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PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
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UVK Verlag Tübingen
51
2022
332 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.
Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L www.pm-aktuell.de Resilienz im Projektmanagement Ausgabe 2/ 2022 | 33. Jahrgang www.junfermann.de - Wir liefern versandkostenfrei! Sandra Brauer: Werte-Karten Reflexion - Klärung - Veränderung Junfermann, 2021 80 Karten + Booklet • ISBN 978-3-7495-0252-3 • € (D) 29,00 Je besser Menschen ihr Wertesystem kennen, desto leichter fällt es ihnen, sich zu akzeptieren oder an sich zu arbeiten. Das Werte-Kartenset lädt zur Erforschung der eigenen Werte und Normen, des inneren Regelwerks und der inneren Persönlichkeitsstruktur ein. Die Karten sind ganz einfach gestaltet, auf das Wesentliche reduziert. Sie können in Coaching, Beratung und Therapie eingesetzt werden, mit Einzelnen oder in Gruppen und Teams. Sie eignen sich ebenfalls zur Selbstreflexion und zum Selbstcoaching. • 65 Werte-Karten • 15 Frage-Karten zur vertiefenden Arbeit mit den Werten • Ein Begleit-Booklet Einsatzmöglichkeiten: • Selbstreflexion der eigenen Werte und dahinter liegender Bedürfnisse • Reflexion der Zusammenarbeit in Teams, z. B. in Transformationsprozessen • zur Konfliktprävention oder zum Konfliktmanagement • bei der Auswahl von geeignetem Personal • zur beruflichen Perspektiventwicklung 1 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Am Tullnaupark 15, 90402 Nürnberg Unter Mitwirkung von Spm - Swiss Project Management Association Flughofstraße 50, CH-8152 Glattbrugg und Projekt Management Austria Palais Schlick, Türkenstraße 27/ 2/ 21, A-1090 Wien Redaktion: Prof. Dr. Steffen Scheurer, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (Chefredakteur) Oliver Steeger, Alfter (Ressort Report) Nadja Saoudi, GPM Nürnberg Dr. Thor Möller, con-thor, Ganderkesee Redaktionsbeirat: Dr. Dieter Butz Axel Graser, Südwestrundfunk / SWR Prof. Dr. Nino Grau, Grauconsult GmbH Prof. Dr. Katrin Hassenstein, Hochschule der Medien Stuttgart Prof. Dr. Claus Hüsselmann, Technische Hochschule Mittelhessen Dr. Hans Knöpfel, spm, Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement Brigitte Schaden, pma (Projektmanagement Austria) Prof. Dr. Heinz Schelle, GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Reinhard Wagner, Tiba GmbH Prof. Dr. Doris Weßels, Fachhochschule Kiel G 6010 33. Jahrgang, 2/ 2022 ISSN 0942-1017 Verlag: UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5, 72070 Tübingen Telefon: +49 (0)7071 97 97 0 Telefax: +49 (0)7071 97 97 11 www.projektmanagement.digital © 2022 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG, Tübingen Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlages. Namentlich gekennzeichnete Beiträge sowie die Inhalte von Interviews geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion oder des Verlages wieder. Zeitschriftenkoordination: Elena Gastring eMail: gastring@narr.de Anzeigenverwaltung: Stefanie Richter Telefon: +49 (0) 89 / 120 224 12 eMail: richter@narr.de Erscheinungsweise: 5 Hefte pro Jahr Bezugspreise für Privatpersonen: Einzelheftpreis: EUR 20,- Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 88,- Bezugspreise für Institutionen: Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 198,- Preisänderungen vorbehalten. Der Bezugspreis für Mitglieder der GPM ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Alle Preise zzgl. Versandkosten und inkl. MwSt. Die Kündigung ist sechs Wochen vor Ende eines Kalenderjahres schriftlich an den Verlag zu richten. Sonderausgaben werden zusätzlich berechnet. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift ohne Verschulden des Verlages oder infolge höherer Gewalt entfällt für den Verlag jegliche Lieferpflicht. Umschlagabbildung: © iStock.com/ PeopleImages Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird die männliche Form verwendet (generisches Maskulinum). Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter und beinhalten keine Wertung. Impressum 2 Editorial Reportage 4 Wie „Mäuseohren“ zu mehr Resilienz führen Im Team Kraftreserven für Krisen aufbauen 8 Den Konsens vor der Krise schaffen! Weshalb Resilienz-Projekte oft auch Changeprojekte sind 13 Der Schlüssel zur Stärke Wie Teams resilient und „krisenfest“ werden Schwerpunkt 18 Von der Theorie zur Praxis: Projektmanagementresilienz Resilienz auf Projektmanagementebene 26 Sind Projektgruppen resilienter als Projektteams? Zwei Zusammenarbeitsmodelle im Vergleich 30 Agilität und Achtsamkeit gehen Hand in Hand Eine neue Perspektive auf agiles Projektmanagement mit einem achtsamen Mindset 34 Driving Digital --… but Human is Key (1) Ein Plädoyer für ein „Anthropozentrisches (ITund) Projektmanagement“ im Digitalen Zeitalter Wissen 41 Voraussetzungen für die agile Transformation Ist die agile Projektmanagementmethode auch für Sie geeignet? 47 Die Auswahl der passenden Software- Einführungsstrategie Schritt für Schritt oder gleich mit großem Knall? 54 Die Faktoren Kommunikation und Planung bei der Aufwandschätzungvon IT-Projekten 62 Der Projektmanager als Handwerksmeister 66 Klassische und agile Ansätze in Verbindung Zukunftsweisendes Projektmanagement 69 Sich beruflich und persönlich weiterentwickeln, an Sichtbarkeit gewinnen und Wissen teilen-- mit dem Mentoring- Programm der GPM Im Fokus diesmal: Mentee Saskia Bruning und Mentorin Nicole Malso. 72 Buchbesprechung Kolumne 74 Konservative Anarchisten Aus den DACH-Verbänden 75 IPMA intern 77 GPM intern 80 pma intern 81 spm intern 84 Auf ein Wort mit-… Felix Hartung Editorial | XX 2 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0027 Resilienz im Projektmanagement Liebe Leserinnen und Leser, wir blicken auf zwei Jahre Corona Pandemie zurück. Einige haben Bekannte, Freunde oder Familienangehörige in der Pandemie verloren. Für alle war und ist dies immer noch eine herausfordernde Zeit. Als mit zunehmender Durchimpfung der Bevölkerung und der Omikron-Variante so etwas wie ein „Licht am Horizont“ auftauchte-- trifft uns das nächste Ereignis: Der Krieg in der Ukraine. Tod und Zerstörung. Millionen Menschen auf der Flucht. Eine geostrategische Bedrohungslage in Europa, die seit dem Ende des „Kalten Krieges“ längst überwunden geglaubt war. Dies alles betrifft uns selbst, aber auch die Systeme, in die wir eingebettet sind: Sozialsysteme, Wirtschaftssystem, die Unternehmen und auch unsere Projekte. Aber nicht nur diese akuten Krisen fordern uns. Parallel entwickeln sich Megatrends wie die demografische Veränderung unserer Gesellschaft, der Wertewandel hin zu mehr Nachhaltigkeit und die schnelle Digitalisierung der Wirtschaft. Der Druck auf Familien, Unternehmen und Projekte nimmt zu. Wer würde sich da nicht gerne diesen Herausforderungen entgegenstellen-- wie ein „Fels in der Brandung“? Stattdessen: Viele Menschen spüren den Wunsch nach einer „Vogel Strauß-Lösung“. Den Kopf in den Sand stecken und die nächste Krise vorüberziehen lassen. Was uns aber wirklich helfen könnte: Resilienz trainieren! Dem Wort „Resilienz“ liegt das lateinische Verb resilire‎ zugrunde. Es meint „zurückspringen“ oder „abprallen“. Es geht um die „Fähigkeit von Lebewesen, ökonomischen oder sonstigen Systemen, sich gegen erheblichen Druck von außen selbst zu behaupten“ [1] Wir beschäftigen uns in diesem Heft schwerpunktmäßig mit Resilienz-- und mit der Frage, wie wir selbst, (Projekt-)teams und gesamte Organisationen resilienter werden können. Es gibt gute Nachrichten: Der Wissenschaftler Roman Soucek befasst sich seit vielen Jahren mit Resilienz. Er sagt im Interview: Resilienz ist erlernbar. Dem stimmt auch Susanne Marx zu, unsere zweite Gesprächspartnerin. Sie führt seit mehr als zwei Jahren ein vielfältiges Programm für Gesundheit und Resilienz in ihrem Unternehmen durch-- und berichtet, wie sie in Teams und Organisationen Resilienz aufbaut. In dem Interview mit Winfried Berner erfahren Sie, weshalb Resilienzprojekte oft auch Changeprojekte sind. Dann die Frage: Was ist unter Projektmanagement-Resilienz zu verstehen? Anne-Kathrin Bolender nähert sich der Frage von der theoretischen Seite aus und zeigt den aktuellen Forschungsstand auf. Matthias Eberspächer beschäftigt sich mit dem Unterschied zwischen Gruppen und Teams. Er zeigt, wie Gruppen resilienter werden, indem man sie in Teams transformiert. Martina Weifenbach sieht im agilen Projektmanagement in der modernen und digitalen Arbeitswelt eine große Chance für Unternehmen, zukunfts- und wettbewerbsfähig zu bleiben. Um diese Chance zu nutzen, spielen aus Sicht der Autorin soziale Fähigkeiten der Kommunikation und Führung, insbesondere in Verbindung mit Achtsamkeit eine besondere Rolle. Mit der Herausforderung der Digitalisierung beschäftigt sich auch Matthias Pietzner in seinem Plädoyer für ein „Anthropozentrisches (ITund) Projektmanagement“ im digitalen Zeitalter. In diesem Heft lesen sie Teil 1 seines Essays. Darüber hinaus greifen wir in diesem Heft weitere wichtige Themen auf. So befassen sich Emadeldin Fawaz und Chris Krupke mit den wichtigsten Herausforderungen und Lösungs- Szenarien für agiles Projektmanagement und für die agile Transformation von Unternehmen. Maik Dorl und Francisco Josué Artaza zeigen in ihrem Beitrag, nach welchen Kriterien und mit welchen Rolloutstrategien Projekte zur Einführung von Software im Unternehmen erfolgreich werden können. Jürgen Reinke erklärt in seinem Beitrag, wie man bei der Aufwandsplanung von IT-Projekten von einer „Pi mal Daumen“-Rechnung wegkommt- - und mit Hilfe analytischer Methoden zu einer besseren Aufwandsplanung kommt. Der Autor stellt Ihnen sein Excel-Tool kostenfrei zur Verfügung. Dieses ist auf unserer Webplattform unter elibrary.projektmanagement.digital/ article/ 10.24053/ PM-2022-0038 verfügbar. Martin Barth und Margit Sarstedt untersuchen, wie durch eine geeignete Ausrichtung und Strukturierung der Studieninhalte im Projektmanagement die Voraussetzungen für den Praxistransfer und ein schnelles Erreichen handwerklicher Exzellenz gelegt werden können. Darüber hinaus finden Sie in unserer Serie zum „Deutschen Studienpreis Projektmanagement 2021“ den Beitrag der Preisträgerin Ann-Kathrin Rank zur Verzahnung von klassischen und agilen Vorgehensweisen in Projekten. Nadia Saoudi und Emel Erat stellen im Rahmen des GPM Mentoring-Programms Mentee Saskia Bruning und Mentorin Nicole Malso vor. Es würde mich freuen, wenn Sie für sich Erkenntnisse zur Stärkung Ihrer persönlichen Resilienz mitnehmen. Geben Sie auf sich und aufeinander acht! Ihr Steffen Scheurer [1] https: / / www.wortbedeutung.info / Resilienz, Stand: 9. 04. 