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PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
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UVK Verlag Tübingen
111
2021
325 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.
Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L www.pmaktuell.de Transformation und Projektmanagement Ausgabe 5/ 2021 | 32. Jahrgang Mit dem MBA Systems and Project Management erwerben Sie das erforderliche fachliche und methodische Rüstzeug, um als Führungskraft von Morgen Unternehmen auf dem Weg der digitalen und agilen Transformation zu führen und zu gestalten. Profitieren Sie von kleinen Gruppengrößen, einer individuellen Förderung sowie einer Kombination aus betreutem E-Learning und intensiven Präsenzphasen. 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Jahrgang · 05/ 2021 2 Editorial Reportage 6 Mit Leitplanken und Formalisierung gelingt die Agilität bei KMUs Agile Transformation: Kleine und mittlere Unternehmen „ticken“ anders 12 Mit der Agilen Blüte wachsen Ein Modell für die agile Organisationsentwicklung kleiner Unternehmen 18 Vernetzt bekommt die Hochvoltbatterie ein „zweites Leben” Pilotprojekte bei Audi: Gebrauchte Batterien aus E-Autos für Stromspeicher Wissen 22 Anforderungen von Transformationen an das Projektmanagement Transformation und Projektmanagement 28 New Work - Selbstorganisation in der Projektarbeit stärken Selbstorganisation und New Work 34 Wie bewegt man einen Tanker? - Transformationen in etablierten Konzernen 40 Neues Schwerpunktmodul zum Projektmanagement im Masterstudiengang der Hochschule des Bundes gestartet 41 Produktentwicklung für die hybride Zusammenarbeit Studierende geben Input für digitale und hybride Beratungsprodukte 46 Es gibt kein „agiles Projektmanagement“ Ein Denkanstoß zur kritischen Würdigung der in der Literatur und im öffentlichen Diskurs inflationär verwendeten Begriffe „agiles Projektmanagement“ und „hybrides Projektmanagement“ 51 Triple-A PPM: Agiles, Adaptives und Ambidexteres Projektportfoliomanagement fördert den Erfolg - gerade in Zeiten von Umbruch und Turbulenz Ergebnisse der 9. MPM-Benchmarking-Studie 59 Höchstleistungen im Projektmanagement - Die drei Preisträgerinnen des DSPM 2021 60 Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor Stakeholder Management in komplexen Innovationsprojekten 66 Wert und Nutzen von Zertifizierungen im Projektmanagement Empirische Untersuchung 76 Buchbesprechung Kolumne 78 Über Wohlfühlkollegen und Visionen Aus den DACH-Verbänden 79 IPMA intern 80 GPM intern 83 pma intern 84 spm intern 85 Auf ein Wort mit ... Frank Bambach Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Am Tullnaupark 15, 90402 Nürnberg Unter Mitwirkung von Spm - Swiss Project Management Association Flughofstraße 50, CH-8152 Glattbrugg und Projekt Management Austria Palais Schlick, Türkenstraße 27/ 2/ 21, A-1090 Wien Redaktion: Prof. Dr. Steffen Scheurer, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (Chefredakteur) Oliver Steeger, Alfter (Ressort Report) Christopher Klausnitzer, GPM, Nürnberg (Ressort GPM intern) Dr. Thor Möller, con-thor, Ganderkesee Redaktionsbeirat: Dr. Dieter Butz Axel Graser, Südwestrundfunk / SWR Prof. Dr. Nino Grau, Grauconsult GmbH Prof. Dr. Katrin Hassenstein, Hochschule der Medien Stuttgart Prof. Dr. Claus Hüsselmann, Technische Hochschule Mittelhessen Dr. Hans Knöpfel, spm, Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement Brigitte Schaden, pma (Projektmanagement Austria) Prof. Dr. Heinz Schelle, GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Reinhard Wagner, Tiba GmbH Prof. Dr. Doris Weßels, Fachhochschule Kiel G 6010 32. Jahrgang, 5/ 2021 ISSN 0942-1017 Verlag: UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5, 72070 Tübingen Telefon: +49 (0)7071 97 97 0 Telefax: +49 (0)7071 97 97 11 www.projektmanagement.digital © 2021 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG, Tübingen Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlages. Namentlich gekennzeichnete Beiträge sowie die Inhalte von Interviews geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion oder des Verlages wieder. Zeitschriftenkoordination: Elena Gastring eMail: gastring@narr.de Anzeigenverwaltung: Stefanie Richter Telefon: +49 (0) 89 / 120 224 12 eMail: richter@narr.de Erscheinungsweise: 5 Hefte pro Jahr Bezugspreise für Privatpersonen: Einzelheftpreis: EUR 20,- Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 88,- Bezugspreise für Institutionen: Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 198,- Preisänderungen vorbehalten. Der Bezugspreis für Mitglieder der GPM ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Alle Preise zzgl. Versandkosten und inkl. MwSt. Die Kündigung ist sechs Wochen vor Ende eines Kalenderjahres schriftlich an den Verlag zu richten. Sonderausgaben werden zusätzlich berechnet. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift ohne Verschulden des Verlages oder infolge höherer Gewalt entfällt für den Verlag jegliche Lieferpflicht. Umschlagabbildung: © iStock.com/ Alexander Limbach Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird die männliche Form verwendet (generisches Maskulinum). Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter und beinhalten keine Wertung. Impressum Editorial | XX 2 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0083 Transformation und Projektmanagement Liebe Leserinnen und Leser, während ich dieses Editorial schreibe, stellen die Parteispitzen der möglicherweise kommenden Ampelkoalition ihr erstes Sondierungspapier vor. Nach der Bundestagswahl reden die Parteivorsitzenden von „Aufbruch in eine neue Zeit“ und „Erneuerung des Standorts Deutschland“. Das hört sich so an, als wollten die drei Parteien eine echte Transformation von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland einleiten. Aber was versteht man eigentlich unter einer Transformation genau? Unter einer gesellschaftlichen Transformation versteht das FFU „…einen langfristigen Prozess, der weitreichende Veränderungen in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft (Teilsystemen) umfasst - von Produktions- und Konsummustern, über rechtliche Konzepte, Organisationsformen bis hin zu kulturellen Vorstellungen.“ Das FFU verdeutlicht: Die verschiedenen Teilsysteme sind wechselseitig vernetzt und wirken aufeinander. Eine echte Transformation wird nur dann möglich, wenn sich die Veränderungen in den verschiedenen Teilbereichen gegenseitig verstärken [1]. Ein Bedarf an Transformationen besteht in Deutschland wahrlich. Beispielsweise die ökologische Transformation der Wirtschaft. Die Notwendigkeit der Transformation von Unternehmen hin zu mehr Flexibilität und Agilität. Die erforderliche Transformation der Arbeitswelt in Richtung neuer Arbeitsformen. Der faktische Zwang zur digitalen Transformation vieler Unternehmen, um dadurch im weltweiten Wettbewerb weiter bestehen zu können. Diese Beispiele sind willkürlich gegriffen. Jedem fallen mühelos weitere wirtschaftliche, gesellschaftliche oder soziale Bereiche ein, die dringenden Transformationsbedarf haben. Allerdings sind Transformationen keine „Selbstläufer“. Eine Transformation muss orchestriert werden. Es bedarf Fachleute aus verschiedenen Disziplinen. Die gemeinsamen Anstrengungen müssen an gemeinsamen Zielen ausgerichtet werden. Von den Veränderungen Betroffene müssen abgeholt und in die Veränderungsprozesse einbezogen werden. So gesehen wird schnell deutlich: Projektmanagement ist unverzichtbar, wenn echte Veränderungen angestrebt werden. Aus diesem Grunde beschäftigen wir uns in diesem Heft mit der Frage, was Projekte zu echten Transformationen beitragen können. Möglicherweise werden wir in Deutschland ein professionelles Projektmanagement dringender denn je brauchen, um all die ausgerufenen Transformationen erfolgreich anzupacken. Wir starten in dieses Heft mit der Betrachtung der Transformation von KMUs hin zu agilen Unternehmen. Judith Armbruster , Agile Coachin und Projektmanagerin, hat die agile Transformation in KMUs wissenschaftlich untersucht. Lesen Sie das Interview von Oliver Steeger mit ihr sowie ihren Fachbeitrag, in dem sie ihr Modell der „Agilen Blüte“ vorstellt, das die agile Transformation von KMUs unterstützt. Von Januar bis einschließlich Juli 2021 wurden in Deutschland erstmals mehr Elektrofahrzeuge als Dieselfahrzeuge zugelassen. Die Transformation hin zur Elektromobilität nimmt Fahrt auf. Schon bald werden Millionen Hochvoltbatterien, die in E-Autos verbaut sind, als sogenannte Second-Life-Batterien Strom aus Windkraftwerken oder Solaranlagen zwischenspeichern. Alexander Kupfer spricht im Interview mit Oliver Steeger über erste Pilotprojekte für eine Kreislaufwirtschaft von Batterien zwischen Automobilindustrie und Energiewirtschaft. Welche Anforderungen sich aus Transformationen an das Projektmanagement ergeben - dies zeigen Sebastian Schurig und Reinhard Wagner auf. An diese Anforderungen, an den kulturellen Wandel von Arbeit sowie an die Entstehung neuer Arbeitsformen wie „New Work“ knüpft der folgende Beitrag an. Eckhard Heidling macht in seinem Artikel deutlich, welche Transformationen der Arbeit sich hinter dem Begriff „New Work“ verbergen. Cornelia Zimmer-Reps und Roscoe Araujo zeigen in ihrem Beitrag, wie auch große und traditionsreiche Unternehmen mit einem entsprechenden Rahmenmodell eine tiefgreifende Transformation durchlaufen können. Darüber hinaus berichten wir über die Ergebnisse der neunten Multiprojektmanagement (MPM) Benchmarking- Studie. Lesen Sie hierzu den Beitrag von Carsten Kaufmann , Jadena Bechtel , Patrick Lehner , H ans Georg Gemünden und Alexander Kock . Matthias Eberspächer , Bernd Hahn und Rene Warweitzky liefern in ihrem Artikel einen Denkanstoß zur kritischen Würdigung der in Literatur und Diskurs inflationär verwendeten Begriffe „agiles Projektmanagement“ und „hybrides Projektmanagement“. Wie Studierende im Rahmen von Praxisprojekten schon innerhalb des Studiums Input für digitale und hybride Beratungsprodukte geben können, beschreiben Michael Höschl , Patrick Huiber und Robert Korn in ihrem Beitrag. Thomas Sauerland berichtet über das neue Schwerpunktmodul zum Projektmanagement im Masterstudiengang der Hochschule des Bundes. Dass die Verbreitung des Projektmanagements an Hochschulen auch in der Forschung stattfindet, zeigen wir mit einer kleinen Serie, die wir in diesem Heft starten. Wir stellen in diesem und den folgenden Heften die Preisträgerinnen des „Deutschen Studienpreis Projektmamagement 2021“ vor. Den Auftakt macht der Beitrag von Julia Kroh zur Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor. Unstrittig ist, dass Projektmanagement in vielen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft immer wichtiger wird. Aber welchen Wert und Nutzen haben Zertifizierungen im Projektmanagement? Georg Disterer und Andreas Daum haben 3.600 nach IPMA zertifizierte Projektmitarbeiterinnen und Projektmitarbeiter in Deutschland befragt. Wir wollen in diesem Heft zeigen, welche Rolle das Projektmanagement zur Bewältigung von tiefgreifenden Veränderungen spielen kann. Der politische Wille scheint vorhanden zu sein. Das Handwerkszeug kennen wir im Projektmanagement schon lange. Lassen wir uns also nicht aufhalten. Tragen wir unseren Teil zu den notwendigen Transformationen bei! Ihr Steffen Scheurer [1] Quelle: Forschungszentrum für Umweltpolitik (FFU) der FU Berlin: https: / / www.polsoz.fu-berlin.de/ polwiss/ forschung/ systeme/ ffu/ forschung/ steuerung/ gesellschaftliche_transf/ index.html, abgerufen am 15.10.2021 EDITORIAL Die Digitalisierung von Planungs- und Entscheidungsprozessen lässt Unternehmen flexibler auf Marktveränderungen oder Krisen, wie wir sie derzeit erleben, reagieren. Der Einsatz agiler Tools im Projektmanagement beschleunigt Prozesse und erleichtert die Kommunikation in verteilt arbeitenden Projektteams. Ideal in der heutigen VUCA-Welt ist der hybride Projektmanagementansatz, der je nach Projektart den Einsatz klassischer oder agiler PM-Methoden ermöglicht. Das ist die Flexibilität, die Ihre Projekte heute brauchen. Der PLANTA-Hybrid bietet dies in einem integrierten System: klassische Projektplanung und agile Teamarbeit. Mit PLANTA project hat das Management Budget, Ressourcenauslastung und Projektfortschritt im Blick und das webbasierte Planungs-Tool PLANTA pulse erleichtert die Kommunikation und agile Aufgabenverwaltung in den Projektteams. Beide Seiten profitieren von aktuellen Projektinformationen und schnellen Entscheidungsprozessen. Meistern Sie die gängigen Projekthindernisse und laufen dem Wettbewerb davon. Nutzen Sie unsere PM-Expertise - seit 40 Jahren werden Projekte erfolgreich mit PLANTA-Software geplant und gesteuert. Projektmanagement 4.0: PM-Methoden nach Bedarf Schritt halten mit dem digitalen Wandel Lernen Sie uns kennen: www.planta.de Editorial | Vorstelllung der Themen 4 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0084 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL-- Themen 2022 Liebe Leserinnen, liebe Leser, im Jahr 2022 stellen wir die Hefte der PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL jeweils unter ein Oberthema. Wir werden, wie Sie dies schon aus den zurückliegenden Jahren kennen, verschiedene Facetten und Aspekte der jeweiligen Schwerpunktthemas beleuchten. Mit diesen Themen wollen wir die Menschen erreichen, die sich heute mit Projektmanagement befassen: Praktiker und Wissenschaftler, Studierende und Wissenschaftler, Berater und Trainer, Auftraggeber und Stakeholder. Wir laden Sie ein, sich mit Ideen und Fachbeiträgen an unseren geplanten Schwerpunkten zu beteiligen. Als Themenschwerpunkte für 2022 sind geplant: Projektmanagement für die Gesellschaft Projekte werden in allen Bereichen der Gesellschaft wirksam, zum Beispiel Projekte mit sozialen Zielen, Projekte zur Transformation unserer Energieversorgung, zur Entwicklung neuer Formen von Mobilität, zur Veränderung städtischer Architektur, zur Modernisierung der Infrastruktur oder zur Forschung. Welche Projekte tragen dazu bei, die Gesellschaft zu verändern? Resilienz in Projekten und durch Projektmanagement In diesem Heft geht es um Resilienz für Projekte sowie um Resilienz durch Projekte. Zum einen: In modernen Arbeitsformen spielen selbstorganisierte Projektteams eine zunehmende Rolle. Wie können neue Arbeitsformen zu mehr Resilienz in Projekten beitragen? Wie können Mitarbeiter in Projekten vor Überlastung geschützt werden? Zum anderen: Wie können sich ganze Unternehmen durch verstärkten Einsatz von Projektmanagement resilienter positionieren? Wie tragen Projekte dazu bei, dass Organisationen bis hin zu Gesellschaften resilienter werden? Wie leben wir in der Zukunft und was können Projekte dazu beitragen? Der Klimawandel zwingt heute Menschen dazu, ihre künftige Lebensweise zu überdenken. Was verändert sich in Zukunft-- und wie können Projekte zu diesen Veränderungen beitragen? Was können Projekte für die Zukunft leisten- - und welche Rahmenbedingungen brauchen sie? In diesem Heft wollen wir uns beispielsweise mit der Stadt der Zukunft befassen, mit dem Verkehr und der Energieversorgung sowie mit der Zukunft wichtiger Branchen, etwa der Luft- und Raumfahrt, der IT-Branche oder der Gesundheitsbranche. Unsere Frage: Welche Projekte zeigen exemplarisch, wie wir unsere Zukunft gestalten und unsere Gesellschaft zukunftsfähig machen? Projekte und Projektauftraggeber Projektauftraggeber sind erfolgskritisch für Projekte. Trotzdem wird die Rolle des Projektauftraggebers oftmals unterschätzt. Wir werden die Rolle des Projektauftraggebers beleuchten. Wer kann Projektauftraggeber sein? Welche Aufgaben nehmen Projektauftraggeber wahr? Wie sind die Projektauftraggeber in das Projektmanagement-Governance eingeordnet? Wie verändert sich die Rolle des Projektauftraggebers bei zunehmender Agilisierung von Projekten und Unternehmen? Das Projektmanagement der Zukunft Das Projektmanagement ist in Bewegung. Welche Entwicklungen werden das Projektmanagement künftig verändern? Welchen Einfluss hat die zunehmende Digitalisierung und die Nutzung künstlicher Intelligenz auf das Projektmanagement? Wie werden sich die neuen Arbeitsformen und die verstärkte Kollaboration zwischen Menschen auf die Projektarbeit auswirken? Durch welche Tools und Methoden kann das agile Projektmanagement in der Zukunft noch besser unterstützt werden? Und wie entwickelt sich das Projektmanagement nach dem Trend zur Agilisierung weiter? Darüber hinaus planen wir weiterhin über besonders spannende oder hervorstehende Projekte zu berichten. Uns interessieren die Menschen hinter diesen Projekten und deren Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen. Welche Menschen und Projekte kommen aus Ihrer Sicht in Frage? Teilen Sie uns Ihre Ideen, Denkstöße, Vorschläge und Angebote mit. Schreiben Sie uns-- gerne auch zu Ihren konkreten Plänen für Artikelmanuskripte unter: artikel@pmaktuell.de Wir freuen uns auf Ihre Anregungen und Beiträge- - und werden Ihnen auch 2022 wieder ein spannendes Themenportfolio in der Zeitschrift PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL bieten. Übrigens: Inzwischen gibt es auch eine Kooperation zwischen der GPM und dem UVK-Verlag zur Herausgabe von Büchern zum Thema „Projektmanagement“. Angedacht sind verschiedene Reihen, wie Projektmanagement neu Denken, Projektmanagement Wissen, Projektmanagement Science-… Die Reihen wenden sich an Praktiker und Wissenschaftler. In den Bänden werden insbesondere neue Fachthemen und neue Herangehensweisen behandelt. Dabei steht der konkrete Nutzen für die praktische Anwendung im Vordergrund. Wenn Sie Ideen für Publikationen haben, wenden Sie sich gerne mit einem kurzen Exposé oder mit einer Mail an die Mailadresse: buch@pmaktuell.de Ihr Steffen Scheurer Editorial | Vorstelllung der Themen 5 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0084 6 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0085 Agile Transformation: Kleine und mittlere Unternehmen „ticken“ anders Mit Leitplanken und Formalisierung gelingt die Agilität bei KMUs Oliver Steeger Agile Transformation bedeutet für Großunternehmen: Hierarchien abbauen, sich selbstorganisierende Teams einsetzen, Freiräume für Mitarbeiter schaffen. Für kleine und mittlere Unternehmen-- die KMUs-- gilt indes anderes. Viele sind bereits extrem flexibel. Statt sich „locker“ zu machen, brauchen sie eher Leitplanken und eine Formalisierung, um agiles Arbeiten in die richtigen Bahnen zu bringen. Judith Armbruster, Agile Coachin und Projektmanagerin, hat die agile Transformation in KMUs wissenschaftlich untersucht- - und in ihrer als herausragend bewerteten Masterthesis erstaunliche Ergebnisse zutage gefördert. Vor allem: Sie liefert hilfreiches Handwerkszeug für die konkrete Arbeit. „Zur Agilität in KMUs ist bislang wenig geforscht worden“, sagt Judith Armbruster. Eigentlich erstaunlich in einem vom Mittelstand geprägten Land. Frau Armbruster, kleine und mittlere Unternehmen-- sogenannte KMUs- - gelten häufig als von sich aus agil. Die Mitarbeiter verstehen sich als Familie. Jeder ist mit jedem vernetzt, es gibt kaum Hierarchien- - und Freiheiten genießen die Mitarbeiter meistens auch. Viele dieser Unternehmen betrachten sich bereits als flexibel in ihren Strukturen. Warum brauchen solche KMUs dann noch eine agile Transformation? Judith Armbruster: Agilität bedeutet mehr als nur eine Flexibilisierung der Strukturen. Deshalb gibt es einige Gründe, weshalb KMUs über eine bewusste agile Transformation nachdenken sollten. KMUs können Gefahr laufen, ihre Flexibilität mit richtiger Agilität zu verwechseln. Großunternehmen setzen häufig bei dieser Flexibilität an: Abbau von Hierarchieebenen, Einsetzen von sich selbstorganisierenden Teams und Eigenverantwortung für Mitarbeiter. Richtig! Das sind auch alles wichtige Maßnahmen. Große Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern zunächst überhaupt einmal Freiräume schaffen, bevor agil gearbeitet werden kann. Aber? Bei KMUs ist dies eher andersherum. Sie reagieren schnell auf Veränderungen und Wünsche ihrer Kunden. Das ist einer ihrer Wettbewerbsvorteile. Agile Elemente sind den KMUs deshalb völlig selbstverständlich. Ich nenne dies die immanente Agilität in KMUs. Die Schwierigkeit ist: Vielen KMUS fehlt Wissen über Agilität, also Kenntnisse dazu, wie agile Unternehmen funktionieren. Deshalb wird die immanente Agilität in der Regel wenig gemanagt. Sie wird nicht einmal erkannt. Das heißt, die agile Transformation macht ihnen die immanente Agilität erst einmal bewusst? Ein Schaffen des Bewusstseins für das eigene Handeln als Unternehmen- - das ist ein wichtiger Schritt bei der agilen Transformation. Denn Agilität braucht neben Freiheit und Flexibilität auch formale Regelungen. Formale Regeln-- wie darf ich dies verstehen? Eine Art einhegende Disziplin, in der freies, flexibles Arbeiten stattfindet? So ist es! Das heißt aus meiner Sicht: KMUs stehen eher vor der Herausforderung, ihre immanent agilen Abläufe zu formalisieren. Sie müssen bewusst einen Rahmen schaffen, bevor dort im eigentlichen Sinne agil gearbeitet werden kann. Beim agilen Arbeiten geht es ja nicht darum, dass jeder macht, was er will. Man muss zum Wohle der Kunden und des Unternehmens das Richtige tun. Dafür braucht man eine Vision sowie ein Set von Methoden und Vorgehensweisen, um Reportage | Mit Leitplanken und Formalisierung gelingt die Agilität bei KMUs 7 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0085 dieses angestrebte Ziel in die Realität umsetzen zu können. Anders gesagt, agiles Arbeiten braucht eine Richtung und das passende Handwerkszeug. Sie haben kürzlich Ihre Masterthesis abgeschlossen. In dieser Arbeit haben Sie sich intensiv mit der agilen Transformation in kleinen und mittleren Unternehmen befasst. Sie haben Bestandsaufnahme gemacht, Erfolgsfaktoren ermittelt und Arbeitshilfen entwickelt. Was ist das Kernergebnis Ihrer Arbeit? Vor einem Jahr bin ich von einem Großunternehmen in ein kleines gewechselt, das knapp dreißig Mitarbeiter hat. Ich kenne also beide Seiten. Die Eigenheiten von KMUs herauszuarbeiten, war für mich sehr spannend. Ein wesentliches Ergebnis meiner Arbeit ist: Für die agile Transformation haben KMUs eigene Rahmenbedingungen. Sie müssen ihren eigenen Weg gehen. Darüber hinaus haben wir es mit einer großen Vielfalt zu tun. Es gibt keine Blaupause, kein festes Muster, das man für die Transformation heranziehen könnte. Und doch-- bei einer agilen Transformation werden immer die gleichen, zentralen Themen bearbeitet. Wie diese Themen individuell ausgestaltet sind, das variiert stark, wie gesagt. Das war für mich das eigentlich Überraschende. Hat es sie auch überrascht, wie wenig bisher zum Thema Agilität und agiles Projektmanagement in KMUs bisher geforscht worden ist? Absolut. Es existieren nur wenige generelle Studien: etwa zur Frage, welche agilen Methoden KMUs bereits kennen oder wie sie generell dem Thema Agilität gegenüberstehen. Hinter vielen dieser Studien stehen nur kleine Stichproben, und bei manchen ist auch nicht ganz klar, welche Art von Unternehmen genau untersucht wurden. Aus meiner Sicht ist das Thema Agilität in KMUs ein weiterhin spannendes und dankbares Forschungsfeld. Sie sagten vorhin, dass es für den individuellen Transformationsprozess keine Blaupause gibt. Jedes KMU muss seinen eigenen Weg finden und gehen. Was liefert Ihre Masterthesis an praktischen Handreichungen für diesen Weg? Die Thesis ist darauf ausgelegt, Impulse zu geben. Damit möchte ich KMUs helfen, das Augenmerk auf die richtigen Themen zu lenken. Ein Unternehmen ist ein komplexes Gebilde, in dessen Mittelpunkt vor allem die Mitarbeitenden stehen sollten. Es gibt also viele Komponenten, die Einfluss darauf haben, wie sich die agile Transformation konkret entwickelt und gestaltet werden kann. Was bedeutet dies für die Praxis? Es ist aus meiner Sicht sinnvoll, aus systemischer Sicht bei diesem Prozess auf bestimmte allgemeine Punkte zu achten, die Einfluss auf die Transformation haben. Die Thesis zeigt diese Themen. KMUs können diese Punkte für sich betrachten und Schlüsse daraus ziehen. Neben einem Modell, das diese Themen visualisiert, umfasst meine Thesis auch fünf Canvases. …-also eine Art Set von Tafeln, die KMUs bei der Umsetzung der agilen Transformation verwenden können. Gewissermaßen Plakate zu zentralen Themen. Es soll nicht bei diesen fünf Canvases bleiben, sondern dieses Set soll in Zukunft weiter ergänzt werden. Doch mit dem, was bereits da ist, können KMUs schon jetzt arbeiten und reflektieren: Was bedeutet dieses Thema für das Unternehmen? Wo steht man zu diesem Thema derzeit? Was bedeutet es für den einzelnen Mitarbeiter, wie steht er persönlich dazu? Das klingt alles sehr einladend-… Ich habe tatsächlich versucht, eine einladende Herangehensweise für KMUs zu entwickeln. Zu den Themen der Canvases kann jeder Mitarbeiter etwas beitragen. Damit kann man auch stillere Mitarbeiter aktivieren sowie Menschen verschiedener Hierarchiestufen und Fachrichtungen zusammenbringen. In vielen KMUs findet man zentrale Unternehmerpersönlichkeiten. Also Menschen, die beispielsweise das Unternehmen gegründet haben und ihre Vision verfolgen. Sie haben häufig eine starke Position im Unternehmen. Wie gehen Sie mit ihnen um? Solche Persönlichkeiten sind in den Strukturen sehr präsent und prägend für die Unternehmen-- ein zentraler Aspekt, der durch die agile Transformation ausbalanciert werden muss. Das heißt am Ende auch, dass der Unternehmer ein Stück weit loslassen muss. Dieses Loslassen kann eine der größten Herausforderungen bei der agilen Transformation in kleinen und mittleren Unternehmen werden. Man gerät schnell in ein agiles Dilemma, wenn diese Persönlichkeiten versuchen, ihrem Unternehmen agile Arbeitsweisen überzustülpen. Dann ist die Organisation quasi unflexibel flexibel? Ja. Das ist schlichtweg keine gelebte Agilität. Das funktioniert nicht. Außerdem wird dadurch nur selten eine passende Struktur gefunden. Schließlich wird eine wichtige Perspektive, die Sichtweise der Mitarbeitenden, gänzlich ignoriert. Vorhin haben Sie angedeutet, dass Sie Agilität in einem Großunternehmen kennengelernt haben. Was hat Sie dazu geführt, sich in ihrer Masterthesis ausgerechnet auf KMUs zu fokussieren? Die Idee ist mir bei meinem berufsbegleitenden Masterstudium gekommen. An einem Samstag haben wir uns in einer Lehrveranstaltung intensiv mit agiler Transformation beschäftigt. Ein Dozent hat über seine Arbeit in einem Konzern berichtet. Die Veranstaltung war sehr gut. Die Diskussionen haben zu Einsichten geführt. Aber nach der Veranstaltung habe ich erkannt: So gut die Vorlesung war, so wenig konnte ich davon für meine Arbeit mitnehmen. Denn ich war knapp einen Monat zuvor in das kleine Unternehmen gewechselt. Dieser Gedanke, dass ich mit den guten Inhalten nichts anfangen konnte, hat mich nicht wieder losgelassen. Das heißt, die Kernidee für Ihre Masterthesis ist direkt nach der Veranstaltung entstanden? Ja, beim Joggen im Wald. Im Wald-- wirklich? Ja. Ich habe mich beim Laufen erstmals gefragt, was an KMUs anders ist und welchen besonderen Bedingungen sie unterliegen. Agilität ist ja mehr als eine Herangehensweise. In ihr drückt sich ein Mindset aus, eine Haltung von Offenheit und Neugier gegenüber der Welt. Reportage | Mit Leitplanken und Formalisierung gelingt die Agilität bei KMUs 8 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0085 Wie sind Sie das erste Mal mit Agilität in Berührung gekommen? Mein Weg mit und zur Agilität war ein Entwicklungsprozess. Die Vorteile agiler Arbeitsmethoden wurden mir bewusst, als ich in einem agilen Softwareprojekt mitgearbeitet habe. Wir haben damals im Team eine Software entwickelt. Ich habe über zwei Jahre erlebt, wie sie iterativ Stück für Stück gewachsen ist. Alle paar Wochen war die Software ein Stück weiter und um neue Funktionen ergänzt. Das hat mich-- zusammen mit dem großartigen Teamspirit- - begeistert. In einem nachfolgenden Projekt hatte ich erstmals eine führende Rolle. Ich war Product Ownerin und hatte eine hervorragende Scrum Masterin an meiner Seite. In diesem Projekt habe ich erstmals erlebt, wie man aus den verschiedenen agilen Rollen heraus das Team positiv beeinflussen kann. Was ist der Kern, der Sie an Agilität reizt? Agilität lebt vom vernetzen Denken. Man denkt viel darüber nach, wie man Erkenntnisse übertragen und zusammenbringen kann. Wenn etwas in einem anderen Projekt funktioniert-- funktioniert dies auch in dem eigenen? Dafür muss man Dinge ausprobieren und kleine Experimente starten. Man hinterfragt immer wieder Bestehendes, und kann darauf aufbauend ein Ergebnis gestalten. Das alles macht viel Spaß, besonders im Team. Letztlich bringt mich das auch persönlich weiter. Stetige Weiterentwicklung ist für mich ein zentraler Aspekt von Agilität. Verändert Agilität die Haltung der Beteiligten? Das wäre wünschenswert. Es braucht eine Veränderung in der Haltung der Beteiligten. Aber diese Veränderung kann nur jeder einzelne selbst für sich bewirken. Was kann man tun, um diese Veränderung zu begünstigen? Man kann den Mehrwert der Agilität verdeutlichen- - oder noch besser, Mitarbeiter den Mehrwert erleben lassen. Das ist eine Aufgabe des Agilen Coachs. Nehmen wir ein typisches, vielzitiertes Beispiel-- die Fehlerkultur in agilen Projekten. Niemand will Fehler machen, keiner ist perfekt. Dennoch kommt es zu Fehlern. Die Frage ist, wie man damit umgeht. Für das Ergebnis im Projekt ist es am besten, wenn Fehler möglichst früh angesprochen werden und nur einmal gemacht werden. Das grenzt mögliche Schäden ein. Also ein konstruktiver Umgang mit Fehlern statt Schuldige zu suchen-… …-für den man aber eine bestimmte Kultur im Unternehmen braucht und einen sicheren Raum. Das Team muss Fehler offen benennen, zusammen Abhilfe schaffen und aus dem Fehler für die Zukunft lernen. Davon profitieren alle: das Team und der Kunde. Die Suche nach dem Schuldigen gibt vielleicht Einzelnen eine weiße Weste, bringt sonst aber niemanden weiter. Man lernt nichts daraus. Es trägt kaum etwas zur Korrektur der Fehler bei. Im Gegenteil: Die Suche führt eher dazu, dass man versucht, Fehler zu vertuschen und dass Mitarbeitende gegeneinander statt miteinander arbeiten. Sie haben Agilität sowohl in einem Großunternehmen und als auch in einem kleinen Unternehmen erlebt. Sprechen wir bitte über den Nutzen der Agilität. Ziehen KMUs einen anderen Nutzen aus agiler Arbeitsweise als Großunternehmen? Nein, ich denke nicht. Der Mehrwert als solcher unterscheidet sich kaum. In beiden Fällen geht es darum, dass sich Unternehmen für die Zukunft aufstellen. Sie konzentrieren sich darauf, Kunden einen Mehrwert zu liefern-- also darauf, was der Kunde exakt braucht und genau dafür ein Produkt, Service oder Lösung zu bieten. Da ist kein Unterschied zwischen Großunternehmen und KMUs. Gleiches gilt für die Mitarbeitenden. Sie arbeiten gerne in agilen Unternehmen. Auch da machen KMUs und Großunternehmen keinen Unterschied. Interessanter Punkt! Agile Arbeitsweise kommt Mitarbeitern entgegen, sagen Sie. Als Agilität vor einigen Jahren aufgekommen ist, stand die Wettbewerbsfähigkeit in dynamischen, disruptiven Märkten weit vorne. Unternehmen wollten in der VUCA-World, von der alle sprachen, besser bestehen. Erst später hat man erkannt: Die agile Arbeitsweise bindet ja auch Mitarbeiter. Das ist ein guter Vorteil im Wettbewerb um Talente. Inwieweit spielt die Überlegung, Belangen der Mitarbeiter entgegenzukommen, in KMUs eine Rolle? Agilität bedeutet ja nicht nur Flexibilität, sondern auch Sensitivität-- und zwar nicht nur in Richtung Markt, sondern auch nach innen hinein in die Organisation. Vor der Herausforderung, ein attraktiver Arbeitseber zu sein stehen KMUs und Großunternehmen gleichermaßen. Inwiefern Sensitivität? Sensitivität steht für mich auch für Aufmerksamkeit und Achtsamkeit. Die Fühler ausstrecken für die Bedürfnisse der Beteiligten und für die eigenen Bedürfnisse und diese in Balance zu bringen. Was brauchen Kunden? Was brauchen Mitarbeiter im Team? Was braucht das Unternehmen? Und was brauche ich als Mitarbeiter gerade? Was man selbst gerade braucht- - diese Frage stellen sich viele ältere Mitarbeiter kaum. Ist das bei den Jungen anders? Ich denke, dass junge Mitarbeiter da anders ticken. Sie verinnerlichen die agile Arbeitsweise schnell und erkennen, dass Agilität nicht nur ihrem Unternehmen guttut, sondern auch ihnen. Wir erleben, dass man Hochschulabsolventen oder Werksstudenten mit agiler Arbeitsweise hervorragend abholen kann. Sie blühen regelrecht auf. Das heißt nicht, dass sie weniger arbeiten. Ganz im Gegenteil, sie arbeiten mehr als andere. Wir müssen sie manchmal bremsen. Was genau begeistert junge Mitarbeiter an der agilen Arbeitsweise? Ich habe häufig gerade von Werkstudenten gehört, dass sie sich in der agilen Welt wirklich ernst genommen fühlen, sich persönlich einbringen können und Ergebnisse ihrer Arbeit sehen, die wertgeschätzt werden. Ihre Interessen und Bedürfnisse haben Gewicht. Die Interessen aller Beteiligter-- Unternehmen, Mitarbeitenden, Kunden-- werden ausbalanciert. Reportage | Mit Leitplanken und Formalisierung gelingt die Agilität bei KMUs 9 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0085 project process change agile www.nextlevelconsulting.com Experten für Ihren Erfolg. Wir unterstützen Sie dabei, Projekte durchzuführen, Prozesse zu verbessern und Veränderungen so zu steuern, dass Ihr Unternehmen den größtmöglichen Nutzen daraus ziehen kann. Unser erfahrenes Team von internationalen Expert*innen steht für Sie bereit mit branchenspezifischem Know-how. Energie für Ihre Ziele. Kundenzufriedenheit ist der Maßstab für unseren Erfolg. 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Irrtümer, Satz- und Druckfehler vorbehalten. online D50 D11 online Reportage | Mit Leitplanken und Formalisierung gelingt die Agilität bei KMUs 10 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0085 Wie sieht dieses Ausbalancieren konkret aus? Hat beispielsweise ein Unternehmen viele Projekte, ist also viel los- - dann setzen sich Mitarbeiter ein. Aber genauso muss das Unternehmen ihnen in ruhigen Phasen die Möglichkeit geben, sich zurückzulehnen und etwa geleistete Überstunden abzubauen. Die Mitarbeitenden merken, dass es in Ordnung ist, sich in ruhigen Phasen zurückzunehmen. Mitarbeiter können dann Kraft tanken für lebhaftere Zeiten des Geschäfts. Dadurch entsteht ein gesundes Unternehmen. Das bedeutet auch Abschied zu nehmen von der Maxime, dass es im Unternehmen ständig aufwärts mit dem Geschäft geht- - höher, weiter und schneller. Wird dies auch von älteren Mitarbeitern verstanden? Sie tun sich manchmal schwer damit. Sie haben über Jahrzehnte eine andere Arbeitsweise praktiziert und sich daran gewöhnt. Es fällt ihnen schwer, sich zu verändern. Sie betrachten Angebote, anders zu arbeiten und an die eigenen Bedürfnisse zu denken, häufig sogar als zusätzliche Aufgabe und Belastung-- statt als Angebot. Zum Beispiel? In unserem Unternehmen haben wir die sogenannte „Qualitätszeit“ eingeführt. Jeder kann sich eine Stunde pro Woche nehmen für seine persönliche Entwicklung. Er kann beispielsweise seine Softskills erweitern, einen Fachartikel lesen oder in eine neue Programmiersprache reinschauen. Es gibt also Leitplanken. Doch niemand muss Rechenschaft ablegen, wie er diese Qualitätszeit für sich verwendet. Mit der Qualitätszeit haben wir auch ein Signal gegeben: Es ist völlig okay, wenn Mitarbeiter mal nicht unmittelbar für ihr Projekt arbeiten. Persönliche Weiterentwicklung ist erwünscht. Das ist am Ende positiv, auch für das Projekt. Wie haben ältere Mitarbeiter auf das Angebot von Qualitätszeit reagiert? Anders als erwartet. Sie haben beispielsweise gefragt, ob sie die Qualitätszeit wirklich nehmen müssen. Ob sie danach Überstunden machen sollen, um die Zeit auszugleichen. Sie haben argumentiert, dass sie dann länger im Büro bleiben müssen, um ihre Projektarbeit zu schaffen. Genau das wollten wir jedoch nicht. Wie kann man damit umgehen? Dialog ist wichtig. Das heißt, einen gemeinsamen Dialog mit verschiedenen Perspektiven zu fördern. Es handelt sich um ein ständiges Austarieren und Ausbalancieren von Bedürfnissen-- denen des Unternehmens, des Kunden, des Teams und der eigenen. Wie darf ich mir dieses Ausbalancieren vorstellen? Angenommen, ein zweiwöchiger Sprint umfasst Programmierung und Design von neuen Software-Elementen. Um die Funktion in der Programmierung umsetzen zu können, muss zunächst das Design erstellt werden. Designer und Entwickler müssen sich einigen, wer was wann in den zwei Wochen liefert. Vielleicht braucht der Entwickler das Design früher, weil er Urlaub plant; der Designer hat wiederum noch Abhängigkeiten mit anderen Aufgaben im Sprint. Dann wird das Team eine kreative Lösung finden, die zu den Erwartungen und Bedürfnissen passt. Mit dem agilen Dialog ist die Planbarkeit in dem komplexen Projektumfeld wiederhergestellt. Nochmals zur agilen Transformation. Wo liegen die Herausforderungen für Mitarbeiter bei solch einer Transformation? Es geht darum „dranzubleiben“. Es darf nie der Eindruck entstehen, dass der agile Wandel ein spontaner Hype ist, weder für den Einzelnen noch für das Unternehmen. Die Mitarbeitenden müssen erkennen, dass es ihrem Unternehmen wirklich ernst mit dem Wandel ist. Inwiefern ernst? In manchen Unternehmen wird die Transformation gestartet. Alle legen sich ins Zeug- - doch das Neue wird nicht gelebt. Die alten Routinen kehren zurück. Die Befürchtung, dass am Ende doch alles vergebens ist, kann Mitarbeitende frustrieren. Das Unternehmen muss also Entschlossenheit und Verlässlichkeit bei der Veränderung beweisen, nicht nur einmal, sondern laufend. Das ist entscheidend. Wie kann ein Unternehmen diese Verlässlichkeit in der Praxis beweisen? Für die agile Transformation gibt es Werkzeuge, die man gezielt einsetzen kann, um schnell zu ersten spürbaren Erfolgen zu kommen. Diese Werkzeuge sollte man nutzen. Sehen Mitarbeiter, dass sich durch die agile Transformation etwas zum Besseren wendet, dass Fortschritte erzielt werden, dass sich die Situation auch für sie persönlich verbessert- - dann sind sie offen den Wandel auch selbst zu unterstützen. Also schnell Mehrwert für die Organisation schaffen? Vor allem auch für die einzelnen Mitarbeiter. Sie sollten spüren, dass sich für sie persönlich etwas bewegt. So bekommen sie Lust auf agiles Arbeiten. Sie wirken dauerhaft an der Transformation mit. Fehlt es dagegen an solchen frühen, positiven Ergebnissen, dann machen die Leute dicht. Sie sagen: Es bringt nichts, Agilität ist ein nutzloser Ansatz. Ist die agile Transformation versandet, wird es für einen erneuten Anlauf umso schwieriger. In Ihrer Masterthesis beschreiben Sie die Bedeutung zum einen von Kommunikation, zum anderen von Experimenten. Sprechen wir bitte zunächst über Experimente. Wie setzen Sie Experimente bei der agilen Transformation in KMUs ein? Durch Experimente kann man Hypothesen überprüfen. Wir beobachten in Unternehmen ja häufig nur die Symptome. Hypothesen helfen, zu den Ursachen für die Symptome vorzustoßen. Ein Beispiel dafür: In unserem Unternehmen haben wir beobachtet, dass unsere Projektteams mitunter isoliert voneinander gearbeitet haben. Unser Geschäftsführer ist gewissermaßen zwischen den Teams gependelt. Er hat im Rahmen des ihm Möglichen für den Informationsfluss gesorgt. Weshalb haben die Teams so isoliert gearbeitet? Eine Hypothese war: Unsere Mitarbeiter haben keine Gelegenheit, bei der sie sich projekt- und teamübergreifend austauschen können. Wir haben auf Basis dieser Hypothese ein Experiment gestartet und quasi Räume für den Austausch geschaffen. Wir haben Communities of Practice gegründet. In diesen Gruppen können Mitarbeiter, die sich für ein bestimmtes Thema interessieren, zusammenkommen und an diesen Themen arbeiten. Reportage | Mit Leitplanken und Formalisierung gelingt die Agilität bei KMUs 11 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0085 Ist das Experiment gelungen? Ja und nein. Die Communities of Practice sind gut angenommen worden. Die ursprünglichen Gruppen haben sich nach kurzer Zeit neu gemischt und eine hat sich wieder aufgelöst. Gemeinsam haben wir gemerkt: Die Themen, über die die Gruppen diskutiert hatten, waren doch nicht passend. Oder sie boten zu wenig Möglichkeiten zum Austausch und gemeinsamen Arbeiten. Daraus haben wir gelernt und neue Ideen haben sich entwickelt. Neben Experimenten nennen Sie die Kommunikation als wesentlichen Erfolgsfaktor für die agile Transformation. Wie darf ich dies genau verstehen? Kommunikation hat zwei Aspekte. Erstens, es geht um Informationsaustausch und Transparenz. Digitale Werkzeuge helfen dabei sehr gut, Informationen auszutauschen und Transparenz zu schaffen, also Informationen so zu verbreiten und verfügbar zu machen, dass sich jeder in den agilen Prozess einbringen kann. In digitalen Plattformen für den Informationsaustausch sehe ich eine große Chance. Zweitens, Kommunikation hat eine weitere Bedeutung-- im Sinne von Reflexion, Feedback und Retrospektiven. Es geht darum, dass man die Arbeitsweise im eigenen Team und auch im Unternehmen reflektiert. Also immer wieder hinterfragt, ob die eigenen Prozesse noch immer passen zur Aufgabe, zum Unternehmen, zum Kunden-- und zu einem selbst. Retrospektiven sind Teil des agilen Prozesses-… …-ja, aber man muss dranbleiben. Man muss ehrlich kommunizieren, man darf Bedenken nicht verschweigen, auch wenn diese vielleicht im Augenblick unbequem sind. Kürzlich hatten wir in meinem Unternehmen ein Meeting, bei dem sich ein Kollege unzufrieden mit einer Prozessänderung gezeigt hat. Es war nur eine kritische Stimme im Team. Dennoch sind wir zusammen nochmals in die Diskussion gegangen. Dahinter steht auch das Signal: Es ist in Ordnung, wenn etwas noch nicht passt. Lass uns darüber sprechen. Dieser Weg der Veränderung ist unbequem, mühsam. Er erfordert Geduld und einen langen Atem. Neben der Kommunikation heben Sie die Bedeutung von Sprache selbst hervor. Sie setzen sich dafür ein, bei der Transformation bewusst mit Sprache umzugehen. Wie darf ich dies genau verstehen? Bewusst eingesetzte Sprache spielt aus meiner Sicht eine große Rolle für den Erfolg der Transformation. Einerseits kann man durch die Worte, die man wählt, ausdrücken: Es handelt sich bei der Transformation um etwas wirklich Neues, um einen Aufbruch. Damit hebt man sich bewusst ab von der alten Welt und unterstreicht Unterschiede. Andererseits drückt Sprache generell die Haltung aus, die ein Mensch hat. Eine Haltung-- inwiefern? Wer Begriffe wie Schuld oder Fehler häufig verwendet, der sucht auch häufig Schuldige bei Fehlern. Verwendet man solche Begriffe selten, sagt dies etwas über die persönliche Einstellung aus, etwa zur Fehlerkultur. Wie kann Sprache den Aufbruch signalisieren, wie Sie es eben genannt haben? Ein Beispiel ist unser Begriff „Qualitätszeit“. Wir haben lange nach einem guten Namen dafür gesucht. Es gab verschiedene Vorschläge. Am Ende haben wir uns für den Begriff „Qualitätszeit“ entschieden. Er drückt zum einen aus, dass es um Qualität für den Mitarbeiter geht. Zum anderen zeigt er, dass durch sinnvoll genutzte Qualitätszeit wiederum Qualität für den Kunden geschaffen werden kann. Wir wollen ja, dass der Mitarbeiter zugleich an sich als auch an sein Projekt denkt, wenn er sich diese Stunde nimmt. Sprache schafft bekanntlich auch Missverständnisse-… Das stimmt. Jeder einzelne verbindet mit Wörtern verschiedene Nuancen. Jeder hat andere Erfahrungen und einen persönlichen Hintergrund, der die Interpretation eines Begriffs prägt. Also muss man sich bei zentralen Begriffen austauschen: Was versteht der eine unter einem Wort? Was versteht der andere? Unternehmen, die eine agile Transformation starten, betreten meistens Neuland. Sie brauchen einen Klärungsprozess, einen Dialog über die neuen Begriffe. Lassen Sie uns bitte zum Abschluss einen Ausdruck klären, den ich in Ihrer Masterthesis gefunden habe. Sie beschreiben die agile Transformation als einen dynamischen und dauerhaften Prozess. In diesem Zusammenhang sprechen Sie von der „agilen Blüte“. Was ist mit dem Begriff agile Blüte gemeint? Die agile Transformation in KMUs ist nach meiner Auffassung nie richtig zu Ende. Es handelt sich um einen ständigen, evolutionären Kreislauf. Deshalb wird in diesem Zusammenhang der Kreis häufig als ein Symbol verwendet. Er steht für Iteration. Aber offen gesagt, dieses Symbol hat mich nicht befriedigt und meine Gedanken nicht richtig ausgedrückt. Der Kreis ist zu glatt, zu perfekt? Genau! Da bin ich auf die Blütenform gekommen. Sie ist nicht kreisrund oder perfekt. Aber dennoch ist die Blütenform sehr natürlich; eine Blüte ist ja nach außen hin offen. Sie kann sich entfalten und entwickeln. Sie ist schön, steht für Veränderung und spricht Menschen an. Für mich passt deshalb das Bild der Blüte gut zur agilen Transformation. Eingangsabbildung: © iStock.com / Mlenny Judith Armbruster Judith Armbruster, Agile Coachin & Projektmanagerin, gestaltet gerne. Nach ihrem Studium im Bereich Design sowie der Arbeit als UI / UX Designerin und Product Ownerin bei Robert Bosch Power Tools liegt ihr Fokus inzwischen auf der Gestaltung von Projekten sowie der Entwicklung von Teams und Organisationen. Gefestigt hat sie ihr Wissen im Rahmen des berufsbegleitenden Studiengangs „agiles Projekt- und Transformationsmanagement“ an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen sowie parallel dazu in ihrer Arbeit bei iT Engineering Software Innovations in Pliezhausen, Landkreis Reutlingen. Foto: Peter Löbel 12 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0086 Ein Modell für die agile Organisationsentwicklung kleiner Unternehmen Mit der Agilen Blüte wachsen Judith Armbruster Für eilige Leser | Kleine Unternehmen benötigen eine eigene Herangehensweise an die agile Transformation. Das Modell der „Agilen Blüte“ lädt KMU ein, sich mit dem Thema Agilität auseinanderzusetzen. Das Modell „Agile Blüte“ stellt die besonderen Anforderungen kleiner Unternehmen an die agile Organisationsentwicklung in den Fokus. Damit ist es ein Handwerkszeug, um die agile Transformation der Unternehmen anzustoßen und zu begleiten. Die Agile Blüte stellt dabei drei Wirkungskräfte und sechs Dimensionen heraus, um die Aspekte, die für kleine Unternehmen im Rahmen der agilen Organisationsentwicklung wichtig sind, aufzuzeigen. Mit einem begleitenden Canvas-Set gibt es den Unternehmen zudem ein Werkzeug an die Hand, um ihren Weg hin zu mehr gelebter Agilität zu gehen. Schlagwörter | Modell „Agile Blüte“, KMU, Agile Organisationsentwicklung, Canvas-Set Kontinuierlicher Wandel gilt als stetiger Begleiter, der sich durch alle Bereiche des Lebens und des unternehmerischen Handelns zieht. Sowohl externe als auch interne Treiber stellen Unternehmen vor strategische Herausforderungen. Sie machen es notwendig, Agilität als Fähigkeit im Unternehmen zu verankern. Agilität, als Kompetenz zur reagiblen Anpassung und gleichzeitig als Ausprägung von Sensitivität für Veränderungen, gilt deshalb mehr denn je als Überlebensfaktor statt nur als Wettbewerbsvorteil. Das Umdenken in den Unternehmen hat bereits begonnen und viele haben sich auf den Weg gemacht, um eine agile Organisation zu werden. Jedoch sind es vor allem die mittleren und kleineren Unternehmen (KMU), die am Thema Agilität noch wenig partizipieren. Auf Grund geringer Ressourcen und fehlender eigener Expertise stehen sie in diesen Entwicklungen den großen Unternehmen nach. Da KMU jedoch in der und für die Wirtschaft in Deutschland eine wichtige Bedeutung haben, gilt es, das Thema Agilität für die besonderen Anforderungen von KMU aufzubereiten. Eigenschaften von KMU Im Jahr 2019 gehörten laut Statistischem Bundesamt 2,6 Mio. Unternehmen, somit 99,4 % aller Unternehmen in Deutschland, zur Gruppe der KMU [1]. Damit stellten sie Arbeitsplätze für die Mehrheit der Beschäftigten (56 %) und erwirtschafteten 42 % des Bruttojahresumsatzes. Die Unternehmen lassen sich einerseits basierend auf quantitativen Faktoren wie den Umsatzzahlen sowie der Anzahl der Mitarbeitenden unterscheiden, andererseits sind es gerade die qualitativen Faktoren, die prägend für das Arbeiten in KMU sind. Die Einheit von Eigentum und Leitung ist ein prägendes Merkmal für ein mittelständisches Unternehmen [2]. Dieses zentrale Wirken der Unternehmerpersönlichkeit spiegelt sich im wirtschaftlichen Handeln der Unternehmen unter anderem in folgenden Eigenschaften wider: • Eine langfristige Ausrichtung der Strategie ist geprägt durch die Lebensplanung der Unternehmerpersönlichkeit. Nachhaltige Entwicklungen haben deshalb zumeist Vorrang vor kurzfristiger Gewinnerzielung. • Eine geringe Ressourcenausstattung, vor allem hinsichtlich finanzieller Mittel schränkt das strategische Handeln der Unternehmen ein. Deshalb sind KMU zumeist auf regionale oder Nischenmärkte fokussiert. Darüber hinaus steht vor allem für grundlegende Themen, wie bspw. Digitalisierung, zumeist wenig Budget zur Verfügung und rentables Tagesgeschäft wird vorgezogen. • Flache Strukturen und familiäres Miteinander sind bedingt durch die geringe Beschäftigtenzahl. Die Mitarbeiwww.junfermann.de - Wir liefern versandkostenfrei! ---Neu bei Junfermann Cora Besser-Siegmund et al. Praxisbuch Online-Coaching Verbindung herstellen mit NeuroRessourcen Erfolgreiche Kommunikation zwischen Coach und Coachee funktioniert auch in der digitalen Welt. Die benötigten NeuroRessourcen muss niemand lernen oder trainieren: Augenbewegungen wecken bei jedem Menschen emotionale Ressourcen und Aufmerksamkeit; Bewegung unterstützt erfolgreiches Denken; die Nutzung des Tastsinns ermöglicht ein ganzheitliches, agiles „Berührt-Sein“. Dieses Know-how kann beim Online-Coaching mit bewährten Methoden verknüpft werden: z. B. mit kognitivem Gedankenmanagement, Achtsamkeitsinterventionen, Klopftechniken, Hypnose, NLP und systemischen Ansätzen. 