutsche Tochter der ING-Bank. Dort mussten sich 2018 sämtliche Führungskräfte intern neu bewerben. Wer das nicht wollte oder nicht überzeugen konnte, bekam Ausstiegshilfen aus einem Sozialplan [6]. Das ist zweifelsfrei eine radikale Maßnahme, aber noch aus einem weiteren Grund ist es so wichtig, dass aufgeschlossene Führungskräfte an der Spitze stehen. Weil: Vorgesetzte haben stets eine Orientierungsfunktion. Wie will sich eine Organisation ändern, wenn die Menschen, die sie leiten, selbst nicht dazu bereit sind, sich zu wandeln? Ihre Reaktanz übertragen sie-- ob gewollt oder unbeabsichtigt-- auf die Mitarbeiter. In der Psychologie ist dieser Effekt als „Behavioral Contagion“ bekannt und meint, dass wir uns von den Gefühlen, Stimmungen und den Verhaltensweisen unserer Mitmenschen „anstecken“ lassen und somit in der Funktion einer Führungskraft stets als-- positives wie negatives-- Vorbild dienen. Oder um es mit Mahatma Gandhi zu formulieren: „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“ Wollen wir ein Zwischenfazit ziehen: Die beiden Faktoren Wollen und Können müssen stets gleichzeitig vorliegen, wenn Veränderungen gelingen sollen. Das Geheimnis des Könnens liegt eben im Wollen. So auch, wenn es darum geht, einen zukunftsorientierten Führungsstil einzuführen. Dabei reicht es nicht, nur Methoden zu vermitteln. Entscheidend ist, zuvor das Wollen zu stärken. Lässt sich dieses durch Information und Dialog-- dies war der Weg Nr. 1-- nicht erreichen, so bleibt in letzter Konsequenz nur die Neubesetzung von Führungspositionen (Weg Nr. 2). Wer davor zurückscheut, vermeidet vielleicht jetzt schmerzhafte Entscheidungen, wird aber sicherlich in nicht allzu langer Zeit am Kunden- und Arbeitsmarkt sein Zögern unerbittlich quittiert bekommen. 5 iCDE-Modell © Während wir das Wollen eben behandelt haben, ist nun zu klären, was das Können alles umfasst, also welche Kompetenzen Manager in einer projektorientierten New-Work-Umgebung mitbringen sollten. Hierfür habe ich das iCDE-Modell © entwickelt. Im Kern besagt es, dass Führungskräfte zukünftig sehr viel häufiger Rollen (siehe Abb. 2) einnehmen müssen, die sie bislang nicht oder nur ansatzweise beherrschen mussten, nämlich die eines - Coaches, - Dirigenten und - Entdeckers. ich-Kompetenzen: Wenn ein neues (Rollen-)Verständnis von den Führungskräften gefragt ist, stellt sich zwangsläufig die Frage: Wie kann es gelingen, den Anforderungen und Erwartungen gerecht zu werden? Welche Voraussetzungen sind zu erfüllen, damit die Transformationen klappen? Ohne zu weit auf psychologisches Terrain vorzustoßen, sei vereinfacht und stark verkürzt nur gesagt: Ein dynamisches Selbstbild und die Bereitschaft zur Selbstreflexion sind elementar, wenn es gilt, neue Rollen zu erlernen. Deshalb nenne ich diese Fertigkeiten „ich-Kompetenzen“ und habe sie (nicht nur visuell) in das das Zentrum des iCDE-Modell © gestellt. Auch hier muss klar sein: Menschen sind nur bedingt wandlungsfähig. Nichtsdestotrotz können bestimmte Techniken und Methoden durchaus erlernt werden- - sie entstammen u. a. den Abb. 2: Das iCDE-Modell © ; Grafik: eigene Erstellung Wissen | Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen 22 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0100 Themenfeldern Selbstmanagement, Gelassenheitstechniken und Veränderungskompetenzen. Coach: In der Arbeitswelt 4.0 wird von den Mitarbeitern zunehmend mehr Eigenständigkeit, Selbstverantwortung, Kreativität und Problemlösungskompetenz verlangt- - Eigenschaften, auf die bislang in vielen Unternehmen kaum Wert gelegt wurde. Kein Wunder daher, wenn sich ein erheblicher Teil des Personals schwer damit tut, plötzlich deutlich selbstständiger zu arbeiten und sich neue Fertigkeiten anzueignen. So kommt es nun den Führungskräften zu, die Potenziale ihrer Teammitglieder zu erkennen, sie zu fördern und sie zu ermutigen, sich weiterzuentwickeln. Dies sind die typischen Aufgaben eines Coaches, was bedeutet, dass sich Vorgesetzte jene Werkzeuge und Methoden aneignen müssen, mit denen „normale“ Coaches und Persönlichkeitstrainer normalerweise arbeiten, wie etwa Persönlichkeitsanalyse- oder Feedbacktechniken. Dirigent: Der Anteil an Projektarbeit [7] ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und wird künftig noch weiter zulegen. Ebenso hat der Grad der Spezialisierung zugenommen und wird voraussichtlich noch wachsen. In Konsequenz bedeutet das, dass sich der Abstimmungsbedarf innerhalb von Teams und des gesamten Unternehmens zukünftig erhöhen wird. Bildlich gesprochen vergrößert sich die Anzahl der Instrumente, die im Orchester gespielt werden. Und jeder Solist möchte möglichst seiner eigenen Partitur folgen, insbesondere die Vertreter der Generationen Y und Z, für die Arbeit meist auch Selbstverwirklichung bedeutet. Der Hirnforscher Gerald Hüther spricht in einem Interview von einer „individualisierten Gemeinschaft“ [6] und meint damit, dass Teams in Zukunft eher einer Fußballmannschaft gleichen, in der zwar zusammengespielt wird, aber jeder nach maximaler Entfaltung strebt. Im Sport ist es der Trainer und in der Musik der Dirigent, dem die Aufgabe zufällt, dass trotz aller Eigeninteressen das gemeinsame Gesamtziel nicht aus den Augen verloren wird. Dies wird nicht nur durch (klassische) Projektmanagementtechniken erreicht, sondern auch durch die professionelle Anwendung von Moderations- und Konfliktlösungstechniken oder Instrumenten der Change-Kommunikation. Entdecker: Eine wichtige Eigenschaft sollten Manager besitzen: Neugier! Um im Rollenmodell zu bleiben habe ich dafür den Entdecker (siehe Abb. 3) gewählt, denn diese sind Abb. 3: Der Entdecker im iCDE-Modell © ; Grafik: eigene Erstellung Abb. 4: Erforderliche Kompetenzen / Techniken im iCDE-Modell © ; Grafik: eigene Erstellung Wissen | Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen 23 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0100 aufgeschlossen für Neues, haben Visionen, an die sie auch nach Rückschlägen glauben und für die sie andere begeistern können; sie besitzen Improvisationstalent, sind gleichzeitig aber auch bestens organisiert; sie können gut beobachten, vertrauen auf ihre Intuition, lernen aus ihren Fehlern und behalten selbst in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf. Zweifelsfrei sind viele der genannten Tugenden eng mit Persönlichkeitsmerkmalen verknüpft. Doch auch Menschen, denen Offenheit für Neues, Entdeckergeist und Kreativität nicht in die Wiege gelegt wurden, können sich manche Techniken aneignen, mit Hilfe derer sie zum Entdecker-Typus reifen können; dazu zählen u. a.: Selbstorganisations-, Kreativitäts- und Gelassenheitstechniken. 6 Fazit In der Projekt- und Arbeitswelt 4.0 müssen Führungskräfte zunehmend über andere Kompetenzen verfügen, als sie bislang erforderlich waren. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist, den Wunsch zu haben, sich weiterzuentwickeln („Wollen“), was stets auch bedeutet, sich selbst zu verändern. Ist diese Bereitschaft gegeben, dann kann das iCDE-Modell © eine brauchbare Hilfe sein, um zu ermitteln, in welchen Kompetenzfeldern („Können“) ein Methodendefizit existiert. So kann Abb. 4 im Sinne einer Checkliste eingesetzt werden, um sich selbst zu prüfen, auf welchen Gebieten ggf. Nachholbedarf besteht. Zugleich kann diese Übersicht verwendet werden, um sich zu fragen, welche Rollen man eventuell bislang in der täglichen Arbeit vernachlässigt hat und zukünftig verstärkt wahrnehmen möchte. Literatur [1] Sackmann, S., Eichel, V., & Schmidt, C. (2019). Change-Fitness-- eine besondere Herausforderung für die Führung. In Führung und ihre Herausforderungen (S. 175-200). Springer Gabler, Wiesbaden. [2] Dransfeld-Haase, I. (2019). Wir müssen Flexibilität besser trainieren. https: / / www.humanresourcesmanager. de / news / wir-muessen-flexibilitaet-besser-trainieren. html? xing_share=news, Stand: 03. 09. 2020. [3] Ricker, S. und Pütz, H. (2017). Change Engine, while you are flying. S. 27 [4] Dörr, S., Albo, P., & Monastiridis, B. (2018). Digital Leadership- - Erfolgreich führen in der digitalen Welt. In Führungsinstrumente aus dem Silicon Valley (S. 37-61). Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. [5] Grzeskowitz, I. (2014). Die Veränderungs-Formel: Aus Problemen Chancen machen (2. Aufl.). Offenbach: Gabal Verlag, S. 36. [6] Willenbrock, H. (2018). Eine Bank auf Speed. brand eins, (20)11, S. 20-26. [7] GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. (2015). Makroökonomische Vermessung der Projekttätigkeit in Deutschland. Nürnberg. [8] van de Camp, M. (2019). Hirnforscher Gerald Hüther: Mitarbeiter brauchen einen tieferen Sinn, keinen Kickertisch. https: / / www.businessinsider.de / wissenschaft / hirnforscher-huether-mitarbeiter-brauchen-sinn-keinen-kickertisch-2019-2/ , Stand: 03. 09. 2020. Eingangsabbildung: © Gerd Altmann | pixabay Prof. Dr. Martin-Niels Däfler Prof. Dr. Martin-Niels Däfler (1969) lehrt als hauptamtlicher Professor an der FOM Hochschule in Frankfurt / Main. Daneben ist er geschäftsführender Gesellschafter der Nicer Place GmbH und dort als Redner, Trainer sowie Berater tätig. Er ist Autor von 20 Büchern. Nicer Place GmbH Rossmarkt 38 | 63739 Aschaffenburg Telefon: 0173 3000123 eMail: prof@daefler.de Internet: www.profdaefler.de www.xing.to / profdaefler www.linkedin.com / in / profdaefler Wissen | Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen 24 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0100 Das neue PMO: agil und doch klassisch Frank Döttling, Arlette Dumont du Voitel, Roland Dumont du Voitel, Gunnar Scheffler Für eilige Leser | Die vielseitigen Gestaltungs- und Einsatzmöglichkeiten des PMO stellen eigentlich dessen Stärke dar-- eigentlich. Denn als Projektassistenz missverstanden und nur mit „Wasserfall-Projektmanagement“ in Verbindung gebracht, bleibt das PMO weit hinter seinem Potenzial zurück. Gerade in Zeiten von „Agile“ bietet ein kompetentes PMO als strategische Steuerungseinheit Unternehmen die Möglichkeit, den Wildwuchs von agilen, hybriden und klassischen Projekten nicht nur effektiv in den Griff, sondern jene Methodenvielfalt auch in einen sinnvollen Einklang zu bringen. In diesem Artikel erfahren Sie mehr über das große Potenzial des PMOs für die strategische Projekt-Portfolio-Steuerung. Schlagwörter | PMO, Agilität, Shu-ha-ri-Modell, Projektportfolio, Strategie Obwohl es einen guten Ansatz für die vielen Herausforderungen bietet, die mit einem immer mehr projektlastigen Geschäftsumfeld einhergehen, hatte das Konzept des „Project Management Office“ einen schweren Start. Seine eher offene Definition als „Managementstruktur, die die projektbezogenen Governance-Prozesse standardisiert und den Austausch von Ressourcen, Methoden, Werkzeugen und Techniken erleichtert“ (PMI®, PMBOK® Guide 6th Edition) ist Segen und Fluch zugleich. Es kann alles sein: von der administrativen Unterstützung des Projektleiters bis hin zu einer Projektportfoliomanagement-Einheit, die das gesamte Projektportfolio aus strategischer Sicht steuert und leitet. Es ist ein Segen, wenn es Organisationen gelingt, ein PMO so zu entwerfen, dass es ihren Bedürfnissen entspricht. Es ist ein Fluch, wenn Organisationen genau damit Probleme haben, aus dieser sehr offenen Definition ein für sie effektives PMO zu entwickeln. Daher ist die einfachste und am häufigsten gewählte Form, die Projektleiter durch eine Support-Struktur zu entlasten, die sich um administrative Projektaufgaben und Dokumentationen kümmert. In fortgeschritteneren Projektumgebungen bestimmt das PMO noch die Projektmanagementstandards für die gesamte Organisation und hält die gesammelten Erfahrungen fest, um das organisationale Lernen sowie die Vorteile von Wiederholungen und Skaleneffekten verstärkt zu nutzen. Es ist jedoch selten, dass PMOs die strategische Führung im Projektportfoliomanagement übernehmen. Obwohl Top-Beratungen und Projektmanagement-Leitfäden genau das empfehlen, sieht man vermehrt, dass sich Unternehmen von PMOs wieder entfernen, da der agile Hype das PMO bürokratisch und unnötig wirken lässt. Aber ist das Konzept des PMO wirklich nicht mehr zu gebrauchen? Wasserfall versus Agile Diese Interpretation des PMO ist genauso unglücklich wie die idealistische Verherrlichung des „agilen“ Arbeitsstils und der „ideologische Krieg“ zwischen „Wasserfall-“ und „agilem“ Projektmanagement. Auch wenn laut dem PMI®-Bericht „Pulse of the Profession“ [1] die Zahlen langsam besser werden, erreichen viele Projekte ihre Ziele noch immer nicht oder nur mit großen Verzögerungen, Abweichungen und Budgetüberschreitungen. Die Ursache dafür wurde gerade im letzten Jahrzehnt fehlendem Projektmanagement zugeschrieben. Die meisten Unternehmen reagierten, indem sie eine Form von Projektmanagement einführten, in der Hoffnung, eine sofortige Lösung aller Probleme herbeizuführen. Da dieser Effekt ausbleibt, wird nun ein neuer Schuldiger gesucht und gefunden: es wurde die falsche Methode gewählt-- das sogenannte traditionelle oder Wasserfallprojektmanagement. Agiles Projektmanagement soll nun die gewünschte, sofortige Heilung projektbezogener Probleme mit sich bringen. Leider werden die Organisationen wieder einmal enttäuscht. Wissen Das neue PMO: agil und doch klassisch DOI 10.2357/ PM-2020-0101 31. Jahrgang · 05/ 2020 25 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0101 Die bittere Wahrheit ist, dass es keine sofortige Heilung gibt. Die besseren Erfolgszahlen liegen vermutlich daran, dass Organisationen immer mehr Projekte durchführen und durch die Übung zwangsläufig auch viel gelernt haben und besser geworden sind- - unabhängig von der angewandten Methodik. Darüber hinaus zerstören ideologische Kriege immer bedeutend mehr als sie Nutzen stiften. Und selbst wenn ein Mehrwert darin läge, komplementäre Methoden in „gut“ und „böse“ zu kategorisieren, sind die Philosophien und Konzepte in diesen Lagern inkorrekt dargestellt. Denn Agilität ist in erster Linie eine Denkweise, die ohne einen Widerspruch zu verursachen sogar auf ein „Wasserfallprojekt“ angewendet werden könnte. Renommierte Projektmanagement-Standards und -Frameworks wie der IPMA®-Standard, PRINCE2® oder der PMBOK® Guide des PMI® schlagen in der Regel mehrere, unterschiedliche Projektlebenszyklusansätze vor. Der stark kritisierte und so genannte Wasserfallansatz spiegelt hiervon nur einen wider. Wenn diese Standards für traditionelles Projektmanagement stehen, bedeutet das im Umkehrschluss, dass traditionelles Projektmanagement viel agiler ist als z. B. Scrum. Denn sie umfassen bedeutend mehr Ansätze und Anpassungsmöglichkeiten für mehr Projektszenarien. Wirft man einen Blick auf die Details, so lassen sich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede feststellen. Der PMBOK® Guide empfiehlt beispielsweise für Projekte, bei denen der gesamte Umfang nicht von vornherein definiert werden kann oder sollte, eine rollierende Planung („rolling wave planning“). Die agile Planung stellt im Wesentlichen die gleiche Übung dar. Außerdem empfehlen die einschlägigen Projektmanagement-Standards eine Arbeitspaketgröße zwischen 80 und 160 Arbeitsstunden. Dies ist konform mit den agilen Standards, die Sprint- oder Iterationszeitboxen von zwei bis vier Wochen vorgeben. Es ist natürlich viel einfacher vorherzusagen, was in den nächsten zwei Wochen passieren könnte als in den nächsten zwei Jahren. Es ist nicht die Projektmethode, sondern die kürzere Zeitspanne, die den Planungsaufwand reduziert und die Genauigkeit aller Schätzungen verbessert. Dabei weisen agile Methoden in der Tat eine strengere Fokussierung auf kurze Zyklen und Zeitboxen („time boxing“) auf, aber das bedeutet nicht, dass andere Projektmanagementansätze nicht dasselbe leisten können. Ansatzübergreifend gibt es eine besonders auffällige Ähnlichkeit: Jede Methode wird enttäuschen, wenn sie nicht korrekt angewendet wird. Die Tatsache, dass die Projektergebnisse immer noch hinter den Erwartungen zurückbleiben, ist primär darauf zurückzuführen, dass Methoden falsch eingesetzt wurden, statt dass die falschen Methoden verwendet wurden. Wenn man beim Kochen nur vage dem Rezept folgt, braucht man sich auch nicht wundern, wenn es anders schmeckt als erwartet. Übung macht den Meister Wie beim Kochen braucht es viel Training, eine Methode so zu beherrschen, dass man improvisieren kann. Agile Philosophien zitieren oft das Lernkonzept von „Shu-ha-ri“ aus der japanischen Kampfkunst, das drei Schritte des Lernens bis zur Meisterschaft beschreibt (Abb. 1). Der erste Schritt ist das Befolgen oder Kopieren (shu): Der Auszubildende folgt den Regeln des vorhandenen Wissens. Durch Wiederholung und Einhaltung der Regeln beherrscht der Auszubildende schließlich die Technik vollständig und kann zum nächsten Schritt übergehen, der die Loslösung (ha) ist: Der Auszubildende bricht mit der Tradition, beginnt zu experimentieren, zu improvisieren und zu variieren. Auf diese Weise werden die Methoden verbessert. Auf der höchsten Ebene (ri) verlässt der Auszubildende den Rahmen, da das Erlernte zu einem Automatismus geworden ist. Es ist in allen Variationen nun Teil des unbewussten Verhaltens. Der Meister braucht das Framework nicht mehr, da er es bereits verkörpert. In der Praxis erwarten Organisationen und Projektmanager oft, dass sie sofort oder nach Abschluss eines zweitägigen Seminars auf der „ri“-Ebene agieren können. Bevor die Grundlagen vollständig verstanden und beherrscht werden (shu), werden die Methoden bereits an die Bedürfnisse der Organisation, des Teams oder die persönlichen Präferenzen „angepasst“. Dieses „Rosinenpicken“ in der Methodik reißt jedoch oft einfach nur Schlüsselelemente des Konzepts-- die aus einem bestimmten Grund sorgfältig zusammengestellt wurden-- aus ihrem Kontext. Als Konsequenz bleibt das Ergeb- Abbildung 1: Drei Stufen der Meisterschaft Wissen | Das neue PMO: agil und doch klassisch 26 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0101 nis hinter den Erwartungen zurück mit der Schlussfolgerung, dass die Methode „hier nicht funktioniert“. Die Begeisterung verebbt, die Methodik wird für die schlechten Ergebnisse verantwortlich gemacht und verliert ihren Ruf. Die Organisation springt zur nächsten populären Methode und wiederholt den gleichen Vorgang. Fortschritte werden nicht gesehen und ausgebaut, sondern immer wieder zerstört. Die neue Rolle des PMO Das muss aber nicht so sein oder bleiben und das PMO kann eine entscheidende Rolle dabei spielen. Die Voraussetzung dafür ist, die Jagd nach schnellen Lösungen und den destruktiven ideologischen Krieg aufzugeben. Fakt ist, dass es viele gute Projektmanagementansätze gibt. Sie ergänzen sich oft gegenseitig und sind nützlich- - wenn nicht sogar notwendig- - , um mit einer immer komplexeren Projektumgebung umzugehen. Weiter bräuchte es die Einsicht, dass es mehr als eine kurze Trainingseinheit und den Test erfordert, eine Methode zu beherrschen, sowie dass „Anpassungen“ kontraproduktiv sind, wenn sie nicht umsichtig und / oder zu früh vorgenommen werden. Anstatt in immer mehr kurze Experimente mit verschiedenen Methoden zu investieren (jede davon führt zu einer Veränderung-- nicht nur für das beteiligte Team, sondern für die gesamte Organisation), sollte die Organisation es Projektmanagern und Teams ermöglichen, ein Set praktischer und nützlicher Methoden vollständig zu erlernen und zu beherrschen. Mit erfahrenen Projektmanagern besetzt, könnte das PMO die kompetente Anlaufstelle für diese verschiedenen Methoden sein. Es könnte Projektmanager und ihre Teams bei der korrekten Anwendung der Methoden in ihren Projekten begleiten und coachen. Dies würde das organisationale Lernen entlang der Projekte fördern und deren Effektivität erheblich steigern. Die Rendite einer solchen Investition wird zwangsläufig höher sein als die der Verfolgung der sich ständig ändernden Methodentrends. Schlussendlich ist Agilität nicht nur ein Methodentrend und eine Denkweise, sondern hat auch als Wort eine Bedeutung. Eine gängige Definition von „Agilität“ in Enzyklopädien ist „die Fähigkeit, sich schnell und einfach zu bewegen“. Am Ende des Tages ist genau diese Definition das Ziel und der Grund, weshalb Organisationen an Agilität interessiert sind. Die Fähigkeit, sich schnell und einfach zu bewegen, ist notwendig, um mit ständigen Veränderungen umzugehen. Doch es ist genauso wichtig zu beurteilen, wann es richtig ist, sich zu bewegen und wann nicht. Neben der Unterstützung von Projektmanagern und Teams bei der Auswahl geeigneter Methoden und bei deren Umsetzung kann ein PMO bestehend aus Projektexperten, die bereits eine Reihe praktischer Methoden im Repertoire haben und über umfangreiche Kenntnisse ihres Geschäftsumfelds (Organisation, Kollegen, Partner, Lieferanten, Kunden und Märkte) verfügen, für diese strategische Aufgabe bestens geeignet sein. Das würde viele projektbezogene Probleme lösen. Beispielsweise könnte ein solches PMO das Projektportfolio viel besser priorisieren und sicherstellen, dass es nur so viele Veränderungsprojekte gibt, wie die Organisation bewältigen kann. Es könnte auch beim Frank Döttling Frank Döttling ist Senior Consultant und Interim Manager der amontis consulting ag in allen Bereichen des Change und Projektmanagements. Er verfügt über ein abgeschlossenes Studium der Wirtschaftswissenschaften sowie einen MBA. Sowohl erfahren im C-Level Konzern als auch Mittelstand betreut er in seinen Mandaten Unternehmen aus den Branchen Aerospace, Defense und Automotive. Außerdem lehrt er in MBA Studiengängen an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt, Nürtingen, sowie an der Hochschule Esslingen, University of Applied Sciences. Anschrift: amontis ag, Kurfürsten Anlage 34, 69 115 Heidelberg, Tel.: +49 6221 1416 0, eMail: welcome@amontis.com Arlette Dumont du Voitel Arlette Dumont du Voitel ist Managing Partner der amontis consulting ag und Consultant, Interim Manager, Trainer und Coach in allen Bereichen des Change und Projektmanagements. Ihr Werdegang ist nicht nur aus kultureller Sicht divers, sondern auch aus fachlicher. So verfügt sie über ein abgeschlossenes Studium in Wirtschaftswissenschaften, Management, Design sowie ein MBA und ist u. a. vom PMI® als Project Management Professional (PMP®) und PMI Agile Certified Practitioner (PMI-ACP®) sowie als International Multidisciplinary Change Manager (IMCM®) und Professional Scrum Master (PSMI®) zertifiziert. Anschrift: amontis ag, Kurfürsten Anlage 34, 69 115 Heidelberg, Tel.: +49 6221 1416 0, eMail: welcome@amontis.com Dr. Roland Dumont du Voitel Dr. Roland Dumont du Voitel ist Managing Partner / CEO der amontis consulting ag. Er ist ein erfahrener Strategie- und Managementberater, Trainer und Coach mit einem breiten internationalen Hintergrund. Ein wesentlicher Schwerpunkt ist das Interimsmanagement in Vorstands-Positionen mit dem Auftrag namhafter Unternehmen, Fusionen und Turnarounds zu realisieren. Anschrift: amontis ag, Kurfürsten Anlage 34, 69 115 Heidelberg, Tel.: +49 6221 1416 0, eMail: welcome@amontis.com Wissen | Das neue PMO: agil und doch klassisch 27 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0101 Management von Ressourcen, Risiken und Schnittstellen zwischen Projekten helfen, gerade dann, wenn diese unterschiedliche Methoden verwenden. Wenn das PMO neben den Projektmanagementkompetenzen auch Experten für Change Management umfasst, verfügt die Organisation über eine multidisziplinäre Managementstruktur, die ihnen nicht nur hilft, sich schnell und einfach zu bewegen, sondern auch effektiv und nachhaltig. Und doch: Das PMO als strategische Führung des Projektportfolios So würde das PMO schlussendlich doch die Vision der Top-Beratungen und Projektmanagement-Leitfäden erfüllen und zu einem sehr effektiven strategischen Führungsorgan werden können, sofern Organisationen es auf dieser strategischen Ebene auf Augenhöhe der Geschäftsführung verankern. Insbesondere vor dem Hintergrund der agilen Transformation, die für viele etablierte, hierarchisch ausgerichtete Organisationen einen körperverdrehenden Spagat zwischen der heutigen Routine und der gewünschten zukünftigen Arbeitsweise abverlangen, wäre das PMO- - bildlich gesprochen- - das benötigte Gelenk, um diesen akrobatischen Akt vollziehen zu können, ohne sich die Knochen zu brechen. Eingangsabbildung: © iStock.com/ fizkes Literatur [1] PMI.org: Success in disruptive times, PMI’s Pulse of the Profession ®- 2018 https: / / www.pmi.org/ -/ media/ pmi/ documents/ public/ pdf/ learning/ thought-leadership/ pulse/ pulse-of-the-profession-2018.pdf (Stand: 26. 02. 2020) Gunnar Scheffler Gunnar Scheffler hat Luft- & Raumfahrtechnik studiert und als Flugversuchsingenieur in der Erprobung von Kampfflugzeugen gearbeitet. Seit über 20 Jahren leitet er für Unternehmen der ITK-Branche Programme und Projekte nach traditionellen und agilen Verfahren. Mit bis zu mehreren hundert Mitarbeitern und zig Mio Budget schöpfte er bislang Werte im bis zu dreistelligen Mio Bereich. Die Schwerpunkte seiner inzwischen über 50 Projekte waren Migrationen, Post Merger Integrationen und Produktneueinführungen. Gunnar Scheffler ist geschäftsführender Gesellschafter der VIRTRION GmbH und Partner der amontis Consulting AG. Anschrift: Virtrion GmbH, Im Sanktwendel 33, 64 342 Seeheim, Telefon: +49 160 97 268 359 eMail: kontakt@virtrion.com Scrum, Kanban, PRINCE2 ® , IPMA Ressourcenmanagement Multiprojektcontrolling Projektportfolio Angebote und Rechnungen projektron.de Wir suchen Mitarbeiter für: München / Stuttgart Hamburg / Berlin Projektmanagement-Software Projektron BCS Anzeige Wissen | Das neue PMO: agil und doch klassisch Agile Unternehmensführung Andreas Schliep Für eilige Leser | Die meisten Unternehmen haben bereits erkannt, dass sie mit agilen Denkweisen und Vorgehensmodellen eine Vielzahl von Aufgabenstellungen wirksamer angehen können. Und doch erscheint es allzu oft schwierig oder gar unmöglich, die bestehenden Strukturen, den Webteppich des Unternehmens, an die neuen Konzepte anzupassen. Doch was ist der Schlüssel zur erfolgreichen und nachhaltigen Einführung? Schlagwörter | Agil, Organisation, Bauchgefühl, Produktmanagement, Scrum, Produktdenken Bauchgefühl ist ein schlechter Ratgeber Ein Manager, der etwas auf sich hält, muss heutzutage „Agil“ in seinem Portfolio stehen haben. Man muss ja schließlich mit der Zeit gehen. Und was die anderen machen, kann ja auch nicht verkehrt sein? Von der Dotcom-Blase bis hin zu den neuesten Wirtschaftsskandalen: Wir dachten doch, dass die Gestaltung und Leitung von Unternehmen inzwischen nicht mehr auf den Bauchentscheidungen und egoistischen Bedürfnissen einiger weniger Lenker basieren sollte. Die wissenschaftlich orientierte Führung hat uns doch Analyse-Methoden, Erfolgsstrategien, Unternehmenswerte und Projektmanagement beschert. Und doch sehen wir immer noch gerade bei der Planung und Umsetzung sogenannter „Agiler Transformationen“ sehr viel Unwissen, Bauchgefühl, Gutdünken-- und wenig qualifizierte Herangehensweisen. Die Bandbreite der Einführungen reicht von gerade mal toleriertem Wildwuchs-- ein paar Teams machen irgendwelche Dinge anders als vorher- - über punktuell erfolgreiche, aber nicht skalierbare Pilotprojekte, bis hin zu massiven Umstellungen. Letztere zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie mit einem großen, vorgefertigten „Big Picture“ vor allem eines bedienen: das Bauchgefühl der Verantwortlichen. Die Misere kommt nicht durch einen Mangel an Qualifikation. Sie kommt auch nicht durch einen Mangel an Einsatzbereitschaft, Motivation oder Veränderungswillen. Manche Fürsprecher der „Agilen Szene“ haben den wesentlichen Faktor schnell identifiziert: Es fehle das richtige, agile Mindset -- im Grund genommen also wieder das Bauchgefühl. Wenn es sich richtig anfühle, auf Veränderungen zu reagieren, Individuen und Interaktionen voranzustellen, mit Kunden zusammenzuarbeiten und dabei das Produkt im Vordergrund zu haben, dann würde es auch funktionieren. Im Zweifelsfall findet man die Schuld für das Scheitern wieder bei den Führungskräften. Unternehmenslenker haben nicht die richtige Strategie, Projektmanager haben nicht das richtige Vorgehen, Lenkungsausschüsse verweigern sich dem Wandel. Ich war selbst viel zu oft der Überzeugung, dass ein Scheitern der Agilen Transformation vor allem am Management lag. Einem Management, das sich wissenschaftlichen Ansätzen gegenüber blind stellte. Führungskräfte, denen es mehr um Status und Ego als um die Unternehmensziele ging. Techniker, die in Leitungspositionen befördert wurden, für die sie in Wirklichkeit weder Eignung noch Neigung empfinden. Dabei bin ich in die gleiche Falle getappt wie die Menschen, die ich zu kritisieren pflegte. Ich habe mein Bauchgefühl über die wissenschaftliche Methode gestellt. Also noch einmal von vorne. Die Schlüssel zum gemeinsamen Vorankommen sind Verständnis und Verständigung. Wenn Unternehmen die Wirkung von agilen Vorgehensweisen für sich nutzen wollen, wenn die Einführung neuer Methoden im größeren Umfang als bei einzelnen Teams oder in Ausgliederungen funktionieren soll, braucht es einen neuen Führungsansatz. Wissen Agile Unternehmensführung DOI 10.2357/ PM-2020-0102 31. Jahrgang · 05/ 2020 29 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0102 Eine lernende, teamorientierte Organisation aufbauen Eine der ersten Fragen, die wir unseren Klienten stellen, ist: „Was möchten Sie mit der Agilität erreichen? “ Agile Methoden sind wie alle anderen Vorgehensweisen auch schließlich nicht Selbstzweck, sondern dafür da, bestimmte Ziele zu erreichen. Ohne eine klare Definition dieser Ziele sind wir wieder beim Bauchgefühl. Die erste Antwort auf diese Frage hängt natürlich ganz klar davon ab, mit welcher Führungsebene im Unternehmen wir sprechen. Eine Aussage wie „Das Management hat Agile als Zielsetzung innerhalb der Strategie zur Digitalisierung gesetzt und sucht jetzt nach einem Umsetzungsplan für die Agile Transformation“ lässt uns aufhorchen. Das klingt zu sehr nach „wir halten das für eine gute Idee“. Selbst uns als agile Vorreiter geht es nicht um den Erfolg von „Agile“, sondern um den Erfolg unserer Klienten. Und diesen Erfolg müssen Unternehmen für sich selbst definieren. Von den ersten Ansätzen des Scientific Managements über die Entwicklung des Toyota Production Systems und Lean Managements bis hin zur Familie der agilen Vorgehensweisen zieht sich ein roter Faden: Wir versuchen ein ganzheitliches Bild eines Arbeitssystems herzustellen, insbesondere der Bedürfnisse und Potenziale der beteiligten Menschen. In der heutigen Zeit geht es dabei spezifisch um Arbeitsumgebungen, die die richtigen Resultate für ihre Kunden hervorbringen, die ihre Zusammenarbeitsfähigkeit verbessern können, und dabei auch noch Individuen den Raum zur persönlichen Fortentwicklung bieten [1]. Eine solche Umgebung bereitzustellen, wäre demnach also das höchste Ziel eines Change-Vorhabens. Eine solche Klarheit hinsichtlich der Ziele erleben wir eher selten. Wie jeder Projektleiter aus eigener leidvoller Erfahrung bestätigen kann, ist es überaus mühsam mit beweglichen Zielen zu arbeiten. Daher kann es hilfreich sein, im Führungskreis über diese drei Punkte sehr klar und deutlich zu sprechen- - und die jeweiligen Erwartungen oder Hemmfaktoren festzuhalten. - Wert für den Kunden schaffen: Der Fokus von Mitarbeitern, Teams, Abteilungen, Bereichen wechselt von der Erfüllung von Plänen hin zur Lieferung von messbarem Nutzen. Kundenzufriedenheit oder gar Begeisterung sind keine exklusiven Ansprüche von Marketing oder Produktmanagement. - Zusammenarbeitsfähigkeit verbessern: Die Leistungsfähigkeit von Teams wird zu einer der Teamaufgaben selbst. Faktoren der Leistungsfähigkeit sind übrigens auch Vertrauen, Psychologische Sicherheit, Selbstmanagement und Konfliktfähigkeit. - Raum für Lernen schaffen: Es reicht nicht, Aus- und Fortbildungsmaßnahmen aufzusetzen. Die Entwicklung der einzelnen Mitarbeiter hängt auch davon ab, wie gut sie in ihrem eigenen Arbeitsumfeld dazulernen können. Warum Transformations-Projekte keinen Sinn machen Vor gar nicht so langer Zeit erreichte uns die Anfrage eines größeren Unternehmens zur Unterstützung ihrer Agilen Transformation. Es waren drei Gewerke zur Transformation ausgeschrieben: die strategische Ausarbeitung eines Konzepts, die Ausgestaltung eines entsprechenden Plans sowie die Durchführung der geplanten Umsetzungsmaßnahmen. Leider konnten wir dem potenziellen Klienten nicht klarmachen, dass schon ihre grundsätzliche Herangehensweise die falsche war. Dabei mag dieser Ansatz aus Projektmanagementsicht sinnvoll klingen. Schließlich wollen wir ja nicht planlos und nach reinem Bauchgefühl an die Sache herangehen. Diese Anfrage ist ein typisches Symptom einer hierarchischen Unternehmenskultur, bei der die Grundsätze und Ziele von der Executive-Ebene an das Management weitergegeben werden, die dann eine entsprechende Umsetzung konzipieren, gestalten und überwachen sollen. Dieses Verfahren hat sich für eine Vielzahl von Vorhaben bewährt- - nämlich diejenigen, die wir in der Sprache der Komplexität als kompliziert ansehen [2]. Bei komplizierten Problemen können wir die Zielvorstellungen und Lösungsansätze durch gutes Anforderungs- und Projektmanagement herausarbeiten, bevor wir uns an die Umsetzung machen. Leider funktioniert dieser Ansatz nicht, wenn uns zu viele Überraschungen und Wechselwirkungen auf unserem Weg begegnen. Hier sehen wir den fundamentalen Unterschied zwischen Projekt- und Produktdenken. Während wir bei komplizierten Projekten die grundsätzlichen Fragen initial klären können, haben wir es beim Management von komplexen Produkten mit einem dynamischen Prozess zu tun. Wir müssen uns bei der Produktentwicklung immer wieder mit den Änderungen der Kundenansprüche, des Marktes, der Umwelt und unserer eigenen Erkenntnisse auseinandersetzen. Das eiserne Dreieck des Projektmanagements wird zu einem flexiblen Viereck des Produktmanagements. Abbildung 1: Das „eiserne Dreieck“ des Produktmanagements und das flexible Viereck des Produktmanagements. Wissen | Agile Unternehmensführung 30 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0102 Im Produktmanagement haben wir es mit vier wesentlichen Risiken zu tun [3]: 1. Das falsche Problem: Wir arbeiten an den Problemen und Herausforderungen des Kunden vorbei. Leider kann uns der Kunde meistens seine Bedürfnisse nicht vorab explizit schildern-- wir brauchen also eine Vorgehensweise, die es uns ermöglicht, uns an die wahren Bedürfnisse anzunähern. 