2022 EDITORIAL Mit der All-in-One-Software von PLANTA haben Sie alle Funktionen, die Sie für erfolgreiches Projektmanagement brauchen, in einem System. Ob klassische, agile oder hybride PM-Methode, ob Projekt oder Portfolio, Sie sind für alle Projektsituationen gerüstet. 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Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0028 Im Team Kraftreserven für Krisen aufbauen Wie „Mäuseohren“ zu mehr Resilienz führen Oliver Steeger Bei vielen Mitarbeitern liegen die Nerven blank. Bereits normale Arbeitstage fordern sie bis an ihre Grenze. Für Projektteams ein Problem: In schwierigen Phasen, wenn Mitarbeiter zusätzlich gefordert sind, geht manchen die Puste aus. Häufig mangelt es an Resilienz, die Kraftreserve für Krisen. Der Wissenschaftler PD Dr. Roman Soucek (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) sieht gute Chancen, bei einzelnen Mitarbeitern und im Team Resilienz aufzubauen. Im Interview erklärt er, wie Einzelne, Teams und Organisationen an ihrer Resilienz arbeiten können. Die gute Nachricht: Resilienz lässt sich fördern. Besser noch: Wer zugleich die Resilienz von Mitarbeitern, Teams und sogar des Unternehmens verbessert-- der schöpft das Potential ganz aus. Die psychischen Belastungen nehmen im Arbeitsleben zu. In diesem Zusammenhang fällt immer wieder der Begriff „Resilienz“. Landläufig wird darunter verstanden: Es handelt sich um individuelle psychische Widerstandskraft. Entweder man hat diese Eigenschaft-- oder man hat sie nicht. Herr Dr. Soucek, als Wissenschaftler rücken Sie dieses schiefe Bild gerade. Was muss man hinsichtlich der Resilienz präzisieren? Dr. Roman Soucek: Dieses Bild der Widerstandskraft ist tatsächlich weit verbreitet. Viele meinen, dass resiliente Menschen immun sind gegenüber belastenden Situationen-- oder dass ihnen Stress sogar nichts anhaben kann. Aus meiner Sicht ist dies wenig zutreffend. Resiliente Menschen sitzen nicht in ihrer Burg und lassen nichts an sich herankommen. Auch resiliente Menschen durchleben stressige, kraftraubende Situationen. Der Unterschied ist, dass sie sich davon schneller erholen können. Ich bezeichne Resilienz deshalb als schnelle und gute Erholungsfähigkeit. Stress und Erschöpfung können sich dadurch nicht aufschaukeln, wenn stressige Situation kurz nacheinander auftreten. In dem Begriff Erholungsfähigkeit steckt das Wort Fähigkeit. Im Gegensatz zu Eigenschaften kann man Fähigkeiten lernen. Gilt dies auch für Resilienz? Kann man sie lernen? Langsam! Resiliente Menschen haben sowohl bestimmte Eigenschaften als auch Fähigkeiten. Wir nennen in unserem wissenschaftlichen Modell die Eigenschaften „Ressourcen“ und die Fähigkeiten „Prozesse“. Was das Lernen und Trainieren betrifft: Man kann an beidem arbeiten, sowohl an den Ressourcen als auch an den Prozessen. Wie kann man Ressourcen trainieren? Zwei für Resilienz wesentliche Ressourcen sind Optimismus und Achtsamkeit. Aus wissenschaftlicher Forschung wissen wir, dass Menschen durch bestimmte Übungen beide Ressourcen stärken können. Das ist empirisch gut belegt. Heute bezahlen sogar einige Krankenkasse Achtsamkeitskurse. Wie sieht es mit den Prozessen aus? Auch sie kann man trainieren. Prozesse sind gewissermaßen Strategien oder Werkzeuge, die einem helfen mit akuten Krisensituationen umzugehen. Zum Beispiel: Nach einem Schrecken hilft es, dreimal tief durchzuatmen. Danach ist man wieder geerdet. Ein anderes Beispiel: Muss man in einer Krise intensiv an einer Lösung arbeiten, kann es helfen, sich Reportage | Wie „Mäuseohren“ zu mehr Resilienz führen 5 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0028 von Telefonen und Internet bewusst abzukapseln. Jeder kann solche Strategien lernen, sich diese für Krisenzeiten zurechtlegen und in einer Art Werkzeugkiste sammeln. Einen Punkt verstehe ich nicht ganz. Weshalb braucht man sowohl Ressourcen als auch Prozesse wie etwa Strategien und Werkzeuge? Die situationsübergreifenden Ressourcen sind die Grundlage und helfen uns, die Prozesse in einer akuten Krisensituation umzusetzen. Ich erläutere den Zusammenhang zwischen Ressourcen und Prozessen gerne an dem Beispiel eines Schäferhunds: Stellen Sie sich einen Schäferhund vor, der eine Schafherde hütet. Dafür braucht der Hund zum einen bestimmte Eigenschaften, etwa Schnelligkeit und körperliche Ausdauer. Zum anderen braucht er Prozesse, verlorengegangene Schafe wieder zur Herde zurückzubringen. Er wird sie vielleicht einkreisen, ihnen den Weg abschneiden und sie langsam zur Herde zurücktreiben. Dies zeigt, dass Ressourcen situationsübergreifend sind, Prozesse dagegen sich auf die Bewältigung einer konkreten Situation richten. Was bedeutet dies für Resilienz? Ein Beispiel dazu: Resiliente Personen gehen mit einem gewissen Optimismus in die Krise; sie gehen davon aus, dass die Krise für sie gut ausgehen wird und vielleicht sogar etwas Gutes hat. Optimismus ist eine Ressource. Wer mit dieser Ressource in eine Krise geht, wird seine Fähigkeiten zuversichtlicher einsetzen. Er wird sich an die Problemlösung machen, weil er im Inneren überzeugt ist, dass es sich lohnt. Alles wird gut! Mich interessiert, wie man die Ressourcen und Prozesse verbessern kann. Fangen wir bitte mit den Ressourcen an. Welche Ressourcen sind für einzelne Mitarbeiter hilfreich? Was macht sie resilient? Neben dem Optimismus sind beispielsweise Achtsamkeit und Selbstwirksamkeitserwartung gute Ressourcen. Selbstwirksamkeitserwartung-- was darf ich darunter verstehen? Selbstwirksamkeitserwartung ist die Überzeugung, dass man Dinge, die man anpackt, auf Grundlage seiner eigenen Fähigkeiten erfolgreich zu Ende führen kann. Mit dieser Überzeugung tritt man an problematische Situationen mit einer anderen Zuversicht heran, was zu deren erfolgreichen Bewältigung beiträgt. Auf diese Weise stärken solche allgemeinen Ressourcen das resiliente Verhalten in konkreten Situationen. Nehmen wir das Beispiel Achtsamkeit, das Sie genannt haben. Wie kann man die eigene Achtsamkeit trainieren? Achtsamkeit bezeichnet im Grunde eine unvoreingenommene Wahrnehmung dessen, was gerade um einen herum passiert und was dies in einem selbst auslöst. Diese Wahrnehmungen werden dabei nicht sofort bewertet. Dadurch entsteht eine gewisse Lücke zwischen der Wahrnehmung und der Reaktion. Eine Art Pause. Ich lerne also, nicht blind meinen vorschnellen Bewertungen zu folgen und kopflos auf ein Krisensignal zu reagieren? Ganz genau! Ein Beispiel aus dem Alltag: Im Straßenverkehr nimmt Ihnen jemand die Vorfahrt. Die erste Reaktion kann dann beispielsweise Wut und Zorn sein. Durch Achtsamkeit entsteht eine Lücke zwischen dem Reiz und unmittelbaren Reaktion. Dadurch können Sie darüber nachdenken, ob sich der Ärger für Sie lohnt. Die Lücke gibt Ihnen mehr Handlungsmöglichkeiten. Sie können sich immer noch ärgern, oder Sie sehen einfach darüber hinweg. Meistens lohnt sich der Ärger nicht. Er bringt Stress, kostet Energie und raubt einem das Wohlbefinden. Eben! Auf diese Weise hilft die Achtsamkeit, Krisen auch emotional besser zu bewältigen und sich schneller zu erholen. Für Achtsamkeit gibt es heute wirksame Lernprogramme. Achtsamkeit kann man gut lernen, es bedarf aber einiger Zeit. Soweit die allgemeinen Ressourcen. Wie sieht es mit den Prozessen aus, also mit den Fähigkeiten und Bewältigungsstrategien für akute Krisensituationen? Welche Prozesse unterstützen die Resilienz? Eine wichtige Fähigkeit ist, Ereignisse emotional schnell zu bewältigen und sie positiv umzudeuten. Positive Umdeutung bedeutet, in einer Krise nicht nur eine Belastung zu sehen, sondern vielleicht auch Lernmöglichkeiten oder Verbesserungschancen. Hinzu kommt beispielsweise die Fähigkeit, eine Lösung für ein Problem umfassend zu planen- - also einen Plan zu entwickeln, wie die Krise zu meistern ist. Dieser Plan muss natürlich umgesetzt werden. Wie darf ich diese Prozesse oder Fähigkeiten näher verstehen? Sie haben Sie eben auch als Strategien beschrieben. Vielleicht kann man sie gut „Werkzeuge“ nennen. Wenn man in eine belastende Situation gerät, greift man zu einem dieser Werkzeuge. Resiliente Menschen haben in belastenden Situationen ein umfassendes Set von Werkzeugen zur Hand. Ein simples Beispiel: Angenommen, ein schwieriger Kunde ruft an. Dann hilft es, dreimal durchzuatmen. Danach ist man deutlich geerdeter und kann wahrscheinlich angemessener reagieren. Klingt simpel-… Bei solchen Prozessen handelt sich häufig um recht einfache, alltäglich einsetzbare Strategien. Wer Resilienz aufbaut, sollte solche Prozesse bewusst sammeln, reflektieren und trainieren. Hat man solche individuellen Prozesse vor einer Krise bereits einmal durchdacht, fällt es leichter, die Prozesse anzuwenden. Entscheidend ist, dass in der belastenden Situation diese Prozesse für einen zugänglich sind. Wie kann man dieses Lernen dieser Prozesse praktisch starten? Etwa Bücher dazu lesen und Kurse besuchen? Ich halte etwas anderes für naheliegender. Mitarbeiter eines Teams oder einer Abteilung sind häufig mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Das Spannende dabei ist, dass sie auf Reportage | Wie „Mäuseohren“ zu mehr Resilienz führen 6 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0028 unterschiedliche Weise mit diesen Problemen umgehen. Jeder hat ja von sich aus den einen oder anderen Prozess entwickelt. Das heißt: Unter den Mitgliedern eines Teams gibt es häufig bereits eine Vielfalt von Prozessen. Diesen „Erfahrungsschatz“ kann man nutzen. Konkret bedeutet dies: In einem moderierten Workshop können sich Mitarbeiter zu ihren persönlichen Prozessen austauschen. Das heißt, der eine erklärt dem anderen, wie er mit einer belastenden Situation umgeht? Wie er es zum Beispiel in einem lauten Großraumbüro bewerkstelligt, sich auf eine Problemlösung zu konzentrieren? Ja- - wobei solch ein Workshop eine bestimmte Struktur braucht. Die Frage an die Teilnehmer, was sie generell in belastenden Situationen tun, ist viel zu weit gefasst. Man muss spezifischer werden und die Fragen weiter herunterbrechen auf konkrete Situationen. Zum Beispiel: Wie gehen die Teilnehmer mit einer unmittelbar auftretenden Emotion um- - etwa mit Ärger nach dem Anruf eines schwierigen Kunden? Oder: Wie schotten sich die Teilnehmer dagegen ab, um bei wichtigen Arbeiten nicht gestört zu werden? Wir haben unlängst einen Workshop bei einer Bank durchgeführt, in dem sich ein Team auf die „Mäuseohren“-Regel geeinigt hat. Mäuseohren-Regel? Was darf ich darunter verstehen? In dem Workshop hat ein Teammitglied seine persönliche Strategie gegen die Unterbrechungen erklärt: Er setzt sich ein Headset auf, wenn er Ruhe braucht. Dies schaut dann so aus, als ob er telefonieren würde. Deshalb hat ihn niemand