200 Seiten, kart., E-Book inside • € (D) 28,00 • ISBN 978-3-7495-0185-4 • Auch als E-Book erhältlich Dirk W. Eilert Integratives Emotionscoaching mit emTrace Wie emotionale Veränderung wirklich gelingt Emotionen beeinflussen das Selbstbild sowie Entscheidungen und Handlungen. Das gilt auch für die Fähigkeit, sein Wissen und Können punktgenau abzurufen. Eine Lösung liegt hier jedoch nicht auf der Ebene des Denkens, sondern auf der Ebene der Emotionen. Genau dies erreicht ein integratives Emotionscoaching mit emTrace. Als Coach erfahren Sie in diesem Buch u. a., wie Sie mithilfe des Motivkompasses das emotionale Kernthema Ihrer Klient*innen punktgenau erfassen und bearbeiten und Ihren Coaching- Werkzeugkoffer um effektive Interventionen des Emotionscoachings erweitern. 520 Seiten, kart., E-Book inside • € (D) 58,00 • ISBN 978-3-7495-0131-1 • Auch als E-Book erhältlich Annette Marquard Starker Auftritt Das Trainingsprogramm für mehr Selbstbewusstsein im Berufsleben Unser (beruflicher) Alltag ist eine tägliche „Vorstellung“. Der Schritt auf die „Bühne“ fällt uns aber oft schwer und verursacht Stress. Es kommt unsere ängstliche, bedürftige und selbstkritische Persönlichkeit zum Vorschein. Wie schaffen wir es, glaubwürdig und selbstbewusst aufzutreten? Dieses Buch lenkt unsere Gefühle, unsere Denkweise und unsere Handlungen durch gezielte Übungen in konstruktive Bahnen: Es geht um Haltung, Stimmtraining, Lampenfieber ... Das Ergebnis: Meetings, Präsentationen oder Reden werden selbstbewusst gemeistert und die Teamfähigkeit wird geschult. 128 Seiten, kart., E-Book inside • € (D) 24,00 • ISBN 978-3-7495-0192-2 • Auch als E-Book erhältlich Reportage | Mit der Agilen Blüte wachsen 14 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0086 tenden arbeiten zumeist in breiten Aufgabengebieten. Prozesse zur Kontrolle sind eher indirekt und informell vorhanden, da die Arbeiten von der Unternehmerpersönlichkeit leicht zu überblicken sind. Die Mitarbeitenden gelten zumeist eher als erweiterte Familie und das soziale Miteinander wird durch ein starkes Zugehörigkeitsgefühl und lange Bindung zum Unternehmen erwidert. Die Unternehmerpersönlichkeit prägt somit in ihrer Art und Weise alle grundlegenden Elemente der Unternehmen: Struktur, Kultur und Strategie. Ihr Denken und Handeln ist grundlegend für die Organisation als Ganzes und schafft damit für das Unternehmen ein individuelles Marktumfeld. Um die darin liegenden Chancen bestmöglich zu nutzen, lohnt es sich für KMU besonders, sich mit dem Thema Agilität zu beschäftigen. Die Immanente Agilität von KMU Während sich KMU bereits umfassend mit den grundlegenden Themen beschäftigen, die die Veränderungen im Marktumfeld vorantreiben, wie bspw. der Digitalisierung und den Anwendungsmöglichkeiten moderner Technologien sowie auch den sich ändernden ökologischen, ökonomischen und sozialen Anforderungen, wird Agilität noch wenig thematisiert. In der wissenschaftlichen Literatur gibt es nur wenige Studien mit geringer Stichprobe, die sich dem Thema widmen. Darin zeigt sich zwar, dass ein grundlegendes Verständnis von Agilität vorhanden ist und die Notwendigkeit eines agilen Mindsets als Grundlage gesehen wird, die tatsächliche Umsetzung auf operativer Ebene ist jedoch nur selten ganzheitlich geschehen oder methodisch begleitet. Trotzdem kann KMU eine immanente Agilität zugeschrieben werden, wenn Agilität als angewandte Fähigkeit der Unternehmen verstanden wird, sich an sich ändernde Rahmenbedingungen anpassen zu können und gleichzeitig das eigene Marktumfeld aktiv mitzugestalten. KMU handeln bedingt durch die vorgestellten für sie prägenden Eigenschaften bereits nach agilen Prinzipen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Durch ihre geringe Größe und flachen Hierarchien können sie sich per se schneller an neue Rahmenbedingungen anpassen als große Unternehmen. Weiterhin ist das soziale Miteinander ebenfalls eine wichtige Säule eines agilen Unternehmens. Dabei wird im KMU jeder Mitarbeitende mit seinem Können und seinen Fähigkeiten geschätzt, darüber hinaus ist auch die Ausrichtung auf den Kunden und dessen Bedürfnisse bereits ein Kernwert der Unternehmen. Während sich somit in der Kultur bereits gelebte agile Aspekte zeigen, sind es die Strukturen, Prozesse und die Strategie, welchen es an Transparenz und Formalisierung fehlt. Die Vision ist zwar durch die persönlichen Vorstellungen der Unternehmerpersönlichkeit geprägt und die Werte des Unternehmens werden durch sie verkörpert, jedoch sind diese zumeist nicht explizit formuliert. Kommunikation findet situativ und informell statt, wodurch ein Großteil an Informationen in der Unternehmensführung zusammenläuft und sonst wenig verfügbar ist. Eine Tatsache ist jedoch in Unternehmen aller Größen gleich: Agilität ist eng mit den Menschen im Unternehmen verbunden und wächst mit deren Verständnis und Offenheit für Neues. Diese persönliche Einstellung zur Agilität muss zusammen mit tiefergreifendem Wissen um die verschiedenen Aspekte der Agilität im kleinen wie im großen Unternehmen geschaffen werden. Die Vorgehensweise und eingesetzten Werkzeuge gilt es dabei an die individuellen Rahmenbedingungen anzupassen. Besonderheiten der Agilen Organisationsentwicklung Das unternehmerische Handeln eines Unternehmens zu verändern ist ein komplexes Unterfangen, denn in diesen Prozess sind alle zentralen Elemente eines Unternehmens involviert. Gleichzeitig erfordert es ein geändertes Denken und Handeln aller Mitarbeitenden im Unternehmen. Für Personen, die erste Schritte im Thema machen, ist es wichtig, eine verständliche Vorstellung und Verknüpfung der Themen Agilität und Organisationsentwicklung zu schaffen. Dabei gilt es, das Thema Agilität in seiner Gesamtheit mit allen inhaltlichen Aspekten zu kommunizieren sowie methodisch ein Konzept zur agilen Organisationsgestaltung an die Hand zu geben. Auch hierfür ergeben sich Besonderheiten in KMU, im Besonderen in der Zielgruppe der kleinen Unternehmen. Ein Modell ist für diese Unternehmen nur dann anwendbar, wenn es leicht verständlich ist und keine große Einarbeitungszeit bedarf. Denn Personen, die in Zentralfunktionen in KMU arbei- Abbildung 1: Drei Veränderungskräfte wirken im Rahmen der agilen Organisationsentwicklung (Eigene Darstellung) Reportage | Mit der Agilen Blüte wachsen 15 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0086 ten, sind zumeist Allrounder und besitzen keine oder nur eine geringe fachliche Expertise im Thema Agilität. Entsprechend sollten ein Einsatz und erste Schritte im Thema mit nur wenigen Ressourcen möglich sein. Inhaltlich steht die agile Organisationsentwicklung in den kleinen Unternehmen auf drei Säulen: 1. Die Unternehmerpersönlichkeit im Bereich der Reflexion und Kommunikation zu begleiten 2. Die Mitarbeitenden befähigen mitzugestalten 3. Im Unternehmen die passenden inneren Strukturen aufbauen, um Räume zu schaffen, die ein gemeinschaftliches Arbeiten ermöglichen. Das Modell: Die Agile Blüte Einen Ansatz, um diesen Rahmenbedingungen in den kleinen Unternehmen zu begegnen, ist das Modell der „Agilen Blüte“. Dieses agile Organisationsentwicklungsmodell für kleine Unternehmen basiert auf drei tragenden Wirkungskräften: der Strukturkraft, der Visionskraft und der Gemeinschaftskraft (Abbildung 1). Veränderung geschieht schließlich nur, wenn Kräfte auf Bestehendes wirken. Für eine agile Transformation braucht es also Veränderungskraft im Unternehmen. Die Agile Blüte basiert darauf, regelmäßig und stetig neue Impulse zu setzen und damit die drei Kräfte im Unternehmen zu mobilisieren und die agile Transformation in Bewegung zu halten. Diese drei Kräfte, die Strukturkraft (blau), Innovationskraft (orange) und Gemeinschaftskraft (pink) entfalten dabei eine individuelle Wirkungskraft, die in unterschiedliche Richtungen wirkt, wie Abbildung 1 zeigt. Dabei ist es die Strukturkraft, die wie ein Grundgerüst der Blüte und ebenso der Organisation Stabilität verleiht. Die Innovationskraft wirkt von innen nach außen, während die Gemeinschaftskraft von außen nach innen wirkt. Diese beiden Kräfte sorgen entsprechend für ein Wechselspiel zwischen Neuausrichtung und Verankerung-- die Ambivalenz zwischen Stabilität und neuen Impulsen, die eine agile Organisation benötigt. Weiterführend gliedert sich jede dieser drei Säulen wiederum in zwei Dimensionen auf. Diese Dimensionen machen die Wirkungskräfte greifbar und aktiv gestaltbar. Das Modell der Agilen Blüte stellt somit insgesamt sechs wichtige Dimensionen heraus, die für die agile Organisationsentwicklung von kleinen Unternehmen von Bedeutung sind und entsprechend den Handlungsrahmen für deren agile Transformation aufzeigen (Abbildung 2). Ein weiterer grundlegender Aspekt ist das Verständnis, dass agile Organisationsentwicklung ein Prozess ist, der niemals abgeschlossen sein wird. Dies spiegelt sich in der Darstellung des Modells durch die bewusste Wahl der nach außen offenen Form wieder, die an eine Blume erinnert. Aus dieser Form ist deshalb auch der Name für dieses Modell, nämlich „Agile Blüte“ bzw. „Agile Blossom“ (engl. für Blüte), abgeleitet. Ähnlich wie eine Blüte soll sich die Organisation und das Unternehmen in den einzelnen Dimensionen langsam hin zu mehr gelebter Agilität entwickeln und darin wachsen. Die Blüte steht dabei als Symbol und Metapher für Wachstum und Entfaltung, was wiederum gut mit dem Thema agile Organisationsentwicklung einhergeht. Die Dimensionen der agilen Transformation kleiner Unternehmen Die agile Organisationsentwicklung in KMU und speziell in kleinen Unternehmen hat besondere Rahmenbedingungen. Entsprechend wird durch die Arbeit an den äußeren sechs Dimensionen eine Weiterentwicklung des Unternehmens sowie die Etablierung einer agilen Kultur und Mindsets, die den zentralen Kern einer Organisation bilden, in diesen Unternehmen möglich. Strukturkraft Die Strukturkraft wird maßgeblich von den beiden Dimensionen Struktur und Prozesse geprägt. Sie setzt den Rahmen und ist somit die Kraft, die die Organisation zusammenhält und grundlegend die Art und Weise des Miteinanders prägt. • Struktur: Die Struktur ist in allen Modellen und für alle Größen an Unternehmen ein grundlegendes Element, um die Art und Weise der Zusammenarbeit zu regeln. Durch eine Änderung der Struktur wird entsprechend großes Veränderungspotential ermöglicht. Kleine Unternehmen haben zwar durch ihre geringe Größe nur begrenzten Gestaltungsspielraum, der trotzdem so ausgearbeitet werden kann, dass Selbstorganisation und Kollaboration möglich werden. • Prozesse: Neben den Strukturen, geben die Prozesse weitere grundlegende Rahmenbedingungen vor, die die Interaktion innerhalb des Unternehmens sowie mit dessen Umwelt regelt. Um Dezentralisierung zu ermöglichen und an Effizienz zu gewinnen, braucht es in den kleinen Unternehmen vor allem eine Formalisierung von Handlungsrahmen. Innovationskraft Die Innovationskraft hat eine starke Orientierung am äußeren Umfeld der Organisation sowie eine starke Wirkung nach außen, was durch die beiden Dimensionen Vision sowie Megatrends ersichtlich wird. Somit dient diese sowohl der Zielfindung für die Organisation unter gleichzeitiger Schaffung von Sensitivität für Veränderungen im Marktumfeld sowie der Unterstützung der Offenheit für Neues. Es entsteht eine enge Wechselwirkung mit der angrenzenden Dimension, der Kollaboration, um ein passendes Netzwerk nach außen aufzubauen. • Vision: Die Notwendigkeit für das Vorhandensein einer Vision findet sich auf allen Ebenen der Agilität wieder. Sie dient sowohl in agilen Methoden auf Projektebene als auch für das Unternehmen als Leitlinie, damit jedes einzelne Mitglied eines Teams oder einer Organisation die richtigen Entscheidungen treffen kann. Dafür ist es unabdinglich zu wissen, welches Gesamtziel verfolgt wird. • Megatrends: Da KMU, insbesondere kleine Unternehmen, oftmals eher reaktiv im Bezug zu Marktveränderungen agieren, wird diese Dimension bewusst sichtbar gemacht. Sie dient dazu, die Sensitivität für Marktveränderungen in den Unternehmen zu wecken. Gemeinschaftskraft Die Gemeinschaftskraft wirkt auf den Aufbau des Netzwerkes nach innen. Durch die Dimensionen Kommunikation und Kollaboration steht hier die Menschlichkeit im Mittelpunkt. Reportage | Mit der Agilen Blüte wachsen 16 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0086 Persönliche Weiterbildung und Reflexion sind in dieser Wirkungskraft verankert. Die Gemeinschaftskraft schafft somit Tiefe. Sie stärkt einerseits die Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitenden, andererseits dient sie dem Wissensaufbau, sowohl von fachlichem als auch methodischem Wissen. Damit stellt sie das Handwerkszeug der Agilität. • Kommunikation: Eine häufige sowie transparente Kommunikation ist ein wichtiger Aspekt in der Agilität und bildet zusammen mit den anderen agilen Werten die Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und Lösungsfindung. In kleinen Unternehmen gilt es hierbei besonders den internen Dialog zu stärken, um die Mitarbeitenden im Sinne der Selbstorganisation zu Mitgestaltern zu machen. • Kooperation: Ein Fokus auf die Anforderungen und das Miteinbeziehen der Kunden ist in der agilen Arbeitsweise fest verankert. Für kleine Unternehmen ist die Kooperation mit Kunden und Partnern besonders relevant, da sie stark in Wertschöpfungsketten eingebunden sind sowie ihr Netzwerk und ihre Kompetenzen dadurch erweitern. Canvas-Set zur Anwendung des Modells Bei der Übertragung des Modells in die Praxis liegt nunmehr die größte Herausforderung für die Unternehmen. Als geeignetes Format hat sich dafür das Canvas als anwendungsgerecht herausgestellt, denn es ist sowohl einfach zu verstehen als auch anzuwenden. Ein Canvas, engl. für Leinwand, bezeichnet ein vorstrukturiertes Plakat, das es ermöglicht, eine komplexe Problemstellung strukturiert zu visualisieren oder Inhalte gemeinsam zu bearbeiten. Die Kerneigenschaft eines Canvases ist dabei, dass es durch vorgegebene Fragestellungen und Aspekte die Diskussion anregt sowie zu einem offenen Austausch über ein Thema oder eine Problemstellung einlädt. Durch diese beschriebenen Eigenschaften eignet sich die Canvas-Methode gut für den Einsatz in kleinen Unternehmen, wenn es durch geringe Managementressourcen und fehlenden Experten an Methodenwissen sowie fachlich Gleichgesinnten und Sparringspartnern innerhalb des Unternehmens fehlt. Hier kann die Arbeit mit einem Canvas helfen, um den Status Quo zu erheben und Reflexion zu ermöglichen. Damit wird ein gemeinsames Verständnis als wichtiger Ausgangspunkt für eine weiterführende Diskussion geschaffen. Informationen, die bisher nur einzelne Kollegen wussten, werden somit explizit und stehen zur gemeinsamen Ausgestaltung zur Verfügung. Das Canvas fördert zudem den Dialog und lädt zur Kollaboration ein. Es ermöglicht einen hierarchie-übergreifenden gleichberechtigten Austausch und baut damit Hindernisse für das offene Gespräch ab, wodurch die Ideen und Beiträge aller Kollegen sichtbar werden. Somit geht die Methode des Canvas auch passend mit den agilen Werten zusammen und kann durch die Anwendung helfen, diese entsprechend weiter zu etablieren. Jedoch brauchen gerade auch in kleinen Unternehmen verschiedene Personen, Teams oder Bereiche unterschiedliche Werkzeuge und Methoden. Deshalb kann das Thema mit einem einzigen Canvas weder ganzheitlich noch nutzbringend abgebildet werden. In dieses Verständnis greift auch die Ergänzung des Modells der Agilen Blüte durch ein Set von mehreren Canvases. Die einzelnen Canvases greifen jeweils einen inhaltlichen Aspekt des Modells heraus und ermöglichen damit die Bearbeitung einzelner Dimensionen. Darüber hinaus integrieren sich die einzelnen Canvases in ihrer Wirkung gleichzeitig auch in das Gesamtmodell zur Weiterentwicklung des Unternehmens. Abbildung 2: Die agile Blüte als agiles Organisationsentwicklungsmodell für KMU (Eigene Darstellung) Reportage | Mit der Agilen Blüte wachsen 17 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0086 Im Thema Agilität Wachsen Agilität für KMU und im Besonderen für kleine Unternehmen greifbar und erlebbar zu machen, ist das Ziel der Agilen Blüte. Diese vielschichtige Thematik soll für kleine Unternehmen einfach zu verstehen sein und im Tagesgeschäft anwendbar werden. Dafür stehen die beiden vorgestellten Komponenten des Modells: Die Visualisierung des Modells zeigt die wichtigen Aspekte der agilen Organisationsentwicklung kleiner Unternehmen auf und durch die Zurverfügungstellung des Canvas- Sets wird die Brücke zur praktischen Anwendung geschlagen. Die Agile Blüte liefert somit eine praktische Hilfestellung für die Mitarbeitenden in den Unternehmen und ermöglicht, dass die Unternehmen auf ihrem individuellen Weg das Thema Agilität für sich entdecken und bei sich verankern können. Ausgehend vom persönlichen Ausgangspunkt begleitet die Methode Schritt für Schritt und ist anpassbar an die Herausforderungen und neuen Anforderungen, die unterwegs warten und auf die reagiert werden muss. Praxisbeispiel: iT Engineering Software Innovations Der Weg der Organisationsentwicklung bei iTE SI dient vorherrschend der Weiterentwicklung des Unternehmens an sich, um die eigene Agilität auszubauen und entsprechend die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Gleichzeitig wurde durch die Erlebnisse und Beobachtungen parallel auf diesem Weg auch das beschriebene agile Organisationsentwicklungsmodell sowie das Canvas-Set entwickelt und erprobt. Entsprechend ist die agile Transformation bei iTE SI durch die Arbeit und Aktivierung der drei Wirkungskräfte, der Strukturkraft, der Innovationskraft und der Gemeinschaftskraft im Unternehmen bestimmt. Dabei wurde Veränderung im Unternehmen durch kleine Experimente in Form von neuen Methoden sowie geänderten Prozessen und Strukturen, die von einem Team an vorangehenden Mitarbeitenden initiiert wurden, herbeigeführt. Mit diesen verschiedenen Maßnahmen und Workshops, bei welchen auch die Canvases zum Einsatz kamen, wurde entsprechend in den Dimensionen der Agilen Blüte gearbeitet. Die durchgeführten und initiierten Maßnahmen selbst zeichnen sich einerseits durch Verbesserungen an bestehenden Prozessen und Arbeitsweisen aus, andererseits wurden gänzlich neue Strukturen und Formate geschaffen. Zur Optimierung bestehender Arbeitsweisen wurden einzelne Teams und Bereiche in der Umsetzung agiler Arbeitsmethoden begleitet. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf der Umsetzung des Rahmenwerks Scrum, da dieses im Unternehmen bereits verbreitet eingesetzt wird. Dazu zählten unter anderem die Überarbeitung und Einführung der Definition of Done, die Moderation von Retrospektiven und Coaching in der Arbeit mit dem Backlog. Auch projektübergreifend wurde durch die Ausweitung der Anwendung bestehender Softwarewerkzeuge mehr Transparenz in Prozesse und Meilensteine gebracht. Diese Verbesserungen wirken nicht nur auf die interne Zusammenarbeit, sondern haben auch Auswirkung auf die Schnittstellen nach außen, in der Arbeit mit Kunden und Partnern bspw. auf den Prozess der Angebotsstellung oder die Anforderungsdefinition. Gleichzeitig wurden bei iTE SI neue Formate und Strukturen eingeführt, die die projektübergreifende Kommunikation und Kollaboration fördern. Zudem wurden damit Räume geschaffen, in welchen die Mitarbeitenden eingeladen sind, sich persönlich weiterzuentwickeln sowie sich aktiv in das unternehmerische Handeln einzubringen. Dabei wurde z. B. ein internes Vortragsformat ins Leben gerufen, die iTED Talks, das angelehnt an die bekannte Vortragsreihe „TED-Talks” Kurzvorträge von Mitarbeitenden für Mitarbeitende zu verschiedenen Themen bietet. Durch diese Maßnahmen wird der projektübergreifende Austausch bei iTE SI gestärkt sowie das viele und fachlich tiefe Wissen, das die einzelnen Mitarbeitenden im Unternehmen haben, transparent und für andere verfügbar gemacht. Neue Interaktionsformate zur Kollaboration wurden etabliert und werden von den Mitarbeitenden zunehmend mit Leben gefüllt. Die Mitwirkung aller Mitarbeitenden wurde durch Workshops und Mitarbeiterbefragungen gefördert. Alles in allem wurde in den ersten Monaten der agilen Organisationsentwicklung ein Fokus darauf gelegt, neue Strukturen zu schaffen, die sowohl Raum für persönliche Weiterentwicklung geben, als auch das Unternehmen als Ganzes haben wachsen lassen. Die agile Organisationsentwicklung von iTE SI zeigt damit erste Ergebnisse, ist jedoch gleichzeitig erst am Anfang. Durch weiterführende Maßnahmen sowie eine Verankerung der initiierten Formate und Strukturen gilt es, diesen Prozess weiterführend zu gestalten, sodass iTE SI als Unternehmen nach weiteren Wachstumszyklen in voller agiler Blüte steht. Weitere Informationen und Download des Canvas-Sets unter: www.agileblossom.com Literatur [1] Destatis (2021) Kleine und mittlere Unternehmen, [online] https: / / www.destatis.de / DE / Themen / Branchen-Unternehmen / Unternehmen / Kleine-Unternehmen-Mittlere- Unternehmen/ _inhalt.html [Stand: 7. 9. 2021] [2] Institut für Mittelstandsforschung Bonn (2021) Mittelstandsdefinition des IfM Bonn, [online] https: / / www.ifmbonn.org / definitionen / mittelstandsdefinition-des-ifmbonn [Stand: 7. 9. 2021] Eingangsabbildung: © iStock.com / Vizerskaya Judith Armbruster Judith Armbruster, Agile Coachin und Projektmanagerin, befasste sich im Rahmen ihrer Abschlussarbeit mit der agilen Organisationsentwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und entwickelte ein eigenes Modell „die Agile Blüte“, das die besonderen Anforderungen von KMU aufgreift. Ein Zusammenspiel aus Theorie und Praxis wird durch ihre Arbeit bei iT Engineering Software Innovations ermöglicht, welches sich als kleines Unternehmen im Bereich der Softwareentwicklung auf den Weg der agilen Transformation gemacht hat. eMail: hello@juditharmbruster.de Internet: www.agileblossom.com Foto: Peter Löbel 18 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0087 Pilotprojekte bei Audi: Gebrauchte Batterien aus E-Autos für Stromspeicher Vernetzt bekommt die Hochvoltbatterie ein „zweites Leben” Oliver Steeger Elektromobilität kommt deutschlandweit in Fahrt. 13,5 Prozent aller neu zugelassenen Fahrzeuge haben einen elektrischen Antrieb, wie das Kraftfahrtbundesamt für 2020 meldet. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 395.000 Neuwagen mit elektrischem Antrieb neu zugelassen. Schon bald werden Millionen Hochvoltbatterien, die in E-Autos verbaut sind, „grünen” Strom speichern. Dies führt zu Partnerschaften von Automobilindustrie und Energiewirtschaft. Ein Beispiel ist Audi. Der Konzern arbeitet mit der Energiewirtschaft beispielsweise an Projekten, gebrauchte Hochvoltbatterien aus E-Autos wiederzuverwenden. Nach ihrem „ersten Leben” im Auto werden sogenannte Second-Life-Batterien zu hunderten in stationären Großspeichern eingesetzt, wo Energie aus Windkraftwerken oder Solaranlagen zwischengespeichert wird. Erste Pilotprojekte etwa mit EnBW sind erfolgreich, wie Alexander Kupfer, zuständig für Kreislaufwirtschaft von Batterien bei Audi, im Interview erklärt. Fachleute vermuten, dass in naher Zukunft Millionen von Hochvolbatterien in Auto eingebaut werden. Manche Experten meinen: Zählt man die Elektroautos zusammen, werden sie mit Abstand die größte Stromspeicherkapazität haben. Zusammengenommen sind sie gewissermaßen der weltgrößte Stromspeicher. Sind solche Vermutungen aus Ihrer Sicht zutreffend? Alexander Kupfer: Man geht davon aus, dass in Zukunft mehr als 80 Prozent der weltweiten Batterieproduktion für Mobilität genutzt wird. Etwa 15 Prozent könnten in stationären Speichern für regenerative Energien genutzt werden. Ein sehr kleiner Prozentsatz wird für Consumer Products verwendet, etwa Smartphones oder Laptops. Insofern- - ich denke, solche Überlegungen sind richtig. In diesen Zusammenhang gehört eine weitere Zahl. Autos stehen zu rund 90 Prozent der Zeit. Dies wird vor allen Dingen von Kritikern geäußert. Meistens parken private PKWs. Effizient ist dies nicht. Bei autonom fahrenden Fahrzeugen wird dies in Zukunft vielleicht anders aussehen. Sie werden effizienter genutzt. Doch auch für diese Fahrzeuge wird prognostiziert: Sie werden zu sechzig Prozent der Zeit stehen. Diesen Umstand können wir bei Elektroautos gut nutzen. Inwiefern gut nutzen? Ein Elektroauto ist aus meiner Sicht der flexibelste Stromabnehmer, den sich die Energiewirtschaft wünschen kann. Weil man sich für das Laden Zeit lassen kann? Das Auto, das viele Stunden am Tag steht, kann sehr flexibel geladen werden. Etwa in dem Moment, wenn besonders viel regenerative Energien produziert werden. Schon jetzt steht das Netz vor Herausforderungen, wenn zu viel Windenergie oder Sonnenenergie produziert wird. Dann muss man Anlagen abschalten und die Erzeugung herunterregeln. Elektroautos können, wenn man die Ladung intelligent und vernetzt steuert, diese Erzeugungsspitzen bei der erneuerbaren Energie glätten und aufnehmen. Also genau dann laden, wenn der Wind kräftig weht oder die Sonne scheint? Ja. Und solche flexiblen Abnehmer werden von der Energiewirtschaft gesucht. Sie nehmen die Spitzenerzeugung auf. Reportage | Vernetzt bekommt die Hochvoltbatterie ein „zweites Leben” 19 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0087 Es gibt kaum einen anderen Abnehmer, der sich so schnell der Erzeugung anpassen kann. Wir haben alles, was wir brauchen, um dieses intelligente Laden zu ermöglichen: Dank Wetterprognosen wissen wir ziemlich gut, wann und wo in welcher Region wie viel Energie im Stromnetz zur Verfügung steht. Und wir wissen auch, wann und wo welches Fahrzeug steht. In diesem vernetzten System können wir sehr genau die Ladelast für das Stromnetz steuern. Unser Ziel bei Audi ist, die CO2-neutrale Mobilität zu ermöglichen, erneuerbare Energien in die Autos zu bekommen und diese optimal zu nutzen. Dahinter dürfte auch ein Eigeninteresse der Automobilwirtschaft stehen. So, wie Autos die größte Gesamt-Speicherkapazität bieten, so werden sie auch ein erheblicher Stromabnehmer werden. Wenn in 2020 395.000 vollelektrische Neuwagen zugelassen wurden und in Zukunft Millionen folgen werden- - dann dürfte dies einen Einfluss auf das deutsche Stromnetz haben. Angenommen, hunderttausende Pendler kehren abends gegen sechs Uhr heim und schließen ihr Auto zum Laden an das Stromnetz an: Dies dürfte das Stromnetz das eine oder andere Mal an die Belastungsgrenzen führen-… Werden in einer Region mit einem Mal 100.000 Autos zugeschaltet oder abgeschaltet, kann dies Folgen für das Netz haben. Unsere vollelektrischen Modelle haben üblicherweise eine AC-Ladeleistung von 11 bis 22 Kilowatt. Da kommen enorme Bedarfsspitzen zusammen. Man braucht also das gesteuerte Laden tagsüber, wenn die regenerative Energie verfügbar ist. Die Ladevorgänge selbst muss man vernetzt steuern. Das erste Sechstel der Autos lädt beispielsweise von zehn bis elf Uhr, das nächste Sechstel von elf Uhr bis zwölf Uhr- - und so fort. Daraus ergeben sich auch Fragen: Darf man Autos überhaupt vernetzt beim Laden steuern? Wer darf dies? Solche Fragen müssen wir gemeinsam beantworten. Darüber hinaus sollte es stationäre Speicher geben, die im Zugriff der Energiewirtschaft stehen und im Netz schnell reagieren können. Sie sprechen von stationären Stromspeichern. Gemeinsam mit der Energiewirtschaft arbeiten Sie an solchen Stromspeichern- - große Anlagen, in denen ausgerechnet gebrauchte Autobatterien eingesetzt werden. Wir haben zu solchen Themen bereits Pilotprojekte umgesetzt und mit der Energiewirtschaft erste Lösungen entwickelt. Wir werden gegen Ende der Dekade größere Stückzahlen an gebrauchten Hochvoltbatterien haben, die sich in der Elektromobilität nicht mehr einsetzen lassen. Diese Batterien haben aber noch genug Speicherkapazität für den stationären Einsatz. Wir können sie verwenden in Anlagen, in denen dutzende oder hunderte solcher Batteriemodule zusammengeschaltet werden. Die gebrauchten Batterien haben also eine Art „zweites Leben”. Solche Technologien könnten in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts flächendeckend umgesetzt sein. Augenblick! Sie verwenden Batterien aus gebrauchten E-Autos neu? Wenn das Elektroauto das Ende seiner Lebensdauer erreicht hat, werden Batterien zum Teil noch genug Kapazität haben, um regenerative Energie in Speicheranlagen aufzunehmen. Für einen erneuten Einsatz in einem Fahrzeug würde diese Kapazität wahrscheinlich nicht mehr reichen. Man muss dazu wissen, dass Lithium-Ionen-Akkus beim Gebrauch altern. Mit jedem Ladezyklus verlieren sie etwas Leistungskraft, rein technisch bedingt. Dies sieht man gut an Smartphone-Akkus: Mit zunehmendem Alter des Handys muss man häufiger nachladen. Nach ein paar Jahren reicht die Batteriekapazität nicht mehr für einen Tag. Wie sieht dies bei Batterien in Elektrofahrzeugen aus? Wir verbauen Batteriezellen, die darauf ausgerichtet sind, die normale Lebensdauer unserer Fahrzeuge zu halten. Wir geben unseren Kunden eine Batteriegarantie für acht Jahre oder eine Laufleistung von 160.000 km. Dann sollte sie noch immer 70 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität haben. Die Erfahrung zeigt, dass ein Teil der Fahrzeuge weit weniger genutzt wird. Für diese Batterien könnte sich der Einsatz in Stromspeichern aus wirtschaftlichen und nachhaltigen Gesichtspunkten lohnen. Wie darf ich mir diese Stromspeicher genau vorstellen? Diese können in Gebäuden sein oder auch nur ein kleinerer Container-- je nachdem, wie man die Speicher einsetzen will. Die Batterien werden entweder als bestehende Gesamteinheit aus dem Auto genutzt und in Regalen miteinander verkabelt. Möglich ist aber auch eine Verschaltung von mehreren hundert Modulen in einem entsprechenden Stack. Technisch gesehen ist ein Speicher recht simpel aufgebaut. Man braucht ein Speichermedium, also die Second Life Batterien. Zusätzlich sind eine Steuerung sowie Leistungselektronik erforderlich, die aus der Gleichspannung der Batterie Wechselspannung für das Netz herstellt. Hinzu kommen Regale, in denen die Batterien lagern sowie die nötige Kühlung und Brandschutzeinrichtungen. Das ist alles. Foto: © Audi AG Reportage | Vernetzt bekommt die Hochvoltbatterie ein „zweites Leben” 20 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0087 Sie sprachen von Containern. Weshalb Container? Container bilden mobile Lösungen. Man kann solche Container direkt an den Anlagen aufstellen, wo erneuerbare Energie produziert wird. Auch andere Einsätze sind möglich-- immer dort, wo man Leistungsspitzen puffern muss. Wir setzen bei Audi beispielsweise mobile Container ein, um unsere Elektroautos auch dort zu laden, wo es noch unzureichende Infrastruktur gibt. Wir nutzen sie, wenn uns vor Ort nur geringer Input an Strom zur Verfügung steht und wir trotzdem unsere Fahrzeuge mit hoher Leistung laden wollen. Vorhin sagten Sie, dass ein großer Bedarf an gespeicherter Energie entsteht-- und damit in Zukunft auch an Speichern. Das stimmt. Wir haben mit unseren Partnern aus der Energiewirtschaft in Pilotprojekten solche Speicheranlagen aufgebaut. Die Frage ist jetzt, wie man diese Anlagen skalieren kann. Wo liegen bei dieser Skalierung die Herausforderungen? Bei der Zahl der benötigten Batterien? Die Zahl der Batterien sollten langfristig gesehen kein Problem sein. Aus der Elektromobilität werden Millionen von Batterien kommen, die für Speicherlösungen geeignet sein könnten. Die Umwidmung von First Life auf Second Life sollte für alle Beteiligten wirtschaftlich interessant sein. Dabei ist die Preisentwicklung von neuen Batterien zu berücksichtigen. Nur ein standardisiertes Verfahren, am besten als Plug&Play wird langfristig eine Chance haben. Dieser Punkt beschäftigt uns im Augenblick. Nach unseren Pilotprojekten richten wir unseren Blick auf die Skalierung. Es geht um Design-to-cost. Also um die Frage, wie man Second-Life-Speicher kostengünstig bauen kann. Wie gut stehen die Chancen, die Speicher in der erforderlichen Zahl zu bauen? Wir sind da optimistisch. Das Design eines stationären Speichers ist technisch gesehen recht einfach. Wir brauchen neben Regalen, in die die Batterien hineingeschoben werden, die erforderliche Kühlung, die Steuerungstechnik und die Wechselrichter. Diese Komponenten werden aus hochindustrialisierten Standardbauteilen bestehen. Abgesehen von der künftig hohen Verfügbarkeit der gebrauchten Batterien-- wo liegen Vorteile, diese für Stromspeicher zu verwenden? Zu den Vorteilen zählt das hohe Sicherheitsniveau der Hochvoltbatterien aus einem Automotive-Einsatz. Zudem ist die nötige Steuerungselektronik in die Batterie integriert. Sie wird quasi mitgeliefert. Man kann die Batterien so, wie sie sind, in die Regale schieben. Aber es gibt auch Herausforderungen bei dieser Lösung. Dies muss man fairerweise sagen. Welche Herausforderungen zum Beispiel? Unsere Second Life Batterien verfügen nicht immer über das von der Energiewirtschaft gewünschte Spannungsniveau. Die Batterien von Audi e-tron und Q4 e-tron arbeiten mit einer Spannung um die 400 Volt. Die Energiewirtschaft braucht 800 Volt oder mehr, das kann derzeit nur der e-tron GT leisten Deshalb entwickeln wir in unseren Projekten Lösungen dafür. Darüber hinaus hat man Herausforderungen bei der Zertifizierung. Inwiefern Herausforderung bei der Zertifizierung? Unsere Batterien sind für die Verwendung in Elektroautos zugelassen. Wir sind dabei bestimmten für die Automobilindustrie gültigen Normen gefolgt. Diese Normen unterscheiden sich von denen, die in der Energiewirtschaft gültig sind. Die Anforderungen sind auf den ersten Blick ähnlich. Im Detail gibt es Unterschiede. Etwa die Messverfahren können sich unterscheiden. Was bedeutet es für die Praxis, dass wichtige Normen ähnlich, aber nicht gleich sind? Normen und Verfahren, die der eine anerkennt, akzeptiert der andere vielleicht so nicht. Wir mussten bei unseren Projekten Wege finden, wie man das, was für die Automobilindustrie produziert wurde, im großen Umfang auch umfassend für den stationären Einsatz zertifiziert verwenden kann. Hinsichtlich der Zertifizierung haben wir wirklich Neuland betreten. Für Ihre Pilotprojekte arbeiten Sie eng mit der Energiewirtschaft zusammen. In Ihren Projekten kommen zwei verschiedene Branchen zusammen, die über Jahre kaum etwas miteinander zu tun hatten. Erst durch die Elektromobilität wurde die Energiewirtschaft für Sie interessant- - und andersherum genauso. Jede Branche hat bekanntlich ihre eigene Welt, und sie kennt häufig nicht die Welt der anderen. Wie sind Sie damit umgegangen, dass in Projekten quasi zwei verschiedene Welten zusammentrafen? In unseren Projekten haben wir zunächst das Verständnis für die gegenseitige Arbeitsweise, die Rahmenbedingungen und Bedürfnisse hergestellt. Was braucht die eine Seite-- und was die andere? Dazu haben wir in den zurückliegenden Projekten viel gelernt. Wichtig sind außerdem der Glaube und die Vision, dass man überhaupt solch eine gemeinsame Basis und Sprache finden kann. Dass es zu einer Verständigung kommen kann. Alle Partner müssen positiv dazu eingestellt sein. Und ein weiterer Punkt: Sie brauchen Menschen im Team, die auch einen gewissen Mut zur Lücke haben. Mut zur Lücke-- wie darf ich dies genau verstehen? Will man zu Beginn des Projekts wirklich jedes Detail klären-- dann kann es mit dem Vorhaben schwierig werden. Bei solchen Projekten, wenn neue Partner mit neuen Technologien zusammenkommen, braucht man Menschen mit Erfahrung. Sie sollten fähig sein, Risiken realistisch einzuschätzen-- statt sich buchstabengetreu an Bestimmungen zu klammern. Die Mitstreiter dürften sich nicht in alle Richtungen zu hundert Prozent absichern wollen-…? Nein. Dazu braucht man auch ein klares Signal der Unternehmen. Sie müssen hinter den Teams stehen und sie dabei unterstützen, sich auf Lösungen zu fokussieren statt auf Bedenken. Haben Sie ein Beispiel dafür? Die Batterien von Elektrofahrzeugen unterliegen vielen Bestimmungen und Anforderungen, die man bei der Entwick- Reportage | Vernetzt bekommt die Hochvoltbatterie ein „zweites Leben” 21 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0087 lung berücksichtigt. Auf der einen Seite stehen beispielsweise die hohen Sicherheitsanforderungen an die Batterie. Auf der anderen Seite finden Sie ganz praktische Anforderungen: die Batterie soll in kurzer Zeit mit hoher Leistung zu laden sein. Sie soll auch sportliches Beschleunigen der Fahrzeuge ermöglichen. Sie muss widerstandsfähig gegen Hitze und Kälte sein sowie eine gute Reichweite des Fahrzeugs erlauben. Daraus ergibt sich ein umfangreicher Katalog an Anforderungen, die von den Entwicklern die Batterien erfüllt werden müssen. Da besteht Druck auf das Entwicklungsteam. Verstehe! Wenn man Entwickler dann noch auf Second Life Strategien anspricht, schultert man ihnen noch mehr auf-… Unsere Second Life Strategien sind für die Entwickler zunächst nachrangig. Wir mussten also Wege finden, mit den Entwicklungsteams in Dialog zu kommen, um Anforderungen für die Wiederverwertung zu erörtern. Das war nicht immer leicht. Entwickler sind verständlicherweise zunächst besorgt, dass wir ihnen mit Anforderungen das Leben schwer machen. Unsere Projekte haben zunächst Skepsis ausgelöst, auch unter unseren Spezialisten für die Batterieentwicklung. Nicht jeder wollte an unserem Projekt von Anfang an mitwirken und an dem Vorhaben teilhaben. Einige haben zu Beginn offen zu erkennen gegeben, dass sie die Batterien für dieses Second Life nicht freigeben wollen. Dieser Fall sei im Anforderungskatalog nicht beschrieben worden. Entwickler können unter Umständen haftbar gemacht werden. Wie haben Sie dieses Problem gelöst? Letztlich mit Vertrauen und Transparenz. Wir haben unseren Entwicklern gezeigt, dass wir bei unseren Projekten mit Profis der Energiewirtschaft zusammenarbeiten, bei denen ebenfalls die Sicherheit an erster Stelle steht. Wir haben erklärt, wie wir mit etwaigen Risiken umgehen, wie wir sie bewerten und Wege finden, sie zu minimieren. Gestatten Sie mir eine Abschlussfrage: Irgendwann ist die beste Batterie verbraucht. Was geschieht mit Second Life- Batterien, wenn sie nicht mehr brauchbar sind? Gibt es ein „Third Life”? Vielleicht kein „third life”, aber ein neues „first life”. Unser Ziel ist das umfassende Recycling. Technisch halte ich es für realistisch, dass man mehr als 90 Prozent der Rohstoffe wiedergewinnen kann. Inwieweit dies gesellschaftlich gefördert und unterstützt wird, steht auf einem anderen Blatt. Technisch möglich ist es aber. In Salzgitter gibt es dafür bereits Pilotanlagen vom Volkswagen-Konzern. Wenn bald größere Mengen an Batterien zurückkommen, müssen wir technisch gut gerüstet sein. Ich stelle es mir generell schwierig vor, Batterien zu recyceln. Man kennt die vielen verschiedenen Gefäße im Supermarkt, in die man die verschiedenen Batterien sortieren muss, teilweise winzige Knopfzellen. Dies ist bei der Elektromobilität anders. Die Batterien sind groß und vor allem recht uniform. Deshalb kann man industrialisierte Technologien für effektives Recyceln entwickeln. Eine Batteriezelle ist, sehr grob gesagt, vergleichbar mit einer Papierrolle aus verschiedenen Schichten. Bei der Herstellung werden beschichtete Aluminiumfolien Kunststofffolien und beschichtete Kupferfolien aufgewickelt. Will man die Stoffe wiederverwerten, so kann man zum Beispiel diese Elemente wieder abrollen und die Beschichtungen von den Folien herunterwaschen. Danach hat man bereits eine gute Vorsortierung. Aus dem Bergbau kennen wir effektive Technologien, wie man Materialien in hoher Güte zurückgewinnen kann. Elektroautos beginnen sich gerade jetzt erst in Deutschland zu verbreiten. Die batteriebetriebenen Fahrzeuge, die derzeit unterwegs sind, werden noch viele Jahre halten. Vorhin sagten Sie, dass die durchschnittliche Lebensdauer eines Autos bei zwölf Jahren und mehr liegt. Es kann vermutlich noch eine Dekade dauern, bis eine nennenswerte Zahl von Second-Life-Batterien in stationären Stromspeichern eingesetzt werden kann. Ihrer Einschätzung nach-- ab wann können wir diese Technologie breit anwenden? Wir werden nicht zehn Jahre oder mehr warten müssen. Schon heute stehen gebrauchte Batterien bereit, beispielsweise aus Testfahrzeugen oder aus der Automobilproduktion. Ich vermute, dass wir bereits vor 2030 deutliche Fortschritte sehen werden. Eingangsabbildung: © Audi AG Alexander Kupfer Alexander Kupfer ist Projektleiter in der Nachhaltigen Produktentwicklung bei Audi. Er studierte Physik und arbeitete in verschiedenen Stationen teilweise im eigenen Unternehmen in Deutschland und Asien an innovativen Produkten. Sein Schwerpunktthema heute ist eine möglichst umfassende Ausnutzung der enormen Batterieressourcen aus der E-Mobilität als Teil der Kreislaufwirtschaft Batterie. Dazu zählen die Verwendung in 2nd Life aber vor allem in Zukunft die optimale Integration der Batterien in den Fahrzeugen in ein erneuerbares Energiesystem. In Rahmen dieser Aufgabe setzte er die ersten Piloten zu Speichern auf Basis von 2nd Life HV Batterien um. Aktuell entwickelt er mit Partnern an Standardprodukten auf Basis der HV Batterien. 