2. Die falsche Lösung: Wir haben den Kunden verstanden, kommen aber mit einer für ihn nicht umsetzbaren, passenden, bequemen Lösung. Auch die Sondierung der sinnvollen Lösungsansätze lässt sich im komplexen Umfeld am besten in kleinen, aufeinander aufbauenden Teilschritten angehen. 3. Scheitern an der Umsetzung: Das beste Produktkonzept nützt nichts, wenn es sich aufgrund von technischen oder sonstigen Rahmenbedingungen nicht umsetzen lässt. Ein Vorgehen, bei dem wir die größten Risiken sehr früh angehen, hilft eine teure Fehlentwicklung zu vermeiden. 4. Wirtschaftlicher Fehlschlag: Die Kunden sind glücklich, das Unternehmen ist pleite. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit eines Geschäftsmodells muss frühzeitig herausgefordert und kontinuierlich betrachtet werden. Natürlich gibt es klassische Lösungsansätze für diese Herausforderungen. Genau genommen sind strukturierte Projektmanagement-Methoden in vielen Fällen den agilen Ansätzen vorzuziehen-- wenn wir es eben nicht mit beweglichen Zielen zu tun haben. Unternehmen an Produkten orientieren? Stellen wir uns für einen Moment ein rein produktorientiertes Unternehmen vor. Wie würde ein solches Unternehmen aufgebaut sein? Einen Ansatz bietet mein Kollege Peter Beck: Nach Scrum [4]. Der CEO gestaltet als Product Owner oder Leiter des Produktmanagements die Ausrichtung vor. Mittels der Produktvision und des Product Backlogs sorgt er dafür, dass alle Mitarbeiter jeweils an den wichtigsten Dingen arbeiten. Die Mitarbeiter arbeiten als echtes Team zusammen an den gemeinsamen Zielen, tragen die Verantwortung für ihre Arbeitsprozesse und die Koordination mit Lieferanten und Kunden. Die Strukturen für die Zusammenarbeit gestaltet ein Scrum Master-- wir sagen auch, der Scrum Master „fazilitiert“ die Arbeit des Teams (vgl. Abb. 2). Richtig, in einem rein produktorientierten Unternehmen entspricht die Aufbauorganisation der Ablauforganisation. Es gibt keine in der Matrix aufgehängten Projektteams, die aus zu unterschiedlichen Anteilen zu den einzelnen Kostenträgern zugeordneten Mitarbeitern bestehen. Es gibt nur das Team- - oder eben mehrere Teams, unter der Führung eines einzigen Product Owners. Peter Beck verwendet für dessen Position die simple Formel: Eigentümerschaft-= Führung plus Einfluss. Die Zusammenarbeit wird durch moderierte Selbstverwaltung geprägt. Eine schöne Utopie? Für viele kleinere Unternehmen, unter anderem uns selbst, ist diese Aufstellung Realität. Nach wie vor haben die meisten größeren Unternehmen Schwierigkeiten, die Umstellung von den bisherigen Strukturen auf einen neuen Arbeitsmodus-- und dann auch noch auf einen neuen organisatorischen Aufbau zu schaffen. Die Bandbreite der Fehlschläge reicht von einem Spagat zwischen agilen Vorgehen innerhalb der klassischen Organisation, über ausgegliederte Innovations-Zentren, deren Erkenntnisse und Ergebnisse sich oft nicht in das Mutterunternehmen integrieren lassen, bis hin zu massiven zentral gesteuerten „Rollouts“, sogenannter agiler Skalierungs-Rahmenwerke. Das produktorientierte Unternehmen scheint also eine Nischenerscheinung zu sein, beschränkt auf Start-ups oder nicht allzu große Unternehmungen. Oder könnte man sich vorstellen, innerhalb eines größeren Konzerns „agile Blasen“ zu schaffen, die miteinander und mit den anderen Unternehmensbereichen über Liefergegenstände kommunizieren? Eventuell, wenn diese separaten Bereiche weitestgehend autark Mehrwert für die Kunden schaffen können. Das Unternehmen als Produkt sehen Agile Arbeitsformen mit einer wirksamen Einbindung in das Gesamtunternehmen erreicht man also nicht durch Bauchgefühl, Projektmanagement oder vorgekaute Methodologien. Die Einführung dieser Arbeitsformen gestaltet sich derart komplex , weil wir mit jeder Änderung am System auch wieder neue, bislang unbekannte, Einflussfaktoren entdecken und berücksichtigen müssen. Dafür gibt es keinen 5-Jahres-Plan, und kein sinnvolles Anforderungsmanagement. Wenn wir Abbildung 2: Zusammenspiel der Rollen in Scrum Wissen | Agile Unternehmensführung 31 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0102 in diesem Feld methodisch vorgehen wollen, benötigen wir auch der Komplexität angemessene Arbeitsformen. Ansonsten kann es sein, dass wir - im Grunde genommen ganz andere Probleme im Unternehmen lösen müssen, zum Beispiel einen über viele Jahre entstandenen Vertrauensverlust, - agile Methoden dort einsetzen, wo sie nicht optimal wirken können, oder Vorhaben gar verkomplizieren- - gerade im komplizierten Bereich, - die Herausforderungen bei der Umsetzung komplett unterschätzen, insbesondere die erforderlichen Qualifikationen und Erfahrungen, - bei aller Agilität in den Teams das große Ganze aus den Augen verlieren und dadurch die gewünschte Wertschöpfungen oder Einsparungen nicht erreichen. Die hier aufgelisteten Risiken erinnern nicht zufällig an die Risiken beim Design und Management von Produkten. Die agile Organisation kann man als Produkt der kontinuierlichen Verbesserung betrachten. Durch diese Betrachtungsweise fallen natürlich schon einmal ein paar Schlussfolgerungen ins Auge: - Im Gegensatz zu einem Projekt ist eine Produktentwicklung niemals „fertig“. Es sei denn, das Produkt wird abgekündigt. Daher ist es fast schon absurd, von Transformations-„Projekten“ zu reden. - Ein erfolgreiches Produkt erreicht man durch kompetentes Produktmanagement, nicht durch sorgfältiges Projektmanagement. - Produktmanagement erfordert einen Produktmanager- - kein Gremium, keine Basisdemokratie, sondern eine Person. In Scrum nennen wir diese verantwortliche Person übrigens den Product Owner . - Das Produktmanagement für „Agilität“ muss auch das entsprechende Marketing betreiben. Die Kunden sind in diesem Fall die Mitarbeiter des Unternehmens, die mit dieser „Agilität“ besser die Ziele des Unternehmens erreichen sollen als vorher. Dadurch kehren sich natürlich auch die Führungsaufgaben um. Anstelle von Anordnung und Ausrollen treten Angebot und Unterstützung. Die nächste Version des Unternehmens ist das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen dem Produktmanagement des Wandels und der beteiligten Mitarbeiter. Doch dieses Angebot müssen einem die Mitarbeiter erst einmal abkaufen. Es läuft also auf die Frage hinaus: was ist der Job to be Done für unsere agilen Bemühungen [5]; welchen funktionalen, emotionalen und sozialen Fortschritt erreichen die Mitarbeiter damit? Würden Sie eventuell mit einer besseren Gestaltung der vorhandenen Prozesse und Methoden besser fahren? Wenn wir vorher eine Situation haben, in der das Bauchgefühl einiger Entscheidungsträger die gesamte Methodik sabotiert-- würde sich das durch eine andere Methode wirklich ändern? Methodenvielfalt statt Vereinheitlichung Wir haben bereits festgestellt, dass traditionelles Projektmanagement bei komplexen Herausforderungen nicht funktioniert. Im Umkehrschluss sind agile Vorgehensweisen bei gut planbaren, komplizierten Vorhaben schlichtweg ineffizient. Bei der Renovierung eines Hauses verwenden wir ja auch nicht das gleiche Werkzeug für alle Aufgaben. Wir wählen das Werkzeug, dass die Aufgabe am besten erfüllt. Was wir suchen, ist ein breites Verständnis über die verfügbaren Methoden und die Kompetenz, die richtigen Methoden auswählen zu können. Im Marketing spricht man hierbei von Kundensegmenten. Eine der größten und wichtigsten Aufgaben bei der Platzierung von Produkten ist es herauszufinden, für wen sich dieses Produkt überhaupt nicht eignet. Mit dieser Erkenntnis lässt sich unser Produkt im Zielmarkt dementsprechend besser positionieren. Niemand würde auf die Idee kommen, eine Schlagbohrmaschine mit einem Farbroller zu kombinieren. Ein solcher Hybrid würde wahrscheinlich beide Jobs schlecht erfüllen. Deshalb sind Ansätze, agile und traditionelle Vorgehensweisen zu einem einheitlichen Prozess zu vereinen, von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die Resultate, die wir in unserer Praxis schon erlebt haben, führen nicht zu den gewünschten Einsparungen oder Wettbewerbsvorteilen. Stattdessen gilt es, die Vielfalt zu unterstützen. Im Unternehmen entsteht ein Flickenteppich von verschiedenen Methoden für verschiedene Zielsetzungen. Dabei müssen Projektleiter und Produktmanager Hand in Hand arbeiten, um die Übergangspunkte der einzelnen Bereiche nicht zu bottlenecks werden zu lassen. Die Kompetenzen des Projektmanagements werden dabei nicht mehr vorrangig genutzt, um Arbeit zu organisieren, sondern um Arbeitssysteme weiterzuentwickeln. In kleinen, auf Produkte fokussierten Unternehmen, übernehmen Fazilitatoren oder Scrum Master die Verantwortung für die Weiterentwicklung des Arbeitssystems. Es gibt keine Trennung zwischen der Arbeit an Produktzielen und der Arbeit an Systemverbesserungen. Der CEO steuert als Product Owner, Abbildung 3: Entwicklung von agilen Transformationen Wissen | Agile Unternehmensführung 32 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0102 welche Maßnahmen zur Wertschöpfung, Steigerung der Produktivität, oder Erhöhung der Kompetenzen gerade im Fokus stehen. In Großunternehmen braucht es erst einmal Raum für den Aufbau von produktorientierten Zellen. Die Verbindung der Bereiche und Einheiten erfolgt über die Visualisierung der Wertschöpfung und Delegation von Verantwortung. Das lässt sich nur über die Einbindung der eigenen Kompetenzträger erreichen. Externe Berater können dabei unterstützend wirken- - aber sie können einem ebenso wenig die harte Arbeit an dem Wandel der Unternehmung abnehmen, wie ein Personal Trainer seinen Klienten das eigene Training abnehmen kann. Als Leitbilder für den so entstehenden organisatorischen „Flickenteppich“ lassen sich die Werte und Prinzipen des Lean Managements heranziehen (vgl. Abb. 3). Ein Unternehmens-Rahmenwerk um diese Eckpfeiler haben wir zusammen mit mehreren Ausbildern und Autoren versucht, in ScALeD festzuhalten [6]. Inzwischen sehen wir ScALeD nicht mehr als Skalierungs-Ansatz zur Produktentwicklung, sondern als generelle Orientierungshilfe für eine Unternehmenskultur, die Agilität einschließen kann, ohne dabei die eigene Identität zu verlieren. 1 Das Ruder herumreißen Für so manche Unternehmung könnte sich aus diesen Darlegungen der Eindruck ergeben, man hätte lieber mit der Einführung von agilen Methoden noch etwas gewartet. Der Ansatz, die neuen Kompetenzen als Produkt zu betrachten und zu managen, bietet aber auch Chancen für Unternehmen, die bereits agile Arbeitssysteme im größeren Stil im Einsatz haben. Es ist durchaus möglich, von einem projektorientierten zu einem produktfokussierten Ansatz zu wechseln. Was in der IT oder bei Consumer-Produkten funktioniert, kann auch in der Organisationsentwicklung klappen. Voraussetzung dafür sind ein gemeinsames, geteiltes Verständnis über die neue Ausrichtung, und die Integration der bisherigen Initiativen und Perspektiven. Selbst wenn man dafür wieder auf Schritt null der „Agilen Transformation“ zurückgehen muss. Denn unter Umständen hat man viel weniger erreicht, als man durch einen Projektfortschritt der „Transformation“ ablesen kann. ScALeD bietet auch zu diesem Bereich kritische Fragen: 1. Haben sich durch die Einführung agiler Methoden die Fokussierungen auf die Wertschöpfung, die Kundenzufriedenheit, die Reaktionszeit auf Veränderungen verbessert? 2. Gibt es einen spürbaren- - idealerweise messbaren- - Anstieg der Mitarbeiterzufriedenheit? 3. Verbessert sich die Zusammenarbeit der verschiedenen Bereiche und Teams, entsteht ein wirkungsvoller Fluss im Arbeitssystem? 4. Steigen Wissen und Kompetenz des Unternehmens? Wird genug Entwicklungsraum geboten? 5. Bieten die neuen Strukturen tatsächlich bessere Bedingungen für Teamwork und Selbstmanagement, oder wurden einfach bestehende Strukturen umbenannt, um „agiler“ zu klingen? Auch wenn die ehrliche Antwort auf diese Fragen frustrierend sein kann-- nur durch diesen harten Realitätscheck lässt sich die Grundlage für eine effektive Einbindung agiler Methoden in den Unternehmenskontext erreichen. Agilität ist kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck-- und den gilt es als Erstes zu bestimmen! Eine Unternehmensführung kann sich nicht darauf ausruhen, per Unterschrift mal eben Mittel für eine „Agile Transformation“ freizugeben und sich dann bequem zurücklehnen und die Früchte genießen. Den richtigen unternehmerischen Kontext zu setzen für eine Vielfalt von Vorgehensmodellen erfordert ein hohes Maß an Fokus, Mut, Offenheit, Respekt und Hingabe. Nicht zufällig sind dies die Werte von Scrum. Literatur [1] Hackman, J. Richard: Leading Teams. Setting the Stage for Great Performance, Harvard Business Review Press, Boston MA 2002. [2] Snowden, David J./ Boone: A Leader’s Framework for Decision Making, In: Harvard Business Review 11 / 2007. [3] Cagan, Marty: Inspired. How to Create Tech Products Customers Love, John Wiley & Sons Inc, Hoboken NJ 2017. [4] Beck, Peter: Scrum ist Agile Leadership, https: / / www. dasscrumteam.com / de / blog / scrum-ist-agile-leadership-teil-1, Stand 10. 09. 2020. [5] Christensen, Clayton M.: Competing Against Luck. The Story of Innovation and Customer Choice, Harper Collins, New York NY 2016. [6] Beck, Peter / Gärtner, Markus / Mathis, Christoph/ Roock, Stefan / Schliep, Andreas: ScALeD Agile Lean Development- - Die Prinzipien, http: / / scaledprinciples.org / de/ , Stand: 10. 09. 2020. Eingangsabbildung: © iStock.com / francescoch Andreas Schliep Andreas Schliep DasScrumTeam AG Bahnhofstr. 21 6300 Zug SCHWEIZ Telefon: +49 151 22 366 626 eMail: andreas.schliep@dasscrumteam.com Wissen | Agile Unternehmensführung 33 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0102 Changes als besondere Herausforderung für projektorientierte Führung Christian Majer, Ines Schubiger Für eilige Leser | Auch in einer VUKA-Welt mit immer mehr selbstorganisierenden agilen Teams wird Führung in absehbarer Zeit nicht obsolet. Projektmanagement kann als Führungsinstrument bei Veränderungsvorhaben sehr effektiv eingesetzt werden. Wesentlich dabei ist ein sensibler Umgang mit MitarbeiterInnen und eine sozial kompetente Herangehensweise. In diesem Beitrag werden sowohl unterschiedliche Veränderungstypen und Vorgehensmodelle reflektiert als auch die Konsequenzen einer systemischen Organisationsauffassung hinsichtlich Führungsverhalten diskutiert. Am Ende finden sich die gewonnen Erkenntnisse in Form von verdichteten Gestaltungsempfehlungen. Schlagwörter | Change-Projekt, Veränderungstypologie, komplexes Organisationsparadigma, Phasenmodelle, Changemanagement, Leadership, Change-Eisberg-Modell 1. Einleitung: Changes überall-- Ist jede Veränderung ein Change? Die Welt ist komplexer geworden und Führung wird zusehends überflüssig. Stimmt das auch? Agile sich selbstorganisierende Teams ganz ohne Projektleiter/ in und virtuelle Meetings, die nur mehr einen Moderator benötigen. Es gibt einige Beispiele aus der Praxis (Laloux 2015), dass dies tatsächlich im Berufsalltag funktionieren kann. Alles nur eine Frage der Kultur. So einfach? Doch wie bekommt man das hin, so eine neue Kultur mit teamorientierter, nicht-hierarchischer Werthaltung und fokussierter Selbstverantwortung? Wir wollen hier generisch den Einsatz von Projektmanagement als Führungsinstrument im Rahmen von Veränderungsvorhaben vor allem aus der Perspektive von Kulturveränderung und Akzeptanzsicherung betrachten. Weiters haben wir ein konkretes Changeprojekt als Praxisfall (siehe den Beitrag Schubiger / Majer: Digitalisierung-- mit hybridem Projektmanagement-Ansatz durch die Krise in diesem Heft) mit kritischer Reflexion entlang der einzelnen Projektphasen analysiert. 1.1 Changemanagement-- Abgrenzung und Verortung Veränderungen und Changemanagement sind allgegenwärtig. Panta rhei - - alles fließt- - hieß es schon bei Heraklit vor mehr als 2.000 Jahren. Aber nicht jede Veränderung ist automatisch ein Change. Wir wollen hier den sogenannten KVP-- Kontinuierlicher Verbesserungsprozess-- einerseits und die klassische Organisationsentwicklung andererseits von Change-Projekten unterscheiden, die Top-down gestartet und meist mit klaren und befristeten Zielvorstellungen versehen sind. Aber warum ist Changemanagement heutzutage überhaupt so omnipräsent? Die kurze Antwort: Organisationen lassen sich nicht mehr so autoritär führen und ändern wie vor 50 Jahren. Der Kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) oder PDCA-Kreislauf steht für kontinuierliche kleine Schritte der Verbesserung. Plan-Do-Check-Act bedeutet bestehende Prozesse zu optimieren, aus Fehlern zu lernen, besser zu werden. Die klassische Organisationsentwicklung (OE) verfolgt zwei Ziele: Rationalisierung, sprich Effizienzsteigerung einerseits und Humanisierung der Arbeitswelt anderseits, die im Gleichklang angestrebt werden. Beiden Konzepten liegt ein Wachstums- und Entwicklungsmodell zugrunde, das eine gemächliche Anpassung und Optimierung in einer relativ stabilen Umwelt verfolgt. Wir wollen hier Change im Gegensatz dazu als disruptive oder diskontinuierliche organisatorische Transformation verstehen (Hochreiter 2006, S. 15 f.), als geplanter Wandel, der zielorientiert meist als Projekt gesteuert wird. Die Welt ist dynamischer geworden, Veränderungen im Umfeld von Organisationen werden immer schneller: Tech- Wissen Changes als besondere Herausforderung für projektorientierte Führung DOI 10.2357/ PM-2020-0103 31. Jahrgang · 05/ 2020 34 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0103 nologie-Sprünge, Wertewandel der Gesellschaft, politische Veränderungen. Unternehmen müssen zeitgerecht darauf reagieren, manche Trends gar antizipieren, um am Markt mithalten zu können. Das statische Zeitalter ist vorbei. Nicht nur die Wirtschaft ist VUKA (Volatilität-- Unsicherheit-- Komplexität-- Ambivalenz), sondern die Welt als Ganzes, und Organisationen müssen damit umgehen (lernen). Vor dem Hintergrund dieser neuen VUKA-Welt wurde das Management der diskontinuierlichen Veränderungen zur Chef-Sache. Aber entworfene Strategien und detaillierte Maßnahmen scheitern oft in der Implementierung. Nicht zuletzt, weil die Umsetzung meist zu technisch-rational angegangen, Bedürfnisse und Emotionen der betroffenen MitarbeiterInnen weitgehend übersehen oder vernachlässigt werden (Berner 2010, S. 3 ff.). Weiters haben sich die gesellschaftlichen Werte von einem „Befehl-Hierarchie-Disziplin“-Paradigma zu einer „Sinn-Partizipation-Eigenverantwortung“-Dominanz verschoben. Die Mitglieder von Organisationen lassen sich nicht mehr so einfach „gestalten“ und verändern. Changemanagement hat sich letztlich als eigene Management-Disziplin etabliert (Doppler/ Lauterburg 2014). 1.2 Veränderungstypologie Veränderung ist nicht Veränderung, daher hier der Versuch einer Kategorisierung anhand zweier Dimensionen: Wahrgenommene Veränderungsnotwendigkeit bzw. -dringlichkeit einerseits und die Veränderungsbereitschaft bzw. -fähigkeit einer Organisation als auch ihrer Mitglieder anderseits. Die Einschätzung der beiden Dimensionen ist subjektiv und variiert je nach Betrachtungsebene: Geschäftsführung, mittleres Management, operative Ebene. Weiters hat die Unternehmenskultur einen zentralen Einfluss auf die Bewertung. Ganz wesentlich ist die individuelle Vorgeschichte einer Organisation, die positiven oder negativen Erfahrungen mit Veränderungen aus der Vergangenheit (Berner 2010, S. 18 ff.). Veränderungen spielen sich stets im Wechselspiel von Psycho- und Organisationsdynamik ab, auch wenn sie noch so rational angelegt sind. Nicht nur Menschen, sondern auch Organisation- - verstanden als komplexe soziale Systeme- - reagieren auf Veränderungen. Abhängig von der Höhe der wahrgenommenen Bedrohung einerseits und dem Ausmaß der geforderten Einstellungs- und Verhaltensänderung andererseits zeigen sich unterschiedliche Emotionen: Angst, Ohnmacht, Desinteresse, Reaktanz- - ein Gemisch aus Unwille, Abwehr und Trotz (Berner 2010, S. 14 ff.) Die verschiedenen Veränderungstypen benötigen daher das jeweils adäquate Veränderungsdesign bzw. entsprechende Berücksichtigung in den einzelnen Phasen des Changes. Eine weitere Dimension der Veränderung kann im Betrachtungsobjekt der Veränderung gesehen werden. Mit Bezug auf Dilts Pyramide der logischen Ebenen (1998) können verschiedene Stufen unterschieden werden. Je höher, desto stärker ist die Identität, der Wesenskern einer Organisation betroffen. Werden bloß Tools oder Prozesse ausgetauscht, so ist der Change weit weniger dramatisch, als wenn es um andere Strukturen oder gar neue Wert und Glaubensätze geht. Dieses Modell basiert auf den Lerntypen nach Bateson (2006, S. 272), wonach zwischen Single-loop und Double-loop learning unterschieden wird. Ersteres ist ein einfaches Anpassungslernen, welches im Wesentlichen das bestehende Paradigma nicht verlässt. Der zweite Typ tauscht die Sichtweisen, Werte, Basisannahmen und stellt somit eine tiefgreifende Veränderung dar. Sinnbildlich gesprochen, vom Flachland in die Kugelwelt. 2. Organisationsauffassungen und Führung Um das Changemanagement besser greifen zu können, wollen wir hier unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich des Organisationsverständnisses beleuchten sowie Steuerungs- und Führungsansätze hinterfragen. 2.1 Organisationsverständnis: Triviale Maschine oder komplexes soziales System? Auf welchem Verständnis von Organisation und Mensch basiert der Change in den Köpfen der Beteiligten, vor allem des Managements? Werden Organisationen als Maschinen verstanden, so werden MitarbeiterInnen zu Schrauben und Muttern, Kolben und Verschleißteilen. ManagerInnen müssen darauf achten, dass kein Sand ins Getriebe kommt und alles wie geschmiert läuft . MitarbeiterInnen müssen demnach repariert oder ausgetauscht werden. Die Programmierung der Organisationsmaschine liegt in den Händen der Mana- Abb. 1: Change-Landkarte in Anlehnung an Berner 2010, S. 17. Für eine detaillierte Analyse des Changeprojekts viadonau siehe Schubiger / Majer in diesem Heft Wissen | Changes als besondere Herausforderung für projektorientierte Führung 35 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0103 gerInnen. Diese sind die denkenden Köpfe, die ArbeiterInnen die ausführenden Hände. So die Konzeption von F. Taylor in seinem Scientific Management (2011). Man möge meinen, da hat sich seither wohl viel geändert. Ja, das stimmt sicher. Aber doch so manche „innere Landkarte“ von Führungskräften folgt genau diesem mechanistischen Schema, gepaart mit einem gewissen Menschenbild. McGregor (2006) unterscheidet zwischen zwei Menschentypen: Der Theorie X einerseits, die Menschen als von Natur aus faul, uninteressiert, kontrollbedürftig, schwach, Orientierung suchend und unselbstständig charakterisiert. Und andererseits der Theorie Y, die Menschen als neugierig, engagiert, selbstbestimmt, eigenverantwortlich und leistungsbewusst beschreibt. Nun, was davon stimmt? ManagerInnen mit einer mechanistischen Auffassung und einer Theorie X im Kopf kommen zu sehr trivialen und einseitigen Vorstellungen von Veränderungsprojekten. Eine systemische Auffassung von Organisationen (Luhmann 2000, 2018) hingegen geht davon aus, dass es sich um komplexe soziale Systeme handelt, die lernfähig sind. Sie verfügen über Erwartungsstrukturen und entwickeln eine eigenständige Kultur mit gelebten Werten und sozialen Normen sowie der Fähigkeit zur Selbstorganisation. Unternehmen reproduzieren sich autopoietisch durch die Kommunikationen, die auf Kommunikationen folgen, oder konkreter durch Entscheidungen, die auf Entscheidungen folgen (Luhmann 2018, S. 240). Vor diesem Hintergrund werden ManagerInnen von linearen Gestaltern zu beobachtenden Wirklichkeitskonstrukteuren und Sinnmachern. Sie setzen Interventionen und versuchen, das System Organisation zu beeinflussen, Bedeutungen zuzuschreiben, Komplexität zu reduzieren, aber von Zeit zu Zeit auch wieder aufzubauen. Sie versuchen, Einfluss auf Ziele und Wirkungen des Unternehmens zu nehmen, können dieses aber nicht wie eine Maschine direkt steuern oder allmächtig „engineeren“ (Kasper/ Mayrhofer/ Meyer 1998). Systemische Steuerung führt zu einem bescheideneren Führungsverständnis, nämlich zu einem zyklischen Setzen von Interventionen und Beobachten. 2.2 Leadership ist gefragt-- kein nüchternes Management An einen Change, an die gewünschten Veränderungen, muss man als Führungskraft glauben. Sonst wird das nichts. Diese Zuversicht muss man ausstrahlen, sie muss spürbar werden. Fehlt diese, werden alle Ansprachen und Appelle zu Worthülsen und leerem Gerede. Die Gefolgschaft merkt das gleich. Führung kann bei Change-Vorhaben nicht einfach delegiert werden. Vorbildwirkung ist gefragt. Die sogenannte charismatische Führung nicht unbedingt, aber transformative Führung schon (Meyer / Steyrer 2010), nämlich die Fähigkeit Begeisterung zu entfachen, Teil der Veränderung werden zu wollen. Dies im Gegensatz zu einem transaktionalen Führungsstil, einer rationalen Verkaufstaktik, die Belohnung oder Incentives für erwünschtes Verhalten anbietet. Und noch weniger funktioniert der blinde Einsatz von Befehlsgewalt, Management by Anweisung, außer die MitarbeiterInnen sehen keine Alternativen, sind regional oder ausbildungsbedingt gefangen. Dieser Gehorsamkeits- und Ausbeutungs-Duktus befindet sich auf einem klaren Kurs zum Aussterben. Erfolgreiche Führung in Veränderungsprojekten bedeutet daher: Betroffene zu Beteiligten machen- - sichtbar sein- - einen Marathon laufen und nicht als Sprinter nach ein paar Abb. 3: Systemische Steuerung als zyklisches Setzen von Interventionen Abb. 2: Betrachtungsobjekte der Veränderung in Anlehnung an Dilts 1998 Wissen | Changes als besondere Herausforderung für projektorientierte Führung 36 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0103 Meter stehen bleiben- - für Feedback zur Verfügung stehen und dies auch aushalten. Welche Kompetenzen müssen / sollen / können Führungskräfte sich heutzutage daher aneignen? In Anlehnung an das Zwiebelschalen-Model (Majer / Schaden / Stabauer 2019, S. 193) lassen sich vier nachfolgende Gestaltungs- und Einflussbereiche unterscheiden. Die Einflussmöglichkeiten nehmen von direkt zu indirekt kontinuierlich ab. 1. Ich: Selbstmanagement heißt bei sich selbst anfangen. Nur eine integre Persönlichkeit kann andere führen. Ich muss mir als Führungskraft über meine Stärken und Schwächen bewusst sein. Hier geht es vor allem um Kommunikationsfähigkeit, Zeitmanagement, Konfliktfähigkeit, wie etwa aktiv Zuhören können, klare Ausdruckweise, sprachlich und non-verbal. Nicht zuletzt auch um die Fähigkeit, Meetings und Workshops zielorientiert moderieren sowie Prioritäten setzen zu können. 2. Team: Leadership ist Teamentwicklung und Empowerment. Hierbei geht es darum auf andere einzuwirken zu können, um mit ihnen gemeinsam Wirkungen zu erzielen. Es gilt Projektziele, erwünschte Changes zu „Wir-Zielen“ zu transformieren. Einen Rahmen zu etablieren, in dem gemeinsames Arbeiten möglich wird. Weiters ist sicherzustellen, dass die Potenziale aller Beteiligten erkannt und entsprechend genutzt werden. Die Hauptaufgabe einer Führungskraft besteht in einem Veränderungsvorhaben vor allem darin, das eigene Team gut durch Situationen von Unsicherheit zu führen. 3. Unternehmen / Organisation: Die Changeability der Organisation ist entscheidend, verstanden in einem integrativen Sinne von Strategie, Struktur und Kultur. Wie groß sind die Veränderungsbereitschaft und noch viel mehr die Veränderungsfähigkeit der bestehenden Organisation? In der Unternehmenskultur ist weitgehend festgelegt, inwiefern auf Team- und Lösungsorientierung gesetzt wird, Lernen aus Fehlern erlaubt ist und Diversität als Chance begriffen wird. 4. Inter-Organisational: Stakeholdermanagement ist ein kritischer Erfolgsfaktor bei Veränderungen. Wie können relevante Interessenpartner strategisch und nachhaltig nicht nur inhaltlich, sondern auch emotional in die Veränderungsprojekte integriert werden? Es gilt die Change-Story adäquat zu transportieren und auch relevante Andere so in organisatorische Lernprozesse miteinzubeziehen. Change-Projekte bringen oft auch ein bedeutendes Maß an Veränderungen für Führungskräfte mit sich, hinsichtlich Rolle und Aufgaben. Das Loslassen wird für viele Führungskräfte zur absoluten Challenge. Es gilt mit gutem Beispiel voranzugehen und gleichzeitig zu delegieren. Mehr noch: Auf die Selbstorganisationskräfte von Teams zu vertrauen und sie mit Entscheidungsbefugnissen zu „empowern“. Im Sinne einer Kontextsteuerung wird ein adäquater Rahmen aufgespannt, in dem Teams weitgehend selbstbestimmt vereinbarte Ziele verfolgen können, regelmäßig Reflexionen nutzen, um Fehler als Lern- und Entwicklungschancen zu realisieren. Es ist nicht unbedingt leicht für Führungskräfte, anderen Entscheidungen „zuzutrauen“, ihnen Aufgaben „anzuvertrauen“, auch sich selbst zu trauen, loszulassen. Schließlich bleiben sie ja Letztverantwortliche. Aber es ist machbar und notwendig. 2.3 Strategie-Struktur-Kultur als integrative Sicht Ohne Strategie kein Fokus. Struktur ist nicht alles, aber es bringt Effizienz. Kultur ist der Schlüssel zum Erfolg: Gelebte Werte und Haltungen machen den Unterschied. Eine effektive Balance von Sach- und Beziehungsebene schafft Wohlfühlen im Team und Erfolg im Job. Partizipative und schnelle Entscheidungsprozesse sind dabei ganz wesentlich. Die schnellen und dezentralen Entscheidungen ermöglichen flexibles Vorgehen, ähnlich wie es bereits bei den Kelten, Indianern und Wikingern praktiziert wurde. Es wird zwischen den sogenannten Governance-Entscheidungen, die die Spielregeln der gemeinsamen Arbeit definieren, und Operations-Entscheidungen, die den Spielverlauf betreffen, unterschieden. Für beide gibt es eigens optimierte Formate für Meetings (Strauch / Reijmer 2018, Robertson 2016). Im Kreis sind alle gleichberechtigt. Entscheidungen werden nicht durch hierarchische Macht oder Mehrheitsbeschluss gefällt, auch nicht durch basisdemokratischen Konsens, sondern mittels Konsent . Gegenüber diesen Entscheidungen gibt es keine schwerwiegenden und begründeten Einwände, und die Summe der Widerstände vom Team insgesamt sind Abb. 4: Organisationsdreieck zur Verortung eines Changes Wissen | Changes als besondere Herausforderung für projektorientierte Führung 37 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0103 Abb. 5: Change-Kurve nach E. Kübler-Ross (2014) Abb. 6: Drei-Phasen-Modell nach K. Lewin (2012) am geringsten. Diese partizipative und offene Kultur kann in Change-Projekten als Experiment eingesetzt werden und anschießend kritisch evaluiert werden. Ungeachtet dessen ist die Kultur im Sinne von gelebten Werten und Haltungen der Maßstab für erfolgreiche Change-Implementierungen. 