gestört. Von dieser Idee war das Team begeistert. Es hat auf dem Workshop beschlossen: Trägt jemand ein Headset, wird er nicht gestört. Gleich, ob er telefoniert oder nicht. Das Headset ist ein Signal an die anderen: „Nicht ansprechen, bitte! “ Wie erklärt sich dann der Name „Mäuseohren“? In dem Team hat man Headsets mit Schalenkopfhörern verwendet, also recht große Kopfhörer, die tatsächlich an Mäuseohren erinnert haben. Daraus hat sich der Name ergeben. In den vergangenen Jahren haben Sie sich intensiv mit Resilienz im Arbeitsleben auseinandergesetzt. Sie haben dabei einen interessanten Punkt herausgearbeitet: Für die Stärkung der Resilienz sollte man nicht nur bei einzelnen Mitarbeitern ansetzen, sondern auch beim Team sowie beim Unternehmen selbst. Wir haben ein Modell mit drei Ebenen von Resilienz entwickelt: Die Ebene des Individuums, die Team-Ebene und die Organisations-Ebene. An dieser Stelle wird es für Laien etwas kompliziert. Ich verstehe Ihr Modell so, dass es nicht nur beim Individuum spezielle Ressourcen und Prozesse gibt. Auch beim Team spielen Ressourcen und Prozesse eine Rolle. Wir haben es also mit fünf Bereichen zu tun. Erstens, individuelle Ressourcen und individuelle Prozesse. Zweitens, Team-Ressourcen und Team-Prozesse. Als fünfter Bereich kommt die Ebene der Organisation hinzu, die der Resilienz einen Rahmen gibt. Wichtig bei alledem ist: Diese Elemente sind in Wechselwirkung miteinander. Sie können sich in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken. Sprechen wir bitte zunächst über die Ebene des Teams. Was unterscheidet die Team-Ebene von der individuellen Ebene? Die Anforderungen an die Teamresilienz sind anders als die an die Resilienz von Individuen. Bewältigt ein Team gemeinsam eine Krise-- dann braucht es andere Ressourcen als ein Individuum. Zu den Team-Ressourcen gehören beispielsweise ein gutes Teamklima, eine Vision des gemeinsamen Ziels sowie partizipative Sicherheit für den Einzelnen. Hinzu kommt, dass das Team seinen Mitgliedern auch psychologisch Sicherheit bietet. Team-Achtsamkeit ist wichtig, und gleiches gilt für eine gute Fehlerkultur. Inwiefern Fehlerkultur? Positive Fehlerkultur heißt: Niemand muss Angst davor haben, Fehler zur Sprache zu bringen- - weder eigene Fehler noch Fehler anderer. Wer Fehler ohne Bedenken eingestehen kann, befindet sich also in einer Art psychologischen Sicherheit. Diese allgemeine Fehlerkultur hilft besonders bei der Bewältigung von Krisen. Das Team kann bestimmte Prozesse entwickeln, mit denen Fehler gemeldet, im Team diskutiert und dann behoben werden. Hier zeigt sich übrigens ein weiteres Mal das Verhältnis zwischen Ressourcen und Prozessen. Die positive Fehlerkultur bildet die Basis dafür, beim Auftreten eines Fehlers konstruktiv mit diesem umzugehen. Wir haben vorhin gesagt, dass einzelne Mitarbeiter etwa durch Trainings oder Übungen ihre Resilienz verbessern können. Wie sieht dies bei Teams aus? Wie kann man deren Ressourcen und Prozesse verbessern? Resiliente Teams zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie eine gemeinsame Vorstellung von ihrer Zusammenarbeit haben oder auch nicht. Deshalb sollten Teams eine gemeinsame Sichtweise auf ihre Zusammenarbeit und Interaktion entwickeln: Wie geht das Team mit Fehlern um? Wie werden Informationen weitergeleitet? Das Beispiel mit den Mäuseohren, das ich eben beschrieben habe, ist solch eine gemeinsame Sichtweise. Es wird gemeinsam akzeptiert, dass Mitarbeiter für bestimmte Aufgaben ungestört arbeiten. Die Kopfhörer, so die im Team akzeptierte Regel, ist ein Signal für ein Bedürfnis. Augenblick! Teams haben doch immer solche gemeinsamen Sichtweisen und Übereinkünfte-… Da bin ich mir nicht sicher! Teams meinen vielleicht, dass sie unter bestimmten Dingen das gleiche verstehen. Doch tat- Reportage | Wie „Mäuseohren“ zu mehr Resilienz führen 7 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0028 sächlich gehen die Meinungen auseinander, und die Sichtweisen divergieren. Ein gutes Beispiel dafür ist die Frage, wie ein Team Informationen optimal austauscht. Informationen sollen schnell ausgetauscht werden. Darin sind sich vielleicht alle einig. Doch die einen sagen: Jeder ist verantwortlich, dass er für ihn wichtige Informationen holt. Die anderen dagegen: Es ist Pflicht eines jeden, wichtige Informationen sofort weiterzugeben. Push-Prinzip versus Pull-Prinzip-… Richtig. Resilient werden Teams dadurch, dass sie sich zu diesen Sichtweisen austauschen-- und bestenfalls ein gemeinsames Verständnis entwickeln. Bei all diesen Maßnahmen zur Verbesserung der Resilienz handelt sich offenbar um relativ einfache, kleine, praktikable Schritte. Wir sprechen nicht über schwierige, kostspielige und zeitraubende Trainings? Ich halte sehr viel von kleinen Maßnahmen, die über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden. Wir haben bei einem Unternehmen beispielsweise Mitarbeiter eingeladen, an einem webbasierten Training mit kleinen Übungen zur Stärkung der Resilienz teilzunehmen. Alles kleine Schritte. Wichtig ist, dass Mitarbeiter und Teams immer wieder Input bekommen, zum Austausch angeregt werden und neue Ideen direkt im Alltag ausprobieren können. Kleine, nachhaltige Maßnahmen-- dies ist ein Erfolgsfaktor. Bislang haben wir noch nicht über die dritte Ebene gesprochen-- die des Unternehmens. Welche Rolle spielt das Unternehmen bei dem Aufbau von Resilienz? Die Organisation gibt den Rahmen für die Interaktion für Mitarbeiter und Teams vor. Ein Beispiel: Ein Unternehmen kann Mitarbeitern Handlungsspielraum geben. Handlungsspielraum hilft dem Einzelnen, seine persönlichen Resilienz-Strategien am Arbeitsplatz umzusetzen. Die Regel mit den Mäuseohren-… Das Team durfte über diese Regel selbst entscheiden. Ja. An diesem Punkt zeigt unsere Forschung einen interessanten Effekt: Die Selbstwirksamkeitserwartung ist eine wichtige Ressource auf der individuellen Ebene. Kommt jetzt auf der organisationalen Ebene Handlungsspielraum dazu- - dann wirkt dies wie ein Booster. Der Effekt auf die Resilienz wird potenziert. Was, wenn kein Handlungsspielraum besteht? Bei manchen Tätigkeiten besteht kein Spielraum. Aber dann führt ein anderer Mechanismus zur Resilienz. Die Ressource Achtsamkeit entfaltet in solchen Fällen eine Art Pufferwirkung. Eine Art „Schutzwirkung“ gegen die Enge eines Arbeitsplatzes ohne Handlungsspielraum? Ja. Dies zeigen die empirischen Daten. Wir haben es hier mit vielfältigen und intensiven Wechselwirkungen zwischen den Ebenen zu tun. Mal kann der Rahmen Positives fördern, mal Negatives abfedern. Alles hängt mit allem zusammen. Es ist also vorteilhaft, Resilienz auf allen Ebenen zu fördern. Dies bedeutet vermutlich, dass man auch auf der Ebene der Organisation Resilienz fördern kann? In einem unserer Projekte haben wir innerhalb der Organisation Ansprechpartner für das Thema Resilienz ausgebildet. Das waren Mitarbeiter auf allen Ebenen, die sich bereiterklärt hatten, Kollegen Fragen zur Resilienz zu beantworten und ihnen Rat zu geben. Also Multiplikatoren? Ja, im gewissen Sinne. Wir wollten den Mitarbeitern Gelegenheit zum Austausch geben, ohne dass sie fürchten müssten, wegen vermeintlichen „Psychofragen“ schief angeschaut zu werden. Zudem haben wir in einem Unternehmen einen Info-Film gedreht, um die Idee der Resilienz zu promoten. In dem Film haben sich Mitarbeitende des Unternehmens zum Thema Resilienz geäußert, was die Aufmerksamkeit und Akzeptanz des Themas in der Kollegenschaft gefördert hat. Eine letzte Frage zur Praxis. Was empfehlen Sie Projektmanagern, die ihr Team resilient machen wollen? Mein Vorschlag ist, mit einem Workshop zum Perspektivenabgleich im Team zu starten. Die Aufgabe, solch einen moderierten Workshop durchzuführen, ist vielleicht nicht ganz einfach. Doch das kann man lernen. Aus unserer Forschung heraus haben wir einen anwendungsbezogenen Online-Kurs entwickelt. Der kostenlose Kurs heißt „Stark in Alltag und Arbeit-- Resilienz auf Individueller und kollektiver Ebene“ und richtet sich besonders auch an Führungskräfte. Der Kurs wird über die Plattform „Virtuelle Hochschule Bayern“ angeboten. Also ein Tipp für den Einstieg? Auf jeden Fall ein niederschwelliges Angebot, sich weiter mit dem Thema Resilienz auseinanderzusetzen. Eingangsabbildung: © iStock.com/ max-kegfire PD Dr. Roman Soucek PD Dr. Roman Soucek ist akademischer Oberrat an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und vertritt derzeit eine Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie an der MSH Medical School Hamburg. Er bringt langjährige Erfahrung in der anwendungsorientierten Forschung mit und hat mehrere Projekte zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz bearbeitet. Beispielsweise koordinierte er das Verbundprojekt Resilire, bei dem in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen und betrieblichen Partnern anwendungsorientierte Instrumente zur Diagnose und Förderung der Resilienz von Beschäftigten entwickelt und evaluiert wurden. Aktuell befasst er sich mit Arbeitsverdichtung aufgrund von neuen Formen der Arbeit und der Auswirkung auf die Gesundheit und Leistung von Beschäftigten. Foto: René Unger 8 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0029 Weshalb Resilienz-Projekte oft auch Changeprojekte sind Den Konsens vor der Krise schaffen! Oliver Steeger Pandemie, steigende Energiekosten, gerissene Lieferketten, drückender Fachkräftemangel: Immer häufiger gehen Unternehmen durch Krisen. Mit speziellen Resilienz-Projekten könnten sich viele Unternehmen besser auf solche Krisen vorbereiten. Die Idee: Unternehmen analysieren Risiken, wappnen sich mit Maßnahmen gegen mögliche Bedrohungen und erarbeiten Notfallpläne für den Fall des Falles. Indes, bei solchen Projekten handelt sich in aller Regel um Changeprojekte. Im Ernstfall müssen die Mitarbeiter unverzüglich und entschlossen handeln. Changemanagement-Fachmann Winfried Berner erklärt im Interview, weshalb unternehmensweite Konsensprozesse wichtig sind, welche Rolle das Top- Management spielt-- und welchen Preis man für Resilienz in Kauf nehmen muss. Viele Unternehmen wurden durch die Krisen der letzten Jahre auf dem falschen Fuß erwischt. So wenig wahrscheinlich solche Ereignisse gewesen sind-- manche Unternehmen sind, so beklagen Fachleute, kaum vorbereitet. Es mangelt an Resilienz gegenüber Krisen. Herr Berner, ist es überhaupt möglich, ein Projekt aufzusetzen, das die Resilienz eines Unternehmens oder einer Organisation stärkt? Winfried Berner: Man kann durch ein Projekt die Resilienz von Unternehmen stärken. Doch dies setzt voraus, dass das Unternehmen noch agieren kann- - also noch die Zeit und Kraft hat, sich auf mögliche Krisen vorzubereiten. Wenn