22 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0088 Transformation und Projektmanagement Anforderungen von Transformationen an das Projektmanagement Sebastian Schurig, Reinhard Wagner Für eilige Leser | Unternehmen in Deutschland müssen sich derzeit aufgrund interner wie externer Einflüsse mit Transformationen auseinandersetzen. Dabei handelt es sich um radikale Veränderungen, die auch neue Anforderungen an das Projektmanagement stellen. Der Beitrag zeigt geeignete Lösungsansätze auf. Ereignisse wie die Finanz- und Immobilienkrise im Jahr 2008 sowie die noch immer anhaltende Pandemie üben einen hohen Veränderungsdruck auf Unternehmen aus. Statt kleiner Anpassungen ist immer häufiger radikale Veränderung in Form einer Transformation nötig. Diese erfordert die Anwendung von professionellem Projektbzw. Programmmanagement. Der Beitrag zeigt jedoch auf, dass Transformationen neue Anforderungen an deren Management stellen. So können z. B. Projektziele und -pläne vorab nicht genau festgelegt werden, sondern ergeben sich auf dem Weg der Umsetzung. Es geht auch weniger um strukturelle Themen bei einer Transformation, also um organisationale Strukturen und Prozesse, sondern vor allem um die Kultur, Werte und Erwartungen der Beteiligten. Schlagwörter | Transformation, Projekt, Programm, Projektmanagement, Programmmanagement Einleitung In den letzten Jahren wurde uns deutlich vor Augen geführt, dass Veränderung die einzige Konstante in unserem Leben ist. So hat z. B. die weltweite Finanz- und Immobilienkrise im Jahr 2008 in der Wirtschaft und der Gesellschaft zu großen Veränderungen geführt. Neue Technologien, der globale Wettbewerb und einzelne Disruptoren, wie z. B. Elon Musk, treiben die Veränderungen immer weiter voran. Die COVID-19-Pandemie und die weiter eskalierende Klimakrise beschleunigen das Tempo und das Ausmaß der Veränderungen [1]. Unternehmen haben in den vergangenen Jahren versucht, sich in einzelnen Tätigkeitsbereichen neu auszurichten und mit kleineren Veränderungen auf die dynamischen Umweltbedingungen zu reagieren. Führungskräfte wirken dabei eher als Getriebene, anstatt sich proaktiv auf die Veränderungen einzustellen und selbst die Grundlage für eine langfristige und nachhaltige Zukunftssicherung des Unternehmens zu legen [2]. Im Folgenden gehen wir darauf ein, welche Anforderungen Transformationen an das Projektmanagement stellen und welche Anpassungen notwendig sind. Vom Change zur umfassenden Transformation Veränderungen in Form von „Change“ sind Anpassungen in einzelnen Bereichen eines Unternehmens. So z. B. die Beschleunigung der Produktentwicklung durch Optimierung der Prozesse, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können [3], das Outsourcing betrieblicher Funktionen, um Kosten einzusparen, oder die Einführung eines neuen Kollaborations-Werkzeugs, um die Zusammenarbeit innovativer Projektnetzwerke zu verbessern [4]. Die COVID-19-Pandemie und die sich weiter verstärkende Klimakrise zeigen jedoch deutlich auf, dass dies bei weitem nicht mehr ausreicht. Unternehmen sind gezwungen, sich proaktiv mit weitreichenden und langfristigen Veränderungen ihrer Umwelt auseinanderzusetzen und eine strategische Transformation in die Wege zu leiten, die alle Bereiche des Unternehmens betrifft. Wissen | Anforderungen von Transformationen an das Projektmanagement 23 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0088 Transformationen sind deutlich umfassender als Change, sowohl was die inhaltliche Breite und Tiefe der Veränderungen angeht als auch deren Dauer und Konsequenzen für die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Eine Transformation umfasst häufig nicht nur eine punktuelle Veränderung, sondern typischerweise eine umfassende Anpassung von Prozessen, Strukturen, Strategien und der Kultur [5], um hier nur einige der Ansatzpunkte zu nennen. Wo jeweils der Schwerpunkt bei einer Transformation liegt, muss im Vorfeld der Maßnahmen geklärt werden. Dies kann z. B. die Digitalisierung eines Unternehmens umfassen [6], die Agilisierung [7], die Neuausrichtung der Arbeitswelt im Betrieb auf Basis von Anforderungen der „Generation Z“ [8] oder die Umsetzung von „New Work“ [9]. Welche Rolle Projektmanagement bei Transformationen spielt Aufgrund der Tragweite einer Transformation ist üblicherweise die Geschäftsführung wesentlicher Treiber und leitet die Veränderungen mit der Formulierung einer entsprechenden Vision bzw. strategischen Vorgaben ein. Während begrenzte Veränderungen häufig in Form von Projekten organisiert werden, sind Transformationen nur durch umfassende Programme mit einer Vielzahl von parallel laufenden Projekten zu realisieren. Selbstverständlich sind Projekte und Programme im Rahmen von Veränderungen nicht wie klassische Bauprojekte zu planen und zu steuern. Transformationen bringen eine hohe Zielambiguität und weitere Unwägbarkeiten mit sich und erfordern deshalb ein „Gespür“ für das richtige Vorgehen [10]. Die langfristige und strategische Wirkung von Transformationen mit ihren vielfältigen Einflüssen sind zu berücksichtigen und erfordern Menschen mit einer hohen Kompetenz im Umgang mit Komplexität [11]. Die Erwartungshaltung vieler Stakeholder ist bei einer Transformation zu berücksichtigen und Formen der Partizipation bzw. kollegialen Führung sind wesentlicher Teil des Prozesses [12]. Nichtsdestotrotz braucht auch Transformation eine Struktur und organisatorisches Geschick in Richtung der Vision. Abbildung 1: Unterscheidung von Transformationen 1. und 2. Ordnung WINGS-FERNSTUDIUM Onlinestudium Projekt- & Prozessmanagement Berufsbegleitend & praxisnah Flexibel per App nach IPAM©, PMI© & Prince2© Staatlicher Hochschulabschluss B.A. Zulassung auch ohne Abitur möglich Karriere-Kick 2022? wings.de/ projektmanagement 98 % Weiterempfehlungen bei fernstudiumcheck.de Sehr gut 4.3/ 5.0 Anzeige Projekte und Change sind wie zwei Seiten einer Medaille [13]. Projekte helfen dabei, komplexere Veränderungen zu organisieren. Gleichzeitig passiert Change in jedem Projekt und erfordert entsprechende Kompetenzen sowie Aktivitäten. Dabei sollte das Projektmanagement u. a. einen Rahmen schaffen für Selbstorganisation, Freiraum für Experimente anbieten und Projektteams bei ihrer Arbeit unterstützen. Das Vorgehen ist anpassungsfähig und stark an den Bedürfnissen der Beteiligten ausgerichtet. Bei Transformationen fin- Wissen | Anforderungen von Transformationen an das Projektmanagement 24 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0088 den parallel mehrere Projekte statt. Das Management dieses Programms erfordert einen guten Blick auf Abhängigkeiten zwischen den Projekten, die Berücksichtigung von Fern- und Nebenwirkungen sowie die Erzielung von Synergien. Programmmanagement unterscheidet sich deutlich von dem einfacheren Projektmanagement und ist bei Transformationen ein kritischer Erfolgsfaktor [14]. Einordnung von Transformationen und die Folgen Wir unterscheiden allgemein zwischen Transformationen erster und zweiter Ordnung [15]. Für die Transformation 1. Ordnung gibt es bereits zahlreiche Ansätze, Vorgehensmodelle und Veröffentlichungen. Dabei kommen üblicherweise klassische Methoden des Projekt- und Changemanagements zum Einsatz (siehe der obere Teil in Abbildung 1). Deshalb verzichten wir hier auf weitere Ausführungen. Wir werden uns im Folgenden auf Transformationen 2. Ordnung fokussieren. Diese stellen neue Anforderungen an das Projektmanagement. So bleibt es bei dieser Transformation häufig unklar, wohin die Reise geht. Anstatt SMART formulierter Ziele zeigt die Vision ein positives Leitbild für die Zukunft auf. Auch das Vorgehen ist anders. Anstatt eines linearen Prozesses geht es im Fall von Transformationen 2. Ordnung eher explorativ voran, d. h. man tastet sich vor, durchläuft Lernschleifen und findet sukzessive den Weg in Richtung der Vision. Auch der Transformationsgegenstand unterscheidet sich deutlich. Stehen bei Transformationen 1. Ordnung vor allem die Struktur, Prozesse, Verhaltensweisen und Kompetenzen im Fokus, geht es bei der 2. Ordnung vor allem um die innere Perspektive, u. a. um Kultur, Werte und Erwartungen. Dies ist ein langanhaltender, eher dauerhafter Prozess und erfordert deshalb einen „langen Atem“. Grundlage einer wirksamen Transformation ist ein maßgeschneidertes Vorgehen. Es kann hierfür keinen Standard oder Blaupause geben. Dennoch können wir uns von Referenzerlebnissen inspirieren lassen, weshalb im Folgenden zwei Transformationen vorgestellt werden, bei denen Tiba ihre Kunden unterstützt hat. Die begleiteten Unternehmen hatten sehr unterschiedliche Ausgangssituationen. Das erste Unternehmen agiert als Anlagenbauer in der maritimen Industrie. Die Branche befindet sich- - analog zur Automobilbranche- - in einem großen Umbruch. Neben der verschärften Wettbewerbssituation, insbesondere durch das Erstarken der asiatischen Wirtschaft, spielen aktuell alternative Antriebe und CO2-sparsamere Antriebstechniken wie Wasserstoff oder Ammoniak eine wichtige Rolle und erhöhen die Produktkomplexität der Industrie. Die Vorbereitung auf diese neue Situation bedarf neuer Herangehensweisen und Kompetenzen im Unternehmen. Das zweite Unternehmen agiert in einem industriellen Massenmarkt und hat sich auf kunden-individuelle Lösungen spezialisiert. Mit einem organischen Wachstum von mehr als 20 % ergeben sich neue Herausforderungen für die gesamte Organisation und die Zusammenarbeit. Die Geschäftsführung hat sich vorgenommen, das Unternehmen rechtzeitig auf die neuen Anforderungen vorzubereiten. Damit wird bereits nach dieser kurzen Aufzählung deutlich, dass der Startpunkt für die Transformation bei jedem Unternehmen unterschiedlich ist und individuelle Antworten erfordert. Die Bedeutung von Prinzipien Nach der Entscheidung, in einen tiefgehenden Veränderungsprozess einzusteigen, stellen sich Unternehmer häufig die Frage, wie ein solch ein Unterfangen bestmöglich umgesetzt werden kann. Es gilt schon zu Beginn eines Transformationsvorhabens sich mit neuartigen Fragestellungen und Problemen auseinanderzusetzen, man verlässt sozusagen die bekannte und berechenbare Welt. Die Komplexität steigt enorm durch die wechselseitige Beeinflussung der Beteiligten. Unterschiedliche Einstellungen, Haltungen, Kulturen, geänderte Strukturen, neue Technologien und weitere Aspekte im Rahmen der Veränderungszyklen führen zur weiteren Dynamik. Diese Entwicklungen sind in der Regel nicht vorhersehbar. Wie beim Einsatz von agilem Projektmanagement verschiebt sich der Fokus von der Problemlösung durch klare Regeln und Prozesse hin zu handlungsleitenden Prinzipien im Umgang mit Unsicherheit. Auch bei der Transformation 2. Ordnung geben Prinzipien einen Rahmen zur Bewältigung von Komplexität. Folgende Prinzipien sind aus unserer Sicht handlungsleitend: 1. Ein externer Auslöser (positiv oder negativ) begründet die Notwendigkeit der Transformation und deren Aktivitäten 2. Die Transformation ist ein radikaler Change der gesamten Organisation bzw. der Organisationseinheit und hat Auswirkungen auf Struktur, Verhalten, Führung, Zusammenarbeit und Kultur [16] 3. Exploratives Vorgehen ermöglicht das Erreichen des vereinbarten Zielraums im Rahmen der Transformation 4. Transformation benötigt einen geschützten Rahmen, der psychologische Sicherheit, die Atmosphäre und den Raum für die Veränderung ermöglicht 5. Für die Weiterentwicklung von Individuen, Teams und Organisationen ist ein Verlassen der Komfortzone unabdingbar 6. Transformationen erfordern eine geänderte Denk- und Handlungsstruktur, Referenzerlebnisse und neue Kompetenzen [17] 7. Agile Werte und agiles Mindset bilden die Grundlage der Haltung und der Zusammenarbeit [18] Die passende Transformationsarchitektur finden Am Anfang einer Transformation steht die Bereitschaft und das Commitment des Managements und der Mitarbeitenden. In den beiden Praxisbeispielen ging die Initiative für die Transformation von der Geschäftsführung aus. Es geht am Anfang nicht nur um die Bereitstellung von Finanzmitteln, sondern vor allem um die viel wichtigere Währung einer Transformation, nämlich um Zeit. Wie jede Veränderung bedeutet auch die Transformation eines Unternehmens eine intensive, häufig auch emotionale Weiterentwicklung. Dadurch entstehende Spannungen, nicht selten auch Widerstände. Der Umgang damit erfordert das Bewusstsein, die Kompetenz sowie die Zeit für eine nachhaltige Entwicklung. Ist dies den Entscheidern bewusst, kann mit der Erstellung des Zielraums begonnen werden. Im Gegensatz zur Transformation 1. Ordnung oder einem klassischen Projekt ist bei einer Transformation 2. Ordnung Wissen | Anforderungen von Transformationen an das Projektmanagement 25 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0088 eine explorative Vorgehensweise sinnvoller. Dies erfordert insbesondere die hohe Unsicherheit, Unplanbarkeit sowie die Notwendigkeit zur Antizipation. Daher wird im Unterschied zum konkreten Ziel oder Zielbild für die Transformationen ein neuer „Nordstern“ beschrieben, der zur klaren, inspirierenden und leitenden Vision wird. Auch in unseren beiden Praxisbeispielen wurde vor Beginn der Transformation jeweils ein Workshop mit der Geschäftsführung durchgeführt, bei dem es erst mal um die Vision ging. Dieser Nordstern dient während der gesamten Initiative als Orientierungshilfe und gibt den Mitarbeitenden eine Richtung vor. Dies ist auch deshalb nötig, weil das Zielbild durch den unspezifischen Veränderungswunsch häufig noch nicht ersichtlich ist und erst später konkretisiert werden kann. Kurzzyklische, iterative Vorgehensweisen wie auch agile, informelle sowie formelle Organisationsansätze bilden die Grundlage für die Transformationsstruktur. Im Verlauf der Transformation wird regelmäßig reflektiert, wie der Weg in Richtung der Vision weiter konkretisiert, angepasst bzw. neu ausgerichtet werden kann. Zudem hat die Transformation immer den externen Nutzen im Blick und deshalb erfolgt laufend die Prüfung auf Notwendigkeit und Bereitschaft der Organisation und eine sorgsame Auswahl der nächsten Schritte sowie Aktivitäten. Partizipation war auch in unseren beiden Praxisbeispielen großgeschrieben, organisiert durch Workshops oder auch in Form von Einzelgesprächen. Idealerweise werden Ideen zur Weiterentwicklung aus der gesamten Organisation und sämtlichen Bereichen (u. a. HR, IT, Produktion, F&E, Betriebsrat) zusammengetragen. Aus diesen Vorschlägen können dann konkrete Maßnahmen abgeleitet bzw. neue Projekte im Programm gestartet werden. Das Programmmanagement schafft die notwendige Transparenz und ist für die Durchführung der Priorisierung und die anschließende Initiierung verantwortlich. Die priorisierten Maßnahmen benötigen zum Start einen definierten und geschützten Rahmen, die nötige personelle Kapazität und klare Ziele, z. B. in Form von „Objectives and Key Results (OKRs)“. Zudem organisiert und orchestriert das übergreifende Programmmanagement die Maßnahmen und hat dabei immer den übergreifenden Kontext im Blick. Dies umfasst unter anderem die gegenseitigen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen mit ihren Auswirkungen. Der offene und transparente Umgang mit den „Unknown Unknowns“ stellt häufig eine große Herausforderung dar. Für die Orchestrierung werden neben den Strukturelementen wie der Organisation oder den Prozessen weitere Elemente benötigt, so z. B. den erweiterten Blick auf die Kultur, Führung, Zusammenarbeit und eine konstruktive Atmosphäre. Mit einem neutralen Blick auf das Geschehen konnte die Tiba den Kunden wertvolle Potenziale aufzeigen, die aufgrund von „Betriebsblindheit“ im Unternehmen sonst verloren gegangen wären. Neue Kompetenzen und eine klare Haltung Aufgrund der hohen Anforderungen einer Transformation wird ein Team für die Transformation benötigt, das verschiedene Kompetenzen auf sich vereinigt. Es benötigt neben guten Sensoren auch die Fähigkeit zur Selbstreflexion, Empathie sowie Entscheidungs- und Konfliktkompetenzen. Um die Transformation und das Erreichen des Zielraums als großes Ganzes zu betrachten, bedarf es organisationaler Empathie, Metareflexion und Multiperspektivität [19]. Das betrifft auch Sponsoren, Multiplikatoren und das Management. Nur durch das Erlernen neuer Kompetenzen und die Anpassung von Verhaltensweisen kann eine Transformation gelingen. Die Entwicklung zum Befähiger einer Transformation beginnt mit der eigenen Bereitschaft zur Veränderung. Der Fokus von Sponsoren wechselt vom Steuern und Managen hin zum Ermöglichen von Leadership, Schaffen von Freiräumen und Motivation der Mitarbeitenden durch Vertrauen und Zutrauen. Je nach organisatorischer Reife, des angestrebten Zielraums und der handelnden Personen kommen weitere Aufgaben hinzu, wie z. B. die Sorge für ein wertorientiertes Miteinander und empathisches Umfeld. Hier lag eine der zentralen Aufgaben für die Tiba bei der Unterstützung der Transformationen, nämlich das Coaching der Führungskräfte in ihrer jeweiligen Rolle. Haltung und Werte der Akteure sind ein weiteres wichtiges Standbein einer Transformation [20]. Im Rahmen von Trans- Anzeige Project Office ist Enterprise-Software für beeindruckende Projekte wie den Gotthard- Basistunnel. Agiles Teamwork und hohe Prozesssicherheit verbinden sich dabei zu konsequent hybridem Projektmanagement. Mit agilen Elementen wie Task Boards, Issues und Activities machen Sie Ihre Teams schneller und produktiver. Bewährte Elemente wie die Planung der Ecktermine liefern zuverlässige Leitplanken. Erfolgreiche Projekte durch verlässliche Prozesse und bessere Teamarbeit Engineering success - the agile way WEBCAST | Real-time project controlling State-of-the-art transparency for teams, project leaders and management https: / / bit.ly/ 3BxknLm energizing great minds contact-sofware.com Wissen | Anforderungen von Transformationen an das Projektmanagement 26 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0088 formationen werden Verhaltensmuster, Denk- und Handlungslogik hinterfragt. Nur wer als Vorbild wahrgenommen wird, wirkt in Transformationen authentisch. Dabei spielen Faktoren wie beispielsweise Selbstentwicklung, -bewusstheit, -verantwortung und -vertrauen eine wichtige Rolle. Fazit Weder eine Transformation noch die Verantwortung für deren Umsetzung können delegiert werden. War es in der Vergangenheit noch möglich, dass die Geschäftsführung eine Transformation neben dem Tagesgeschäft orchestriert hat, ist dies durch die gestiegene Komplexität heutzutage nicht mehr möglich. Daher werden heutzutage sowohl im Mittelstand wie auch in Konzernen Transformationsinitiativen in Form von Programmen aufgesetzt und gestartet. Diese stellen neue Anforderungen an das Management der Projekte und des übergreifenden Programms. Mit der Unterscheidung von Transformationen 1. und 2. Ordnung (siehe Abb. 1) haben wir die wesentlichen Aspekte und die entsprechenden Lösungsansätze herausgearbeitet. Demnach reicht es im Rahmen von Transformationen nicht aus, dass die Mitarbeitenden Bücher lesen oder an Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen. Auch wenn Wissen sehr hilfreich ist, sind Erfahrung und Referenzerlebnisse als Inspiration nötig, damit die Transformation gelingen kann. Diese Erlebnisse können von der Organisation genutzt werden, daran zu lernen, sich weiter auszurichten und den Entwicklungspfad kontinuierlich zu verfolgen. Es geht dabei eher um einen langfristigen Entwicklungsprozess, bei dem alle Beteiligten sukzessive eine Anpassungsfähigkeit aufbauen und weniger um die einmalige Umsetzung vorab definierter Zielzustände. Literatur [1] Bauman, Z.: Liquid Times. Living in an Age of Uncertainty, Cambridge 2007. [2] Deutschman, A.: Change or Die. Could you change when change matters most? New York 2007. [3] Scheller, T.: Die Wertstrom-Organisation. Agilität radikal zu Ende gedacht, München 2021. [4] Tuczek, H. (Hrsg.): Neues unternehmerisches Denken. Vom Start-up zum erfolgreichen Unternehmen in einer digitalisierten Welt, Freiburg 2020. [5] Hermann, S., Pfläging, N.: OpenSpace Beta. Das Handbuch für organisationale Transformation in nur 90 Tagen, München 2020. [6] Savolainen, T., Lehmuskoski, K., Koskenvaara, T.: Surfing the Digital Tsunami. A playbook for continuous business transformation, Helsinki 2020 [7] Häusling, A. (Hrsg.): Agile Organisationen. Transformationen erfolgreich gestalten-- Beispiele agiler Pioniere, Freiburg 2018. [8] Tiba (Hrsg.): Studie: Transformationsbedarf für Unternehmen aus Sicht der Generation Z, München 2021. [9] Bergmann, F.: New Work New Culture. Work we want and a culture that strengthens us, Alresford 2019. [10] Böhle, F., Busch, S. (Hrsg.): Management von Ungewissheit. Neue Ansätze jenseits von Kontrolle und Ohnmacht, Bielefeld 2012. [11] Borgert, S.: Die Irrtümer der Komplexität. Warum wir ein neues MANAGEMENT brauchen, Offenbach 2015. [12] Oestereich, B., Schröder, C.: Das kollegial geführte Unternehmen. Ideen und Praktiken für die agile Organisation von morgen, München 2017. [13] Wagner, R.: Zwei Seiten einer Medaille: Change und Projekte. In: Lang, M., Wagner, R. (Hrsg.): Das Change Management Workbook. Veränderungen in Unternehmen erfolgreich gestalten, München 2020. [14] Lock, D., Wagner, R. (Eds.): Gower Handbook of Programme Management. 2nd Edition. Milton Park 2016. [15] Anderson, D., Ackerman Anderson, L., Beyond Change Management, 2nd Edition, San Francisco 2010. [16] Armatowski, S., Herrmann, P., Müller, M., Schaffitzel, N., Wagner, R.: The importance of Mindset, Culture and Atmosphere for Self-Organisation in Projects, Amsterdam 2020. [17] Permantier, M.: Haltung entscheidet. Führung & Unternehmenskultur zukunftsfähig gestalten, München 2019. [18] Müller, D., Hofstetter, M., Jacobs, N., Heiß, A.: Studie zu Projektmanagement 4.0 der Tiba Managementberatung GmbH, München 2018. [19] Breidenbach J., Bettina R.: New Work needs Inner Work, 2. Auflage, München 2019. [20] Binkley, M., Erstad, O., Herman, J., Raizen, S., Ripley, M., Miller-Ricci, M., & Rumble, M.: In P. Griffin & E. Care (Eds.), Assessment and teaching of 21st century skills. Dordrecht 2012. Eingangsabbildung: © iStock.com / wildpixel Sebastian Schurig Sebastian Schurig ist Leiter des Center of Competence Transformationsberatung der Tiba Managementberatung GmbH und begleitet seit 15 Jahren Unternehmen verschiedener Größen und aus unterschiedlichen Branchen bei deren Transformationsvorhaben. eMail: sebastian.schurig@tiba.de Tiba Managementberatung GmbH, Perchtinger Straße 10, 81 379 München Reinhard Wagner Reinhard Wagner ist Geschäftsführer der Tiba Managementberatung GmbH und unterstützt mittelständische Betriebe wie auch Konzerne auf dem Weg zur projekt-orientierten Unternehmung. Dabei bringt er 35 Jahre Erfahrung in verschiedenen Führungsbzw. Projektrollen und mehr als 20 Jahre ehrenamtliches Engagement in GPM, IPMA, DIN und ISO in seine Arbeit mit ein. Er hat fast 40 Fachbücher zu den Themen Projekt-, Programm- und Portfoliomanagement veröffentlicht. eMail: reinhard.wagner@tiba.de Tiba Managementberatung GmbH, Perchtinger Straße 10, 81 379 München uvk.de Damit Sie mit Ihrem Team schneller ans Ziel kommen! 28 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0089 Selbstorganisation und New Work New Work-- Selbstorganisation in der Projektarbeit stärken Eckhard Heidling Für eilige Leser | Die „Faszination New Work“ steht für den kulturellen Wandel von Arbeit und die Entstehung neuer Arbeitsformen. In diesem Zusammenhang rückt die Frage nach Potenzialen und Grenzen von Selbstorganisation bei traditioneller und agiler Projektarbeit verstärkt ins Zentrum. Wenn es um die Zukunft der Arbeit geht, ist derzeit häufig die Rede von New Work. Bücher, Ratgeber, Aufsätze und Internetseiten beschreiben die „Faszination New Work“ in unterschiedlichen Gestaltungsfeldern. Häufig unklar bleiben Herkunft und aktuelle Bedeutung des Begriffs New Work. Erkennbar geht es um die Beschreibung neuer Arbeitsformen und den damit verbundenen Wandel in der Steuerung und Kultur von Arbeit. Als ein zentraler Trend bei New Work wird die zunehmende Selbstorganisation in der Arbeit gesehen, die von den Unternehmen gefordert und von den Beschäftigten gewünscht wird. Damit rückt die Frage nach den Potenzialen, Ansätzen und Grenzen von Selbstorganisation bei traditioneller und agiler Projektarbeit verstärkt in den Blick. Schlagwörter | New Work, Projektarbeit, Selbstorganisation, Agilität, situatives Handeln 1. Wandel von Arbeit und New Work Der durch Digitalisierung und Industrie 4.0 beschleunigte technische Wandel wirkt sich massiv auf Restrukturierungsprozesse in einem breiten Spektrum von Produktions- und Dienstleistungsbranchen aus. Aufgrund der sich schnell verändernden Markt- und Kundenanforderungen in einem internationalen Wettbewerbsumfeld sind die Unternehmen gefordert, ihre Innovationsfähigkeiten zu stärken und die Flexibilität ihrer Arbeitsprozesse zu erhöhen. In diesen Entwicklungsprozessen kommt digitalen Technologien eine doppelte Rolle zu. Digitalisierung wirkt einerseits als Treiber für eine wachsende Komplexität von Produkten, Dienstleistungen und ganzen Wertschöpfungssystemen. Andererseits können mit digital gestützten Instrumenten neue Bedingungen hergestellt werden, um mit dieser Komplexität angemessen umzugehen. Im Unterschied zu früheren Technik- und Automatisierungsdiskursen besteht in der aktuellen Diskussion zur Gestaltung von Digitalisierung und Industrie 4.0 ein breiter Konsens darüber, dass der Mensch im Mittelpunkt der Entwicklung stehen soll [1]. Damit korrespondiert das Bild einer Arbeit 4.0 [2], die geprägt ist von einem flexiblen, agilen und vernetzten Arbeitshandeln. Verbunden ist dies mit Vorstellungen einer verstärkten individuellen und teamförmigen Selbstorganisation, die auf den Selbststeuerungsfähigkeiten der Beschäftigten beruht. In diesem Zusammenhang spielt der Begriff „New Work“ gegenwärtig eine sehr populäre Rolle. Bücher, Ratgeber, Aufsätze und Internetseiten beschreiben die „Faszination New Work“ [3] und enthalten Anleitungen, wie man New Work gestaltet [4] [5]. In einer „New Work Charta“, die auch von Unternehmen getragen wird, bilden fünf Prinzipien die Basis für einen grundlegenden Wandel der Arbeitswelt: Freiheit, Selbstverantwortung, Sinn, Entwicklung, soziale Verantwortung [6]. Zudem vergibt die Business-Plattform Xing seit 2014 jährlich einen „New Work Award“, mit dem die besten innovativen Ideen und Umsetzungsbeispiele zur Umgestaltung der Arbeit prämiert werden. New Work wird überwiegend als positive Antwort auf die Frage nach der Entwicklung von Arbeit in einer zunehmend Wissen | New Work-- Selbstorganisation in der Projektarbeit stärken 29 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0089 digitalisierten Arbeitswelt gehandelt-- häufig allerdings, ohne dass geklärt wäre, was der Begriff genau aussagen soll. Als geistiger Vater von New Work gilt der österreichisch-amerikanische Philosoph Frithjof Bergmann. Kern von New Work ist seine Forderung an die Beschäftigten, einer Arbeit nachzugehen, „die man wirklich, wirklich will“. Mit dieser Formel entwirft Bergmann ein Gegenbild zur klassischen Lohnarbeit, die dadurch gekennzeichnet ist, dass Gegenstand, Art, Inhalt, zeitliche Abfolge und Ort der Arbeitstätigkeiten fremdbestimmt sind. New Work verspricht eine Umkehrung dieses Zustands. Im Kern ist „Selbstbestimmung-[…] der Grundbaustein, das Molekül, aus dem das System der Neuen Arbeit Stück für Stück aufgebaut“ ist [7, S. 116]. Grundlage dieser Richtungsänderung sind insbesondere Informationstechnologien, mit denen eigenmotivierte Beschäftigte überschaubare, effiziente und schnelle Strukturen schaffen sollen, um auf diese Weise die überkommenen großen, hierarchischen und langsamen Unternehmen und Verwaltungen zu ersetzen. Mit dieser Mischung-- innovative Produkte und Dienstleistungen insbesondere durch den verstärkten Einsatz digitaler Technologien herzustellen, damit schneller auf Marktanforderungen zu reagieren sowie steigenden Anforderungen einer wachsenden Zahl von Beschäftigten an die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit zu entsprechen-- sind die zentralen, von Bergmann angebotenen Kategorien anschlussfähig für Vorstellungen darüber, wie New Work aussehen und gestaltet werden kann (Abb. 1). Dies spiegelt sich, ob mit oder ohne Bezug auf die Überlegungen Bergmanns, in entsprechenden Definitionen zu New Work wider. So wird New Work definiert als „eine Arbeitsweise, die durch ein hohes Maß an Virtualisierung von Arbeitsmitteln, Vernetzung von Personen, Flexibilisierung von Arbeitsorten, -zeiten und -inhalten gekennzeichnet ist“ [8, S. 5]. Weitere Schwerpunkte werden bei „Zeitsouveränität und hohem subjektivem Wohlbefinden“ gesetzt und es wird auf entsprechende Entwicklungs- und Steuerungsaspekte „durch Interventionen auf pädagogisch-psychologischer, organisationaler, technologischer und politischer Ebene“ verwiesen [9, S. 13]. Wichtiger werden zudem Fragen nach dem Sinn von Arbeit, wobei Beschäftigte ihren Blick verstärkt auf den Nutzen ihrer Tätigkeiten richten, um ihre Arbeitsidentität zu stabilisieren und handlungsfähig zu bleiben [10]. Das übergreifende Moment des New-Work-Diskurses besteht in stärker durch die Beschäftigten selbst gestalteten und selbstorganisierten Arbeitsprozessen. Dies umfasst insbesondere die folgenden Felder (Abb. 2): eine räumlich / örtliche und zeitliche Flexibilisierung von Arbeit; eine verstärkt vernetzte, abteilungsübergreifende Arbeit innerhalb der Unternehmen sowie eine wachsende unternehmensübergreifende Vernetzung; eine Entwicklungstendenz zu neuen Führungsformen; sowie eine stärker an Werte gebundene Arbeit mit der Erwartung an Sinnstiftung in den konkreten Arbeitstätigkeiten [8] [11] [12]. Abbildung 1: New Work: Vernetzung und Flexibilisierung (designed by Macrovector / Freepik) Wissen | New Work-- Selbstorganisation in der Projektarbeit stärken 30 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0089 2. Projektarbeit und New Work Projektarbeit wird häufig als Element wissensintensiver Arbeitsprozesse gesehen, die mit der Dezentralisierung von Verantwortung, vergleichsweise großen Gestaltungsspielräumen und selbstorganisiertem Arbeitshandeln der Beschäftigten verbunden sind. Diese Vorstellung findet sich auch in der New-Work-Debatte, da Projektarbeit im Zusammenhang mit Wünschen der Beschäftigten nach größeren Anteilen ihrer Arbeitszeit an entwicklungsorientierten, selbstbestimmten projektförmigen Arbeitsinhalten und Arbeitsformen thematisiert wird. Quantitative Untersuchungen zeigen, dass 57 % der befragten Beschäftigten weniger Routinetätigkeiten wünschen, was einer Steigerung von 14 % gegenüber den derzeit in Projekttätigkeiten Beschäftigten entspricht [11, S. 131]. Wie Untersuchungen zeigen, nimmt die Projektifizierung im internationalen Vergleich zu, wobei 2013 in Deutschland 34,7 % der Gesamtarbeitszeit der Beschäftigten auf Projekttätigkeiten entfallen [13]. Mit Projekten sollen neue marktinduzierte, komplexe Problemstellungen innerhalb der Unternehmen und im unternehmensübergreifenden Kontext bewältigt werden [14]. Auf den ersten Blick deutet dies auf gute Voraussetzungen für die Zunahme selbstorganisierten Arbeitens hin. Die Zunahme von Projekten führt allerdings nicht zur Auflösung und Ersetzung der ‚klassischen‘, auf Kontinuität und Stabilität ausgerichteten Organisation. Kennzeichnend für die Mehrzahl der Unternehmen ist vielmehr eine duale Struktur von „alter Welt“ und „neuer Welt“, was für die meisten Projektbeteiligten bedeutet, dass sie sowohl temporär in Projekte als auch in die permanenten Organisationsstrukturen eingebunden sind [15]. Damit entsteht eine duale Organisationsstruktur, die durch unterschiedliche und teils widersprüchliche Prinzipien und dadurch entstehende Spannungsverhältnisse geprägt ist. Es kommt zu Konflikten bei Zuständigkeiten, Karrierewegen, Zeitmanagement sowie psychisch-physischen Belastungen. Beschäftigte erhalten Anweisungen und Beurteilungen sowohl von Vorgesetzten in der Linie als auch von Projektleitenden, längerfristig und kontinuierlich anfallende Aufgaben überschneiden sich mit kurzfristigen, aktuellen Anforderungen. Zeit- und Termindruck sind kennzeichnend für Projektarbeit. Eine wichtige Folge für die Projektbeschäftigten besteht darin, dass sie neben ihren inhaltlichen Aufgaben mit den aus der dualen Struktur entstehenden Spannungsverhältnissen umgehen und dafür in hohem Maß selbstorganisiert handeln müssen [16]. Durch die zunehmende Digitalisierung werden diese Spannungsverhältnisse in neuer Weise aktualisiert, wobei deren Bearbeitung gegenwärtig verstärkt durch den Einsatz agiler Methoden erfolgt. Mit agiler Projektarbeit sollen Leistungen schneller und qualitativ besser bereitgestellt, Beschäftigten größere Umfänge selbstbestimmter Arbeit angeboten und die Arbeitsabläufe durch geringere Dokumentationsaufwände vereinfacht und entbürokratisiert werden [17]. Allerdings zeigen aktuelle Studien zur Entwicklung des Projektmanagements für die deutsche Wirtschaft, dass die Mehrzahl der Unternehmen auf hybride Modelle (43 %)- - also eine Mischform aus agilen und klassischen Methoden- - setzt. Auf den weiteren Plätzen folgen eine selektive Anwendung agiler Methoden (28 %), ein rein agiles Vorgehen (20 %) und durchgängig klassische Methoden des Projektmanagements (9 %) [18]. Diese weit verbreitete Koexistenz klassischer und agiler Ansätze erzeugt neue Formen dualer Strukturen und Spannungsverhältnisse, diesmal im Projektmanagement selbst. Dabei verweisen Untersuchungen darauf, dass in der Praxis fünf Spannungsfelder im Mittelpunkt stehen. Diese umfassen unzureichend geklärte Verantwortlichkeiten zwischen agiler und klassischer Organisation, unterschiedliche Auffassungen zu Umfang und Geschwindigkeit der Umstrukturierungsprozesse hin zu mehr Agilität, zu geringe Beteiligung und mangelndes Vertrauen der Beschäftigten im Umstrukturierungsprozess, das weiter bestehende Silodenken der traditionellen Abteilungen und zu wenig angepasste Instrumente für einen integrativen Umgang mit den dualen Organisationsstrukturen [19] [20]. Abbildung 2: Felder von New Work (eigene Darstellung nach [8, S. 5]) Wissen | New Work-- Selbstorganisation in der Projektarbeit stärken 31 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0089 Situatives Handeln im Projektmanagement Dimensionen Anforderungen Vorgehen Zielbestimmung Vorgabe eines Rahmens statt vorab feststehender Ziele Präzisierung der Ziele im Projektverlauf durch Nutzung nicht-linearer Prozesse und vernetzter Strukturen Zeitliche Planung Flexibler zeitlicher Rahmen Genaue Terminierung wird zwischen Projektpartnern / Teams abhängig vom Verlauf der Projektphasen ausgehandelt. Art des Vorgehens Häufig unscharf und wenig planbar Explorativ-entdeckend, dialogisch-interaktiv: keine Pfadvorgaben, unbekannte Wege erkunden, Misserfolg als Erkenntnisgewinn, interaktive Vermittlung von Ideen und Ergebnissen. Art der Steuerung Hohes Maß an flexiblen Umorientierungen zulassend, um ex ante nicht vorhersehbare Wege zur Zielerreichung offenzuhalten. Leitung als Moderation und Coaching: offene Strukturen schaffen, durch die Vertrauen entsteht. Tabelle 1: Situatives Handeln im Projektmanagement (eigene Darstellung) Untersuchungen zum konkreten Arbeitshandeln in agilen Projekten zeigen, dass selbstorganisierte Arbeit in Projektteams dann stattfindet, wenn die Teamplanung eng mit den Erfahrungen der Beschäftigten verknüpft ist und Anpassungen in der Aufgabenverteilung im operativen Tagesgeschäft von den Teammitgliedern eigenständig organisiert werden können. Eine weitere wichtige Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit der Teams sind vertrauensvolle und enge Kooperationsbeziehungen. In einem solchen Arbeitsklima ist es möglich, Fehler nicht den einzelnen Beschäftigten zuzurechnen, sondern in den Projektteams aufzuarbeiten und als Lernchance zu begreifen. Belastungen können durch stabile Projektteams reduziert werden, indem ihre Mitglieder nicht gleichzeitig in mehreren Projekten arbeiten oder für „Feuerwehreinsätze“ an anderen Stellen im Unternehmen eingesetzt werden [21]. Allerdings bleibt häufig das Verhältnis dieser Selbstorganisation zu den allgemeinen Regeln und Planungen anderer Organisationseinheiten im Unternehmen und den dynamischen Veränderungen externer Bedingungen des Marktes ungeklärt. Dies umfasst insbesondere die Frage, wie die Übergänge an den Schnittstellen zu nicht-agil organisierten Prozessen innerhalb der Unternehmen (Verwaltung, Marketing, Einkauf, Vertrieb) und zum Kunden in der unternehmensübergreifenden Kooperation organisiert sind [22]. Eine Folge können kontroverse Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse sein, die zum Misserfolg agiler Ansätze führen [23]. Die sich daraus entwickelnden gegensätzlichen Anforderungen gefährden „die Grenzregulation der selbstorganisierten Projektarbeit“ und können dann eine Quelle neuer, zusätzlicher Belastungen für die Beschäftigten sein [24, S. 136]. 3. Stärkung von Selbstorganisation in der Projektarbeit Die Handlungsspielräume für Selbstorganisation hängen entscheidend von den Freiheitsgraden der Projekte als temporärer Organisationsfelder gegenüber ihrem Umfeld, d. h. den permanenten Organisationsfeldern des Unternehmens ab [25]. Damit besteht eine zentrale Aufgabe der Führungskräfte darin, Rahmenbedingungen für eine angemessene Grenzregulierung zwischen permanenter und temporärer Organisation bereitzustellen und damit Grundlagen für selbstorganisiertes Handeln zu schaffen. Dies ist die notwendige Voraussetzung dafür, dass die Beschäftigten die im New- Work-Diskurs zentralen Felder stärker selbstorganisiert gestalten können. Ein Gestaltungsansatz besteht darin, das planungsorientierte mit einem situativen Handeln im Projektmanagement zu verbinden. Situatives Handeln dient dazu, Ziele und Vorgehensweisen im Handlungsprozess selbst herauszubilden und weist deshalb über den reinen Vollzug vorangegangener Entscheidungen und Planungen hinaus. Dabei geht es nicht darum, die bisher entwickelten Kenntnisse und Instrumente des Projektmanagements zu ersetzen, sondern sie im Sinne eines Sowohlals-auch um situative Vorgehensweisen zu erweitern [26]. Anzeige Wissen | New Work-- Selbstorganisation in der Projektarbeit stärken 32 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0089 Situatives Handeln im Projektmanagement stellt ein Vorgehen für die Herausforderungen selbstorganisierter Prozesse in vier Dimensionen bereit (Tab. 1): Um die Zielbestimmung im Projektverlauf zu präzisieren, werden die nicht-linearen Prozesse und die vernetzten Strukturen der Projekte genutzt. Die zeitliche Planung ist abhängig von der Entwicklung der einzelnen Projektphasen und wird zwischen unternehmensinternen und -externen Projektpartnern fortlaufend ausgehandelt. Das Vorgehen ist geprägt durch explorativ-entdeckende und dialogisch-interaktive Momente, so dass die Entwicklungsprozesse nicht durch vorschnelle Pfadvorgaben eingegrenzt, Räume für unbekannte Wege eröffnet, Misserfolge für neue Erkenntnisse genutzt und die Ergebnisse und Ideen durch intensive Interaktionen an alle beteiligten Akteure vermittelt werden. Der weitgehende Verzicht auf explizite Vorgaben (wie Zielhierarchien, eine kleinteilige Detaillierung der Projektplanung, die quantitative Messbarkeit aller Projektschritte u. a.) führt zu einer intensiven Auseinandersetzung mit den Arbeitsgegenständen und zur Entwicklung weiterreichender innovativer Anstöße durch die Beschäftigten. Die Steuerung wird vorrangig als Moderation und Coaching organisiert und richtet sich auf die Schaffung offener und vertrauensvoller Strukturen. Ein Grundsatz besteht darin, keine Denkverbote aufzustellen. Dadurch werden Räume für methodisch neue Ansätze eröffnet und es wird verhindert, dass Impulse und Ideen, die in den selbstorganisierten Prozessen entstehen, durch enge Pfadvorgaben vorschnell eingeengt werden. Ein weiteres Moment richtet sich auf den spezifischen Umgang mit Fehlern und Irrtümern. Misserfolge werden vonseiten des Managements nicht mit Schuldzuweisungen gegenüber den Beschäftigten verbunden, sondern explizit als Erkenntnisgewinn gesehen, weil sonst entscheidende Lernmöglichkeiten ungenutzt bleiben. Für selbstorganisierte Arbeitsprozesse scheint es zudem besonders produktiv zu sein, Räume und Gelegenheiten für einen informellen Austausch zur Verfügung zu stellen und offizielle Sitzungen und Meetings nur punktuell anzusetzen. Diese informellen Kooperations- und Interaktionsstrukturen bilden eine gute Basis für kontinuierliche Innovationsprozesse. 4. Zusammenfassung Im New-Work-Diskurs geht es um einen Wandel der Arbeit im Rahmen der bestehenden Verhältnisse. Dabei werden unter den Bedingungen zunehmender Digitalisierung wichtige Entwicklungen zu neuen und anderen Arbeitsformen thematisiert. Im Schnittpunkt „Selbstorganisation“ treffen hier neue Anforderungen seitens der Unternehmen an die Beschäftigten und neue Anforderungen der Beschäftigten an die Gestaltung der Arbeit zusammen. Eine wichtige Voraussetzung zur Entfaltung dieser neuen Arbeitsformen besteht darin, dass Unternehmen und Führungskräfte dafür angemessene Rahmenbedingungen bereitstellen. Dies zu realisieren ist alles andere als einfach. Dabei geht es um den gleichzeitigen Umgang mit einer weiter bestehenden „alten Welt“ vorgegebener bürokratischer und hierarchischer Organisationsstrukturen und einer „neuen Welt“ flexibler, fluider Organisationsstrukturen und wachsender Ansprüche der Beschäftigten an selbstorganisierte und individuell sinnhafte Arbeit. Gute Voraussetzungen zur Gestaltung dieses Prozesses durch das Projektmanagement bietet eine Stärkung situativer Handlungsstrukturen in der gegenwärtigen Digitalisierung: Digitale Räume können eine große Vielfalt von Arbeitsarrangements in sich aufnehmen. Die organisationale Einbettung von neuen Technologien entscheidet darüber, wie viel Autonomie, Kollaboration, Lernen und Vielfältigkeit im Arbeitshandeln möglich sind. Die Kunst wird darin bestehen, bei der Gestaltung von New Work diese Faktoren in einen für die Beschäftigten und für die Unternehmen produktiven Zusammenhang zu bringen. Literatur [1] Plattform Industrie 4.0 (Hrsg.): Leitbild 2030 für Industrie 4.0. 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Herausforderungen neuer Konzepte der Selbstorganisation. Hampp, München, Augsburg 2020, S. 127-149 [26] Geraldi, Joana / Söderlund, Thomas: Project studies: What it is, where it is going. In: International Journal of Project Management, 36 / 2018, S. 55-70, h ttp s : / / w w w. s c i e n c e d ire c t. c o m / s c i e n c e / a rti c le / abs / pii / S0 263 786 316 305 403, Stand: 25. 09. 2019 Eingangsabbildung: © iStock.com / Vasyl Dolmatov Dr. Eckhard Heidling Dr. Eckhard Heidling, Studium der Politischen Wissenschaft, Wirtschaftswissenschaft, Soziologie, FU Berlin Wissenschaftler, ISF München seit 1989 Forschungsschwerpunkte: international verteilte Arbeit, Projektarbeit, Qualifikation, Kompetenzentwicklung Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e. V.