2.4 Veränderungen lösen Emotionen aus-- Phasenmodelle im Überblick Die typischen Phasen einer Veränderung können in Anlehnung an Kübler-Ross (2014) wie folgt beschrieben werden: Eine Veränderung kann über einen Zeitraum hinweg von den Betroffenen verdrängt oder ignoriert werden. Dabei besteht eine gewisse Sorglosigkeit, es wird so getan, als gäbe es gar kein Problem. Die Bewusstwerdung wird meist als Schock (1) erlebt. Darauf folgt eine Phase (2) der Verneinung und Verleugnung, gekennzeichnet durch Statements wie ‚Das muss ein Irrtum sein‘ oder ‚So schlimm wird es schon nicht werden‘ . Hier kann sich aber auch heftiger Widerstand manifestieren, ‚Das lassen wir uns sicher nicht gefallen‘ , ‚Die werden noch ihr blaues Wunder erleben‘ . Erst mit dem rationalen Verstehen (3), der Einsicht, dass die Veränderung nicht abwendbar ist, stellt sich das Bewusstwerden der realen Situation ein. Mit der emotionalen Akzeptanz (4) der Tatsachen kommt es zu einem Tiefpunkt der subjektiv empfundenen Selbstständigkeit und Kompetenz. Dies ist meist gepaart mit Hoffnungslosigkeit und starker Frustration. Mit der Akzeptanz wird aber auch der Weg in Richtung Veränderung möglich. Erste kleine Schritte des Auslotens und Ausprobierens von Neuem werden gewagt. Ein oft zaghaftes Probehandeln (5) findet statt. Mit der Erkenntnis (6), dass das Neue auch Chancen und neue Möglichkeiten bietet, steigt das Selbstvertrauen wieder stark an und auch die Stimmung hebt sich deutlich. Die letzte Phase ist das Verankern des Neuen (7) und das endgültige Verabschieden vom Alten. Damit ist die Integration der Veränderung in den Alltag gelungen, der ‚Change ist verdaut‘. Die meisten Change-Ansätze sind als Phasen-Modelle konzipiert und berücksichtigen weitgehend den oben beschriebenen Verlauf individueller Emotionen. Das erste und bekannteste Veränderungsmodell stammt von Lewin (2012) und Wissen | Changes als besondere Herausforderung für projektorientierte Führung 38 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0103 besagt im Wesentlichen, dass ein Change aus drei Phasen besteht: Auftauen bestehender Kultur und Gegebenheiten (Unfreeze)-- Veränderungen durchführen (Move) und schließlich dem Verankern und Stabilisieren des Neuen (Freeze). Bei jeder Veränderung ist stets mit einem konkurrierenden Feld von verändernden und bewahrenden Kräften zu rechnen. Diese gilt es im Sinne einer Kraftfeld-Analyse zu diskutieren und mit geeigneten Maßnahmen für eine Balance entlang des Changeprozesses zu sorgen. Die typische Erwartungshaltung einer Geschäftsführung ist es, dass sofort und rasant eine deutliche Verbesserung durch den Change eintritt. Tatsächlich kommt es fast immer vorerst zu einem Einbruch und einer massiven Verschlechterung der Performance. Die gilt es bei der Planung entsprechend zu antizipieren. Als eines der neueren Change-Ansätze hat sich das Acht- Phasen-Modell von Kotter (2011) in der Praxis etabliert. Hier nur ein knapper Überblick, eine ausführliche kritische Auseinandersetzung mit diesem Ansatz findet sich im oben erwähnten Praxisfall viadonau (Schubiger / Majer) als Dreischritt Theorie-- Praxis-- Reflexion. 3. Resümee als Anregung Wir wollen hier nun versuchen, die Erkenntnisse aus der theoretischen Sondierung zu reflektieren und in Gestaltungsanregungen zu verdichten. Ausgehend von der Sichtweise, dass Organisation komplexe soziale Systeme sind und nicht direkt wie eine Trivial-Maschine gesteuert oder umprogrammiert werden können, bedeutet dies auch, dass ein triviales mechanistisches Veränderungs-Paradigma: Input (Ziel)- - Maßnahmen- - Output (Resultat) zu kurz greift. Führung wird in Veränderungsprojekten vielmehr zu einem sensiblen Hantieren von Wirklichkeitskonstruktionen und Sichtweisen, einem Balancieren von Veränderung und Bewahrung sowie jeder Menge Partizipation und Reflexion. Eine schlüssige und verständliche Change-Story spielt dabei eine große Rolle, um Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit glaubhaft zu machen. Das Change-Eisberg-Modell (Heimerl 2017) erweitert die Sachebene um die sozio-kulturelle Ebene, integriert also sowohl die MitarbeiterInnen als interessensgesteuerte Subjekte als auch die Organisation mit ihrer spezifischen Kultur als „eigensinnige“ Referenz. Die Dreiheit: Denken-- Reden-- Tun ist jeweils durch Reflexionsschleifen iterativ verknüpft. Für eine erfolgreiche Change-Architektur bedeutet dies weiters die (operative) Handlungsebene möglichst agil oder als rollierende Planung zu gestalten, die Steuerungsebene integrativ und partizipativ zu konzipieren sowie eine explizite Reflexionsebene zu ergänzen. Veränderungen sollen in bewältigbaren Portionen von der Organisation als auch von den Individuen verarbeitet und somit nachhaltig verankert werden können. Dies benötigt Zeit und manigfaltige Reflexionsschleifen, Fokus und wertschätzende Beteiligung. Nicht nur LinienmanagerInnen, ProjektauftraggeberInnen und Projektlenkungsausschüsse sind bei Veränderungsprojekten besonders gefordert, sondern auch ProjektleiterInnen in ihrer Rolle als temporäre Führungskraft. Über die PM-Methodenkenntnisse hinaus gilt es vor allem soziale Kompe- Abb. 7: Acht-Phasen-Modell nach J. Kotter (2011) Abb. 8: Change-Eisberg in Anlehnung an Heimerl (2017) Wissen | Changes als besondere Herausforderung für projektorientierte Führung 39 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0103 tenzen als auch Kontextwissen, wie Strategie, Prozesse und Standards des Unternehmens im Sinne der ICB4 1 , in Veränderungsprojekte einzubringen. Tipps und Sprüche für den Change: - Auch der längste Roman beginnt mit dem ersten Satz: Und dieser muss den zweiten tragen. Das erste Kapitel soll Lust auf das nächste entfachen, die Spannung und Anschlussfähigkeit zum Weiterlesen motivieren. - Es gilt die Sehnsucht nach dem Meer zu sähen und nicht bloß auf die Vermittlung von neuem Know-how zu setzen. Auf das Know Why, den Purpose kommt es an. - Um zu neuen Ufern zu gelangen, muss man erst die alten verlassen. Zuversicht und Vertrauen schaffen die Basis zum Loslassen und geben Sicherheit. - Walk the talk: An den Taten werdet ihr sie erkennen. Reden ist wichtig, aber ohne Handeln wertlos. - Wasser predigen-- Wein trinken: Sehr schnell ist die Glaubwürdigkeit zerstört, wenn die Führung die Ziele und Werte nicht vorlebt. Führung heißt: Ich / wir gehen voran. Und nicht bloß: Wir halten euch den Rücken frei. - Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er gleich die Wahrheit spricht. Falsche Versprechungen vergiften den aktuellen Change massiv und gefährden zukünftig die Veränderungsbereitschaft. - Die Olive wird nicht vom Zupfen reif. Entwicklung braucht Zeit und Geduld. - Keine Schweinepferch-Methode anwenden: Treibt man die MitarbeiterInnen in vorgegebenen Bahnen vor sich her und lässt ihnen keine Chance für eigene Entfaltung, dann entsteht keine Partizipation und Selbstverantwortung. - Die Planung ist in Sand gezeichnet und nicht in Beton gegossen: Die Zukunft ist offen oder besser die Zukünfte 1 ICB4-- IPMA Competence Baseline sind potenziell vielfältig. Es wäre fatal den Sack vorschnell zu verschließen oder gar nur ein vordefiniertes Pflichtenheft abzuarbeiten, statt ein reflexives zyklisches Projektcontrolling zu etablieren. Literaturverzeichnis Bateson, Gregory 2006: Ökologie des Geistes-- anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven, Frankfurt am Main; Suhrkamp Verlag; (Original 1972) Berner, Winfried 2010: Change! , Stuttgart; Schäffer-Poeschel Verlag Dilts, Robert 1998: Die Veränderung von Glaubenssystemen, Paderborn; Junfermann Verlag Doppler, Klaus/ Lauterburg, Christoph 2014: Change Management- - den Unternehmenswandel gestalten, Frankfurt am Main; Campus-Verlag Heimerl, Peter 2017: Changemanagement systemisch-- Working Paper im Rahmen der LV Veränderungsmanagement FH BFI Hochreiter, Gerhard 2006: Choreografien von Veränderungsprozessen, Heidelberg; Carl-Auer Verlag Kaplan, Robert/ Norton, David P. 2009: The balanced scorecard- - translating strategy into action, Boston; Harvard Business School Press (Original 1994) Kasper, Helmut/ Mayrhofer, Wolfgang/ Meyer, Michael 1998: Managementhandeln nach der systemisch-konstruktivistischen Wende, in: Die Betriebswirtschaft (DBW), 58. Jg. Heft 5, S. 603-621 Kotter, John P. 2011: Leading Change-- Wie Sie Ihr Unternehmen in acht Schritten erfolgreich verändern, München; Vahlen Verlag Abb. 9: Change-Architektur (eigene Darstellung) Wissen | Changes als besondere Herausforderung für projektorientierte Führung 40 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0103 Kübler-Ross, Elisabeth 2014: Interviews mit Sterbenden, Freiburg; Kreuz Verlag (Original 1993) Laloux, Frederic 2015: Reinventing Organizations- - Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit, München; Vahlen Verlag Lewin, Kurt 2012: Feldtheorie in den Sozialwissenschaften: ausgewählte theoretische Schriften, Bern; Huber Verlag (Original 1963) Luhmann, Niklas 2000: Organisation und Entscheidung, Opladen; Westdeutscher-Verlag Luhmann, Niklas 2018: Soziale Systeme-- Grundriß einer allgemeinen Theorie; Frankfurt a. M. (Original 1984) Majer, Christian/ Schaden, Brigitte/ Stabauer, Luis 2019: Entfachen Sie das Teamfeuer-- Soziale Kompetenz-- der Erfolgsfaktor im Projektmanagement, Strasshof a.d. Nordbahn; Pilum-Verlag McGregor, Douglas 2006: The human side of enterprise, New York; McGraw-Hill Verlag (Original 1960) Meyer, Michael/ Steyrer, Johannes 2010: Welcher Führungsstil führt zum Erfolg? - - 60 Jahre Führungsstilforschung; Einsichten und Aussichten, in: Zeitschrift Führung + Organisation (ZfO), S. 148-155 Robertson, Brian J. 2016: Holacracy: Ein revolutionäres Management-System für eine volatile Welt, München; Vahlen Verlag Strauch, Barbara/ Reijmer, Annewiek 2018: Soziokratie- - Kreisstrukturen als Organisationsprinzip zur Stärkung der Mitverantwortung des Einzelnen, München; Vahlen Verlag Taylor, Frederick Winslow 2011: Die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung, Salzwasser-Verlag; (Original 1911) Dr. Christian G. Majer Leiter des majer-rejam Performance Institute mit dem Schwerpunkt OE, Changemanagement, Etablierung und Professionalisierung der Performance-Fokussierten-Organisation (PFO). Lektor an verschiedenen Universitäten und Fachhochschulen. Autor zahlreicher Fachpublikationen. eMail: office@majer-rejam.com Internet: www.majer-rejam.com © Tobias Printz Ines Schubiger Ines Schubiger ist Leiterin der Organisationsentwicklung der viadonau-- Österreichischen Wasserstraßen- Gesellschaft m.b.H. eMail: Ines.schubiger@viadonau.org Internet: www.viadonau.org Weick, Karl E./ Quinn, Robert E. 1999: Organizational Change and Development, in: Annual Review of Psychology (50) S. 361386 Weick, Karl E. 2007: Sensemaking in organizations, Thousand Oaks, California; Sage Publ. Eingangsabbildung: © Michi Majer Wissen | Changes als besondere Herausforderung für projektorientierte Führung 41 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0103 Change Projekt: Fallbeispiel viadonau Digitalisierung-- mit hybridem Projektmanagement-Ansatz durch die Krise Ines Schubiger, Christian Majer Für eilige Leser | Covid-19 hat die digitale Transformation der Unternehmen stark beschleunigt. Die Krise machte deutlich, ob ein Unternehmen digital gut aufgestellt und somit zukunftsfit ist. Je früher Unternehmen bereit sind, die Digitalisierung durch und mit ihren MitarbeiterInnen voranzutreiben, umso besser. Das Praxisbeispiel zeigt, wie Unternehmen Schritt für Schritt den digitalen Wandel erfolgreich angehen und verankern können. Es zeigt weiters, welche Auswirkungen Covid-19 auf die Umsetzung des Digitalisierungsprogramms hatte und wie damit umgegangen wurde. Die einzelnen Phasen der Veränderung werden pointiert vorgestellt, diskutiert und reflektiert. In Form von sechs Gestaltungsthesen werden die Erkenntnisse und Erfahrungen des Change Projekts für LeserInnen zusammengefasst. Schlagwörter | Digitalisierung, Digitale Transformation, Change, Veränderungsmanagement, Organisatorischer Wandel 1. Wie alles begann Ziel dieses Beitrags ist es, sich dem Thema Changemanagement praktisch fundiert und theoretisch reflektiert zu nähern. Konkret geht es um das Fallbeispiel: Die Digitalisierung bei viadonau. Der disruptive Wandel stellt Organisationen vor immer neue Herausforderungen, mit oft weitreichenden Folgen für das Geschäftsmodell eines Unternehmens. Mit Covid-19 hat die digitale Transformation einen Gang zugelegt und vollzieht sich schneller als erwartet. viadonau- - Österreichische Wasserstraßengesellschaft m.b.H. ist ein ausgegliedertes öffentliches Unternehmen des Bundes zur Erhaltung und Entwicklung der Wasserstraße Donau. Als öffentliches Unternehmen ist viadonau mehr denn je gefordert, Antworten auf die fortschreitende Digitalisierung zu finden. Um die Digitalisierung auf breiter Ebene anzustoßen, startete viadonau bereits im Herbst 2017 das Change-Projekt „Initialisierung Digitalisierung bei viadonau-- Prozesse neu denken“. Für den Veränderungsprozess wählte viadonau das 8-Stufenmodell von Kotter (2011) zur grundsätzlichen Orientierung. Um die Wirkungen im Projekt zu erhöhen, wurden die einzelnen Phasen des linearen Kotter-Modells in einem zyklischen Prozess mehrmals durchlaufen. Seit 2019 wird die Digitalisierung-Road Map kontinuierlich umgesetzt. Mit Covid-19 musste die Road Map neu priorisiert werden und das Digitalisierungsprogramm musste von einem Tag auf den anderen fast ausschließlich „remote“ gesteuert werden. Im Folgenden werden die einzelnen Phasen nach Kotter (2011) pointiert vorgestellt, diskutiert und reflektiert. 2. Veränderung in acht Phasen 2.1 Phase 1: Ein Gefühl der Dringlichkeit erzeugen Theorie: Organisationen sind veränderungsavers und wollen am liebsten so bleiben, wie sie sind (Simon 2012). Menschen sind Wissen Digitalisierung - mit hybridem Projektmanagement-Ansatz durch die Krise DOI 10.2357/ PM-2020-0104 31. Jahrgang · 05/ 2020 42 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0104 eher träge und verlassen ungern ihre Komfortzonen. Der KVP als kontinuierlicher Verbesserungsprozess ist oft zu langsam für radikale oder disruptive Veränderungen. Daher benötigt es die Bereitschaft der Menschen, sich auf etwas Neues einzulassen und alte Ufer zu verlassen. Praxisfall: viadonau erkannte frühzeitig, dass es erfolgsentscheidend ist, den technologischen Wandel nicht zu verschlafen. Kundenanliegen zeitgemäß zu erfüllen, hat für viadonau als Dienstleistungsunternehmen stets oberste Priorität. Diese Rahmenbedingungen und das „Internet der Dinge“ veranlassten viadonau dazu, die Prozessdigitalisierung im Herbst 2017 in proaktiven Schritten voranzutreiben. Das Management und die MitarbeiterInnen sollten ein Gespür für die Dringlichkeit entwickeln und auf den bevorstehenden Change eingestimmt werden. Das Vorhaben startete mit Kreativ-Workshops, um Lust an der digitalen Transformation zu erzeugen. Hierbei nutzte viadonau das Format des Prototypings. Ziel war es, im Kopf vorhandene innovative Ideen möglichst schnell in einen Prototyp zu verwandeln. Die MitarbeiterInnen erkannten, welche Digitalisierungspotenziale in ihren Prozessen schlummern und hatten Spaß dabei, die ersten Entwicklungsschritte zu gehen. Die positive Resonanz der MitarbeiterInnen schenkte dem Changeprojekt in einer sehr frühen Phase die notwendige Aufmerksamkeit, die für den weiteren Projektverlauf entscheidend war. Reflexion: In dieser ersten Phase wurde ein breiter Raum für die Sensibilisierung der MitarbeiterInnen eröffnet. Design Thinking und Chatbox sind Beispiele dafür, die Menschen neugierig zu machen und Spielräume-- im wörtlichen Sinne-- zu schaffen, die ein kindlich neugieriges Herantasten im Sinne von Marchs ‚Technology of Foolishness‘ (1988) an neue Themen ermöglicht. Somit wurde kein Top-down-Push von der Geschäftsführung erzeugt. Mit „kindlicher“ Neugier konnten Ängste vor dem unbekannten Neuen ausgelotet und erprobt werden. Abb. 2: Workshop Prototyping März 2018 (Quelle: wonderwerk) Abb. 1: Projektphasen Digitalisierung 2017 - 18 (eigene Darstellung ) Wissen | Digitalisierung-- mit hybridem Projektmanagement-Ansatz durch die Krise 43 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0104 Bei der Zusammensetzung des Prototyping-Teams ist Diversität gefragt. Setzt man auf Vielfalt, dann sind auch ältere und erfahrene MitarbeiterInnen integrativer Teil des kreativen Prozesses. Widerständen kann so vorzeitig begegnet werden. 2.2 Phase 2: Eine Führungskoalition aufbauen Theorie: Veränderungsvorhaben benötigen aktives Leadership. Kotter (1990) folgt hier Peter Drucker, der bereits in den 80er Jahren darauf hingewiesen hat, dass US-Firmen „overmanaged and underlead“ seien. Changes erzeugen aufgrund der Ungewissheit und der unbekannten Zukunft ein enormes Maß an Verunsicherung und Ängsten. Daher ist es erfolgskritisch, dass sowohl die oberste Führung als auch das Middle-Management geschlossen für die Veränderungen stehen und mit gutem Vorbild vorangehen. Praxisfall: Für eine Strategie der Veränderung von innen benötigt man die Unterstützung der Führungsmannschaft und das Engagement von ExpertInnen. Welche Beiträge sie mit ihren vorhandenen Fähigkeiten und Kompetenzen zur Veränderung beisteuern, hat maßgeblichen Einfluss auf den Erwerb neuer Fähigkeiten und Kompetenzen und somit auf die nachhaltige Wirkung des Veränderungsprozesses. Die viadonau-Geschäftsführung musste nicht eigens überzeugt werden, die weiteren Managementebenen sehr wohl. Ein Grund dafür war, dass die mit der digitalen Transformation einhergehenden Veränderungen oft als große Bedrohung (Macht- und Kontrollverlust) gesehen wurden. Mit einer Auftaktveranstaltung im frühen Projektstadium konnte das Managementteam aktiviert werden. Ziel war es, die Projektziele zu erläutern, die Erwartungshaltungen zu klären und ein gemeinsames Verständnis zu schaffen. Die Verantwortung des Managements für den Transformationsprozess zu übernehmen, war das zu vermittelnde Credo. Reflexion: Die Herausforderung bei dieser angestrebten Veränderung war und ist es, das mittlere Management mitzunehmen und neue Perspektiven aufzuzeigen. In der Praxis gibt es immer Führungskräfte, die „mauern“. Dennoch geht es darum, nie aufzuhören im Verlauf des Vorhabens kritisch eingestellte Führungskräfte zu überzeugen und auf die Reise mitzunehmen. Hat man Führungskräfte für die Veränderungen gewonnen, so gilt es nun, sie nicht wieder zu verlieren. Vielmehr ist es wichtig die Führungskräfte in eine Mitverantwortung für die Veränderungen zu bringen. Das Rollenbild und die Verantwortlichkeiten werden sich ändern, wahrscheinlich von einer eher hierarchischen Funktionsverantwortung hin zu einer stärkeren Ressourcenpoolverantwortung, mehr Kontextsteuerung und Coaching, dafür weniger direkte Einflussnahme und Expertensteuerung. 2.3 Phase 3: Vision & Strategie entwickeln Theorie: Eine Vision steht für ein Bild der Zukunft. Eine Vision muss also überzeugen und mit der Mission einer Organisation kor- 1 Als kurze Erläuterung siehe dazu Thomas Kemp: OKR-- Googles Wunderwaffe für den Unternehmenserfolg oder: Raus aus der Komfortzone, 2014 respondieren. Die Strategie ist die vorläufige Konkretisierung der Vision, das nächste Etappenziel einerseits: Wo wollen wir in drei oder fünf oder einem Jahr stehen? Und wie kommen wir dort hin? Strategie heißt vor allem auch: „Was wollen wir nicht sein oder machen? Was zeichnet uns aus bzw. macht uns zu etwas Besonderem? In der öffentlichen Verwaltung ist dies in Bezug auf den Wettbewerb vielleicht nicht so relevant, aber dennoch wesentlich hinsichtlich wahrgenommenem Nutzen für die StaatsbürgerInnen und innerhalb der Organisation in Bezug auf das Identifikationspotenzial der eigenen MitarbeiterInnen. Praxisfall: viadonau verfügt seit Jahren über einen effektiven Strategieprozess. Das Management und die MitarbeiterInnen werden in die Entwicklung der strategischen Ziele aktiv eingebunden. viadonau sieht die Digitalisierung als Querschnittsmaterie, die alle Säulen der Unternehmenstätigkeit tangiert. Mit der Verankerung der Digitalisierungsstrategie als Teil der Unternehmensstrategie wurde so ein sichtbares Zeichen nach außen und innen gesetzt. Die strategischen Ziele zur digitalen Transformation werden operationalisiert und konsequent in den Unternehmenszielen verankert. Durchsetzungsfähige und engagierte MitarbeiterInnen als Zielverantwortliche definieren gemeinsam mit den Betroffenen konkrete operative Maßnahmen zur Erreichung der Unternehmensziele. Durch ein standardisiertes monatliches Monitoring stellen die Zielverantwortlichen sicher, dass die vereinbarten Maßnahmen plangemäß umgesetzt werden. Die Erfolgsbeteiligung der MitarbeiterInnen an der Digitalisierung durch Management by Objectives stellt einen wesentlichen motivierenden Anreiz dar. Die Telearbeit während Covid-19 brachte es mit sich, noch stärker den Beitrag des Einzelnen zu den Unternehmenszielen zu definieren und über den OKR 1 -Einsatz nachzudenken, um gleichzeitig auch den Grad der Selbstorganisation zu erhöhen. Reflexion: Gelungen erscheint hier die Integration in bestehende Strategien. Ein kaskadierendes Zielsystem ermöglicht eine stringente Operationalisierung der Strategie. Damit wird die Radikalität der inhaltlichen Dimension der Digitalisierung durch die gewohnten Prozeduren der Strategieevaluierung und -umsetzung gemildert. Neues wird durch Bestehendes ermöglicht, das disruptive Changeprojekt bekommt durch die zyklische Wiederholung von Neuerungen im Rahmen des Strategieprozesses einen kontinuierlichen Charakter. Durch die offene Initiierungsphase wurde das Risiko minimiert, dass die MitarbeiterInnen den Eindruck gewinnen könnten: „War eh nur alles Show und wir haben nichts mehr mitzureden“. Die große Herausforderung ist es nun, die geweckten Erwartungen der Partizipation aufrechtzuerhalten und zu nutzen. Hier kann das Kotter-Modell auch kritisch hinterfragt werden, denn in Phase 3 und 4 kommt der Top-Down-Zugang klar zum Vorschein: Das Management formuliert Vision & Strategie und verkündet dies dann dem „Volk“. Tatsächlich verdrängen partizipative Strategieentwicklungsprozesse- - wie auch Wissen | Digitalisierung-- mit hybridem Projektmanagement-Ansatz durch die Krise 44 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0104 hier beschrieben-- mit breiter und bewusster Einbindung der einzelnen Bereiche bis hinunter auf die operativen Ebenen in Theorie (Mintzberg 2011) und Praxis zusehend die abgeschotteten Geheimniskrämereien. 2.4 Phase 4: Vision des Wandels kommunizieren Theorie: Die besten Strategien, die keiner kennt, weil so geheim oder so unverständlich, finden keine Verwirklichung. Wenn man tatsächlich was verändern will, muss man die Geschichte auch unters „Volk“ bringen. Norton / Kaplan (2009) haben das sogenannte „Strategie-Operations-Gap“ thematisiert. Konkret, die Lücke zwischen strategischem Denken und operativem Tun. Die Herausforderung lautet daher: „Translating Strategy into Action“. Die BSC wird seither in allen Branchen und Sektoren als balanciertes Kennzahlensystem für Strategieimplementierung verwendet. Doch nicht alle Unternehmen haben erkannt, dass der Schlüssel für den Erfolg in der BSC-Story liegt: im Storytelling. Wie hängen die vier BSC-Perspektiven zusammen, und wie wollen wir Profit oder Impact erzielen? Erst wenn diese Ursache-Wirkungsbeziehungen innerhalb der BSC für eine Organisation greifbar und verständlich werden, erst dann wirken sie. Und darum geht es in dieser Phase: um Sinn-Stiftung (Weick 2007). Praxisfall: Tue Gutes und sprich darüber! Nach diesem Motto gestaltete viadonau die Informations- und Kommunikationspolitik des digitalen Wandels. Neben der Nutzung vorhandener Meetings- und Kommunikationsstrukturen setzt viadonau bei der Verbreitung der Projektergebnisse auf spezifische Formate. Reflexion: Der Erfolg eines Change ergibt sich nicht aus guter Arbeit und Qualität allein. Es geht vor allem um Akzeptanz der Betroffenen. Partizipation ist in Veränderungsprozessen eine ganz wesentliche Komponente. Sie kostet Zeit und auch Geld, aber dadurch werden Widerstände absorbiert und eine nachhaltige Verankerung ermöglicht. 2.5 Phase 5: Mitarbeiter auf breiter Basis befähigen Theorie: Wenn die Bereitschaft geschaffen ist, benötigt es üblicherweise auch neues Wissen und neue Fähigkeiten. MitarbeiterInnen müssen rechtzeitig vorbereitet und gerüstet sein. Dazu bietet sich ein Kompetenzprofil an, anhand dessen die einzelnen Dimensionen in Form eines Radardiagramms sichtbar gemacht werden. In einer groben Einteilung lassen sich Fach-, Methoden, und soziale Kompetenzen unterscheiden. Abb. 4: Technologie-Radar März 2018 (Quelle wonderwerk) Abb. 3: Kommunikation und Information während der Projektumsetzung (eigene Darstellung) Wissen | Digitalisierung-- mit hybridem Projektmanagement-Ansatz durch die Krise 45 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0104 Die Unterscheidung in Ist- und angestrebte Soll-Kompetenzen kann als Selfassessment und zusätzlich als Vorgesetztenbewertung erfolgen. Über die nötigen Qualifikationen der angestrebten Veränderungen (hier die Digitalisierung) ist es auch nötig, den MitarbeiterInnen Fähigkeiten für den Veränderungsprozess selbst (wie Offenheit, Konfliktfähigkeit, Moderationsskills) mitzugeben. Praxisfall: Damit die MitarbeiterInnen aktiv den digitalen Wandel mitgestalten können, ist die breite Befähigung der Belegschaft durch Schulung, Aus- und Weiterbildung und Lernreisen ein Erfolgsfaktor. Am Beginn der Schulung stand der „Technologie-Radar“. Die Schulung präsentierte ausgewählte Technologien, die an Relevanz gewonnen haben und erläuterte gezielt Einsatzmöglichkeiten in den verschiedenen Prozessen. In der darauffolgenden Prozessanalyse wurden die Prozessverantwortlichen aufgefordert, Digitalisierungspotenziale in den Prozessen zu erheben. Wesentliche Grundlage für die Prozessanalyse war ein standardisierter Prozesscheck in Form einer Online-Selbstevaluierung. Bereits während der Analysephase konnten die MitarbeiterInnen gezielte und themenbezogene Aus- und Weiterbildungen zum Thema digitale Transformation besuchen. viadonau ermöglichte ihren MitarbeiterInnen neben der klassischen Aus- und Weiterbildung sogenannte „Lernreisen“. Die Prozessverantwortlichen sollen ihnen unbekannte Aspekte bereits erfolgreich eingeführter Systeme bei anderen Institutionen kennenlernen und in die eigene Organisation implementieren. Reflexion: Das Schulungs- und Ausbildungsprogramm wurde sehr offen und breit angelegt. Eine Mischung von Lernen aus Schulungen und Ausprobieren hat sich bewährt. Dadurch konnte die Selbstverantwortung weiter gestärkt werden. Der offensive Zugang zur digitalen Aus- und Weiterbildung führte dazu, dass Führungskräfte in ihren Fachbereichen die „digitale Kompetenz“ schnell auf ihrer Agenda hatten. Darüber hinaus sind MitarbeiterInnen selbst an die Führungskräfte proaktiv herangetreten, entsprechende Aus- und Weiterbildungsseminare besuchen zu können. Der offene Zugang und das „Ausprobieren“ birgt die Gefahr, dass viele Veranstaltungen und Seminare besucht werden, ohne über einen entsprechenden Lerntransfer nachzudenken. Wie kann das Wissen in die Veränderung eingebracht werden? Wie kann der Lerntransfer durch interne Maßnahmen gefördert werden? Offene Fragen, die es noch zu beantworten gilt. Abb. 5: Selbstevaluierung Juni 2018 (Quelle wonderwerk) Abb. 6: viadonau Sounding-Board-- intendierte Wirkungen (Eigene Darstellung) Wissen | Digitalisierung-- mit hybridem Projektmanagement-Ansatz durch die Krise 46 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0104 2.6 Phase 6: Schnelle Erfolge erzielen Theorie: Die Samen des Projekterfolgs werden am Anfang gestreut. Daher ist ein wohlüberlegter Beginn jedenfalls erfolgskritisch. Nur: Bloß gut anfangen, ist zu wenig. Schnelle Erfolge bedeuten einiges: Erstens werden die Überzeugten bestätigt und in ihrer Motivation gestärkt. Zweitens können die Indifferenten und Verunsicherten darin Orientierung und Konkretisierung erlangen. Und drittens, manche Veränderungsgegner können mit schnellen Ergebnissen überzeugt werden. Wichtig ist das Wie . Jeder Veränderungsprozess läuft im Sinne von Lewin (2012) entlang eines bi-polaren Kräftefelds ab: verändernde und die bewahrenden Kräfte. Eine wertschätzende Balance zu halten ist dabei entscheidend. Der Einsatz eines Sounding-Boards schafft neben Transparenz und Aufbau von Reflexionspotenzial vor allem auch die Möglichkeit der Partizipation. Dabei können sich alle, auch die Skeptischen, einbringen. Kritische und alternative Sichtweisen sind da nicht nur toleriert, sondern explizit erwünscht. Im Rahmen von Sounding-Boards können blinde Flecke, kritische Strömungen sowie auch kreative Inputs aufgegriffen und genutzt werden. Praxisfall: Ein Change benötigt Zeit. Trotzdem wollen die Mitarbeiter- Innen Fortschritte erkennen. Der vierteljährliche OE-Steuerkreis hat sich als geeignetes Format zur Präsentation der ersten Umsetzungserfolge herausgestellt. Die Differenzierung zwischen Vorhaben -> Machbarkeitsstudie -> Pilot -> Umsetzungsprojekt macht es möglich, sich auf einzelne Abschnitte zu konzentrieren und nach erfolgreichem Abschluss motiviert den nächsten Schritt zu gehen. Beim Vorhaben Robotic Process Automation (RPA) setzte viadonau auf das Prinzip der kleinen Schritte. Zu Beginn stand ein Initialisierungsworkshop, um erfolgreiche Praxisbeispiele vorzustellen. Es folgte ein Discovery Workshop zur Konkretisierung des RPA-Einsatzes und zur Identifizierung eines Pilotprojekts. Durch diese Vorgehensweise wurden die Unterstützer der ersten Stunde ermutigt, weiter motiviert am Projekt zu arbeiten. Mit der Einrichtung des Sounding-Boards werden der Verlauf und die Wirkung des Change aus übergeordneter Perspektive regelmäßig thematisiert und reflektiert. Im Soun- Abb. 7: Feedback zum 1. Sounding-Board als Word-Cloud (Eigene Darstellung) P RO J E K T MANAG E M E N T [BAU ] Bilden Sie sich weiter mit dem berufsbegleitenden Studiengang oder den Zertifikatsstudien. www.wba-weimar.de Alle Informationen finden Sie unter Das Zertifikatstudium entspricht dem 1. Semester unseres Masterstudiengangs. Masterstudiengang Projektmanagement [Bau] ab 23. April 2021 Zertifikatsstudium Betriebswirtschaftliche Kompetenzen im Projektmanagement Start: 16.04.2021 Dauer: 1 Semester 15 ECTS ding-Board werden die Erfolge konsolidiert und weitere Veränderungen eingeleitet. Das Sounding-Board funktioniert nicht nur als Resonanzboden, sondern auch gleichzeitig als Rahmen, erfolgreiche Umsetzungen „vor den Vorhang“ zu bringen. Durch Erfolge Anderer wurden die MitarbeiterInnen motiviert über weitere Potenziale nachzudenken. Das „Konkurrenzdenken“ wurde entfacht und neue konkrete Vorschläge und Ideen eingebracht. Wissen | Digitalisierung-- mit hybridem Projektmanagement-Ansatz durch die Krise DOI 10.2357/ PM-2020-0104 Anzeige Um auch während Covid-19 den MitarbeiterInnen einen Resonanzboden zu ermöglichen, entschied sich viadonau für ein Experiment: Das Sounding-Board im digitalen Raum mit interaktiven Workshop-Elementen stattfinden zu lassen. Mit Erfolg! Reflexion: Erfolge feiern ist ein wesentlicher Aspekt. Wichtig dabei ist es, Polarisierungen zu vermeiden und keine Siegesfeiern zu veranstalten. Beim Einsatz von Sounding-Boards ist es entscheidend, die dazugehörigen Regeln klar zu kommunizieren. Es geht bei diesen Formen der Reflexion nicht darum, ein übergeordnetes basisdemokratisches Steuerungsgremium zu etablieren, sondern um die Nutzung zusätzlicher Resonanzmöglichkeiten. Daher muss zu Beginn deutlich gemacht werden, dass nicht alle Ideen oder Einwände eins zu eins aufgegriffen und umgesetzt werden können. Ein Sounding-Board-- analog oder digital-- ist eine sehr offene Form Ideen, Fragen aber auch Widerstände und Sorgen einzufangen und produktiv zu nutzen. Nicht für alle TeilnehmerInnen wird das Sounding-Board das geeignet Format sein. Die Herausforderung besteht darin, Skeptiker vom Vorhaben zu überzeugen und sie entsprechend einzubringen. Dem viel zitierten „Tone form the Top“ kommt hierbei eine große Bedeutung zu. 2.7 Phase 7: Erfolge konsolidieren & weitere Veränderungen einleiten Theorie: Nach den ersten (kleinen) Erfolgen braucht es nachhaltige Wirkungen. Dazu bedarf es einer klaren mittel- und langfristigen Implementierungsstrategie. Die kann im Rahmen einer BSC mit Umsetzungsinitiativen und operativen Maßnahmen sein, jedenfalls benötigt es ein abgestimmtes Projekteportfolio. Ein etabliertes Projektmanagement erleichtert Change-Vorhaben jedenfalls, da auf bewährte Methoden und Vorgehensweisen zurückgegriffen werden kann. Verfügt die Organisation über ein funktionierendes Prozessmanagement, erleichtert dies die Verankerung in den neuen Geschäftsroutinen. Die Veränderung wird systematisch zur gelebten Best-Practice. Praxisfall: Die digitale Transformation ist eine große Veränderung, die nicht nur Zeit, sondern auch Durchhaltevermögen braucht. viadonau setzte dabei auf aktives Portfoliomanagement. Es wurde auf funktionierende Projektmanagementtools zurückgegriffen, ohne diese zu stark in den Vordergrund zu rücken. Die kontinuierliche Messung des Projektfortschritts und die Konsolidierung der Projekterfolge machte die Veränderungen im Rahmen des Change-Projektes gut sichtbar und gewährleistete die Wirtschaftlichkeit der Umsetzung. Nachdem die ersten Erfolge erzielt wurden, erkannte man auch, welche Prozesse, Tools und Strukturen nicht mehr passten. Ab diesem Zeitpunkt war auch das viadonau-Prozessmanagement gefordert. Die ersten Umsetzungsbzw. Projektergebnisse waren Auslöser für kleine, aber auch größere kontinuierliche Verbesserungsprozesse. Covid-19 stellte sich dabei als Beschleuniger heraus. Das Pilotprojekt „Robotics“ konnte innerhalb von drei Monaten er- 2 Diese markante Aussage wird Peter Drucker zugeschrieben, ist aber nicht belegt (siehe https: / / www.quora.com/ Did-Peter-Druckeractually-say-culture-eats-strategy-for-breakfast-and-if-so-where-when) folgreich umgesetzt werden. RPA in die Linie zu überführen, war dann eine logische Konsequenz. Das RPA-Competence Center wurde innerhalb von weiteren drei Monaten ausschließlich im „remote“-Arbeitsmodus implementiert. Reflexion: Die Herausforderung in dieser Phase ist es, die richtige Veränderungsgeschwindigkeit einzuschlagen. Jede Organisation hat ihre Eigenzeitlichkeit. So wie Individuen ihre Belastungsgrenzen haben, gilt dies auch für das soziale System Organisation mit ihrer spezifischen Kultur. Keine Veränderung ohne Widerstände (Doppler / Lauterburg 2014). Diese gilt es frühzeitig zu erkennen, zu bearbeiten und zu nutzen. Werden Widerstände ignoriert, verdrängt oder lächerlich gemacht, kommen sie in heftigerer Form wieder. Wie in jedem Change gab es Führungskräfte, die gegenüber dem gesamten Vorhaben von Beginn an sehr kritisch eingestellt waren. Überzeugungsarbeit bei den Skeptikern zu leisten, war eine Möglichkeit. Als besserer Weg stellte sich jedoch heraus, Konkurrenzdenken zu entfachen und sie in einen Wettbewerb mit anderen Führungskräften zu schicken. Der Change-Agent ist gut beraten mit „vordenkenden“ Führungskräften Allianzen zu bilden. Es wurde jede Gelegenheit genutzt, innovativ denkenden Führungskräften ein Forum zu geben, um den inhaltlichen Wettbewerb voranzutreiben. Durch Covid-19 waren die Führungskräfte zusätzlich gefordert, alte Muster abzulegen und neue Wege zu beschreiten. Aber auch hier gilt, nicht alle Führungskräfte wollen Teil eines Veränderungsprozesses sein. Mittel- und langfristig begünstigt dies eine „natürliche“ Selektion im Führungskader. 