es bereits lichterloh brennt, ist es zu spät für Brandschutzmaßnahmen-- so etwa in Teilen der Landwirtschaft. Viele landwirtschaftliche Betriebe machen seit Jahren Verluste und kämpfen ums Überleben. Für viele von ihnen dürfte es zu spät sein für die Vorbereitung auf Krisen. Die Stärkung der Resilienz muss man angehen, wenn man noch proaktiv handeln kann und ausreichend Luft zum Atmen hat. Angenommen, ein Unternehmen hat noch Luft zum Atmen-- wie kann die Resilienz dieser Organisation dann genau aussehen? Unter Resilienz versteht man üblicherweise, dass eine Person oder ein System in der Lage ist, auch erheblich Rückschläge wegzustecken-- ohne dabei völlig aus der Bahn geworfen zu werden. Das ist das Ziel. Wer resilient werden will, muss zunächst wissen, wo seine verletzlichen Stellen liegen und welche Art von Krisen ihm gefährlich werden können. Was genau muss er wegstecken können? Klingt nach klassischem Risikomanagement-… Nennen wir es „Risikomanagement Plus“. Auf den ersten Blick scheint Resilienz eine Eigenschaft zu sein, eine bestimmte Form von Stärke, die man aufbaut. In Wirklichkeit ist Resilienz komplex und mit inneren Widersprüchen behaftet. Ein Beispiel: Die Evolution hat uns mit der Fähigkeit ausgestattet, eine Speckschicht aufzubauen, um uns gegen das Verhungern zu wappnen. Dummerweise ist eine solche Speckschicht nicht gerade das, was resilient gegen Herz- und Kreislauferkrankungen macht. Das heißt-- wir haben es bei Resilienz mit einer gewissen Ambiguität zu tun? Es gibt keine eindeutigen Rezepte und Antworten, wie man Resilienz aufbaut? Nein. Man kann nicht bei einer Beratungsfirma Resilienz kaufen- - und dann meinen, man sei ab sofort wetterfest gegen alles, was einem zustoßen kann. Man wird beim Aufbau von Resilienz feststellen, dass einige Ziele widersprüchlich und konkurrierend sind. Es gibt beispielsweise einen unauflöslichen Zielkonflikt zwischen maximaler Effizienz und Resilienz. Zum Beispiel ein Passagierflugzeug: Unter Effizienzgesichtspunkten ist es völlig unsinnig, die Systeme in einem Flugzeug Reportage | Den Konsens vor der Krise schaffen! 9 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0029 zu verdoppeln. Doch wenn einen Kilometer über dem Erdboden etwa der Höhenmesser ausfällt, ist ausgesprochen wertvoll, ein „redundantes“ System an Bord zu haben. Ob privat oder im Unternehmen-- für Resilienz muss man mit Effizienzeinbußen bezahlen. Was bedeutet dies konkret für Unternehmen? Resilienz gibt es nicht zum Nulltarif. Unternehmen stehen vor der Abwägung, welche Effizienznachteile sie für die Stärkung der Resilienz akzeptieren. Ein Beispiel: Mit Blick auf die Lieferketten baut ein Unternehmen größere Lagerbestände auf. Das ist nicht gerade das, was Lageroptimierer empfehlen. Lean-Management-Experten bekommen bei solchen Plänen vermutlich Schnappatmung! Trotzdem können höhere Lagerbestände im gewissen Umfang ein richtiger Schritt sein, um die Krisenanfälligkeit zu reduzieren. Bei solchen Entscheidungen wird man mit der antiken Weisheit weiterkommen, Extreme zu vermeiden. Single-Sourcing ist auch so ein Extrem. Es ist eine Wette darauf, dass nichts schiefgehen wird-- der bewusste Verzicht auf Resilienz. Aufbau von Resilienz in Unternehmen setzt eines voraus: Das Unternehmen muss die relevanten Risiken richtig einschätzen. Das entscheidende Wort ist „relevant“. Einige Unternehmen beschäftigen sich zwar mit Risiken. Doch es handelt sich um die naheliegenden, bekannten Risiken, die typisch sind für ihre Branche. Weshalb befassen sie sich selten mit den wirklichen „Gamechangern“, wie die Pandemie einer war? Menschen machen generell einen großen Bogen um Dinge, mit denen sie sich nicht auskennen- - oder die zu beunruhigend sind. Der Psychologe und Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman hat den sogenannten Availability Bias beschrieben. Werden wir mit einer Frage konfrontiert, die wir nicht verstehen, so beantworten wir stattdessen eine andere Frage, die so ähnlich klingt und auf die wir eine Antwort wissen. Ein häufiger Fehler ist auch: Unternehmen betrachten die Effekte zweiter, dritter und vierter Ordnung nicht immer genau genug. Effekte zweiter, dritter und vierter Ordnung-- was ist damit gemeint? Man dringt nicht tief genug in die Risiken ein. Man folgt den Kausalketten nicht weit genug. Klassisches Beispiel: Angenommen, Sie stellen in Ihrem Unternehmen Maschinenteile her. Sie haben Ihren Betrieb im Griff, und auch mögliche Krisen meinen Sie durchdacht zu haben- - und zwar bis zu Ebene Ihrer Kunden. Sie sagen beispielsweise: Ja, es könnte sein, dass die Kosten für unsere Vorprodukte steigen, aber wir haben Preissetzungsmacht, das heißt, wir können die gestiegenen Kosten an unsere Kunden weitergeben. Klingt beruhigend. Doch kann Ihr Kunde die gestiegenen Kosten wiederum an seine Kunden weitergeben? Vielleicht geht das Risiko von dem Kunden Ihres Kunden aus. Bezahlt dieser Endkunde nicht mehr die Rechnungen Ihres Kunden-… …-so wird mein Kunde nicht mehr mich bezahlen können. Daran kann man gut erkennen, wie wichtig es ist, die Effekte zweiter, dritter oder vierter Ordnung zu betrachten. Dann kann es sinnvoll sein, nicht nur die Risiken für das Businessto-Business-Geschäft zu analysieren. Man sollte beispielsweise auch das Verbraucherklima auf dem Radarschirm haben. Da können Themen wie Demografie, Einkommensverteilung oder Alterseinkünfte eine Rolle spielen. Solchen Kausalketten zu folgen kann beängstigend sein-… Natürlich kann es beängstigend und vor allem fürchterlich komplex werden, wenn man tiefer in diese Ketten einsteigt. Ratsam ist es trotzdem, denn die wenigsten Risiken gehen davon weg, dass man sich weigert, sie zur Kenntnis zu nehmen. Je mehr man über solche Risiken „unter der Wasseroberfläche“ nachdenkt, desto mehr schwirrt einem der Kopf. Ist diese Angst ein Grund dafür, dass sich wenige Unternehmen überhaupt mit Risiken und potenziellen Krisen auseinandersetzen? Fehlt es an Mut? Neben der überwältigenden Komplexität des Themas ist die Bedrohlichkeit sicher ein Hauptgrund, der viele dazu veranlasst, lieber wegzusehen. Doch Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst. Mut bedeutet, sich der Angst zu stellen. Etwa in einem Projekt zur Stärkung der Resilienz. Bisher haben nur wenige Unternehmen solche Resilienz-Projekte durchgeführt. Üblicherweise stehen am Ende solcher Projekte Analysen, Pläne und Prozesse für den Krisenfall, kombiniert mit einem konkreten Maßnahmenkatalog. Dagegen sagen Sie: Dokumente allein reichen nicht. Echte Resilienz im Unternehmen ersteht erst durch ein Changeprojekt. Wie darf ich dies verstehen? Langsam, bitte. Ein rein inhaltliches Projekt kann man durchführen. Häufig sind solche Analysen und Planungen zur Risikovorsorge sogar gesetzlich gefordert, etwa aus haftungsrechtlichen oder aktienrechtlichen Gründen. Es gibt gute Gründe, weshalb sich Unternehmen rein inhaltlich mit Risiken und Vorsorgemaßnahmen befassen müssen. Aber? Diese rein auf Inhalte ausgerichtete Vorgehensweise hat einen Nachteil. Man hat am Ende nur das Dokument. Über dieses Dokument hinaus hat im sozialen System des Unternehmens noch keine Auseinandersetzung mit möglichen Bedrohungen und der Vorbereitung auf sie stattgefunden. Resilient ist ein Unternehmen nicht, wenn es nur Notfallpläne im Tresor hat. Weshalb ist diese inhaltliche Auseinandersetzung in der gesamten Organisation wichtig? In der Krise muss die Organisation schnell ins Handeln kommen und diese Pläne umsetzen. Deshalb ist es wichtig, dass über diese Pläne ein möglichst breiter Konsens herrscht. Wenn man in der Krise erst mit dem Betriebsrat verhandeln, im oberen Management Zustimmung organisieren und die Reportage | Den Konsens vor der Krise schaffen! 10 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0029 Belegschaft überzeugen muss, kostet das brutal viel Zeit. Bis man dann ins Handeln kommt, vergeht da leicht ein viertel oder halbes Jahr. In dieser Zeit schwimmen dem Unternehmen die Felle weg. Das heißt-- einige Unternehmen erliegen der Illusion, dass ihre Notfallpläne im Krisenfall nur aus der Schublade geholt werden müssen und das Unternehmen diese schnell umsetzt. Selbst für einzelne Menschen ist dies nicht einfach. Denken Sie an einen länger dauernden flächendeckenden Stromausfall. Jeder hat Ideen, was man für diesen Notfall braucht, etwa Wasser, Kerzen, Taschenlampen oder Essen, das man nicht erhitzen muss. Die meisten von uns ahnen, dass sie auf solch einen Fall schlecht vorbereitet wären und vielleicht ein paar Vorräte anlegen sollten. Aber die meisten tun es trotzdem nicht. Wenn der Blackout kommt, ist es zu spät für Vorkehrungen. Darüber hinaus: Leben Sie im Haushalt mit einer vierköpfigen Familie zusammen, werden Sie sich schnell einig werden, was wann wie zu tun ist. Halten Sie einmal ein Unternehmen mit 5.000 Mitarbeitern dagegen! In solchen Organisationen ist der Konsensbildungsprozess deutlich aufwändiger und schwieriger. Vielleicht sind größere Gruppen dabei, die die Risiken zwar verstehen, doch nicht für relevant in ihrem Bereich halten. Sie sehen nicht ein, in ihrem Bereich Einsparungen oder Änderungen zu unterstützen. Braucht man diesen Konsens? Krisen schweißen die Beteiligten bekanntlich zusammen. …-oder sie führen zum Zerfall des Teams, weil jeder nur noch die eigene Haut zu retten sucht. Unter dem starken Druck einer Krise zu verhandeln, ist in mancher Hinsicht einfacher. In einiger Hinsicht ist es schwieriger. Wie gesagt, die Verhandlungen kosten wertvolle Zeit. Ich halte es für sinnvoller, dass man sich vor der Krise darüber verständigt, wie man in einer Krise handelt. Vor der Krise kann man relativ ruhig und gelassen einen Konsens bilden. Der Begriff Konsensbildung ist schon mehrfach gefallen in unserem Gespräch. Lassen Sie mich bitte nachfragen: Über was genau wird der Konsens erzielt? Welche Art von Konsensbildung sollte ein Resilienz-Projekt als Ergebnis haben? Im Grunde geht es um eine Serie einfacher Wenn-Dann-Aussagen. Das ideale Ergebnis wäre ein möglichst breiter Konsens etwa zu folgenden Fragen: Was sind Frühwarnsignale für eine Krise, und was tun wir, wenn sie eintreten? Welche konkreten Trigger und Auslöser, wie etwa ein Absatzrückgang oder eine Kostensteigerung um über 10 Prozent betrachten wir als Krise? Wenn solche Trigger oder Auslöser auf das Unternehmen einwirken- - was tun wir dann ganz konkret? Falls sich die Krise weiter verschärft, was ist dann unser Plan? Solch ein Konsens kann bis zu einer Betriebsvereinbarung gehen. Wie vorhin gesagt: In der Krise braucht man ohnehin ein gewisses Einverständnis über die Vorgehensweise. Es ist eine sinnvolle Aufgabe eines Resilienz-Projekts, die Notfallpläne mit weitmöglichstem