- - ISF München Jakob-Klar-Str. 9 80 796 München Telefon: 089 / 272 921 - 0 eMail: eckhard.heidling@isf-muenchen.de 34 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0090 Wie bewegt man einen Tanker? -- Transformationen in etablierten Konzernen Roscoe Araujo, Cornelia Zimmer-Reps Für eilige Leser | Wie bewegt man einen Tanker, also Unternehmen, die für Größe, Tradition und frühere Erfolge stehen? Vor allem wenn seit einigen Jahren der Erfolg hinkt und der Name in den letzten Jahren auch in der Öffentlichkeit sehr in der Kritik steht. Kommt Ihnen das aus Ihrem Unternehmen bekannt vor? Ein weiter so und klassische Performanceprojekte sind keine Option mehr, die Belegschaft ist müde und frustriert. Wie kann dieser Tanker wieder Fahrt aufnehmen und tatsächlich in Bewegung kommen, sodass die Motivation der Mitarbeitenden wieder steigt und die Marke zu neuer Stärke finden kann? Darauf gehen wir in unserem Beitrag ein. Schlagwörter | Change, VUCA, Transformation, Influencer Wo stehen viele Unternehmen derzeit? Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt: „Warum möchten Sie bei einem Unternehmen arbeiten? Der Produkte wegen? Für die Karriere? Für inspirierende Führung? Um etwas zu verändern? Um ein geregeltes Einkommen zu sichern? Die Rechnungen zu bezahlen? Finanzielle Sicherheit zu haben? “ Was ist der eigentliche Grund, warum Menschen in ein Unternehmen eintreten und vor allem dort bleiben? Wir können in der aktuell noch prägenden Generation der Babyboomer und / oder Generation X vor allem die Gründe Versorgung und Status als Hauptgründe beobachten. Dies bestätigen auch Gloger und Rösner in ihrem Buch „Selbstorganisation braucht Führung“ (in Anlehnung an Simon Sinek) und benennen Unternehmen sogar als Versorgungsanstalten oder Versorgungstanker. Also ein Unternehmen, in dem man bis ans Ende der beruflichen Laufbahn bleibt und ein üppiges Einkommen bezieht. Dies steht im starken Kontrast zur VUCA-Welt, in der Veränderungen um uns herum schneller stattfinden, als wir es häufig innerhalb der meisten Unternehmen bewältigen können. Wie man in Büchern wie „Exponential Organizations“ lesen kann, können neu gegründete Unternehmen zum Teil in wenigen Jahren eine Marktkapitalisierung von einer Milliarde erreichen, wohingegen Unternehmen vor einigen Jahren noch Jahrzehnte dafür gebraucht haben. Was ist also eine typische Antwort so eines Unternehmens auf eine derartige Herausforderung? Von Investitionen in neue Geschäftsmodelle bis zu Restrukturierungen gibt es eine ganze Bandbreite von möglichen Lösungen. Typischerweise flüchten sich traditionelle Unternehmen auch in traditionelle Herangehensweisen, wie zum Beispiel einer klassischen Umstrukturierung, in der die Aufbauorganisation verändert wird. Abteilungen werden zusammengezogen oder getrennt, Teammitglieder verschoben und alte Führungskräfte auf neuen Positionen installiert, sodass auf dem Papier die neue Organisation scheinbar tadellos, innovativ und vollkommen überzeugend wirkt. Die Realität sieht jedoch leider häufig völlig entgegengesetzt aus. Bestehende Arbeitsbeziehungsgeflechte werden von heute auf morgen aufgebrochen und Teams finden sich über Nacht in neuen Konstellationen und konfrontiert mit neuen Aufgaben. Und zum Ende der Transformation, wenn die Organisation live gehen soll, merkt das verzweifelte Projektteam, dass die Akzeptanz für die Umstrukturierung äußerst gering ist. Es gibt unter Umständen sogar eine Schattenorganisation, die parallel zu der offiziellen neuen Organisation noch nach alten Regeln agiert und arbeitet. Hier ist es jedoch oft schon zu spät, um die Transformation zu retten. So beginnt ein Teufelskreis, der die Belegschaft müde und mürbe macht, sodass jede neue Transformation zum Scheitern verurteilt wird. Erkennen Sie diese „Symptome“ aus Ihrem Unternehmen wieder? Es verwundert nicht, dass die Erfolgsquote von Transformationen weltweit in unterschiedlichsten Publikationen nur bei 20-30 % angesetzt Wissen | Wie bewegt man einen Tanker? -- Transformationen in etablierten Konzernen 35 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0090 wird. Wenn man diese Erfolgsquote in Beziehung zu den monetären Aufwänden setzt sowie den Anstrengungen der Mitarbeitenden, kann dies nur in höchstem Maße enttäuschend sein. Doch selbst bei erfolgreichen Transformationen, in denen das Organigramm vollständig umgestellt wird, ist man noch nicht auf der sicheren Seite. Was macht man, wenn bereits die nächste Bedrohung von außen ansteht? Greift man wieder zum Organigramm? Und dies vielleicht sogar alle ein bis zwei Jahre? Die Zeit und die Energie reichen für dieses Kästchenverschieben auf Dauer nicht aus. Vielmehr ist es eine Frage, wie eine Organisation dauerhaft und schnell genug auf Veränderungen reagieren kann. Vielleicht ist es sogar die entscheidendste Frage, die sich Unternehmen in der heutigen Zeit stellen müssen. Es geht also nicht nur darum, der Größte zu sein, wie dies vielleicht früher bei den Versorgungsanstalten der Fall war, sondern vielmehr gemäß des „Survival of the fittest“ nach Charles Darwin darum, sich am besten und schnellsten an sich verändernde Umstände anzupassen, um das Überleben und Fortbestehen des Unternehmens zu sichern. Diverse Autor*innen wie F. Laloux haben in Veröffentlichungen wie „Reinventing Organizations“ bereits dargelegt, wie sich Organisationen schnell genug anpassen können. In diesen Werken werden Negativbeispiele wie Nokia, wie auch Positivbeispiele wie Netflix genannt. Viele der Positivbeispiele entstammen kleineren bis mittelgroßen Unternehmen. Insbesondere in Deutschland stellt sich allerdings immer wieder die Frage, wie bei großen, traditionsreichen und aus der Vergangenheit erfolgsverwöhnten Unternehmen dieser Wandel gelingen kann. Wie gelingt Change Management in der VUCA- Welt für Großunternehmen und Konzerne? Change Management wurde und wird in vielen Bereichen nur in minimaler Form angewandt. Man hat beispielsweise in klassischen Projekten oft streng ablauforientiert agiert und die Mitarbeitenden zuallerletzt über die anstehende Veränderung informiert, die dann oft auf Widerstand stößt. Change Management war dann die bloße Kommunikation über vollendete Tatsachen. Zu einem vollumfänglichen Change Management gehört jedoch eine frühe Einbindung der breiten Masse und Partizipation. An dieser Stelle zeigen sich Parallelen eines zeitgemäßen und modernen Change Managements mit Ansätzen aus der agilen Welt. Diese sind beispielsweise die frühe Einbindung der „Kund*innen“. Damit sind allerdings nicht nur die Auftraggeber*innen der Veränderung gemeint, sondern auch die Endkund*innen, also die Mitarbeitenden, die unmittelbar von der Veränderung betroffen sind. Des Weiteren ist die iterative Vorgehensweise ein besonders gutes Mittel, um in der Transformation immer á jour zu bleiben. Denn wie wir wissen, sind insbesondere Veränderungsprojekte hochgradig dynamisch und die Bewegungen in so einem Konstrukt unberechenbar. Eine langfristige Planung kann also nur fehlerhaft sein und sollte daher in kurzen Zyklen überprüft und angepasst werden. Wobei bei der Überprüfung, unbedingt Feedback der Organisation, oder zumindest eines repräsentativen Teils, einzuholen ist, um die Richtungskorrektur anzugehen. Spezielle Kommunikationsformate, wie Lean Coffee, helfen dabei in einem informellen Rahmen Stimmungsbilder einzuholen bzw. eine Rückkopplung zur Organisation zu etablieren. Hiermit lassen sich die Wirksamkeit der Veränderungsmaßnahmen gut einschätzen und etwaige „Tretminen” aufdecken. So können in jeder Iteration immer wieder neue Schwerpunkte gesetzt werden, die das Projekt Stück für Stück voranbringen und dabei durch Partizipation ein großes Maß an Akzeptanz sicherstellen. Dies beschreibt auch Jason Little in seinem Lean Change Cycle. Abbildung 1: Behavioral Change Model (angelehnt an AKKO Modell, von Hehn, Cornelissen & Braun) Wissen | Wie bewegt man einen Tanker? -- Transformationen in etablierten Konzernen 36 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0090 Rahmenmodell für die Transformation Für die Einführung einer erfolgreichen Transformation ist auch ein iteratives Vorgehen auf Basis eines systematischen Modells sinnvoll. Ein sehr wirksames Instrument ist das als „Behavioral Change Model“ betitelte Framework. Es basiert auf dem AKKO-Modell nach von Hehn, Cornelissen und Braun und umfasst vier Elemente, in denen Maßnahmen definiert werden, um eine optimale Akzeptanz für die neuen Vorgehensweisen herbeizuführen. Startpunkt sollte der Quadrant links oben sein, um von dort ausgehend im Uhrzeigersinn alle vier Teile zu adressieren. Die ersten beiden Elemente orientieren sich sehr stark am Mindset, wie dem Verstehen und der sozialen Konformität, die letzteren beiden an den harten Themen, wie dem Kontext, Systemen, Prozessen, Tools und Fähigkeiten. Dieser 4er-Zyklus sollte für jede kritische Stakeholdergruppe durchgeführt bzw. darauf überprüft werden, um sicherzugehen, dass die Maßnahmen umfassend ausfallen und die wichtigsten Interessensvertreter behandelt werden. Es gibt häufig die Diskussion, ob man beim Mindset oder beim Kontext ansetzen soll. Beim Mindset geht es vor allem darum, Personen von einer Veränderung zu überzeugen, indem man sie beispielsweise involviert. Wenn man primär den Kontext nutzt, setzt man eher auf Systeme, Prozesse und Strukturen. Wie bei einem Flussbett versucht man Stein für Stein so zu drapieren, dass der Fluss, also die Veränderung, optimal fließen kann und automatisch in das neue Flussbett übertritt. Ein anschauliches Beispiel ist das Thema Organspende. In Ländern wie Deutschland versucht man durch Initiativen und Aktionen die Bevölkerung dazu zu bewegen, sich freiwillig als Organspender*innen zu melden. Dagegen setzt Das System, bei dem die Ressourcenplanung funktioniert Ressourcenmanagement Projektportfolio-Management Aufwand- & Kosten-Controlling Projektplanung Vereinbaren Sie noch heute Ihre persönliche Webdemo Scheuring AG CH-4313 Möhlin � +41 61 853 01 54 www.scheuring.ch � info@scheuring.ch www.ressolution.ch Anzeige man in Ländern wie Österreich, Frankreich, Italien, Schweden oder Ungarn auf die sogenannte Widerspruchslösung. Diese besagt, dass alle Menschen Organspender*innen sind und zu Lebzeiten aktiv widersprechen müssen, um eine Organentnahme bei Hirntod zu verhindern. In diesem Fall ist es nicht überraschend, dass die Organspender*innenquote in diesen Ländern deutlich höher als in Deutschland ausfällt. Heißt das, dass man erfolgreiche Veränderungen im großen Stil nur durch die Veränderung des Kontexts erreichen kann? In der unternehmerischen Praxis sieht dies in der Regel gänzlich anders aus. Beim Einführen eines neuen IT-Systems wie bspw. eines CRM-Systems ist oft nur der Blick auf das Technische im Vordergrund. Verfahren bzw. Prozesse müssen dem System folgen. Dies geschieht jedoch nicht von selbst und erfordert nicht selten zusätzlich zu der Überzeugungsarbeit und Kommunikation auch enormen Druck aus der Organisation, um die Datenqualität sicherzustellen. Nicht selten wird bei fehlender Überwachung und Kontrolle das neue System umgangen. So wird oft ein selbst gestricktes Schattensystem gepflegt, in dem einzelne Einheiten für sich selbst dem alten Verfahren treu bleiben und beispielsweise eigene Kundenlisten führen. Somit endet eine gut gemeinte Erleichterung durch die Einführung eines IT-Systems leider oft in ungewollter Mehrarbeit für die Einzelperson, ohne die beabsichtigten Vorteile des neuen Systems in Gänze zu realisieren. Insbesondere in unternehmerischen Konstellationen sollte man sowohl das Mindset als auch den Kontext adressieren. Das Mindset hilft, dass Mitarbeitende die Veränderung treiben und sogar Hindernisse aus dem Weg räumen bzw. auf diese aufmerksam machen. Der Kontext stellt sicher, dass sich die Veränderung auf Dauer verstetigen kann und auf die gesamte Organisation skaliert wird. Verständnis erzeugen Der erste Schritt, um das Mindset für eine Transformation zu schaffen, ist ein Verständnis hierfür zu erzeugen und die Frage nach dem „Warum“ zu beantworten. Warum verändert sich mein Unternehmen? Warum ist diese Maßnahme die richtige? Warum wird es funktionieren? Warum kann es nicht so bleiben, wie es ist? Im Change Management wird hier mit einer sogenannten „Change Story“ gearbeitet. Diese wird jedoch nicht von einem unbeteiligten Beraterteam entwickelt, sondern sollte von den Sponsoren der Transformation primär selbst entwickelt werden. Dann wird die Change Story in der Führungskaskade von jeder Ebene für sich interpretiert, sodass die Relevanz für den Einzelnen greifbar wird und auch die Handlungsbereitschaft auf allen Ebenen steigt. Dabei geht es nicht nur darum, eine rational klare Botschaft zu formulieren, warum eine Veränderung notwendig ist und wie man diese bewältigen kann. Es geht auch darum eine emotional ansprechende Botschaft zu formulieren und ein attraktives Zielbild zu zeichnen. Die Botschaft sollte dabei nicht nur aus einem reinen Senden bestehen, sondern unbedingt in einem authentischen Dialog geteilt werden. Die Vorzüge sowohl für die Gesamtorganisation als auch für das Individuum werden beleuchtet. In Change Management Workshops stellen wir hierbei eine offene Diskussion her und arbeiten gerne mit den beiden Fragen: „What’s in it for me? / Was habe ich davon? ” und „What’s against my interests / Was davon ist entgegen meiner Inter- Wissen | Wie bewegt man einen Tanker? -- Transformationen in etablierten Konzernen 37 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0090 essen? “ Dies hilft uns die Vorteile der Veränderung auf der individuellen Ebene zu beleuchten und auch die Nachteile sollten nicht zu kurz ausfallen. Stellt man hier fest, dass es vehemente Einwände gibt, sollten diese unbedingt ernst genommen und in iterativen Schleifen einbezogen werden. Wenn es nicht möglich ist, die Zielgruppen bzw. deren Vertretenden mit diesen Fragen direkt anzusprechen, weil das Projekt beispielsweise sensibel oder vertraulich ist, kann mit sogenannten „Personas“ gearbeitet werden. Man kennt diese Methode auch aus dem Marketing oder Entwicklungsumgebungen. Sie beschreiben verschiedene Archetypen und deren Eigenschaften, Ziele und deren Bedürfnisse. Somit kann die Change Story auf die einzelnen Zielgruppen noch besser gemünzt und die Ansprache noch bedarfsorientierter erfolgen. Die initiale Kommunikation erfolgt häufig direkt über den Vorstand oder die Geschäftsführung, die die entwickelte Change Story erstmalig erzählen. Sehr schnell sollten auch die weiteren Ebenen diese gemeinsam erarbeitete Geschichte in die Teams tragen und so zügig ein gemeinsames und vor allem einheitliches Bild der Veränderung zeichnen. Ebenso wichtig ist auch die fortlaufende Kommunikation. Denn durch die initiale Kommunikation erreicht man oft nur einen Bruchteil der Organisation. Die Mehrheit gewinnt man mit Taten, über die in der Breite berichtet und gesprochen werden muss-- gemäß dem Tenor „Tu‘ Gutes und sprich darüber“. Nachfolgend stellen wir zwei praktische Formate vor, mit denen wir in großen Unternehmen gute Erfahrungen gemacht haben. Die schlummernden Kräfte entfesseln-- Mitarbeitende in der Mitte der Organisation aktivieren Zu den ersten Schritten gehört es, eine Dringlichkeit, oder wie J. P. Kotter es nennt, einen „Sense of urgency“ zu schaffen. Dieser basiert oft auf einem gemeinsamen Schmerzpunkt, der die Notwendigkeit zur Veränderung als den einzigen Ausweg darstellt, um diesen Schmerz zu lindern (weg von). Ein alternativer und ergänzend notwendiger Blick auf diese Dringlichkeit sollte eine große Opportunität sein, die verpasst wird (hin zu). Als Startpunkt hierfür könnte ein niedrigschwelliges Angebot in Form einer gemeinsamen Challenge geschaffen werden, welches weltweit eingesetzt werden kann. Dabei gibt man den Mitarbeitenden die Chance, Herausforderungen auf Unternehmensebene zu benennen und gemeinsam im Team einen Lösungsprototypen zu schaffen. Dieses Challenge-Format dauert in der Regel 1,5 Tage, damit die Teams- - einem Hackathon ähnlich-- die Gelegenheit haben, auch abends an ihrer Lösung zu arbeiten, um diese zu einem zufriedenstellenden Reifegrad zu entwickeln. Sowohl die Themen als auch die Gruppenbildung liegt hierbei in der Hand der Teilnehmenden. Die Ergebnisse werden am Ende der Veranstaltung dem Top-Management in einem kurzen Pitch vorgestellt. Die einzelnen Linienfunktionen können bei Interesse die Ideen in den eigenen Einheiten weiterentwickeln. Dieses Format inspirierte nicht nur viele Mitarbeitenden dazu, ihre Meinung und Ideen einzubringen, sondern es zeigt Ihnen, dass der Veränderungswille des Top-Managements ernst gemeint ist und ihre Vorschläge auch ernsthaft gewollt sind. Den Dialog mit der breiten Organisation herstellen-- im Skip-Level-Dialogformat Eine weitere Herausforderung in der Transformation liegt generell in der Kommunikation und dem Herstellen eines gemeinsamen Verständnisses. Einerseits reicht oft die Kommunikationskaskade nicht aus, um alle Mitarbeitenden zu erreichen und zu überzeugen. Andererseits mangelt es gerade den Top-Führungskräften nicht selten an Einblicken in die Herausforderungen der breiten Masse. Um diese Kommunikationsbarriere zu überbrücken, eignen sich Skip-Level-Formate, bei denen die oft schwer durchlässigen mittleren Führungsebenen umgangen werden und die Mitarbeiterbasis direkt mit dem Top-Management in Kontakt treten kann. Dieses Format haben wir sehr erfolgreich in Unternehmen umgesetzt. Die Resonanz ist auf beiden Seiten immer hervorragend, da zum einen die Mitarbeitenden direkten Zugang zum Executive Team haben und somit ihre Sicht mitteilen können. Zum anderen kann das Top-Management in die Organisation hineinhorchen und einen ungefilterten Blick darauf erhalten, wie strategische Themen bei der Basis ankommen. Wir empfehlen bei diesen Skip-Level-Formaten drei Bestandteile: Zuerst sammeln die Mitarbeitenden ihre Fragen und bündeln bzw. priorisieren diese. Anschließend stößt das Top-Managements zu den bis zu 50 Mitarbeitenden in Präsenz bzw. 100 Mitarbeitende virtuell dazu. Die Mitarbeitenden stellen unmittelbar und persönlich ihre Fragen, bzw. äußern ihre Bedenken und Sorgen. Das Ziel ist es dabei, in einen Dialog zu kommen, damit die Fragen umfassend beantwortet werden. Im dritten Teil hat das Top-Management wiederum die Chance den Mitarbeitenden Fragen zu stellen und ehrliche Antworten zu erhalten, wie die Situation aus deren Perspektive wahrgenommen wird, welche Beobachtungen gemacht werden und wie wertgeschätzt sie sich fühlen. Unter anderem kann man hier auch den Kontakt mit Gremien ermöglichen, die üblicherweise nicht ansprechbar sind, wie beispielsweise Aufsichtsrat bzw. Stiftungen, Persönlichkeiten aus der Gesellschaft, die sich den Fragen der Mitarbeitenden stellen. Wenn Sie es schaffen, die leider oft sehr große Kommunikationslücke zwischen Top-Führung und Mitarbeitenden zu schließen, dann kann es möglich werden, ein grundlegendes und gegenseitiges Vertrauen als Basis für eine erfolgreiche Veränderung (wieder)herzustellen. Vorbilder sicherstellen Als zweiter großer Erfolgsfaktor in einer Transformation sieht das Behavioral Change Model die Umgebung der Mitarbeitenden und der damit einhergehende Einfluss auf sie vor. Dabei können sowohl Vorgesetzte also auch angesehene Kolleg*innen und Peers als Vorbilder dienen, die durch ihre Sicht auf die Sache die Transformation beflügeln, aber eben auch bremsen können. Es sollte also durch gezielte Maßnahmen Überzeugungsarbeit geleistet werden und eben diese „Influencer“ in den Gesamtplan eingebunden werden. Changefluencer-- Change Agent meets Social Media Influencer Die unternehmensinternen sozialen Medien und die Rolle von internen meinungsbildenden Personen werden hierbei oft übersehen bzw. nicht systematisch genutzt. Wir haben Wissen | Wie bewegt man einen Tanker? -- Transformationen in etablierten Konzernen 38 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0090 dazu die Rolle der „Changefluencer“ ins Leben gerufen, die die beiden Kompetenzen der Social Media Influencer, wie wir sie alle aus Plattformen wie LinkedIn, Tik Tok, Instagram & Co kennen, mit typischen Change Agent Aufgaben verknüpft. Change Agents kennen wir als Sprachrohr für die Geschäftsführung, um die wichtigsten Informationen über die Veränderung in die Organisation zu tragen. Gleichzeitig sind sie auch Augen und Ohren für das Management, das oft nicht alle wesentlichen Bewegungen in der Organisation wahrnimmt. Dieses Konzept haben wir mit dem Unterschied übernommen, dass die Changefluencer interne und externe soziale Medien nutzen Veränderungsthemen voranzutreiben. Von Natur aus gut vernetzt und als starke Meinungsbildner können sie leichtfüßig und scheinbar wie nebenbei einen Meinungssog erzeugen und damit eine Kampagne positiv, aber leider auch negativ beeinflussen. Gerade in der Pandemiezeit, in der man sich nicht einfach bei einer Tasse Kaffee austauschen kann, ist diese Rolle eine echte Chance, die Themen dauerhaft und stetig zu unterstützen. Wir haben dieses Konzept in der Einführung eines New-Work-Arbeitsplatzkonzepts erfolgreich genutzt, in der in einem abteilungsinternen Teamskanal bzw. über Yammer Neuigkeiten, Meinungen und Fotos vom laufenden Umbau geteilt und unterstützt worden sind. Das hat geholfen, trotz einer Minimalbelegung vor Ort, den Umbau greifbarer & erlebbarer für das gesamte Team zu machen und somit ganz nebenbei die Akzeptanz für das Thema zu erhöhen. Volunteers / Followers Volunteering im Unternehmenskontext- - Ist das ein guter Weg, um Individuen zu mobilisieren? Wir glauben: JA! Denn diese Arten von Graswurzelinitiativen werden immer beliebter, um pragmatisch und unbürokratisch Themen systematisch voranzutreiben, die alle betreffen, aber für die sich keine Abteilung verantwortlich fühlt. Die Personen, die sich als Volontäre melden, sind aus unserer Erfahrung heraus Vordenker und Early Adopters. Das sind also Menschen, die sich in Gedanken oft schon im Zielzustand wahrnehmen und daher für Veränderung und Change besonders ansprechbar und oft auch als Vorbilder zu sehen sind. Was dabei wichtig ist, ist einerseits eine Art geschützten Raum, um die Volontäre zu bilden, sodass sie aus der eigenen Organisation nicht angreifbar sind. Andernfalls können Neider sie schnell als Weltverbesserer denunzieren, da sie ihren Enthusiasmus und ihre Energie nicht in die abteilungsinternen Themen, sondern in Projekte außerhalb der Abteilung stecken. Andererseits sollte man den Volontären eine Bühne bieten, in der sie ihr Engagement öffentlich machen können und dafür Anerkennung erfahren. Dies wiegt oft mehr als eine monetäre Entlohnung. Führungskoalition Natürlich kommt man in einem erfolgreichen Change-Prozess auch nicht an relevanten Führungskräften vorbei und sollte diese unbedingt in einem frühen Stadium einbinden. Oft ist allerdings nicht jedes Mitglied aus dem Führungsteam gleich stark für die Veränderung zu motivieren. Daher empfehlen wir, sich auf jene Führungsmitglieder zu fokussieren, die der Veränderung gegenüber bereits positiv eingestellt sind oder die einen großen Nutzen daraus ziehen. Im besten Fall gelingt es sogar, diese Gruppe so zusammenzuschweißen, dass eine Führungskoalition entsteht. Diese Koalition motiviert, verstärkt und überzeugt ihre Teams und Peers. Dies geschieht vor allem dann, wenn Führungskräfte nicht nur über die Veränderung reden, sondern auch Taten folgen lassen. Durch diese kontinuierliche öffentliche Auseinandersetzung mit dem Thema kann nicht nur ein positiver Impuls, sondern sogar ein Sog entstehen, der immer mehr Menschen um sich herum mitreißt und dem Veränderungsthema einen Turbo verabreichen kann. Systeme, Prozesse und Strukturen anpassen Kleine Eingriffe-- große Wirkung Ein wichtiger Aspekt im Veränderungsprozess ist das Thema rund um die strukturellen Anpassungen. Damit sind alle fest verankerten Abläufe und Systeme gemeint, die den aktuellen und zukünftigen Prozess unterstützen. Gerade in traditionsreichen Unternehmen ist dieses Thema oft überrepräsentiert und wird gern als erstes, wenn nicht sogar als einziges Thema in der Veränderung betrachtet. Als Beispiel kann hier die Entwicklung hin zu einem modernen Arbeitsplatzkonzept gesehen werden. Aus klassischer Projektsicht werden hier oft Themen angegangen, wie Umbaumaßnahmen, Raum- und IT Ausstattung sowie Farbkonzepte. Leider wird oft die Veränderung in der Arbeitsweise bis hin zur Aufgabe des festen Arbeitsplatzes vernachlässigt. Aus Change-Sicht sind all diese „harten“ Themen jedoch nur einzelne Elemente auf dem Weg hin zu einer neuen Arbeitsweise und damit Veränderung in der Art, WIE wir unsere tägliche Arbeit erledigen. Einer sieht eines; Viele sehen vieles Natürlich können auch digitale Tools wunderbar genutzt werden, um niedrigschwellige Angebote zur Einbindung von Mitarbeitenden zu schaffen. Als Beispiel nennen wir hier einen Ideenkanal, der vollautomatisiert Ideen der Mitarbeitenden entgegennimmt und diese zum jeweiligen Team durchroutet. Man könnte hiermit also die Schwarmintelligenz anzapfen ganz in dem Sinne, „Eine / r sieht nur eines; Viele sehen vieles“. So kann man in kurzer Zeit viele Ideen einsammeln, die die Transformation unterstützen. Gleichermaßen können so Potenziale für Verbesserungen aus der echten Basis der Mitarbeitenden eingesteuert und angegangen werden. Interessant ist vor allem dabei, dass auch hier wieder der Skiplevel-Gedanke seine Anwendung findet, und zwar horizontal und vertikal. So werden Hierarchiestufen übersprungen, um Themen aus eigenen Bereichen anzubringen und gleichzeitig die teilweise umständlichen Schnittstellenprozesse umgangen, um Themen in andere Abteilung direkt zu platzieren. Build Capabilities Wenn ein Wille da ist und die Hindernisse aus dem Weg geräumt sind, dann bleibt nichts Anderes übrig, als die Organisation zu befähigen. Dies ist der vierte und letzte Schritt des Behavioral-Change-Modells und dreht sich darum die nötigen Fähigkeiten, die für die Veränderung essenziell sind, aufzubauen. Dabei kann die Befähigung auf unterschiedlichste Weise stattfinden. Wovon wir in den meisten Fällen abraten, Wissen | Wie bewegt man einen Tanker? -- Transformationen in etablierten Konzernen 39 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0090 ist eine reine formal-frontale Schulungskampagne. Wir agieren gerne nach dem 70-20-10-Prinzip, wonach nur 10 % auf formales Lernen zurückzuführen ist. 20 % hingegen liegen im Coaching und im Austausch mit anderen, während 70 % unter dem Leitgedanken „Learning on the job“ stattfindet. Insbesondere in Kombination mit dem „See one, do one, teach one“ Prinzip kann man die Fähigkeiten sehr schnell und nachhaltig in der Organisation aufbauen. Hierfür kann man sich interne oder externe Expert*innen einbinden, die Expertise wird „on the job“ gelernt und die externe Unterstützung schnell ausgeschlichen. Es empfiehlt sich immer mit Veränderungen bei sich selbst und im Kleinen anzufangen, um dann schnell hochzuskalieren. Ähnlich einem Veränderungsprototypen wird dieser in einer relativ sicheren Umgebung erstmal entwickelt, getestet und verbessert, sodass ein erstes MVP (Minimal viable product) entsteht, so wie wir das auch aus der agilen Welt kennen. Hat dieses Produkt einen Reifegrad erreicht, mit dem man in einen größeren Rollout in die Mehrheit der Organisation gehen kann, sind die ersten Kinderkrankheiten bereits ausgemerzt und es ist ein erstes Lernen aus Erfahrung möglich. Als Beispiel können wir hier einen niedrigschwelligen Aufklärungsworkshop nennen, in dem Aspekte aus der Veränderung für die Mitarbeitenden reflektiert worden sind. Diese Sessions können spielerisch das Grundverständnis des Themas aufbereiten. Dieses kann dann mit dem „Schmerz“ verknüpft werden, den die Mitarbeitenden in ihrem Arbeitsalltag erleben. Darauf basierend kann jede*r den Nutzen für sich erkennen. Wir empfehlen hier anfangs nicht Methoden im Detail zu vermitteln, vielmehr das große Ganze zu zeigen. Der tatsächliche Fähigkeitenaufbau findet dann im Arbeitsalltag statt, in dem konkrete Ansätze ausprobiert werden können. Hier sollte auch sichergestellt werden, dass interne Expert*Innen zur Verfügung stehen, um den Fortschritt im Arbeitsalltag zu reflektieren. Abschluss Wir hoffen hier ein paar Anregungen gegeben zu haben, wie man einen Tanker in Bewegung setzen kann. Ein Patentrezept gibt es nicht-- zumindest nicht in der Praxis. Es sind die vielen kleinen Ansätze in Verbindung mit der notwendigen Haltung und dem Verständnis, die den Erfolg ausmachen. Die Analogie eines Marathons erscheint uns hier als gutes Bild. Die Kräfte gut einzuteilen und kontinuierliches Dranbleiben, helfen die Veränderung über längere Zeiträume zu verankern. Über iteratives Vorgehen können passende Ansätze gefunden und weiterentwickelt werden. Dadurch kann auch ein Versorgungstanker so transformiert werden, um beim „survival of the fittest“ mithalten zu können. Roscoe Araujo Dr. Roscoe Araujo: promovierter Diplom-Psychologe mit Erfahrung in der Unternehmensberatung McKinsey, als Change Experte, Program Director und als Global HR Business Partner bei thyssenkrupp. Cornelia Zimmer-Reps Cornelia Zimmer-Reps ist studierte Sozialwissenschaftlerin und war als zertifizierte Projektleiterin und Scrum Master (PMI, PRINCE2, Scrum. org) selbstständig in der Beratung, Training und Coaching im agilen und klassischen Projektumfeld und ist seit 2017 als Head of internal PM Campus und als Change-Expertin bei thyssenkrupp. Literatur GLOGER, Boris; RÖSNER, Dieter. Selbstorganisation braucht Führung: die einfachen Geheimnisse agilen Managements . Carl Hanser Verlag GmbH Co KG, 2014. ISMAIL, Salim. Exponential Organizations: Why new organizations are ten times better, faster, and cheaper than yours (and what to do about it) . Diversion Books, 2014. KOTTER, John P.; RATHGEBER, Holger. Our iceberg is melting: Changing and succeeding under any conditions . Macmillan, 2006. LALOUX, Frederic. Reinventing organizations. Nelson Parker , 2014. LITTLE, Jason, Lean Change Management . Happy Melly Express, 2016 VON HEHN, Svea; CORNELISSEN, Nils I.; BRAUN, Claudia. Kulturwandel in Organisationen: Ein Baukasten für angewandte Psychologie im Change-Management . Springer- Verlag, 2015. Eingangsabbildung: © iStock.com / Suriyapong Thongsawang 40 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0091 Neues Schwerpunktmodul zum Projektmanagement im Masterstudiengang der Hochschule des Bundes gestartet Thomas Sauerland Während des Zukunftskongresses „Staat und Verwaltung“ in Berlin hatte die Abteilung Masterstudiengang der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in einem von der GPM moderierten Panel angekündigt, Führungskräften aus der Bundesverwaltung in Zukunft verstärkt Kompetenzen im Projektmanagement zu vermitteln [1, S. 32 f.]. Im Wintersemester 2020 / 21 wurde die Ankündigung umgesetzt. Fortan können Bundesbeschäftigte das neue Schwerpunktmodul „Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung“ im Masterstudiengang „Master of Public Administration“ studieren. Der interdisziplinär konzipierte Fernstudiengang „Master of Public Administration“ richtet sich an künftige Führungskräfte der Bundesverwaltung. Er wird berufsbegleitend von besonders leistungsstarken Beschäftigten des gehobenen Verwaltungsdienstes absolviert, die in den höheren Dienst des Bundes aufsteigen möchten. In nahezu allen Zweigen der öffentlichen Verwaltung haben sich Projekte zur Durchführung komplexer Arbeitsvorhaben etabliert. Der Erfolg der Projekte hängt wesentlich von der Qualität des Projektmanagements ab. Aufgabenpakete, die geprägt sind von Dynamik, Flexibilität und fachübergreifenden Strukturen, zwingen einen bislang eher hierarchisch aufgebauten öffentlichen Sektor dazu, neue Wege zu beschreiten. Projektarbeit und ein damit einhergehendes professionelles Projektmanagement sind dabei gleichzusetzen mit Effizienz- und Effektivitätssteigerungen. Wenn alle Projektbeteiligten passgenau im Hinblick auf die Projektziele eingesetzt werden, lassen sich wichtige Ressourcen einsparen und dennoch zugleich bestmöglichste Ergebnisse erzielen. Die Herausforderung in der öffentlichen Verwaltung besteht zumeist darin, dass Projektarbeit auf eine (bisher) wenig projektaffine Arbeitsumgebung trifft. Die möglichst umfassende Verankerung von Projektmanagementwissen insbesondere im höheren Verwaltungsdienst ist daher unerlässlich. Projekten muss eine kompetente Projektleitung vorstehen. Die Absolventinnen und Absolventen des Masterstudiengangs „Master of Public Administration“ sind als künftige Führungskräfte die Projektleiter von morgen. Das Modul „Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung“ soll sie für die besonderen Herausforderungen von Projektvorhaben im öffentlichen Dienst sensibilisieren und darauf vorbereiten. Der Fokus der Lerninhalte des Schwerpunktmoduls liegt auf den wesentlichen Erfolgsfaktoren des Projektmanagements, wie zum Beispiel der Rolle des Projektleiters, der Bedeutung der Stakeholder, dem Erreichen der Etappenziele und dem „roten Faden“ von der Idee bis zum Ende eines Projekts. Das neue Modul des Masterstudiengangs der Hochschule des Bundes vermittelt vor allem interdisziplinär die Methoden erfolgreichen Projektmanagements in der Verwaltungspraxis. Das Schwerpunktmodul wird innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten absolviert. Es kann auch von Gasthörerinnen und Gasthörern studiert und mit einer Prüfung abgeschlossen werden. Mit der Qualifizierung künftiger Führungskräfte im Projektmanagement legt der Masterstudiengang „Master of Public Administration“ der HS Bund einen wichtigen Baustein für das Gelingen von Projekten in der Bundesverwaltung und setzt so zugleich eine Empfehlung des GPM Aktionsprogramms „Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten“ um. Literatur [1] Gamp, Ina: Projektmanagement als Wegbereiter der Verwaltungsmodernisierung. In: PROJEKTMANAGEMENT AK- TUELL, Heft 4 / 2017, Seiten 30-35. Thomas Sauerland Prof. Dr. iur. Thomas Sauerland hat an der Philipps-Universität Marburg Rechtswissenschaften und an der FernUniversität in Hagen im Doppelstudium Betriebswirtschaftslehre studiert. Nach Stationen in der Steuerverwaltung des Landes Rheinland- Pfalz, zuletzt als Referatsleiter in der Oberfinanzdirektion Koblenz, ist er als Hochschullehrer an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl (Rhld.) tätig. Dort leitet er die Abteilung Masterstudiengang. eMail: Thomas.Sauerland@hsbund.de Internet: www.mpa-bund.de 41 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0092 Studierende geben Input für digitale und hybride Beratungsprodukte Produktentwicklung für die hybride Zusammenarbeit Michael Höschl, Patrick Huiber, Robert Korn Für eilige Leser | Praxisprojekte in Zusammenarbeit mit externen Auftraggebern erfreuen sich in der Projektmanagementlehre zunehmender Beliebtheit-- Learning by Doing. Die digitale Lehre eröffnet hier Chancen: Sie ermöglicht z. B. eine Zusammenarbeit über größere Distanzen und dient dem Ideen- und Erfahrungstransfer aus der online-Lehre in die Geschäftswelt. Die spezifischen Erfahrungen aus der Perspektive der OTH Regensburg sowie der des Auftraggebers, der Unternehmensberatung fifty1 aus Wien, werden vorgestellt. Studierende erarbeiteten Ideen für digitale Beratungsprodukte, die zu marktfähigen Angeboten des Auftraggebers weiterentwickelt werden. Schlagwörter | Online-Lehre, Studierenden-Projekte, externe Auftraggeber, Agilität, Digitalisierung, Scrum, Unternehmensberatung, Coaching, Kollaborationstools, digitale Zusammenarbeit, hybride Arbeitsformen, Kreativitätstechnik, Design Thinking, Blended Learning, Digiloges Arbeiten 1. Praxisseminar Projektmanagement mit Studierenden und externen Auftraggebern Es mag ein bisschen paradox klingen, dass Studierende eine Unternehmensberatung beraten. Für viele Fragestellungen ist aber gerade der unvoreingenommene Blick junger Talente sehr wertvoll, um die Bedürfnisse gerade junger Zielgruppen besser zu verstehen und kreative Lösungsideen in die Entwicklung moderner, attraktiver Produkte einfließen zu lassen. In der Januar-Ausgabe 2021 dieser Fachzeitschrift wurden Beispiele vorgestellt, bei denen im Rahmen der akademischen Projektmanagement-Lehre Studierende Projekte für externe Auftraggeber durchführen [Weh21, Ste21a, Ste21b, Ste21c, Ste21d, Ste21e]. Als besondere Herausforderung wurde die virtuelle Durchführung dieser Lehrveranstaltungen beschrieben, die aufgrund der pandemischen Situation in den letzten beiden Jahren an allen Hochschulen praktiziert werden musste. Aus dieser Not konnte vielfach aber auch eine Tugend gemacht werden. Dieser Beitrag beschreibt ein Praxisbeispiel, das im Projektmanagement-Schwerpunkt des Bachelorstudiengangs Betriebswirtschaft an der OTH Regensburg in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung fifty1 aus Wien im Wintersemester 2020 / 2021 durchgeführt wurde. Zielsetzung der Auftraggeberin war es, kreativen Input von Studierenden für die Neuentwicklung digitaler Beratungsprodukte zu erhalten. Zielsetzung der Hochschule ist eine erlebnisorientierte Lehre: ein agiles Projektseminar über agiles Projektmanagement. 2. Projektauftrag und Projektdurchführung Wie kann eine moderne, gemischt digital-analoge Form der Zusammenarbeit im Geschäftsleben aussehen? So lautete die Leitfrage im Produktentwicklungsprozess der Studierenden. In einer Kickoff-Veranstaltung wurde den 24 Studierenden zum Semesterbeginn diese Fragestellung als Projektauftrag von zwei Vertretern der Auftraggeberin vorgestellt und erläutert. Ergebnisse sollten im Laufe des Semesters selbstorganisiert in einem Scrum-ähnlichen Format in drei Sprints erarbeitet werden. Um eine agile Arbeitsweise mit überschaubaren Teamgrößen zu ermöglichen, wurden zur übergeordneten Fragestellung folgende vier Arbeitspakete definiert: • Digiloges Arbeiten • Remote Leadership • Blended Trainings • Virtuelles Design Thinking Wissen | Produktentwicklung für die hybride Zusammenarbeit 42 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0092 Ging es in den ersten drei Teilprojekten in erster Linie um Ideen und Prototypen für die Auftraggeberin, sollte das vierte Team zusätzlich auch die anderen drei Teams mit Tipps für Vorgehensweisen und Tools im Design Thinking Prozess unterstützen. Die Ergebnisdefinition hierbei: Eine Literaturrecherche zu den vier Themen und die Bestandsaufnahme zum Stand der Forschung war explizit gewünscht. Die Ergebnisse sollten am Semesterende nicht als reine Powerpoint-Präsentation, sondern in Form von Prototypen für Beispielprodukte vorgestellt werden. Nach der Vorstellung des Projektauftrags ging es los: User Stories konkretisieren, Klarheit schaffen, Rollen verteilen, Arbeitstools festlegen, Energie erzeugen. Dann tauchten die Studierenden erstmal ab. Sie sichteten die Literatur, führten Interviews mit Kund: innen und Partner: innen von fifty1, machten Online-Umfragen mit bis zu 70 Teilnehmer: innen und sammelten eine ganze Fülle an Informationen, um die Kernherausforderungen des digilogen Arbeitens zu definieren. Nach drei Wochen gab es das erste Review und Feedback zu den vorliegenden Ergebnissen (MVPs). Den Auftraggebern war es wichtig, hierbei auf Augenhöhe zu kommunizieren und gleichwohl ehrliches wie wertschätzendes Feedback zu geben. Diese Review-Meetings wurden zu starken Motivationsfaktoren in der Zusammenarbeit. In den folgenden zwei Reviews präsentierten die Projektgruppen ihre Ergebnisse zu den Interviews und Umfragen, einer umfassenden Marktrecherche sowie ihre Ideen zu den Prototypen. Die Retrospektiven zur Optimierung der Zusammenarbeit führten sie dabei regelmäßig und selbstständig durch. Nach der Vorstellung der Prototypen erfolgte noch ein Lessons Learned, in dem der Ablauf des gesamten Seminars vom Kickoff bis zur Ergebnispräsentation reflektiert wurde. Die konstruktive Kritik zu den individuellen Learnings der Teilnehmer: innen sowie zur Seminarorganisation sind die Basis für Verbesserungen in Folgeveranstaltungen. 3. Ergebnisse und Prototypen Die Erwartungshaltung zur Vorstellung der Prototypen ging deutlich über eine reine Präsentation von Ergebnissen hinaus. Es sollten gleichzeitig Tools zum Einsatz gebracht und getestet werden, die sich für die entsprechenden Themen auch in der Praxisanwendung potenziell eignen. Entsprechend gespannt waren sowohl die Vertreter: innen der Auftraggeberseite als auch die Studierenden [Kor21]. Im ersten Teil stellte das Team „Blended Trainings“ ihr Konzept zum Einsatz digitaler Gamification-Methoden in virtuellen Trainings vor. In einer Online-Olympiade mussten drei Teams in verschiedenen Challenges ihre Kommunikationsfähigkeiten unter Beweis stellen. Es galt, Entscheidungen zu treffen (Online Quiz über AhaSlides), die Diskussionskultur und Gruppendynamik zu bewerten (Moralisches Dilemma diskutieren in Prezi) und-- als Energizer-- ein Kreuzworträtsel zu lösen (XWords). In einem strukturierten Format inklusive Vorbereitung, Durchführung und Debriefing der Challenges konnten die Studierenden zeigen, wie Teambuilding auch niedrigschwellig durch Gamification in Webmeetings funktioniert. Der Einstieg war geschafft, die Energie hoch. Also zum nächsten Part: Den machten die Gruppen „Digiloges Arbeiten“ und „Design Thinking“ zusammen. In ihren Interviews hatte erstere Gruppe herausgefunden, dass vor allem das Recruitment in Unternehmen von Kontaktbeschränkungen betroffen ist. Trotz des vermehrten Einsatzes digitaler Bewerbungstools fehlt die physische Präsenz und der damit gewonnene höchstpersönliche Eindruck bei Bewerbungsgesprächen schmerzlich. Die Herausforderung bestand also darin, in einem geführten Design-Thinking-Prozess ein Beratungsangebot für digiloge Bewerbungsgespräche zu schaffen. Dafür wurde in vier Gruppen das Problem definiert, Personas erstellt und ein bunter Blumenstrauß an Ideen generiert. Die vielfältigen Ergebnisse aus dem gut geführten Design-Thinking Prozess vom digitalen Assessment-Center, über den Einsatz von Visualisierungstechniken zur Vorstellung einer Person bis hin zur Meeting-Checkliste fanden großen Gefallen und luden zur Weiterentwicklung ein. Im dritten Teil des Testings stellte das Team „Remote Leadership“ jahreszeitlich inspiriert ihren Prototyp für einen digitalen Adventskalender zur Führungskräfte-Entwicklung vor. Dieser bietet in 24 „Mini-Challenges“ kleine Impulse, Wissens-Nuggets und schnell anwendbare Methoden, die Führungskräfte direkt in ihrem Arbeitsalltag umsetzen können. Vom Erstellen einer Meetingstruktur über Abbildung 1: User Stories der Auftraggeberin für die Studierenden Wissen | Produktentwicklung für die hybride Zusammenarbeit 43 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0092 Feedback-Leitfäden bis hin zu einer Onboarding-Checkliste werden die Führungskräfte jeden Tag von neuen Inputs überrascht und herausgefordert. Einfache Beispiele für solche Impulse sind Appreciate! (Lobe einen Mitarbeiter / eine Mitarbeiterin für sein / ihr fleißiges Verhalten! ) Give Feedback! oder auch Receive Feedback! (Hole dir Feedback von deinen Mitarbeitenden ein-- anonym und konstruktiv! ). 4. Weiterentwicklung zu marktfähigen Produkten Die Prototypen waren also getestet, ein letztes Feedback eingeholt. Und nun? Die Mühe sollte nicht umsonst sein und die vielfältigen Ideen nicht auf dem Mural Board verstauben. Der Zeitpunkt war gut gewählt: Zum Ende des Projektseminares im Februar 2021 erlebte Europa gerade die bisher schwierigste Lockdown Phase. Die meisten Firmen erkannten, dass sie auch für die Zeit nach den Lockdowns hybride Arbeitsmodelle entwickeln und praktizieren müssen. Die Auftraggeberin fifty1 machte sich deshalb daran, die Ergebnisse aus den Arbeitspaketen zu konsolidieren und zu marktfähigen Beratungsprodukten weiterzuentwickeln beziehungsweise in bereits bestehende zu integrieren. Zweitägiges Digilog Work Training Auf Basis der umfangreichen Marktrecherche und Interviews der Studierenden konnte die fifty1 ihr Trainingsprodukt zur hybriden Zusammenarbeit mit wichtigen Informationen und Methoden anreichern. So kristallisierten sich die folgenden fünf Themengebiete heraus: 1. Digiloge Basics: Wie funktioniert hybride Kommunikation und warum ist sie wichtig? 2. Digiloge Settings: Welche Konstellationen nutze ich für welche Situationen? 3. Meetingformen: Was sind die wichtigsten Meetingformen und wie moderiere ich sie hybrid? 4. Methoden: Was ist wichtig bei hybriden Entscheidungsfindungs- und Kreativprozessen? 