2.8 Phase 8: Neue Ansätze in der Kultur verankern Theorie: „Culture eats Strategy for Lunch.” 2 Die Bedeutung der Unternehmenskultur kann als Erfolgsfaktor für Veränderungsvorhaben keinesfalls zu hoch eingeschätzt werden. Mit der Verankerung des Neuen, dem freeze im Sinne Lewins (2012), wird der Change abgeschlossen. Das neue Paradigma wird zum Selbstverständlichen. Systemtheoretisch betrachtet manifestiert sich der Change in den sogenannten Entscheidungsprämissen, die eine Art Meta-Entscheidungen für situative operative Entscheidungen darstellen, quasi Rahmen- oder Vorentscheidungen, die vor allem kulturell eingebettet sind (Luhmann 2000). Praxisfall: Die Verankerung der Veränderung in der Unternehmenskultur stellt für viadonau noch eine Herausforderung dar. Den Führungskräften kommt dabei eine ganz bedeutende Rolle zu. Mit zunehmendem Projektfortschritt sind Korrekturen in der Aufbau- und Ablauforganisation zu erwarten. Die Organisations- und Personalstrukturen sind so anzupassen, dass die neuen (Prozess-) Ziele erreicht werden können. Wenn Innovation vom Top-Management erwartet und gefördert wird sowie positive Erfahrungen gesammelt werden, manifestieren sich diese langfristig und legen die Grundlage für eine Innovationskultur. In puncto Verhaltensänderung wurde viadonau von den faktischen Verhältnissen eingeholt. Covid-19 veränderte die Wissen | Digitalisierung-- mit hybridem Projektmanagement-Ansatz durch die Krise 48 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0104 Einstellung der MitarbeiterInnen zur digitalen Transformation. Durch Selbstorganisation, den gezielten Einsatz agiler Projektmanagementtools wie Scrum oder Kanban sowie die Anwendung agiler Führungselemente wie OKRs wurde die Veränderung im Verhalten forciert und ein Stück weit bereits gefestigt. Reflexion: Führungskräfte müssen den Veränderungsprozess wohlüberlegt vorbereiten, initiieren, durchhalten und tragen. Am tiefsten Punkt des Tals-der-Tränen werden daher nicht wenige Veränderungsprojekte abgebrochen oder neue zur Korrektur gestartet. Es gehört eine Menge Mut und Ausdauer vonseiten des Managements dazu, begonnene Vorhaben auch durchzuziehen. Nicht stur, wie geplant, sondern neudeutsch „agil“, mit einer sensiblen, reflexiven Herangehensweise. Zyklische Schleifen stellen eine kritische Überarbeitung und rollierende Anpassung der geplanten Ziele sicher. Und es ist auch wesentlich, das Ende des Veränderungsvorhabens zu proklamieren. Es geht bei Veränderungen nicht zuletzt um Inszenierungen (Hochreiter 2006), um einen dramaturgischen Spannungsbogen, der auf ein glorreiches Finale hinausläuft. Um dann wieder auf „Normalbetrieb“ umzustellen. 3. Resümee Folgende Erkenntnisse sind hier in Form von Gestaltungsthesen bzw. Achtsamkeitsregeln formuliert. Sie harmonieren weitgehend mit den normativen Empfehlungen von Kotter, bestätigen diese auch prinzipiell. Lediglich der lineare Charakter des 8-Stufen-Phasenmodells wird vor dem Hintergrund einer systemisch-reflexiv geprägten Herangehensweise relativiert. 1. Vor dem Beginn fängt alles schon an: Die eigenen Werte und Haltungen zum Change hinterfragen und die Vorgeschichte der Organisation sowie aktuelle Machtverhältnisse reflektieren. 2. Der Start stellt die Weichen für den Erfolg: Einen kreativen, einzigartigen Auftakt konzipieren, um Aufmerksamkeit und Interesse zu erzeugen. 3. Partizipation ist nicht alles, aber ohne sie hat der Change keine Chance: Möglichst die gesamte Organisation einbinden und verschiedene Formen sowie Abstufungen zur Mitgestaltung schaffen. 4. Polarisierungen erschweren und behindern die Umsetzung: Keinen ultimativen Kampf zwischen „Gut“ und „Böse“ inszenieren, sondern auf Balance von Veränderung und Bewahrung achten. 5. Erfolge feiern und Positives verstärken: Erwünschtes neues Verhalten lobend und sichtbar würdigen, auch wenn es Kleinigkeiten sind. 6. Ein Change ist kein Sprint, sondern ein Marathon: Durchhalten, beharrlich sein und als Führungskraft mit gutem Beispiel vorangehen. Dr. Christian Majer Leiter des majer-rejam Performance Institute mit dem Schwerpunkt OE, Changemanagement, Etablierung und Professionalisierung der Performance-Fokussierten-Organisation (PFO). Lektor an verschiedenen Universitäten und Fachhochschulen. Autor zahlreicher Fachpublikationen. eMail: office@majer-rejam.com Internet: www.majer-rejam.com Copyright: Tobias Printz Ines Schubiger Ines Schubiger ist Leiterin der Organisationsentwicklung der viadonau- - Österreichischen Wasserstraßen-Gesellschaft m.b.H. eMail: Ines.schubiger@viadonau.org Internet: www.viadonau.org Literatur Doppler, Klaus/ Lauterburg, Christoph 2014: Change Management- - den Unternehmenswandel gestalten, Frankfurt am Main; Campus-Verlag Hochreiter, Gerhard 2006: Choreografien von Veränderungsprozessen, Heidelberg; Carl-Auer Verlag Kaplan, Robert/ Norton, David P. 2009: The balanced scorecard- - translating strategy into action, Boston; Harvard Business School Press Kotter, John P 1990: A Force For Change: How Leadership Differs from Management, New York, Macmillan-- Free Press John P. 2011: Leading Change- - Wie Sie Ihr Unternehmen in acht Schritten erfolgreich verändern, München; Vahlen Verlag Lewin, Kurt 2012: Feldtheorie in den Sozialwissenschaften: ausgewählte theoretische Schriften, Bern; Huber Verlag, (Original: 1963) Luhmann, Niklas 2000: Organisation und Entscheidung, Wiesbaden; VS-Verlag March, James G. 1988: Decisions and Organizations, Oxford; Blackwell Verlag Mintzberg, Henry/ Ahlstrand, Bruce/ Lampel, Joseph 2011: Strategy Safari- - Der Wegweiser durch den Dschungel des strategischen Managements, München; FinanzBuch Verlag Simon, Fritz B. 2012: Gemeinsam sind wir blöd, Heidelberg; Carl-Auer Verlag Weick, Karl E. 2007: Sensemaking in organizations, Thousand Oaks, California; Sage Publ. Eingangsabbildung: © iStock.com / amtitus Wissen | Digitalisierung-- mit hybridem Projektmanagement-Ansatz durch die Krise 49 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0104 Explorative Studie und Benchmark-Tool Rollen in der Projekt Governance Christian Rudischer, Dorothee Feldmüller, Gerhard Ortner Für eilige Leser | Die Fachgruppe PM goes Boardroom arbeitet an der Verbesserung bei der Zusammenarbeit zwischen Projekt und Linie. Ein wichtiger Bestandteil dabei ist ein zielführendes gemeinsames Verständnis von den Rollen und Verantwortlichkeiten zwischen dem Projekt und den beaufsichtigenden Linienfunktionen. Dazu hat die Fachgruppe im Herbst 2019 eine explorative Online-Studie zu Governance-Strukturen in Projekten und Programmen durchgeführt, über deren Ergebnisse hier berichtet wird. Deutliche Unterschiede in der Governance von internen bzw. externen Projekten treten zutage. Darüber hinaus wird ein Benchmark-Tool vorgestellt, mit dem der Reifegrad der eigenen Organisation in Bezug auf die Ausübung der Projekt-Governance-Rollen beurteilt und verglichen werden kann. Schlagwörter | PMO, PM-Standards, Projektauftraggeber, Projektmanagement, Projekt-Portfoliomanagement, Projekt und Linie. Lenkungsausschuss, Projekt Management Office, Senior Management, Unternehmensführung, General Management, Projekt Governance Unterstützung durch das Senior Management ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Projektarbeit. In PROJEKTMA- NAGEMENT AKTUELL 03 / 2020 [1] berichtete die trinationale Fachgruppe „PM goes Boardroom“ über Ergebnisse und Good Practices an der Schnittstelle zwischen Projektarbeit und Business. Im Folgenden stellen wir noch die wesentlichen Ergebnisse unserer Studie zu Governance-Strukturen in Projekten und Programmen vor und das nun verfügbare Benchmark-Tool zur Bestimmung des Reifegrads einer Organisation in Bezug auf Rollen in der Projekt Governance. Teilnehmer der explorativen Studie Governance-Strukturen in Projekten und Programmen- - wie werden diese in der Praxis gelebt? Mit Fragen zur Funktion von Projektauftraggebern und Mitgliedern des Lenkungausschusses und zu deren Zusammenarbeit haben wir explorative Daten erhoben, die wir als neu in dieser Art ansehen- - vergleichbare Zahlen aus anderen Untersuchungen sind uns jedenfalls nicht bekannt. Bei der im Herbst 2019 durchgeführten Umfrage haben Teilnehmer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nach Aufrufen beim PM Forum 2019 sowie in den Newslettern von GPM, pma und spm Auskunft über die Governance in Projekten, Programmen oder Portfolios gegeben. 144 Antworten sind in die vorliegende Auswertung eingeflossen. Dabei wurde in diesen Antworten vor allem (106-mal) über Projekte berichtet, 36 Angaben bezogen sich auf Programme und zwei auf ganze Portfolios. Die betrachteten Projekte hatten im Mittel eine Laufzeit von 18 Monaten (bei einer Schwankungsbreite von 6 bis 72 Monaten), Programme dauern mit 45 Monaten (24 bis 120 Monate) deutlich länger. Der Großteil (69 %) der betrachteten Projekte und Programme wurde als organisationsintern tituliert, d. h., weniger als ein Drittel der Projekte wurden für Externe (Kunden) durchgeführt. Inhaltlich dominieren v. a. IKT- und Organisationsprojekte, von denen der größte Anteil interne Projekte sind. Bei den nicht so häufig vertretenen Produktentwicklungs-/ Innovationsprojekten und bei den Projekten im Bau / Anlagenbau dominieren die externen Projekte (vgl. Abb. 1). 70 % der Projekte und Programme weisen eine integrierte Projektorganisation auf, die über eine Organisation hinausgeht. Im Schnitt sind dabei ca. vier verschiedene Organisationen (Kunden, Lieferanten, Partner usw.) in der Projektorganisation vertreten. Dabei werden bei internen Projekten und Programmen v. a. Lieferanten mit eingebunden, bei externen Auftraggebern kommen dann zusätzlich die Kunden (in >50 % der Fälle) mit ins Spiel. Festzustellen ist, dass der Kreis der Teilnehmer an dieser explorativen Studie primär aus Besuchern des PM-Forums Wissen Rollen in der Projekt Governance DOI 10.2357/ PM-2020-0105 31. Jahrgang · 05/ 2020 50 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0105 2019 sowie Empfängern der Newsletter von GPM, pma und spm besteht und daher nicht statistisch repräsentativ für die Projektlandschaft im deutschsprachigen Raum sein muss. Auch wurden Unternehmensdaten wie Branchenzugehörigkeit oder Unternehmensgröße bewusst nicht abgefragt, um Zweifel an der Anonymität auszuschließen. Das Überwiegen interner Projekte deckt sich jedoch mit anderen Studienergebnissen [2]. Auch die Bandbreite an Projektinhalten sowie die Komplexität der Projektorganisationen mit Kunden, Lieferanten und weiteren Partnern spiegelt nach unserer Erfahrung das Geschehen in der Praxis gut wieder und erscheint uns als eine gute Basis für nachfolgende Interpretationen. Studienergebnisse: Über die Projektauftraggeber (PAG) In fast 90 % der Fälle nimmt eine Person die Rolle des Projektauftraggebers (PAG) wahr. Bei Projekten mit externen Kunden übernimmt in ca. 1 / 3 der Fälle diese Rolle der Kunde direkt. Die meisten PAG kommen dabei quer durch alle Projektarten immer noch aus der obersten Führungsebene (Vorstand, Geschäftsführung, Geschäftsfeld- oder Regionalleitung, siehe Abb. 2). In 80 % der Projekte / Programme finden PAG-Meetings mindestens monatlich statt, oft sogar wöchentlich. Dabei ist aber zu beobachten, dass die Frequenz der PAG-Meetings deutlich von der Funktion des Auftraggebers in der Organisation abhängt. PAG auf Unternehmensleitungsebene haben weniger oft Zeit sich mit den Projektleitern auszutauschen (siehe Abb. 3). Die gewonnenen Aussagen zum Projektauftraggeber sehen wir nicht als überraschend an: In komplexen Projektorganisationen haben hochrangige Auftraggeber sicherlich ihren berechtigten Platz, ein regelmäßiger dem Zeitbudget des Auftraggebers angepasster Austausch ist wichtig und tut den Vorhaben gut. Es stellt sich aber die Frage, ob in Projekten, die weniger komplex oder strategisch weniger wichtig sind, Abb. 1: Projektinhalte und Anteil der externen Projekte / Programme je Kategorie Abb. 2: Funktion des PAG in der Stammorganisation Wissen | Rollen in der Projekt Governance 51 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0105 trotzdem fast zwangsläufig Mitglieder der Unternehmensführung die Rolle des PAG übernehmen müssen. Gerade, was die zeitliche Auslastung von Führungskräften der obersten Managementebenen betrifft, würde ein Empowerment anderer Führungsebenen als PAG auch für die Projekte selbst schnellere und intensivere Zusammenarbeit von PL und PAG ermöglichen und dem Top-Management eine Fokussierung auf wenige, aber dafür besonders wichtige Projekte oder Programme ermöglichen. Studienergebnisse: Über den Lenkungsausschuss (LA) Während bei ca. 60 % der Projekte ein Lenkungsausschuss implementiert ist, sind es bei den Programmen über 90 %. Es gibt aber auch Projekte (5 %) und Programme (8 %), die weder über einen Auftraggeber noch über einen Lenkungsausschuss verfügen. Lenkungsausschüsse bestehen dabei in der Regel aus vier bis acht Mitgliedern, die sich gewöhnlich monatlich oder zumindest quartalsweise treffen. Dabei sind Kunden etwa doppelt so oft in Lenkungsausschüssen integriert wie Lieferanten, obwohl Kunden und Lieferanten ungefähr gleich häufig in die Projektorganisation integriert sind. Das gilt in ähnlicher Art und Weise für alle weiteren Organisationen: Insgesamt sind in den Lenkungsausschüssen im Durchschnitt weniger Organisationen vertreten als am Projekt beteiligt sind. Einzig die Kunden sind in der Regel immer auch im LA beteiligt, sofern sie in der Projektorganisation mitwirken. Abbildung 4 zeigt eine Auswertung, getrennt nach internen und externen Projekten, die dies verdeutlicht. Auch in LA sitzen vor allem Manager mit unternehmerischer Gesamtverantwortung (Abb. 5). Bei den Kunden dominieren die Prozess-, Produkt- oder IT-Manager als Vertreter im LA (40 von 77 Personen in 23 Projekten / Programmen), bei den Lieferanten Sparten-, Produkt- oder IT-Manager (22 von 35 Personen in 25 Projekten), und bei den Kooperationspartnern die beiden obersten Führungsebenen (12 von 31 Personen in 19 Projekten). Abb. 3: Häufigkeit der Abstimmung mit dem PAG nach dessen Linienfunktion Abb. 4: Vergleich der Beteiligung im Projekt / Programm und im LA Wissen | Rollen in der Projekt Governance 52 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0105 Die Einrichtung von Lenkungsausschüssen, in denen wichtige, aber nicht zu viele Beteiligte regelmäßig zusammentreten, ist demnach gute und gelebte Praxis. Mit dieser Erhebung liegen hier nun auch erste Zahlen vor, wie in der Praxis die Prioritäten für die Besetzung gesetzt werden. Studienergebnisse: Über die Aufgabenverteilung im Lenkungsausschuss (LA) Bei 64 Projekten bzw. Programmen wurde auch detailliert angegeben, welche LA-Mitglieder welche Aufgaben im LA erfüllen. Dabei fällt auf (vgl. Abb. 6): - Während bei externen Kundenprojekten die Kundeninteressen gut im LA vertreten sind, nimmt nur in zwei Drittel der LAs von internen Projekten jemand die Interessen der Anwender oder (internen) Kunden wahr („Senior User“). - Ein für die Leistungserbringung verantwortliches LA-Mitglied („Senior Supplier“) gibt es in den meisten Kundenprojekten, aber nur in jedem zweiten internen Projekt. - In jedem vierten LA eines internen Projekts oder Programms ist überhaupt niemand für die Leistung, den Nutzen oder den Business Case verantwortlich. Es herrscht also ein LA «der geteilten Verantwortungslosigkeit». - Bei internen Projekten übernimmt in der Hälfte der Fälle kein LA-Mitglied die Leitung der LA-Sitzungen, und in fast einem Drittel der Fälle hat niemand eine dedizierte Letztentscheidungskompetenz im LA. Bei den externen Projekten sind diese Zahlen beide bei jeweils einem Drittel, also durchaus ähnlich. Betrachten wir die Wahrnehmung der Funktionen im Lenkungsausschuss, so deuten unsere Ergebnisse auf eine wichtige Unterscheidung hin, die wir in den Antworten gefunden haben: die zwischen internen Projekten und externen Kundenprojekten. Die externen Projekte / Programme sind mit mehr „Härte“ auf Basis eines Business Case aufgesetzt, Verantwortlichkeiten deutlicher definiert u. a. m. Im Gegensatz dazu scheint es bei den „weicheren“ internen Projekten in der Arbeit des Lenkungsausschusses mehr um den internen Austausch und Interessensvertretungen zu gehen als um die „Diskussion“ eines Business Case. Diese Tendenz ist in unseren Daten erkennbar, passt auch zu vielen unserer Erfahrungen, und könnte bzw. sollte Gegenstand weiterer Untersuchungen sein. Die Tatsache, dass die Letztentscheidungskompetenz im LA in ca. ein Drittel der Fälle nicht eindeutig definiert ist, unterstreicht nach unserer Ansicht die Komplexität heutiger Projektorganisationen, in denen unter vielen Beteiligten aus verschiedenen Organisationen eher partnerschaftlich Lösungen gefunden werden oder werden müssen, als dass über eine einfache Hierarchie das Geschehen bestimmt werden kann. Die gleiche Konstellation bei internen Projekten führt allerdings zu der interessanten Frage, ob solche Entscheidungsstrukturen dadurch entstehen, dass versucht wird, persönliche Verantwortlichkeiten so zu teilen, dass niemand zur Rechenschaft gezogen werden kann. Für eine seriöse Antwort bedarf es weiterer Untersuchungen. Darüber hinaus haben wir analysiert, welche Aufgabenkombinationen von denselben LA-Mitgliedern wahrgenommen werden. Häufig fallen folgende Aufgaben zusammen (Korrelationskoeffizient > 0,4): - verantwortet den Business Case ↔ vertritt das Projekt gegenüber dem Topmanagement; - wählt die Projektleitung (PL) aus ↔ ist direkter Ansprechpartner für die PL; - wählt die PL aus ↔ vertritt das Projekt gegenüber dem Topmanagement; - definiert Anforderungen ↔ nimmt Projektergebnisse ab (bei internen Projekten) bzw. Abb. 5: Aus welchen Funktionen kommen LA Mitglieder Wissen | Rollen in der Projekt Governance 53 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0105 - definiert Anforderungen ↔ vertritt Kundeninteressen (bei Kundenprojekten); - wählt die PL aus ↔ hat Letztentscheidungskompetenz im LA; - stellt Budget zur Verfügung ↔ hat Letztentscheidungskompetenz im LA. Überraschend schwache (<0.1) oder sogar negative Korrelationen zeigen sich hingegen für die Kombinationen: - stellt Budget zur Verfügung ↔ verantwortet den Business Case; - hat Entscheidungsbefugnis im LA ↔ verantwortet Leistungserbringung oder Nutzen oder Business Case. Eine weitere Analyse betrifft den Zusammenhang zwischen Linienfunktionen und Aufgaben im LA. Dabei zeigen sich bei drei Linienfunktionen signifikante Häufungen: Mitglieder der Unternehmensleitung übernehmen im LA besonders häufig folgende Aufgaben: - definiert Anforderungen / Ziele; - stellt Budget zur Verfügung; - wählt PL aus; - leitet LA-Sitzungen; - Letztentscheidungskompetenz im LA. Spartenleiter übernehmen im LA besonders häufig die Aufgaben: - stellt Personal zur Verfügung; - vertritt Interessen der Kunden. Bei den Aufgaben, die Produktmanager im LA übernehmen, stechen hervor: - verantwortet den Business Case; - vertritt das Projekt / Programm gegenüber Topmanagement; - hat berichtende / beratende Funktion. Die gefundenen Zusammenhänge bzw. Nicht-Zusammenhänge zwischen LA-Funktionen stimmen weitestgehend mit unseren praktischen Erfahrungen überein und erscheinen uns als gute Praxis. Problematisch erscheint uns aber die geringe Korrelation zwischen Verantwortung und Entscheidungsbefugnis. Dies bedarf weiterer Untersuchung- - auf diesen ersten Blick, den wir aus den Daten gewonnen haben, weist es auf die Gefahr einer Dysfunktionalität in der Arbeit des Lenkungsausschusses hin. Und wo die Unternehmensleitung die Letztentscheidungskompetenz besitzt, die Verantwortung aber beim Produktmanagement liegt, kann es ebenso zu dysfunktionalen Auswirkungen kommen. Zuletzt haben wir noch analysiert, welche Aufgaben im LA die Unternehmensleitung selbst wahrnimmt. Bei internen Projekten waren alle LA-Aufgaben vertreten, an der Spitze das Bereitstellen von Budget (weit über 50 % allein durch die Unternehmensleitung, ca. 80 % durch Unternehmensleitung allein oder mit anderen) sowie die Letztentscheidungskompetenz (weit über 50 % allein, ca. 70 % allein oder mit anderen). Bei den externen Projekten ist das Bild sehr diffus. Es lässt sich erkennen, dass die Unternehmensleitung in einigen Fällen keine nennenswerte Funktion im LA erfüllt, die nicht auch schon durch andere Rollenträger im LA besetzt ist, und wahrscheinlich unternehmenspolitische Gründe für deren Beteiligung ausschlaggebend sind. Allerdings war das Sample hier nicht sehr groß (nur 12 LA von Kundenprojekten). Ein ausführlicher Ergebnisbericht zu der Studie ist auf der Website der Fachgruppe verfügbar. Abb. 6: Wahrnehmung der typischen Funktionen eines LA, getrennt nach internen / externen Projekten / Programmen Wissen | Rollen in der Projekt Governance 54 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0105 Um Unternehmen auch eine Hilfestellung zur Selbsteinschätzung ihrer Projekt- und Programm-Governance-Strukturen an die Hand zu geben, hat die Fachgruppe parallel zur Erhebung im Herbst 2019 auch an einem Benchmark-Tool zu diesem Thema gearbeitet, das wir nun vorstellen möchten. Benchmark-Tool Die Idee des von der Fachgruppe entwickelten Benchmark-Tools besteht darin, Anwendern Rückmeldung zu geben über die Reife einer Organisation in Bezug darauf, wie Projekt-Governance-Rollen dort gelebt werden. Das Tool richtet sich vorwiegend an PM-Offices, PM-Prozessverantwortliche und andere Personen, denen die Projektorientierung ihrer Organisation ein Anliegen ist. Sie können damit den Reifegrad ihrer Organisation in Bezug auf die Ausübung der Projekt-Governance-Rollen bewerten, vergleichen und Entwicklungsfelder identifizieren. Was wird mit dem Tool erfasst und bewertet? Die Facetten der Projekt-Governance-Rollen werden in vier Dimensionen beleuchtet und bewertet: 1. Organisatorische Rahmenbedingungen In dieser Fragengruppe geht es darum, inwieweit für die Projekte der Organisation die Rollen von Projektauftraggeber und Projekt-Lenkungsausschuss definiert sind, deren Einsetzung geregelt ist und inwieweit diese Regelungen auch eingehalten werden und Kontrollen unterworfen sind. 2. Zusammenarbeit im Lenkungsausschuss In der zweiten Fragengruppe geht es um Aufgaben, Befugnisse, Verantwortlichkeiten und Entscheidungsprozesse im Lenkungsausschuss. Sind relevante Stakeholdergruppen im Lenkungsausschuss vertreten, finden Sitzungen statt und sind diese in ihrer Frequenz und Dauer gut auf die Projekte abgestimmt, wie ist es um Handlungsfähigkeit und Klima der Zusammenarbeit bestellt-- all dies wirkt auf die Qualität der Projektarbeit und geht in den zweiten Score-Wert ein. 3. Beziehung zum Projekt Bei dieser Dimension wird erfasst, wie die Governance-Rollen gegenüber den Projekten gelebt werden. Oft bedeuten unklare Prioritäten, verschleppte oder nicht zügig und verbindlich umgesetzte Entscheidungen ein Problem für Projekte. Auch das fließt in die Auswertung zu dieser Fragengruppe ein. 4. Beziehung zur Stammorganisation In der vierten Fragengruppe geht es um die Beziehung zur Stammorganisation: Wie werden Governance-Rollen gegenüber der Organisation gelebt, wie werden sie von der restlichen Organisation gesehen und auch in die Verantwortung genommen? Es ist klar, dass das auf die Projektarbeit entscheidenden Einfluss hat. Als Ergebnis erhält man zu jeder Fragengruppe eine quantitative Bewertung des Reifegrades (Score). Erfahrungsgemäß erreicht keine Organisation in allen Dimensionen den Maximalwert- - es bleibt eine individuelle Managemententscheidung, wie stark man diese vier Dimensionen entwickeln möchte. Am Ende des Tools kann man entscheiden, ob man am Benchmark-Vergleich teilnehmen, also die eigenen Ergebnisse mit bisherigen Teilnehmern vergleichen und (natürlich anonym) in künftige Vergleiche einfließen lassen möchte. So baut sich über die Zeit ein interessanter Referenz-Datenbestand auf. Zum Abschluss zeigen wir in Abbildung 7 einen Vorgeschmack auf die Ergebnis-Darstellung für eine fiktive Organisation- - deren Daten selbstverständlich nicht in die Vergleichs-Datenbank eingehen: Die fiktive Organisation hat höhere Score-Werte als der als Benchmark bislang ermittelte Durchschnitt der Vergleichswerte. Ein Grund zum «Zurücklehnen» ist das freilich nicht unbedingt. Auch hier gäbe es noch Verbesserungspotential, am größten ist es in der Dimension der organisatorischen Rahmenbedingungen. Einige der erfassten Antworten beziehen sich auf harte Fakten, andere beziehen auch individuelle Einschätzungen mit ein, wie etwa das Klima der Zusammenarbeit im Lenkungsausschuss. Insofern kann es sich lohnen, aus einer Organisation durchaus mehrere Einschätzungen zu erfassen und zu teilen. Die Teilnahme am Benchmark-Tool dauert ca. 10 Minuten und ist über die Webseite der Fachgruppe erreichbar. Abb. 7: Ergebnis Benchmark-Tool mit Vergleichs- Option Wissen | Rollen in der Projekt Governance 55 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0105 Dr. Christian Rudischer Dr. Christian Rudischer unterstützt als Managementberater Organisationen aus allen Branchen bei der Umsetzung ihrer Strategie, hält Vorträge und Lehrveranstaltungen, ist PM-Assessor sowie subject matter expert im ISO TC 258. Davor hat der promovierte Verfahrenstechniker Managementfunktionen in IT- und Infrastrukturunternehmen bekleidet. eMail: christian@rudischer.consulting Ausblick und Danksagung Aus den erhobenen explorativen Daten zu Projekt-Governance- Strukturen in der Praxis haben wir Aussagen gewonnen und dazu einige Fragen abgeleitet, die eine weitere Analyse wert sind. Die deutlichen Unterschiede zwischen internen und externen Projekten / Programmen in den uns vorliegenden Daten geben Anlass zu einer genaueren Untersuchung. Und sowohl die eher hohe Beteiligung der Unternehmensleitung als auch die fragwürdige Aufgabenverteilung bezüglich Verantwortung und Entscheidungsbefugnis sollten ebenfalls noch tiefer beleuchtet werden. Abschließend gilt unser Dank den Mitgliedern der Fachgruppe für die gemeinsame Entwicklung und Diskussion der Ergebnisse. Insbesondere geht der Dank an die Arbeitsgruppe, die ihre langjährigen Praxiserfahrungen in ihren Unternehmen haben einfließen lassen, um das Benchmark-Tool auszuarbeiten: Thomas Hunziker, Tobias Kreutter und Rüdiger Geist. Ganz besonders bedanken wir uns bei allen, die uns durch die Teilnahme an der Umfrage im Herbst 2019 mit Informationen zu ihren Projekten und Programmen unterstützt haben. Die im Artikel erwähnten vollständigen Studienergebnisse, den Link zum Benchmark-Tool sowie weitere Informationen und Möglichkeiten, mit der Fachgruppe in Kontakt zu treten, finden Sie auf der Website www.pm-goes-boardroom.de. Literatur [1] Feldmüller D., Hunziker T., Ortner G., Rudischer C. : Projektauftraggeber und Lenkungsausschuss als Erfolgsfaktor. In: PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 3 / 2020, S. 53-59, Juli 2020. [2] Schoper Y., Wald A., Ingason H., Fridgeirsson T.: Projectification in Western economies: A comparative study of Germany, Norway and Iceland. In: IJPM Volume 36, Issue 1, 2018, S. 71-82. Eingangsabbildung: © apinan - stock.adobe.com Elemente der ICB 4.0 People5: Leadership, Practice 2: Goals, Objectives and Benefits, Practice 14: Select and Balance, Perspective 1: Strategy, Perspective 2: Governance, Structure and Processes, Perspective 4: Power and Interest. Prof. Dr. rer. nat. Dorothee Feldmüller Prof. Dr. rer. nat. Dorothee Feldmüller ist Professorin für Wirtschaftsinformatik auf dem Campus Velbert / Heiligenhaus der Hochschule Bochum. Zuvor war die promovierte Mathematikerin lange Jahre in der IT tätig, sie leitete als freie Projektleiterin und Beraterin zahlreiche IT-Projekte in Unternehmen. Seit 2004 ist sie auch aktiv bei der GPM. Anschrift: Hochschule Bochum Campus Velbert / Heiligenhaus, Kettwiger Str. 20, 42 579 Heiligenhaus, Tel. +49 2056 5848 - 16 721 eMail: d.feldmueller@gpm-ipma.de Prof. (FH) Mag. Dr. Gerhard Ortner Prof. (FH) Mag. Dr. Gerhard Ortner ist in den Studiengängen PM & IT (BA) bzw. PM & Organisation (MA) an der Fachhochschule des BFI Wien beschäftigt. Nach dem Studium der Wirtschaftsinformatik an der TU & Universität Wien war er zunächst in der Abt. für Industrielle BWL der TU Wien und später im Büro für Internationale Forschungs- und Technologiekooperation tätig und wechselte 2004 als Fachbereichsleiter für PM an die FH des BFI Wien. U.a. arbeitet er derzeit auch im ISO Technical Committee 258 an der Weiterentwicklung internationaler PM-Normen mit. Anschrift: FH des BFI Wien, Wohlmutstr. 