Konsens der Organisation zu entwickeln. Angenommen, ein Unternehmen will solch ein Resilienz-Projekt starten. Das Top-Management wendet sich an Sie und erbittet Ihren Rat. Was empfehlen Sie? Welche Fehler sollte das Unternehmen nicht machen? Ein Stolperstein liegt direkt am Anfang eines solchen Projekts. Bekommt das Projekt einen rein sachbezogenen Auftrag, wird es sich in erster Linie für die Bewältigung des Sachprozesses einsetzen. Wer Analyse und Pläne beauftragt, wird Analysen und Pläne bekommen-… Ja, genau. Vieles hängt davon ab, wie der Auftrag formuliert ist. Meine Empfehlung ist: Bei Projekten zur Resilienz sollte der Konsens der Kernauftrag sein. Der Auftrag könnte lauten, einen organisationsweiten Konsens über einen Stufenplan zur Krisenabwehr herbeizuführen. Das Projekt hat das Hauptziel, solch einen Konsensprozess aufzubauen und zu initiieren. Es wird nicht nur ein Dokument abliefern können. Damit sind wir bei einem zweiten Punkt: Steht der Konsensbildungsprozess im Zentrum, so wird man entsprechend die Projektleitung auswählen. Also nicht etwa einen brillanten Analytiker und Strategen zum Projektleiter machen, sondern jemanden, der sich auf Konsensprozesse versteht? Jemand mit Erfahrung in der Orchestrierung von sozialen Prozessen- - das wäre die richtige Person für die Projektleitung. Das heißt nicht, dass man keine Analytiker braucht. Analytiker haben sogar eine Schlüsselrolle, denn der Plan soll ja nicht nur von breiter Zustimmung getragen sein, er muss zugleich auch wasserdicht und realitätstauglich sein. Aber Analytiker werden nicht Projektleiter. Verstanden! Zurück zu dem Vorstand, der Sie um Rat fragt. Was würden Sie ihm darüber hinaus empfehlen? Ein Punkt scheint mir besonders wichtig: Als Vorstand oder Geschäftsführer muss man ein Resilienz-Projekt wirklich führen. Unter Führung verstehe ich, dass der Vorstand während des Projekts permanent präsent ist- - und nicht nur „grünes Licht“ für dieses Projekt gibt und Zwischenpräsentationen durchwinkt. Auch, wenn er die Aufgaben delegiert-- er zeigt damit, dass es sein Thema und sein Prozess ist. Dies widerspricht der Auffassung, dass sich Top-Manager aus der Umsetzung von Projekten heraushalten sollten. Sonst endet dieses „Engagement“ in Hineinregieren und Mikromanagement. Dies hängt vom Thema ab. An einem Resilienz-Projekt wird sich die Unternehmensspitze auch inhaltlich beteiligen müssen. Am Anfang sind inhaltliche Weichen zu stellen, zum Beispiel: Welche Risikobereiche soll sich das Projektteam genau ansehen? Die Frage könnte sein: Welche drei Ereignisse hätten einen so starken Einfluss auf das Unternehmen, dass es sich davon nur schwer erholen könnte? Da sollte die Geschäftsführung Input liefern. Der Projektleiter sollte an diesem Denkprozess teilnehmen. Doch die inhaltliche Ausrichtung muss im Vorstand entschieden werden. Reportage | Den Konsens vor der Krise schaffen! Ich dachte, dies sei Aufgabe des Projektteams? Nein, es handelt sich um strategische Entscheidungen. Der Vorstand kann das Projektteam dann beauftragen, die im Vorstand gefundenen Themen und die Priorisierung kritisch zu hinterfragen. Ich würde dem Vorstand sogar empfehlen, auf einer kritischen Prüfung zu bestehen. Der Projektleiter darf nicht mit dem Ergebnis zurückzukommen, dass im Vorstand alles hervorragend vorbereitet wurde. Damit hätte er seinen Auftrag missverstanden. Solche Projekte leben von Auseinandersetzung und die Reibung durch verschiedene Gesichtspunkte. Damit eine solche „Reibung“ durch verschiedene Perspektiven entsteht-- welche Mitarbeiter sollte der Projektleiter ins Team holen? Im Team sollten Menschen sein, die von Natur aus über den Tag hinausdenken, aber auch gestandene Praktiker, die die Realitäten des Tagesgeschäfts kennen und verinnerlicht haben. Es gibt in Unternehmen Mitarbeiter, die wie Arbeitspferde einen guten Job machen und das Unternehmen voranbringen-- aber doch nur einen Zeithorizont von einem halben Jahr haben. Solche Leute-- so wichtig sie sind-- kommen für Resilienz-Projekte selten in Fragen. Also Menschen, die nicht im Mainstream mitschwimmen? Ja. Angenommen, es geht um Energie, Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Dann könnte man Menschen ins Team nehmen, die sich auch nach Feierabend zu diesem Thema engagieren. Vielleicht sogar in Naturschutzorganisationen mitarbeiten. Eventuell sogar junge Aktivisten beteiligen, deren Zukunft vom Klimaschutz abhängt. Deren Sichtweise kann für die nötige „Frischluft“ sorgen. Aber ich hätte auch gerne die alten Haudegen aus der Fertigung dabei, die diese Wunschvorstellungen mit den betrieblichen Realitäten konfrontieren. Dann ist Reibung garantiert. Aus Ihrer Sicht-- welche Erfolgsfaktoren gibt es für Resilienz-Projekte? Auf was sollte man achten, um solch ein Projekt zu einem guten Abschluss zu bringen? Offen gesagt, ich hadere mit Ihrem Begriff Abschluss. Ich denke, dass es sich bei Stärkung von Resilienz um eine dauerhafte Aufgabe handelt. Die Zukunft geht ja weiter. Verwenden wir den Begriff Abschluss für solch ein Projekt, so sollten wir zumindest „vorläufig“ davorschreiben. Sprechen wir also über den vorläufigen Abschluss-… Ein Spannungsbogen im Projekt ist hilfreich. Zu Anfang des Projekts kann es helfen, wirklich etwas umzusetzen. Häufig ergeben sich aus der Analyse Ansatzpunkte, bei denen man sich automatisch fragt: Warum sollten wir mit deren Umsetzung eigentlich bis zu einer Krise warten? Beispielsweise ein System für effizienteres Energiemanagement, das steigende Energiepreise bewältigen hilft? Das ist ein gutes Beispiel: Photovoltaik auf alle Dächer, Wärmepumpen, energetische Optimierung von Prozessen, aber auch Videokonferenzen statt Routinetreffen und Anreize zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Ein weiteres Beispiel ist der Aufbau von Lagerbeständen für kritische Komponenten, über den wir vorhin gesprochen haben. Man darf damit nicht warten, bis die Lieferketten ins Stocken geraten. Ein weiterer Punkt ist: Zum vorläufigen Ende des Projekts legt das Team eine Liste von Trends vor, die man sich in vielleicht zwei Jahren nochmals anschaut. Also eine Art „Auftrag“ an das nachfolgende Projekt. So wird über den vorläufigen Abschluss hinausgedacht. Project Office ist Enterprise-Software für beeindruckende Projekte wie den Gotthard- Basistunnel. Agiles Teamwork und hohe Prozesssicherheit verbinden sich dabei zu konsequent hybridem Projektmanagement. Mit agilen Elementen wie Task Boards, Issues und Activities machen Sie Ihre Teams schneller und produktiver. Bewährte Elemente wie die Planung der Ecktermine liefern zuverlässige Leitplanken. Erfolgreiche Projekte durch verlässliche Prozesse und bessere Teamarbeit Engineering success - the agile way SUCCESS STORY | Digitale Kollaboration mit Project Office Mit zielführenden Informationen die digitale Kollaboration in Projekten optimal gestalten https: / / bit.ly/ 3fwWtGF energizing great minds contact-sofware.com Anzeige Reportage | Den Konsens vor der Krise schaffen! 12 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0029 Vorhin haben Sie das Spannungsfeld von Effizienz und Resilienz angesprochen. Resilienz geht oft zu Kosten der Effizienz. Ich möchte diesen Punkt nochmals aufgreifen. Wie erklärt man beispielsweise Lean-Management-Fachleuten und Lageroptimierern im Unternehmen, dass das Lager aufgestockt und vergrößert wird? Da sind wir bei den Konsensprozessen, dem Kern eines Resilienz-Projekts. Zu dem Thema Resilienz gibt es im Unternehmen unterschiedliche Perspektiven. Sie müssen zum Ausgleich und in eine Balance gebracht werden, beispielsweise durch eine Diskussion der Frage: Wie sicher können wir sein, dass Single-Sourcing oder ein weltweites Just-in-Time auch in unruhigen Zeiten klappt? Daran sollten Mitarbeiter mitwirken, etwa in moderierten Großgruppen-Diskussionen. Selbstverständlich können nicht wirklich alle in der Organisation daran teilnehmen. Viele Mitarbeiter sind direkt mit Wertschöpfung beschäftigt. Nicht jeder kann seinen Arbeitsplatz verlassen und sich einen halben Tag lang an Diskussionen beteiligen. Was bedeutet es dann genau, einen breiten Konsens zu erzielen? Was ist mit „breit“ gemeint? Vor der Pandemie haben wir einen solchen Prozess mit 180 von 4.500 Mitarbeitern begonnen-… Das sind grob überschlagen vier Prozent aller Mitarbeiter-… In diesem Fall war die Zahl hinreichend repräsentativ, um alle Bereiche und Hierarchieebenen zu beteiligen, Erkenntnisfortschritt zu ermöglichen und so dem Ergebnis Gültigkeit zu geben. In vielen Bereichen des Unternehmens haben Mitarbeiter jemanden aus ihren Reihen ausgewählt, der ein Händchen für solche sozialen Prozesse hat; sie wurden gewissermaßen als Repräsentanten entsandt. Wir haben festgestellt: Die allermeisten Mitarbeiter sehen sich durch diesen Repräsentanten ausreichend beteiligt. Auf diese Weise bestehen gute Chancen, die Organisation zu bewegen. Jede gute Therapie hat, wie man aus der Medizin weiß, ihre Risiken und Nebenwirkungen. Wo liegen die Risiken und Nebenwirkungen bei Resilienz- Projekten? Ein Risiko ist das, was Sie von Antibiotika her kennen. Man darf Antibiotika nicht während der Therapie absetzen. Genauso ist es bei Changeprojekten. Es ist desaströs, wenn alle zusammen einen Konsens erarbeitet haben- - der dann von einem neuen Vorstand für irrelevant erklärt wird. Nach solch einem Schock braucht man Konsensbildungsprozesse für viele Jahre nicht mehr anzusprechen. Der Boden ist für lange Zeit verbrannt. Ganz praktisch gesagt: Wer solch ein Projekt durchführt, sollte für eine Weile die Kontinuität in der Geschäftsführung sicherstellen. Wie sieht es mit der emotionalen Seite aus? Vorhin haben wir festgehalten, dass die tiefe Analyse von Risiken auch Angst auslöst. Natürlich spielt das eine Rolle! Wer mit Mitarbeitern offen über Risiken und Krisenvorkehrungen diskutiert, kann bei ihnen solche Emotionen auslösen. Mitarbeiter erfahren möglicherweise von Risiken, die sie selbst betreffen. Und die ihnen vorher nicht bewusst waren. Da kann Angst um die eigene Zukunft aufkeimen. Wichtig ist aber: Angst verschwindet nicht dadurch, dass man vor ihr davonläuft, sondern dadurch, dass man ihr entgegengeht. Manche Top-Manager sagen, sie wollen keine schlafenden Hunde wecken-- und deshalb die Mitarbeiter nicht in solche Prozesse einbeziehen. Die vermeintlich schlafenden Hunde sind doch häufig längst wach. Menschen sind nicht blind für Risiken. Sie kennen die Probleme, oder zumindest erahnen sie sie. Manche lesen sogar Zeitung und verfolgen die Nachrichten. Ich bin der Überzeugung, dass Unternehmen mit mündigen Mitarbeitern generell besser aufgestellt sind-- nicht nur während der Krise. Wer eine positive Zukunftsentwicklung