5. Digiloge Tools: Welche digitalen Tools helfen mir und meinem Team in der hybriden Zusammenarbeit? Ausschlaggebend für die Mitarbeiter-Perspektive waren hierbei auch die Ergebnisse der Online-Umfrage der Gruppe Remote Leadership. Die Befragung von 73- Mitarbeiter: innen ergab, dass ein Großteil der Angestellten auf den weitergehenden Ausbau von Home-Office-Modellen hofft. Darüber hinaus konnten Erkenntnisse dazu gewonnen werden, in welchen speziellen Führungssituationen sie sich analoge Treffen und direkten Kontakt wünschen. Nutzung für die Strategieimplementierung Besonders die Informationen des Teams Blended Training konnten als Best Practice Beispiele bei Kunden eingesetzt werden: Welche Kernelemente digilogen Lernens werden in Zukunft entscheidend sein? Wie lassen sich Virtualität und Gamification wirksam einsetzen? Und wie kann gemeinsames Lernen im digilogen Raum stattfinden, sodass die Mitarbeiter: innen motiviert und informiert die Lernziele umsetzen können? Die fifty1 nutzte diese Erkenntnisse bei der Strategieimplementierung in einem deutschen Großkonzern. Hier war die Herausforderung, die Handlungsanweisungen der 5-Jahres-Strategie für die Mitarbeiter: innen mit Hilfe digital-analoger Lernformate konkret spürbar zu machen. Die fifty1 entwickelte in einem co-kreativen Design-Thinking-Prozess verschiedene Formate, um mittels Blended Learning, gamifizierten Online-Challenges und einer digilogen Führungskräftebefähigung die Strategie des Konzern-Ressorts zum Leben zu erwecken. Abbildung 2: Roadmap im Praxisseminar der OTH Regensburg Wissen | Produktentwicklung für die hybride Zusammenarbeit 44 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0092 5. Fazit und Ausblick Sowohl aus didaktisch-pädagogischer als auch aus Sicht der geschäftlichen Nutzung der Ergebnisse ziehen alle Beteiligten eine durchweg positive Bilanz aus dem Projekt. Nicht nur die Studierenden, sondern auch die Auftraggeberin und die Dozierenden haben in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum einen intensiven Lernprozess erleben dürfen, der vor allem durch praxisnahe Meetings und Hands-on Mentalität geprägt war. Die wichtigsten Learnings motivieren zur Weiterführung und zur kontinuierlichen Weiterentwicklung dieses Lehr- und Lernformats. 1. Die agile Arbeitsweise eignet sich aus Sicht der Dozierenden hervorragend für das Praxisseminar Projektmanagement, da der Lern- und Erkenntnisgewinn ohnehin etappenweise stattfindet. Diese Etappen in Sprints zu gliedern und in Reviews und Retrospektiven zu begleiten, bietet sich für ein zielorientiertes Coaching an. Im klassischen Vorgehensmodell wäre es mangels Erfahrung der Studierenden sehr schwierig, bereits zum Projektstart einen vollständigen und realistischen Projektplan aufzustellen. 2. Studierende brauchen Freiraum, und sie kreieren Gutes und Neues. Das gilt sowohl für die selbstständige Arbeit im Entwicklungsprozess als auch hinsichtlich der Neugier und Offenheit in Bezug auf die Ergebnisse. Vertrauen und Ergebnisoffenheit nannten die Studierenden im Feedback als die wichtigsten Faktoren für intrinsische Motivation und die Entfaltung ihrer Kreativität. 3. Auftraggeber profitieren unmittelbar von den Projektergebnissen, aber auch von der Zusammenarbeit mit der jungen Zielgruppe, die in naher Zukunft das Arbeitsleben mitgestalten und prägen wird. Wichtig sind regelmäßige Treffen, in denen die Studierenden Fragen stellen und Feedback erhalten können, sowie eine transparente Kommunikation bezüglich der Erwartungen an die Zusammenarbeit und an das Ergebnis. Ein agiles Mindset ist an den Hochschulen am richtigen Ort. Hier geht es um Lernen, um das Ausprobieren mit Geist und Hand. Viele Herausforderungen, mit denen Unternehmen im Prozess der Digitalen Transformation kämpfen, können bereits hier trainiert werden: Ein kollaboratives Mindset statt Ellbogenmentalität, interdisziplinäre Zusammenarbeit statt Silo-Denken, eine konstruktive Fehler- und Feedbackkultur statt abstrakter Bewertungen und Finger-Pointing. Und zu guter Letzt die Übernahme von Verantwortung für eigene Entscheidungen- - egal ob in einer Gruppenarbeit, im Unternehmen oder in der Gesellschaft. Abbildung 3: Ideensammlung mit der Walt-Disney-Methode in Miro Prof. Dr. Michael Höschl Prof. Dr. Michael Höschl war vor seinem Einstieg in die Hochschullehre über 25 Jahre als Führungskraft in der Automobilindustrie tätig. In verschiedenen leitenden Funktionen der Planung, Qualitätssicherung sowie im Projektmanagement sammelte er international Praxiserfahrung. Seit 2012 ist er Professor für Betriebswirtschaft, Organisation und Projektmanagement an der OTH Regensburg. Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg Fakultät Betriebswirtschaft Seybothstraße 2 93 053 Regensburg eMail: michael.hoeschl@oth-regensburg.de Wissen | Produktentwicklung für die hybride Zusammenarbeit 45 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0092 Literatur [Weh21] Wehnes, H.; Höschl, M.: Studentische Projekte mit Auftraggebern aus Wirtschaft und Verwaltung virtuell umgesetzt; in: Projektmanagement Aktuell, 32. Jahrgang, Ausgabe 1 / 2021, S. 11-17. [Ste21a] Steeger, O.: Ein Studentenprojekt im Gründerzentrum. Interview mit Dr. Christian Anderson; in: Projektmanagement Aktuell, 32. Jahrgang, Ausgabe 1 / 2021, S. 20-22. [Ste21b] Steeger, O.: Mit der Bürgerplattform im Lockdown. Interview mit Franziska Lehner und Michael Weber; in: Projektmanagement Aktuell, 32. Jahrgang, Ausgabe 1 / 2021, S. 23-26. [Ste21c] Steeger, O.: Mit Studententeam zum Employer Branding. Interview mit Michaela Reimann; in: Projektmanagement Aktuell, 32. Jahrgang, Ausgabe 1 / 2021, S. 27-29. [Ste21d] Steeger, O.: Es macht Spaß, sich selbst zu organisieren. Interview mit Julia Poppe und Nazarena Rübl; in: Projektmanagement Aktuell, 32. Jahrgang, Ausgabe 1 / 2021, S. 30-32. [Ste21e] Steeger, O.: Die Arbeiten an der „Stromtrasse“ gehen weiter. Interview mit Jens Schulz und Uwe Winkler; in: Projektmanagement Aktuell, 32. Jahrgang, Ausgabe 1 / 2021, S. 20-22. [Kor21] Korn, R.: fifty1 x Forschung: Insights & Lösungen. Blogartikel auf fifty1.co (https: / / fifty1.co / fifty1-x-forschung-insights-losungen/ ) Eingangsabbildung: © iStock.com / ALotOfPeople Patrick Huiber Als langjährige Führungskraft im internationalen R&D Management hat Patrick Huiber bereits IT-Entwicklungsprojekte vor 20 Jahren agil durchgeführt. Für die Auftraggeberin fifty1 begleitet er nun Unternehmen und Führungskräfte vom Teambis Executive-Level rund um das Thema nachhaltiges, sinnerfülltes Arbeiten, über Leadership und Visionsarbeit, bis zur Entwicklung von Organisation und Strategie. fifty1 Margaretenstraße 70 1050 Wien / Österreich E-Mail: patrick.huiber@fifty1.co Robert Korn Für die Auftraggeberin fifty1 berät Robert Korn Teams und Organisationen zu den Themen Agile Transformation, moderne Führungsarbeit und kollaborative Unternehmenskultur. Mit dem Studium der Psychologie und langjähriger Erfahrung in der Sozialarbeit liegt sein Fokus auf der Synergie zwischen menschlicher Organisation und den Möglichkeiten digitaler Kommunikationstechnologien. fifty1 Margaretenstraße 70 1050 Wien / Österreich eMail: robert.korn@fifty1.co Fabian Kaiser Arie van Bennekum Scrum? Klare Antworten aus erster Hand Scrum? Klare Antworten aus erster Hand! + Zahlen und Fakten zum Thema + für den optimalen Überblick + mit Glossar zu den wichtigsten Begriffen + viele aktuelle Beispiele aus der Praxis 1. Auflage 2021, 138 Seiten, kartoniert, € 14,90 ISBN 978-3-8252-5522-0 eISBN 978-3-8385-5522-5 www.uvk.de Anzeige 46 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0093 Ein Denkanstoß zur kritischen Würdigung der in der Literatur und im öffentlichen Diskurs inflationär verwendeten Begriffe „agiles Projektmanagement“ und „hybrides Projektmanagement“ Es gibt kein „agiles Projektmanagement“ Matthias Eberspächer, Bernd Hahn, René Warweitzky Für eilige Leser | Das sogenannte agile und hybride Projektmanagement wird heiß diskutiert. Aber: was ist das überhaupt? Gibt es einen Konsens darüber, was unter diesen Begriffen zu verstehen ist? In diesem Beitrag vertreten wir die Hypothese, dass die genannten Begriffe prinzipiell nicht genau definierbar sind. Genauer ist es, vom Management agiler (oder hybrider) Projekte zu sprechen. Wir zeigen, zu welchen Fehlentwicklungen eine ungenaue Verwendung der Begriffe in Projekten führen könnte und wie diesen Fehlentwicklungen entgegengewirkt werden kann. Schlagwörter | Agilität, agiles Projektmanagement, Manifest der agilen Softwareentwicklung, Scrum, hybrides Projektmanagement, Projektmanagement, Projektvorgehensmodelle, ICB 4 Seit einigen Jahren werden in der Projektmanagement-Literatur und im öffentlichen Diskurs die Begriffe „agiles Projektmanagement“ bzw. „hybrides Projektmanagement“ immer häufiger verwendet [1]. Dabei entsteht der Eindruck, es handele sich um völlig neue Arten von Projektmanagement, die es bisher nicht gab und die das über Jahrzehnte etablierte Projektmanagement „disruptiv“ obsolet machen und ersetzen. Internet-Suchmaschinen liefern zu den genannten Begriffen-- allein in deutscher Sprache-- über 500.000 Ergebnisseiten. Man sollte also meinen, dass es über die Bedeutung dieser Begriffe ein breites, gemeinsames Verständnis unter ihren Nutzerinnen und Nutzern gibt; und dass diejenigen, die diese Schlagwörter verwenden, eine inhaltlich übereinstimmende Definition der Begriffe geben. Eine Analyse der verfügbaren Literatur und Quellen zeigt aber, dass unter den Autoren sehr unterschiedliche, in der Regel sehr unklare und zum Teil auch widersprüchliche Auslegungen der Begriffe verwendet werden. Agiles Projektmanagement in dieser Zeitschrift Auch die Ausgabe 02 / 2021 von PROJEKTMANAGEMENT AK- TUELL mit dem Titel „Agiles Projektmanagement“ hatte verschiedene Definitionen im Angebot: Die jeweiligen Autoren betonten die Notwendigkeit einer höheren Flexibilität agiler Projekte [2], oder die agilen Werte und Prinzipien [3], eine Kombination aus diesen Konzepten [4] oder verzichteten gänzlich auf eine Definition von „agilem Projektmanagement“ [5]. In anderen Publikationen wird häufig auch der Verzicht auf eine mittelbis langfristige Planung als prägendes Merkmal von agilem Projektmanagement genannt. Woher kommt diese Begriffsunsicherheit? Projektmanagement ist nicht „agil“ In diesem Artikel stellen wir die Hypothese auf, dass es „agiles / hybrides Projektmanagement“ gar nicht gibt, sondern nur ein Projektmanagement im Kontext bestimmter Projektvorgehensmodelle. Zur Begründung unserer Hypothese untersuchen wir zunächst die Begriffe „Projekt“, „Projektmanagement“ und „Agilität“. Die Begriffe „Projekt“ und „Projektmanagement“ Die gängigen Projektmanagement-Standards ICB 4 [6], PMBOK [7] und PRINCE2 [8] basieren alle auf einer konkreten Festlegung, was im Kontext ihres Gültigkeitsbereichs unter den Begriffen „Projekt“ und „Projektmanagement“ zu verstehen ist. Beispielhaft für diese Definitionen zitieren wir die- - quasi amtliche-- DIN-Norm 69 901 [9]: Wissen | Es gibt kein „agiles Projektmanagement“ 47 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0093 Definition Projekt: „Vorhaben, das im Wesentlichen durch die Einmaligkeit aber auch Konstante der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z. B. Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle und andere Begrenzungen; -(…)“ Definition Projektmanagement: „Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mitteln für die Initiierung, Definition, Planung, Steuerung und den Abschluss von Projekten.“ Alle Definitionen von „Projekt“ umfassen mindestens die Eigenschaften der Einmaligkeit, der Begrenzung durch Ressourcen und die Befristung des Zeitraums. Alle Definitionen von Projektmanagement beziehen sich auf die Tätigkeiten, die notwendig sind, um Projekte zu organisieren (Aufbau- und Ablauf-Organisation). Keine Definition des Projektbegriffs und auch nicht die Definitionen zum Projektmanagementbegriff, stellen einen inhaltlichen Bezug zum eigentlichen Leistungserstellungsprozess innerhalb eines Projektes her. Ob und nach welchem Vorgehen ich eine Pyramide baue, zum Mond fliege, oder Software entwickele: Projektmanagement bietet lediglich einen organisatorischen Rahmen, in dem ein einmaliger Leistungserstellungsprozess initialisiert, durchgeführt und abgeschlossen wird. Der Begriff „Agilität“ „Es gibt heute unzählige Definitionen des Agilitätsbegriffs“, stellt Steffen Scheurer in seinem Editorial zur Ausgabe 02 / 2021 von PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL [10] fest. Ursprung, einziger gemeinsamer Bezugspunkt und damit kleinster gemeinsamer Nenner für all diese „Agilitäts“-Definitionen ist aber immer das sogenannte Agile Manifest. Mangels einer DIN-Norm für „agiles Management“ greifen wir also auf diese Quelle aus dem Jahre 2001 zurück. Abbildung 1 zeigt einen Screenshot des häufig abgekürzt betitelten „Agilen Manifests“ in deutscher Sprache [11]. • Das sogenannte „Agile Manifest“ ist ein „Manifest für Agile Softwareentwicklung “, nicht für das Management von Projekten. • Die „Werte auf der rechten Seite“ sind Werte, die im Projektmanagement einen hohen Stellenwert haben. Diese Werte finden die Unterzeichner des Manifests „wichtig“, sie schätzen aber die „Werte auf der linken Seite“ für die Softwareentwicklung höher ein. • In diesem Manifest für Agile Softwareentwicklung finden sich weder Vorschriften, mit welchen konkreten Maßnahmen diese Wertverschiebungen im Rahmen eines Softwareentwicklungsprozesses noch im Rahmen eines Projektes oder von Projekten innerhalb einer großen Organisation umzusetzen wären. Das Agile Manifest „erschließt bessere Wege, Software zu entwickeln“; es hat nicht zum Ziel, bessere Wege zu erschließen, Projekte durchzuführen. Ein Beispiel für eine Umsetzung der Forderungen des Manifests für Agile Softwareentwicklung ist der Produktentwicklungsprozess des Audio-Streaming-Dienstes Spotify. Das sogenannte Spotify-Modell [12] kombiniert eine Matrix-Aufbauorganisation mit einem auf viele Entwicklerteams skalierten Scrum-Vorgehen. Spotify betreibt damit sehr erfolgreich einen kontinuierlichen, nie endenden Produktentwicklungsprozess. Dieser (Produktentwicklungsprozess) ist kein Projekt im Sinne der obigen Definition. Konsequenterweise fordern agile Vorgehensmodelle auch keine Projektleiterrolle. Denn diese wird nur in Projektvorgehensmodellen benötigt. Gibt es also keine agilen Projekte? Der große Erfolg des Manifests für Agile Softwareentwicklung mit seiner geforderten Verschiebung der vier Werte und al- Abbildung 1: Auszug der Webseite http: / / agilemanifesto.org / iso / de / manifesto.html Wissen | Es gibt kein „agiles Projektmanagement“ 48 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0093 len daraus folgerichtig abgeleiteten Prinzipien und konkreten Handlungsempfehlungen zur Optimierung von Softwareentwicklungsprozessen hat dazu geführt, dass sich auch Projekte mit den agilen Werten, Prinzipien und Konzepten beschäftigt haben. Ziel war es, bewährte Methoden und Praktiken aus der „agilen Welt“ zu analysieren und auf ihre Tauglichkeit für den Einsatz in Projekten zu überprüfen. Heute, 20 Jahre nach dem Manifest für Agile Softwareentwicklung, gibt es sehr viele Projekte, die einen agilen Leistungserstellungsprozess nutzen. Eine Vielzahl dieser Projekte produziert keine Software. Diese Projekte benötigen dann jedoch Projektmanagement, um ihren agilen Leistungserstellungsprozess in ein Projekt zu integrieren. Denn per Definition (s. oben) hat ein Projekt einen Anfang, einmalige Ziele und ein Ende. Per Definition hat die überwiegende Mehrheit der agilen Softwareentwicklungsprozesse das in der Regel nicht. Im Folgenden beziehen wir uns beispielhaft auf das bekannteste und am häufigsten angewandte Framework für agile Softwareentwicklung, den Scrum Guide von Ken Schwaber und Jeff Sutherland [13]. Wir gehen davon aus, dass Sie mit dem 13-seitigen Scrum Guide, seinen drei Rollen, den fünf Ereignissen und den drei Artefakten grundsätzlich vertraut sind. Die angeführten Beispiele gelten im Wesentlichen auch für andere agile Frameworks. Nach dem Scrum Guide gibt es keinen ersten und keinen letzten Sprint und das Product-Backlog muss nicht initial erstellt werden, sondern ist immer da. Das Product-Backlog ist nicht mit einem Pflichtenheft zu verwechseln, denn es ist „(…) eine wachsende, geordnete Liste was benötigt wird, um das Produkt zu verbessern“ [13]. Auch sagt der Scrum Guide nichts darüber, welche Tätigkeiten zum Abschluss des Entwicklungsprozesses notwendig sind, denn er endet nie. Und zu den für ein Projekt so zentralen Aufgabenstellungen wie beispielsweise das Termin- und Kostencontrolling oder das Vertragsmanagement gibt es ebenfalls keine Hilfestellung. Und das, obwohl die Unterzeichner des agilen Manifests auch diese Tätigkeiten „wichtig“ finden. Vorschlag für eine Definition „Agiler Projekte“ Nach unserem Verständnis bildet die folgende Definition für den Begriff „agiles Projekt“ die aktuelle Projektrealität am besten und widerspruchsfreisten ab: „Ein agiles Projekt ist ein Projekt, das mit Methoden des Projektmanagements einen Rahmen vorgibt, in dem ein agiler Leistungserstellungsprozess zur Anwendung kommt.“ Die konkret ausgewählten Methoden und Praktiken aus dem etablierten Kanon des Projektmanagements mögen für agile Projekte andere sein als für nicht agile. Das Projektmanagement selbst ist jedoch nicht anders. Weder kann in einem agilen Projekt auf Projektmanagement noch auf die Rolle des Projektleiters verzichtet werden [3]. Eine Ungenauigkeit in dieser Definition ist die Frage, wie „agil“ der Leistungserstellungsprozess sein muss, damit das Projekt die Definition erfüllt. Reicht die Verwendung eines Kanban-Boards oder die Durchführung eines Daily Scrum? Oder müssen im Falle von Scrum alle drei Rollen, fünf Events gelebt und drei Artefakte vorhanden sein? Aus Sicht der Projektleitung kann die Antwort lauten: Das ist uns egal. Wir machen das, was uns hilft, unsere Projektziele zu erreichen. Wie es heißt und woher es kommt, interessiert uns nicht. Ein reiner Akademikerstreit? Spätestens jetzt stellen Sie sich die Frage: Warum dieses pedantische Herumreiten auf Begriffsdefinitionen? Nachweislich werden zahlreiche agile Projekte auch ohne eine verbindliche Definition und Begriffsabgrenzung erfolgreich durchgeführt. Welchen praktischen Mehrwert bietet diese akademisch anmutende Auseinandersetzung mit diesem Thema? Wir sehen im Wesentlichen drei mögliche, gefährliche Fehlinterpretationen, die falsch verstandene Agilitäts- und Projektmanagement-Begriffe nach sich ziehen und zu Problemen in Projekten führen können. Die Annahme(n), dass • agile Projekte ganz ohne Projektmanagement auskommen können, • alle agilen Konzepte uneingeschränkt in jedem Projektkontext hilfreich sind, • Organisationen sich zunächst „agil transformieren“ müssen, bevor sie agile Konzepte in ihren Projekten einsetzen können. Agile Vorgehensmodelle allein reichen nicht aus Christoph Richter schreibt: „Die Einfachheit von Scrum manifestiert sich z. B. darin, dass der Scrum Guide in der aktuellen Version von November 2020 lediglich 13 Seiten umfasst, während z. B. die Richtlinie zum klassischen Projektmanagementstandard ICB 4- (…) einen Umfang von 216 Seiten hat.“ [14]. Damit wird beim Leser-- wahrscheinlich vom Autor unbeabsichtigt-- der Eindruck erweckt, dass in beiden zitierten Dokumenten die gleichen Inhalte abgedeckt würden und der Scrum Guide in einem agilen Projekt das gesammelte Projektmanagementwissen der ICB 4 ersetzen könnte. Dieser Eindruck kann dazu führen, dass agile Projektteams meinen, sie könnten vollständig auf mittelbis langfristige Planung, Chancen- und Risikomanagement, Termin- und Kostencontrolling, usw. verzichten: Dazu steht nichts im Scrum Guide. Die Rolle des Projektleiters, der diese Tätigkeiten in einem Projekt verantworten würde, gibt es nicht. Andererseits betont auch der Scrum Guide: „Das Scrum-Modell ist absichtlich unvollständig und umfasst nur die Teile, die notwendig sind, um die Scrum-Theorie umzusetzen“ [13]. In der Regel erkennen das auch die Projektteams: Eine firmeninterne Umfrage zum Status Quo Agilität in unseren Projekten aus dem Jahr 2020 [15], lieferte unter anderem die folgenden, für uns überraschenden Ergebnisse: • Der Wert des Einsatzes von Projektmanagementpraktiken wurde in unseren agilen Projekten im Durchschnitt höher bewertet als in den nicht agilen. • Die am höchsten bewertete und am häufigsten genutzte Projektmanagement-Praktik in unseren agilen Projekten ist die Ablauf-, Phasen- und Releaseplanung. • Die große Mehrheit unserer agilen Projekte hat die Rollen Projektleiter oder Projektmanager besetzt. Wissen | Es gibt kein „agiles Projektmanagement“ 49 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0093 Agile Konzepte können Projekten auch schaden Nicht alle agilen Konzepte sind in jedem Projektkontext hilfreich. Ein erfolgreiches Projekt ist „auf Kante genäht“: Es erreicht seine Ziele zur allgemeinen Stakeholder-Zufriedenheit mit dem geringstmöglichen Ressourceneinsatz zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Jede geplante und durchgeführte Projektmaßnahme muss darauf geprüft werden, ob sie diese Randbedingungen erfüllt. Nicht alle Verbesserungsmaßnahmen erfüllen dieses Kriterium. Beispielhaft und nicht erschöpfend betrachten wir die Sprint-Retrospektive: Laut Scrum Guide ist das Ziel der Sprint-Retrospektive „Wege zu finden, um die Qualität und die Effektivität zu steigern.“ [13]. Beides ist in Projekten nicht uneingeschränkt sinnvoll. Wenn der Kunde beispielsweise Time-to-Market höher bewertet als die Produktqualität oder die Qualität gegenüber anderen Leistungsanforderungen eine untergeordnete Rolle spielt, ist es auch nicht sinnvoll, die Qualität des Produkts immer weiter zu steigern, wenn die Qualitäts-Anforderungen längst erfüllt sind. Genauso verhält es sich mit der Steigerung der Effektivität. In einem nie endenden Produktentwicklungsprozess ist es in der Regel sinnvoll, jede noch so kleine Steigerung der Effektivität umzusetzen, auch wenn sich die Kosten der Maßnahme erst nach mehreren Sprints amortisieren. In einem Projekt ist es fast ausgeschlossen, dass sich in den letzten Sprints vor Projektende noch Maßnahmen finden, deren Umsetzung sich für das Projekt noch lohnen. Natürlich zwingt niemand ein agiles Projekt dazu, solche nicht sinnvollen Maßnahmen durchzuführen. Um die Sinnhaftigkeit der Durchführung dieser Maßnahmen aber überhaupt bewerten zu können, braucht es Projektmanagement: In den genannten Beispielen sind das nach der ICB 4 u. a. die Kompetenzelemente Qualität (Practice 6), Kosten und Finanzierung (Practice 7) und Chancen und Risiken (Practice 11). Der Scrum Guide hilft bei der wirtschaftlichen Bewertung „absichtlich“ (s. oben) nicht weiter. Ohne agile Transformation keine agilen Projekte? Fast alle großen Organisationen haben es schwer, auf ihre etablierten Berichtssysteme und mehrstufigen Eskalationswege zu verzichten, oder die neuen Scrum-Rollen auszufüllen. Die agilen Rollen, der Verzicht auf die etablierten Projektrollen sowie das als Prämisse vorausgesetzte agile Mindset der Mitarbeitenden stellt viele Organisationen vor große Herausforderungen [18]. Erste Versuche in einzelnen Projekten, ausgewählte agile Konzepte einzusetzen, scheitern häufig am Beharrungsvermögen der Organisation. Die Forderungen des Manifests für Agile Softwareentwicklung kamen 2001 von Entwicklern, nicht von Projektmanagern oder Führungskräften. In der Projektrealität des Jahres 2021 ist es häufig umgekehrt: Die Forderung nach agileren Projekten kommt aus dem Management und wird nicht immer uneingeschränkt von den Mitarbeitenden mitgetragen. In seinem Interview mit Oliver Steeger erläutert Rüdiger Reinhardt, welche Konflikte sich daraus ergeben und wie Führungskräfte damit umgehen können [16]. Beispiel Product Owner Im Scrum Guide ist die Rolle des Product Owners folgendermaßen beschrieben: „[…] Der Product Owner ist dafür verantwortlich, den Wert des Produktes zu maximieren, das aus der Arbeit des Entwicklungsteams entsteht.-[…] Der Product Owner verantwortet das effektive Management des Product Backlogs.- […] Der Product Owner bleibt- […] immer rechenschaftspflichtig. Damit der Product Owner erfolgreich sein kann, muss die gesamte Organisation seine Entscheidungen respektieren. Der Product Owner ist eine einzelne Person, kein Komitee.-[…]“ [13]. Den meisten Organisationen fehlt es an ausreichend qualifizierten Mitarbeitenden, die in der Lage und willens sind, eine solche Rolle zu übernehmen, ganz abgesehen von den weitgehenden Befugnissen, die in dieser Rolle für die Organisation gebündelt werden. Daneben finden sich auch vertraglich problematische Aspekte, wie die Tatsache, dass viele Kunden ihre Software- Entwicklungs-Projekte als Werkverträge beauftragen und dann natürlich nicht über die Rolle des Product Owners die „rechenschaftspflichtige Verantwortung“ für „den Wert des Produkts“ übernehmen können und wollen. Knittel und Seckinger nennen auch noch mögliche Kollisionen mit Normen als Hindernis [17]. Agile Projekte auch ohne agile Transformation! Natürlich ist es richtig, dass sich die größten Nutzenpotenziale agiler Projekte nur in einer optimal auf diese Projekte abgestimmten Organisation heben lassen können, siehe das Beispiel Spotify. Das können insbesondere große Organisationen nur sehr schwer kurzfristig leisten. Aber sollte man deshalb mehrere Jahre Organisationsentwicklungsprozess abwarten, bevor man einzelne bewährte und hilfreiche agile Konzepte in laufenden Projekten einführen kann? Eine vollständige agile Transformation der Unternehmensorganisation zu fordern, ist nach unserer Erfahrung weder notwendig noch sinnvoll. Unserer Meinung nach entspricht dies auch nicht dem Geist des Manifests für Agile Softwareentwicklung. Und auch der Scrum Guide sagt: „Scrum ist einfach. Versuchen Sie es, wie es ist und stellen Sie fest,-(…) ob es hilft Ziele zu erreichen und Mehrwert zu generieren.“ Fazit Dieser Artikel hat die Frage „Was ist agiles Projektmanagement? “ gestellt und keine wirklich befriedigende Antwort gefunden. Wir sehen unsere Hypothese gestärkt, dass es zwar agile Projekte, aber kein agiles Projektmanagement gibt. Das ist zwar etwas ernüchternd, aber nicht schlimm, denn diese Frage ist ohnehin schlecht gestellt. Viel interessanter ist die gut gestellte Frage: „Was ist im Management agiler Projekte anders als im Management anderer Projekte? “. Dazu haben auch die Artikel dieser Zeitschrift in ihrer Ausgabe zu „Agiles Projektmanagement“ wertvolle Beiträge geliefert. Agilität und Projektmanagement stehen nicht im Widerspruch zueinander, es geht nicht um das eine oder das andere. Im Gegenteil: Sinnvoll eingesetzt, ergänzen sich Agilität und Projektmanagement im Projektkontext. Projektmanagement füllt die beabsichtigten Lücken der Agilität. Wissen | Es gibt kein „agiles Projektmanagement“ 50 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0093 Ausblick Die wissenschaftlich fundierte Untersuchung eines Gegenstandes setzt voraus, dass dieser Gegenstand eindeutig definiert ist, oder diese Definition das Ziel der Untersuchung ist. Sonst besteht die Gefahr, dass sich aus der Unsicherheit ungewollte Spielräume für Fehlannahmen ergeben: ex falso sequitur quodlibet. Ein erster wichtiger Schritt ist der IPMA Reference Guide „ICB 4 in an Agile World“ aus dem Jahre 2018. Das Dokument betont die Wichtigkeit des agilen Mindsets der Projektmitarbeitenden sowie das grundsätzlich andere Führungskonzept in agilen Projekten. Dazu werden die für agile Projekte erfolgskritischen Schlüsselkompetenzen hervorgehoben. Diese Beschränkung wirft aber die Frage auf, ob dann nicht auch Projekte mit einem klassischen Leistungserstellungsprozess agil sein können, wenn das Projektteam das agile Mindset und Führungskonzept anwendet. Darüber hinaus wären weiterführende Untersuchungen hilfreich, die sich aus den besonderen Herausforderungen des Spannungsfelds des agilen Leistungserstellungsprozesses und den Anforderungen des Projektmanagements ergeben, z. B. wie kann ein effektives Kostencontrolling aussehen, wenn das Projekt nur in Storypoints oder T-Shirt-Größen denkt? Welche typischen Chancen und Risiken bieten agile Projekte? Was ist eine sinnvolle Verteilung der Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zwischen Product Owner und Projektleiter? Literatur [1] beispielhaft genannt seien die beiden Ausgaben 2 / 2020 „Agiles und hybrides Projektmanagement“ sowie 2 / 2021 „Agiles Projektmanagement“ von PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL [2] Diesterer Georg und Daum, Andreas, „Agilität nimmt weiter Fahrt auf im Projektmanagement“; in: PROJEKTMA- NAGEMENT AKTUELL 2 / 2020 [3] Ochs, Christoph und Spang, Konrad, „Die Projektleiterrolle im agilen Projektmanagement“; a. a. O. [4] Schoper, Yvonne, Gertler Elisa und Fox, Kaily, „Der Einfluss von Kultur und Persönlichkeit auf agile Projektmanagementtechniken“; a. a. O. [5] Meindl, Stefanie, Pfähler, Julia und Bissel Moritz, „Agile Leadership-- Zur agilen Führungskraft geboren“; a. a. O. [6] GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. (Hrsg.): Individual Competence Baseline für Projektmanagement, Version 4.0, deutsche Fassung, Nürnberg (2017) (Onlineausgabe) [7] Project Management Institute (2017), „A guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK guide)” (6th ed.) [8] AXELOS Ltd. (Hrsg.): „Managing Successful Projects with PRINCE 2” (6th ed.) (2017) [9] Deutsches Institut für Normung e. V. (Hrsg.): DIN-Normenreihe 69 901, (2009) [10] Scheurer, Steffen, „Editorial Agiles Projektmanagement“; in: PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 2 / 2020 [11] http: / / agilemanifesto.org / iso / de / manifesto.html; Stand: August 2021 [12] https: / / www.atlassian.com / agile / agile-at-scale / spotify; Stand: August 2021 [13] Schwaber, Ken und Sutherland, Jeff: https: / / www.scrumguides.org/ ; November 2020 (alle Textstellen sind von den Autoren aus dem Englischen übersetzt) [14] Richter, Christoph, „Was ist dran an der „neuen Sau“ des Projektmanagements? “; in: PROJEKTMANAGEMENT AK- TUELL 2 / 2021 [15] Interne Auswertung einer an die GPM-Studie „Status Quo Agile“ aus dem Jahre 2019 angelehnte firmeninterne Umfrage; Auszugsweise Bereitstellung der Auswertung auf Anfrage [16] Steeger, Oliver, „Vollbremsung aus Angst“, Interview mit Rüdiger Reinhardt; in: PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 2 / 2021 [17] https: / / www.projektmagazin.de / artikel / wer-scrum-einfuehrt-muss-auch-agil-werden_1 093 235; Stand: August 2021 [18] https: / / www.projektmagazin.de / artikel / agil-hybrid-traditionell-pragmatisches-projektmanagement; Stand: August 2021 Eingangsabbildung: © patiwat - stock.adobe.com Matthias Eberspächer Dr. Matthias Eberspächer arbeitet als Qualitäts- und Projektmanager bei msg in München. Sein besonderes Interesse gilt der Optimierung von Projektvorgehensmodellen, dem Aufbau und der Steuerung effizienter Projektteams sowie Methoden zur Erhöhung der Wirksamkeit von Projektmanagementberatung. eMail: mailto: matthias.eberspaecher@msg.group, OR- CID: 0000-0001-7600 - 1921 Bernd Hahn Bernd Hahn ist Leiter des Center of Competence Projektmanagement des Bereichs Public Sector bei msg. Er konzentriert sich insbesondere auf agile und hybride Projekte. Als PRINCE II-, PMI- und IPMA-zertifizierter Projektleiter ist er seit über 10 Jahren im Public Sector tätig. eMail: Bernd.Hahn@msg.group René H. Warweitzky René H. Warweitzky verantwortet innerhalb der msg-Gruppe das Center of Competence Project Management and Agility und arbeitet branchenübergreifend als Projektportfolio- und Projektmanager sowie als Berater. Er bringt die positiven Einflüsse von Agilität z. B. mit Projektmanagementverfahren zusammen, wie etwa beim agilen Festpreis. eMail: rene.warweitzky@msg.group 51 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0094 Ergebnisse der 9. MPM-Benchmarking-Studie Triple-A PPM: Agiles, Adaptives und Ambidexteres Projektportfoliomanagement fördert den Erfolg-- gerade in Zeiten von Umbruch und Turbulenz Carsten Kaufmann, Jadena Bechtel, Patrick Lehner, Hans Georg Gemünden, Alexander Kock Für eilige Leser | Seit über 15 Jahren untersucht das Forschungsteam MPM im Rahmen der MPM-Benchmarking-Studien Erfolgsfaktoren und Best Practices im Multiprojektmanagement (MPM). Fokus der 9. MPM-Studie 2020 mit über 120 Unternehmen war die Fragestellung, wie Unternehmen ihr Projektportfolio effektiv an Veränderungen anpassen und langfristig erfolgreich ausrichten können. Die Ergebnisse zeigen, dass Triple-A PPM- - die integrierte Verbindung agiler, adaptiver und ambidexterer Fähigkeiten-- auf strategischer, kultureller und prozessualer Ebene eine nachhaltig erfolgreiche Ausrichtung ermöglicht. Dies beinhaltet eine regelmäßige Strategieüberprüfung, Mitarbeiterstärkung und effiziente Entscheidungsprozesse-- organisationale Kompetenzen, die durch Promotoren gefördert werden. Klassische Erfolgsfaktoren, wie die Einzelprojektreife, Strategieklarheit und Prozessformalisierung, bleiben weiterhin wichtig und bilden die Basis für ein erfolgreiches Portfolio. Schlagwörter | Projektportfoliomanagement, Multiprojektmanagement, Erfolgsfaktoren, Benchmarking-Studie, Triple- A PPM, Agilität 1 Einleitung Im Kontext einer immer stärker vernetzten und turbulenten Wettbewerbslandschaft steigt der Druck auf Unternehmen, ihre Geschäftsfelder effektiv, schnell und nachhaltig anzupassen. Für etablierte Mittelständler und Großunternehmen verstärkten sich im Zuge der Corona-Pandemie die ohnehin schon dringlichen Herausforderungen, insbesondere durch die Digitalisierung und die damit verbundene Veränderung von Geschäftsmodellen. Traditionell werden strategische Veränderungen durch das Projektportfolio eines Unternehmens umgesetzt. Es ist die Aufgabe des Multiprojektmanagements (MPM), das Projektportfolio schnell und effektiv an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen und dabei auch neu entstehende Strategien zu berücksichtigen, um langfristig erfolgreicher zu sein. Diese Herausforderung bildet das Fokusthema der 9. MPM- Benchmarking-Studie, die im Frühjahr 2020 durchgeführt wurde. Im Rahmen der MPM-Benchmarking-Studien untersucht das Forschungsteam um Professor Kock (TU Darmstadt) und Professor Gemünden (TU Berlin) seit über 15 Jahren Erfolgsfaktoren und Best Practices im MPM. In bisherigen Studien wurden zahlreiche kulturelle, strategische und prozessuale Erfolgsfaktoren identifiziert und nachgewiesen, dass sich gutes MPM positiv auf den Geschäftserfolg von Unternehmen auswirkt. Wissen | Agiles, Adaptives und Ambidexteres Projektportfoliomanagement fördert den Erfolg 52 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0094 2 Die 9. MPM-Benchmarking-Studie Die MPM-Studien sind wissenschaftlich fundiert und bieten dadurch belastbare Einblicke in Erfolgszusammenhänge. In der 9. Studienerhebung wurden über 120 Projektportfolios von Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgewertet. Im Durchschnitt sind in teilnehmenden Unternehmen 7.000 Mitarbeiter beschäftigt, die einen Umsatz von 8 Mrd. Euro erwirtschaften. Das durchschnittliche Portfoliobudget beträgt 190 Mio. Euro. Die Stichprobe setzt sich aus verschiedenen Branchen und unterschiedlichen Portfolioarten zusammen, wobei die Maschinen- und Fahrzeugbranche mit 20 Prozent den größten Anteil aufweist (siehe Abbildung 1). Der Portfolioschwerpunkt teilt sich übergreifend in IT-/ Organisations- (38 %), F&E- (37 %) und sonstige Invest- oder Bau-Portfolios (20 %) auf. Teil der wissenschaftlichen Qualitätsanforderungen der MPM-Studien ist, dass je Portfolio mehrere Personen ihre Einschätzung abgeben. Dadurch ist sichergestellt, dass der Erfolg und mögliche Einflussfaktoren getrennt voneinander beurteilt werden. Pro Portfolio nehmen die folgenden Personen an der Befragung teil: • Entscheiderinnen und Entscheider sind Personen aus dem höheren Management, die Entscheidungen zur Projektauswahl, Verschiebung oder Abbruch sowie zur Priorisierung treffen (z. B. Geschäftsleitung, Bereichsleitung, Abteilungsleitung). Sie beurteilen den Erfolg und Fragen zur Strategie. • Koordinatorinnen und Koordinatoren sind Personen, die die Projekte eines Portfolios koordinieren (z. B. Portfoliomanagement, PMO-Leitung). Sie beurteilen die eingesetzten Methoden und Prozesse des MPMs. • Projektleitende (durchschnittlich 3,5 Projektleitende pro Portfolio) mit meist langjähriger Erfahrung beurteilen das MPM aus ihrer Sicht und geben Auskunft über ein konkretes abgeschlossenes Projekt. 3 Identifizierung der Erfolgsfaktoren anhand des Multiprojektmanagement-Performance-Index Das zentrale Maß zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit bildet der Multiprojektmanagement-Performance-Index (MPI). Er setzt sich aus den Dimensionen MPM-Qualität, Projektportfolioerfolg und Geschäftserfolg zusammen (siehe Abbildung 2). • Die MPM-Qualität beschreibt die Güte der Interaktionsprozesse zwischen den im MPM-Prozess beteiligten Akteuren und beurteilt die Qualität der Zusammenarbeit, Informationen, Entscheidungen, Ressourcenallokationen und Projektabbrüche. Sie ist eine Grundvoraussetzung für den Projektportfolioerfolg. • Der Projektportfolioerfolg misst den unmittelbaren Erfolg des Portfoliomanagements durch Beurteilung der Abstimmung zwischen Portfoliozusammensetzung und Strategie, der Nutzung von Synergien, der Balance zwischen Projekten (z. B. hinsichtlich Risiko und Ertrag) und dem durchschnittlichen Einzelprojekterfolg. Er ist eine Voraussetzung für den Geschäftserfolg. 57% 50% 64% 44% 89% 14% 11% 6% 47% 7% 22% 11% 38% 24% 33% 82% 40% 21% 33% 50% 5% 6% 12% 13% 7% 13% 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % 7 % Gesundheitswesen Maschinen- und Fahrzeugbau Elektronik/ IKT Chemie/ Pharma 19 % Banken/ Versicherungen Verkehr/ Transport/ Logistik/ Bau Konsumgüter/ Sonstiges Versorger/ Öffentliche Verwaltung 16 % 15 % 14 % 13 % 8 % 8 % R&D Invest Mix IT Verteilung der evaluierten Portfolios nach Branche und Portfolioart Abbildung 1: Verteilung der Stichprobe nach Branche und Portfolioart MPM-Qualität Der Multiprojektmanagement-Performance-Index (MPI): So definiert sich erfolgreiches MPM Projektportfolioerfolg └ Zusammenarbeitsqualität └ Informationsqualität └ Entscheidungsqualität └ Allokationsqualität └ Abbruchqualität └ Strategic Fit └ Synergienutzung └ Portfoliobalance └ ∅ Einzelprojekterfolg Geschäftserfolg └ ∅ Wirtsch. Erfolg Projektergebnisse └ Wirtsch. Erfolg Geschäftseinheit └ Zukunftsausrichtung └ Kundenzufriedenheit └ Schnelligkeit MPM-Qualität Projektportfolioerfolg Geschäftserfolg Abbildung 2: Zusammensetzung des Multiprojektmanagement-Performance-Index Wissen | Agiles, Adaptives und Ambidexteres Projektportfoliomanagement fördert den Erfolg 53 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0094 • Der Geschäftserfolg misst abschließend den realisierten Nutzen für die Geschäftseinheit. Er wird traditionell anhand des durchschnittlichen wirtschaftlichen Erfolgs der Projektergebnisse, des wirtschaftlichen Erfolgs der Geschäftseinheit und der Zukunftsausrichtung gemessen. Zusätzlich wurde der Geschäftserfolg in dieser Studie neu um die Kundenzufriedenheit sowie die Schnelligkeit des Portfolios (z. B. bei der Erschließung neuer Märkte) ergänzt. Der MPI bildet die Basis für die Auswertung der Portfolios und die Identifizierung von Erfolgsfaktoren. In der Auswertung werden in einem ersten Schritt die evaluierten Portfolios anhand ihres MPIs in Top-, Mid- und Low-Performer eingeteilt. Die unteren 20 % der evaluierten Portfolios, sortiert nach MPI, werden der Gruppe der Low-Performer und die oberen 20 % der Gruppe der Top-Performer zugeordnet (siehe Abbildung 3). In einem zweiten Schritt untersuchen wir die Frage, welche Eigenschaften des MPMs die Top-Performer von den Low- Performern besonders deutlich unterscheidet. Diese für den Erfolg ausschlaggebenden Eigenschaften bezeichnen wir als Erfolgsfaktoren. Je stärker ein Erfolgsfaktor mit dem MPI zusammenhängt, umso stärker ist auch seine übergreifende Relevanz. Der nachfolgende Abschnitt stellt die Erfolgsfaktoren gegliedert nach den drei Dimensionen des Triple-A Portfoliomanagements vor. 4 Triple-A Projektportfoliomanagement (PPM) 4.1 Definition und Übersicht In einer immer turbulenteren und komplexeren Umwelt werden Unternehmen zunehmend vor die Herausforderung gestellt, auch weiterhin wettbewerbsfähig zu agieren. In der 9. MPM-Studie haben wir daher agile, adaptive und ambidextere Fähigkeiten untersucht, die es in ihrer Gesamtheit Unternehmen ermöglichen, kurzfristig flexibel auf externe und interne Veränderungen zu reagieren und gleichzeitig langfristig Innovationspotenziale zu eröffnen. Wir fassen diese Fähigkeiten unter dem Begriff Triple-A PPM zusammen. Die Studienergebnisse zeigen deutlich, dass Triple-A PPM eine hohe Erfolgswirkung hat (siehe Abbildung 4). Portfolios, die intensiv Triple-A PPM anwenden, sind insgesamt sehr viel erfolgreicher. Beim Triple-A-Score werden die Messwerte der drei Komponenten Agiles, Adaptives und Ambidexteres PPM aufsummiert. Abbildung 5 beschreibt die Definition der drei Dimensionen Agiles, Adaptives und Ambidexteres PPM und gibt einen Überblick, welche Erfolgsfaktoren zu diesen drei PPM-Konzepten gehören. Die links neben dem Erfolgsfaktor angegebenen Harvey-Balls illustrieren die Stärke der Korrelation zwischen dem jeweiligen Erfolgsfaktor und dem Erfolgskriterium MPI. In den nachfolgenden Unterkapiteln stellen wir die Definition und die wichtigsten Handlungsimplikationen der Dimensionen des Triple-A PPMs im Detail vor. 4.2 Agiles PPM Agiles PPM bedeutet, dass sowohl Projekte als auch Entscheidungsprozesse agiler gestaltet sind und dadurch Informationen und Entscheidungen insgesamt schneller und effektiver im Portfolio umgesetzt werden. Der übergreifend wichtigste individuelle Erfolgsfaktor ist die Anpassungsfähigkeit des Portfolios. Top-Performer haben agile und iterative Entscheidungsprozesse, mit denen sie ihr Portfolio flexibel und schnell an veränderte Bedingungen anpassen [3]. Neben der Anpassung des Portfolios ist es aber auch essenziell, dass Unternehmen die Prozesse im Portfolio kritisch hinterfragen und kontinuierlich an veränderte Rahmenbedingungen anpassen. Dadurch ist sichergestellt, dass Unternehmen effektiv und insbesondere auch langfristig effizient agieren können. Agile Projekte sind weiter auf dem Vormarsch. Im Vergleich zur 8. MPM-Studie 2017 haben Top-Performer den Anteil agiler Projekte im Portfolio von 19 % auf 26 % deutlich er- Low-Performer (Untere 20%) Top-Performer (Obere 20%) Verteilung der MPI und Einteilung in Top- und Low-Performer Abbildung 3: Einteilung der Top- und Low-Performern anhand der MPI Wissen | Agiles, Adaptives und Ambidexteres Projektportfoliomanagement fördert den Erfolg 54 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0094 A daptives PPM Sie hinterfragen ihre Strategie und passen sie flexibel an veränderte Rahmenbedingungen an, erkennen Chancen in ihren Projekten und nutzen diese übergreifend im Portfolio. Sie denken in Optionen anhand bewusst geplanter Projektroadmaps und lernen systematisch aus vergangenen Projekten. Strategieflexibilität Strategisches Monitoring Emergente Strategien Markt und Technologie Sensing Roadmapping Lessons Learned Proaktivität Realoptionsansatz Erfolgsfaktoren und ihre Wichtigkeit: Das zeichnet Top-Performer aus: Adaptives PPM bedeutet, flexibel auf interne und externe Chancen zu reagieren und proaktiv langfristige Optionen zu eröffnen. Bedeutung: A giles PPM Essentiell ist die Anpassungsfähigkeit des Portfolios: Sie haben agile, iterative Entscheidungsprozesse und passen ihr Portfolio dadurch flexibel an. Sie unterstützen Servant Leadership und die Akzeptanz agiler Methoden. Zudem schaffen sie ein Bewusstsein der individuellen Verantwortung aller im Portfolio. Portfolioagilität Servant Leadership Agile Akzeptanz Prozessanpassung Iterativer Prozess Projektagilität Individuelle Verantwortung Handlungsorientierung Speed Boat Teams Erfolgsfaktoren und ihre Wichtigkeit: Das zeichnet Top-Performer aus: Agiles PPM bedeutet, agile Prozesse auf Projekt- und auf Portfolioebene zu etablieren. Bedeutung: A mbidexteres PPM Sie richten ihr Portfolio durch eine ausgeprägte Risiko- und Innovationskultur langfristig aus. Ihre Manager weisen eine starke Innovationsorientierung auf. Zur systematischen Portfoliostrukturierung nutzen sie insbesondere Strategische Budgettöpfe. Innovationskultur Risikokultur Innovationsgrad Innovationsorientierung Kannibalisierungsbereitschaft Risikoneigung Strategische Budgettöpfe Erfolgsfaktoren und ihre Wichtigkeit: Das zeichnet Top-Performer aus: Ambidexteres PPM bedeutet, gleichzeitig bestehendes Innovationspotential zu nutzen und neue Innovationspositionen auszubauen. Bedeutung: Triple-A PPM: Agiles, Adaptives und Ambidexteres MPM Harvey Balls geben die Bedeutung des Faktors für den Erfolg an. Je stärker der Harvey Ball gefüllt ist, desto wichtiger ist dieser Faktor für den MPI. Jedes Achtel enspricht in etwa einer Korrelation mit dem MPI von 0,1. Abbildung 5: Die Komponenten von Triple-A PPM im Überblick 2 3 4 5 6 Multiprojektmanagement Performance Index (MPI) 1 2 3 4 5 6 7 Triple-A Score Starker Zusammenhang zwischen Triple-A PPM und dem MPI Triple-A Score Multiprojektmanagement-Performance- Index (MPI) Abbildung 4: Starker Zusammenhang zwischen Triple-A PPM und MPI (Korrelation r-= 0,75) Wissen | Agiles, Adaptives und Ambidexteres Projektportfoliomanagement fördert den Erfolg 55 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0094 42% 31% 41% 54% 17% 15% Gesamt Top-Performer Radikale Projekte Neuartige Projekte Routine Projekte Zusammensetzung des Portfolios nach Innovationsgrad Abbildung 7: Zusammensetzung des Portfolios nach Innovationsgrad 76% 59% 64% 53% 16% 22% 27% 21% 7% 19% 9% 26% Top-Performer Low-Performer Hybride PM Top-Performer Agile PM Low-Performer Sonstige PM MPM 8 | 2017 MPM 9 | 2020 Verteilung der Projektmanagement-Methoden (PM) Abbildung 6: Verteilung der Projektmanagement-Methoden (PM) in den Projektportfolios höht. Damit setzen sie sich im Anteil agiler Projekte weiterhin zu Low-Performern mit nur 9 % agiler Projekte deutlich ab. Diese entwickeln sich jedoch auch weiter und ergänzen nun in durchschnittlich 27 % hybriden Projekten die traditionellen Projektmanagement-Methoden um agile Elemente (siehe Abbildung 6). Darüber hinaus zeigt sich, dass agile Prinzipien auch auf Portfolioebene eine hohe Erfolgswirkung haben. Durch ihre iterative Arbeitsweise und enge Kundenorientierung bieten agile Projekte übergreifend im Portfolio einen idealen Nährboden für wertvolle strategische Impulse, die Portfoliomanager systematisch erfassen und auswerten sollten [4]. Dadurch werden neue strategische Chancen und Bedrohungen früher erkannt, es wird schneller reagiert und die Unternehmen passen sich schneller an. Außerdem bestätigen die aktuellen Ergebnisse, dass iterative Prozesse auch im MPM eine positive Erfolgswirkung haben. Die Prozesse sind dann insgesamt iterativ rollierend gestaltet und verkürzen dadurch Informations- und Feedbackzyklen. Ergänzt werden sollten diese schnelleren Prozesse durch Speed Boat Teams. Das sind kleine, autonome Teams, die auf Abruf kurzfristig gebildet werden und ohne bestehende Abhängigkeiten zu anderen Projekten, spontane, dringliche Aufgaben effektiv erledigen. In der aktuellen Studie zeigt sich auch im Hinblick auf die Unternehmenskultur, dass Top-Performer ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Servant Leadership stärken und Wissen | Agiles, Adaptives und Ambidexteres Projektportfoliomanagement fördert den Erfolg 56 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0094 individuell unterstützen und weiterentwickeln. Ein Servant Leader teilt die Macht, stellt die Bedürfnisse der Mitarbeiter in den Vordergrund und hilft ihnen, sich zu entwickeln und die bestmögliche Leistung zu erbringen. Damit zeigt sich, dass Servant Leadership nicht nur die Zusammenarbeit in Teams verbessert, sondern auch eine starke Wirkung auf den Portfolioerfolg aufweist. Darüber hinaus hat auch das Bewusstsein individueller Verantwortung bei den Beschäftigten eine hohe Erfolgswirkung. Bei Top-Performern sind sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Portfolio ihrem individuellen Beitrag und ihrer Verantwortung diesen zum Erfolg des Portfolios zu leisten bewusst und steigern dadurch den Portfolioerfolg. 