22, A-1020 Wien eMail: gerhard.ortner@fh-vie.ac.at Wissen | Rollen in der Projekt Governance 56 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0105 Plattformbasiertes X-Shaped Collaboration Projektmanagement Eike Meyer, Doris Weßels Für eilige Leser | In einer global vernetzten Welt sind Projekte mit einer Vielzahl beteiligter Organisationen an der Tagesordnung. Projekte als Plattform müssen organisatorischen und technischen Anforderungen gerecht werden. Experteninterviews mit 17 erfahrenen Multiprojektleitern eines global agierenden IT-Dienstleisters werden in diesem Beitrag herangezogen, um neben der Analyse der neuen Herausforderungen auch Lösungsansätze zu formulieren. Die Notwendigkeit modularer Standardisierungsansätze für methodische und technische Plattformen wird als Handlungsfeld identifiziert. Ergänzend dazu wird die Rolle der Projektleitung als Integrator und Architekt der Projektplattform im Sinne eines X-Shaped Collaboration Managements hervorgehoben. Schlagwörter | Projektarbeit der Zukunft, Netzwerkgesellschaft, Plattformgesellschaft, Kollaboration, IT-Projektmanagement, Collaboration Manager Vorspann Der gesellschaftliche Wandel hat uns zu einer Netzwerkgesellschaft geführt, die sich mit beschleunigter Digitalisierung zu dem neuen Typus der Plattformgesellschaft wandelt. Welche Implikationen ergeben sich daraus für die Arbeitswelt, hier konkret für die Projektarbeit? Viele Organisationen kämpfen mit wachsender Komplexität von Projekten und einer zunehmenden Anzahl von internen und externen Projektbeteiligten in unterschiedlichsten Rollen mit hoher Dynamik. Wie können die daraus resultierenden Kollaborationsanforderungen für eine erfolgreiche Projektarbeit erfüllt werden? Welche Auswirkungen ergeben sich für die Projektleitung und deren Rollenverständnis, wenn zukünftig Projekt-Plattformen das Management-Objekt darstellen. Einleitung Projekte gibt es seit Jahrtausenden und mindestens ebenso alt ist die Zusammenarbeit sozialer Gruppen im Sinne eines gemeinsamen Ziels. Doch in den vergangenen Jahrzehnten sind die Innovationszyklen immer kürzer geworden, die eigene Wertschöpfungstiefe hat sich reduziert und damit einhergehend ist der Bedarf nach externen Kooperations-, Forschungs- und Beratungspartnern immer weiter gestiegen. Dank moderner Technologien und globaler Vernetzung, die weit über die analoge Welt hinaus digital präsent sind, können Projekte in unserer Netzwerkgesellschaft Ressourcen und Wissen nutzen, die weit über das klassische Kernprojektteam hinaus gehen. Nicht zuletzt durch die kontinuierlich steigende Qualität von Technologien in der verteilten Kommunikation liegen hier für Projektvorgehen ungenutzte Potenziale. Die Covid-19-Pandemie führt dazu, dass der Einsatz leistungsfähiger IT- und PM-Tools für die Zusammenarbeit in virtuellen Teams, mit Projektbeteiligten in Homeoffices (weltweit) verteilt, einen neuen Stellenwert bekommen. Um diesem neuen Anspruch von Kollaboration und technischer Integration im Projektmanagement Herr (bzw. Frau) zu werden, muss auch die Rolle der Projektleitung hinterfragt werden. Wie sieht diese neue Form der Zusammenarbeit aus und welche Veränderungen ergeben sich für die Projektleitung bei diesem Wandel? Der Blick darf aber nicht nur in die Unternehmen und die Projektarbeit gerichtet werden, sondern wir müssen auch den gesellschaftlichen Wandel und das veränderte Ökosystem der Projektarbeit beobachten. Welche organisatorischen Veränderungen in den Unternehmen ge- Wissen Plattformbasiertes X-Shaped Collaboration Projektmanagement DOI 10.2357/ PM-2020-0106 31. Jahrgang · 05/ 2020 57 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0106 hen damit einher. Führt uns die heutige Netzwerkgesellschaft zu einer „Plattformgesellschaft“, die wir bisher mit neuen Geschäftsmodellen und der Plattformökonomie am Beispiel von Unternehmen wie Amazon, Google, Airbnb usw. verbinden? Der Plattformbegriff ist vielfältig und soll in diesem Beitrag als Projekt-Plattform verstanden werden. Dabei wird das grundlegende Merkmal von Plattformen, d. h. das Vorhandensein von Netzwerk- und Skaleneffekten, analog zu den zuvor genannten Business-Plattformen interpretiert (Evans und Gawer 2016). Werden für die Projektarbeit der Zukunft auf diesen Projekt-Plattformen neue Regularien und Standardisierungsanforderungen notwendig? Wie verändert sich das Rollenverständnis der Projektleitung? Diese Fragestellungen werden in diesem Beitrag aufgegriffen. Es werden Lösungsansätze vorgestellt, die auf 17 Experteninterviews beruhen. Bei den Experten handelt es sich um Multiprojektleiter, die zum Zeitpunkt der Untersuchung über eine durchschnittliche Erfahrung von 15 Jahren in der Leitung von IT-Beratungsprojekten verfügten (Meyer 2018). Von der Wissensgesellschaft zur Plattformgesellschaft Die Veränderung der Gesellschaft unterliegt naturgemäß einem stetigen Wandel, siehe zum Ablauf die nachfolgende Tabelle 1. Während nach Drucker unsere Gesellschaft in den 60er-Jahren davon geprägt war, dass Wissen neben Kapital, Arbeitskraft und Rohstoffen als zentrale Ressource identifiziert wurde und der Terminus Wissensgesellschaft seinen Einzug hielt, führte die erste Phase der Digitalisierung in den 70er-Jahren zur sogenannten Informationsgesellschaft. Im nachfolgenden Übergang vom 20. zum 21. Jahrhundert wurde der Begriff der Netzwerkgesellschaft vom spanischen Soziologen Castells wegen der „Verdichtung von Zeit und Raum“ geprägt (Castells 2000). Ausgehend von dieser ersten Generation der Netzwerkgesellschaft hat sich die Netzwerk-2.0-Gesellschaft nach Seemann und Gießmann im Sinne einer Plattformgesellschaft entwickelt (Seemann und Gießmann 2015). Potenziale Risiken Zielerreichung im Verbund mit strategischen Allianzen wird ermöglicht oder erleichtert. Abhängigkeit von Partnern schränkt Autonomie ein. Erfahrung von Partnern wird für eigene Innovationsprozesse genutzt. Abstimmungsprozesse sind zeit- und kostenintensiv. Synergien entstehen durch Know-how-Bündelung, Wissensverlust droht bei Trennung von Partnern oder Auflösung des Netzwerkes. Neue Perspektiven werden durch unternehmensexterne Kontakte gewonnen. Unternehmenseinblicke der externen Partner können rechtswidrig genutzt werden und die eigene Wettbewerbsposition gefährden. Tab. 2: Potenziale und Risiken von Unternehmensnetzwerken (in Anlehnung an (Howaldt 2004)) Wissensgesellschaft Wissen wird (neben Kapital, Arbeitskraft und Rohstoffen) als zentrale Ressource identifiziert (Peter F. Drucker, 1969 ). Informationsgesellschaft IT -gestützte Techniken führen zu einer „Verdichtung von Zeit und Raum“ ( 70 er-Jahre). Netzwerk 1.0: Netzwerkgesellschaft Soziale Folgen der Vernetzung in der Informationsgesellschaft rücken in den Fokus (Manuel Castells, 2000 ). Netzwerk 2.0: Plattformgesellschaft Die Aggregation von Netzwerkeffekten führt zu Plattformen, um einen standardisierten Rahmen für Kooperationen zu schaffen (Michael Seemann, Sebastian Gießmann, 2015 ). Tab. 1: Wandel der Gesellschaft Bereits in der Netzwerkgesellschaft (siehe Netzwerk 1.0 in ) zeigten sich neben den Potenzialen auch vielfältige Risiken, die mit der zunehmenden Vernetzung gerade auch bei Unternehmensnetzwerken einhergehen, die in dargestellt werden. Die Öffnung eines Unternehmens bietet Potenziale, aber sie erfordert auch einen hohen Abstimmungs- und Organisationsaufwand, der exponentiell wächst mit der Menge der Netzwerkpartner, wie z. B. Kunden, Lieferanten, Dienstleister und Berater, und der damit verbundenen Vielfalt von Schnittstellen. Wissen | Plattformbasiertes X-Shaped Collaboration Projektmanagement 58 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0106 Die auf die Netzwerkgesellschaft folgende Plattformgesellschaft (siehe Netzwerk 2.0 in ) lässt sich nach Gießmann (Gießmann 2015) durch vier Thesen charakterisieren: 1. Plattformen sind Selektionsprozesse. 2. Plattformen setzen Standards. 3. Plattformen sind Kooperationsbedingungen. 4. Plattformen reduzieren Selektionsoptionen. Diese Charakteristika bedeuten, dass Plattformen das Ergebnis von Selektionsprozessen sind, sie zugleich Standards setzen und den organisatorischen Rahmen für die Kooperationsmöglichkeiten schaffen. Unternehmen der sogenannten Plattformökonomie lassen sich nach Typen gliedern, die ihren Schwerpunkt entweder in den Transaktionen, der Innovation, der Integration oder der finanziellen Beteiligungsmöglichkeit sehen, siehe die vier Plattform-Grundtypen: Transaktion, Innovation, Integration und Investition (Evans und Gawer 2016). Sowohl die oben aufgeführten Charakteristika wie auch die Plattformtypen werden nachfolgend in Beziehung gesetzt zu Projekt-Plattformen. Plattformen als Basis moderner Projektarbeit Die in der dargestellte Plattform soll das komplexe Zusammenspiel aus Sicht der Projektleitung beschreiben. Oberhalb der Plattform sind die externen Projektbeteiligten und Stakeholder aufgeführt, während im unteren Teil die in der eigenen Organisation angesiedelten Projektbeteiligten zu finden sind. Die Fülle der Projektbeteiligten, ihre Dynamik im Prozess der Projektteilnahme und -beteiligung sowie deren Beziehungen und Abhängigkeiten im Sinne des Multi-Stakeholdermanagements erhöhen die Komplexität und die Anforderungen an das Projektmanagement. 4 Management der Plattform durch X-Shaped Collaboration Management Die Konkretisierung der neuen Projektmanagement-Anforderungen für diese hochkomplexen Projektplattformen führt zu dem neuen Begriff des X-Shaped Collaboration Managements. Der im Zentrum der Plattform (siehe ) agierende neue Typus des X-Shaped Collaboration Manager steht für das neue Rollenverständnis des Projektmanagements für Projekt-Plattformen. Diese Rolle stellt eine Erweiterung des von Weßels vorgestellten Modells des „X-Shaped Managers“ (Weßels 2014, 2011) dar. Es wurde als Fortführung des von Guest 1991 vorgestellten „T-Shaped Managers“ (Guest 1991) entwickelt. Das „T“ steht hier als Metapher für das zweidimensionale Kompetenzprofil: Fachkompetenz (vertikal als berufliche Spezialisierung) in Verbindung mit der Bereitschaft und Fähigkeit zur interdisziplinären Zusammenarbeit (horizontal im Sinne eines Generalisten für interdisziplinäre Ausrichtung). Der X-Shaped-Managementansatz bricht mit der klassischen Denkweise der einfachen zweidimensionalen Differenzierung in Spezialist und Generalist. Gerade für das schnelllebige Projektgeschäft ist es unerlässlich, dass Führungskräfte in vernetzten Strukturen und Wirkungsgefügen denken und handeln können (Haverbier und Weßels 2015). In der Unternehmenspraxis sind X-Shaped Manager insbesondere daran zu erkennen, dass sie vertrauenswürdige Strukturen aufbauen können, gut vernetzt sind, eigene Visionen haben und dennoch ihren Mitarbeitern den notwendigen Raum für ihre gestalterischen Fähigkeiten geben. Dieser Typus steht für Persönlichkeiten, denen man gerne folgt, ohne sich eingeschränkt zu fühlen (Weßels 2014). Die obige Darstellung in spiegelt die Kompetenzen erfolgreicher Collaboration Manager auf Projekt-Plattformen wider. Um den vielfältigen Aufgaben im Lebenszyklus des Projektes gerecht zu werden, benötigen die Collaboration Manager eine Fülle von Kompetenzen, die sich in diese vier Kategorien gliedern lassen (Hochbrügge et al. 2017): Wissen | Plattformbasiertes X-Shaped Collaboration Projektmanagement 59 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0106 - Netzwerke und Kontakte - Adaptive Kommunikation - Interdisziplinarität - Fachwissen und Organisationskenntnis Diese Kompetenzen sind ausgerichtet an den spezifischen Aufgabenfeldern: Der X-Shaped Collaboration Manager im Zentrum der organisationseigenen Projekt-Plattform muss die zentrale Funktion der Vernetzung sowohl an den interals auch an intraorganisationalen Schnittstellen übernehmen und die Integrationsleistung zum Wohle der eigenen Organisation bewältigen. Technische Plattformen als Projektfundament Im Rahmen von Projekten mit einer Fülle beteiligter Organisationen zeigen sich schnell die Grenzen eines eindimensionalen Kollaborationsansatzes. Zum besseren Verständnis sollen im Folgenden praktische Aspekte aus einer Studie aufgegriffen werden, die die Zusammenarbeit im Bereich von IT-Beratungs- und Implementierungsprojekten aus der Perspektive eines international tätigen Dienstleisters beleuchtet hat (Meyer 2018). Da Projekte in einem derartigen Rahmen mindestens zwei Parteien aus unterschiedlichen Organisationen beinhalten, fallen sie in die Definition moderner Kollaborationsprojekte. Entsprechend eignen sie sich besonders zur Analyse des Plattformgedankens. Der im IT-Umfeld verbreitete Einsatz von PPMIS (Project Portfolio Management Information Systems) und weiterführender Software stellt hier den Ausgangspunkt für eine weiterführende Betrachtung von Plattformen auch in ihrer technischen Dimension dar. Als Datenquelle für die im Folgenden beschriebenen Aspekte dienten Interviews mit 17 erfahrenen Projektleitern eines global agierenden IT-Dienstleisters, die zum Zeitpunkt der Untersuchung durchschnittlich 15 Jahre Erfahrung in der Leitung von Beratungsprojekten hatten. Diese wurden im Schwerpunkt auf die Erhebung von Daten zum Vorgehen hinsichtlich der Selektion und Nutzung von Plattformen und Software durch Manager von IT-Projekten geführt. Im Folgenden werden einige zentrale Erkenntnisse zusammengefasst. Zunächst bestätigten die Gespräche die zentrale Rolle der Zusammenarbeit als Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Projektumsetzung. Dieser Aspekt wurde von der Mehrzahl der Teilnehmer erwähnt. Dabei wird Software als eine zentrale Grundlage für die Zusammenarbeit und Kommunikation angesehen, da verschiedene Projektmanagementaktivitäten durch entsprechende Software unterstützt werden. Gerade in verteilten Teams ist eine asynchrone Möglichkeit der Kommunikation mittels Software heute kaum wegzudenken. Beispielhaft seien hier die Steuerung von Aufgaben, Risiken, Problemen und Ressourcen erwähnt, die in IT-Projekten aber oft direkt verknüpft sind mit Teilen des Entwicklungsprozesses wie Anforderungen, Testplänen, Issues bis hin zu versioniertem Quellcode selbst. In der Praxis ergeben sich beim Einsatz entsprechender Software als Kollaborationsplattform jedoch diverse Herausforderungen, insbesondere sobald es zu einem Einsatz in einem organisationsübergreifenden Team Anzeige 10 Praxisbeispiele ISBN 978-3-7398-3070-4 www.uvk.de Von harten Hunden und arroganten Giraffen Mit Menschen im Beruf und im Alltag richtig umgehen Nello Gaspardo Gaspardo Von harten Hunden und arroganten Giraffen 2. A. Persönlichkeitstypologie für Beruf und Alltag Jeder Mensch ist einzigartig! Das ist fraglos richtig. Dessen ungeachtet finden Sie bei Ihren Mitmenschen wiederkehrende Charaktereigenschaften, mit denen Sie im Beruf und im Alltag umgehen müssen. Denken Sie nur an den harten Hund aus der Chefetage, den cleveren Fuchs aus dem Controlling oder den zappeligen, aber vor Ideen sprühenden, Affen aus der Marketingabteilung. Nello Gaspardo skizziert in dieser zweiten, erweiterten Auflage neun solcher Typen anhand von Tierbildern. Er zeigt deren Stärken und Schwächen auf und verrät Ihnen pointiert, was Sie im Umgang mit diesen Menschen unbedingt wissen sollten und wie Sie mit diesen Typen richtig kommunizieren. Neu: Auch auf Typenkombinationen geht der Autor ein. Beispiele verdeutlichen zudem Charaktereigenschaften und helfen dabei, Typen und Kombinationen besser zu verstehen und einzuschätzen. Das Buch ist ein unverzichtbarer Ratgeber für alle, die im Beruf und im Alltag gemeinsam mit anderen Menschen schnell und harmonisch Ziele erreichen möchten. Dr. Nello Gaspardo ist Kommunikationsprofi und Verhandlungsexperte. Er lehrte 23 Jahre Rhetorik, Internationale Verhandlungsführung und Leadership an der ESB Business School der Hochschule Reutlingen. Er ist weltweit als Berater und Speaker tätig. Nello Gaspardo Von harten Hunden und arroganten Giraffen In der Projektarbeit treffen Sie auf die unterschiedlichsten Menschen ... Hier lernen Sie, mit ihnen umzugehen! uvk.de Wissen | Plattformbasiertes X-Shaped Collaboration Projektmanagement kommt. Einige der identifizierten Aspekte sollen im Folgenden diskutiert werden. Herausforderungen plattformbasierter Kollaboration Eine aus wirtschaftlicher Sicht zentrale Rolle spielt oft die Vorlaufzeit bis zur Arbeitsfähigkeit eines Projektteams. Verantwortliche setzten hier oft auf etablierte Unternehmensstandards und Prozesse, um Risiken und Vorlaufzeiten zu minimieren. Bei einer organisationsübergreifenden Zusammenarbeit und dem Einsatz von Projektmitarbeitern aus unterschiedlichen Unternehmen stößt dieses Vorgehen jedoch an seine Grenzen, da entsprechende Standards in Organisationen unterschiedlich definiert sind. Dies zeigt sich darüber hinaus auch bei der Kollaboration verschiedener Organisationen in Bezug auf Reporting und Auswertungen. Betroffen sind sowohl die Datenhaltung in unterschiedlichen Tools der beteiligten Kooperationspartner, die manuelle Übertragung von Informationen zwischen Reporting-Systemen, individuell angepasster Excel-Dateien einzelner Projektmitglieder oder auch einfach die unabgestimmte Vorgehensweise bei der Klassifizierung von Ereignissen, Softwarefehlern oder Kennzahlen wie Dauer und Aufwand. Im Ergebnis sitzen sich dann oft Entscheider aller Parteien gegenüber und versuchen auf Basis von zueinander widersprüchlichen Daten Entscheidungen über den Projektverlauf zu treffen. Chaos ist hier vorprogrammiert. Gleichzeitig sind insbesondere in großen Organisationen zu jedem Projekt auch unternehmensspezifische Prozesse mit regelmäßigen Kennzahlen zum Projektverlauf zu bedienen. Dies bildet die Grundlage für zur Steuerung der Organisation mit ihrer Vielzahl an Projekten. Oft stellen die genannten Unterschiede in Methodik und Software zwischen dem Kunden, Beratern und Dienstleistern eine zentrale Herausforderung dar. Daher muss zwischen den Organisationen ein einheitliches Vorgehen vereinbart werden. Um die damit zusammenhängenden Aufwände zu berücksichtigen, sollte man zudem einen höheren Anpassungsaufwand im Zusammenspiel mit den anderen Parteien einplanen. Im Kontext von Kollaboration spielt aber auch die Wettbewerbssituation eine Rolle. Projekte mit vielen, untereinander im Wettbewerb stehenden Dienstleistern und Unterauftragnehmern können bei der Zusammenarbeit auf Probleme wie Intransparenz und Konkurrenzdenken stoßen. Neben den bereits genannten Herausforderungen kommen hier technische Rahmenbedingungen zum Tragen. Oft fehlen in der Praxis zeitnah notwendige Intranet-Zugänge für Externe. Auch fehlende Lizenzen oder intransparente Lizenzprozesse bremsen einen schnellen Start oft aus. Hier treten vermehrt Cloud-Technologie und über Cloud gehostete Software als Enabler in den Vordergrund. Pragmatische Lösungen wie Trello oder Slack zur Kommunikation sind aufgrund der kurzfristigen Bereitstellung hier umständlich zu lizensierenden und installierenden Lösungen häufig einen Schritt voraus. Auch Jira hat sich hier als ein Marktführer etabliert und verknüpft Funktionalitäten von Projektmanagement mit Komponenten zur Steuerung von Softwareprojekten. Wenn über Cloud gesprochen wird, sollen an dieser Stelle Datenschutz und Datensichtbarkeit nicht unerwähnt bleiben. Da Projektinformationen und Reporting oft finanzrelevante Daten enthalten sowie möglicherweise Informationen zu geschäftsstrategischen Initiativen, ist die Frage der Datenhaltung oft von zentraler Bedeutung. Auch wenn das Vertrauen in Cloudlösungen tendenziell gewachsen ist, sind viele Unternehmen immer noch vorsichtig bei der cloudbasierten Speicherung von Projektdaten. Zudem ist die Frage des Zugriffs und der revisionssicheren Ablage von Daten durch die verschiedenen Projektparteien mit Blick auf mögliche Rechtsstreitigkeiten ein weiterer Aspekt, der bei der Hosting-Frage berücksichtigt sein will. Vor diesem Hintergrund kann es Sinn machen, signifikante Teile der Projektmanagementdaten in der eigenen Organisation und deren Infrastruktur abzulegen oder zu duplizieren, um diese im Zweifel auch nach Projektende weiterhin einsehen zu können. Auf Basis dieser Plattform ist es zudem notwendig, das gemeinsame Vorgehen zu definieren, um die Software einheitlich zu nutzen. Dies bedeutet, dass neben einer Einigung zu den technischen Rahmenbedingungen auch ein gemeinsames Vorgehensmodell eine zentrale Rolle für die erfolgreiche Kollaboration einnimmt. Dies wird umso relevanter, als dass man im Kontext von Projekten mit prozessspezifischer Software, wie beispielsweise in der Softwareentwicklung, eine Integration zwischen Projektmanagement und Prozessbereichen findet. Kennzahlen zu Tests von IT-Applikationen sind in der Regel nicht nur im Sinne der Fehlerbehebung relevant, sondern werden auch im Reporting erfasst und gemeldet. Entsprechend ist es von zentraler Bedeutung, das Vorgehen der einzelnen Prozessbereiche im Kontext der eingesetzten Projektleitungsmethodik zu definieren und gegenseitige Abhängigkeiten im Prozess kenntlich zu machen. Auch eine Integration und Auswertung der IT-Prozesse auf Basis von ALM-Werkzeugen kann hier zusätzliche Transparenz schaffen (Siebenmarck 2014). Zusammenfassend findet sich in der nachfolgenden ein Überblick über zentrale Herausforderungen in der Praxis. Nr. Herausforderungen beim Einsatz technischer Plattformen 1 Wissensaufbau zur Nutzung von Kollaborationswerkzeugen benötigt Vorlaufzeit. 2 Reporting zwischen Organisationen ist unterschiedlich. 3 Organisationsübergreifende Vorgehensweisen sind oft inkonsistent, 4 Datenübertragung zwischen Werkzeugen oft manuell und fehleranfällig. 5 Wettstreit zwischen Parteien kann dem Projektziel zuwiderlaufen. 6 Verfügbarkeit von Lizenzen und Zugriffsmöglichkeiten sind unzureichend, 7 Zugriffsrechte nach Projektablauf ggf. unklar, 8 Definition einheitlicher Vorgehensweisen (bei der Nutzung) notwendig. Tab. 3: Herausforderungen beim Einsatz technischer Plattformen Wissen | Plattformbasiertes X-Shaped Collaboration Projektmanagement 61 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0106 Ausgehend von diesen Herausforderungen gilt es, diese im Sinne einer produktiven Nutzung von Software bewusst zu adressieren. Hier kommen aus der Rolle des Projektmanagers als X-Shaped Collaboration Manager insbesondere folgende Aufgabengebiete zum Tragen (Hochbrügge und Weßels 2019): 1. Standardisierung und Regelung von Kollaborationstätigkeiten, 2. Identifikation von Schnittstellen, 3. Schaffung und Steuerung des Zuganges zu benötigten Informationen, 4. Steuerung und Förderung des Kommunikationsverhaltens inkl. der Kommunikationswege, 5. Kontrolle, Überwachung und Steuerung des Verhaltens der Teilnehmer. Der erstgenannte Punkt der Standardisierung und Regelung erweist sich als besonders relevanter Erfolgsfaktor. Sehr deutlich zeigt sich dessen Relevanz, wenn Softwarelösungen für das Multi-Projektmanagement in Form von PPMIS zum Einsatz kommen. Eine von Kock et. al. 2020 vorgestellte Studie (Kock et al. 2020) basiert auf der Analyse von 181 Projektportfolios und konnte erstmalig aufzeigen, dass die Anwendung von PPMIS sowohl mit der Qualität der Portfoliomanagementprozesse wie auch mit dem Erfolg des Projektportfolios assoziiert ist. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Formalisierungsgrad ausgehend vom Einzelprojektmanagement bis hin zum Projektportfoliomanagement und des Risikomanagements ausreichend hoch ist. Wenn die Formalisierung gelingt, können die besonderen Herausforderungen der Komplexität von Projekten, die sich im Wesentlichen durch die Größe von Projekten, deren Dynamik, Vernetzung und Abhängigkeiten der Projekte untereinander ergeben, signifikant erfolgreich bewältigt werden. Empfehlungen und Ausblick Aus den genannten Beispielen ergeben sich einige praktische Vorgehenshinweise für Projektleitungen und Organisationen in der heutigen Plattformgesellschaft. Zum einen sollten Projekte in dem Bewusstsein der Chancen und Risiken eines plattformorientierten Ansatzes konzipiert werden. In der heutigen multidimensional vernetzten Welt können komplexe Vorhaben oft nur mittels organisationsübergreifender Kollaboration bewältigt werden. Gleichzeitig birgt die übergreifende Zusammenarbeit eigene Herausforderungen, die adressiert werden müssen. Hier kann der richtige Einsatz technologischer Plattformen zum zentralen Erfolgsfaktor werden. Dies bedingt aber bereits vor dem eigentlichen Projektbeginn eine Kollaboration der Parteien zur Definition des gemeinsamen Vorgehens unter Berücksichtigung von Standards und Regeln (Kock et al. 2020) wie z. B. Reporting, Nutzung von Lizenzen und technologischen Standards. In ihrem Profil ist die Projektleitung hier potenziell mehr als methodischer Integrator denn als klassische Führungsrolle gefragt. Der in diesem Beitrag skizzierte Typus „X-Shaped Collaboration Manager“ für projektorientierte Organisationen beschreibt diese neue Rolle, die in dieser hochkomplexen und interdependenten Struktur als „plattformbildende“ Verankerung des Projektmanagements interpretiert werden kann. Als Ergebnis wird ein kollaboratives System angestrebt, welches signifikant zum Projekterfolg beiträgt. Hier könnte ein modulares Vorgehensmodell Abhilfe schaffen, welches der Dynamik und Komplexität kollaborativer Projekte Rechnung trägt. Mit Blick in die Praxis wird sich der kollaborative Ansatz auch auf das „X-Shaped Collaboration Management“ und die damit verbundene Führungsrolle beziehen müssen. Konkret bedeutet dies, dass ein erfolgreiches Projektplattform-Management der Zukunft vermutlich nicht mehr von nur einer Person, sondern von einem Team geleitet werden wird. Das Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme kann als beispielhafte Referenz angeführt werden. Dort wird aufbauend auf den bereits umfänglich eingeführten agilen Methoden seit 2019 das gesamte Institut als agile Organisation neu aufgestellt. Damit einhergehend wurde ein neues Führungsmodell benötigt. Mit der Einführung des Shared-Leadership-Konzepts übernimmt das Fraunhofer IKS nach Aussage der Verwaltungsdirektorin Sabine Sickinger eine Führungsrolle in der Forschungslandschaft und der Fraunhofer-Gesellschaft (Sickinger 2020). Ansätze dieser Art der geteilten Führung weisen allerdings noch einen hohen Forschungsbedarf auf, da vielfältige neue Herausforderungen zu bewältigen sind (Scott-Young et al. 2019). Mit der Veränderung der Organisation geht ein sich wandelndes Verständnis mit genügend Freiraum in der Führung einher. Die Rolle der Führungskraft als „Vordenker“ muss neu interpretiert und erweitert werden, sowohl für das Management von Organisationen wie auch für Projekte. Das Management-Team der Zukunft muss den Rahmen schaffen, d. h., die Plattform der Zusammenarbeit definieren und managen, aber zugleich die Balance zwischen Steuerung und Freiraum für die Plattform-Mitglieder finden. Literaturverzeichnis [1] Castells, Manuel (2000): The rise of the network society. Reprinted. Cambridge, Mass.: Blackwell (The information age, economy, society and culture / Manuel Castells ; Vol. 1). [2] Evans, Peter C.; Gawer, Annabelle (2016): The Rise of the Platform Enterprise. A Global Survey. The Emerging Platform Economy Series No. 1. Hg. v. The Center for Global Enterprise. Online verfügbar unter https: / / www. thecge.net / app / uploads / 2016 / 01 / PDF-WEB-Platform- Survey_01_12.pdf, zuletzt aktualisiert am Januar 2016, Stand: 20. 07. 2020. [3] Gießmann, Sebastian (2015): Vier Thesen zur Plattformgesellschaft (1). Hg. v. Sebastian Gießmann. Online verfügbar unter https: / / netzeundnetzwerke.de / vier-thesen-zur-plattformgesellschaft-1/ , zuletzt aktualisiert am 16. 05. 2015, Stand: 18. 07. 2020. [4] Guest, David (1991): The hunt is on for the Renaissance Man of computing. In: The Independent . [5] Haverbier, Jana; Weßels, Doris (2015): Organisationsform Projekt- - Selbsterneuerung für (erstarrte) Organisationen? In: OrganisationsEntwicklung, Zeitschrift für Unternehmensentwicklung und Change Management (01), S. 35-42. [6] Hochbrügge, Ramona; Milewski, Simon; Weßels, Doris (2017): Die Rolle des Kooperationsspezialisten in der Projektarbeit. In: PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 28 (4), S. 48-55. Wissen | Plattformbasiertes X-Shaped Collaboration Projektmanagement 62 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0106 [7] Hochbrügge, Ramona; Weßels, Doris (2019): Innovationsprojekte als Treiber der Organisationsinnovation-- die integrative Rolle des X-Shaped Collaboration Managers. PM Symposium. Fachhochschule des BFI Wien. Wien, 05. 06. 2019. Online verfügbar unter: https: / / pmsymposium.fh-vie.ac.at/ , 5. Juni 2019. [8] Howaldt, Jürgen (2004): Unternehmensnetzwerke- - Organisationsform der Zukunft. In: Gernot Gehrke (Hg.): Netzwerke zur Medienkompetenzentwicklung. Erfolgsfaktoren und Handlungsoptionen. München: kopaed (Ecmc working paper, Vol. 6), S. 27-34. Prof. Dr. Doris Weßels Doris Weßels ist Professorin für Wirtschaftsinformatik mit dem Schwerpunkt Projektmanagement an der Fachhochschule Kiel. Nach einem Studium der Mathematik, Betriebswirtschaftslehre und Informatik mit nachfolgender Promotion war sie über 12 Jahre in verschiedenen Fach- und Führungspositionen im Maschinen- und Anlagenbau, der Telekommunikation und einer Bank tätig. Bei der GPM und der Gesellschaft für Informatik (GI) ist sie in Fach- und Regionalgruppen engagiert. Dr. Eike Meyer Dr. Eike Meyer hat über 12 Jahre lang in der IT-Beratung von IBM als Experte, Projektmanager und Abteilungsleiter Unternehmen durch die digitale Transformation begleitet. In den vergangenen Jahren entwickelte er als Head of Cognitive Defense Solutions mit seinem Team vornehmlich KI-basierte Lösungen. Darüber hinaus ist er als Trainer, Redner und Lehrbeauftragter zu Themen wie Leadership und Consulting im Kontext von Digitalisierung und modernen Technologien aktiv. Fachhochschule Kiel-- University of Applied Sciences Fachbereich Wirtschaft Institut für Wirtschaftsinformatik Anschrift: Sokratesplatz 2 D-24149 Kiel eMail: doris.wessels@fh-kiel.de eMail: eike.meyer@fh-kiel.de [9] Kock, Alexander; Schulz, Babette; Kopmann, Julian; Gemünden, Hans Georg (2020): Project portfolio management information systems’ positive influence on performance- - the importance of process maturity. In: International Journal of Project Management 38 (4), S. 229-241. DOI: 10.1016 / j.ijproman.2020.05.001. [10] Meyer, Eike (2018): An investigation of the process and characteristics used by project managers in IT consulting in the selection of project management software. Thesis (D. B. A.). Hg. v. Edinburgh Napier University. Online verfügbar unter https: / / www.napier.ac.uk/ ~/ media / worktribe / output-1 253 385 / an-investigation-of-the-processand-characteristics-used-by-project-managers-in-it.pdf, Stand: 18. 07. 2020. [11] Scott-Young, Christina M.; Georgy, Maged; Grisinger, Andrew (2019): Shared leadership in project teams: An integrative multi-level conceptual model and research agenda. In: International Journal of Project Management 37 (4), S. 565-581. DOI: 10.1016 / j.ijproman.2019.02.002. [12] Seemann, Michael; Gießmann, Sebastian (2015): Von der Netzwerkzur Plattformgesellschaft. Vortrag. Hg. v. re: publica. Online verfügbar unter https: / / re-publica. com / de / session / netzwerk-zur-plattformgesellschaft, zuletzt aktualisiert am 06. 05. 2015, Stand: 18. 07. 2020. [13] Sickinger, Sabine (2020): Shared Leadership: Agile Organisation beginnt bei Führen im Team. Hg. v. Fraunhofer- Institut für Kognitive Systeme IKS. Fraunhofer-Institut für Kognitive Systems IKS. Online verfügbar unter https: / / safe-intelligence.fraunhofer.de / shared-leadership-agileorganisation, zuletzt aktualisiert am 16. 04. 2020, Stand: 20. 07. 2020. [14] Siebenmarck, Oliver (2014): Visualizing cross-tool ALM projects as graphs with the Open Service for Lifecycle Collaboration. Konferenzbeitrag. Fachtagung des GI- Fachbereichs Softwaretechnik. Gesellschaft für Informatik e. V. (GI), 2014. [15] Weßels, Doris (2011): Die Zukunft ruft-- Network Project Management „ante portas“. Blogbeitrag. Hg. v. Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. (GPM). Online verfügbar unter https: / / www.gpm-blog.de / die-zukunftruft-network-project-management-ante-portas/ , zuletzt aktualisiert am 20. 11. 2011, Stand: 24. 07. 