wünscht, wird von Menschen profitieren, die mitdenken und eine gewisse Mitverantwortung für das Ganze übernehmen. Die Konsensprozesse lösen hilfreiche Denk- und Lernprozesse in der Organisation aus. Sie führen dazu, dass Mitarbeiter Verantwortung übernehmen. Wie drückt sich das Mitdenken und die Übernahme von Verantwortung praktisch aus? Beispielsweise Vertriebsmitarbeiter haben ihr Ohr sehr dicht am Markt. Sie zählen oft zu den ersten, die Warnsignale für Krisen wahrnehmen. Sie sind wie Sensoren. In vielen Unternehmen dauert es unendlich lange, bis solche Signale wirklich in der Unternehmensspitze ankommen. Viele Mitarbeiter haben es aufgegeben, überhaupt Signale zu senden. Tun sie es doch, dann bleiben die Signale häufig in der Befehlskette nach oben hängen. Ein Resilienz-Projekt kann die Durchgängigkeit für Signale verbessern. Natürlich hat man dann im Top-Management einen höheren Rauschpegel. Doch die Signale erhöhen die Chancen, dass man kritische Entwicklungen früh wahrnehmen kann. Allein dies ist ein guter Beitrag zur Resilienz. Eingangsabbildung: © iStock.com/ vm Winfried Berner Winfried Berner erlebte 1987 seine Feuertaufe als Changemanager. Damals war er Consultant bei der Boston Consulting Group; er hatte die weltweite Vertriebsorganisation eines Maschinenbaukonzerns für einen Neuanfang mit einer ungeliebten Produktgruppe zu gewinnen. Es folgten eine Fusion, ein Turnaround und eine Mischung aus Reengineering und Kulturveränderung. Winfried Berner machte sich 1995 selbstständig mit seinem Unternehmen „Die Umsetzungsberatung“. Seine Webseite www.umsetzungsberatung.de gilt als wichtige deutschsprachige Wissensbasis für Changemanagement und seine Grundlagen. Winfried Berner ist Autor von Standardwerken wie „Change! “ und „Culture Change“. Im Februar 2022 ist sein Buch „Reorganisation und Restrukturierung: Strukturen weiterentwickeln, ohne die Unternehmenskultur zu ruinieren“ im Verlag Schäffer-Poeschel erschienen. Fotostudio Bosl 13 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0030 Wie Teams resilient und „krisenfest“ werden Der Schlüssel zur Stärke Oliver Steeger Viele Unternehmen wollen sich nach der schwierigen Zeit der Pandemie besser gegen Krisen aufstellen. Das schließt auch die Resilienz von Mitarbeitern und Teams ein. Wissenschaftler sind sich sicher: Jeder kann die Fähigkeit lernen, bei Krisen zügig aus der Schockstarre zu kommen und handlungsfähig zu werden. Doch mit einem einzelnen Resilienz- Training ist es nicht getan. Der Aufbau von Resilienz ist kein Sprint, sondern ein Marathonlauf. Dr. Susanne Marx (CSL Behring GmbH) führt in ihrem Unternehmen seit mehr als zwei Jahren ein vielfältiges Programm für Gesundheit und Resilienz durch. Im Interview berichtet sie, wie man in Teams und Organisationen Resilienz aufbaut, welche Handlungsebenen es gibt - und weshalb Achtsamkeit der Schlüssel zur Stärke ist. Viele Manager verstehen unter Resilienz, sich mit Notfall-Plänen auf Krisen vorzubereiten. Im Projektmanagement sind solche Krisenpläne seit Jahrzehnten Bausteine des Risikomanagements. Doch Krisenpläne allein reichen nicht. Man braucht auch resiliente Mitarbeiter, die nach dem Schock einer Krise schnell wieder arbeitsfähig werden und die Pläne umsetzen. Man hat die persönliche Resilienz-- also Widerstandsfähigkeit bei Krisen-- lange Zeit als Eigenschaft gesehen. Entweder man war resilient-- oder nicht. Sie dagegen sagen: Resilienz ist eine Fähigkeit, die jeder Mitarbeiter lernen kann. Dr. Susanne Marx: Richtig. Bei menschlicher Resilienz handelt es sich um eine erlernbare Kompetenz. Dem einen fällt das Erlernen aufgrund seiner Veranlagung etwas leichter, dem anderen vielleicht etwas schwerer. Entscheidend ist: Alle können an ihrer Resilienz arbeiten. Dies gilt auch für Teams. Auch sie können etwas für ihre Resilienz tun und sich so auf Krisen vorbereiten. Was macht diese Resilienfähigkeit genau aus? Gleich, ob wir über Einzelne oder Teams sprechen: Bei Krisen ist es entscheidend, dass Menschen rasch wieder ins Lösungsdenken kommen. Für eine Organisation ist es dabei ein entscheidender Vorteil, wenn Mitarbeitende schnell aus der Schockstarre kommen. Nehmen Sie ein Projekt als Beispiel, das plötzlich in Terminschwierigkeiten kommt, etwa wegen unerwarteter technischer Probleme. Mit welchen Prozessen man diese Krise lösen kann, liegt ja auf der Hand: Das Team muss prüfen, was es anders machen kann. Also den Fehler analysieren und sehen, wie man damit umgehen und wie es weitergehen kann. Es kommt nun darauf an, dass es schnell die Kraft und Antworten findet, die Lösungen umzusetzen. Sprechen wir bitte über den Aufbau-- das Erlernen-- der Fähigkeit zur Resilienz. Sie unterscheiden zwischen vier Handlungsfeldern oder Ebenen von Resilienz: die physische Ebene, die psychische Ebene, die Ebene der Interaktion mit anderen sowie eine Ebene, die sich gut mit dem „Wortsinn“ beschreiben lässt-… Vielleicht sollten wir zuvor das gemeinsame Fundament dieser Ebenen betrachten. Da gibt es eine wichtige Grundvoraussetzung für die Fähigkeit zur Resilienz. Das ist die Fähigkeit zum Innehalten. Zur Achtsamkeit. Inwiefern Achtsamkeit? Eine Krise ist ein Stressor. Dieser Stressor löst beim Menschen Stress aus. Stress ist ein biologisch festgelegtes „Kampf- oder Fluchtprogramm“. Wenn wir im Stressmodus sind, verengt sich unser Blick: der sprichwörtliche Tunnelblick. Dieser Tunnelblick ist für die Krisenbewältigung wenig hilfreich. In Krisen brauchen wir einen weiten Blick - buchstäblich Weitblick, eine neutrale Beobachtungsposition. Wer Achtsamkeit vor Reportage | Der Schlüssel zur Stärke 14 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0030 der Krise geübt hat, kann in Krisensituationen besser innehalten. Man ist quasi geschult darin, seinen Blick bewusst zu weiten. Diese Wahrnehmung ist der erste Schritt, die Krise zu bewältigen. Unter Achtsamkeit verstehen nicht wenige blanke Esoterik statt eine im Beruf nützliche Fähigkeit. Esoterisch ist dies bestimmt nicht. Die Forschung belegt, dass viele Menschen unter Druck automatisch reagieren. Sie handeln basierend auf ihrem individuellen Erfahrungsschatz - statt in der Situation angemessen zu agieren. So verständlich dieses Verhalten sein mag-- wir können es in Krisen nicht gebrauchen. Wir müssen stattdessen genau und vorurteilsfrei nachschauen, was die Krise auslöst, wie die Krise etwa auf ein Projekt und das Team wirkt - und was man nun braucht, um Lösungen zu finden. Und auch: was die Menschen selbst jetzt brauchen. Was die Menschen in Krisen brauchen-- wie darf ich das verstehen? Krisen sind kein normaler Arbeitsmodus - auch psychisch und körperlich nicht. Weder für das Team noch für die Einzelnen. Dies wird häufig vernachlässigt. Einige brauchen jetzt vielleicht Rückzug, um die Veränderung zu verarbeiten, andere vielleicht Bewegung und körperliches Abreagieren. Wieder andere suchen Beistand von außen. Achtsamkeit schärft in Krisensituationen den Sinn für solche Bedürfnisse. Entscheidend aus meiner Sicht ist, dass man die Fähigkeit zur Achtsamkeit vorher trainiert. Wie kann man Achtsamkeit trainieren? Dafür gibt es viele Übungen, beispielsweise Atemübungen, Methoden wie Bodyscan oder Embodiment-Übungen. Sie setzen beim Wechselspiel zwischen Körper und Psyche an. Progressive Muskelentspannung gehört ebenfalls in diese Reihe von Übungen. Wie darf ich mir diese Übungen genau vorstellen? Ein Beispiel: Eine veränderte Körperhaltung beeinflusst das psychische Geschehen. Solche Wirkungen können Wissenschaftler gehirnphysiologisch nachweisen. Wer beispielsweise seine Arme öffnet und nach hinten ausstreckt, also den Bereich von Brust und Herz öffnet - der kann dadurch empathischer und offener werden. Diese Offenheit führt zu einer veränderten Arbeitshaltung. Man wird aufmerksamer für andere. Solche einfachen Embodiment-Übungen unterstützen, mehr Resilienz zu entwickeln. Sie haben damit zwei Ebenen der Resilienz angesprochen-- die physische, körperliche Ebene und die psychische Ebene. Betrachten wir bitte diese Ebenen näher-- zunächst die physische Ebene. Was kann man auf dieser Ebene tun, um Menschen resilienter zu machen? Gehört beispielsweise auch gesundheitliche Prävention dazu? Die betriebliche Förderung von Gesundheit ist mit Sicherheit ein wichtiger Baustein. Gesunde Menschen haben die körperlichen Ressourcen, besser durch eine Krise zu kommen. Der Begriff Gesundheit wird heute allerdings recht weit gefasst. Gesundheit bedeutet mehr als die Abwesenheit von Krankheit. „Nicht-krank“ ist also noch lange nicht gesund? Es geht um einen ganzheitlichen Begriff. Man bezieht physisches, psychisches und soziales Wohlbefinden mit ein. Sogar die WHO zählt dies dazu. Konkret: Unternehmen können beispielsweise die Embodiment-Übungen oder einfache Mindfulness-Übungen anbieten. Sie können ein Teil von Projektbesprechungen werden - natürlich auf freiwilliger Basis. Es handelt sich um keine langen Trainings oder stundenlange Meditationen. Zweimal die Woche Übungen von zehn Minuten oder einer Viertelstunde bringen bereits gute Effekte! Als Start in die Projektroutine bieten sich auch sehr kurze, zweiminütige Übungen an. So etwas ist bereits sehr wirksam! Die zweite Ebene ist die psychische Ebene. Wie kann man sich auf der psychischen Ebene die Resilienzfähigkeit entwickeln? Da sind wir erneut beim Thema Achtsamkeit, neudeutsch: Mindfulness. Darunter verstehe ich eine mentale Kompetenz, Krisen zu bewältigen. Forschungen haben gezeigt, dass etwa Dankbarkeit sich sehr gut auf diese mentale Kompetenz auswirkt. Dankbarkeit-- wirklich? Durch Dankbarkeit entwickeln Menschen eine positive Haltung; dies ist wissenschaftlich gut untermauert. Genau diese Haltung ist eine gute Unterstützung, um in einer Krise nach vorne zu schauen. Ein Beispiel: In einer Projektkrise betrachtet ein Team mit Dankbarkeit und Wertschätzung das, was bisher erreicht wurde. Aus dieser Haltung heraus kann das Team nun einen Schritt zurücktreten, um nach vorne gerichtete Lösungen zu finden. Dabei hilft der beobachtende Blick darauf, was nicht funktioniert hat und was genau zu dieser Krise geführt hat. Das Team kann nun seinen Blick weiten und Antworten suchen: Was kann es anders machen? Was braucht es jetzt? Kann man Dankbarkeit wirklich üben? Wie soll dies gehen? Auch dafür braucht es keine stundenlangen Reflexionsübungen. Wir sprechen über kleine Werkzeuge. Mein Tipp: Seien Sie morgens achtsam und fragen Sie sich, was Sie körperlicher und psychisch brauchen, um gut in den Tag zu starten. Und abends: Blicken Sie zurück auf den Tag und betrachten Sie das, wofür Sie dankbar sind. Über längere Zeit praktiziert, kann dies Ihre Resilienz stärken. Sie haben eben vom Team gesprochen. Damit sind