4.3 Adaptives PPM Adaptives PPM bedeutet, dass das MPM flexibel auf interne und externe Chancen reagiert, und proaktiv langfristige Optionen durch die Nutzung emergenter strategischer Pfade eröffnet. Im Vergleich mit den beiden anderen Dimensionen des Triple-A PPMs haben die adaptiven Fähigkeiten in ihrer Gesamtheit die stärkste Erfolgswirkung. Besonders ausschlaggebend für den Erfolg des MPMs sind hierbei die strategischen Faktoren der Dimension. Wir sprechen daher auch von strategischer Anpassungsfähigkeit. Während eine klar definierte und kommunizierte Strategie einer der traditionellen Erfolgsfaktoren darstellt, sollte im Kontext einer turbulenten Umgebung die Portfoliostrategie regelmäßig kritisch überprüft werden. Dazu sollten insbesondere ihre Realisierbarkeit und die Prämissen bei der Strategieformulierung in Frage gestellt werden. Top-Performer überprüfen im Schnitt ihre Portfoliostrategie alle vier Monate und damit doppelt so häufig wie Low-Performer. Darüber hinaus überprüfen Top-Performer auch ihre Portfoliozusammensetzung alle drei Monate und damit ebenfalls öfter als Low-Performer, die dies nur alle vier Monate tun. Bei der Strategieüberprüfung sollten Unternehmen darauf achten, kontinuierlich und effektiv auf unvorhergesehene Veränderungen zu reagieren und sich auch an unerwartete Folgen solcher Veränderungen anzupassen. Zur langfristigen Sicherung des Wettbewerbsvorteils sollten Unternehmen aktiv Märkte überwachen, um neue Kundenbedürfnisse und Technologien frühzeitig zu entdecken und in ihrem Portfolio zu integrieren. Um mit der Unsicherheit innovativer Projekte umzugehen, versprechen das strukturierte Management von Projektsequenzen und Realoptionsdenken eine hohe Erfolgswirkung. Projektsequenzen sind Projekte, die zeitlich nacheinander durchgeführt werden und inhaltlich aufeinander aufbauen. Hierbei zeigt sich zum einen, dass die bewusste zukunftsorientierte Planung von Sequenzen zur Umsetzung langfristiger Ziele und Strategien mittels Roadmapping und Szenarios eine hohe Erfolgswirksamkeit hat. Zum anderen ist es aber auch wichtig, dass Erfahrung aus abgeschlossenen Projekten systematisch erfasst, verbreitet und in Folgeprojekten wieder genutzt wird. [1] Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse im Hinblick auf den Umgang mit Unsicherheit, dass der Realoptionsansatz eine hohe Wirksamkeit besitzt. Dieser bezeichnet-- im Gegensatz zu einer definitiven Auswahl an Projekten-- ein schrittweises und an die Erfüllung von Bedingungen geknüpftes Initiieren einer Vielzahl an Projekten. Entscheider halten sich dabei die Option vor, unvorteilhafte Projekte in der Zukunft jederzeit abbrechen zu können. Bei Projektabbruch kann das freigesetzte Budget dann flexibel auf andere Projekte im Portfolio verteilt werden. Dadurch kann der Innovationsgrad im Portfolio und der Erfolg gesteigert werden [2]. Die Kombination von Sequenzansatz und Realoptionsdenken bedeutet, dass man statt sehr großer starr geplanter Projekte, eine Realisierung in mehreren Schritten plant, die jeweils schon zu verwertbarem Nutzen und finanziellen Rückflüssen führen. Statt beispielsweise einen Großflughafen zu planen und auszuschreiben, sichert man sich das Gelände und die Genehmigung dafür, baut aber erst einmal einen Abschnitt, der bereits genutzt wird und Rückflüsse liefert. In Abhängigkeit von der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung entscheidet man dann, ob und wie man die Optionen für weitere Ausbaustufen nutzt. Wenn man genauer hinschaut, dann erkennt man, dass erfolgreiche Innovationspfade auf langen Sequenzen von aufeinander aufbauenden Projekten beruhen, wie der VW Golf oder das iPhone. 4.4 Ambidexteres PPM Ambidexteres („beidhändiges“) PPM bedeutet, gleichzeitig bestehendes Innovationspotential zu nutzen und neue Innovationspositionen auszubauen. Auch in dieser Dimension sind sowohl kulturelle, strategische als auch prozessuale Aspekte erfolgsentscheidend. Eine besonders starke Erfolgswirkung weisen die beiden kulturellen Faktoren der Innovations- und Risikokultur auf. Top-Performer haben eine ausgeprägte Innovationskultur, in der Kreativität und Innovativität betont wird, offen über neue Impulse diskutiert wird und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Freiraum zur Entwicklung kreativer Ideen erhalten. Diese Unterstützung und auch die dadurch resultierenden konstruktiven Impulse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirken sich positiv auf den Innovationsgrad und Erfolg des Portfolios aus [3, 4]. Darüber hinaus ist als Teil der Risikokultur wichtig, dass im Unternehmen die Kommunikation und das Engagement des organisatorischen Risiko- Projektautonomie Top-Management Involvement Organisationale Unterstützung Formalisierung Zusammenarbeit mit externen Partnern Rollenklarheit Karrierepfade Voice Behavior PMO Unterstützung Teamkontinuität Resource Slack Vertikale Strategieintegration Benefits Management Strategieklarheit Einzelprojektmanagement-Reife Business Case Kontrolle Promotoren Unterstützung Das Fundament für ein erfolgreiches Projektportfoliomanagement Harvey Balls geben die Bedeutung des Faktors für den Erfolg an. Je stärker der Harvey Ball gefüllt ist, desto wichtiger ist dieser Faktor für den MPI. Jedes Achtel enspricht in etwa einer Korrelation mit dem MPI von 0,1. Abbildung 8: Weiterhin relevant: das Fundament für erfolgreiches Triple-A PPM Wissen | Agiles, Adaptives und Ambidexteres Projektportfoliomanagement fördert den Erfolg 57 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0094 managements transparent und eindeutig gestaltet ist. Dies unterstützt Organisationen darin, kalkulierte Risiken einzugehen, die für die Ergreifung innovativer Chancen notwendig sind. Wie in vorherigen Studien zeigt sich, dass Portfolios mit einem höheren Innovationsgrad auch erfolgreicher sind. Dabei ist in den aktuellen Ergebnissen besonders auffallend, dass Top- und Low-Performer einen ähnlichen Anteil an radikalen Projekten im Portfolio integrieren (ca. 16 % des Portfoliobudgets). Ausschlaggebend für einen höheren Innovationsgrad und Erfolg ist jedoch, dass Top-Performer mit durchschnittlich 31 % des Portfoliobudgets, im Vergleich zu 42 % bei Low-Performern, einen deutlich geringeren Anteil an Routineprojekten im Portfolio aufweisen (siehe Abbildung 7). Damit sind Top-Performer im Durchschnitt innovativer. Wirkungsvoll zur Steigerung des Innovationsgrads und des Erfolgs ist eine übergreifende Innovationsorientierung der Organisation bei einer gleichzeitigen kalkulierten Akzeptanz der mit einem höheren Innovationsgrads einhergehenden Risiken [6]. Um operativ einen höheren Innovationsgrad umzusetzen, erweisen sich strategische Budgettöpfe als besonders effektiv. Diese bezeichnen die Unterteilung des übergreifenden Portfoliobudgets in Kategorien, die nach strategischen Stoßrichtungen definiert sind (bspw. radikal vs. inkrementell innovativ). Innerhalb der Kategorien kann somit eine Vergleichbarkeit der Projekte ermöglicht werden und insgesamt ein balanciertes und strategiekonformes Portfolio geschaffen werden. 4.5 Das Fundament für Triple-A PPM Neben den Erfolgsfaktoren des Triple-A PPMs, sorgen etablierte Erfolgsfaktoren auch weiterhin für die notwendigen klaren Strukturen, Rollen und Prozesse (siehe Abbildung 8). Während notwendige Faktoren den Erfolg des MPMs nicht garantieren, bilden sie die Voraussetzung für erfolgreiches MPM. Zu diesen Faktoren zählt eine klar definierte und portfolioweit kommunizierte Strategie, die systematisch durch entsprechende Projektauswahl im Portfolio umgesetzt wird. Weiterhin ist auch das Management individueller Projekte nicht zu vernachlässigen. Hierbei sind eine hohe Einzelprojektmanagement-Reife und die Verwendung von Business Cases zur Projektantragsstellung und späteren Projektüberwachung notwendig. Eine insgesamt hohe Formalisierung der Portfolioprozesse, eine eindeutige Rollenverteilung und eine Unterstützung durch ein kompetentes PMO im Portfolio sind besonders erfolgswirksam. Im Hinblick auf kulturelle Aspekte zeigt sich besonders die Unterstützung von Promotoren als notwendiger Faktor. Als Promotoren werden Personen in der Organisation bezeichnet, die durch ihre Macht, ihr Wissen und ihr Netzwerk Barrieren im Portfolio überwinden und abbauen. Dadurch liefern sie einen essenziellen Beitrag zur Weiterentwicklung der projektorientierten Organisation [7]. Promotoren sind kein zusätzlicher Erfolgsfaktor, es sind vielmehr die Schlüsselpersonen, die projektorientierte Strukturen, Kulturen und Prozesse für ein Triple-A-MPM entwickeln, implementieren und erhalten. Darüber hinaus ist auch eine übergreifende Wertschätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Portfolio wichtig. Diese schaffen nicht nur durch ihre Rolle im Portfolio, sondern 10 % 15 % 11 % Anpassungen des MPMs Wie stark sind Sie von der Krise betroffen? Keine Änderungen Alle Projekte bis auf Muss-Projekte wurden gestoppt 4 % 2 % 13 % 12 % 19 % 17 % Nur noch die wichtigsten Projekte werden weitergeführt Einzelne Projekte wurden gestoppt Kürzungen der Budgets Keine Initiierung von neuen Projekten Änderung der Selektionskriterien Bitte beurteilen Sie bei den folgenden Punkten, wie stark Ihre Organisation durch die Krise beeinflusst ist: Kommunikation (extern oder intern), Auftragsrückgang, Lieferantenprobleme, Zahlungsrückstand, Operations und Produktion Heatmap zum Zusammenhang zwischen Krisenauswirkungen und -reaktionen Abbildung 9: Zusammenhang zwischen Krisenauswirkungen und -reaktionen, je dunkler die Färbung eines Bereichs, desto mehr Portfolios sind diesem Bereich zugeordnet. Die diagonalen Elemente der Heatmap entsprechen einer ausgewogenen Krisenreaktion Wissen | Agiles, Adaptives und Ambidexteres Projektportfoliomanagement fördert den Erfolg 58 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0094 auch durch konstruktive Vorschläge zur Verbesserung von Prozessen und Projektinhalten wertvolle Impulse. 5 Portfoliomanagement in Krisenzeiten Auch die evaluierten Portfolios waren durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen zusätzlichen Herausforderungen betroffen (siehe Abbildung 9). Tendenziell reagierten sie im Durchschnitt jedoch eher zurückhaltend und passten ihr MPM nur geringfügig an, selbst wenn sie stark von der Krise betroffen waren. Top-Performer zeichnen sich dadurch aus, dass sie besonders strukturiert auf die Auswirkungen der Krise reagieren. Krisenmaßnahmen setzen sie sehr systematisch, beispielsweise durch die Dokumentation von Arbeitsständen gestoppter Projekte, um. Darüber hinaus kommunizieren sie Krisenreaktionen transparent mit ihrer Belegschaft und veröffentlichen regelmäßige Status-Updates. Strategisch bereiten Top-Performer ihr Portfolio bereits jetzt auf die Entwicklungen nach der Krise vor. An zukunftsweisenden Projekten halten sie wie ursprünglich geplant fest und suchen aktiv nach neuen Geschäftsmöglichkeiten, um gestärkt aus der Krise zu gehen. 6 Fazit und Ausblick MPM und Triple-A PPM zahlen sich aus. Die Ergebnisse der aktuellen Studie zeigen, dass traditionelle Erfolgsfaktoren im Portfoliomanagement weiterhin ihre Wichtigkeit behalten und im Kontext einer turbulenteren Umwelt durch neue Faktoren ergänzt werden. Unverzichtbar bleiben eine klar formulierte und integrierte Unternehmens- und Portfoliostrategie, definierte Rollen und Prozesse sowie eine hohe Reife des Projektmanagements. Unternehmen sollten Promotoren so fördern, dass diese Personen gemeinsam zur Weiterentwicklung der Organisation beitragen. Darüber hinaus sollten Unternehmen schrittweise agile, adaptive und ambidextere Elemente des Triple-A PPMs in ihrem MPM aufnehmen. Dadurch lassen sich sowohl im Tagesgeschäft bei der kurzfristigen Reaktion auf Veränderungen als auch bei der langfristigen Ausrichtung Erfolge erzielen. Besonders erfolgswirksam sind hierbei eine quartalsweise Überprüfung der Portfoliostrategie und -zusammensetzung, eine insgesamt iterative Gestaltung von Informations- und Entscheidungsprozessen sowie eine Förderung der Kollaboration und Interaktion der Projekte und Menschen im Portfolio. Das Management von Portfolios bleibt jedoch individuell; je nach Branche, Kontext und Kultur sollten Unternehmen ein individuell abgestimmtes MPM anwenden. Hierzu sollten Organisationen zunächst ihr aktuelles MPM systematisch erfassen und darauf aufbauend Handlungsbedarfe identifizieren und realisieren. Wir laden Sie herzlich dazu ein, Ihr MPM kostenlos und wissenschaftlich fundiert im Rahmen der MPM-Studien zu evaluieren. Im Frühjahr 2022 startet die 10. MPM Benchmarking Studie in Deutschland und Europa. Neben den traditionellen Erfolgsfaktoren sind die Fokusthemen dieser Jubiläumsausgabe der Studie insbesondere Nachhaltigkeit und Resilienz im Projekt- und Portfoliomanagement. Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie erhalten einen umfassenden individuellen Auswertungsbericht, der sowohl die allgemeinen Studienergebnisse als auch einen individuellen Benchmark des MPMs mit Stärken und konkreten Handlungsimplikationen enthält. Im Anschluss an die Studie laden wir alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Herbst 2022 zu einem Austausch auf unserer traditionellen Abschlusstagung nach Darmstadt ein. Alle Informationen zur Studie, einen exemplarischen individuellen Auswertungsbericht und die Möglichkeit der Anmeldung finden Sie auf unser offiziellen Studienhomepage unter www. multiprojectmanagement.org. Literatur [1] Kock, A.; Gemünden, H. G. (2019): Project Lineage Management and Project Portfolio Success. In: Project Management Journal 50 (5). [2] Kaufmann, C.; Kock, A.; Gemünden, H. G. (2021): Strategic and cultural contexts of real options reasoning in innovation portfolios. In: Journal of Product Innovation Management. [3] Kock, A.; Gemünden, H. G. (2016): Antecedents to Decision-Making Quality and Agility in Innovation Portfolio Management. In: Journal of Product Innovation Management 33 (6). [4] Kaufmann, C.; Kock, A.; Gemünden, H. G. (2020): Emerging strategy recognition in agile portfolios. In: International Journal of Project Management. [5] Kock, A.; Heising, W.; Gemünden, H. G. (2015): How Ideation Portfolio Management Influences Front-End Success. In: Journal of Product Innovation Management 32 (4). [6] Kock, A.; Gemünden, H. G. (2021): How entrepreneurial orientation can leverage innovation project portfolio management. In: R&D Management 51 (1). [7] Gemünden, H. G.; Lehner, P.; Kock, A. (2018): The projectoriented organization and its contribution to innovation. In: International Journal of Project Management 36 (1). Eingangsabbildung: © iStock.com / phototechno Carsten Kaufmann, Jadena Bechtel, Alexander Kock Kontakt: kock@tim.tu-darmstadt.de Technische Universität Darmstadt Patrick Lehner ZHAW School of Management and Law Hans Georg Gemünden Technische Universität Berlin 59 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0095 Deutscher Studienpreis Projektmanagement (DSPM) Akademische Höchstleistungen im Projektmanagement-- Die drei Preisträgerinnen des DSPM 2021 Seit 1997 verleiht die GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. jährlich den Deutschen Studienpreis Projektmanagement (DSPM) und zeichnet damit die besten wissenschaftlichen Abschlussarbeiten zum Thema Projektmanagement aus. Den akademischen Nachwuchs zu fördern und den Wissenstransfer zwischen Hochschulen und Praxis zu unterstützen, ist für die GPM schon immer ein großes Anliegen. Umso schmerzlicher war der pandemiebedingte Ausfall des DSPM im vergangenen Jahr. Dass er 2021 wieder stattfinden konnte, ist dabei insbesondere dem großen Engagement des GPM Ehrenamtes zu verdanken. Die Preisverleihung am 09. 09. 2021 fand nun erstmalig im Rahmen einer rein digitalen Veranstaltung statt. Eine weitere Premiere: Zum ersten Mal in der Geschichte des DSPM sind es in diesem Jahr ausschließlich Frauen, die die begehrte Auszeichnung entgegennahmen. Aus insgesamt 58 eingereichten akademischen Abschlussarbeiten in den Kategorien Bachelorarbeit, Masterarbeit und Dissertation ragten ihre Arbeiten heraus und überzeugten somit die zwölfköpfige, hochkarätig besetzte Jury des DSPM. GPM Vizepräsident Daniel Stumpf eröffnete die Preisverleihung und betonte dabei den hohen Stellenwert, den der Award und die Förderung des Projektmanagement-Nachwuchses für die GPM haben. Bevor er das Wort an die Leiterin der Jury, Prof. Dr. Christine Falkenreck, übergab, bedankte er sich bei der gesamten hochkarätigen Jury für ihre hervorragende und bedeutende Arbeit, die vor allem in diesem Jahr sehr gefordert gewesen sei. Die Zahl der Bewerbungen für die begehrte Auszeichnung steigt seit Jahren kontinuierlich, so dass die zwölfköpfige Jury diesmal insgesamt 58 akademische Abschlussarbeiten bewerten und aus dieser Fülle die drei herausragenden Arbeiten für den Deutschen Studienpreis 2021 auswählen konnte. Bei der Auswahl, so Juryleiterin Prof. Dr. Falkenreck, seien nicht nur die Aktualität des Themas sowie die wissenschaftliche Qualität der Arbeiten entscheidend gewesen, auch die praktische Übertragbarkeit für die Projektmanagenden von heute, sei dabei ein bedeutendes Kriterium. Die Themen der diesjährigen Bewerbungen spiegelten nicht nur die inhaltlichen Interessen des akademischen Nachwuchses, sondern auch die gegenwärtigen Trends im Projektmanagement wider: „Dieses Jahr sind besonders viele Arbeiten zu den Themen Multiprojekt- und Portfoliomanagement eingereicht worden, gefolgt von den Themen agiles Projektmanagement und Ressourcenmanagement, also genau die Themen, die auch aktuell in der Projektmanagementwelt eine zentrale Rolle spielen“, resümierte Prof. Dr. Falkenreck bei der Preisverleihung. Julia Kroh Dr. Julia Kroh verdiente sich den DSPM 2021 mit ihrer Dissertation „Stakeholder management in complex innovation processes” an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Zur Förderung ihrer weiteren PM-Karriere und als Anerkennung ihrer Leistung erhielten die drei Preisträgerinnen jeweils eine Siegerprämie in Höhe von 1.000 Euro, eine Urkunde der GPM, eine einjährige GPM Mitgliedschaft sowie einen Gutschein für eine IPMA® Level D- - Certified Project Management Associate Zertifizierung. Wir stellen Ihnen die Preisträgerinnen und ihre ausgezeichneten Arbeiten in diesem und den nächsten Heften der PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL vor. Jadena Bechtel In der Kategorie Masterarbeit nahm Jadena Bechtel die Auszeichnung für ihre Untersuchung zu „Agilität im Multiprojektmanagement: Auswirkungen agiler Methoden auf die Zusammenarbeit im Unternehmen“ an der TU Darmstadt entgegen. Ann-Kathrin Rank Ann-Kathrin Rank erhielt den DSPM für ihre Bachelorarbeit an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen mit dem Titel „Der Projektmanagement Prozess-- Verzahnung von klassischen und agilen Vorgehensweisen am Beispiel der W&W AG“. 60 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0096 Stakeholder Management in komplexen Innovationsprojekten Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor Julia Kroh Für eilige Leser | Skeptische Stakeholder sind eine mögliche Quelle für Widerstand und ihr potenzieller Anteil an neuartigen Projektlösungen wird oft vernachlässigt. Gerade in komplexen Projekten mit heterogenen Stakeholdern kann ihre Einbindung erfolgsrelevant sein. Komplexe Innovationsprojekte benötigen Stakeholder Wissen, welches über Stakeholder Einbindung generiert werden kann. Aufgrund der hohen Anzahl relevanter Stakeholder Gruppen verschiedener fachlicher und sozialer Hintergründe ist die Priorisierung von Stakeholdern notwendig. Dabei wird die Einstellung von Stakeholdern zum Innovationsprojekt ein entscheidendes Priorisierungskriterium, denn ihre Einbindung führt im Gegensatz zur Einbindung anderer Stakeholder zu neuartigeren Lösungen und einer höheren Umsetzungsintention des Projektteams. Ebenfalls erfolgsrelevant ist die Erhöhung der Informationsverarbeitungskapazitäten über den moderaten Einsatz von digitalen Tools und moderater Ausprägung formalen Managements. Zusätzlich sind Stakeholder Incentivierung, Erreichbarkeit des Teams und transparente Kommunikation weitere Erfolgsfaktoren im komplexen Projektmanagement. Schlagwörter | Stakeholder Management; komplexe Innovationsprojekte; urbane Innovationsprojekte; Stakeholder Einstellung; digitale Tools; Projektmanagement Toolbox Innovationsprojekte adressieren globale Herausforderungen Zur Überwindung zahlreicher globaler Herausforderungen ist die Zusammenarbeit von Stakeholdern verschiedener sozialer und fachlicher Hintergründe in einem lokalen Ökosystem erforderlich [1]. Die Bekämpfung des Klimawandels, als prominentes Beispiel für eine globale Herausforderung, ist demnach schwer zu erreichen, wenn auf lokaler und regionaler Ebene keine Innovationsprojekte entwickelt und umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang gewinnt der urbane Raum als Innovationsobjekt an Bedeutung, denn Städte sind Orte des Wohnens, des Leben und des Arbeitens [2]. In Deutschland leben laut Statistischem Bundesamt drei Viertel der Bevölkerung in Städten, der Grad der Urbanisierung nimmt dabei stetig zu. Daher sind Städte Orte hohen Ressourcen- und Energieverbrauchs und ihre Transformation träge wesentlich zur Bekämpfung des Klimawandels bei. Die Entwicklung und Umsetzung sogenannter urbaner Innovationen, jede Art der innovativen Stadtumgestaltung wie die Förderung klimafreundlicher Mobilität, der (Um-)Bau klimaneutraler Häuser und die Schaffung von Grünflächen [3], trägt damit zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (insbesondere Nr. 11, Nachhaltige Städte und Gemeinden) in Deutschland bei. Die Entwicklung und Umsetzung von urbanen Innovationen ist komplex. Charakteristisch für komplexe Innovationen ist dabei, dass das für die Innovation notwendige Wissen Wissen | Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor 61 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0096 zwangsläufig auf die Stakeholder im Ökosystem verteilt ist [4]. Dies schließt alle Gruppen, Organisationen oder Individuen ein, die am Innovationsprozess direkt oder indirekt beteiligt sind und können sowohl öffentliche Einrichtungen als auch lokale Regierungen und Verwaltungen, privatwirtschaftlich orientierte Unternehmen, Forschungsinstitute und die Zivilgesellschaft sein. Organisationen und Projektteams, die urbane Innovationen entwickeln, benötigen folglich Strategien zur Koordination von Stakeholdern, Fähigkeiten der Einbindung einer großen Anzahl an Stakeholdern und damit Fähigkeiten der Orchestrierung eines heterogenen Ökosystems [5]. Die Komplexität urbaner Innovationsprojekte verändert die Art des Stakeholder Managements. Vor dem Hintergrund einer großen und heterogenen Anzahl zu adressierender Stakeholder Gruppen bleibt unklar, inwiefern etablierte Ansätze des Projektmanagements auf komplexe Innovationsprojekte übertragbar sind. So ist es denkbar, dass Projektteams mit Stakeholdern im Ökosystem flexibler und agiler interagieren müssen, um den Anforderungen der Stakeholder gerecht zu werden und Innovationen erfolgreich umzusetzen. Forschungsgegenstand urbane Innovationsprojekte Ziel der zugrunde liegenden Studien war die Untersuchung von Erfolgsfaktoren und Herausforderungen des Stakeholder Managements in komplexen Innovationsprojekten, um Erfolgszusammenhänge zwischen Stakeholder Einbindung und Projekterfolg aufzudecken. Dabei wurden urbane Innovationsprojekte in Deutschland anhand von semi-strukturierten Interviews mit Mitgliedern der Projektteams, einer Inhaltsanalyse von Projektdokumentationen und Projektberichten sowie einer quantitativen Befragung von Projektteams analysiert. Abb. 1 fasst das Studiendesign zusammen. Forschungsgegenstand waren urbane Innovationsprojekte, die im Rahmen des von der Kreditanstalt für Wiederaufbau finanzierten Programms 432 „Energetische Stadtsanierung“ [6] gefördert und durchgeführt wurden. Ziel dieser Projekte war es, durch die Entwicklung und Umsetzung von Innovationen die Energieeffizienz in Stadtvierteln zu erhöhen und ihre Kohlenstoffdioxidemissionen zu senken [7]. Eine öffentliche Einrichtung wie die Stadtverwaltung beantragte dabei Fördermittel zur Entwicklung eines Projektkonzeptes, welches im Anschluss umgesetzt werden sollte. Ein Projektteam aus z. B. Stadtplanungsbüros, Architekten und Energieversorgern erarbeitete nach Förderzusage Innovationsalternativen in sechs Handlungsfeldern (z. B. Energetische Gebäudesanierung, Mobilität), welche im Anschluss verschriftlicht wurden [8]. Dies bedeutet, dass alle untersuchten Projekte ähnliche Ziele verfolgten und potenziell ähnliche Innovationsalternativen entwickelten. Deshalb war es möglich, urbane Innovationen unabhängig von der Art des Innovationsprojekts zu untersuchen. Beispielsweise entwickelte eines der untersuchten Innovationsprojekte in einer Gemeinde mit etwa 7.000 Einwohnern in Norddeutschland ein Konzept, in welchem die im Sommer gesammelte Solarenergie und die Abwärme von kleinen und mittelständischen Unternehmen gespeichert und im Winter zur Nahwärmeversorgung genutzt wurde. Der dazu gebaute Wärmespeicher verfügte über ein unterirdisches Speichervolumen von 40.000 m 3 und wurde über eine Genossenschaft unterschiedlicher Gemeindemitglieder betrieben. Ein weiteres untersuchtes Innovationsprojekt in einem sozial schwachen Stadtteil einer Großstadt entwickelte mehrere Teilprojekte, deren Ziel es war, Informationen bereitzustellen und Stakeholder zur Beteiligung und Verhaltensänderung zu motivieren. Neben der Entwicklung von Innovationsalternativen zur energetischen Sanierung des Gebäudebestands etablierte das Projektteam ein Quartiersbüro, in welchem Veranstaltungen zu verschiedenen projektbezogenen Themen durchgeführt wurden und das Projektteam als Ansprechpartner zur Verfügung stand. Die Durchführung und Bewerbung von Leuchtturmprojekten aus dem Bereich energetische Sanierung, erneuerbare Energien und klimabewusstem Verbrauchsverhalten führte letzten Endes zu einer intensiven Stakeholder Einbindung. Obwohl alle urbanen Innovationsprojekte ähnliche Ziele verfolgten, zeigen die zwei Beispiele, dass die Ausgestaltung stark durch den urbanen Kontext getrieben ist. Dies erfordert die Anpassungsfähigkeit des Projektteams an die Charakteristika und Anforderungen der Stakeholder im jeweiligen Ökosystem. Zur Entwicklung von urbanen Innovationsprojekten benötigt ein Projektteam die als „absorptive capacity“ be- Abbildung 1: Dreistufiges Studiendesign basierend auf Multi- Methoden-Ansatz Wissen | Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor 62 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0096 zeichneten Fähigkeiten der gezielten Informationssammlung und Verarbeitung, um Innovationslösungen zu entwickeln, die den Anforderungen der Stakeholder entsprechen und damit ein hohes Maß an Umsetzung erreichen. Stakeholder in urbanen Innovationsprojekten Neben den internen Stakeholdern, die im Kern des Ökosystems Stadt ansässig sind, sind Stakeholder aus dem näheren oder weiteren Ökosystem für die Entwicklung und Umsetzung von urbanen Innovationsprojekten relevant (s. Abb. 2). Die detaillierte Analyse zeigt, dass urbane Innovationen neben internen Stakeholdern wie Anwohnern und Eigentümern im Stadtteil auf die Expertise externer Stakeholder wie Energieversorgungsunternehmen, Bauunternehmen und der Stadt angewiesen sind. Projektteams bestehend aus Organisationen des weiteren Quartiersumfeldes sind oft nicht vertraut mit den Gegebenheiten eines spezifischen Stadtteils und sind noch stärker auf die Kollaboration mit internen und externen Stakeholdern angewiesen. Etablierte Ansätze des Stakeholder Managements zeigen, dass die Bedeutung von Stakeholdern besonders hoch ist, wenn Projektteams die drei Attribute Macht, Legitimität und Dringlichkeit bei Stakeholdern als hoch einstufen [9]. Ein Projektmanager eines urbanen Innovationsprojektes betonte in diesem Zusammenhang die Relevanz von einiger weniger Stakeholder für die Umsetzung urbaner Innovationsprojekte: „Wir brauchen Schlüsselakteure im Stadtteil, die mit den anderen Stakeholdern im Quartier vertraut sind, und die bereit sind, langfristig zu planen und zu investieren.“ Im Allgemeinen gibt es für die Stakeholder im Ökosystem Stadt wenig Anreiz, ihr Verhalten zu ändern und Innovationen zu adoptieren, da sie über längere Zeit einen Prozess der Institutionalisierung durchlaufen haben, der ihr derzeitiges Handeln legitimiert und für welches sie auf eine ausgeprägte Ressourcenbasis zurückgreifen können. Weil urbane Innovationsprojekte eine starke Veränderung des Status quo der institutionalisierten Stakeholder anstreben, sind unbekannte Wechselwirkungen und unvorhersehbare Reaktionen, etwa Innovationswiderstände, denkbar [10]. Damit wird neben den klassischen Attributen zur Stakeholder Priorisierung die Einstellung der Stakeholder zum jeweiligen Innovationsprojekt zum entscheidenden Kriterium des Stakeholder Managements. Stakeholder mit hohem Einfluss auf die Umsetzung und einer negativen Einstellung zum Projekt können demnach den Umfang der Projekte verändern, Projekte verzögern oder ganz blockieren. Im Gegensatz dazu können Stakeholder mit einem hohen Einfluss auf die Umsetzung und einer positiven Einstellung zum Projekt die Umsetzung vorantreiben. Abb. 3 zeigt, dass externe Stakeholder des öffentlichen Bereiches wie der Stadt die Umsetzung unterstützen, während Unternehmen aus dem Bereich der Immobilienwirtschaft Innovationsprojekte verzögern können. Einfluss von Stakeholdern auf den Projekterfolg Die Literatur zeigt, dass die Einbindung von Stakeholdern im Allgemeinen zum Erfolg von Innovationsprojekten beiträgt [11]. Allerdings ist die Einbindung einer höheren Anzahl von Stakeholdern in Innovationsprojekten aufgrund des höheren Koordinationsaufwands und Einbußen in Effektivität und Effizienz nicht zielführender [12]. Eine hohe Anzahl an Stakeholdern erschwert insbesondere die Entscheidungsfindung und kann daher die Umsetzung von Projekten verzögern. Zusätzlich kann die Einbindung einer hohen Anzahl von Stakeholdern zur Überlastung der Informationsverarbeitungskapazitäten eines Projektteams führen. Dies unterstützen die Ergebnisse dieser Studie. Während die intensive Einbindung weniger Stakeholder zu einer höheren Umsetzungsintention führt, hat eine hohe Anzahl relevanter Stakeholder-Gruppen den gegenteiligen Effekt. Daher profitieren urbane Innovationen nur von einer intensiven Stakeholder-Einbindung, wenn die Stakeholder anhand relevanter Kriterien priorisiert werden. Ein Mitglied eines Projektteams erklärte die Stakeholder-Priorisierung in seinem Projekt anhand ihrer Einstellung wie folgt: Abbildung 2: Relevante Stakeholder in urbanen Innovationsprojekten, geordnet nach ihrer Relevanz für einen Stadtteil, in welchem das Projekt entwickelt und umgesetzt wird; Ergebnis der qualitativen Studie bei Befragung von Projektteams in sieben urbanen Innovationsprojekten Wissen | Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor 63 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0096 „Wir müssen die skeptischen Stakeholder einbeziehen, diejenigen, die immer fragen, wie viel sie zahlen müssen und wie sie profitieren werden. Zumindest nehmen diese Stakeholder eine Position ein, auf Basis derer wir zusammenarbeiten und Vorteile für beide Seiten generieren können. Diese Akteure mögen am Anfang skeptisch sein, aber sie wissen, was sie wollen und die Berücksichtigung dieser Anforderungen führt oft zum Projekterfolg.“ Die quantitativen Ergebnisse stützen diese Aussage. Die intensive Einbindung von anfangs skeptischen Stakeholdern führt zur Entwicklung von neuartigeren Innovationsalternativen im städtischen Raum und erhöht die Umsetzungsrate dieser. Skeptische Stakeholder werden damit im Sinne der konstruktiven Opposition eine Quelle für innovative Ideen und erhöhen durch das infrage stellen des Status Quo und Feedback die Qualität von Innovationsalternativen [13]. Nicht zuletzt wegen des schwierigen empirischen Zugangs wurden die Folgen der skeptischen Stakeholder Einbindung bisher trotz ihrer erheblichen sozialen, praktischen und theoretischen Relevanz in der Forschung weitgehend vernachlässigt. Management von Stakeholdern in komplexen Projekten Die Projektmanagement-Literatur zeigt, dass Projektkoordination über formale Strukturen (z. B, Zuweisung von Verantwortlichkeiten und Aufgaben, Festlegen von Meilensteinen) die Einbindung von Stakeholdern und die Informationsverarbeitung innerhalb eines Projektteams erleichtern kann [14]. Zu starre formale Strukturen können aber ebenso die Interaktion mit Stakeholdern und die Informationsaufnahme erschweren [15]. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass die Einbindung von skeptischen Stakeholdern durch einen moderaten Grad an formalem Management und die Verfügbarkeit von Ressourcen im Sinne von fachlicher Kompetenz, IT-Tools und finanziellem Budget unterstützt wird. Etablierte Projektmanagement-Ansätze sind daher nur teilweise übertragbar. Ein moderater Einsatz von formalen Managements erleichtert die Verteilung von Verantwortlichkeiten innerhalb des Projektteams und fördert damit die Interaktion mit skeptischen Stakeholdern und das Erreichen vorher definierter Meilensteine. Wichtig ist dabei, den Formalisierungsgrad auf einem moderaten Niveau zu halten, um flexible und agile Stakeholder Einbindung zu gewährleisten und den Informationsfluss aufrechtzuerhalten. Neben den Anforderungen an das formale Management müssen Projektteams den hohen Informationsbedarf komplexer Innovationsprojekte decken. Eine Möglichkeit, die Informationsverarbeitungskapazitäten eines Teams zu erhöhen, ist der Einsatz digitaler Instrumente. Digitale Instrumente wie die Nutzung von Crowdsourcing-Plattformen und sozialen Medien haben das Potenzial, die Informationssammlung und -verarbeitung zu erleichtern. Darauf aufbauend wird es möglich, auf Stakeholder zugeschnittene Innovationsalternativen automatisiert zu entwickeln. Jedoch zeigen die Ergebnisse, dass Organisationen und Projektteams Probleme haben, digitale Instrumente einzusetzen, insbesondere wenn der Innovationsgegenstand komplex ist und viele interne und externe Stakeholder relevant sind [16]. Zum einen erschwert das als „tacit knowledge“ bezeichnete nur schwer übertragbare Wissen, auf welchem die Entwicklung von komplexen Innovationen beruht, die Nutzung von IT-Tools. Zum andern führt die Nutzung verschiedener IT-Tools zur Überschreitung der Informationsverarbeitungskapazitäten durch einen zu hohen Koordinationsaufwand. Die Ergebnisse zeigen die Grenzen der Informationsverarbeitung in komplexen Innovationsprojekten auf und legen daher den ausgewählten Einsatz einiger weniger IT-Tools nahe, da nur darüber das Potenzial der Informationsverarbeitung voll ausgeschöpft werden kann. Toolbox für erfolgreiche Projektumsetzung Aus den aufgestellten und empirisch getesteten Modellen lassen sich Empfehlungen ableiten, welche Stakeholder wann und wie in urbane Innovationsprojekte eingebunden werden sollten. Die Auswertung der Erfolgsfaktoren in sieben urba- Abbildung 3: Stakeholder in urbanen Innovationsprojekten in Abhängigkeit ihres Einflusses auf die Umsetzung von Innovationsprojekten und ihrer Einstellung zum Projekt; Größe der Kreise zeigt die Intensität der Zusammenarbeit während des Projektes; Ergebnis der quantitativen Studie bei Befragung von 107 Projektteams Wissen | Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor 64 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0096 nen Innovationsprojekten zeigt, dass die frühe Einbindung von Umsetzungspartnern, die Anreizsetzung für Stakeholder sich am Prozess zu beteiligen (Anreize sowohl materiell als auch immateriell) und die transparente und andauernde Kommunikation mit Stakeholdern zum Erfolg führen können. Außerdem kann ein Ansprechpartner vor Ort die Umsetzung, die mehrfache Machbarkeitsanalyse technischer Lösungen und die Nutzung von Synergien mit anderen Stadtentwicklungsprogrammen unterstützen. Die Überprüfung dieser Erfolgsfaktoren in 33 weiteren Projekten zeigt, dass sechs unterschiedliche Kombinationen an Erfolgsfaktoren zum Umsetzungserfolg in urbanen Innovationsprojekten führen können. Abb. 4 zeigt welche Kombinationen von Erfolgsfaktoren dies sind [17]. Damit ergeben sich spezifische und allgemein gültige Implikationen für die praktische Durchführung von komplexen Innovationsprojekten nach Projektmanagementstandards (ICB, Bereich methodische Kompetenz Stakeholdern Planung und Steuerung, Projektdesign; Bereich Kontextperspektive Governance, Strukturen und Prozesse). Ausgangspunkt sollte dabei eine detaillierte Analyse des betrachteten Ökosystems, in diesem Fall des Stadtteils, sein. Die Identifikation der zentralen Stakeholder, die über breites Ökosystemwissen verfügen und Einfluss auf die spätere Umsetzung von Innovationsalternativen haben (wie etwa skeptische Stakeholder), sollte daher zu Beginn des Innovationsprojektes erfolgen. Dies reduziert die Anzahl der einzubindenden Stakeholder und erleichtert die Projektdurchführung. Diese kann im nächsten Schritt über zwei Informationssammlungs- und verarbeitungsansätze erleichtert werden. Zum einen unterstützen digitale Instrumente wie Crowdsourcing-Plattformen und soziale Medien die Informationssammlung. Zum anderen erleichtern digitale Instrumente zur Informationsverarbeitung die Entwicklung akteursbezogener Innovationsalternativen. Literatur [1] Rousseau, H. E./ Berrone, P./ Gelabert, L. Localizing sustainable development goals: Nonprofit density and city sustainability. In: Academy of Management Discoveries 5(4)/ 2019, 487-513. [2] Joss, S. Sustainable cities: Governing for urban innovation. Palgram, London, New York 2015. [3] Mieg, H. A. Sustainability and innovation in urban development: Concept and case. In: Sustainable Development 20(4)/ 2012, 251-263. [4] Dougherty, D./ Dunne, D. D. Organizing ecologies of complex innovation. In: Organization Science 22(5)/ 2011, 1214-1223. [5] Luetjen, H./ Schultz, C./ Tietze, F./ Urmetzer, F. Managing ecosystems for service innovation: A dynamic capability view. In: Journal of Business Research 104 / 2019, 506-519. [6] Kreditanstalt für Wiederaufbau. Energetische Stadtsanierung- - Zuschuss. 2019. https: / / www.kfw. de / inlandsfoerderung/ %C3%96ffentliche-Einrichtungen / Energetische-Stadtsanierung / Finanzierungsangebote / Energetische-Stadtsanierung-Zuschuss-Kommunen-(432)/ Stand: 25. 10. 2019. [7] Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI). Aktueller Stand der Förderzusagen. 2018. https: / / www.energetische-stadtsanierung.info / energetischestadtsanierung / programmekfw/ Stand 26. 11. 2019. [8] Kroh, J./ Schultz, C. Wann sind Quartiere innovativ? In: Emw Energie. Markt. Wirtschaft. 