2020. [16] Weßels, Doris (2014): Der X-Shaped-Projektmanager für vernetzte Organisationen. In: Doris Weßels (Hg.): Zukunft der Wissens- und Projektarbeit- - Neue Organisationsformen in vernetzten Welten. Düsseldorf: Symposion, S. 65-96. Eingangsabbildung: © iStock.com / Natali_Mis Wissen | Plattformbasiertes X-Shaped Collaboration Projektmanagement 63 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0106 Versuch einer Fehlersuche Das Ressourcendrama-- oder warum eine belastbare Ressourcenplanung nicht möglich ist Dietmar Prudix Für eilige Leser | Immer wieder beklagen Projektleiter, wie viele Mühen sie für die Ressourcenplanung aufwenden, die dennoch nie funktioniert. Das frustriert und lässt ein nachhaltiges Projektergebnis in weite Ferne rücken. Doch woran liegt das? Was sind die Wirkmechanismen für eine Ressourcenplanung? Kaum jemand ahnt, dass wir als Menschen gar nicht in der Lage sind, eine verlässliche und belastbare Ressourcenplanung durchzuführen. Woran das liegen kann und wovon das abhängt, erfahren Sie hier. Schlagwörter | Ressourcenplanung, Overconfidence-Effekt, Kontrollillusion, Conjunction Fallacy, Hawthorne Effekt, Hofstadters Gesetz, Kontrollierbarkeits-Bias, Prokrastination Problembeschreibung Als Projektleiter kennen Sie es sicherlich- - das Tauziehen um Ressourcen, um dann festzustellen, dass die Ressourcen doch nicht ausreichend vorhanden sind. Die Folge: Projekte werden teurer als geplant und dauern länger. Ressourcen: Der eine hat sie, der andere braucht sie. Eine belastbare Ressourcenplanung- - eher Fehlanzeige. Wenn überhaupt, dann reicht eine kurzfristige Planung aus. Denn nur die disziplinarischen Vorgesetzten entscheiden letztlich, wie und wo die Mitarbeiter eingesetzt werden. Ressourcenplanung ist alles andere als einfach, weil: - Aufwände nur grob geschätzt werden können, - Mitarbeiter nicht so zur Verfügung stehen, wie benötigt, - Inhalte, Leistungsanforderungen und Liefertermine sich ständig ändern (gerade im agilen Umfeld), - spezielle, benötigte Ressourcen gar nicht zur Verfügung stehen. Der Linienvorgesetzte hat dabei nicht nur die Zeiten für einen Projekteinsatz zu planen, sondern auch die Zeiten eines Nicht-Projekteinsatzes, sonst sind Einsatzdaten weder zu planen, zu vergleichen noch zu optimieren. Zunächst soll das Thema im Projektmanagement eingeordnet werden. Wenn Projektleiter dem generischen Projektplanungsprozess folgen, müssen zunächst einige weitere Punkte vorab geklärt sein: - Aufbauend auf einem Projektauftrag (oder Business Case, Machbarkeitsstudie etc.) findet der Projektleiter einen Einstieg ins Projekt. Hier findet er grundlegende Rahmenbedingungen, die im Projekt zu erfüllen und zu erreichen sind. Sollten hier kaum oder gar keine Informationen vorliegen, wird vom Projektleiter erwartet, dass er mit seinen Kompetenzen Annahmen trifft, die aus seiner Sicht geeignet sind, die Projektziele zu erreichen. Diese Annahmen hat er mit dem Projektauftraggeber abzustimmen und anzupassen. - Als erstes sind die Ziele und Lieferobjekte zu beschreiben. Wenn ich nicht weiß, wo ich hingehen will, macht jegliches Losgehen keinen Sinn. Die Ziele benennen, was am Schluss des Projektes vorliegen muss und soll. Wissen Warum eine belastbare Ressourcenplanung nicht möglich ist DOI 10.2357/ PM-2020-0107 31. Jahrgang · 05/ 2020 64 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0107 - Wenn ich weiß, was ich erreichen will, dann wird in einer Projektumfeld- und Stakeholder-Analyse ermittelt, wer oder was mein Projekt beeinflussen wird. - Im nächsten Schritt wird zusammengetragen, mit welchen Risiken und Chancen im Projekt zu rechnen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit von mehr als 35 % davon auszugehen ist, dass das Risiko eintreten wird. Deshalb wird dieses Risiko dann in den Projektstrukturplan als Arbeitspaket übernommen. - Spätestens jetzt wird die Projektorganisation festgelegt, mit den Abwicklungsprozessen, Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Gremien, die das jeweilige Projekt unterstützen sollen. - Nun sind die Rahmenbedingungen geklärt und es erfolgt der inhaltliche Einstieg: Die Überschriften der Phasen, Meilensteine, Zeitabläufe werden auf hoher Flugebene im Phasenplan beschrieben. Hier fällt auch die Entscheidung, ob ein vorgegebener PM-Standard einzusetzen ist. - Nach dem Phasenplan erfolgt die Ausarbeitung aller notwendigen Tätigkeiten und Aufgaben, damit die beschriebenen Ziele auch erreicht werden: der Projektstrukturplan. Hier ist die kleinste organisatorische Einheit das Arbeitspaket. - Wenn die vollständige Erfassung aller Tätigkeiten erfolgt ist, wird im Rahmen des Netzplans die Abfolge nach der logischen, prozesstechnisch notwendigen Reihenfolge ermittelt. - Wenn jetzt im ersten Vorgang ein Startdatum angegeben wird, errechnet sich der terminliche Ablauf des Projekts nach den vorgegebenen Anordnungsbeziehungen im Terminplan. - Nun ist bekannt, wann welche Ressourcen in welcher Menge benötigt und geplant sind. So entsteht der Ressourcen- und Einsatzmittelplan. Das ist plausibel und hört sich einfach an; doch warum funktioniert die Ressourcenplanung nicht? Hält sich keiner daran? Ist diese generische Reihenfolge etwa nicht bekannt? Eine Fehlersuche In der Regel sind Projektressourcen einem disziplinarischen Teamleiter unterstellt, die der Projektleiter jedoch in seinem Projekt verplanen und einsetzen will. Jeder hat somit aus seiner Perspektive eine unterschiedliche Motivation und Absicht. Teamleiter haben die Aufgabe, eine wirtschaftliche Auslastung sicherzustellen. Projektleiter wollen dieses Personal möglichst flexibel einsetzen und konkreten Aufgaben und Arbeitspaketen in den Projekten zuordnen. Außerdem wollen die Projektleiter manchmal kurzfristig eine Ressourcenzusage, die die Linie dann auch verlässlich einhalten soll. Unterschiedliche, sich veränderte Anforderungen von mehreren Projektleitern aus mehreren Projekten (Multiprojektumgebung) macht diese Handhabung nicht leichter, sondern eher komplexer. Neben diesen Rahmenbedingungen sorgen folgende Punkte für eine Ressourcenplanung, die nicht funktionieren kann. Damit wird klar, warum eine belastbare Ressourcenplanung nicht funktionieren wird. Die angegebenen Prozentzahlen sind eine subjektive Schätzung des Autors und sollen das Maß an Beeinflussung auf die Planungsqualität beschreiben. Als Erstes ist die Frage zu stellen, ob für die Ressourcenplanung in und von Projekten ein unterstützendes IT-Tool vorhanden ist, das eingesetzt und mit validen Daten gefüttert wird. Nur ein generischer Projektplanungsprozess ermöglicht (wie oben beschrieben) und bildet die Grundlage für eine belastbare Ressourcenplanung. Wenn eine IT-Unterstützung nicht gegeben ist, kann die entsprechende Ressourcenplanung um bis zu 100 % danebenliegen, da insbesondere der Terminplan als wesentliche Voraussetzung erst aufzeigt, unter welchen Anordnungsannahmen die Tätigkeiten umgesetzt werden können. Stellen Sie sich ca. 250 Arbeitspakete und Vorgänge, die in unterschiedlicher Abhängigkeit zueinander geplant und parallelisiert sind in der Planung vor: Ohne klare planerische Darstellung mit der Errechnung eines freien Puffers und eines Gesamtpuffers fehlt jegliche planerische Abb. 1: Stellung der Ressourcenplanung im Projekt (Prudix, eigene Darstellung, 2019) Wissen | Warum eine belastbare Ressourcenplanung nicht möglich ist 65 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0107 Grundlage für eine belastbare Ressourcenplanung. Dabei sind alle Tätigkeiten einer Ressource zu erfassen und zu bewerten, da sonst bei einer Auslastungsanalyse Lücken entstehen. Eine spätere Anpassung an Planungsänderungen ist eine neue, zusätzliche Fehlerquelle. „Den Sieger erkennt man am Start, den Verlierer auch“ lehrt uns ein bekanntes Sprichwort. Die zweite wesentliche Quelle für die Planung ist eine Rechengröße: nämlich die Verfügbarkeit einer Ressource pro Kalenderjahr. Bei Befragungen erfahre ich immer wieder, dass eine Plangröße der Verfügbarkeit zwischen 200 und 230 Tagen pro Kalenderjahr liegt. Dort, wo Mitarbeiter ihre Einsätze über SAP rückmelden und zuordnen müssen (und so auch einsatzfreie Zeiten erfasst werden), ist es leicht, verlässliche Daten zu ermitteln. Dabei ist auch zu beobachten, dass in größeren Organisationen der Einsatzgrad der Projektmitarbeiter geringer ist als in kleineren Organisationen oder Einheiten. Das ist leicht erklärbar durch die Dunbar-Zahl 150. Hier ermittelte Robin Dunbar [1] unlängst, dass sich der Abstimmungsaufwand für größer werdende Teams exponentiell erhöht. Bei Überprüfungen in meiner früheren Organisation habe ich herausgefunden, dass die tatsächliche Einsatzzeit in Projekten bei maximal 140 bis 160 Tagen pro Kalenderjahr liegt. Hier ist schnell feststellbar, dass die Fehleinschätzung bei mindestens 30 % liegen kann. Ein konkretes Beispiel findet sich hier: Die dritte Quelle für eine unzureichende Planung finden wir in den Erkenntnissen von Dave Allen mit seinen Ausführungen zu „Getting Things Done“ [2]. Dave Allen hat den Wirkungsgrad eines Mitarbeiters im Tagesverlauf untersucht und ausgewertet. Seine erste Empfehlung ist: „Plane Deinen Tag morgens so, als wenn er 4 Stunden hat. Der Rest kommt von allein“. Hier macht er deutlich, dass ein Tagesablauf voller Unwägbarkeiten ist. Eine zweite Erkenntnis ist: „Plane fehlende/ unvollständige IT gestützte Terminplanung Jede realistische planbasierte Ressourcenplanung setzt voraus, zu wissen, wann welche Ressource in welcher Menge benötigt wird. 100 % Verfügbarkeit einer Ressource nicht realistisch geplant Pro Kalenderjahr werden Mitarbeiter häufig mit 200 bis 220 Arbeits-(Personen-) Tagen geplant. Überprüfungen in realen Projekten haben ergeben, dass nur 140 bis max. 160 Tage geplant werden können. 30 % Tagesleistung nur bis 50 % Getting Things Done „Plane Deinen Tag so, als wenn er 4 Stunden hat“. Diese Erkenntnis und Empfehlung von Dave Allen zeigt auf, dass viele kleine Störungen und Unterbrechungen noch einmal die menschliche Leistung halbieren. Hier beschreibt Dave Allen, warum wir als Individuen längst noch nicht optimal organisiert sind. 50 % geschätztes Arbeitsvolumen +/ - 50 % pro Tätigkeit Arbeitspaketverantwortliche wollen als zuverlässig und ergebnisorientiert gelten. Somit neigen sie dazu, zu planende Arbeitsumfänge und Fristen zu optimistisch zu schätzen. 20 % hohe Komplexität, Unklarheit Je stärker sich die Komplexität eines Projekts erhöht, desto unwägbarer sind die Projektrahmenbedingungen, desto häufiger ändern sie sich. Die Planbarkeit wird schwieriger und ungenauer. Im agilen PM werden Timeboxing, Sprints, Iterationen etc. genutzt. 30 % Wirkungsgradverlust durch schlechte Führung Nicht motivierende und nicht sinnstiftende Führung kann den Wirkungsgrad der einzelnen Mitarbeiter um bis zu 30 % verringern. 30 % Umpriorisierung Projekte mit „Prio 1“ bekommen Ressourcen sofort, Projekte können jedoch über Nacht umpriorisiert werden, damit können sogar zugesagte Ressourcen wieder verlorengehen. 30 % Teamfaktor Effektive Teams erfüllen bestimmte Rahmenbedingungen. Sobald diese Parameter abweichen, wird die Teameffizienz negativ beeinflusst. 30 % Abb. 2: Übersicht über Einflussfaktoren auf die Qualität und Zuverlässigkeit von Ressourcenplanungen (Dietmar Prudix, eigene Darstellung, 2020) Kalendertage 365 Wochenenden - 105 Feiertage - 20 Brutto-Kapazität 240 Abwesenheiten ./ . Urlaub - 25 Krankheit / div. Absenzen - 15 Netto-Kapazität 200 Feste Termine (z. B. Ausbildung) - 10 Grundlasten Administration / Besprechungen - 20 Support / Trouble Shooting - 20 Diverse Kleinaufgaben - 30 Verbleibende Kapazität 120 Arbeit in Projekten - 100 Freie Kapazität 20 Abb. 3: Übersicht über einen beispielhaften Jahreseinsatz eines konkreten Mitarbeiters in Projekten (Dietmar Prudix, eigene Darstellung, 2019) Wissen | Warum eine belastbare Ressourcenplanung nicht möglich ist 66 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0107 für jeden Tag nur 3 Golden Nuggets (Aufgaben, Projekte); erst wenn eine Aufgabe vollständig erfüllt ist, hole aus dem Aufgaben-Backlog eine neue Aufgabe“. Diese Erfahrung und Empfehlung korrespondiert sehr gut mit den Erkenntnissen aus Kanban und der Theory of Constraints, die jeweils von einer Maximalzahl an Aufgaben und Projekten von DREI ausgehen. Alles, was darüber hinaus geht, ist anfällig für schädliches Multitasking. Ein weiterer Punkt ist: „Wenn Du eine Aufgabe beginnst, dann so, dass Du konzentriert mindestens ca. 25 Minuten ohne Störung an dieser Aufgabe arbeiten kannst“. So wird deutlich, dass wir unsere Arbeitsleistung um bis zu 50 % überschätzen und zu positiv bewerten. Durch die Wirkweise der kognitiven Dissonanz geht es um eine hochgradig unvernünftige Selbsttäuschung. Wenn etwas nicht gelingt, reden wir uns ein, dass wir eigentlich gar nicht den Erfolg wollten. Dazu kommt Planning Fallacy (Planungsirrtum): Obwohl Sie wissen, dass die meisten Ihrer früheren Prognosen zu optimistisch waren, glauben Sie allen Ernstes daran, dass Sie heute ausnahmsweise realistisch seien. Der Irrtum ist besonders ausgeprägt, wenn Menschen im Business miteinander kooperieren. Zeit und Nutzen von Projekten werden überschätzt. Es gibt die Tendenz, Aufgaben zu unterschätzen. Die vierte Einflussgröße ist eine viel zu optimistische Schätzung unserer Arbeitsleistung. Dieser Schätzfehler beruht auf den psychologischen Gesetzen: 1. Overconfidence-Effekt (Selbstüberschätzung): Wir überschätzen systematisch unser Wissen und unsere Fähigkeit zu prognostizieren- - und zwar massiv. Der Effekt misst nicht, ob eine einzelne Schätzung stimmt oder nicht, sondern misst den Unterschied zwischen dem, was Menschen wirklich wissen und dem, was sie denken zu wissen. Diese Haltung ist naiv und angeboren und ist bei Männern ausgeprägter als bei Frauen, bei Experten mehr als bei Laien. 2. Kontrollillusion: Hier geht es um die Tendenz zu glauben, dass wir etwas kontrollieren oder beeinflussen können, über das wir objektiv keine Macht haben. 3. Conjunction Fallacy: Wir haben ein intuitives Verständnis für „stimmige“ oder „plausible“ Geschichten. Je überzeugender, desto wahrscheinlicher. Das intuitive Denken hat eine Vorliebe für plausible Geschichten und nicht für logisches Denken (Kahnemann) [3]. Dazu kommt, dass es in unserer Evolution überlebenswichtig war, seinen Platz im Team sicher zu haben, um so das Team zu schützen und durch das Team geschützt zu werden. Diese Rangklarheit wird immer wieder neu überprüft und gibt so organisationale Sicherheit. Diese Sicherheit wird heute z. B. repräsentiert durch Organigramme. Im Mannschaftssport spielt dieser Effekt eine ebenso große Rolle; im Fußball spricht man von Stammspielern, die ihren Platz im Team sicher haben. Damit uns unser Teamleiter gewogen bleibt, machen wir gerne Versprechungen, um zu demonstrieren, dass wir Gutes leisten können. Das schlägt mit mindestens 20 % Wahrscheinlichkeit zu Buche. Die fünfte Einflussgröße ist der Grad der Komplexität eines Projektes. Entscheidend ist hier ein möglicher Übergang von kompliziert zu komplex. Dieser Übergang scheint auch entscheidend für die Frage, ob in einem Projekt klassisch oder agil gearbeitet werden soll. In schwierigen Projekten gibt es mindestens eine Lösung, den Weg dahin können wir mit unserem Erfahrungswissen einigermaßen abschätzen. Sobald es aber komplex wird, wissen wir nicht einmal, ob es überhaupt eine Lösung gibt oder sogar mehrere. In dieser Ungewissheit ist es nachvollziehbar, dass sowohl Aufwand als auch Zeit auf dem Weg zu einer Lösung schwer bis gar nicht planbar sind. In agilen Projektumfeldern wird deshalb im Rahmen eines Sprints nur der nächstmöglich planbare Zeitraum betrachtet: der sogenannte Sprint. Je nach Projekt wird hier ein Zeitraum von ca. 4-6 Wochen betrachtet. Das Ergebnis dieser Sprints, die sogenannten Inkremente, werden jedes Mal mit dem Kunden besprochen, um so zu sehen, ob das Projekt noch das gewollte Ergebnis verfolgt. Der Einfluss auf die Richtigkeit einer Ressourcenplanung ist mit mindestens 30 %, eher höher, zu bewerten. Die sechste Einflussgröße ist eine unangemessene, nicht situationsgerechte Führung. Der Einfluss von außen und von oben kann das Projektergebnis und die Qualität der Planung mit mindestens 30 % negativ beeinflussen. Negativ ist gemeint als Herabsetzung des Wirkungsgrads der Projektmitarbeiter, verursacht durch die Art und Qualität der Führung. Führung steht immer wieder im Fokus der Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Teams. Obwohl als wichtig erkannt, werden hier doch maximal Führungskräftetrainings „verschrieben“. Es wird an Symptomen gearbeitet, selten an der Ursache. In komplexer werdenden Umwelten (VUCA-Welt) kommt es immer mehr auf Wertsetzung und Werthaltung bei der Führung an. Ein zweiter Einfluss sind neue Formen der Projektabarbeitung, wie z. B. agiles Projektmanagement. Gerade durch die agile Methode SCRUM wird propagiert, dass in einer neuen, anspruchsvollen Führungsumgebung Werte eine entscheidende Rolle spielen. Ressourcenplanung, die funktioniert Projektportfolio-Management Ressourcenplanung Zeit-/ Leistungserfassung Kosten-Controlling Die Testumgebung in der Cloud steht für Sie bereit Scheuring AG CH-4313 Möhlin � +41 61 853 01 54 www.scheuring.ch � info@scheuring.ch www.ressolution.ch Anzeige Wissen | Warum eine belastbare Ressourcenplanung nicht möglich ist 67 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0107 Daneben ist ebenfalls neu und von Bedeutung: Mindset, Werte, Prinzipien. Diese neuen Eckpfeiler brauchen ein neues Verständnis von Führung, eben eine wertebasierte und menschliche Führung. Diese Ansätze hören auf die Namen laterale Führung, Servant Leadership, Thought Leadership, ambidextre Führung, authentische Führung und Neuroleadership, um nur einige zu nennen. Diese neuen Führungsverständnisse brauchen eine unterstützende neue Organisationsform: Soziokratie, Holacracy und Selbstorganisation sind hier die neuen Angstbegriffe. Nach der Selbstbestimmungstheorie (Edward L. Deci & Richard M. Ryan [4]) sind diese Punkte von besonderer Bedeutung: Frederic Laloux war der erste, der vor wenigen Jahren eine Diskussion über die geeignete Organisationsform losgetreten hat. Dabei hat er mehrere Organisationen daraufhin untersucht, wie anpassungsfähig und geeignet sie für unsere heutigen Anforderungen sind, gerade im Hinblick auf neue Herausforderungen, wie das Handhaben von Komplexität und das Arbeiten in agilen Rahmenbedingungen. Seine Hinweise auf die „Soft Skill“-Seiten der Führung sind die Grundlage für neue Führungsformen.[5] Die siebte Einflussgröße ist die innerbetriebliche Umpriorisierung von Projekten. Getreu nach Gauß und seiner Normalverteilung gibt es genauso viele hoch priorisierte wie niedrig priorisierte Projekte. Der Rest liegt in der Mitte und ist „normal“ priorisiert. Dennoch ist in der Praxis immer wieder zu beobachten, dass die meisten Projekte „hoch“ priorisiert sind, um so dem Vorhaben mehr Bedeutung und Gewicht zu verleihen. Die Führung muss diese Einschätzung unterstützen, sonst hätte es ja keinen Grund gegeben, dieses Vorhaben zu initiieren. Das führt dann zu vielen Projekten in der „Prio 1“, zu einigen der „Prio 2“ und kaum zu Projekten der „Prio 3“. Sollte aber genau das Veränderungen nach sich ziehen, die dann jeweils die Leitung verkündet, dann kann es dazu führen, dass das eigene Projekt nicht mehr „Prio 1“ ist. Erst dann stellt man fest, dass mit einer hohen Priorisierung auch die Verfügbarkeit von Ressourcen verbunden ist: Keine „Prio 1“ mehr-- und schon sind die Ressourcen weg. Genau das wird auch durch einige Gesetze der Psychologie verstärkt: - Primär-Effekt: Der erste Eindruck bildet sich bereits in wenigen Sekunden. Alle folgenden Wahrnehmungen und Informationen werden so gewertet, dass sie den ersten Eindruck nachhaltig stützen und ins bereits gemachte Bild passen. - Recency-Effekt (Nikolaus-Effekt): Dem Primäreffekt steht der sogenannte Recency-Effekt gegenüber, bei dem später eingehende Informationen stärkeres Gewicht erhalten. Im Verkauf oder bei Präsentationen nutzt man dies unter dem Grundsatz, dass das zuletzt Gehörte besondere Aufmerksamkeit bekommt. - The Paradox of choice (Auswahlparadox): Auswahl ist die Messlatte unseres Fortschritts; Auswahl macht glücklich. Allerdings sind bei großer Auswahl möglicherweise weniger Ergebnisse zu erwarten: i. Große Auswahl führt zu innerer Lähmung; ii. Große Auswahl führt zu schlechteren Entscheidungen; iii. Große Auswahl führt zu Unzufriedenheit. Mit 30 % Einflussgröße ist diese Form auch eher unterbewertet. Abb. 4: Selbstbestimmungstheorie (Edward L. Deci & Richard M. Ryan) Abb. 5: Kennzeichen evolutionärer Organisationen (Frederic Laloux) Wissen | Warum eine belastbare Ressourcenplanung nicht möglich ist 68 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0107 Die achte und vorläufig letzte Einflussgröße nenne ich Teamfaktor. Die Größe und der Vernetzungsgrad eines Teams haben Einfluss auf die Effizienz und Validität der Teamleistungen. Ein effizientes Team bewegt sich in diesen Größen: Die Zahl 150 wird auch Dunbar-Zahl genannt. Hierunter versteht man die theoretische „kognitive Grenze“ der Anzahl an Menschen, mit denen eine Einzelperson soziale Beziehungen unterhalten kann. Mit der Zahl 150 beschreibt Robin Dunbar die Anzahl an Personen, von denen jemand die Namen und die wesentlichen Beziehungen untereinander kennen kann. Nach neueren Untersuchungen gilt diese Zahl auch für virtuelle soziale Netzwerke. Der Psychologe Georg Miller hat bereits 1956 einen Artikel über die magische Teamzahl 7 geschrieben. [6] Dort beschreibt er die Grenzen unserer Fähigkeit, Informationen zu erfassen, wahrzunehmen und zu verarbeiten. Angenommen, diese Erkenntnisse würden heute noch gelten, dann sollten wir z. B. für uns so planen: - ein Lebensziel - ein langfristiges Ziel (3-10 Jahre) - ein mittelfristiges Ziel (0,5-2 Jahre) - zwei kurzfristige Ziele (1 Woche bis 3 Monate) Bei dieser Anzahl sollten wir in der Lage sein, die aktuellen Ziele im Auge zu behalten, zu verfolgen und zu bearbeiten. Diese Rahmenwerte ähneln stark den Vorgaben aus dem agilen Projektmanagement, insbesondere den Erkenntnissen aus der Methode SCRUM. Dort sind sie ein Teil von vielen Erfolgsfaktoren. Im wirklichen Projektleben sind unterschiedliche Umgangsweisen festzustellen; ein Projekt erfolgt immer in den organisationalen Vorgaben der umgehenden Struktur. Diese führen schnell zu teilweise gravierenden Abweichungen der gesicherten Erkenntnisse. Die entscheidende Frage lautet also nicht, wie können diese Rahmenbedingungen verhindert werden, sondern wie gehe ich mit diesen unterschiedlich starken Abweichungen so um, dass optimale Projektergebnisse trotzdem erzielt werden. Zusätzlich kennt man aus der Organisationspsychologie einige menschliche Verhaltensmuster, die bereits gut erforscht und erklärt sind. Alle erläutern, warum die Arbeit in Teams durchaus fehleranfällig ist. Hier einige Beispiele (alle aus meinem Buch: Die Psycho-Logik im Projektmanagement, 2020: [7]). Hawthorne Effekt Arbeitsleistung und Produktivität der Mitarbeiter hängen nicht nur mit der objektiven Arbeitsleistung zusammen-- sie werden vielmehr noch von sozialen Faktoren mitbestimmt. Teams, die mehr Aufmerksamkeit erhalten und die darum wissen, können eine bessere Leistung erbringen. Hofstadters Gesetz Man benötigt immer mehr Zeit als erwartet. Auch wenn man Hofstadters Gesetz berücksichtigt. Kontrollierbarkeits-Bias Wir glauben, den Ausgang einer Situation besser im Griff zu haben, als dies offensichtlich der Fall ist; damit schätzen wir auch Risiken falsch ein. Es beschreibt die Tendenz zu glauben, dass wir etwas kontrollieren oder beeinflussen können, über das wir objektiv keine Macht haben. Prokrastination Dies beschreibt die Tendenz, unangenehme, aber wichtige Handlungen zu verschleppen. Sie ist irrational, aber menschlich. Ein Vorhaben erledigt sich nicht von selbst. Grund: Zwischen Aufwand und Ertrag liegt eine zeitliche Kluft. Dazu wirken noch zusätzlich: Komplexität der Zusammenarbeit, Nichtkennen der Teammitglieder, unklare Aufgaben, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten etc. Die Aufgabe, in solch einem unsicheren Umfeld eine belastbare Ressourcenplanung aufzustellen, ähnelt den Rahmenbedingungen, die wir in einer Krise vorfinden [8]. Insofern kann man aus den Erfahrungen einer gelungenen Krisenkommunikation lernen, denn eine nicht zufriedenstellende Ressourcenplanung ist häufig eine Krise. Gemeinsam- Abb. 6: Optimale Teamarbeit-- passende Größen (Dietmar Prudix, eigene Darstellung, 2019) Wissen | Warum eine belastbare Ressourcenplanung nicht möglich ist 69 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0107 keiten einer Krise und einer immer wieder nicht eintretenden Ressourcenplanung sind: - ungeplant, ungewollt und oft überraschend - sehr dynamisch, verlaufen ohne festes Schema - kaum zu steuern - haben einen offenen Ausgang - sind zeitlich befristet - häufig sehr komplex - in Ausmaß und Folgen kaum überschaubar Die Bundesregierung hat daraus Handlungsempfehlungen für Krisen abgeleitet, die auch auf die Ressourcenplanung übertragen werden können: 1. Krisenstäbe (Teamleiter und Projektleiter) erhöhen die Handlungssicherheit 2. Organisationsübergreifende Zusammenarbeit wird vereinbart und geübt 3. Koordination von Maßnahmen und Fähigkeiten 4. Rollenklarheit (wie in allen Projekten) 5. Gemeinsame Ziele mit Prioritäten 6. Gemeinsame Entscheidung über Abteilungen hinweg 7. Verringerung von Schnittstellen 8. Abgestimmter Informationsaustausch Dazu werden Werte und Einstellungen von allen Beteiligten benötigt: Offenheit, Transparenz, Glaubwürdigkeit, Konsistenz, Dialogorientierung. Das ist die erfolgversprechende Basis für ein Miteinander-Arbeiten. So, wer wundert sich noch, dass Ressourcenplanung gar nicht funktionieren kann? Ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass dermaßen viele Einflussfaktoren die Qualität der Ressourcenplanung bedingen, dass sie gar nicht erfolgreich funktionieren kann. Oder kann jemand von einem Projekt berichten, das genau mit der ursprünglich geplanten Menge an Ressourcen abgeschlossen wurde? Literatur [1] Robin Dunbar: How many friends does one person need? London, Faber and Faber Ltd., 2011. https: / / de.wikipedia.org / wiki / Dunbar-Zahl, Stand: 10. 06. 2020 [2] David Allen: Getting Things Done. The Art of Stress-Free Productivity , New York, Penguin Books, 2001. https: / / gettingthingsdone.com, Stand: 10.06.2020 [3] Amos Tversky & Daniel Kahneman: “Judgments of and by representativeness”, in: D. Kahneman, P. Slovic & A. Tversky (Eds.), Judgment under uncertainty: Heuristics and biases . Cambridge, UK, Cambridge University Press, 1982. [4] Richard M. Ryan & Edward L. Deci: Self-determination theory. Basic psychological needs in motivation, development, and wellness. New York, Guilford Publishing, 2017. [5] Frederic Laloux: Reinventing Organizations , München, Vahlen, 2015. [6] George A. Miller: “The Magical Number Seven. Plus or Minus Two”. Psychological Review 63 (2), 1956, Seite 81-97. [7] Dietmar Prudix: Die Psycho-Logik im Projektmanagement. Warum Menschen so handeln, wie sie handeln , Hamburg, BoD, 2020. [8] Leitfaden Krisenkommunikation , Berlin, Bundesministerium des Innern, Referat KM 1, Koordinierungszentrum Krisenmanagement, 2014. Eingangsabbildung: © iStock.com / BrianAJackson Dietmar Prudix Dietmar Prudix ist Gründer, Inhaber und CEO der TrainingXperience, die sich auf effizientes und agiles Projektmanagement konzentriert. Davor war er als Projektmanager bei der Daimler AG tätig, wo er in einem Tochterunternehmen die Business Academy geleitet hat. Davor hat er große Projekte geleitet, wie z. B. die Expo 2000 in Hannover. Von 2016 - 2017 war er Mitglied des Präsidialrats der GPM. Seit 2017 ist er Mitglied in der internationalen IPMA Arbeitsgruppe „Agile Leadership“. Er ist Autor einer Vielzahl von Fachpublikationen mit dem Schwerpunkt Projektmanagement. Als deutscher Vertreter unterstützt er die Umsetzung des neuen europäischen PM-Standards OPM2. TrainingXperience Ziegelstrasse 11 71 063 Sindelfingen eMail: dp@trainingxperience.de Internet: www.trainingxperience.de Wissen | Warum eine belastbare Ressourcenplanung nicht möglich ist 70 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0107 Buchbesprechung Projektmanagement-- Führung mit Erfolg Wie Sie mit einfachen Methoden aus Psychologie und Wirtschaft zur erfolgreichen Führungskraft werden und durch effektive Kommunikation Projekte richtig managen. Matthias Brandt, J Löwenstein Media GmbH Hamburg 2019, ISBN 978 - 1 707 495 825, 117 Seiten, EUR 12,90 Heinz Schelle Bei der Rezension von Projektmanagementbüchern geht es einem manchmal wie bei der Beurteilung von Donald Trump. Immer wenn man meint, noch schlimmer kann es doch nicht kommen, kommt es schlimmer. Nimmt man das Buch von Brandt ernst, müsste man folgenden Rat geben: Werfen Sie alles weg, was Sie an Informationen über Projektmanagement haben, egal ob Bücher, diese Zeitschrift oder Seminarunterlagen. Vergessen Sie ganz schnell Ihre Zertifikate. Das ist alles überflüssig. Es reicht der „Brandt“. Mit diesem Jahrhundertwerk lernen Sie die „geheimen (sic) Taktiken der Top Experten für sich zu nutzen“ (alle vier Zitate aus Klappentext). „Es ist gefüllt mit praxisorientierten Anleitungen, die Ihnen die Augen öffnen werden.“ „Profitieren Sie von exklusivem Expertenwissen.“ Sie werden mit der Lektüre von lediglich 117 Seiten „garantiert zum ultimativen Projektmanagement-Profi“. Man könnte das kleine Buch nach dieser Ankündigung getrost vergessen, wenn ihm nicht auf Amazon zahlreiche Leser überwiegend fünf Sterne gegeben und die Publikation, wie man in Bayern sagt, über den Schellenkönig gelobt hätten. Sie wird sogar fett gedruckt als der neue Projektmanagement- Bestseller angekündigt. Nur ganz wenige Urteile sind negativ. Einer schrieb allerdings erbost: „Eine Frechheit-- lasst die Finger von! “ Und eine Frechheit ist diese Schrift mit dem marktschreierischen Klappentext in der Tat. Was sich der Autor da an Chuzpe leistet, ist wohl ziemlich einmalig. Hier eine kleine Auswahl: Die ganze Veröffentlichung enthält nur eine einzige Grafik (Maslow-Pyramide). Es wird zwar eine Reihe von Themen wie Terminplanung, Einsatzmittelplanung, Risikomanagement, Projektstrukturplan, Portfoliodarstellungen, Mindmap, Stakeholderanalyse etc. mehr schlecht als recht behandelt, aber in keinem Fall wird der Text mit einer grafischen Darstellung, einem Formularbeispiel oder einer Checkliste unterstützt. So viel Geheimnisse wollte Brandt dann wohl doch nicht preisgeben. Das didaktische Meisterwerk besteht deshalb aus reinem Fließtext in großer Schrift. Dass sich ein Anfänger mit solchen Anleitungen des Verfassers überaus schwertut, hätte auch einem wenig sachkundigen Lektorat auffallen müssen. Unter der Überschrift „Weiterführende Literatur“ werden ausschließlich Werke von Brandt selbst angegeben, wie z. B. Speed Reading, die keinen erkennbaren Bezug zu Projektmanagement aufweisen. Das schlampig und lieblos erstellte „Geheimdokument“- - bitte behandeln Sie es vertraulich-- strotzt von trivialen Aussagen wie: „Ein freundliches Verhältnis zwischen den Mitarbeitern eines Betriebes kann das Klima im Unternehmen nachhaltig verbessern. Das haben zahlreiche Studien im Bereich der Management-Forschung unter Beweis gestellt.“ Eine bemerkenswerte Einsicht. Den Vogel schießt der Autor bei der Behandlung und Rechtfertigung der Stakeholderanalyse ab: „Die USA und Nordkorea waren jahrzehntelang erbitterte Feinde. Anfangs folgte auch Donald Trump- (…) dieser Linie. Die Situation spitzte sich sogar so weit zu, dass viele Amerikaner einen neuen Weltkrieg fürchteten. Doch dann- - die Kehrtwende. Von einer Woche auf die andere näherten sich Trump und der Staatschef Nordkoreas Kim Jong-Un einander an und vereinbarten die Wiederaufnahme der Atomgespräche. Später kam Buchbesprechung Projektmanagement - Führung mit Erfolg DOI 10.2357/ PM-2020-0108 31. Jahrgang · 05/ 2020 71 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0108 es sogar zu zwei Treffen der beiden Regierungschefs.