wir auf der dritten Ebene: die Interaktion mit anderen. Vorhin sagten Sie, dass man die Übungen auch gemeinsam im Team durchführen kann, etwa vor Besprechungen. Das ist richtig. Es lohnt sich, diese Übungen gemeinsam zu machen. Sie helfen, dass Teammitglieder sich einander vorurteilsfrei und offen wahrnehmen-- das heißt, ohne sich direkt zu beurteilen. Menschen neigen ja zu schnellen Urteilen und Bewertungen, manchmal wegen Schubladendenken, manchmal auch wegen ihrer vermeintlichen Erfahrung. Hilfreich ist da der Perspektivwechsel: Wie stellen sich Sachverhalte aus der Perspektive von jemand anderem da? Wie fühlt sich jemand anderes in einer bestimmten Situation? Welche Bedürf- Reportage | Der Schlüssel zur Stärke Abnahme: Alle Daten auf einen Klick Als Projektleiter sind Sie gut beraten, wenn Sie die aktuellen Projektdaten immer im Blick behalten. Nur so sehen Sie, wenn sich die Dinge anders entwickeln, als sie sollten - und können nachjustieren. Wir haben eine Software entwickelt, die Ihnen alle benötigten Daten auf einen Klick anzeigt. Das Besondere: Bei G2 handelt es sich um eine No-Code-Software, für die man keine Programmierkenntnisse benötigt. Die Daten liegen auf einem zentralen Datenbankserver und nicht verteilt in verschiedenen MS Office-Lösungen. Im Meeting müssen Sie sich nicht erst nach dem aktuellen Stand der Dinge erkundigen, weil Sie sich dank No Code bereits selbst informiert haben. Das spart Zeit. Weiterer Vorteil: In die Abnahmeprotokolle lassen sich getypte Werte wie Zahlen und Ja-/ Nein- Angaben eintragen. G2 erledigt das langwierige, nervenaufreibende Vergleichen von Ist- und Soll- Werten, das früher zu Ihren Aufgaben gehörte. Die Software wirft Ihnen in Sekundenschnelle alle relevanten Grenzwertüberschreitungen aus. Damit können Sie sich auf das Wesentliche konzentrieren und überlegen, wie Sie mit den Abweichungen umgehen. G2 sorgt auch gleich für später vor. Die Software ermöglicht z.B. die Bewertung Ihrer Lieferanten, weil sie die Daten aller früheren Abnahmen, Protokoll- und Terminübersichten wohlgeordnet auf dem Datenbankserver abgelegt hat. Sie wählen ein Projekt aus, sehen alles, was dazu gehört - und können Ihre Entscheidung treffen. Und manipulationssicher sind die Daten zudem auch. www.stella-systemhaus.de nisse hat er oder sie? Solche Perspektivwechsel kann man gemeinsam üben. Wie wichtig ist für Teams, dass sie für Krisen eingespielte Routinen und Prozesse haben? Ich halte es für wichtig, dass Teams Krisen „üben“ und bestimmte Prozesse trainieren. Wie wird über Emotionen der Teammitglieder bei Krisen gesprochen? Wie formulieren die Mitglieder ihre Bedürfnisse, und wie geht man damit im Team um? Wie analysiert das Team wertschätzend Fehler? Wie entwickelt es Planänderungen? Wie kommt es in einen lösungsorientierten Arbeitsmodus? Ist es auch mal in Ordnung, Nerven zu zeigen und ärgerlich zu sein? Wie kann das Team gut und aggressionsfrei kommunizieren? Resiliente Teams machen sich im Vorfeld über solche Prozesse Gedanken und versuchen, diese Verhaltensweisen zu üben. Die letzte der vier Handlungsebenen für Resilienz bezieht sich auf Sinn. Wie darf ich diesen Punkt verstehen? Die Sinnhaftigkeit des Tuns ist wichtig, um Lösungen umzusetzen. Da spielen die Werte im Team eine Rolle. Über sein Set an Werten sollte das Team früh nachdenken. Zum Beispiel? Fragen können sein: Welche Werte sind wichtig für die Zusammenarbeit? Wie stehen wir zum respektvollen Umgang? Zu wertschätzender Diskussionen? Zu Pünktlichkeit? Werte geben in Krisen Halt. Kennt das Team seine Ausrichtung, kommt es besser wieder in den produktiven Arbeitsmodus. Aber eines sollten wir bei alledem im Hinterkopf behalten: Resilienz heißt nicht, dass das Team die „Talfahrt“ bei Krisen nicht erlebt. Auch resiliente Teams erfahren, dass ihnen durch eine Krise der Teppich unter den Füßen weggezogen wird? Natürlich erfahren Sie dies! Resiliente Teams kommen aber schneller wieder auf die Beine und machen sich daran, Lösungen auszuprobieren und das Projekt zu stabilisieren. Der erste Schritt zur Lösung ist es, die Krise und sich selbst in dieser Krise zu akzeptieren. Im zweiten Schritt geht es um Selbstfürsorge und eine mentale Haltung, die den Einzelnen und das Team entlastet. Dafür sollte man auch schädliche „Rollen“ auflösen, beispielsweise die „Opferrolle“, bei der man sich ohnmächtig als Opfer äußerer Umstände sieht. Solche Rollen behindern die Krisenbewältigung enorm. Anzeige Reportage | Der Schlüssel zur Stärke 16 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0030 Wir haben die Fähigkeit zur Resilienz bisher recht abstrakt besprochen. Sie kennen dieses Thema direkt aus Ihrem Unternehmen, dem Biotechunternehmen CSL Behring am deutschen Standort. Bei CSL Behring haben Sie vor einigen Jahren begonnen, ein Programm zum Gesundheitsmanagement umzusetzen. Dieses Programm schließt heute auch Resilienz ein. Wie kam es zu dieser Initiative? Wir bei CSL Behring haben angefangen mit klassischen Dingen wie Gesundheitsschutz, Prävention und gesundem Führen. Wir haben dazu ein Programm für die Mitarbeitenden angeboten. Es geht darum, eine gesunde Organisation zu entwickeln und die Menschen in ihrer Gesundheit zu unterstützen. Wir haben schnell gesehen, dass solch ein Programm nicht nur einzelne Impulse geben, sondern auch Regelmäßigkeit bieten muss. Inwiefern Regelmäßigkeit? Ein Beispiel: Wir bieten seit 2020 zweimal wöchentlich einen wiederkehrenden Achtsamkeitsimpuls an-- von jeweils 15 Minuten. Wer will, kann dieses Angebot für sich ausprobieren und sehen, wie das Training auf sich wirkt. Wir sind mit fünf Leuten gestartet. Heute nehmen je nach Impuls zwischen zwanzig und fünfzig Mitarbeitende teil. Kürzlich hatten wir ein wichtiges Audit im Unternehmen. Ich habe jeden Morgen mit Mitarbeitenden Übungen durchgeführt und sie auf die Bewältigung des Stresses vorbereitet. Haben Sie dieses Gesundheits-Programm auch mit dem Ziel der Förderung von Resilienz gestartet? Nein, zumindest nicht ausdrücklich. Das Thema Resilienz kam erst später dazu. Wir haben nun dazu ein konkretes Programm aufgestellt. Dieses orientiert sich an den vier Handlungsfeldern, die wir eben besprochen haben. Neben regelmäßigen Übungen sowie vertiefenden Trainingsangeboten bringen wir dabei auch immer wieder Prozesselemente hinein. Wir trainieren, wie man beispielsweise lösungsorientiert arbeitet oder einen Perspektivwechsel vornimmt. Sie sagten mehrmals, dass allein isolierte Einzeltrainings wenig bringen-… Das ist richtig. Man hat ermittelt, dass ein einzelnes Training grob gesagt für etwa zwei Wochen nachhält. Damit die Fähigkeiten dauerhaft verankert werden, braucht es indes Monate regelmäßiger Wiederholung- - also recht lange Zyklen. Deshalb strecken wir die Trainings und bieten immer wieder Refresher an. Regelmäßige Angebote und Ausdauer sind also Erfolgsfaktoren für solch ein Programm. Wichtig sind auch niederschwellige Angebote, also Angebote, die leicht zugänglich sind. Es wird gerne behauptet, dass bei solchen Programmen Führungskräfte Vorbilder sein sollten. Bestätigt sich dies aus Ihrer Erfahrung? Ja, auf jeden Fall. Führungskräfte haben aus meiner Sicht zwei Herausforderungen: Zum einen den Blick auf die eigene Resilienz richten, zum anderen gesund und resilient führen und dabei im Unternehmen als Vorbild vorangehen. Die Haltung von Führungskräften wird in Krisen genau beobachtet. Zum Beispiel: In Krisen hilft es kaum, „Schuldige“ oder Verursacher der Krise zu finden. Auch bringt es nicht weiter, in einer Art Opferrolle zu verharren und darauf zu warten, dass die Organisation Hilfe anbietet. Führungskräfte sollten in Krisen stattdessen aufmerksam sein für das, was Mitarbeitende brauchen. Die Fähigkeit etwa zum Perspektivwechsel ist deshalb wichtig für eine Führungskraft-… …-zum einen für die eigene Führungspraxis, zum anderen für die Veränderung der Kultur generell? Richtig. Behalten Sie immer im Hinterkopf: Es geht um kleine Maßnahmen. Beim Perspektivenwechsel muss niemand andere tief analysieren und völlig verstehen. Häufig reicht die Einsicht, dass andere Menschen andere Bedürfnisse haben. Dann kann man die eigenen Emotionen herausnehmen und die der anderen besser wahrnehmen. Sind bei CSL Behring Führungskräfte in das Resilienz-Programm einbezogen? Ja. Wir werden in Kürze für unser oberes Management am Standort ein Achtsamkeitstraining durchführen, das sich über elf Wochen erstreckt. Danach können die Führungskräfte ihre neue Haltung im Unternehmen multiplizieren. Dies klingt in weiten Teilen nach Kulturveränderung-… In der Tat stecken in dem Programm, die Fähigkeit zur Resilienz zu fördern, eine Reihe von Kulturfragen, etwa die Frage nach dem Umgang mit Fehlern oder den persönlichen Bedürfnissen von Mitarbeitenden. In unserem Unternehmen haben wir seit Jahren eine offene Fehlerkultur. Diese Kultur wurde bewusst gefördert-- und heute durch unser Resilienzprogramm weiter verbessert. Der Vorteil von Resilienz liegt gerade für viele Top-Manager auf der Hand. Eine resiliente Organisation wird in einer Krise schnell wieder handlungsfähig. Diese Botschaft findet heute viele offene Ohren. Eingangsabbildung: © iStock.com/ Nuthawut Somsuk Dr. Susanne Marx Dr. Susanne Marx ist seit 2018 bei CSL Behring GmbH als Gesundheitsmanagerin am Standort Marburg. Sie ist verantwortlich für den Aufbau eines ganzheitlichen Gesundheitsmanagement, sowie für die strategische Ausrichtung und den Transfer des Themas Gesundheit und Resilienz an die anderen europäischen Standorte. Dr. Susanne Marx ist promovierte Apothekerin und hat nach einer Business- Coach-Ausbildung bei Neuland und Partner für verschiedene Organisationen die Themen Gesundheit, gesunde Selbstführung sowie Resilienz entwickelt. Sie engagiert sich im Kontext Moderne Arbeitswelt 4.0. Zudem begleitet sie seit 2019 soziale Einrichtungen auf ihren Wegen zu nachhaltigen, gesunden und resilienten Arbeitsformen. Coaching-Expert: innen an Ihrer Seite ALLES COACHING # project # process # change # agile UNSERE COACHES helfen Einzelpersonen und Teams dabei, ihre Potenziale voll zu entfalten. So werden Kräfte frei, die direkt zu Ihrem Unternehmenserfolg beitragen. GRATIS-WEBINAR Alle Infos zum Lehrgang Professional Coaching in einer kompakten Online-Session. Sie bekommen in einer Stunde alle Infos zu Ablauf, Inhalten, Nutzen und weiterführenden Ausbildungen. PROFESSIONELLE COACHING-AUSBILDUNG im Umfeld von Projekten und Agilität mit diesen Eckpunkten: > 3 Kernmodule, 10 Tage, 70 PDUs, 80 QHS in Wien & München > Die Rolle von Coaches, Prinzipien und Werte agiler Systeme > Erste Coaching-Praxis sammeln > Eigene Entscheidungsmuster einbringen > Coaching-Werkzeuge einsetzen T +43 1 4780660-0 office@nextlevelconsulting.com www.nextlevelconsulting.com Interessiert? 