06 / 2018, 16-19. [9] Mitchell, R. K./ Agle, B. R./ Wood, D. J. Toward a theory of stakeholder identification and salience: Defining the principle of who and what really counts. In: Academy of Management Review 22(4)/ 1997, 853-886. [10] Yu, T./ Shen, G. Q./ Shi, Q./ Lai, X./ Li, C. Z./ Xu, K. Managing social risks at the housing demolition stage of urban redevelopment projects: A stakeholder-oriented study using social network analysis. In: International Journal of Project Management 35(6)/ 2017, 925-941. [11] Jones, T. M./ Harrison, J. S./ Felps, W. How applying instrumental stakeholder theory can provide sustainable competitive advantage. In: Academy of Management Review 43(3)/ 2018, 371-391. [12] Garcia‐Castro, R./ Francoeur, C. When more is not better: Complementarities, costs and contingencies in stakeholder management. In: Strategic Management Journal 37(2)/ 2016, 406-424. Abbildung 4: Kombinationen von Faktoren, die zum Umsetzungserfolg von urbanen Innovationsprojekten führen. Ergebnis basierend auf Interviews in 33 urbanen Innovationsprojekten; • Faktor vorhanden, ◦ Faktor nicht vorhanden Wissen | Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor 65 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0096 [13] Hauschildt, J. Promotors and champions in innovationsdevelopment of a research paradigm. In: Brockhoff, K./ Chakrabarti, A. K./ Hauschildt, J. (Hrsg.): The dynamics of innovation. Springer Berlin, Heidelberg 1999, 163-182. [14] Widén, K./ Olander, S./ Atkin, B. Links between successful innovation diffusion and stakeholder engagement. In: Journal of Management in Engineering 30(5)/ 2013, 04 014 018. [15] Schultz, C./ Graw, J./ Salomo, S./ Kock, A. How project management and top management involvement affect the innovativeness of professional service organizations-- An empirical study on hospitals. In: Project Management Journal 50(4)/ 2019, 460-475. [16] Kroh, J./ Luetjen, H./ Globocnik, D./ Schultz, C. Use and efficacy of information technology in innovation processes: The specific role of servitization. In: Journal of Product Innovation Management 35(5)/ 2018, 720-741. [17] Kroh, J. Sustain (able) urban (eco) systems: Stakeholderrelated success factors in urban innovation projects. In: Technological Forecasting and Social Change 168 / 2021, 120 767. Eingangsabbildung: © iStock.com / metamorworks Julia Kroh Dr. Julia Kroh ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Innovationsforschung an der Christian- Albrechts-Universität zu Kiel. Sie forscht zu komplexen Innovationsprozessen in der Stadt, der Energiewirtschaft und im Gesundheitswesen. eMail: kroh@bwl.uni-kiel.de Internet: techman.uni-kiel.de https: / / orcid.org / 0000-0002-9868 - 6076 Die neue Buch-Reihe aus der Kooperation von UVK und der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Die Reihe behandelt insbesondere neue Fachthemen und neue Herangehensweisen in der Projektmanagementpraxis. Dabei steht der konkrete Nutzen für die praktische Anwendung im Vordergrund. Leser und Leserinnen dürfen sich demnach sowohl auf einen Wissenszuwachs als auch Tipps für den Praxisalltag freuen. Band 1 und 2 sind jetzt erschienen! Alle Bände der Reihe in Print oder eBook und mehr Informationen finden Sie unter www.uvk.de Projektmanagement neu denken Anzeige 66 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0097 Empirische Untersuchung Wert und Nutzen von Zertifizierungen im Projektmanagement Georg Disterer, Andreas Daum Für eilige Leser | Die Aufgaben im Projektmanagement werden weiter an Bedeutung gewinnen, Angebot und Nachfrage nach Zertifizierungen im Projektmanagement sind groß und nehmen zu. Daher stellt sich die Frage, welchen Wert und welchen Nutzen Zertifizierungen im Projektmanagement haben. Dazu wurden über 3.600 nach IPMA zertifizierte Projektmitarbeiter/ innen in Deutschland befragt. Ermittelt werden die Motive, welche die Befragten dazu bringen, ein Zertifikat im Projektmanagement anzustreben. Diese Motive werden verglichen mit dem Wert und dem Nutzen, die Jahre später tatsächlich wahrgenommen werden. Im Ergebnis leisten die Motivbündel „persönliche Herausforderung“, „fachliche Weiterentwicklung“ und „berufliches Weiterkommen“ deutliche Beiträge zur Motivation, eine Zertifizierung im Projektmanagement anzustreben. Insgesamt weisen die Befragten ihren Zertifikaten erheblichen Wert bei und halten ihr Engagement und ihren Aufwand für eine Zertifizierung für lohnenswert. Über 80 % der Befragten sprechen eine Empfehlung für das Erlangen eines Zertifikats im Projektmanagement aus. Schlagwörter | Projektmanagement, Zertifikat, Zertifizierung, Wert, Nutzen, Motivation, Empirie 1 Zertifizierungsprogramme im Projektmanagement Seit etwa 40 Jahren gibt es im Projektmanagement definierte Zertifizierungsprogramme. In den vergangenen Jahren hat das Interesse daran sowohl bei Personen auf der Suche nach Fort- und Weiterbildung als auch bei Arbeitgebern auf der Suche nach qualifiziertem Personal zugenommen. Das Angebot an verschiedenen Zertifikaten wächst und die Anbieter von Zertifizierungsprogrammen weiten ihre Aktivitäten in immer mehr Länder aus. Zwischen den Jahren 2007 und 2017 stieg die Anzahl der Zertifikate im Projektmanagement der beiden weltweit führenden Anbieter etwa auf das Zehnfache. Damit gilt für Zertifizierungen im Projektmanagement: Angebot und Nachfrage sind groß und nehmen zu. Zertifikaten werden grundsätzlich verschiedene Nutzeneffekte zugerechnet, allerdings zeigt eine Auswahl leicht verkürzter Titel einschlägiger Fachbeiträge der letzten Jahre, dass der Wert und die Vorteile von Zertifikaten im Projektmanagement oder in ähnlichen Arbeitsgebieten in Wissenschaft und Praxis hinterfragt werden [1,2,3,4,5,6]: • Effects of Project Management Certification • Exploring the Value of Project Management Certification • Who Values Certification? • Certifications: Who Dares? • Certification Pays Off! • Certification: Do Organisations Get their Money's Worth? Die zentrale Annahme zum Wert und Nutzen von Zertifizierungen im Projektmanagement lautet, dass zertifizierte Personen im Projektmanagement bessere Leistungen erbringen. Doch liegen dafür bisher nur rudimentäre Belege vor [1,2,4,6,7,8,9,10,11,12]. Eine Reihe inhaltlicher und methodischer Probleme verhindern einen Nachweis von Wert und Nutzen, etwa Fragen wie: Was ist „Leistung“? Wie ist die Leistung zu messen? Wie können Leistungen von zertifizierten Wissen | Wert und Nutzen von Zertifizierungen im Projektmanagement 67 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0097 und nicht zertifizierten Personen verglichen werden? Entsprechend konstatieren Untersuchungen eben auch: „… project performance was not influenced by project management certification presence.” [6; 1,4,11] “… current- … certifications are of no value to IT-related projects.” [6] “… uncertified project managers perform their duties as well as certified project managers.” [1; 12] „… certification is not a highly valued project management core competency.“ [7] Dennoch sind Vermutungen zum Zusammenhang zwischen der Zertifizierung einer Person und ihrer Leistung im Management von Projekten wichtig für interessierte Beschäftigte, Arbeitgeber, Anbieter von Schulungen und Lehrgängen sowie für Fachgesellschaften, die als Berufs- oder Fachverband agieren. Denn wenn diese Vermutungen nicht mehr vertreten werden können, dann würden Zertifizierungen lediglich für Nachwuchskräfte als Ticket zum Eintritt in den Arbeitsmarkt gelten und darüber hinaus kaum Signalwirkung entfalten können [10,13]. Wegen der genannten inhaltlichen und methodischen Probleme soll hier ein anderer Ansatz verfolgt werden. Untersucht werden sollen die Vor- und Nachteile, die Personen beim Erreichen eines Zertifikats und danach wahrnehmen, welche Motive sie zu der Zertifizierung bewegt haben und welcher Nutzen für sie später resultiert. Daraus soll ein Bild erlangt werden, welchen Wert und Nutzen die Personen dem Zertifikat beimessen. Damit wird der wahrgenommene Nutzen („perceived value“) aufgenommen, um etwa intrinsische und extrinsische Motive zu identifizieren, die das Streben nach einem Zertifikat im Projektmanagement erklären. 2 Untersuchungsziel und Leitfragen Der dem Projektmanagement zugrundeliegende Aufgabenbereich der Planung, Steuerung und Kontrolle von Projektvorhaben wird zukünftig an Bedeutung zunehmen [9,14,15,16,17], denn Unternehmen werden Arbeit häufiger in Projektform organisieren, um dem schnellen Wandel begegnen zu können. Seit vielen Jahren wird beobachtet, dass das Umfeld von Unternehmen komplexer und zugleich schnelllebiger wird. Kundenanforderungen wandeln sich häufig, Prozesse und Ablaufe werden häufig umgestellt, Vertreter/ innen unterschiedlicher Anforderungen sind zu berücksichtigen, die Wettbewerbssituation wird drängender, der Innovationsdruck steigt. Daher müssen häufig Änderungsvorhaben durchgeführt werden. Zudem müssen in Unternehmen weitere Entwicklungen wie zunehmende Komplexität von Lieferketten sowie der zunehmende und umfassendere Einsatz von Informationstechnik berücksichtigt werden, die Projekte als bevorzugte Organisationsform und damit Projektmanagement (noch) bedeutender werden lassen. Damit wird auch die Fort- und Weiterbildung im Projektmanagement sowie die Bestätigung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch Zertifikate wichtiger werden. Die beiden weltweit führenden Anbieter von Zertifikaten im Projektmanagement sind: • International Project Management Association (IPMA), in Deutschland vertreten durch die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement GPM; • Project Management Institute PMI, in Deutschland vertreten durch eine deutsche Landesgesellschaft. Diese beiden Anbieter haben bis 2019 weltweit über 1 Million Zertifikate im Projektmanagement ausgegeben, ganz überwiegend auf dem jeweiligen Einstiegsniveau [2,13], davon in Deutschland wohl etwa 100.000; ein Anstieg dieser Zahlen ist zu erwarten [2,13,18]. Wesentliche Interessierte an Zertifizierungen im Projektmanagement sind: • Beschäftigte, die im Zuge einer Fort- oder Weiterbildung Kenntnisse und Fähigkeiten im Projektmanagement erlangen und zum Beleg dafür ein Zertifikat erhalten wollen. • Arbeitgeber, die für Projekte qualifiziertes Personal benötigen. Zertifizierungen unterstützen sie durch eine gezielt Abbildung 1: Rücklauf der auswertbaren Fragebogen Wissen | Wert und Nutzen von Zertifizierungen im Projektmanagement 68 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0097 ausgerichtete Fort- oder Weiterbildung und helfen bei der Einstellung von qualifiziertem Personal. • Anbieter von Schulungen und Lehrgängen im Projektmanagement [2], die ihre Teilnehmer/ innen auf die Zertifikatsprüfungen vorbereiten. Deren Geschäftsmodell beruht auf Erträgen aus den Teilnahmegebühren für Schulungen und Prüfungen. • Fachgesellschaften in der Funktion von Berufs- oder Fachverbänden von beruflich am Projektmanagement Interessierten (wie z. B. IPMA bzw. GPM). Sie organisieren einen fachlichen Austausch zwischen den Mitgliedern, bestimmen das Berufsbild und entwickeln Curricula zu aktuellen Kenntnissen und Methoden im Projektmanagement. Mit dieser Untersuchung soll vor allem analysiert werden, wie jene Personen, die im Zuge von Fort- oder Weiterbildung Kenntnisse und Fähigkeiten im Projektmanagement erlangt und zum Beleg dafür Zertifikate erhalten haben, den Wert und Nutzen dieser Zertifikate einschätzen. Damit wird der von diesen Personen wahrgenommene Nutzen („perceived value“) gemessen, um etwa deren intrinsische und extrinsische Motive zu identifizieren. Dafür sind vielfältige Motive vorstellbar, z. B. persönliche Herausforderung beim Anstreben einer fachlichen Prüfung, Steigerung und Bestätigung des fachlichen Wissens, berufliches Prestige und Anerkennung. Aufstiegsmöglichkeiten, Zugang zu einem breiteren Spektrum an Tätigkeiten, Zugang zu anspruchsvolleren Tätigkeiten, bessere Verdienstmöglichkeiten, höhere Arbeitszufriedenheit. Bei der Untersuchung wurde insofern auf Vorarbeiten anderer Autoren aufgebaut [2,10,13]; als theoretische Grundlage wurde die Motivationstheorie verwendet, insbesondere die Self-Determination Theory (SDT) [19]. Entsprechend lauten die zentralen Forschungsfragen der Untersuchung: Welcher Wert wird einem Zertifikat im Projektmanagement von den Personen beigemessen, die es erlangt haben? Welche persönlichen Vor- und Nachteile rechnen sie einem Zertifikat zu? 3 Erhebung und Erfassung der empirischen Daten Um im Rahmen einer empirischen Untersuchung den Wert und den Nutzen von Zertifikaten im Projektmanagement zu erheben, der ihnen von Personen beigemessen wird, die ein Zertifikat im Rahmen einer Fort- oder Weiterbildung erlangt haben, wurde auf Basis von Fachliteratur eine Reihe von Formulierungen diverser Wert- und Nutzeneffekten entwickelt. Dabei konnte aufgebaut werden auf Studien, die ebenfalls Fragestellungen zu Zertifikaten im Projektmanagement untersucht haben [2,13], und auf Studien, die Fragestellungen für Zertifikate in anderen Fachdomänen wie etwa für Krankenpfleger/ innen [20,21,22,23,24,25] oder für Fachkräfte im Personalwesen [26,27,28] durchgeführt haben. Alle Formulierungen der Fragestellungen-- insbesondere zur Erfassung von Wert- und Nutzeneffekten von Zertifikaten-- wurden in Voruntersuchungen und Pretests auf Eignung geprüft. Dabei waren vor allem die Hinweise einer Reihe von Personen hilfreich, die einem der Autoren aus Fort- und Weiterbildungskursen zur Erlangung von Zertifikaten im Projektmanagement persönlich bekannt sind und an einem Pilottest teilgenommen haben. Die Forschungsfragen wurden mit einer großzahligen Befragung von Personen untersucht, die im Zuge einer Fort- oder Weiterbildung Kenntnisse und Fähigkeiten im Projektmanagement erlangt und dafür ein Zertifikat erhalten haben. Der Zugang zu den Befragten gelang in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM), über die alle Personen per eMail angesprochen wurden, die in Deutschland zwischen den Jahren 2011 bis 2020 (September) IPMA-Zertifikate im Projektmanagement abgelegt haben. Die Befragung wurde strukturiert durchgeführt und über eine elektronische Plattform im WWW abgewickelt. Die Befrag- Abbildung 2: Umfang der Beschäftigung in Projekten in den vergangenen Jahren Wissen | Wert und Nutzen von Zertifizierungen im Projektmanagement 69 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0097 ten wurden personalisiert angeschrieben, deren Antworten wurden ausschließlich anonymisiert erfasst, gespeichert und ausgewertet, ein Rückschluss auf einzelne Personen ist somit nicht möglich. Im Zeitraum zwischen 10. November und 20. Dezember 2020 wurden 3.623 ausgefüllte und auswertbare Fragebogen aus Deutschland zurückgesandt. In Abbildung 1 ist die Zuordnung und Verteilung der Rückläufe auf die Jahre wiedergegeben, in denen die Befragten- - nach ihrer Erinnerung- - ihr Zertifikat im Projektmanagement erlangt haben. Bei dem Einsatz von 33.304 zustellfähigen Adressen wurde somit eine Rücklaufquote von 10,9 % erzielt. Unter Berücksichtigung, dass viele der Angesprochenen ihr Zertifikat schon vor einigen Jahren abgelegt haben, ist die Rücklaufquote als hoch anzusehen und weist auf ein großes Interesse für die Fragen der Untersuchung hin. Für das Interesse spricht auch, dass 10 % der Befragten sich-- separat zur Befragung-- gemeldet haben und das Angebot der Zusendung von Ergebnissen angenommen haben. Neben fachlichen Fragen zur unmittelbaren Adressierung der Forschungsfragen wurden soziodemografische Merkmale und Kennzeichen der beruflichen Situationen der Befragten erhoben und anonym ausgewertet. Zum Beispiel sind die Anzahl der Berufsjahre der Befragten, die Anzahl der Arbeitsstage, an denen sie pro Woche in Projekten arbeiten, und die Art der Projekte, in denen sie arbeiten, erhoben worden. Zum Zeitpunkt der Erhebung waren die 3.623 Antwortenden durchschnittlich 42 Jahre alt, zum Zeitpunkt ihrer Zertifizierung durchschnittlich 39 Jahre alt. Von den Antwortenden sind 31 % Frauen. Die Antworten stammen von Personen mit erheblichen Berufserfahrungen: Ohne Ausbildungs-/ Studienzeiten und bei anteiliger Berücksichtigung von Teilzeitbeschäftigung verfügen die Antwortenden zum Zeitpunkt der Erhebung durchschnittlich über 16 Jahre Berufserfahrung, davon sind sie durchschnittlich 11 Jahre in Projekten aktiv. Da Erfahrungen und Kompetenzen in Projektarbeit in dieser Untersuchung von besonderer Bedeutung sind, wurde separat die Intensität der Projektarbeit erhoben. Abbildung 2 zeigt, dass 78 % der Befragten in den vergangenen 3 Jahren mindestens 3 Tage pro Woche in Projekten beschäftigt waren. 3.016 der Befragten (83 %) haben in den vergangenen drei Jahren die Leitung von Projekten oder Teilprojekten innegehabt. Alle Befragten haben international anerkannte Zertifikate der IPMA auf verschiedenen Stufen (Level) erlangt. Abbildung 3 gibt die Verteilung der Befragten auf Zertifikate der IPMA an. Damit können die Befragten der Stichprobe als qualifizierte und erfahrene Projektmitarbeiter/ innen angesehen werden. Die Auswertungen der soziodemografischen Daten sowie der beruflichen Situation zeigen keine Auffälligkeiten oder Ausreißer. 4 Messungen von Motiven und Nutzen Die Erhebungsinstrumente für die Motive sowie für den wahrgenommenen Nutzen bei Zertifikaten sind mit explorativen Faktorenanalysen (Maximum Likelihood mit Varimax Rotation) überprüft. Bei der Vorbereitung ergeben die Chi-Quadrat- Tests nach Bartlett auf Sphärizität, dass die in der Stichprobe beobachteten Korrelationen signifikant, also nicht zufällig sind. Das Prüfverfahren nach Kaiser-Meyer-Olkin auf Eignung der Daten für eine Faktorenanalyse („Measurement of Sampling Adequacy“ MSA) weist für die Variablen KMO-Werte von > 0,7 aus, die als „ziemlich gut“ („middling“) angesehen werden [29]. Die Details sind in Abbildung 4 angegeben, ebenso die Werte für die Erklärungskraft sowie für Ladung und Reliabilität (Cronbachs Alpha), die nach gängigen Standards als „gut“ anzusehen sind. Abbildung 3: Zertifikate der Befragten nach IPMA „Individual Competence Baseline“ Wissen | Wert und Nutzen von Zertifizierungen im Projektmanagement 70 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0097 Motive Nutzen Ladung Cronbachs Alpha Composite reliability Ladung Cronbachs Alpha Composite reliability persönl. Herausforderung (1) (2) 0,781 0,618 0,694 0,660 0,740 0,711 0,751 0,690 fachl. Weiterentwicklung (3) (4) (5) berufl. Netzwerk (6) (7) berufl. Weiterkommen (8) (9) (10) 0,483 0,904 0,667 0,652 0,858 0,850 0,721 0,723 0,767 0,751 0,825 0,737 0,731 0,813 0,468 0,929 0,680 0,913 0,686 0,869 0,796 0,710 0,817 0,807 0,862 0,748 0,786 0,836 KMO- = 0,755; Sign. nach Bartlett < 0,000; 60,6 % Erklärung der Varianz KMO-= 0,796; Sign. nach Bartlett < 0,000; 67,2 % Erklärung der Varianz Abbildung 4: Kennzahlen der Faktorenanalyse zu Motiven und Nutzen Im Zuge der Faktorenanalysen mussten einige Variablen ausgeschlossen werden, da sie keine ausreichenden Werte für Ladung und Reliabilität aufweisen-- siehe Abbildung 5 für die Fragen zu Motiven, zum Nutzen wurde entsprechend und nahezu identisch formuliert. Im Ergebnis wurde eine Lösung mit vier Faktoren bestimmt, da sie taugliche Werte aufweist und sowohl für Motive als auch für Nutzen gute Erklärungen der Varianzen in der Stichprobe liefert. Die Fragestellungen sind unter Bezug auf Untersuchungen entwickelt, die ebenfalls zu Zertifikaten im Projektmanagement [13] oder zu Zertifikaten in anderen Fachdomänen durchgeführt sind [20,26,27,28]. Mit der ermittelten Lösung mit vier Faktoren liegt ein taugliches und brauchbares Instrument für die Motive sowie für die wahrgenommenen Nutzen bei Zertifikaten vor. Die Faktoren sind inhaltlich sprechend zu benennen wie folgt: (1) persönliche Herausforderung, (2) fachliche Weiterentwicklung, (3) berufliches Netzwerk und (4) berufliches Weiterkommen. Die Faktoren sind für Motive und Nutzen identisch, die jeweiligen Fragenstellungen sind nahezu identisch formuliert, sodass damit eine Reihe von Auswertungs- und Vergleichsmöglichkeiten bestehen. persönliche Herausforderung (1) Die Zertifizierung sah ich als eine Herausforderung, mich offiziell anerkannten Anforderungen im Projektmanagement zu stellen (2) Die Zertifizierung war eine Chance, meine Fähigkeiten und Kompetenzen einer unabhängigen Prüfung zu unterziehen fachliche Weiterentwicklung (3) Die Zertifizierung war eine Chance, meine Fähigkeiten und Kompetenzen im Projektmanagement auszubauen und zu erweitern (4) Die Zertifizierung sollte mir ermöglichen, in Projekten eigenständiger und selbstständiger zu handeln (5) Die Zertifizierung sollte mir ermöglichen, in Projekten wichtigere und anspruchsvollere Tätigkeiten auszuüben berufliches Netzwerk (6) Die Zertifizierung sollte mir ermöglichen, mit anderen PM-Experten/ innen zu kommunizieren (7) Die Zertifizierung sollte mir ermöglichen, neue Leute kennenzulernen berufliches Weiterkommen (8) Die Zertifizierung sollte meine Chancen auf berufliche Weiterentwicklung (Karriere, Beförderung-…) erhöhen (9) Die Zertifizierung sollte meine Chancen auf bessere Bezahlung erhöhen (10) Die Zertifizierung sollte meine Chancen am Arbeitsmarkt erhöhen Abbildung 5: Erhebungsinstrument für Nutzen (Formulierungen für Nutzen entsprechend) Wissen | Wert und Nutzen von Zertifizierungen im Projektmanagement 71 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0097 5 Empirische Ergebnisse 5.1 Motive und Nutzen der Zertifizierung Das entwickelte Messkonzept ermöglicht die Analyse der Motive der Personen, die ein Zertifikat im Projektmanagement erlangen wollen, und eröffnet Vergleichs- und Interpretationsmöglichkeiten. Der Gesamtwert für die Motive- - zum damaligen Zeitpunkt der Erlangung der Zertifikate- - für alle Befragten liegt bei 3,2. Dieser Wert kann auf die vier Erklärungskomponenten zerlegt werden, wie in Abbildung 6 angegeben. Erkennbar leisten die Komponenten „persönliche Herausforderung“, „fachliche Weiterentwicklung“ und „berufliches Weiterkommen“ deutliche Beiträge zur Motivation. Demgegenüber leistet eine Verbesserung des „beruflichen Netzwerks“ nur einen geringen Beitrag, die Befragten hatten also keine großen Erwartungen, mit der Erlangung eines Zertifikats das berufliche Netzwerk zu verbessern. An den im Messkonzept zugeordneten Fragen (Abbildung 5) ist abzulesen, dass die drei Faktoren „persönliche Herausforderung“ und „fachliche Weiterentwicklung“ und „berufliches Netzwerk“ intrinsische Motive, der Faktor „berufliches Weiterkommen“ extrinsische Motive umfassen [19,27]. Intrinsische Motive stammen aus innerem Antrieb, also dem persönlichen Interesse und dem Spaß an einer Aufgabe, aus dem inneren Streben nach Leistung oder dem Umsetzen eigener Vorstellungen sowie persönlicher Ziele [19,27]. Insofern zielt das Verhalten auf persönliches Wohlbefinden im Beruf sowie den Aufbau und den Ausbau von Kenntnissen und Fähigkeiten. Zusammenfassend wird dies auch als Streben nach „being good“ bezeichnet [10,13]. Demgegenüber handeln Menschen aus extrinsischen Motiven, wenn sie sich Vorteile wie etwa materielle Anreize, Beförderung, ein besseres Beschäftigungsverhältnis, höheres Prestige oder Anerkennung und Wertschätzung ihres Umfelds erhoffen [19,27]. Dieses Streben, auf andere einen guten Eindruck zu machen, wird als Streben nach „looking good“ bezeichnet [10,13] und auch als „dark side of certification“ [10] angesehen. Fachliche Inhalte des Projektmanagements spielen dann eine geringe Rolle, im Vordergrund stehen jene Wirkungen, die im Rahmen eines „impression management“ [10] entfacht werden. Davon kann eine Verbesserung des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses oder bessere Chancen am Arbeitsmarkt erwartet werden. Der im Messkonzept enthaltene Faktor „berufliches Weiterkommen“ ist dem Verhalten auf Basis extrinsischer Motive zuzuordnen [19,27]. Insgesamt weisen die Befragten der Motivation bei der Erlangung des Zertifikats eine Höhe von 3,2 zu. Dabei wird den intrinsischen Faktoren „persönliche Herausforderung“ und „fachliche Weiterentwicklung“ eine positive Motivationswirkung zugesprochen, ebenso dem extrinsischen Faktor „berufliches Weiterkommen“. Dagegen geht von dem intrinsischen Faktor „berufliches Netzwerk“ nur eine geringe Motivationswirkung aus. Der Gesamtwert für die aktuell von den Befragten wahrgenommenen Nutzeneffekte durch ein Zertifikat beträgt 3,2 und kann vier Erklärungskomponenten zerlegt werden wie in Abbildung 7 (rechts) dargestellt. Die Motive und Erwartungen der Befragten an Zertifikate im Projektmanagement werden als Nutzen (tatsächlich) wahrgenommen (Abbildung 7), d. h. die erwartete „persönliche Herausforderung“ wird empfunden, die „fachliche Weiterentwicklung“ wird bemerkt und das „berufliche Weiterkommen“ wird beobachtet. Die Intensität dieser Nutzeneffekte entspricht bezüglich „persönliche Herausforderung“ und „fachliche Weiterentwicklung“ etwa den Motiven und Erwartungen, die Effekte bezüglich „berufliches Weiterkommen“ fallen etwas zurück. Die niedrigen Erwartungen bezüglich des beruflichen Netzwerks werden eher übererfüllt. Die Ergebnisse einiger Untersuchungen in anderen Fachdomänen weisen aus, dass mit den Zertifikaten eher intrinsische als extrinsische Motive und entsprechende Nutzeneffekte verfolgt werden; intrinsische Motive überwiegen die extrinsischen Motive [27]. Dieses Merkmal zeigen die hiesigen Ergebnisse zu Zertifikaten im Projektmanagement nicht, Abbildung 6: Motive zur Zertifizierung im Projektmanagement Wissen | Wert und Nutzen von Zertifizierungen im Projektmanagement 72 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0097 denn der extrinsisch geprägte Motivationsfaktor „berufliches Weiterkommen“ hat beachtliche Bedeutung. Insgesamt stehen die- - zum Zeitpunkt der Zertifizierung bestehenden- - Motive und die aktuell wahrgenommenen Nutzeneffekte bei den Befragten in einem ausgewogenen Verhältnis. Demnach halten die Befragten ihr Engagement und ihren Aufwand im Zuge der Fort- oder Weiterbildung und der abschließenden Zertifizierung für lohnenswert. 5.2 Zertifizierungen im Lauf der Zeit Die Befragten haben ihre Zertifikate im Zeitraum von 2011 bis 2020 erhalten. Dadurch kann verglichen werden, ob im Verlauf der Jahre Unterschiede bei den Motiven und wahrgenommenen Nutzen aufgetreten sind. Eine Analyse der Motive und Nutzeneffekte zeigt über die Jahre durchaus Veränderungen. Die Motive „persönliche Herausforderung“, „fachliche Weiterentwicklung“ und „berufliches Netzwerk“ weisen nahezu gleiche Werte aus, das „berufliche Weiterkommen“ bildet jedoch für Befragte mit späteren Zertifikaten ein deutlich wichtigeres Motiv zur Erlangung eines Zertifikats. Beim wahrgenommenen Nutzen spielen die Erklärungskomponenten „persönliche Herausforderung“, „fachliche Weiterbildung“ und „berufliches Weiterkommen“ bei Befragten mit späteren Zertifikaten eine erkennbar und signifikant größere Rolle. Diese Entwicklung der vergangenen Jahre kann zum Teil darauf zurückgeführt werden, dass die GPM Mitte des Jahres 2018 ihre Fort- und Weiterbildungsprogramme sowie Zertifizierungen an die neue Version ihres Standards für individuelle Kompetenz ICB 4 (Individual Competence Baseline, Version 4.0) angepasst hat. Zertifizierungen werden ab Mitte 2018 nach diesem Ausbildungs- und Prüfungsstandard durchgeführt [30]. Abbildung 8: Motive und Nutzen vor und nach dem Jahr 2018 Abbildung 7: Ergebnisse zu damaligen Motiven und heutigem Nutzen Wissen | Wert und Nutzen von Zertifizierungen im Projektmanagement 73 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0097 Da die Umstellungen auf das Regelwerk ICB 4 in der Mitte des Jahres 2018 durchgeführt wurden, sind in Abbildung 8 die Befragten mit Zertifikaten aus dem Jahr 2018 eliminiert, um abgrenzen zu können „vor/ nach“ den Umstellungen auf ICB 4. Bei Befragten mit Zertifikaten aus den Jahren ab 2019 sind Motivation und wahrgenommener Nutzen signifikant höher als bei Befragten aus den Jahren zuvor. Bei der Erhebung der Motive zur Zertifizierung können die unterschiedlichen Zeitabstände-- unter 2 Jahren versus mehr als 3 Jahre bis zur Befragung-- die Erinnerung der Befragten unterschiedlich beeinflussen. Jedoch werden bei der Einschätzung des aktuellen Nutzens einer Zertifizierung Erinnerungseffekte keine Rolle spielen. Daher kann gefolgert werden, dass die Steigerung des wahrgenommenen Nutzens-- von 3,16 bei Befragten mit Zertifikaten bis 2017 auf 3,30 bei Befragten mit Zertifikaten ab 2019-- auch auf die zwischenzeitlichen Umstellungen auf das Regelwerk ICB 4 zurückgeführt ist. Die Umstellungen auf ICB 4 haben also insofern den wahrgenommenen Nutzen bei den Befragten gesteigert. Diese Ergebnisse unterscheiden sich von anderen Untersuchungen, bei denen zum Beispiel mit zwei Erhebungen zu den Zeitpunkten 2004 und 2014 ein Rückgang der Motivation für ein Zertifikat im Projektmanagement ermittelt wird; übereinstimmend ist, dass die Bedeutung des Motivs „looking good“ über die Zeit an Bedeutung gewinnt [13]. 5.3 Empfehlung für ein Zertifikat Ergänzend und komplementär zur Messung der wahrgenommenen Nutzeneffekte wurden die Befragten zusätzlich gefragt, ob sie eine Empfehlung für ein Zertifikat im Projektmanagement aussprechen würden. Die Fragestellung wurde in eine vorgegebene, berufsnahe und realistische Situation eingebettet, einer „Nachwuchskraft“ mit weniger Erfahrungen in Projekten zuzuraten, ein Zertifikat im Projektmanagement anzustreben- - oder nicht. Deutlich über 80 % der Befragten würden eine Empfehlung („ja, auf jeden Fall“ oder „eher ja“) aussprechen-- siehe Abbildung 9. Dieses Ergebnis ist bei allen soziodemografischen Unterschieden bei den Befragten wie Geschlecht, Alter, Jahre der Zertifizierung stabil. Dieses Ergebnis bestätigt die vorher erläuterten Auswertungen, dass die Befragten ihr eigenes Engagement und ihren Aufwand im Zuge der Fort- oder Weiterbildung im Projektmanagement und der abschließenden Zertifizierung letztendlich für lohnenswert erachten. Nur ein Anteil von ca. 8 % würde eine derartige Empfehlung nicht aussprechen. 5.4 Fachlich-inhaltliche Ausrichtung im Projektmanagement Die fachlich-inhaltliche Ausrichtung und Schwerpunktsetzung der Fortbzw. Weiterbildung einer Zertifizierung im Projektmanagement wird von den Beteiligten recht positiv gesehen. Abbildung 10 verdeutlicht, dass die Befragten der entsprechenden Aussage „Ein Zertifikat umfasst spezielles Wissen im Projektmanagement“ deutlich zustimmen; 84,4 % der Beteiligten stimmen ausdrücklich zu, nur 4,7 % lehnen die Aussage ab. Allerdings werden von den Befragten zugleich recht deutliche Hinweise gegeben, dass sich beim derzeitigen Themenkanon einer Zertifizierung im Projektmanagement auch fachlich-inhaltliche Leerstellen auftun gegenüber der aktuellen beruflichen Praxis im Projektmanagement. Insbesondere werden Ansätze und Methoden, die heute unter der Kennzeichnung „agil“ gefasst werden, im Themenkanon der Zertifikate im Projektmanagement vermisst. Der Einsatz agiler Ansätze und Methoden nimmt danach in der beruflichen Praxis des Projektmanagements deutlich zu, Agilität nimmt deutlich Fahrt auf im Projektmanagement [31]. Unter den Befragten mit profunden Projekterfahrungen nehmen nur 25 % an, dass in drei Jahren Projekte weiterhin mit traditionellen, klassischen Ansätzen des Projektmanagements durchgeführt werden. Dagegen ist eine sehr deutliche Mehrheit überzeugt, dass traditionelle und agile Ansätze in der Praxis zu „hybriden“ Ansätzen zusammengeführt werden müssen [31]. So lassen viele Äußerungen der im Rahmen der Studie Befragten in den Freitexten darauf schließen, dass agile Ansätze in der Praxis verbreitet sind und zunehmend im Einsatz erwartet werden. So sind eine Reihe von Aussagen zur fachlich-inhaltlichen Ausrichtung von Zertifikaten im Projektmanagement zu bündeln in „… zu wenig agil-…“ oder „… Agilität ist wichtiger als Projektmanagement-…“, die aktuellen Rollen der Befragten in der Praxis sind eher mit „agile Coach“ oder „Scrum Master“ zu kennzeichnen als mit „Projektleiter/ in“ oder „Teilprojektleiter/ in“, und eine Rezertifizierung nach Ablauf der Gültigkeit eines Zertifikat wird wegen „… mangelnder Berücksichtigung agiler Ansätze-…“ in Frage gestellt. Für die Anbieter von Zertifikatschemata sind die Hinweise auf fachlich-inhaltliche Leerstellen, die mit der Vokabel „agil“ zu skizzieren sind, wichtige Hinweise auf die Notwendigkeit der fachlich-inhaltlichen Weiterentwicklung. Schon für die nahe Zukunft wird von den Befragten erwartet, dass in der Mehrheit der Projekte agile Ansätze eingesetzt werden müssen, um den Anforderungen nach Flexibilität und Geschwindigkeit nachkommen zu können [31]. Daher werden auch in den Abbildung 9: Bereitschaft zur Empfehlung eines Zertifikats Wissen | Wert und Nutzen von Zertifizierungen im Projektmanagement 74 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0097 Zertifikaten zum Projektmanagement traditionelle und agile Ansätze zu „hybriden“ Ansätzen zusammengeführt werden müssen. Wenn diese inhaltlichen Leerstellen nicht adressiert werden, dann gehen die Anbieter von Zertifikatsschemata das Risiko ein, dass die grundlegende Annahme zum positiven Zusammenhang zwischen Zertifizierungen einer Person im Projektmanagement und tatsächlichen Leistungen im Projektmanagement (siehe Abschnitt 1) von der Fachöffentlichkeit aufgegeben wird. Dies würde den Wert der Zertifikate im Projektmanagement vermutlich erheblich verringern und zukünftig würden Zertifizierungen lediglich für Nachwuchskräfte beim Eintritt in den Arbeitsmarkt Bedeutung haben [10,13]. 6 Zusammenfassung Angebot und Nachfrage nach Fort- und Weiterbildung im Projektmanagement sowie nach Zertifikaten zur Bescheinigung der Kenntnisse und Fähigkeiten sind groß und nehmen zu. Denn die Bedeutung des Managements von Projekten wird weiter zunehmen. Hier werden die Motive untersucht, die Personen dazu bringen, ein Zertifikat im Projektmanagement anzustreben. Diese Motive werden verglichen mit dem Nutzen, den diese Personen Jahre später vom Besitz ihres Zertifikats wahrnehmen. Die Untersuchung basiert auf einer großzahligen, anonymen Befragung von Zertifizierten, die ihre Zertifikate nach IPMA zwischen 2011 und 2020 in Deutschland erlangt haben. Im Ergebnis leisten die Motivbündel „persönliche Herausforderung“, „fachliche Weiterentwicklung“ und „berufliches Weiterkommen“ deutliche Beiträge zur Motivation, ein Zertifikat anzustreben. Demgegenüber leistet eine Verbesserung des „beruflichen Netzwerks“ nur geringen Beitrag, die Befragten hatten also keine großen Erwartungen, mit der Erlangung eines Zertifikats das berufliche Netzwerk zu verbessern. Jahre später wird von den Befragten durchaus Nutzen vom Zertifikat wahrgenommen, d. h., die erwartete „persönliche Herausforderung“ wird empfunden, die „fachliche Weiterentwicklung“ wird bemerkt und das „berufliche Weiterkommen“ wird beobachtet. Insgesamt stehen die- - zum Zeitpunkt der Zertifizierung bestehenden- - Motive und die nach einigen Jahren wahrgenommenen Nutzeneffekte in einem ausgewogenen Verhältnis. Demnach halten die Befragten ihr Engagement und ihren Aufwand im Zuge der Fort- oder Weiterbildung und der abschließenden Zertifizierung für lohnenswert. Diese Zufriedenheit der Befragten mit ihren Zertifikaten wird bestätigt durch den hohen Anteil derer, die eine Zertifizierung im Projektmanagement insgesamt empfehlen würden. Deutlich über 80 % der Befragten würden eine Empfehlung aussprechen, nur ca. 8 % würden eine Empfehlung nicht aussprechen. Grundsätzlich stimmen 84 % der Beteiligten ausdrücklich zu, dass inhaltlich ein Zertifikat spezielles Wissen im Projektmanagement umfasst, knapp 5 % lehnen eine entsprechende Aussage ab. Allerdings wird zugleich recht deutlich auf eine inhaltlich-fachliche Leerstelle verwiesen, da Ansätze und Methoden vermisst werden, die heute unter der Kennzeichnung „agil“ gefasst werden und mittlerweile in der Praxis des Projektmanagements deutlich Fahrt aufnehmen [31]. Das extrinsische Motiv „berufliches Weiterkommen“ spielt bei den Befragten eine wichtige Rolle, vor allem wenn die Zertifikate in jüngster Vergangenheit erlangt wurden. Eine zu große Bedeutung von diesem „impression management“ [10] birgt die Gefahr, dass Zertifizierungen im Projektmanagement an Effektivität verlieren. Wenn „looking good“ zu sehr in den Vordergrund tritt, dann gelten Zertifizierungen zukünftig lediglich für Nachwuchskräfte als Ticket zum Eintritt in den Arbeitsmarkt und entwickeln darüber hinaus kaum Signalwirkung [13]. Literatur [1] Catanio, J., Armstrong, G., Tucker, J.: The Effects of Project Management Certification on the Triple Constraint. In: International Journal of Information Technology Project Management 4 / 2013, S. 93-111. [2] Farashah, A. D., Thomas, J., Blomquist, T.: Exploring the value of project management certification in selection / recruiting. In: International Journal of Project Management 1 / 2019, S. 14-26. [3] Cegielski, C. G.: Who Values Technology Certification? In: Communications of the ACM 10 / 2004, S. 193-105. [4] Coes, G., Schotanus, K.: Certifications: Who Dares? 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Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0097 Anschrift georg.disterer@hs-hannover.de andreas.daum@hs-hannover.de Fakultät für Wirtschaft und Informatik Hochschule Hannover Ricklinger Stadtweg 120 30 459 Hannover [9] Crawford, L.: Senior management perceptions of project management competence, in: International Journal of Project Management 1 / 2005, S. 7-16. [10] Fertig, J., Zeitz, G., Blau, G.: Building internal motivation for worker competency certifications: a critique and proposal. In: Human Resource Development Review 2 / 2009, S. 197-222. [11] Costello, T.: Certifications: Does the Emperor Have Any Clothes? In: IT Professional 9 / 2009, S. 63-64. [12] Robin, G. J.: Do Companies Look for Education, Certifications or Experience: A Quantitative Analysis. In: Proc. of SIGMIS-CPR (San Antonio, Texas) 2011, S. 1-5. [13] Blomquist, T., Farashah, A. D., Thomas, J.: Feeling good, being good and looking good: Motivations for, and benefits from, project management certification. 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Eingangsabbildung: © iStock.com / Andrii Yalanskyi Georg Disterer Georg Disterer, Prof. Dr., lehrt Wirtschaftsinformatik an der Fakultät für Wirtschaft und Informatik der Hochschule Hannover und ist Autor einiger Fachbücher und vieler Fachbeiträge zu Themen der Wirtschaftsinformatik und Betriebswirtschaftslehre. Seine Lehr- und Forschungsgebiete umfassen insbesondere: Informationsmanagement, IT-Service-Management, IT-Compliance, IT-Projektmanagement. Zudem ist er IT-Sachverständiger (ö.b.u.v.) und Fachgutachter in nationalen und internationalen Forschungsprogrammen. Andreas Daum Andreas Daum, Prof. Dr., lehrt Betriebswirtschaftslehre und Projektmanagement an der Fakultät für Wirtschaft und Informatik der Hochschule Hannover und ist Autor einiger Fachbücher und Fachbeiträge zur Betriebswirtschaftslehre und zum Projektmanagement/ -controlling. Er ist seit über 30 Jahren Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM), leitet seit über 20 Jahren die GPM-Regionalgruppe Hannover und ist seit über 10 Jahren autorisierter Trainingspartner der GPM. Buchbesprechung | Modernes Projektmanagement in der Praxis 76 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0098 Buchbesprechung Modernes Projektmanagement in der Praxis. Mit System zum richtigen Vorgehensmodell Timinger, H., ISBN: 978-3-527-53053-3, Wiley-VCH 2021, 384 Seiten, Preis 28,00 Heinz Schelle Bücher über Projektmanagement, die von Fachhochschulbzw. Universitätsprofessoren geschrieben wurden, waren in der Vergangenheit ziemlich selten. An den Hochschulen wurde die Disziplin kaum gelehrt und die GPM nahm die wenigen Professuren, an denen Projektmanagement unterrichtet wurde- - an manchen war es lediglich bis in die neuere Zeit Netzplantechnik- - kaum zur Kenntnis, wenn sie nicht Mitglieder waren. Durch die enormen Aktivitäten des Kollegen Wehnes hat sich dieser beklagenswerte Zustand geändert. Viele Hochschulleute betätigen sich nun in unserer Gesellschaft und die Ergebnisse sind hocherfreulich. Ein besonders erfreuliches Resultat ist das Buch von Holger Timinger von der Fachhochschule Landshut über Vorgehensmodelle. Ich habe schon sehr viel über das Thema gelesen, aber so gut strukturierte, umfangreiche und verständlich geschriebene Informationen noch nie. Die Literatur über Vorgehensmodelle ist sehr umfangreich und wird durch die zurzeit im Gange befindliche Diskussion über agile Methoden von Tag zu Tag größer. In diesem Dschungel ist das Werk eine großartige Hilfe, schon allein deshalb, weil die im akademischen Bereich üblichen Regularien, wie z. B. genaue Quellenangaben-- hier sehr reichlich-- genau eingehalten werden. Das Buch ist freilich keineswegs nur für fortgeschrittene Studenten, sondern genauso für Praktiker geeignet, die einen umfassenden Überblick und Unterstützung bei der Installation eines eigenen Vorgehensmodells brauchen. Im Kapitel 1 wird eine knappe Einführung in das Projektmanagement geboten und der Unterschied zwischen planbasierten Methoden, z. B. PSP und Terminplanung, und agilen Methoden herausgearbeitet. Sehr gut gemachte Grafiken und Checklisten sowie Übungsfragen und Beispiele (hinter jedem Kapitel) fallen bereits hier sehr positiv auf. Im Kapitel 2, aus dem ich besonders viel gelernt habe, behandelt der Verfasser die Ziele und den Aufbau von Vorgehensmodellen des Projektmanagements. Hier wird die Grundlage für die spätere Behandlung von Auswahl und Tailoring von Vorgehensmodellen gelegt. Timinger unterscheidet strukturelle, prozessuale und funktionale Bausteine von Modellen und stellt das Framework FELICS (FramEwork for the construction and taiLorIng of the projeCt desSign) für das zu entwickelnde und konfigurierende Vorgehensmodell vor. Die Bausteine werden dann ausführlich besprochen. • Strukturelle Bausteine sind Projektphasen und Meilensteine, (Haupt-)Aktivitäten je Phase, Methoden, Werkzeuge und Hilfsmittel für die Bearbeitung und für Rollen in Projekten. • Prozessuale Bausteine sind die Ziele Orientierung, Qualitätssicherung, Synchronisation, Kommunikation, Kollaboration, Messung und Wissensmanagement und Reflexion, auf die später noch einzugehen sein wird. • Unter funktionalen Bausteinen versteht Timinger die im Projekt angewandten Methoden, deren Verknüpfung zu Abläufen, dabei eingesetzte Werkzeuge wie z. B. Software und Checklisten, sowie weitere Instrumente des Prozessmanagements. Diese Klassifikation erweist sich bei der Auswahl eines Vorgehensmodells dann als sehr wertvoll und zeigt die Anatomie eines Modells im Detail. Kapitel 3 stellt standardisierte Vorgehensmodelle vor. Dabei wird unterschieden in • sequenzielle, • nebenläufige, • wiederholende und • agile Vorgehensmodelle. Für jede Kategorie erläutert der Autor mindestens ein Vorgehensmodell und bewertet es. Untersucht werden u. a. das V-Modell, das Wasserfallmodell und besonders ausführlich Scrum. Behandelt werden auch hybride Vorgehensmodelle. Als Bewertungshilfe hat der Autor dafür folgenden Forderungskatalog formuliert. Vorgehensmodelle sollen-- so Timinger (siehe oben)-- • Orientierung im Projekt bieten, • die Qualität sichern, • Aufgaben synchronisieren, • die Kommunikation und die • Kollaboration fördern, • wichtige Kennzahlen messen und • Wissen sichern und abrufen. Kapitel 4 unterstützt bei der Auswahl und dem Tailoring von Vorgehensmodellen, eine Hilfestellung, die in der Literatur nicht gerade oft geboten wird. Für die Auswahl wählt der Verfasser zunächst ein ziemlich grobes Werkzeug, die Stacey- Matrix, und dann ein etwas feineres, abgeleitet aus dem Diamantmodell von Shenhar und Dvir. (Übrigens ein Modell, das in Deutschland viel zu wenig bekannt ist und benutzt wird.) Letztendlich wird freilich ein sehr viel differenzierterer Ansatz für die Wahl zwischen planbasiertem und agilem Vorgehensmodell gewählt. Mithilfe des Baukastensystems FELICS wird dann gezeigt, wie strukturelles und funktionales Tailoring vollzogen werden können. Diese Ausführungen sind besonders lesenswert, weil der Autor umfangreiche Hilfsmittel zur Verfügung stellt. Es folgen dann sieben umfangreiche Beispiele für Modelle und eine Darstellung des Baukastensystems FELICS, nochmals zusammengefasst in Form von Steckbriefen, eine her- Buchbesprechung | Modernes Projektmanagement in der Praxis 77 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0098 vorragende Idee der Strukturierung. So finden sich strukturelle Bausteine (Beispiel Rolle Projektsponsor) und funktionale Bausteine (Beispiel Reifegradmodell oder Quality Gates) in einer Kurzbeschreibung und einer Erläuterung der Anwendung. Ich komme zum Schluss und greife die bereits eingangs formulierte positive Bewertung nochmals auf: Das Werk von Timinger gehört zum Besten, was ich in den letzten Jahren zum Thema Projektmanagement gelesen habe. Es ist, wie eingangs schon erwähnt, in seiner systematischen Struktur und mit den zahlreichen Beispielen eine hervorragende Orientierungshilfe in der schwer überschaubaren Landschaft der Vorgehensmodelle. Die didaktisch geschickte Darstellung macht die Lektüre leicht. Erfreulich dazu: Holger Timinger ist in der GPM seit einiger Zeit aktiv. Jetzt online lesen in unserer neuen eLibrary www.pmaktuell.de Der Online-Zugriff ist in den Leistungen für GPM Mitglieder inbegriffen. Noch kein GPM Mitglied? Schreiben Sie uns unter mitglieder@gpm-ipma.de. Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L Anzeige 78 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0099 Kolumne Über Wohlfühlkollegen und Visionen Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch-- Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben. Jens Köhler Priesberg starrt beeindruckt auf ein visionäres Papier, welches ein Informationssystem der Zukunft skizziert. Er hält es andächtig in seinen Händen und blättert es wieder und wieder durch. Schließlich springt er auf und rennt in Ehrlichs Büro, um seine Euphorie zu teilen. Ehrlich überfliegt und knallt es danach lachend auf seinen Schreibtisch. „Das erinnert mich an das Motto aus dem Fußball: ‚Nach dem Spiel ist vor dem Spiel‘. Ich würde es nur anders nennen: ‚Nach der Vision ist vor der Vision‘.“ Priesberg bereut es schon, das Büro von Ehrlich aufgesucht zu haben. „Was willst du mir damit sagen? Dass der Inhalt des Papiers wertlos ist? Dass nichts davon realisiert werden kann? Visionäre Gedanken sind wichtig für eine Firma wie die unsere! “ Er nimmt das Papier wieder an sich. Ehrlich grinst ihn wortlos an. „Was? “, entgegnet Priesberg barsch und fährt fort: „Diese Vision ersetzt die älteren und weist uns den richtigen Weg.“ Ehrlich schüttelt den Kopf und legt los: „Merkst du es nicht? Wir streiten schon, ohne überhaupt über den Inhalt gesprochen zu haben. Offenbar reicht es aus, einfach eine neue Vision zu haben, und schon fühlt man sich wohl. Merkst du, was ich meine? Ich halte diesen Zustand für gefährlich.“ Ehrlich nimmt Priesberg das Papier aus den Händen und zeigt auf den ersten Abschnitt. „Hier steht drin, dass alle bisherigen Bemühungen, ein integriertes Informationssystem für unsere Entwicklungsabteilungen zu haben, gescheitert sind. Und sogar noch schlimmer: Der Ist-Zustand, durchaus erfolgreich, wird komplett schlecht geredet. Es wird nicht darauf eingegangen, wo er bereits hilfreich ist und wo nicht.“ In Priesberg beginnt es zu rumoren und er assoziiert: „Ich hatte einen Kollegen, in dessen Gegenwart war alles so locker und easy. Er lästerte über alles und jeden, auch über mich und doch fühlte ich mich in dessen Nähe wohl.