“ Liest der Mann denn keine Zeitung? Wie schon anfangs betont, müsste man sich mit dem Leitfaden gar nicht befassen, wenn da nicht die überschwänglichen Bewertungen auf Amazon wären. Sie zeigen mir nicht zum ersten Mal, dass die Kenntnisse in Projektmanagement bei Lektoren und vielen Praktikern noch absolut rudimentär sind und ein Qualitätsbewusstsein bisher weitgehend fehlt. Für viele in der Wirtschaft Tätige sind auch die elementaren Grundlagen des Projektmanagements noch ein Geheimnis. Insofern liegt Brandt gar nicht so falsch. Wir haben vor vielen Jahren einigen Verlagen, die bereits sehr schlechte Werke auf den Markt gebracht hatten und mit Manuskripten von PM- Lehrbüchern konfrontiert wurden, angeboten, diese kostenlos kritisch vor der Drucklegung durchzuschauen. Das Angebot wurde noch nicht einmal ignoriert (Karl Valentin). Man kann die Sache allerdings auch positiv sehen: Für die GPM gibt es noch viel an Aufklärung zu tun. Der Markt ist riesig. Eingangsabbildung: © iStock.com / nicolamargaret Buchbesprechung | Projektmanagement-- Führung mit Erfolg Zurück auf Los! Jens Köhler Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch-- Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben. Priesberg betritt das Büro von Ehrlich. Er sieht schlecht aus und hätte er Ehrlich einen Hut hingehalten, dann hätte dieser etwas Geld hineingeworfen. „Jetzt ist es passiert“, legt Priesberg los. „Unser Datenbanksystem wurde vor Inbetriebnahme endgültig stillgelegt. Es hat die Sicherheitsanforderungen nicht bestanden. Viele Jahre Arbeit umsonst! “ Ehrlich schaut ihn etwas mitleidig an: „Ich habe davon gehört. Und es war mir auch seit einiger Zeit klar, dass es so kommen musste.“ Priesberg lässt sich in einen Ledersessel fallen. „Woher kommt das? Große Visionen werden ausgearbeitet, diskutiert, abgestimmt und nochmals diskutiert und dann glaubt man, jetzt hat man alles, um das Projekt erfolgreich umsetzen zu können. Und jetzt das! “ „Die Digitalisierung erfordert agile Methoden, und Anforderungen an Systeme müssen nach Plan erhoben und implementiert werden“, lenkt Ehrlich ab. Er schaut seinen Kollegen fragend an und hofft auf eine Antwort. Diese kommt dann auch prompt: „Ja genau, das sage ich doch auch immer. Die Digitalisierung bringt uns weiter.“ Ehrlich gähnt demonstrativ. „Du langweilst mich. Alles Bullshit Bingo. Hast du das nicht gemerkt? “ Priesberg stutzt: „Verstehe ich nicht.“ Ehrlich lacht: „Streiche mal aus dem Satz alle Wörter bis auf ‚agile Methoden‘ und ‚nach Plan‘.“ Priesberg überlegt einige Zeit: „Tatsächlich. Wenn man deinen Satz so dramatisch verkürzt, dann will ich agil vorgehen und am Ende doch nach Plan umsetzen-… wir haben also nur Floskeln ausgetauscht.“ „Damit sind wir schon einen Schritt weiter. Wir leben im Zeitalter der Floskeln. Und sie werden nicht mehr hinterfragt. Dinge wie ‚Digitalisierung‘ oder ‚Agilität‘ werden als toll konnotiert. Es sind Wohlfühlwörter geworden. Wann immer man sie ausspricht, dann glänzt man und gehört dazu. Ganz egal, was man damit wirklich meint“, spricht Ehrlich nachdenklich. „Und das ist sehr gefährlich, da man die echten Probleme überhört.“ „Unsere Datenbank wurde nach dem Wunsch betrieben, ganz viele Datenquellen anzubinden. Je mehr, desto besser“, antwortet Priesberg. „Wer war denn bei dieser Entscheidung beteiligt? “, fragt Ehrlich. „Dies waren noch nicht mal die Architekten. Es waren Visionäre, die sehr viel Einfluss haben, vor allem in der Hierarchie“, fasst Priesberg zusammen. „Wie haben denn die technischen Experten reagiert? “, bohrt Ehrlich nach. „Die haben den Kopf geschüttelt. Es war absehbar, dass ein solches System auf unserer Infrastruktur die Sicherheitsanforderungen nie erfüllen wird. Aber sie wurden von den Visionären überhört“, erläutert Priesberg. „Und die Visionäre hatten den besseren Draht zu den Entscheidungsträgern“, fasst Ehrlich zusammen. Priesberg kratzt sich am Kopf. „Wie kann das nur passieren? “ Ehrlich übernimmt: „Indem jeder in seiner Blase lebt. Wie ich vorhin sagte: Die Visionäre treffen sich, sie tauschen Floskeln aus, fühlen sich dabei wohl und träumen dann von dem neuen System. Dieses wiederum bestätigt ihre Visionen, ihre Erhabenheit. Einfach nur ein Kreislauf.“ Priesberg entgegnet ernüchtert: „Dann sind die bösen Techniker die Spielverderber…“ „Und sie sprechen auch eine ganz andere Sprache“, schließt Ehrlich den Satz ab. „Beide Denkebenen, die der Visionäre und die der Techniker, sind nicht miteinander verbunden. Es sind zwei getrennte Universen. Und dann beginnt das böse Erwachen, wenn nämlich die Fakten die schönen Träume jäh beenden.“ „Wie kann man denn für die Zukunft vorbeugen? “, fragt Priesberg ernüchtert. Kolumne Zurück auf Los! DOI 10.2357/ PM-2020-0109 31. Jahrgang · 05/ 2020 73 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0109 „In der heutigen Zeit ist das nicht einfach. Wir brauchen immer neue Kicks und Leute, die uns permanent bestätigen“, überlegt Ehrlich. Priesberg denkt nach und fährt fort: „So tragisch es klingt: Das Beispiel der Datenbank, die nie in Betrieb geht, muss Schule machen. Es tut allen Beteiligten weh. Und dieser Schmerz muss spürbar sein.“ Ehrlich schließt ab: „Dadurch entsteht Verwirrung. Und das kann man nutzen, um die Ebene der Visionäre und der Techniker zu verbinden.“ „Geht das ein wenig konkreter? “, fragt Priesberg genervt. „Ja, klar. Wir müssen wieder an die Grundlagen unserer Arbeit. Wir haben verlernt, mit den naheliegenden Dingen zu hantieren. Das macht nämlich Mühe. Und wir haben verlernt, dass es lohnend ist, sich anzustrengen. Viel einfacher ist doch das Leben in den Blasen der Floskeln.“ „Es ist also ein grundlegendes ‚Zurück auf Los‘“, hakt Priesberg nach. „Ja, und das Geld, das man dabei nicht einziehen darf, ist unser aller Lehrgeld“, schließt Ehrlich. Eingangsabbildung: © iStock.com / ComebackImages Dr. Jens Köhler Dr. Jens Köhler, BASF SE, fokussiert sich auf die Digitalisierung in Forschung und Entwicklung. Sein Spezialgebiet ist die Regulation sozialer Komplexität zur Effizienz- und Effektivitätssteigerung von Projektteams. Anschrift: BASF SE, RB / IC, 67 056 Ludwigshafen, E-Mail: Jens.Koehler@basf.com Anzeige Kolumne | Zurück auf Los! ANNIKA FIX | CHRISTOF SEEGER WER PINNT GEWINNT Mehr als DIY und Motivationssprüche: Wie Sie lernen, Pinterest erfolgreich für Online-Marketing- Kampagnen zu nutzen! uvk.de PMO Tag 2020 live aus der „Brucklyn Hall“ Das Potenzial von PMOs für den Wandel Oliver Steeger Schon frühmorgens war was los am „Kaffeetisch“. Die ersten PMO-Fachleute plauderten mit einer Tasse in der Hand. Sie freuten sich auf den PMO Tag mit Vorträgen und Erfahrungsaustausch. Derweil tankten andere Kraft in der Live-Yoga-Session, geleitet von einer professionellen Lehrerin. Nur- - alle Teilnehmer des PMO Tags waren dieses Mal virtuell zusammengeschaltet. Sie saßen in ihrem Büro oder daheim. „Willkommen im neuen Jetzt“, wie die GPM zum PMO Tag 2020 begrüßte. Die führende PMO-Veranstaltung im deutschsprachigen Raum fand komplett digital statt. Doch das tat dem Event keinerlei Abbruch. Häufig kam das Gefühl auf, wirklich live dabei zu sein in der Erlanger „Brucklyn Hall“, einem Coworking Space, von dem aus der Kongress gesendet wurde. Zum zehnten Mal fand der PMO Tag statt. In einer faszinierenden virtuellen Kongressumgebung präsentierte die GPM kompakte Erfahrungsberichte und interaktive Lernsessions. Fachlich wurde schnell klar: Wir leben in dynamischen Zeiten, und das PMO ist ein entscheidender Treiber für Change-Prozesse. Dafür braucht es Mut, Neues auszuprobieren und offen miteinander zu sprechen- - wofür der PMO Tag ausreichend Gelegenheit gab. So lud GPM Vizepräsident Daniel Stumpf die Teilnehmer ein, das Thema PMO intensiv zu erleben, gemeinsam neue Werkzeuge zu entdecken, voneinander zu lernen und zusammen zu experimentieren. PMOs werden, so erklärte er, in Zukunft immer mehr ihr Potenzial entfalten. Wer den Wandel in Organisationen unterstützen wolle, brauche PMOs. Es entwickle sich von einer Abteilung für Projektmanagement künftig zu einem Herzstück der Organisation-- ganz nah am Kerngeschäft und mit zentraler Bedeutung für die Organisation in ihrer Gesamtheit. „Wenn wir den Wandel, den wir gerade erleben, meistern wollen, dann braucht das PMO noch mehr Gewicht“, sagte Daniel Stumpf. „Wir sind vor zehn Jahren mit dem PMO Tag gestartet“, sagte Astrid Beger, Leiterin des Fachbeirats PMO Tag 2020. Es ging anfangs um Abteilungen für zentrales Projektmanagement. Das hat sich geändert. Heute ist das PMO ein entscheidender Treiber für Change-Prozesse. „Unsere Wegbegleiter sind alle, die im Unternehmen etwas verändern wollen“, sagte Astrid Beger, „vom einzelnen Mitarbeiter bis hin zu Zentralstellen wie die Human Resources.“ Einen spannenden Impuls in diese Diskussionen gab Dr.- Katharina Herrmann, Personaldirektorin bei Hubert Burda Media sowie Vizepräsidentin des Bundesverbands der Personalmanager. Mit einem Augenzwinkern sprach sie von der „Risikogruppe Projektmanager“. „Projektmanagement macht süchtig und rebellisch“, sagte sie, „das erleben und leben PMOs.“ Doch Projektmanager mit ihren vielfältigen Belangen machen Personalmanagern „jede Menge Umstände“, und sie führen HR-Abteilungen regelmäßig an ihre Grenzen. So stellen sich Fragen etwa nach Perso- Aus den DACH-Verbänden Das Potenzial von PMOs für den Wandel DOI 10.2357/ PM-2020-0110 31. Jahrgang · 05/ 2020 Der Blick auf die Bühne: Moderator Ralf Schmitt mit Keynote Speakerin Dr. Katharina Herrmann, zugeschaltet auf dem Bildschirm. Foto: GPM 75 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0110 nalstellen, Regeln der Besteuerung, Kompetenzbeurteilung, Recruiting, Vorgesetzten und vielem mehr. Für Personalmanager sei der Umgang mit diesen „Rebellen“, die sich (aus Sicht der Personaler) kaum herkömmlichen Schemata und Prozessen fügen, nicht immer leicht. Allein das Berufsbild Projektmanager, das häufig in keine konventionelle Schublade passt, macht Personalern Mühe: Ist Projektmanagement ein Beruf oder ein Standardtraining? Da sollten Personalmanager mit Projektmanagern mehr sprechen und genauer hinsehen, meinte Dr. Katharina Herrmann. Kurz, die Gruppe Projektmanager fordere Personalmanager heraus-- und sei deshalb eine Lernchance für HR-Abteilungen. Zudem gebe es viele Gemeinsamkeiten zwischen Projektmanagern und Personalmanagern. Beide wollen beispielsweise Menschen begleiten und beflügeln. Beide brauchen fachliche Fundierung und eine gute innere Haltung. „Wir können viel voneinander lernen und genauer hinschauen auf den jeweils anderen“, sagte Dr. Katharina Herrmann, „vielleicht können wir uns sogar gegenseitig unterstützen und werden zu einer Chance füreinander.“ So spreche sie lieber von einer „Chancengruppe Projektmanager“ als von einer Risikogruppe. Und von Freundschaft zwischen den beiden Gruppen. Einem ernsten Thema wandte sich der Kabarettist, Autor und Coach Marius Jung zu. In seiner Keynote hielt er ein Plädoyer für mehr Respekt. Leicht stecken Menschen andere in Schubladen, bauen beispielsweise rassistische oder sexistische Vorurteile auf. Und tatsächlich ist es nicht immer leicht, gegen diese eigenen Vorurteile anzugehen und andere als Individuen wahrzunehmen. Marius Jung hat selbst viele Demütigungen erlebt. Sein Appell für mehr Respekt war klar und authentisch. Doch trotz der bedrückenden Erfahrungen sieht er die deutsche Gesellschaft in Bewegung. Er beobachtet mehr Sensibilität. Diskussionen gäbe es eben vor allem deshalb, weil wir offen über unbequeme Themen sprechen können. Seine Aufforderung für mehr Respekt fand breites Echo unter den Teilnehmern des PMO Tag. Eingangsabbildung: Keynote Speaker Marius Jung im Gespräch mit Moderator Ralf Schmitt, © IT Motion Aus den DACH-Verbänden | Das Potenzial von PMOs für den Wandel 76 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0110 37. PM Forum: Digital-- und sehr erfolgreich! „Willkommen im neuen Jetzt! “ Oliver Steeger Krisen bieten Chancen. Solch eine Chance hat die GPM ergriffen-- und mit Bravour in einen Erfolg verwandelt. Wegen der Pandemie fand das 37. PM Forum digital statt. „Willkommen im neuen Jetzt“, so begrüßte die GPM insgesamt rund 1.400 angemeldete Zuschauer an den Kongresstagen des PM Forum und des PMO Tag zwischen dem 19. und 21. Oktober 2020. Doch bei aller Digitalität-- der Erfahrungsaustausch rund ums Projektmanagement gelang perfekt. Der erste Tag des PM Forum 2020 drehte sich um das Thema Nachhaltigkeit, der zweite um die Zukunft des Projektmanagements. Fünf parallele Themenstreams mit Fachvorträgen und Workshops standen zur Auswahl. Die Themen reichten von klassischem bis agilem Projektmanagement, von Leadership zu New Work und Generation Y, von Künstlicher Intelligenz bis hin zur Nachhaltigkeit in Projekten. Vier Keynote-Vorträge rundeten das Programm ab, obendrein gab es eine Kocheinlage mit Fernsehköchin Sarah Wiener. Die Teilnehmer verbrachten spannende Tage am Bildschirm- - und fühlten sich wohl in der virtuellen PM-Community. „Sie werden für diese Tage Teil eines großen und starken Netzwerks im Projektmanagement sein“, begrüßte GPM Präsident Professor Helmut Klausing die virtuell zugeschalteten Teilnehmer. Neben Corona präge die digitale Transformation immer mehr Arbeit und Leben. Die Pandemie habe den Digitalisierungsschub in einem Maße verstärkt, mit dem vor einem Jahr niemand gerechnet hätte. „Wir haben nicht nur einen kurzfristigen Effekt“, erklärte Professor Helmut Klausing, „wir setzen heute Standards auch für die Zeit nach Corona. Wir alle sind digitaler, virtueller und flexibler geworden.“ Projektmanagement habe besonders in dieser Zeit viel mit Verantwortung zu tun. Diese Verantwortung heiße auch, den Wandel zu begleiten und Innovationen zu schaffen. Bei alledem haben es Projektmanager nicht nur mit Technologie, Projektmanagement-Tools und Werkzeugen zu tun-- sondern vor allem mit Menschen. „Wir sind gefordert, unsere Werte zu verstehen und zu begreifen, was Erfahrung, Reflexion und Wissen wirklich bedeutet“, sagte Professor Helmut Klausing, „es sind die Menschen, die den Projekterfolg ausmachen.“ Virtueller Dialog fordert nicht nur technisch heraus, sondern auch rhetorisch. Bei Onlinemeetings und anderen virtuellen Begegnungen müssen Manager mehr denn je mit Sprache überzeugen. Dr. Stefan Wachtel nutzte die Gelegenheit, das Thema Rhetorik ins Bewusstsein der Teilnehmer zurückzubringen-- und dabei durchaus die Finger in Wunden zu legen. So räumte er mit aus seiner Sicht falsch verstandenen Authentizität auf. Viele reden offenbar, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Selbst dann, wenn sie rhetorisch scheitern, halten sie sich zugute: Sie waren wenigsten authentisch. Ausschließlich authentisch sein zu wollen- - das ist vielfach eine Weigerung, an sich selbst zu arbeiten. Führungskräfte müssen auch ihrer Rolle gerecht werden, wie der Aus den DACH-Verbänden „Willkommen im neuen Jetzt! “ DOI 10.2357/ PM-2020-0111 31. Jahrgang · 05/ 2020 Erstmals ein digitales PM Forum: Mit aufwändiger Technik sorgte die GPM dafür, dass sich die Teilnehmer „live dabei“ fühlten und interaktiv an den Vorträgen teilhaben konnten. Foto: GPM 77 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0111 Autor und Executive Coach sagte. Dazu gehören das geschliffene Wort und gute Rhetorik. Sie sind Voraussetzung für Führungswirkung. So warnte Dr. Stefan Wachtel vor Fehlern, die viele Führungskräfte machen. Die Mängelliste ist aus seiner Sicht lang. So reden Führungskräfte „zu viel schriftdeutsch“. Sie verheddern sich in Faktendetails, statt Botschaften zu senden. Sie schaffen keine Nähe zu Menschen, und sie fokussieren sich auf Irrelevantes statt auf bedeutsame Inhalte. Wir leben, sagte er, in einer Zeit der neuen Mündlichkeit; es wird mehr gehört als gelesen. Deshalb verlangt die mündliche Kommunikation Regeln, was durch die virtuelle Kommunikation noch verschärft wird. Beispielsweise Relevanz und Pointierung: Gute Redner reden über Prinzipien und schaffen einen Rahmen, in dem sie ihre Botschaften platzieren. Sie befassen sich nicht mit Details, sondern haben das Ganze im Blick und argumentieren „auf großer Flughöhe“. Sie schalten von „sachlich“ auf „persönlich“ um und beziehen Menschen mit ein. Sie versuchen ihr Thema inhaltlich nicht zu erschöpfen, sondern wählen wenige, aber bedeutsame Punkte aus. Ähnlich die Pointierung: Führungskräfte bringen ihre Botschaft auf den Punkt und verbinden sie mit Zuspitzungen. In ihre Organisation hinein betonen sie die Zusammenarbeit, nach außen hin bauen sie Vertrauen und Reputation auf. Auf Basis jahrhundertealter Rhetorikregeln entwickeln rhetorisch geschickte Führungskräfte Leuchtkraft und bessere Wirkung-- was aber voraussetzt, dass sie sich der Mühe von Training und Proben unterziehen. „Kocht Ihr selbst mit frischen Zutaten? “, mit dieser Frage startete Fernsehköchin und Nachhaltigkeitsikone Sarah Wiener ihre Keynote. „Jüngere Menschen entdecken gerade immer mehr das Kochen und lieben es“, sagte sie, „doch in Familien wird immer weniger gekocht.“ Die Teilnehmer stimmten online ab. 93 Prozent sagten, sie kochen selbst. Wow! Dies beeindruckte Sarah Wiener! „Wer selbst kocht, hat Souveränität über seinen Körper“, lobte sie, „er entscheidet, was er zu sich nimmt.“ Abgesehen davon, dass Kochen wunderbar entschleunigt, erdet und für einen nachhaltigen Lebensstil unverzichtbar ist. So erteilte sie den in Büros fast überall anzutreffenden Industriekeksen eine Absage. „Nehmt lieber aufgeschnittenes Obst“, erklärte sie. Mit sympathischer Direktheit machte Sarah Wiener auf die täglichen Sünden in puncto Ernährung und Nachhaltigkeit aufmerksam. Ihre nächste Frage ans Publikum: Wer liest regelmäßig das Etikett auf Lebensmittelpackungen? Immerhin, rund die Hälfte der Teilnehmer inspiziert das Kleingedruckte. „Esst nichts, was Ihr nicht versteht“, sagte sie knapp. Dies gilt vor allem für die Zusatzstoffe, die häufig mit E-Nummern versehen sind. Beispielsweise E 330. Zitronensäure. Sie hilft, dass Süßes fruchtig schmeckt; in Kombination mit Zucker greift Zitronensäure aber den Zahnschmelz an. Und: Heute wird Zitronensäure vielfach künstlich hergestellt. Mit leuchtendgelben, sonnenreifen Zitronen hat E 330 selten etwas zu tun. Eine weitere Frage: Wie viele Namen von Tomatensorten kennen die Teilnehmer? Fast die Hälfte kannte keinen Namen. Nur rund vier Prozent kannten mehr als vier. Tatsächlich gibt es tausende Tomatensorten rund um die Welt. Ein österreichischer Tomatenexperte hat Saatgut für rund 7.000 Sorten auf Lager: Riesen-Tomaten von zwei bis drei Kilogramm (je Tomate! ), nach Rosen duftende und Pilzen schmeckende Tomaten. Oder die russische Reisetomate, an der man unterwegs Stück für Stück abknabbern kann. Diese Vielfalt an Lebensmitteln droht verloren zu gehen- - und sie fehlt nicht zuletzt denjenigen, die mit Hingabe kochen. Wer kocht, sollte deshalb Vielfalt durch bewussten Einkauf unterstützen. Was Vielfalt in der Küche bedeutet, dass zeigte sie am Abend in ihrer Kocheinlage. Beispielsweise standen Brennnesseln auf der Zutatenliste- - eines der vielleicht am meisten unterschätzten heimischen Gemüse. Viele Teilnehmer hatten sich das Rezept vom Kongressportal heruntergeladen und kochten daheim am Herd das leckere und gesunde Gericht nach. Auch der zweite Tag des PM Forum bot abwechslungsreiche Sessions mit fünf parallelen Themenstreams, Business Games und Co. Den Tag eröffnete das diesjährige dreiköpfige Leitungsteam des Programmkomitees Stefanie Höpfinger, Elke Lengert-Kune und Erwin Weitlaner. Das Führungstrio sprach über die Herausforderungen, die in der Umstellung auf das digitale Format lagen, über die Qual der Wahl bei der Selektion der eingereichten Beiträge und über ihre jeweiligen Lieblingsstreams. Weiter ging es mit einer Keynote des Schweizer Buchautors und Unternehmers Dr. Rolf Dobelli. Mit einer „Kocheinlage“ von Sarah Wiener schloss der erste Kongresstag. Assistiert von Moderator Ralf Schmitt zeigte sie, wie man aus einfachen, regionalen Zutaten ein leckeres und gesundes Gericht zubereitet. Für viele Teilnehmer ein guter Anlass, daheim selbst zum Kochlöffel zu greifen. Foto: GPM Dr. Stefan Wachtel sprach über das Thema Rhetorik. Führungskräfte müssen ihrer Rolle gerecht werden, und dazu gehört auch das geschliffene Wort für gute Führungswirkung. Foto: IT Motion Aus den DACH-Verbänden | „Willkommen im neuen Jetzt! “ 78 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0111 Er empfahl Enthaltsamkeit in puncto News. Dr. Rolf Dobelli, selbst früher bekennender News-Junkie, betitelte seinen Vortrag mit „Die Kunst des digitalen Lebens“; unter dieser Kunst versteht er unter anderem, Abstand von News zu halten, jenen kleinen Info-Bruchstücken und Aufregern, die von Sozialen Medien oder Nachrichtenseiten auf den Bildschirm gebracht werden (und die viele Menschen schon morgens zum Handy greifen lassen). Das ständige Aufflackern von News über Politik und Wirtschaft, über Promis, Katastrophen und Kurioses sorgt nicht dafür, dass wir besser informiert sind. Stattdessen: Je mehr wir eintauchen in den Newsstream, desto nervöser werden wir und desto mehr büßen wir die Fähigkeit ein, uns auf wirklich Wichtiges zu konzentrieren. News sind für den Geist das, was Zucker für den Körper ist: leicht verdaulich, doch langfristig schädlich. Rund 30.000 solcher News konsumiert man jährlich. Durchschnittlich 90 Minuten täglich verwenden Menschen auf den Konsum von News. Wer darauf verzichtet, gewinnt gut und gerne ein Lebensjahr. Doch vor allem fühlt er sich besser. Vor zehn Jahren hat Dr. Rolf Dobelli seine konsequente News-Abstinenz begonnen, zunächst als einmonatiges Experiment, das sich dann verstetigte. Er fragte sich: Trifft er durch die vielen News, die er konsumiert, bessere Entscheidung? Offenbar nicht, wie er feststellte. News sind das Gegenteil von Weltverständnis. Sie haben keine Erklärungskraft und helfen nicht, die Welt besser zu verstehen. Ganz im Gegenteil, sie erzeugen toxische Gefühle wie Neid oder Beunruhigung. Was also tun? Dr. Rolf Dobelli empfahl eine News-Diät auszuprobieren. Dafür spreche übrigens auch die philosophische Tradition: Schon seit der Antike unterscheiden kluge Köpfe zwei Sphären: die Sphäre der Dinge, auf die man Einfluss hat und die man verändern kann- - und die Sphäre dessen, was man nicht verändern kann. News, sagte er, betreffen häufig Dinge, auf die man ohnehin keinen Einfluss hat. Was sie zu nutzlosen Informationen macht. Weitere Empfehlung: Jeder hat „Kompetenzkreise“, also Bereiche, in denen er überdurchschnittlich gut ist und bleiben will- - etwa einen beruflichen Kompetenzkreis, einen privaten Kompetenzkreis oder vielleicht auch noch ein Hobby. Diese Kompetenzkreise lohnt es kennenzulernen und durch Informationen weiterzuentwickeln. News außerhalb dieser Kreise seien oftmals irrelevant. Unsere Erinnerungen sind kompliziert. Weshalb? Weil wir sie verfälschen. Oder besser: Weil unser Gehirn sie mit der Zeit verfälscht. Jedes Mal, wenn wir über eine Erinnerung sprechen, bauen wir sie quasi neu zusammen- - und verändern sie, ohne dass wir es merken. Dies macht nicht nur Juristen zu schaffen, etwa bei der Befragung von Zeugen. Auch Managern, die für Entscheidungen auf gute Daten angewiesen sind, kann schlecht Erinnertes in die Quere kommen. Dr.- Julia Shaw, Rechtspsychologin und Bestsellerautorin, nahm sich in ihrer Keynote dieses Problems an. „Wir erinnern uns immer nur an unsere letzte Version der Erinnerung“, sagte sie. Also die letzte Version, die wir jemanden erzählt oder über die wir nachgedacht haben. Wie verändert diese Version bereits ist, ist vielen nicht klar. Wer etwas Wichtiges erlebt, sollte sich besser nicht auf seine Erinnerungsfähigkeit verlassen. Dr. Julia Shaws Tipp: Schreiben oder nehmen Sie die Informationen zügig auf. Wer dann ganz auf „Nummer sicher“ gehen will, sollte sich das Aufgezeichnete per E-Mail zusenden. Dann bekommt die Erinnerung einen Zeitstempel. „Das ist der Goldstandard für Beweise“, sagte Dr. Julia Shaw. Nicht nur für Juristen, sondern für jeden, der sich über eine Sache ein Bild machen will und aus Erinnerungen schöpfen muss. Ebenfalls wichtig: Wer Erinnerungen bei anderen erfragt, sollte neutrale Fragen stellen. Zum Beispiel: Was ist passiert? Was haben Sie wahrgenommen? Entscheidend ist, die Erinnerung nicht ungewollt zu beeinflussen-- indem man im Gespräch durch eigene Worte die Erinnerung färbt („Das muss ja wirklich schlimm für Sie gewesen sein, oder? “). Dr. Julia Shaw empfahl, offen zu fragen. In den weiteren Fragen könne man die Worte verwenden, die der Befragte in seiner Antwort verwendet hat. Besonders kritisch wird die Stichhaltigkeit von Erinnerungen bei Konflikten und Mobbing in Unternehmen. Viele, die Mobbing oder Diskriminierung erleiden, halten still. Häufig kennen sogar Kolleginnen und Kollegen die Vorfälle; nur für Manager sind diese unsichtbar. Einer Studie zufolge, an der Dr. Julia Shaw mitgewirkt hat, haben 34 Prozent der Zeugen Angst vor negativen Konsequenzen. 22 Prozent wissen nicht, dass sie sich melden können. 16 Prozent ist nicht bekannt, wie sie sich melden können. Sie empfahl Managern ein Fünf-Punkte-Programm, um über Mobbing, Belästigung oder Anfeindungen von ihren Mitarbeitern Kenntnis zu erlangen. Manager sollten sich persönlich engagiert zeigen und glaubwürdig versichern, dass sich ihr Unternehmen in dieser Hinsicht verbessern will. „Das ‚wir‘ zu betonen ist wichtig“, erklärte die Fachfrau. Dies schließe auch das Management ein. Unternehmen sollten ihre Manager sensibilisieren und trainieren. Zudem sollten Unternehmen anonyme Berichterstattung ermöglichen, regelmäßig Umfragen machen und eine soziale Identität aufbauen. Eingangsabbildung: © GPM Zugeschaltet aus Bern: Der Schweizer Buchautor und Unternehmer Dr. Rolf Dobelli (auf Bildschirm) empfahl in seiner Keynote Zurückhaltung in puncto News. Moderator Ralf Schmitt diskutierte mit ihm die Fragen der Teilnehmer. Foto: GPM Aus den DACH-Verbänden | „Willkommen im neuen Jetzt! “ 79 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0111 1. Der Eingang 2. Der Bürobereich Aus den DACH-Verbänden | GPM intern Aus den DACH-Verbänden GPM intern DOI 10.2357/ PM-2020-0112 31. Jahrgang · 05/ 2020 Die GPM Hauptstadtrepräsentanz in Berlin in neuen Räumen Uwe Rohrschneider Vor fünf Jahren wurde das Büro der GPM Hauptstadtrepräsentanz Berlin am Hausvogteiplatz eröffnet. Seitdem boten die Räume hauptamtlichen und anderen MitarbeiterInnen der GPM Arbeitsmöglichkeiten und waren gleichzeitig Ort für Veranstaltungen der Regionalgruppe Berlin-Brandenburg, für Empfänge, Zusammenkünfte von Delegierten und vieles mehr. Mit Ablauf der fünfjährigen Laufzeit des Mietvertrages (noch vor Corona) kam dann der Schreck: Der Entwicklung der Mieten am Berliner Büromarkt folgend sollte die Miete verdoppelt werden! Die angestrebte Lösung: Beibehaltung der bisherigen Mietbelastung durch Halbierung der Fläche ohne Qualitätseinbußen für die Arbeit. Gefunden wurden helle und freundliche Räume in einer 1a-Lage: Mittelstraße 55, Ecke Friedrichstraße, mitten im Herzen von Berlin, bestens angebunden an den ÖPNV und Anschluss an die DB und den neuen Flughafen BER. Erste Pläne für eine flexibles Raumkonzept wurden erarbeitet, das eine den bisherigen Ansprüchen entsprechende Nutzung ermöglichen sollte. Ideen wurden gesammelt, Anforderungen diskutiert, erste Pläne wurden gemacht und eine Projektleitung zur Umsetzung etabliert- - und dann der zweite Schock: Corona und damit eine Entscheidung des Präsidiums, mit der quasi über Nacht das Budget für das Projekt halbiert wurde. Erschwerend kam dazu, dass das Büro der GPM-Hauptstadtrepräsentanz nicht einfach für einige Zeit geschlossen werden konnte, so dass ein Parallelbetrieb am alten und am neuen Standort organisiert werden musste. 80 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0112 Fünf Monate angestrengte Projektarbeit folgten, z. B. die Einbindung eines professionellen Planers für das Layout des Büros unter 100 %iger Verwendung der bisherigen Möbel, eine hilfreiche Umzugsfirma und entsprechende handwerkliche Partner, auch für die Rückgabe der bisherigen Flächen an den alten Vermieter. Alle Bemühungen hätten aber keinen 3. Der Mehrzweckbereich 4. Raum für Besprechungen und Video-Konferenzen 5. Die Lounge so großen Erfolg gehabt, wäre da nicht das intensive Engagement der MitarbeiterInnen in Berlin und die Unterstützung der IT aus Nürnberg gewesen, die sich, Corona und Kurzarbeit zum Trotz, engagiert und kreativ in das Projekt einbrachten. Seit Juli 2020 sind wir fertig. Die alten Räume wurden ohne Beanstandung zurückgegeben. Bücher und andere Bestände wurden an verschiedene Nutzer verteilt oder verkauft. Am neuen Standort ist ein freundliches, flexibel nutzbares Mehrplatz-Büro entstanden, außerdem die Möglichkeit und Fläche für größere Besprechungen, die wiederum einer veranstaltungsgerechten (Kino-) Bestuhlung weichen kann oder auch Platz für kleinere Events bietet. Neuanschaffungen erfolgten nicht, mit Ausnahme der Modernisierung von IT und Kommunikationseinrichtungen. Weiter gibt es einen Raum für Video-Konferenzen und schließlich die „Lounge“ mit der Möglichkeit zu abgeschirmten Gesprächen in kleiner Runde. Alle prinzipiellen Nutzungen können dabei so variiert werden, dass flexibel auf besonderen Bedarf, z. B. die kurzfristige Arbeit von mehr Personen im Büro, reagiert werden kann. Und sonst? Nun, der Abschluss des Umzugs erfolgte zwei Wochen vor dem notwendigen Termin und das bereits um 50 % gekürzte Budget wurde noch einmal um knapp 10 % unterschritten. Das neue Büro mit seinen hellen Räumlichkeiten ist von den NutzerInnen voll akzeptiert, jeder fühlt sich wohl und arbeitet dort gerne. Was will man mehr? Kein Projekt, das nach dem Roland Gutsch Award greift, aber das rundherum gelungen ist und für die Geschäftsstelle Potenzial für Gegenwart und Zukunft bietet. Abbildungen: © Uwe Rohrschneider Aus den DACH-Verbänden | GPM intern 81 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0112 Standpunkt Mag. Brigitte Schaden, Präsidentin Projekt Management Austria (pma) Resilienz üben Wir leben heute in einer Projektwelt, die dynamischer und flexibler nicht sein kann. In dieser von enormen Umbrüchen geprägten Zeit stellt Projektmanagement die einzige Konstante dar, die zwischen Agilität und Stabilität vermitteln kann. Erfolgreiche Projektmanager sind es gewohnt, sich immer wieder auf neue Situationen einzustellen. Denn in Projekten ist die Ausnahme oft die Regel. Das Budget wird gekürzt, Konflikte im Team treten auf, oder es kommt zu personellen Ausfällen oder Störungen von außen, die das Projekt beeinflussen. Je höher die Widerstandfähigkeit ist, umso besser wird man als Projektmanager Rückschläge verkraften und den Blick nach vorne auf Neues richten. Resilienz zu entwickeln und zu üben, steht deshalb ganz oben auf der Agenda von Projektmanagement. Nicht nur in Zeiten wie diesen. Aus den DACH-Verbänden | PMA intern pma focus 2020 als Online-Event Österreichs Projektmanagement-Community traf sich am 14. Oktober zum pma focus 2020 - heuer im virtuellen Raum. Das Programm konnte sich sehen lassen: Katharina Mader von der Wirtschaftsuniversität Wien zeigte Alternativen zum derzeitigen Mainstream-Wirtschaftsmodell auf. Heimo Hammer, Geschäftsführer der Digitalagentur kraftwerk, sprach über Unternehmen, die sich in der Krise erfolgreich behaupten konnten. Robert Scharinger vom Bundesministerium für Gesundheit und Robert Harm vom Bundesrechenzentrum stellten das Covid-19-Dashboard vor, das tägliche Updates zu den Corona-Fallzahlen veröffentlicht. Und Stefanie Feichtinger vom Austria Center Vienna berichtete, wie man bei Großveranstaltungen erfolgreich Covid-19-Schnelltests einsetzt. Workshops von adesso Austria und next level consulting sowie virtuelle Break-out-Räume zum Networking haben das Programm abgerundet. Für Unterhaltung sorgten Clownin Martha Labil und Österreichs bekanntester Stimmenimitator und Kabarettist Alex Kristan. pma Präsidentin Brigitte Schaden bedankte sich bei den vielen Teilnehmenden und freut sich auf ein- - hoffentlich- - persönliches Wiedersehen beim nächsten pma focus am 21. Oktober 2021. Aus den DACH-Verbänden PMA intern DOI 10.2357/ PM-2020-0113 31. Jahrgang · 05/ 2020 (Hybrid, Verbrennungsmotor, Getriebe, Elektroantrieb, Batterien, Brennstoffzelle und Regelungstechnik) sowie deren Integration in das Fahrzeug. PM-Aufgaben und Bedeutung Fortschrittlichste Technologie, Problemlösungskompetenz sowie effektive Projektabwicklung sind die Kernelemente unseres Handels. Dabei steht die Kundenzufriedenheit an erster Stelle. Hierzu nehmen unsere Projektleiter eine führende Rolle ein. Neben klassischen Projektmanagement-Skills bekommen soziale und betriebswirtschaftliche Kompetenzen einen höheren Stellenwert. So garantieren wir exzellentes Projektmanagement für unsere globalen Kunden. Das digitale Eventformat wurde sehr gut angenommen. © pma Vor den Vorhang! pma Mitglieder Mit knapp 1.300 Mitgliedern ist pma die größte PM-Vereinigung Österreichs. Wir stellen vor: AVL List GmbH Hans-List-Platz 1, 8020 Graz www.avl.com Kontakt: Ing. Thomas Scheucher, MBA Head of Global Project Management Hauptgeschäftsgebiet AVL ist das weltweit größte, unabhängige Unternehmen für Entwicklung, Simulation und Testen von Antriebssystemen 82 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0113 Aus den DACH-Verbänden | PMA intern Wenn Kinder Projekte managen Dieses Jahr nahmen rund 6.000 Kinder zwischen 7 und 12 Jahren an den Vorlesungen und Übungen der KinderuniWien teil. Projekt Management Austria-- pma-- war heuer erstmals Partner der Universität Wien. Aus den DACH-Verbänden Wenn Kinder Projekte managen DOI 10.2357/ PM-2020-0114 31. Jahrgang · 05/ 2020 Auch Profis haben einmal klein angefangen. Unter dem Motto ‚Projekte managen wie die Profis’ hat die pma young crew, das Netzwerk für junge Projektmanager*innen von Projekt Management Austria, Schüler*innen im Sommer 2020 Einblicke in die Welt des Projektmanagements gegeben. Michaela Obersriebnig, Vorsitzende der pma young crew, berichtet über die erfolgreiche Zusammenarbeit. Wie kam es zu der Idee, Kindern Projektmanagement zu vermitteln? Michaela Obersriebnig: Wir kannten das Projektteam der KinderuniWien bereits aus dem Vorjahr. Sie gewannen den pma excellence award. Auf Initiative von Projekt Management Austria entstand dann die Partnerschaft und Unterstützung dieser großartigen Initiative. Corona-bedingt konnten die Kinder an den geplanten Vorlesungen der KinderUniWien ausschließlich online teilnehmen. Die pma young crew hat dafür ein Video gemacht. Wie kam es dazu? Obersriebnig: Ich war während des Lockdowns gerade im Home-Office; allerdings in Kärnten, auf dem Bauernhof meiner Eltern. Gerade in dieser Phase begannen wir mit den Planungen zu Kinderuni. Also haben wir ein Online-Brainstorming mit dem Board der pma young crew organisiert und daraus entstand die Idee, am Beispiel eines Bauprojekts, Projektmanagement kinderleicht zu erklären. Wir entschieden uns für das Projekt: ‚Wie baue ich einen Hühnerzaun’. Sehr schnell war klar, dass wir ein Video machen wollen. Gedreht haben wir gleich am Bauernhof. Wie ging es dann weiter? Obersriebnig: Wir haben auf der Website der KinderuniWien einen eigenen Bereich gehabt, auf dem alle Unterlagen zu finden waren: Neben dem Video gab es einen Begleittext, der Kindern erklärt, worum es bei Projektmanagement geht, sowie eine Checklist zur Projektplanung in Form eines Posters. In einem Online-Wissensquiz konnten Kinder Fragen zu PM beantworten und Punkte sammeln. Als zusätzlichen Anreiz haben wir die Kinder eingeladen, selbst einen Projektplan zu entwickeln. Wie erklärt man Zehnjährigen Projektmanagement? Obersriebnig: Kinder sind neugierig, wissbegierig und begeisterungsfähig. Sie saugen Neues auf wie ein Schwamm. Es ist so wichtig, Kindern erstes Wissen zu vermitteln und mit Von Corona-Rucksack bis Tier-Wecker Fast 2.000 Kinder zwischen 7 und 12 Jahren haben sich mit der pma toolbox beschäftigt, das heißt, an der KinderuniWien hat jedes dritte Kind Projektmanagement „studiert“. 14 Kinder haben sogar den Plan für ein eigenes Projekt erstellt. Hier ein Auszug: Der ‚Corona-Rucksack‘ mit Platz für Handy, Aufladestation, Mund-Nasen-Schutz, Desinfektionsmittel und Schutzweste mit Reflektoren; das ‚Fliegende Tablett‘ mit automatischer Computersteuerung, und der ‚Tierwecker‘ für Hunde, Katzen und Pferde. Weitere Projektpläne gab es für ein Bienenhotel, einen Hasenkäfig, eine Futterstelle und für ein Baumhaus. Für alle eingereichten Projekt-Ideen erhielten die Kinder von pma als Anerkennung ein spezielles Überraschungspaket. ©Kinderbüro UniWien/ P. Lichtenegger 83 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0114 Michaela Obersriebnig © L. Schedl einer kleinen Aufgabe zu verknüpfen. Um bei unserem Beispiel zu bleiben: Gerade der Bau eines Hühnerstalls muss gut überlegt sein, wie kann man die Hühner schützen, wie viel Auslauf brauchen sie, wie groß soll der Stall sein und was darf er kosten? Gut geplant, ist halb gewonnen. Was können erwachsene Projektmanager*innen von Kindern lernen? Obersriebnig: Optimismus und eine We-can-do-Attitude. Kinder haben viel weniger Angst davor, Fehler zu machen und falsche Fragen zu stellen, sie machen es einfach. Eine Fähigkeit, die wir Erwachsene auch wieder für uns entdecken sollten. Ausgezeichnete KinderuniWien Die KinderUniWien zählt zu den größten Projekten zur Wissensvermittlung in Europa. Zehn Wochen lang im Sommer gehen Themengebiete online und zeigen die Vielfalt der Universitäten und Kooperationspartner. Mit Videos, Online-Vorlesungen und interaktiven Elementen. Insgesamt nehmen daran rund 6.000 Kinder und 350 WissenschaftlerInnen teil. Das Projektteam der KinderUniWien gewann den pma project excellence award 2019. Internet: www.kinderuniwien.at Aus den DACH-Verbänden | PMA intern 84 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0114 spm Young Project Manager Award 2020 Der spm Young Project Manager Award zeichnet junge, talentierte Nachwuchs-Projektmanager / innen aus. Diese legen trotz ihrer jungen Karriere in beeindruckender Weise dar, dass sie ein vielseitiges Projekt nachhaltig zum Erfolg führen können. In diesem Jahr wurden auch wieder aussergewöhnliche Projekte eingereicht, die von einer dreiköpfigen Jury nach Punktesystem bewertet wurden. Am 14. Mai 2020 war es soweit! Nach der Online-Präsentation der Finalisten wurden die Sieger gekürt: Gewonnen hat Siro Duschletta, IT-Projektleiter bei der Zürcher Kantonalbank, mit seinem Projekt: «Umsetzung Datenschutz«. Wir gratulieren dem Sieger zu dieser Auszeichnung! Auch dem Zweitplatzierten gebührt unsere Ehre! Sandro Hodel, Projektleiter Nachhaltigkeits-Kommunikation bei der Coop Genossenschaft, hat sein Projekt Gesellschafts-Initiative «Tag der guten Tat» 2019 / 2020 präsentiert! Wir danken den Bewerbern, die ihre Projekte eingereicht haben. Auch 2021 freuen wir uns wieder auf spannende Projekte von jungen Talenten! Yvonne Voss, spm Vorstand SPM intern spm Young Project Manager Award 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0115 31. Jahrgang · 05/ 2020 Aus den DACH-Verbänden | SPM intern Neue Erstzertifizierungen Die Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement (spm) gratuliert den neuen Zertifizierten: 2 IPMA Level A® spm: Claudio Imperatori, Andreas Richter 22 (16 publiziert) IPMA Level B® spm: David Baumgartner, Thomas Brechter, Philipp Büchi, David Cathomas, Pascal Dietiker, Ueli Ehrbar, Samuel Haag, Jörg Hofer, Yuri Ieronimo, Ronald Julen, Juan Manuel Martínez González, Laurent Paltani, Simon Peter, Yann Urvoy, Petra Vilt, Michael Wernigg 80 (57 publiziert) IPMA Level C® spm: Carina Aschwanden, Martin Auer, Thomas Baumgartner, Jürg Baur, Susanne Beier, Stefan Berchtold, Jörg Alexander Bernhardt, Pirmin Blumenthal, Kathrin Boller-Berger, Delphine Collardey, Felipe De Dios Casas, Andrej Deiwald, David Deschenaux, Marc Dettwiler, Joseph Duron, Remo Eberhard, Stefan Eggli, Kim Fäh, Alain Felder, Marcel Flügel Ribeiro, Marcel Furrer, Beatrice Häberli, Patrik Haunreiter, Dario Hesselschwerdt, Sandro Hubmann, Natalia Huser, Diego Kaufmann, Martin Klauenbösch, Thomas Christof Kreiliger, Gregory Levy, Fabio Lo Piccolo, Raffael Löhrer, Andreas Maggi, Romain Maret, Yves Marthaler, Anja Meissner, Alexandra Morrosch, Iordanis Mourtiadis, Valon Muji, Christoph Müller Mühlefluh, Sonia Pellegrini, Markus Juan Pérez Lieb, Mikael Pettersson, Daniel Plüss, David Reymondin, Mathias Rist, Klaus Roloff, Romain Sarmeo, David Schaffner, Susanne Schaub, Lukas Schmutz, Blerton Shterbani, Christophe Steinbach, Marcel Timper, Christophe Ulrich, Can Üresin, Joel Wenger, Marco Zogg 479 (248 publiziert) IPMA Level D® spm: Roger Aebi, Ulpiana Alija, Paulina Andryszak, Tahera Anwar, Werner Arb, Marc Arpagaus, Nurettin Atici, Sengül Ayilmaz, Daniela Babjakova, Laurent Bächler, Hilarius Claude-Emanuel Bagdasarianz, Simon Bart, Attila Baumgartner, Claudio Beck, Hermes Belous Freire, Angela Birchler, Urs Blumer, Laura Boschung, Norah Bouchrou, Christina Brand, Stefan Braun, Thomas Büchi, Erich Bühler, Marcel Bürgi, Markus Burkhart, Pascal Butti, Christoph Büttiker, Antonio Calco' Labruzzo, Michele Capozza, Gaetano Nino Castellano, Gaëtan Chabbey, Lai Man Chin, Endika Cifuentes, Frederic Colombier, Sebastian Commichau, Remi Crameri, Vincent Degommier, Matthias Delosea, Rudolf Derungs, Michael Diener, Gloria Dodaj, Pia Dörr, Andreia dos Santos Dias, Ketankumar Gunvantrai Doshi, Castegna Duran, Kevin Dutler, Esosa Ede-Obarogie, Aaron Elia, Daniel Elsener, Xavier Equey, Pierre Escher, Pius Etterlin, Claire Faessel, Antoine Falempin, Mira Fassbind, René Fechner, Mauro Feltre, Ricardo Ferro, Isabel Fischer, Silvia Frank, Stefan Frisch, Christoph Fritschi, Bettina Galeppi, Ronaldys David García Cárdenas, Sandra Geissbühler, Marc-Henri Geoffray, Thomas Gerber, Rodolphe Gerber, Christian Gerber, Florence Gessler, Raphael Gisler, Ramona Gloor, Johann Gmür, Tamas Godany, Fevzi Mehmet Göksaltik, Ronan Goude, Gabriel Gräni, Stefan Grob, Kristin Groitzsch, Andrew Grout, Oliver Gschwend, Jan Häfliger, Christian Hager, Gerald Hahn, Franziska Hallauer, Peter Härdi, Raiza Hauser, Florence Henry-Leroux, Tobias Herkströter, Erol Hertner, Lars Hildebrandt, Roman Hilker, Jan Hobi, René Hodel, Marianne Hofer, Tanya Hogan, Toni Höglhammer, Phillip Höller, Joël Höltschi, Sebastien Hunziker, Janik Hutter, Didier Huyberechts, Nathalie Imark, Edis Isejnoski, Björn Itin, Stefan Jäggi, Gudrun Rebekka Jakobsdottir, Nima Dolma Jordhen, Ruben Jud, Bernhard Jurman, Oliver Kaewmulpet, Johann Kahler, Firat Kara, Daniel Keller, Remo Kohli, Janea Köhnke, Jörg Kronberger, Laura 85 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0115 Rang IPMA Level A IPMA Level B IPMA Level C IPMA Level D 1 China Deutschland China Deutschland 2 Russland China Deutschland Schweiz 3 Deutschland Schweiz Indien China 4 Frankreich Österreich Österreich Österreich 5 Australien Russland Finnland Niederlande 6 Ukraine Schweden Kasachstan Indien 7 Kasachstan Frankreich Schweiz Polen 8 Polen Dänemark Russland Irland Rang IPMA Level A IPMA Level B IPMA Level C IPMA Level D 1 Deutschland Deutschland China Deutschland 2 Dänemark Österreich Deutschland Schweiz 3 Italien Schweiz Österreich Österreich 4 Ägypten Niederlande Finnland Niederlande 5 Schweiz China Niederlande Polen 6 Niederlande Frankreich Frankreich China 7 Frankreich Tschechien Schweiz Ägypten 8 China Finnland Dänemark Dänemark Krsmanovic-Schneebeli, Manfred Lack, Rita Lai, Thomas Lanz, Elisabeth Hilda Lawrence, Sylvie Le Du, Simone Lehnert, Katharina Lerner, Detlef F. Linder, Daniel Lips, Stefan Lisiecki, Gabriel Looser, Claudine Lopes, Andre Ludwig, Michael Mäder, Björn Magunski, Liridon Mamuti, Patricia Manzoni, Michel Christopher Meili, Anja Mettler, Tobias Meyer, Hasnaa Mghabbar, Beatrice Mohler, Manuel Monteiro, Cristian Sorin Morar, Ekaterina Morgen, Bruno Müller, Dominik Müller, Christian Müller, Harald Müllers, Christian Munoz, Sophie Nägeli, Lukas Neuhaus, Marcel Niedermann, Dragan Nikolic, Edith Nussbaumer, John Obey, James O'Brien, Karin Oerlemans, Markus Pacitto, Carlos Bruno Palau Gilbert, Rut Palmeiro, Savvas Papanikolaou, Marc Pauchard, Hrvoje Pavlovic, Pierre Périat, David Pesten, Mathias Pichol, Klaas Postema, Maria Prats de Puig, Holger Propfe, Hans-Peter Raas, Renate Raffl, Andres Ramirez Acosta, Nicole Regier, Anja Reichenbach, Tobias Reicherter, Chris Reusser, Samuel Rohrer, Christoph Roos, Manuela Röthlin, Veronica Rudolf, Noëmi Rui, Oliver Saiger, Alexander Salzmann, Lidia Santos Guiance, Marcel Schilliger, Christian Schlösser, Rico Schmid, Jörn Schmidt, Patrick Schmutz, Björn Schneider, Dean Schönbächler, Dietmar Rüdiger Schroetter, Karin Schüpbach, Thomas Schürch, Aaron Schweigkofler, Markus Senn, Christian Siebert, Ann-Kristin Sjöberg, Giuseppe Sollazzi, Pascal Sonder, Beatrix Speissegger, Olivia Stefanovic, Laurent Stegmann, Stephan Steiner, Stefanie Stöckli, Roland Stoerr, Alexander W. Strunck, Erik Studer Ryan Studer, Simon Styger, Abdul-Hadi Subhia, Fabian Taddei, Sofiane Tamouza, Dario Taschetta, Birgit Teufel, Sindy Thuli, Benjamin Tobler, Tobias Tomaschett, Ales Torkar, Maria Nieves Tortosa, Ruiz Jens Tresch, Gina Trevisan, Sarah Uwer, Géraldine Vertallier, Ivan Vidovic, Gregory Vinard, Bernhard Vitt, Roger Waltenspül, Marianne Walter, Lukas Wäspi, Jacqueline Webb-Archibald, Martin Weiss, Philipp Wengi, René Weyermann, Daniel Whittle, Lilli Wiebe, Patrik Wildi, David Wochner, Gaëtan Wuilloud, Pierrick Wulliamoz, Benjamin Wyss, Torsten Wyss, Thierry Zanada, Rafael Zanoni, Mirco Zehnder, Miskovicova, Sabine Zgraggen, Roman Zietala, Paolo Zurlino, Severin Zürrer Neue Rezertifizierungen Die Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement (spm) gratuliert den Zertifikatsinhabern zur Erneuerung ihres Zertifikats: 3 IPMA Level A® spm 67 IPMA Level B® spm 77 IPMA Level C® spm 88 IPMA Level D® spm Maja Schütz, vzpm Anzahl IPMA Erstzertifizierungen im Jahr 2019 Anzahl IPMA Rezertifizierungen im Jahr 2019 Hans Knöpfel, spm Vorstand SPM intern | spm Young Project Manager Award 2020 86 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 31. Jahrgang · 05/ 2020 DOI 10.2357/ PM-2020-0115 Jahresinhaltsverzeichnis 2020 Jahrgang 31, Heft 1 bis 5, inklusive Sonderbeiheft #40JahreGPM. Ein Jubiläum mit nachhaltig messbarem Erfolg 1/ 20, S. 79 Bauer, Julia / Kirchner, Marcus / Kratt, Heike: „Ich sehe der Zusammenarbeit freudig entgegen“. Im Interview mit Christoph Verenkotte und Helmut Klausing 4/ 20, S. 12 Branske, Julia / Hartmann, Clemens / Martin, Verena / Wenzel, Etelka: Keine Scheu vorm Zwiebelschälen. Nachhaltiger Kulturwandel - zum Selbermachen. Ein Bericht aus der Praxis der GPM 1/ 20, S. 12 Brüggenkamp, Jörg / Preuss, Peter / Renk, Tobias: Metriken für agile Projekte 4/ 20, S. 53 Clausing, Bernward: Agilität einführen mit Appreciative Inquiry 3/ 20, S. 21 Däfler, Martin-Niels: Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen 5/ 20, S. 20 Döttling, Frank / Dumont du Voitel, Arlette / Dumont du Voitel, Roland / Scheffler, Gunnar: Das neue PMO: agil und doch klassisch 5/ 20, S. 25 Feldmüller, Dorothee / Rieke, Tobias: Auswirkungen der Digitalisierung auf das Projektmanagement 1/ 20, S. 41 Feldmüller, Dorothee / Hunziker, Thomas / Ortner, Gerhard / Rudischer, Christian: Projektauftraggeber und Lenkungsausschuss als Erfolgsfaktor 3/ 20, S. 53 Geusen, Karl: Wie lässt sich wirtschaftlicher Erfolg von Auftragsprojekten gestalten und steuern? 4/ 20, S. 28 Glitscher, Wolfgang: „New Work“ - Erwartungen von High Potentials an Organisationsstrukturen und Projekt-Management 1/ 20, S. 65 GPM und VDE schließen Kooperationsvereinbarung - und bieten Doppelmitgliedschaft an 2/ 20, S. 70 GPM intern 3/ 20, S. 61 GPM intern 4/ 20, S. 74 Griebel, Hannes S.: Online-Zertifizierungslösungen für Projektmanager 2/ 20, S. 56 Haas, Uwe / Scheideler, Marcel / Wehnes, Harald: Weltklasse-Forschung trifft Weltklasse-Projektmanagement 3/ 20, S. 45 Hüsselmann, Claus/ Döngens, Sandro, Karpf, Stefan: Zielgerichtete Adaption des Projektmanagements 3/ 20, S. 27 Haxter, Oliver / Schneider, Lorenz: Perspektiven der Softwareunterstützung für CPM bei Bauprojekten 4/ 20, S. 42 Kindl, Niels, Kulalic, Mahir: Mindset als Erfolgsfaktor 3/ 20, S. 36 Klausing, Helmut / Drilling, Clemens: Unternehmensführung jenseits von reiner Gewinnmaximierung? Mit neuen Herausforderungen erfolgreich umgehen 1/ 20, S. 3 Köhler, Jens: Selbstgesprächige Organisation 1/ 20, S. 85 Köhler, Jens: Komplexität in Sicht? Dann nutze Sie! 2/ 20, S. 74 Köhler, Jens: Der letzte Nutzer 3/ 20, S. 60 Köhler, Jens: Das schwarze Loch der Digitalisierung 4/ 20, S. 64 Köhler, Jens: Zurück auf Los! 5/ 20, S. 73 Kratt, Heike: Mit Projekten die Krise als Chance gestalten 4/ 20, S. 9 Krug, Petra: Von einer Fehlerkultur, die uns stark und agil macht 2/ 20, S. 51 Laukien, Ulf: Zahlungsmeilensteine in der CPM Praxis 4/ 20, S. 47 Lennartz, Katharina / Osebold, Rainard: Agil und lean in Bauprojekten 2/ 20, S. 33 Linder-Hofmann, Bernd: Mindshift im Projektmanagement - aus einer östlichen, zen-buddhistischen Perspektive 3/ 20, S. 16 Löhr, Karsten / Dewiwje, Arthur: Projektmanagement-Theorie. Was erwarten Firmen von der Hochschullehre? 1/ 20, S. 28 Majer, Christian / Schubiger, Ines: Changes als besondere Herausforderung für projektorientierte Führung 5/ 20, S. 34 Meyer, Elke / Weßels, Doris: Plattformbasiertes X-Shaped Collaboration Projektmanagement 5/ 20, S. 57 Möller, Thor: Trainingskonzept „Hybrides Projektmanagement, Projekte erfolgreich planen und in Iterationen umsetzen“ von Sabine Niodusch 1/ 20, S. 87 Nuhn, Helge F. R. / Schaffitzel, Norbert: Neue Perspektiven auf das Controlling in VUCA-Zeiten 2/ 20, S. 46 Peuser, Martina: Projektmanagement im Dialog 3/ 20, S. 43 Prudix, Dietmar: Das Ressourcendrama - oder warum eine belastbare Ressourcenplanung nicht möglich ist 5/ 20, S. 64 Pfromm, Christian / Scholz, Felix: Von der Digitalstrategie zum digitalen Planen und Bauen 4/ 20, S. 18 PM Forum und PMO Tag 2020 als digitale Fachkongresse 4/ 20, S. 72 pma intern 2/ 20, S. 72 pma intern 4/ 20, S. 76 pma intern 5/ 20, S. 84 pma: Online-Tipp 4/ 20, S. 77 pma: Zertifizierung - aber sicher! 3/ 20, S. 63 pma: Wenn Kinder Projekte managen 5/ 20, S. 84 Pürckhauer, Peter: Job Discovery Project - Berufsorientierung als Projekt 1/ 20, S. 75 Reinicke, Kathrin / Weßels, Doris: „Faker“ im Projektmanagement - ein Phänomen unserer Zeit? 1/ 20, S. 48 Reschke, Hasso: Commercial Project Management: Was ist denn das jetzt? 4/ 20, S. 24 Reschke, Hasso: Was wird geboten? 4/ 20, S. 51 Richter, Christoph: Vom Projekt Studium zum Projektstudium 1/ 20, S. 36 Rietz, Steffen: Ab jetzt weht ein anderer Wind … 1/ 20, S. 70 Rohrschneider, Uwe: Die GPM-Hauptstadtrepräsentanz in Berlin in neuen Räumen 5/ 20, S. 80 Röllecke, Thomas: Einbindung von Stakeholdern ins CPM 4/ 20. S. 33 Rudischer, Christian / Feldmüller, Dorothee / Ortner, Gerhard: Rollen in der Projekt Governance 5/ 20, S. 50 Schaffitzel, Norbert / Flore, Agnetha: Vergleich von hybridem Management 2/ 20, S. 25 Schelle, Heinz: Projektmanagement 4/ 20, S. 62 Schelle, Heinz: Projektmanagement - Führung mit Erfolg 5/ 20, S. 71 Scherdel, Andreas: Mit Commercial Project Management Ansprüche (Claims) stützten 4/ 20, S. 38 Scheurer, Steffen: Qualifizierung, Weiterbildung und Karriere im Projektmanagement 1/ 20, S. 2 Scheurer, Steffen: Agiles und hybrides Projektmanagement 2/ 20, S. 2 Scheurer, Steffen: Projektmanagement in unterschiedlichen Kulturen 3/ 20, S. 2 Scheurer, Steffen: Commercial Project Management 4/ 20, S. 2 Scheurer, Steffen: Projektmanagement Aktuell - Themen 2021 4/ 20, S. 78 Scheurer, Steffen: Projektorientierte Unternehmensführung 5/ 20, S. 2 Scheurer, Steffen / Steeger, Oliver: Die „Übersetzungsarbeit“ des Top-Managements. Im Interview mit Dr. Markus Schmitz, CIO der Bundesagentur für Arbeit 5/ 20, S. 9 Schliep, Andreas: Agile Unternehmensführung 5/ 20, S. 29 Schmidtner, Markus / Timinger, Holger: Automatisches Tailoring von Produktentstehungsprozessen 2/ 20, S. 39 Schneider, Christoph / Schoper, Yvonne / Treiber, Christine / Wald, Andreas: Ergebnisse der 7. GPM Studie zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2/ 20, S. 59 Scholz, Felix / Kratt, Heike: Ein erfolgreicher Weg von der Linie zur flexiblen Projektorganisation im öffentlichen Sektor 5/ 20, S. 13 Schoper, Yvonne: Erfolgreiches Projektdesign am Beispiel eines öffentlichen Infrastrukturprojekts 2/ 20, S. 11 Schubiger, Ines / Majer, Christian: Digitalisierung - mit hybridem Projektmanagement-Ansatz durch die Krise 5/ 20, S. 42 Slemmer, Dora / Schmeisser, Patrick: Project Management Championship 2019 1/ 20, S. 77 spm intern 1/ 20, S. 84 spm intern 2/ 20, S. 73 spm intern 3/ 20, S. 64 spm intern 4/ 20, S. 75 spm intern 5/ 20, S. 86 Steeger, Oliver: Kompetenzen, Qualifikation und Karriere im Projektmanagement. Aus Sicht der Praxis 1/ 20, S. 19 Steeger, Oliver: Das absolut geräuschlose Projekt 2/ 20, S. 4 Steeger, Oliver: Wie sieht die Welt durch die „agile Brille“ aus? 2/ 20, S. 19 Steeger, Oliver: Das Wissen von Baku. Lorenz Schneider 3/ 20, S. 3 Steeger, Oliver: Auf Augenhöhe. Vanessa Stickl 4/ 20, S. 4 Steeger, Oliver: Das Potenzial von PMOs für den Wandel 5/ 20, S. 75 Steeger, Oliver: „Willkommen im neuen Jetzt! “ 5/ 20, S. 77 Stork, Annkathrin: Die ersten Jahre im Projektmanagement. Ein Erfahrungsbericht 1/ 20, S. 25 Stumpf, Daniel / Dräger, Erich: Neuer, exklusiver Lehrgang der GPM zum zertifizierten Business Projekt Management 4/ 20, S. 66 Wagner, Reinhard: Agilität? Herausforderungen neuer Konzepte der Selbstorganisation 4/ 20, S. 60 Waldkirch, Karl: Internationales Projektmanagement im chinesischen Kontext 3/ 20, S. 10 P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L Inhalte nach Autorinnen und Autoren Editorial Scheurer, Steffen: Qualifizierung, Weiterbildung und Karriere im Projektmanagement 1/ 20, S. 2 Scheurer, Steffen: Agiles und hybrides Projektmanagement 2/ 20, S. 2 Scheurer, Steffen: Projektmanagement in unterschiedlichen Kulturen 3/ 20, S. 2 Scheurer, Steffen: Commercial Project Management 4/ 20, S. 2 Scheurer, Steffen: Editorial Beiheft 4/ 2020 S/ 20, S. 2 Scheurer, Steffen: Projektorientierte Unternehmensführung 5/ 20, S. 2 Interview Scheurer, Steffen / Steeger, Oliver: Die „Übersetzungsarbeit“ des Top-Managements. Im Interview mit Dr. Markus Schmitz, CIO der Bundesagentur für Arbeit 5/ 20, S. 9 Porträt Steeger, Oliver: Das Wissen von Baku. Lorenz Schneider 3/ 20, S. 3 Reportage Branske, Julia / Hartmann, Clemens / Martin, Verena / Wenzel, Etelka: Keine Scheu vorm Zwiebelschälen. Nachhaltiger Kulturwandel - zum Selbermachen. Ein Bericht aus der Praxis der GPM 1/ 20, S. 12 Klausing, Helmut / Drilling, Clemens: Unternehmensführung jenseits von reiner Gewinnmaximierung? Mit neuen Herausforderungen erfolgreich umgehen 1/ 20, S. 3 Steeger, Oliver: Kompetenzen, Qualifikation und Karriere im Projektmanagement. Aus Sicht der Praxis 1/ 20, S. 19 Steeger, Oliver: Das absolut geräuschlose Projekt 2/ 20, S. 4 Steeger, Oliver: Auf Augenhöhe. Vanessa Stickl 4/ 20, S. 4 Steeger, Oliver: Ein Stück weit freies Radikal. Werner Motzet 5/ 20, S. 4 Stork, Annkathrin: Die ersten Jahre im Projektmanagement. Ein Erfahrungsbericht 1/ 20, S. 25 Politik und Gesellschaft Bauer, Julia / Kirchner, Marcus / Kratt, Heike: „Ich sehe der Zusammenarbeit freudig entgegen“. Im Interview mit Christoph Verenkotte und Helmut Klausing 4/ 20, S. 12 Kratt, Heike: Mit Projekten die Krise als Chance gestalten 4/ 20, S. 9 Pfromm, Christian / Scholz, Felix: Von der Digitalstrategie zum digitalen Planen und Bauen 4/ 20, S. 18 Schoper, Yvonne: Erfolgreiches Projektdesign am Beispiel eines öffentlichen Infrastrukturprojekts 2/ 20, S. 11 Wissen Brüggenkamp, Jörg / Preuss, Peter / Renk, Tobias: Metriken für agile Projekte 4/ 20, S. 53 Clausing, Bernward: Agilität einführen mit Appreciative Inquiry 3/ 20, S. 21 Däfler, Martin-Niels: Das Geheimnis des Könnens liegt im Wollen 5/ 20, S. 20 Döttling, Frank / Dumont du Voitel, Arlette / Dumont du Voitel, Roland / Scheffler, Gunnar: Das neue PMO: agil und doch klassisch 5/ 20, S. 25 Feldmüller, Dorothee / Rieke, Tobias: Auswirkungen der Digitalisierung auf das Projektmanagement 1/ 20, S. 41 Geusen, Karl: Wie lässt sich wirtschaftlicher Erfolg von Auftragsprojekten gestalten und steuern? 4/ 20, S. 28 Glitscher, Wolfgang: „New Work“ - Erwartungen von High Potentials an Organisationsstrukturen und Projekt-Management 1/ 20, S. 65 Haxter, Oliver / Schneider, Lorenz: Perspektiven der Softwareunterstützung für CPM bei Bauprojekten 4/ 20, S. 42 Hüsselmann, Claus/ Döngens, Sandro, Karpf, Stefan: Zielgerichtete Adaption des Projektmanagements 3/ 20, S. 27 Kindl, Niels, Kulalic, Mahir: Mindset als Erfolgsfaktor 3/ 20, S. 36 Krug, Petra: Von einer Fehlerkultur, die uns stark und agil macht 2/ 20, S. 51 Laukien, Ulf: Zahlungsmeilensteine in der CPM Praxis 4/ 20, S. 47 Lennartz, Katharina / Osebold, Rainard: Agil und lean in Bauprojekten 2/ 20 S. 33 Linder-Hofmann, Bernd: Mindshift im Projektmanagement - aus einer östlichen, zen-buddhistischen Perspektive 3/ 20, S. 16 Löhr, Karsten / Dewiwje, Arthur: Projektmanagement-Theorie. Was erwarten Firmen von der Hochschullehre? 1/ 20, S. 28 Majer, Christian / Schubiger, Ines: Changes als besondere Herausforderung für projektorientierte Führung 5/ 20, S. 34 Meyer, Elke / Weßels, Doris: Plattformbasiertes X-Shaped Collaboration Projektmanagement 5/ 20, S. 57 Nuhn, Helge F. R. / Schaffitzel, Norbert: Neue Perspektiven auf das Controlling in VUCA-Zeiten 2/ 20, S. 46 Peuser, Martina: Projektmanagement im Dialog 3/ 20, S. 43 PM Forum und PMO Tag 2020 als digitale Fachkongresse 4/ 20, S. 72 Prudix, Dietmar: Das Ressourcendrama - oder warum eine belastbare Ressourcenplanung nicht möglich ist 5/ 20, S. 64 Reinicke, Kathrin / Weßels, Doris: „Faker“ im Projektmanagement - ein Phänomen unserer Zeit? 1/ 20 S. 48 Reschke, Hasso: Commercial Project Management: Was ist denn das jetzt? 4/ 20, S. 24 Reschke, Hasso: Was wird geboten? 4/ 20, S. 51 Richter, Christoph: Vom Projekt Studium zum Projektstudium 1/ 20, S. 36 Röllecke, Thomas: Einbindung von Stakeholdern ins CPM 4/ 20, S. 33 Rudischer, Christian / Feldmüller, Dorothee / Ortner, Gerhard: Rollen in der Projekt Governance 5/ 20, S. 50 Schaffitzel, Norbert / Flore, Agnetha: Vergleich von hybridem Management 2/ 20, S. 25 Scherdel, Andreas: Mit Commercial Project Management Ansprüche (Claims) stützten 4/ 20, S. 38 Schliep, Andreas: Agile Unternehmensführung 5/ 20, S. 29 Schmidtner, Markus / Timinger, Holger: Automatisches Tailoring von Produktentstehungsprozessen 2/ 20, S. 39 Scholz, Felix / Kratt, Heike: Ein erfolgreicher Weg von der Linie zur flexiblen Projektorganisation im öffentlichen Sektor 5/ 20, S. 13 Steeger, Oliver: Wie sieht die Welt durch die „agile Brille“ aus? 2/ 20, S. 19 Stumpf, Daniel / Dräger, Erich: Neuer, exklusiver Lehrgang der GPM zum zertifizierten Business Projekt Management 4/ 20, S. 66 Wagner, Reinhard: Agilität? Herausforderungen neuer Konzepte der Selbstorganisation 4/ 20, S. 60 Waldkirch, Karl: Internationales Projektmanagement im chinesischen Kontext 3/ 20, S. 10 Kolumne Köhler, Jens: Selbstgesprächige Organisation 1/ 20 S. 85 Köhler, Jens: Komplexität in Sicht? Dann nutze Sie! 2/ 20, S. 74 Köhler, Jens: Der letzte Nutzer 3/ 20, S. 60 Köhler, Jens: Das schwarze Loch der Digitalisierung 4/ 20, S. 64 Köhler, Jens: Zurück auf Los! 5/ 20, S. 73 Aus den DACH-Verbänden #40JahreGPM. Ein Jubiläum mit nachhaltig messbarem Erfolg 1/ 20, S. 79 Feldmüller, Dorothee / Hunziker, Thomas / Ortner, Gerhard / Rudischer, Christian: Projektauftraggeber und Lenkungsausschuss als Erfolgsfaktor 3/ 20, S. 53 GPM und VDE schließen Kooperationsvereinbarung - und bieten Doppelmitgliedschaft an 2/ 20, S. 70 GPM intern 3/ 20, S. 61 GPM intern 4/ 20, S. 74 Griebel, Hannes S.: Online-Zertifizierungslösungen für Projektmanager 2/ 20, S. 56 Haas, Uwe / Scheideler, Marcel / Wehnes, Harald: Weltklasse-Forschung trifft Weltklasse-Projektmanagement 3/ 20, S. 45 pma intern 2/ 20, S. 72 pma intern 4/ 20, S. 76 pma intern 5/ 20, S. 82 pma: Online-Tipp 4/ 20, S. 77 pma: Zertifizierung - aber sicher! 3/ 20, S. 63 pma: Wenn Kinder Projekte managen 5/ 20, S. 84 Pürckhauer, Peter: Job Discovery Project - Berufsorientierung als Projekt 1/ 20, S. 75 Rietz, Steffen: Ab jetzt weht ein anderer Wind … 1/ 20, S. 70 Rohrschneider, Uwe: Die GPM-Hauptstadtrepräsentanz in Berlin in neuen Räumen 5/ 20, S. 80 Schneider, Christoph / Schoper, Yvonne / Treiber, Christine / Wald, Andreas: Ergebnisse der 7. GPM Studie zu Gehalt und Karriere im Projektmanagement 2/ 20, S. 59 Slemmer, Dora / Schmeisser, Patrick: Project Management Championship 2019 1/ 20, S. 77 spm intern 3/ 20, S. 64 spm intern 4/ 20, S. 75 spm intern 5/ 20, S. 86 Steeger, Oliver: Das Potenzial von PMOs für den Wandel 5/ 20, S. 75 Steeger, Oliver: „Willkommen im neuen Jetzt! “ 5/ 20, S. 77 Buchbesprechungen Möller, Thor: Trainingskonzept „Hybrides Projektmanagement, Projekte erfolgreich planen und in Iterationen umsetzen“ von Sabine Niodusch 1/ 20 S. 87 Schelle, Heinz: Projektmanagement 4/ 20, S. 62 Schelle, Heinz: Projektmanagement - Führung mit Erfolg 5/ 20, S. 71 In eigener Sache Scheurer, Steffen: Projektmanagement Aktuell - Themen 2021 4/ 20, S. 78 Sonderheft: Emotionen in Projekten Angst, Robert / Kemmer, Ralf: Fehlerkultur als Erfolgsfaktor im Projektmanagement S/ 20, S. 10 Arndt, Agnes: Emotionsmanagement: Genese, Geschichte, Gefahren S/ 20, S. 7 Hemeier, Ralph / Huemann, Martina: Der Fall der Elbphilharmonie Hamburg S/ 20, S. 23 Hölzner, Heike / Wallner, Regina: Wenn Harmonie und Konsens zum Problem werden S/ 20, S. 15 Schaden, Brigitte: Eine Sitzung mit Brigitte Schaden als Projektmanagement S/ 20, S. 38 Schäfer, Erik: Projektfehlschläge als emotionale Herausforderung S/ 20, S. 18 Schoper, Yvonne / Huemann, Martina / Reschwamm, Katrin: Emotionen im Projektmanagement S/ 20, S. 4 Schoper, Yvonne / Huemann, Martina / Reschwamm, Katrin: Neue Wege zum Umgang mit Emotionen in Projekten S/ 20, S. 45 Schubiger, Ines / Majer, Christian: Digitalisierung - mit hybridem Projektmanagement-Ansatz durch die Krise 5/ 20, S. 42 Smolka, Heide-Marie: Die Machbarkeit des Glücklichseins S/ 20, S. 29 Vollnhofer, Alexander / Sparrer, Mario: Von Methoden mit Emotionen S/ 20, S. 31 Umgang mit Emotionen S/ 20, S. 41 Inhalte nach Rubriken Persönlich weiterentwickeln und beruflich weiterkommen mit unseren SHOTs und Expert*innen-Sparrings! Wir bieten Ihnen mit unseren 90-minütigen SHOTS (SHort Online Trainings) eine Learning-on-Demand Lösung mit der Sie schnell und flexibel Ihr Wissen auffrischen und Kompetenzen ausbauen. Sie stehen beruflich vor schwierigen Aufgaben und brauchen schnell einen Expert*innenrat? Auch hier helfen wir Ihnen weiter. In unseren Expert*innen-Sparrings profitieren Sie von jahrelanger Praxiserfahrung unserer Berater*innen. Wissens-SHOTs in kleinen Dosen Sie erhalten fundiertes Wissen aus erster Hand zur Verfügung gestellt.Ohne hohe Kosten mit wenig Zeitaufwand. Leichter zur Re-Zertifizierung Belohnen Sie Ihren Wissensdurst und rechnen Sie sich Ihre SHOT- Teilnahme für eine Re-Zertifizierung an. Praxiserprobt Profitieren Sie von jahrelanger Praxiserfahrung unserer Berater*innen. LEARNING ON DEMAND Schnell und flexibel Kompetenzen erweitern www.nextlevelconsulting.com Entdecken Sie unsere SHOTs und Expert*innen-Sparrings! Digitalisierung, Projektmanagement 4.0, Zukunft der Arbeitswelt - PLANTA stellt sich seit jeher aktuellen Anforderungen des Marktes und liefert PM-Software mit hohem Innovationsgrad. Beim 19. PLANTA-Anwenderforum im Karlsruher Schloss bietet PLANTA seinen Kunden eine besondere Fachtagung mit Vorträgen namhafter Redner zu diesen gefragten Themen. Das Kernprodukt der Multiprojektmanagement-Software, PLANTA project, ist seit 1980 stetig durch neue Bausteine für Customizing, Projektportfoliomanagement, Integration mit anderen Systemen, besondere Datensicherheit und das Collaboration-Tool PLANTA pulse für agiles Projektmanagement erweitert worden. Das neue integrierte Hybridsystem bietet einzigartigen Nutzen für die flexible Planung von Projekten oder Teilprojekten je nach Bedarf mit agiler, klassischer oder hybrider Projektmanagement-Methode. PLANTA project , PLANTA portfolio , PLANTA pulse schneiden in PM-Studien und Software-Vergleichen regelmäßig führend ab. Mehr als 600 Kunden aus allen Branchen mit ca. 60.000 Anwendern hat das Karlsruher Softwarehaus bisher auf ihrem Weg zu einer zuverlässigen PM-Software begleitet. Nutzen Sie unsere PM-Expertise - seit 40 Jahren werden Projekte erfolgreich mit PLANTA-Software geplant und gesteuert. Seit 40 Jahren Ihr zuverlässiger Partner Innovatives Projektmanagement Lernen Sie uns kennen: www.planta.de