“ Ehrlich überlegt: „Das ist ein interessanter Perspektivenwechsel. Hat dein Kollege auch über inhaltliche Themen gesprochen? “ Priesberg antwortet: „Nein, daran kann ich mich nicht erinnern. Fachlich war er nicht sehr gut. Er delegierte alles und war einzig daran bestrebt, das Interesse an seiner Person hochzuhalten. So hielt er sich im Job.“ Ehrlich übernimmt: „Also hat er für die Organisation keinen Wertbeitrag geleistet. Und trotzdem blieb er im Rennen.“ Priesberg überlegt weiter: „Ich ahne langsam, worauf du hinauswillst. Wenn ich den Kollegen durch ‚Vision‘ ersetze, dann komme ich auf das gleiche Muster. Sie bleibt im Rennen, obwohl sie sich nicht materialisiert. Schon sehr geschickt.“ Ehrlich lobt ihn: „Sehr gut zusammengefasst. Jetzt bleibt die spannende Frage: Wieso funktioniert das? “ Priesberg grübelt weiter: „Naja, wenn ich mir das aktuelle Informationssystem anschaue, dann ist es zwar brauchbar, aber sicher auch verbesserungswürdig.“ Ehrlich fällt ihm ins Wort: „Wie jedes Ding, das ist nichts Besonderes. Das Papier allerdings steuert deinen Energiefluss: Es nutzt deine Zustimmung zu den schlechten Seiten des aktuellen Informationssystems, verallgemeinert sie und gibt dir den Eindruck, dass alles unbrauchbar ist. Jetzt bist du emotional leer und suchst Hilfe. Gleichzeitig stellt es dir sehr früh eine Alternative in Aussicht, so dass du deine ‚Schmerzen‘ schnell vergisst und dich sogar noch besser fühlst. Dadurch schafft sich die Vision ihren eigenen Markt.“ Priesberg ist erstaunt: „Und das geschieht ganz früh. Im Titel, Abstract oder auch in der Einleitung. Es ist wie mit meinem Kollegen: Wenn er über alles gelästert hat, dann fühlte man sich zurückgestoßen, und fast gleichzeitig malte er die Zukunft in den schönsten und süßesten Tönen.“ „Und nun die wichtigste Frage: Wie kann man das durchbrechen und sich dagegen immunisieren? “, fährt Ehrlich fort. Priesberg hat mittlerweile Spaß an dem Thema und kommt richtig in Fahrt: „Es ist wie mit einer Marktanalyse- - an erster Stelle steht das Abfragen der Bedarfe. Also wie verbesserungswürdig ist das alte System wirklich? Was fehlt? Wie realistisch ist es, dass das neue System die Organisation tatsächlich voranbringt? All das Übliche.“ Ehrlich fasst zusammen: „Das analytische Denken einschalten und trainieren hilft ungemein.“ Priesberg nimmt Ehrlich das Papier aus den Händen und knallt es jetzt auch auf den Schreibtisch. Er schließt ab: „Es gibt einen Unterschied: Das Papier kann ich in Ruhe vor- und zurück lesen, bis ich alle kritischen Punkte auf dem Tisch habe. Bei dem Kollegen braucht es Zeit, die Muster zu erkennen.“ Eingangsabbildung: © iStock.com / Comback Images Dr. Jens Köhler Dr. Jens Köhler, BASF SE, fokussiert sich auf die Digitalisierung in Forschung und Entwicklung. Sein Spezialgebiet ist die Regulation sozialer Komplexität zur Effizienz- und Effektivitätssteigerung von Projektteams. Anschrift: BASF SE, RB / IC, 67 056 Ludwigshafen, eMail: Jens.Koehler@basf.com 79 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0100 Aus den DACH-Verbänden | IPMA intern Neues aus der IPMA Zusammenfassung des IPMA Weltkongress vom 21. - 23. 09. 2021 in St. Petersburg Der 32. IPMA Weltkongress stand unter dem Motto „Project Management in the Digital Transformation Era“. Coronabedingt wurde der Kongress um ein Jahr auf September 2021 verschoben und war im Vorfeld bis zuletzt durch viel Ungewissheit geprägt, was sowohl die Planung als auch die Durchführung der Veranstaltung für die russischen Gastgeber und Organisatoren deutlich erschwerte. Umso höher ist der Erfolg dieser Veranstaltung zu bewerten. Im Folgenden sollen ein paar Highlights dieses für die IPMA wichtigsten Events des Jahres herausgearbeitet werden: Corona-bedingt fand der Weltkongress erstmals in der Geschichte der IPMA als hybride Veranstaltung sowohl physisch vor Ort als auch virtuell statt, entsprechend dem Konferenzmotto der Digitalen Transformation. Doch in der Praxis zeigte sich erst die Größe dieser Herausforderung: einen hybriden internationalen Kongress mit 340 Teilnehmern vor Ort und über 3000 virtuellen Teilnehmern weltweit, mit 80 Rednern vor Ort und 113 virtuellen Rednern aus der ganzen Welt technisch reibungslos zu organisieren und umzusetzen. Eine weitere Herausforderung war, alle Vorträge und Präsentationen simultan vom Englischen ins Russische und umgekehrt live zu übersetzen und allen Teilnehmern vor Ort und virtuell zeitgleich zur Verfügung zu stellen. Wie für einen IPMA Weltkongress üblich gab es wieder eine Reihe von parallel stattfindenden Vortragsreihen, diesmal waren es sieben parallel stattfindende Konferenz-Streams, die wiederum sowohl vor Ort als auch virtuell angeboten wurden. Da es auf dem Markt kein Tool für die Umsetzung einer solch komplexen Veranstaltung gibt, wurde dafür extra eine neue Online-Konferenz- Plattform von über 100 russischen Entwicklern programmiert. Damit haben unsere russischen Kollegen von SOVNET kurzerhand einen neuen internationalen Konferenz-Benchmark geschaffen, der in den kommenden Jahren sicherlich der neue IPMA Konferenzstandard sein wird! In seiner Keynote-Eröffnungsrede stellte der Leiter des Project Office der Russischen Föderation A. S. Maikov dar, wie auf Basis eines Dekrets von Präsident Vladimir Putin Projektmanagement 2015 implementiert wurde und seither mit Hilfe von konsequentem Projekt-, Programm- und Portfolio- Management alle wichtigen Vorhaben im Land geplant und umgesetzt werden, basierend auf den Prinzipien der drei IPMA Kompetenzfelder der ICB4 („… it is necessary to make targeted legislation changes, lift administration barriers, assist with infrastructure development, with the advance to foreign markets. Often these questions exceed the boundaries of a single ministry, which is why I propose to create a Foto von der Abschlusszeremonie mit allen freiwilligen HelferInnen, die zum Gelingen des 32. IPMA Weltkongresses aktiv beigetragen haben (Foto: Yvonne Schoper) Aus den DACH-Verbänden | Neues aus der IPMA 80 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0101 support mechanism for the most significant projects. This task could be accomplished by a special Project Management Office” (V. Putin, 2015). In seiner Rede zeigte der PMO-Leiter die stringent über mehrere Organisationsebene aufgebaute Projektorganisation und die Verknüpfung der Erreichung der Nationalen Ziele mit dem PMO dar. Dabei stellte er dar, dass der Maßstab für die Genehmigung neuer Projekte der Mehrwert und Nutzen für die russischen Bürgerinnen und Bürger sei und ob das jeweilige Projekte in mind. eines der 15 strategischen Handlungsfelder einzahlt. Diese überzeugte Einstellung und die konsequente Umsetzung von Project Governance auf oberster Ebene in einem Land wie der Russischen Föderation zu erleben, war sehr beeindruckend und kann als Vorbild für alle europäischen Regierungen dienen, unabhängig von ihrer politischen Einstellung. Inhalt der sieben parallel stattfindenden Konferenz-Streams waren u. a. die Kompetenzfelder der ICB 4 sowie die Bereiche: • Perspective • Practice • People • Methodologies and Approaches • Agility and Projects • Berichte auf den IPMA Special Interest Groups • sowie ein Offline-Stream Wichtige Themen der Konferenz waren die Veränderungen durch Covid-19 auf Projektmanagement, Psychological Safety, Leadership im VUCA Umfeld, der Einfluss von Diversity and Inclusion auf Projektmanagement, der Aufbau von Resilience, der Einfluss von Nachhaltigkeit und Artificial Intelligence auf das Projektmanagement, sowie Agilität und was auf diesen aktuellen Trend folgen wird. Alle Vorträge des IPMA Weltkongresses sind noch für die nächsten zwei Monate auf der Konferenz-Plattform abrufbar. Abschließend sei das außerordentliche Engagement der vielen freiwilligen Helfer von unserem russischen Schwesterverband SOVNET und der russischen Young Crew erwähnt, die mit ihrer großen Gastfreundlichkeit diesen Weltkongress zu einem einmaligen Erlebnis für alle Teilnehmer haben werden lassen. Der nächste IPMA Weltkongress wird im November 2022 in Tokyo stattfinden. Prof. Dr. Yvonne Schoper ist Professorin an der HTW Berlin mit dem Schwerpunkt Internationales Projektmanagement, Präsidialrätin der GPM und Vizepräsidentin in der IPMA für den Bereich Membership und Young Crew. Ihre Forschungsinteressen sind die Projektifizierung der Wirtschaft und der Einfluss der Kultur auf das Projektmanagement. eMail: yvonne.schoper@HTW-Berlin.de ORCID: 0000-0002-7731 - 5081 Aus den DACH-Verbänden | GPM intern Gemeinsames Engagement für projektbasiertes Lernen Die GPM und die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Berlin (SenBJF) kooperieren für mehr Projektkultur an Schulen Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Berlin möchte die Projektorientierung im Unterricht künftig gemeinsam mit der GPM weiter ausbauen. Ziel ist es, Impulse für eine innovative Unterrichtsentwicklung zu setzen, möglichst viele Schulen für das Konzept des projektbasierten Lernens zu gewinnen und wünschenswerterweise mit dem Siegel „Projektorientierte Schule“ auszuzeichnen. Daniel Stumpf, Vizepräsident der GPM, die Fachgruppe „PM macht Schule“ als Kernakteure der Zusammenarbeit und Sandra Scheeres, Berliner Senatorin für Jugend, Bildung und Familie, drückten jeweils große Freude über die Partnerschaft aus. Die Senatorin erklärte: „Ich freue mich über die Kooperation der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie mit der GPM. Unser gemeinsames Ziel ist die Vergabe des Siegels „Projektorientierte Schule“. Mit diesem sollen Schulen ausgezeichnet werden, die einerseits durch projektorientierten Unterricht problembewusstes, lösungsorientiertes Denken ihrer Schülerinnen und Schülern fördern und diese beim Erwerb der Kompetenzen für das 21. Jahrhundert maßgeblich unterstützen. Gleichzeitig aber auch Instrumente des Projektmanagements in ihrer Schulentwicklung einsetzen und so Maßnahmen und Entwicklungsvorhaben anhand operationalisierter Ziele planen und durchführen und dabei die zur Verfügung stehenden Ressourcen effizient einsetzen. Ich wünsche den beteiligten Akteuren viel Erfolg! “ Aus den DACH-Verbänden | Gemeinsames Engagement für projektbasiertes Lernen 81 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0101 Die GPM Fach- und Regionalgruppen Die derzeit 39 Regionalsowie 38 Fachgruppen der GPM bieten eine Plattform zum branchenübergreifenden Networking und Erfahrungsaustausch. Sie leisten damit wichtige fachliche Basisarbeit innerhalb des Vereins. Die Regional- und Fachgruppen bieten darüber hinaus ein breites Angebot von in der Regel kostenlosen Veranstaltungen zum Projektmanagement. Weitere Informationen und Ansprechpartner der einzelnen GPM Fach- und Regionalgruppen finden Sie auf der GPM Website unter: http: / / www.gpm-ipma.de/ know_how/ fachgruppen.html bzw. http: / / www.gpm-ipma.de/ ueber_uns/ regionen.html. Neue Firmenmitglieder stellen sich vor-… Firma Hauptgeschäftsgebiet PM-Aufgaben und -Bedeutung Erwartungen an die GPM AMX Germany GmbH www.agilemanagement. eu Implementierung von PMO mit der Software Smartsheet.com Bei ca. 80 % unserer Kunden implementieren wir das PMO. Gedankenaustausch. Sich gegenseitig challengen. CRATOS GmbH https: / / www.cratos.de CRATOS ist ein lösungsorientiertes Managementunternehmen, welches sich auf tiefgreifendes technisches (IT), organisatorisches und exzellentes sowie zeitgemäßes Projektmanagement fokussiert. CRATOS steht ihren Kunden sowohl beratend als auch begleitend während deren Änderungsvorhaben zur Seite. Der Kern unserer Dienstleistung basiert auf einem auf die Aufgabe zugeschnittenen und methodisch sauberen Vorgehen. PM ist ein integraler Bestandteil unserer Dienstleitung. Wir sehen in dem Netzwerk der GPM ein großes Potenzial, unsere Erfahrungen mit anderen PM-Experten zu teilen und zu reflektieren. Fachhochschule Potsdam https: / / www.fh-potsdam. de Die Fachhochschule Potsdam wurde 1991 gegründet und zählt derzeit ca. 3600 Studierende und rund 120 Professor*innen in 33 Studiengängen. Das Fächerspektrum umfasst informations- und ingenieurwissenschaftliche, soziokulturelle und gestalterische Studiengänge. Zweifach Consulting www.zweifach-consulting.de Wir schaffen einen echten Mehrwert für unsere Kunden durch Beratung für Projekte im agilen wie auch klassischen Umfeld. Unsere Beratungsleistung ergänzen wir durch gezieltes Coaching der Projektteilnehmer. Wir sind fest davon überzeugt, dass sich Projekte in erster Linie auf der zwischenmenschlichen Ebene zum Erfolg führen lassen. Als Beratungsunternehmen haben wir uns auf Projektmanagement in all seinen Facetten und Formen spezialisiert. Wir freuen uns, ein Teil der PM-Community sein zu dürfen und hoffen, mit der GPM eine Plattform für einen befruchtenden Austausch rund um die Welt der Projekte gefunden zu haben. Erfolgreicher kommunizieren im Beruf und im Privatleben - der Leitfaden mit vielen alltagsnahen Beispielen und Übungen narr.de Rubrik | Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor 83 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0102 Brigitte Schaden, pma Präsidentin, meint: „Projektmanagement-Fähigkeiten gehören zu den Basis Skills wie IT-Kenntnisse und Business Englisch. Man kann nie früh genug damit beginnen, sich mit PM-Fähigkeiten vertraut zu machen. Daher ist pma zum zweiten Mal Partner der KinderUni Wien. Mit Kindern zu arbeiten, ist eine große Freude, bringt aber auch neue didaktische Herausforderungen mit sich. Was macht man, wenn zwei sich streiten? Wenn jemand übereifrig ist, ein anderer sich eher missmutig zeigt? Das Team der pma young crew hat in den Workshops viel über die Projektarbeit mit Kindern gelernt. Ich bin überzeugt, das sind Erfahrungen, die lange nachwirken. Mein Dank geht auch an die Kolleg*innen der IPMA® in Polen, die uns ihr didaktisches Konzept zur Kugelbahn zur Verfügung gestellt haben.“ brigitte.schaden@pma.at Aus den DACH-Verbänden | pma intern Kinderleicht Projekte managen Neugier, Lust am Experimentieren und viel Spaß - das ist das Erfolgsgeheimnis der KinderuniWien. Wie man ein Projekt plant und es im Team umsetzt - das haben Kinder auch heuer wieder in zwei Workshops von den Profis von Projekt Management Austria gelernt. Bereits zum zweiten Mal hat sich Projekt Management Austria als Partner der KinderuniWien engagiert. In diesem Jahr trug das Projekt den klingenden Namen „Bolade Parade“. Die Kinder sollten eine Kugelbahn aus Papier, Pappe und anderen Hilfsmitteln bauen und dieses Projekt innerhalb einer vorgegebenen Zeit fertigstellen und präsentieren. Ein Team der pma young crew unterstützte die Siebenbis Neunjährigen und stand im Workshop beratend zur Seite. Dazu pma Projektleiterin Michaela Obersriebnig: „Die Kinder mussten die einzelnen Schritte zuerst planen und die Aufgapma Mitglied vor den Vorhang Siemens AG Österreich Siemensstraße 90, 1210 Wien Kontakt: Dr. Kurt Hofmann, PBE Koordinator (Project Business Excellence) kurt.m.hofmann@siemens.com www.siemens.com Hauptgeschäftsgebiet Als führendes Technologieunternehmen steht Siemens in Österreich für Leistungsfähigkeit, Innovation, Qualität und Zuverlässigkeit. Wir liefern intelligente Produkte und Lösungen für die Bereiche Gebäudeinfrastruktur, dezentrale Energiesysteme, Automatisierung und Digitalisierung in der Industrie, sowie für den Schienenverkehr. PM-Aufgaben und Bedeutung Schon immer waren Projekte ein wesentlicher Teil unseres Geschäfts. Unsere Methodik „PM@Siemens“ ist ein globaler, unternehmensweiter Standard, der alle Schlüsselfaktoren für den Projekterfolg umfasst: hervorragend ausgebildete Mitarbeiter*innen, transparente Projektplanung, echtzeitbasiertes Controlling, Quality Gates und ein risikobasierte Vorgehen mit definierten Leistungszielen. ben auf mehrere Köpfe und Hände verteilen. Das war eine große Herausforderung- - nicht nur für die Kinder, sondern auch für uns Coaches! “ Doch auch erfahrene Projektmanager*innen haben einmal klein angefangen. Und die Ergebnisse können sich sehen lassen: Die kreativen Kugelbahnen wurden alle erfolgreich fertig gestellt. Die KinderuniWien zählt zu den größten Projekten zur Wissensvermittlung in Europa. 2019 gewann das Projektteam der KinderuniWien den pma project excellence award. www. kinderuni.at Foto: ©pma/ L. Schedl pma Präsidentin Brigitte Schaden und das Team der pma young crew mit Michaela Obersriebnig, Ayleen Cis und Katharina Stadtler (rechts nach links) gratulieren den zukünftigen Projektmanager*innen. Foto: © pma/ Martin Hörmandinger Rubrik | Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor 84 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0103 Aus den DACH-Verbänden | spm intern Neue Zertifizierungen Erstzertifizierungen Die Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement (spm) gratuliert den neuen Zertifizierten: 5 IPMA Level A® spm: Christian Friedl, Vincent Gorgues, Wolfgang Haid, Christian Kleiner, Silvia López Piñeirúa 23 (20 publiziert) IPMA Level B® spm: Andrzej Badura, Karl Böhle, Gustav Genner, Albert Graf, Christian Jenny, Roland Käser, Andreas Christian Kessler, Hanna Klingbeil, Maik Koeppe, Cornel Kuhn, Reto Menzi, Matthias Reinhard, Stefan Schillings, Reto Schneider, Barbara Schoch, Gerwin Spölgen, Adrian Steiner, Sara Vigne, Simone Wegmann, Kinga Zumpf 44 (37 publiziert) IPMA Level C® spm: Marc Ackermann, Dimitris Bachelin, Simon Berger, Alain Bluntzer, Jan Dirk Brinksma, Maximilian Brosius, Oliver Büchi, Pierre Carron, Claire de Belloy, Halit Duran, Sascha Erichsen, Gaël Feyertag, Johanna Gerdes, Jérémy Gigandet, Matthias J. Göckel, Stefan Grob, Beat Hartmann, Priska Hengartner, Peter Kissling, Thomas Levy, Georg Mäder, Damien Mallet, Michael Mani, Rona Meins, Peter Neidel, Samuel Papaux, Matthias Pirschel, Daniele Porcaro, Arnaud Prêtre, Lars Pretscher, Jan Rickli, Valentino Scarcia, Rainer Schaffroth, Claudia Ulrich, Mathis Urban, Rosario Vassallo, Raphael Wietlisbach 939 (593 publiziert) IPMA Level D® spm Rezertifizierungen Die Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement (spm) gratuliert den Zertifikatsinhabern zur Erneuerung ihres Zertifikats: 4 (3 publiziert) IPMA Level A® spm: Heinrich Furrer, Ronny Hübl, Daniel Ritler 64 (59 publiziert) IPMA Level B® spm: André Aeschbacher, Urs Albrecht, Sama Bose Thoma, Martin Bösiger, Andre Bouvier, Egon Brüstle, Stephan Bucher, Thomas Bula, Sabato Casaburi, Renzo Cattarossi, Thierry Clerc, Matthias Damo, Peter Erz, Thomas Flück, Karin Frei, Peter Fröhlich, Michael Geiger, Roland Gfeller, Michel Godinat, Adrian Hof, Patrick Inderkum, Christoph Jeckelmann Imhof, Christoph Kienast, Markus Kleist, Romeo Koch, Jonas Lang, Andreas Liedtke, Joseph Linssen, Marco Lopardo, Amine Merdassi, Peter Meyer, Katja Nahler, Michael Nitschke, Roger Oehen, Marc Reber, Adrian Renold, Katrin Reschwamm, Sébastien Richard, Natalie Röthlin, Matthias Sauterel, Darko Savic, Iris Schadegg, Stephan Schadt, Peter Schenker, Michael Schmid, Theo Schmid, Peter Schmid, Thomas Schmid, Frank Schneider, Cyrill Schneider, Daniel Siegenthaler, Bruno Studer, Stefan Stutz, José Thürler, Georg Vecsey, Christoph Weber, Thomas Wirz, Sascha Wyss, Iwan Stephan Zurwerra 87 (78 publiziert) IPMA Level C® spm: Michael Abegg, Barbaros Acar, Roland Aeberhard, Mathias Aeschimann, Reto Andreoli, Vito Aquaro, Jürg Bart, Monia Bernardis, Michael Buhl, Daniel Burnier-Golger, Elio Cavargna, Gian Andri Caviezel, Karin D'Ignazio, Franz Dönz, Julien Duboz, Gerold Eydner, Michele Fabrizio, Ralf Faust, Thomas Geier, René Gerber, Markus Grieder, Carola Grummt, Susanne Grün, Bernhard Guhl, Sarah Haag, Andreas Hotz, Peter Hüni, Mark Jeisy, René Käppeli, Patrick Köver, Bernhard Kropfli, Martin Kündig, Marcel Kuster, Silvan Leuenberger, Martin Leutwyler, Matthias Lorch, Caroline Lüchinger, Marco Lüscher, Patrick Mächler, Stephan Marti, Luis Enrique Martínez Méndez, Thomas Moser, Gabriel Müller, Philipp Müller, Fernando Nicolussi, Harald Ernst Oswald, Pascal Peng, Madlaina Perl, Giuseppe Ramundo, Paolo Ronchin, Rudolf Rothmund, Markus Rüegg, Michel Rufener, Thomas Rytz, Andreas Sand, Jürg Schaub, Michael Schlegel, Franziska Schneiter, Philippe Schoch, Thomas Schumacher, Daniel Senn, Kerstin Spangenberg, Nicole Stahel, Daniel Stäheli, Claudia Stemme, Giancarlo Tognolatti, Lucian Toller, Ümit Tolunay, Stefan Vetter, Philipp Vontobel, Uwe Wagner, Moritz Weber, Fabian Weder, Thomas Wicki, Patrick Wicki, Daniel Zimmermann, Pascal Zohren, Délia Zufferey 103 (75 publiziert) IPMA Level D® spm Maja Schütz, vzpm Rubrik | Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor 85 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0104 Prof. Dr. Martina Peuser ist Professorin für allgemeine BWL, insbesondere Organisation und Projektmanagement an der Leibniz Fachhochschule in Hannover. Als Inhaberin des „Institut für praxisnahe Mittelstandberatung” ist sie Expertin für kundenzentrierte, agile Organisationsstrukturen und begleitet Unternehmen dabei, ihre Strukturen mit dem Fokus auf Kunden flexibel anzupassen. In ihrer Kolumne gibt sie spannende Kurzeinblicke in Lebensläufe und Gedanken von im Projekt tätigen Personen. Auf ein Wort mit-… Frank Bambach, Digital Program Manager bei der E.ON Digital Technology GmbH in Hannover Von Martina Peuser Zur Person | Frank Bambach ist Digital Program Manager bei der E.ON Digital Technology GmbH in Hannover. Er verantwortet aktuell das Projekt Management Office bei der Umstrukturierung eines Unternehmensbereichs der E.ON Digital Technology. Wie sind Sie zum Projektmanagement gekommen? Mein erster Job nach meinem Studium der Informatik an der TH Darmstadt war bei einer kleinen Unternehmensberatung. Das Unternehmen war spezialisiert auf die Herstellung und Einführung von Energieabrechnungssystemen. Dort arbeitete ich in verschiedenen Projekten. Welches Projekt hat Sie besonders geprägt oder war für Sie besonders wichtig? Das Transforward-Projekt bei E.ON von 2011 bis 2012 ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Das Projekt war der größte Outsourcing-Deal in Europa. E.ON hat damals große Teile der Infrastruktur outgesourced. Gelten in Ihrem Bereich bestimmte Standards und Methoden? Wir haben Konzernrichtlinien und DevOps als Rahmenkonzept für die Zusammenarbeit. Generell steht bei uns agiles Arbeiten im Vordergrund. Was zeichnet Sie als Projektmanager besonders aus? Verbindlichkeit und Ergebnisorientierung. Was motiviert Sie, in Projekten zu arbeiten und Projekte zu leiten? Spannende Aufgabenstellungen, die ich selbstorganisiert mit einem motivierten Team lösen kann, treiben mich an. Welche Tipps haben Sie für den Projektmanagement-Nachwuchs? 1) einfach ausprobieren 2) pro-aktiv sein 3) ergebnisorientiert und möglichst verbindlich arbeiten. Welche Eigenschaften schätzen Sie an Projektmanager*innen am meisten? Methodensicherheit und ggf. Zertifizierungen sind wichtig. Wichtiger ist aber, dass die Personen ins Team passen und die wirkliche Bereitschaft mitbringen etwas zu bewegen. Was ist für Sie als Projektmanager das größte Glück? Ein zufriedenes und eigenständig arbeitendes Team, dass auf ein gemeinsames Ziel hinarbeitet. Welche Trends sehen Sie im Projektmanagement? Ein Grundverständnis für neue Technologien im Projektmanagement wie bspw. DevOps-Tools wird in der schnelllebigen Projektwelt unerlässlich. Agilität bleibt wichtig, jedoch nicht als Selbstzweck, sondern zur Erreichung von Ergebniszielen. Was geben Sie den Lesern mit auf den Weg geben? Nicht immer starr nach Methoden agieren, sondern ab und zu den gesunden Menschenverstand walten lassen. Rubrik | Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor 86 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0104 Jahresinhaltsverzeichnis 2021 Jahrgang 32, Heft 1 bis 5 Araujo, Roscoe / Zimmer-Reps, Cornelia: Wie bewegt man einen Tanker? - Transformationen in etablierten Konzernen 5/ 21, S. 34 Armbruster, Judith: Mit der Agilen Blüte wachsen 5/ 21, S. 13 Balve, Patrick / Albert, Matthias / Dechange, André: Einsatz von Projektmanagement-Software in der Hochschullehre 1/ 21, S. 59 Böttger, Denise: Unter Strom: Warum Durchführung und Steuerung im modernen Trassenbau alles vom Projektmanagement abverlangen 4/ 21, S. 20 Bräunche, Dörte / Dechange, André / Förster, Claudia / Marx, Susanne: Chancen der Online-Lehre für Projektmanagement an Hochschulen 3/ 21, S. 64 Brüggenkamp, Jörg / Preuss, Peter / Renk, Tobias: Turnaround-Management in agilen IT-Projekten 4/ 21, S. 47 Disterer, Georg / Daum, Andreas: Agilität nimmt weiter Fahrt auf im Projektmanagement 2/ 21, S. 52 Disterer, Georg / Daum, Andreas: Wert und Nutzen von Zertifizierungen im Projektmanagement 5/ 21, S. 66 Drachenberg, Christian: Projektmanagement-Effekte bei DB Cargo 3/ 21, S. 58 Eberspächer, Matthias / Hahn, Bernd / Warweitzky, René H.: Es gibt kein „agiles Projektmanagement“ 5/ 21, S. 46 Erat, Emel: Sich beruflich und persönlich weiterentwickeln, an Sichtbarkeit gewinnen und Wissen teilen - mit dem Mentoring-Programm der GPM 4/ 21, S. 73 Frahm, Michael: Erfolgsmuster in Groß- und Megaprojekten 4/ 21, S. 40 Ghadiri, Daniel / Schlücker, Eberhard: Entwicklung eines Konzepts für ein dynamisches Risikomanagement bei Entwicklungsprojekten 2/ 21, S. 64 GPM Fach- und Regionalgruppen 1/ 21, S. 68 GPM Jubiläum der Kooperation von GPM und Teach First Deutschland 2/ 21, S. 75 GPM Fach- und Regionalgruppen 4/ 21, S. 80 GPM: Gemeinsames Engagement für projektbasiertes Lernen 5/ 21, S. 80 Habermann, Frank: Methodik zur Vermessung von Unsicherheit in Projekten 3/ 21, S. 32 Hagenauer, Stefan: Projektmanagement in vier Schritten maßschneidern. In vier Schritten zum individuellen Projektdesign 1/ 21, S. 50 Heidling, Eckhard: New Work - Selbstorganisation in der Projektarbeit stärken. Selbstorganisation und New Work 5/ 21, S. 28 Heydenreich, Norman: Die neuen ISO Standards 21 500 „Projekt-, Programm und Portfoliomanagement - Kontext und Konzepte“ sowie 21 502 „Projektmanagement“ 4/ 21, S. 60 Huemann, Martina / Schoper, Yvonne / Reschwamm, Katrin: D-A-CH Forschungswerkstatt: Designing Projects 4/ 21, S. 63 Hüsselmann, Claus / Golfels, Paul: Ergebnisse der deutschlandweiten Studie zum Multiprojektmanagement in der Corona-Krise. 1/ 21, S. 38 Hornung, Moritz: Enterprise Bionics - ein bionisches Betriebssystem für Projektorganisation 2/ 21, S. 10 Horstmann, Uwe: Nachhaltiges Projektmanagement 4/ 21, S. 26 Höschl, Michael / Huiber, Patrick / Korn, Robert: Produktentwicklung für die hybride Zusammenarbeit 5/ 21, S. 41 Ilief, Petros / Preuss, Peter: Einsatz von Smart Speakern im Projektmanagement 2/ 21, S. 58 Kaufmann, Carsten / Bechtel, Jadena / Lehner, Patrick / Gemünden, Hans Georg / Kock, Alexander: Triple-A PPM: Agiles, Adaptives und Ambidexteres Projektportfoliomanagement fördert den Erfolg - gerade in Zeiten von Umbruch und Turbulenz 5/ 21, S. 51 Kentsch, Fabian / Rybkina, Katharina / Appel, Simon-Alexander: Eine Orientierung zur Steuerung unternehmerischer Nachhaltigkeitsaktivitäten. Nachhaltigkeit messen 4/ 21, S. 4 Klausnitzer, Christopher: Akademische Höchstleistungen im Projektmanagement 5/ 21, S. 59 Kratt, Heike: Veränderung und Resilienz von Verwaltungshandeln in Zeiten von Corona. Projektmanagement ist Krisenmanagement 3/ 21, S. 24 Kratt, Heike: Projektmanagement als Krisenmanagement im Bundesministerium für Gesundheit. Im Interview mit Volker Düring 3/ 21, S. 25 Kratt, Heike: Projektmanagement als Krisenmanagement in der Hansestadt Hamburg. Im Interview mit Sabine Meister 3/ 21, S. 27 Kratt, Heike: Bedeutungsgewinn von Projektmanagement in der Corona-Krise am Beispiel der Stadt Köln. Im Interview mit Tanja Krins 3/ 21, S. 30 Köhler, Jens: Die komplexe Drehtür 1/ 21, S. 66 Köhler, Jens: Der grüne Elefant oder warum gutes Projektmanagement unsichtbar ist 2/ 21, S. 73 Köhler, Jens: Nicht mit den Falschen verbünden 3/ 21, S. 71 Köhler, Jens: Die Notfallapotheke des Projektmanagements 4/ 21, S. 78 Köhler, Jens: Über Wohlfühlkollegen und Visionen 5/ 21, S. 78 Kreutter, Tobias / Abstein, Klaus 2/ 21, S. 41 Kroh, Julia: Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor 5/ 21, S. 60 Kunze, Florian: Wie Corona die Arbeitswelt und das Projektmanagement nachhaltig verändert. Homeoffice und mobiles Arbeiten 3/ 21, S. 47 Meindl, Stefanie / Pfähler, Julia / Bissel, Moritz: „Agile Leadership“ - Zur agilen Führungskraft geboren? 2/ 21, S. 46 Ochs, Christoph / Spang, Konrad: Die Projektleiterrolle im agilen Projektmanagement 2/ 21, S. 35 Peuser, Martina: Jens-Uwe Braun 1/ 21, S. 72 Peuser, Martina: César García Marirrodriga, ESA Projektmanager 2/ 21, S. 80 Peuser, Martina: Klaus Ohlwein, Vice President Engineering Tires bei der Continental AG in Hannover 3/ 21, S. 76 Peuser, Martina: Nicole Rebe, Head of Quality and Strategy R&D Tires, Continental AG 4/ 21, S. 84 Peuser, Martina: Frank Bambach, Digital Program Manager bei der E.ON Digital Technology GmbH in Hannover 5/ 21, S. 84 pma: Ausgezeichnete Projekte 1/ 21, S. 70 pma: Die Welt der jungen Projektmanager*innen 2/ 21, S. 76 pma: Neuorientierung oder Rückbesinnung? 3/ 21, S. 75 pma: Projektmanagement zum Hören 4/ 21, S. 81 pma: Kinderleicht Projekte managen 5/ 21, S. 82 Reinke, Jürgen: Begutachtung von EDV-Projekten 3/ 21, S. 51 Richter, Christoph: Was ist dran an der „neuen Sau“ des Projektmanagements? 2/ 21, S. 27 Rosenberg, Jasmin / Naß, Thomas: Nachhaltigkeit im Maschinen- und Anlagenbau 4/ 21, S. 23 Sandberg, Berit: Projektmanagement mit künstlerischem Mindset. Spielerisch aus der Krise 3/ 21, S. 4 Sauerland, Thomas: Neues Schwerpunktmodul zum Projektmanagement im Masterstudiengang der Hochschule des Bundes gestartet 5/ 21, S. 40 Schelle, Heinz: Radikale Business Software. Nichts als dem Nutzen verpflichtet. Gezeigt am Beispiel des Scheuring Management Systems 1/ 21, S. 65 Schelle, Heinz: Nicht so schnell! Wie du durch langsames Denken in komplexen Zeiten zu guten Entscheidungen gelangst 2/ 21, S. 72 Schelle, Heinz: Projektmanagement und temporäres Organisieren 3/ 21, S. 70 Schelle, Heinz: Projekte und Projektmanagement 4/ 21, S. 77 Schelle, Heinz: Modernes Projektmanagement in der Praxis. Mit System zum richtigen Vorgehensmodell 5/ 21, S. 76 Seidl, Tobias: Methoden zur Förderung eines guten Gruppenklimas. Digitale Kollaborationsfähigkeiten entwickeln 1/ 21, S. 55 Scheurer, Steffen: Covid-19 und Projektmanagement 1/ 21, S. 2 Scheurer, Steffen: Agiles Projektmanagement 2/ 21, S. 2 Scheurer, Steffen: Mit Projektmanagement Krisen bewältigen 3/ 21, S. 2 Scheurer, Steffen: Nachhaltigkeit und Projektmanagement 4/ 21, S. 2 Scheurer, Steffen: Transformation und Projektmanagement 5/ 21, S. 2 Schoper, Yvonne / Gertler, Elisa / Fox, Kailey: Der Einfluss von Kultur und Persönlichkeit auf agile Projektmanagementtechniken 2/ 21, S. 17 Schoper, Yvonne: Neues aus der IPMA 1/ 21, S. 67 Schoper, Yvonne: Neues aus der IPMA 2/ 21, S. 74 Schoper, Yvonne: Neues aus der IPMA 3/ 21, S. 72 Schoper, Yvonne: Neues aus der IPMA 4/ 21, S. 79 Schoper, Yvonne: Neues aus der IPMA 5/ 21, S. 79 P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L Inhalte nach Autorinnen und Autoren Rubrik | Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor 87 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0104 Editorial Scheurer, Steffen: Covid-19 und Projektmanagement 1/ 21, S. 2 Scheurer, Steffen: Agiles Projektmanagement 2/ 21, S. 2 Scheurer, Steffen: Mit Projektmanagement Krisen bewältigen 3/ 21, S. 2 Scheurer, Steffen: Nachhaltigkeit und Projektmanagement 4/ 21, S. 2 Scheurer, Steffen: Transformation und Projektmanagement 5/ 21, S. 2 Reportage Armbruster, Judith: Mit der Agilen Blüte wachsen 5/ 21, S. 13 Böttger, Denise: Unter Strom: Warum Durchführung und Steuerung im modernen Trassenbau alles vom Projektmanagement abverlangen 4/ 21, S. 20 Habermann, Frank: Methodik zur Vermessung von Unsicherheit in Projekten 3/ 21, S. 32 Hornung, Moritz: Enterprise Bionics - ein bionisches Betriebssystem für Projektorganisation 2/ 21, S. 10 Horstmann, Uwe: Nachhaltiges Projektmanagement 4/ 21, S. 26 Kentsch, Fabian / Rybkina, Katharina / Appel, Simon-Alexander: Eine Orientierung zur Steuerung unternehmerischer Nachhaltigkeitsaktivitäten. Nachhaltigkeit messen 4/ 21, S. 4 Kratt, Heike: Veränderung und Resilienz von Verwaltungshandeln in Zeiten von Corona. Projektmanagement ist Krisenmanagement 3/ 21, S. 24 Kratt, Heike: Projektmanagement als Krisenmanagement im Bundesministerium für Gesundheit. Im Interview mit Volker Düring 3/ 21, S. 25 Kratt, Heike: Projektmanagement als Krisenmanagement in der Hansestadt Hamburg. Im Interview mit Sabine Meister 3/ 21, S. 27 Kratt, Heike: Bedeutungsgewinn von Projektmanagement in der Corona-Krise am Beispiel der Stadt Köln. Im Interview mit Tanja Krins 3/ 21, S. 30 Rosenberg, Jasmin / Naß, Thomas: Nachhaltigkeit im Maschinen- und Anlagenbau 4/ 21, S. 23 Sandberg, Berit: Projektmanagement mit künstlerischem Mindset. Spielerisch aus der Krise 3/ 21, S. 4 Steeger, Oliver: Wie das Virus Projekte stoppte 1/ 21 S. 4 Steeger, Oliver: Ein Studentenprojekt im Gründerzentrum 1/ 21, S. 20 Steeger, Oliver: Mit der Bürgerplattform im Lockdown 1/ 21, S. 23 Steeger, Oliver: Mit Studententeam zum „Employer Branding“ 1/ 21, S. 27 Steeger, Oliver: „Es macht Spaß, sich selbst zu organisieren“ 1/ 21, S. 30 Steeger, Oliver: Die Arbeiten an der „Stromtrasse“ gehen weiter 1/ 21, S. 33 Steeger, Oliver: Vom Leben lernen 2/ 21, S. 4 Steeger, Oliver: Vollbremsung aus Angst 2/ 21, S. 12 Steeger, Oliver: „Upload“ für Projekte! Projekte im virtuellen Space - ohne zeitliche und räumliche Limits 3/ 21, S. 10 Steeger, Oliver: Unterwegs in „Audi spaces“ 3/ 21, S. 17 Steeger, Oliver: Forschungsprojekt macht Plastikbecher (noch) nachhaltiger 4/ 21, S. 10 Steeger, Oliver: Weshalb „Young Caritas“ auf agile Projekte setzt 4/ 21, S. 16 Steeger, Oliver: Mit Leitplanken und Formalisierung gelingt die Agilität bei KMUs 5/ 21, S. 6 Steeger, Oliver: Vernetzt bekommt die Hochvoltbatterie ein „zweites Leben” 5/ 21, S. 18 Wehnes Harald, Höschl, Michael: Studentische Projekte mit Auftraggebern aus Wirtschaft und Verwaltung virtuell umgesetzt 1/ 21, S. 11 Wissen Araujo, Roscoe / Zimmer-Reps, Cornelia: Wie bewegt man einen Tanker? - Transformationen in etablierten Konzernen 5/ 21, S. 34 Balve, Patrick / Albert, Matthias / Dechange, André: Einsatz von Projektmanagement-Software in der Hochschullehre 1/ 21, S. 59 Brüggenkamp, Jörg / Preuss, Peter / Renk, Tobias: Turnaround-Management in agilen IT-Projekten 4/ 21, S. 47 Disterer, Georg / Daum, Andreas: Agilität nimmt weiter Fahrt auf im Projektmanagement 2/ 21, S. 52 Disterer, Georg / Daum, Andreas: Wert und Nutzen von Zertifizierungen im Projektmanagement 5/ 21, S. 66 Drachenberg, Christian: Projektmanagement-Effekte bei DB Cargo 3/ 21, S. 58 Eberspächer, Matthias / Hahn, Bernd / Warweitzky, René H.: Es gibt kein „agiles Projektmanagement“ 5/ 21, S. 46 Frahm, Michael: Erfolgsmuster in Groß- und Megaprojekten 4/ 21, S. 40 Ghadiri, Daniel / Schlücker, Eberhard: Entwicklung eines Konzepts für ein dynamisches Risikomanagement bei Entwicklungsprojekten 2/ 21, S. 64 Ilief, Petros / Preuss, Peter: Einsatz von Smart Speakern im Projektmanagement 2/ 21, S. 58 Höschl, Michael / Huiber, Patrick / Korn, Robert: Produktentwicklung für die hybride Zusammenarbeit 5/ 21, S. 41 Heidling, Eckhard: New Work - Selbstorganisation in der Projektarbeit stärken 5/ 21, S. 28 Kaufmann, Carsten / Bechtel, Jadena / Lehner, Patrick / Gemünden, Hans Georg / Kock, Alexander: Triple-A PPM: Agiles, Adaptives und Ambidexteres Projektportfoliomanagement fördert den Erfolg - gerade in Zeiten von Umbruch und Turbulenz 5/ 21, S. 51 Kreutter, Tobias / Abstein, Klaus 2/ 21, S. 41 Kroh, Julia: Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor 5/ 21, S. 60 Kunze, Florian: Wie Corona die Arbeitswelt und das Projektmanagement nachhaltig verändert. Homeoffice und mobiles Arbeiten 3/ 21, S. 47 Hagenauer, Stefan: Projektmanagement in vier Schritten maßschneidern. In vier Schritten zum individuellen Projektdesign 1/ 21, S. 50 Heydenreich, Norman: Die neuen ISO Standards 21 500 „Projekt-, Programm und Portfoliomanagement - Kontext und Konzepte“ sowie 21 502 „Projektmanagement“ 4/ 21, S. 60 Huemann, Martina / Schoper, Yvonne / Reschwamm, Katrin: D-A-CH Forschungswerkstatt: Designing Projects 4/ 21, S. 63 Hüsselmann, Claus / Golfels, Paul: Ergebnisse der deutschlandweiten Studie zum Multiprojektmanagement in der Corona-Krise. 1/ 21, S. 38 Meindl, Stefanie / Pfähler, Julia / Bissel, Moritz: „Agile Leadership“ - Zur agilen Führungskraft geboren? 2/ 21, S. 46 Ochs, Christoph / Spang, Konrad: Die Projektleiterrolle im agilen Projektmanagement 2/ 21, S. 35 Reinke, Jürgen: Begutachtung von EDV-Projekten 3/ 21, S. 51 Inhalte nach Rubriken Schurig, Sebastian / Wagner, Reinhard: Anforderungen von Transformationen an das Projektmanagement 5/ 21, S. 22 spm: Frühjahrstagung 16. Juni 2021 in Zürich 1/ 21, S. 71 spm: neue Erstzertifizierungen 2/ 21, S. 77 spm: spm-Frühjahrstagung im Sommer 2021: Projektmanagement vernetzt / Projektmanagement in den Wissenschaften kennt keine Grenzen 4/ 21, S. 82 spm: Neue Zertifizierungen 5/ 21, S. 83 Stadler, Christian / Brinkmann, Anke: Virtuelle Führung - Was können wir aus Projekten lernen? 3/ 21, S. 43 Steeger, Oliver: Wie das Virus Projekte stoppte 1/ 21 S. 4 Steeger, Oliver: Ein Studentenprojekt im Gründerzentrum 1/ 21, S. 20 Steeger, Oliver: Mit der Bürgerplattform im Lockdown 1/ 21, S. 23 Steeger, Oliver: Mit Studententeam zum „Employer Branding“ 1/ 21, S. 27 Steeger, Oliver: „Es macht Spaß, sich selbst zu organisieren“ 1/ 21, S. 30 Steeger, Oliver: Die Arbeiten an der „Stromtrasse“ gehen weiter 1/ 21, S. 33 Steeger, Oliver: Vom Leben lernen 2/ 21, S. 4 Steeger, Oliver: Vollbremsung aus Angst 2/ 21, S. 12 Steeger, Oliver: „Upload“ für Projekte! Projekte im virtuellen Space - ohne zeiltiche und räumliche Limits 3/ 21, S. 10 Steeger, Oliver: Unterwegs in „Audi spaces“ 3/ 21, S. 17 Steeger, Oliver: Forschungsprojekt macht Plastikbecher (noch) nachhaltiger 4/ 21, S. 10 Steeger, Oliver: Weshalb „Young Caritas“ auf agile Projekte setzt 4/ 21, S. 16 Steeger, Oliver: Mit Leitplanken und Formalisierung gelingt die Agilität bei KMUs 5/ 21, S. 6 Steeger, Oliver: Vernetzt bekommt die Hochvoltbatterie ein „zweites Leben” 5/ 21, S. 18 Schurig, Sebastian / Wagner, Reinhard: Anforderungen von Transformationen an das Projektmanagement 5/ 21, S. 22 Talay, Markus / Hümmer, Matthias: Hybrides Projektmanagement und Selbstorganisation in einer klassisch hierarchischen Organisation 3/ 21, S. 37 Wagenhals, Klaus: Von der Arbeit der Fachgruppe Führung im Projekt profitieren und sich an der Neu-Orientierung von Führung beteiligen 4/ 21, S. 68 Wehnes Harald, Höschl, Michael: Studentische Projekte mit Auftraggebern aus Wirtschaft und Verwaltung virtuell umgesetzt 1/ 21, S. 11 Zeller, Georg: Spielerisch und mit Freude zum Erfolg. Interaktive Simulationen im Projektmanagement 4/ 21, S. 53 Zillmer, Patrick: Moderation von Verhandlungen im internationalen Umfeld mit Hilfe der Harvard-Methode 1/ 21, S. 44 Zum Geburtstag: Hasso Reschke zum 80. Geburtstag 4/ 21, S. 32 Rubrik | Einbindung skeptischer Stakeholder als Erfolgsfaktor 88 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 32. Jahrgang · 05/ 2021 DOI 10.24053/ PM-2021-0104 Richter, Christoph: Was ist dran an der „neuen Sau“ des Projektmanagements? 2/ 21, S. 27 Sauerland, Thomas: Neues Schwerpunktmodul zum Projektmanagement im Masterstudiengang der Hochschule des Bundes gestartet 5/ 21, S. 40 Schoper, Yvonne / Gertler, Elisa / Fox, Kailey: Der Einfluss von Kultur und Persönlichkeit auf agile Projektmanagementtechniken 2/ 21, S. 17 Seidl, Tobias: Methoden zur Förderung eines guten Gruppenklimas. Digitale Kollaborationsfähigkeiten entwickeln 1/ 21, S. 55 Stadler, Christian / Brinkmann, Anke: Virtuelle Führung - Was können wir aus Projekten lernen? 3/ 21, S. 43 Schurig, Sebastian / Wagner, Reinhard: Anforderungen von Transformationen an das Projektmanagement 5/ 21, S. 22 Talay, Markus / Hümmer, Matthias: Hybrides Projektmanagement und Selbstorganisation in einer klassisch hierarchischen Organisation 3/ 21, S. 37 Wagenhals, Klaus: Von der Arbeit der Fachgruppe Führung im Projekt profitieren und sich an der Neu-Orientierung von Führung beteiligen 4/ 21 S. 73 Zeller, Georg: Spielerisch und mit Freude zum Erfolg. Interaktive Simulationen im Projektmanagement 4/ 21, S. 53 Zillmer, Patrick: Moderation von Verhandlungen im internationalen Umfeld mit Hilfe der Harvard-Methode 1/ 21, S. 44 Kolumne Köhler, Jens: Die komplexe Drehtür 1/ 21, S. 66 Köhler, Jens: Der grüne Elefant oder warum gutes Projektmanagement unsichtbar ist 2/ 21, S. 73 Köhler, Jens: Nicht mit den Falschen verbünden 3/ 21, S. 71 Köhler, Jens: Die Notfallapotheke des Projektmanagements 4/ 21, S. 78 Köhler, Jens: Über Wohlfühlkollegen und Visionen 5/ 21, S. 78 Aus den DACH-Verbänden Heydenreich, Norman: Neustart der Fachgruppe „Normen und Standards im Projektmanagement“ 3/ 21, S. 73 GPM Regionalgruppen 1/ 21, S. 68 GPM Jubiläum der Kooperation von GPM und Teach First Deutschland 2/ 21, S. 75 GPM Fach- und Regionalgruppen 4/ 21, S. 80 GPM: Gemeinsames Engagement für projektbasiertes Lernen 5/ 21, S. 80 Klausnitzer, Christopher: Akademische Höchstleistungen im Projektmanagement 5/ 21, S. 59 pma: Ausgezeichnete Projekte 1/ 21, S. 70 pma: Die Welt der jungen Projektmanager*innen 2/ 21, S. 76 pma: Neuorientierung oder Rückbesinnung? 3/ 21, S. 75 pma: Projektmanagement zum Hören 4/ 21, S. 81 pma: Kinderleicht Projekte managen 5/ 21, S. 82 spm: Frühjahrstagung 16. Juni 2021 in Zürich 1/ 21, S. 71 spm: neue Erstzertifizierungen 2/ 21, S. 77 spm: spm-Frühjahrstagung im Sommer 2021: Projektmanagement vernetzt / Projektmanagement in den Wissenschaften kennt keine Grenzen 4/ 21, S. 82 spm: Neue Zertifizierungen 5/ 21, S. 83 Schoper, Yvonne: Neues aus der IPMA 1/ 21, S. 67 Schoper, Yvonne: Neues aus der IPMA 2/ 21, S. 74 Schoper, Yvonne: Neues aus der IPMA 3/ 21, S. 72 Schoper, Yvonne: Neues aus der IPMA 4/ 21, S. 79 Schoper, Yvonne: Neues aus der IPMA 5/ 21, S. 79 Zum Geburtstag: Hasso Reschke zum 80. Geburtstag 4/ 21, S. 32 Buchbesprechungen S/ 20, S. 10 Schelle, Heinz: Radikale Business Software. Nichts als dem Nutzen verpflichtet. Gezeigt am Beispiel des Scheuring Management Systems 1/ 21, S. 65 Schelle, Heinz: Nicht so schnell! Wie du durch langsames Denken in komplexen Zeiten zu guten Entscheidungen gelangst 2/ 21, S. 72 Schelle, Heinz: Projektmanagement und temporäres Organisieren 3/ 21, S. 70 Schelle, Heinz: Projekte und Projektmanagement 4/ 21, S. 77 Schelle, Heinz: Modernes Projektmanagement in der Praxis. Mit System zum richtigen Vorgehensmodell 5/ 21, S. 76 Auf ein Wort mit … S/ 20, S. 4 Peuser, Martina: Jens-Uwe Braun 1/ 21, S. 72 Peuser, Martina: César García Marirrodriga, ESA Projektmanager 2/ 21, S. 80 Peuser, Martina: Klaus Ohlwein, Vice President Engineering Tires bei der Continental AG in Hannover 3/ 21, S. 76 Peuser, Martina: Nicole Rebe, Head of Quality and Strategy R&D Tires, Continental AG 4/ 21, S. 84 Peuser, Martina: Frank Bambach, Digital Program Manager bei der E.ON Digital Technology GmbH in Hannover 5/ 21, S. 84 GPM-Reihe „Nachgefragt“ Erat, Emel: Sich beruflich und persönlich weiterentwickeln, an Sichtbarkeit gewinnen und Wissen teilen - mit dem Mentoring-Programm der GPM 4/ 21, S. 73 Mehr Projektmanagement-Wissen für Sie und Ihren Unternehmenserfolg! Aus dem profunden und vielfältigen Know-how des Vereins entstehen die Ideen für das Seminarangebot der GPM. Dank des gemeinnützigen Charakters der GPM können Sie sich dabei auf faire Preise verlassen. Weitere Seminare unter: www.gpm-ipma.de/ seminare GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. I seminar@gpm-ipma.de I www.gpm-ipma.de Agile Führung 4.0 von Teams und Organisationen Dr. Alfred Oswald ONLINE 21.-22.04.2022 Agiles Projektmanagement 4.0 Dr. Alfred Oswald ONLINE 24.-25.03.2022 ONLINE 23.-24.06.2022 Agile Transformation 4.0 Dr. Alfred Oswald ONLINE 05.-06.05.2022 Komplexität im Projekt managen Petra Sohnius ONLINE 03.-04.02.2022 Mehr Projekte in kürzerer Zeit Uwe Techt / Guido Bacharach ONLINE 15.-16.03.2022 Metakompetenz Selbstorganisation 4.0 - selbst führen in Komplexität und Unsicherheit Sonja Armatowski ONLINE 03.-04.03.2022 Projekterfolge sichern - Konflikte lösen Sabine Schnarrenberger / Nicola Findeis ONLINE 10.-11.05.2022 Re-Thinking Projektleitung im agildigitalen Umfeld (VUCA) Dr. Klaus Wagenhals ONLINE 30.03.-01.04.2022 Sicheres und überzeugendes Auftreten Irene Kayser / Manfred Baumann ONLINE 19.-20.05.2022 Strategisches Projektmarketing kompakt Alexander Mereien ONLINE 28.04.2022 Know-how für Ihren Projekterfolg Jetzt informieren und anmelden unter: www.gpm-ipma.de/ seminare Profitieren Sie vom Expertenwissen der GPM - dem deutschen Fachverband für Projektmanagement. 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