18 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0031 Resilienz auf Projektmanagementebene Von der Theorie zur Praxis: Projektmanagementresilienz Anne-Kathrin Bolender Für eilige Leser | Der Wechsel von einer projektbasierten hin zu einer systembasierten Sicht des Projektmanagements zeichnet Projektmanagementresilienz (PMR) aus. Es wird gezeigt, dass die Identifizierung von Frühwarnzeichen hilft, Komplexität zu verstehen. Durch temporäres Organisieren können Veränderungen im Projektumfeld bewältigt werden, bevor das Projekt erheblich gestört wird. Anstatt des Versuchs „zurück auf Plan“ zu kommen, was meist aufwendige zeitliche, finanzielle und personelle Ressourcen erfordert, wird das Projekt weiterentwickelt. Die Herleitung einer Definition der PMR auf Projektebene unterstützt die Entwicklung von Handlungsempfehlungen und zeigt weitere Forschungsfragen auf. Schlagwörter | Projektmanagementresilienz, Projektmanagementsystem, temporäres Organisieren, Risikomanagement, Projektkomplexität Einleitung Die Covid-19-Pandemie hat dazu beigetragen, dass Resilienz von immer größerem Interesse ist. Die IPMA Global Best Practice Week hat bereits im letzten Jahr „Resilienz im Projektmanagement“ als Fokusthema gewählt und bot Projektleitenden auf der ganzen Welt die Möglichkeit, über individuelle, Team-, organisatorische und gesellschaftliche Resilienz zu diskutieren [1]. Hierbei wurden viele Themen angesprochen, doch eine einheitliche Definition der PMR ist unterblieben. Unternehmen und Disziplinen versuchen derzeit durch Versuch und Irrtum Kompetenzen zur Entwicklung der Resilienz aufzubauen. Der vorliegende Beitrag nährt sich der PMR von der theoretischen Seite, um eine vorläufige Definition zu geben, die zum Aufbau von Kompetenzen in diesem Bereich herangezogen werden kann. Forschungsstand Resilienz wird in den letzten Jahren zunehmend diskutiert. In sozial-ökologischen Systemen [2], der Psychologie [3, 4] und in vielen andere Disziplinen gibt es Studien zur Resilienz [5]. Im Rahmen des Projektmanagements wird erforscht, was Resilienz bedeutet und wie Konzepte auf Organisations-, Team- und individueller Ebene helfen können. Die aktuelle Resilienzforschung erfolgt auf mehreren Ebenen: Resilienz von Gesellschaften und Gemeinschaften [6], Resilienz von Organisationen und Prozessen [7] und Team- oder individuelle Resilienz [8, 9, 10]. PMR ist ein noch neues Thema im Projektmanagement, wie die tertiäre Forschung zu Komplexität, Ungewissheit, Risiken und Resilienz gezeigt hat [11, 12]. Allgemein wird Resilienz als die Fähigkeit eines Systems definiert, zu Krisen führende Schocks zu absorbieren oder sich von ihnen zu erholen [13]. Systems Thinking zielt darauf ab, das Verhalten komplexer Systeme besser zu verstehen und die Folgen politischer Eingriffe besser einschätzen zu können [14]. Unternehmen organisieren sich immer stärker in Projekten, was zur „Projectification of Everything“ [15, S. 21] führt. Die zunehmende Bedeutung von Projekten in der heutigen Welt erfordert die Anwendung des Systems Thinking in Bezug auf Resilienz im Projektmanagement. Der vorliegende Beitrag betrachtet die Projektmanagementebene aus der Sicht von Methoden, Tools und Prozessen, der sogenannten Meso- Ebene [16], und möchte die Frage beantworten: „Wie kann Resilienz auf Projektebene entwickelt und aufrechterhalten werden? “ [17]. Schwerpunkt | Von der Theorie zur Praxis: Projektmanagementresilienz 19 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0031 Resilienzprojekte und Projektmanagementresilienz Resilienzprojekte und PMR müssen unterschieden werden. Erstere sind Projekte, die das Projektziel Resilienz haben. Bisherige Resilienzforschung im Projektmanagement konzentriert sich häufig auf das Krisenmanagement in Fällen von Naturkatastrophen [5] oder temporären Multi-Organisationsprojekten [12]. Resilienz ist jedoch nicht nur unter solchen Umständen relevant. Projektverzögerungen werden durch interne oder externe Gründe auf Projekt- oder Organisationsebene verursacht. Abhängig von der Schwere der negativen Auslöser und der Folgeereignisse werden größere Verzögerungen oft als Störungen bis hin zu Krisen eingestuft [17]. Störungen entwickeln sich im Laufe der Zeit, meist beginnend auf niedrigeren Ebenen und kaskadierend über die verschiedenen Ebenen und Systeme hinweg. Um die Auswirkungen von Unsicherheiten, Risiken oder Störungen zu mindern, die zu Verzögerungen im Projektablauf führen und den Projekterfolg behindern, ist PMR erforderlich. Aktuelle Ansätze Die Forschung gliedert sich in verschiedene Forschungsstränge von Resilienzkonzepten (Tab. 1). Mit am häufigsten zitiert wird die technische Resilienz als Aufrechterhaltung der „Effizienz der Funktion“ innerhalb eines definierten Systems [18, S. 33] und die ökologische Resilienz als Aufrechterhaltung der „Existenz der Funktion“ [18, S. 33] durch Anpassung des Systems. Damit kann Resilienz zum einen ein Maß, zum anderen die Kapazität eines Systems sein. Messungen sind jedoch schwierig, da sie Systeme oder Prozesse mit ähnlichen Voraussetzungen fordern, die nicht mit Störungen konfrontiert sind [19] und die als Vergleich herangezogen werden können. Der Versuch der Resilienzmessung im Projektmanagement kann somit verworfen werden, da Projekte per Definition einmalig sind. 1998 wurde ein klinisches Interventions- und Präventionskonzept vorgestellt, das die Perspektive auf „bounce forward“ umdrehte [20, S. 133]. Damit ist die vergangenheitsorientierte Sichtweise, die misst, wie schnell sich ein System von einem Ausfall erholt („bounce back“), überholt [21, S. 668]. Eine zukunftsorientierte Sichtweise unterstützt systemische Herausforderungen anzugehen, was für das Projektmanagement ein vorteilhafterer Ansatz ist als eine einfache Messung [14]. Statt reaktiv zu sein, werden Veränderungen proaktiv beim Auftreten von Störungen vorangetrieben, um mit dem immer komplexer werdenden Projektumfeld Schritt zu halten. Konzept Definition Quelle Messung • Effizienz einer Funktion in einem Engineering-System 18 • Zeitpunkt bis zur Wiederherstellung eines funktionierenden Systems (Neustart) • Zeitpunkt, bis das System auf das ursprüngliche Funktionsniveau zurückfindet (“bounce back”, Weiterführung) 21 • Zeit bis das System auf einem höheren, zukunftsorientierten Level stabil funktioniert (“bounce forward”, zukunftsorientiert) 20 • Verschiedene Vorschläge zur Messung eines zu definierenden Niveaus 11 • Belastbarkeitseffizienz als Relation aus Leistung in einer Krise zu Leistung unter Normalbedingungen • Realisation aus schnellerer Erholung zu höherer Resilienzqualität • Vergleich aus Kosten, um ein neues System zu bauen, zu den Kosten einer Systemwiederherstellung 19 • Ergebnis nach Unterbrechung 4 Qualität des Systems • Existenz einer Funktion in einem ökologischen System 18 • Fähigkeit einer Funktion, zum ursprünglichen zurück- oder zu einem verbesserten Niveau zu finden 22 • Fähigkeit eines Systems, auf Störungen zu reagieren 4 • Fähigkeit eines Systems, Veränderungen bis zu einem bestimmten Niveau zu absorbieren 11 Prozess • Drei Elemente: 1. Bereitschaft (readiness and preparedness) 2. Reaktion und Anpassung (response and adaption) 3. Erholung und Anpassung (recovery and adjustment) 11 • Dynamischer Prozess, der vor der Störung beginnt und danach endet 4 • Management cycle: 1. Wahrnehmung (sensing) 2. Vorbereitung durch Voraussehen (anticipation) 3. Anpassung (adaption) 4. Lernen aus (a), (b), (c) 23 Schwerpunkt | Von der Theorie zur Praxis: Projektmanagementresilienz 20 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0031 • Fünf Stufen: (a) bemerken (noticing) (b) interpretieren (interpreting) (c) vorbereiten (preparing) (d) eindämmen (containing) (e) wiederherstellen (recovering) 24 • Risikodenken (risk thinking) anwenden 1. Leistungsfähigkeit so schnell wie möglich wiedererlangen (Wiederherstellung) 2. Verbesserung durch Lernmechanismen (Absorption und Anpassung) 25 Tabelle 1: Konzepte der Resilienz Ein Projekt ist nicht nur zeitlich begrenzt, sondern auch ein eigenständiges System einer permanenten Organisation [17]. Diese Systemsicht zeigt die Komplexität, in der Projekte existieren und die Projektleitende bewältigen müssen. Neben der Robustheit, der Fähigkeit eines Systems mit Problemen während der Ausführung fertig zu werden, ist vor allem bei einem unsicheren Umfeld die Resilienz wichtig, die ein System befähigt in seinen ursprünglichen Zustand zurückzukehren oder einen noch besseren Zustand zu erreichen [22]. Dieser Ansatz zielt auf Problemlösung ab. Die Fähigkeit wird auch als Kapazität eines Systems beschrieben [4, 11]. Diese Ansätze sind für das Verständnis zwar wichtig, doch für eine Umsetzung wenig praktikabel, denn: Wie wird Resilienz erreicht? Aus dem Engineering ist ein Management-Cycle bekannt: (a) Wahrnehmung durch Frühwarnsignale, (b) Vorbereitung möglicher zukünftiger Zustände, (c) Änderung von Plänen oder erwarteten Ergebnissen durch Anpassung und (d) hieraus abgeleitetes Lernen, um zukünftige Maßnahmen zu verbessern [22]. Ähnlich ist die Beschreibung eines fünfstufigen Prozesses: (a) Signale erkennen, (b) Signale interpretieren, um Frühwarnsignale zu identifizieren, (c) Reaktionen hierauf vorbereiten, (d) Eindämmung der Schadensminderung im Falle einer Störung und (e) Wiederherstellung des Projekts durch Anpassung an eine neue Realität [24]. Beide Vorgehensweisen sind sehr dynamisch. Beim Cycle wird der Eindruck erweckt, im ursprünglichen Systemaufbau zu bleiben, während der fünfstufige Prozess das Projekt auf ein anderes Niveau hebt und über ein Risikodenken hinausgeht [25]. Verworfen werden die Elemente nach Bhamra, Dani und Bunard [11], die wenig auf proaktive Veränderung hinwirken. Weiterhin ist zu raten, sich um das Projektdesign im Sinne eines Systems bereits vor Projektstart Gedanken zu machen, um Resilienz als Projektmanagementprozess zu integrieren, anstatt alle erkennbaren Risiken abbauen zu wollen. Bei diesem Ansatz kann von Supply-Chain-Netzwerken gelernt werden (wobei nicht unerwähnt bleiben soll, dass diese von wiederkehrenden Prozessen profitieren). Klar zugeordnete Verantwortlichkeiten, Akzeptanz von redundanten Ressourcen zur Bewältigung überraschender Ereignisse und die Analyse von Echtzeitdaten zum Erkennen von Frühwarnsignalen sind auch im Projektmanagement hilfreich [14]. Temporäres Organisieren Temporäres Organisieren klingt fremd, da Projektleitende eher von temporären Organisationen sprechen. Dies beschränkt sich auf die Organisationsstruktur, umfasst jedoch nicht den Einsatz von Prozessen und Werkzeugen im Projektmanagement [26]. Unvorhergesehene Ereignisse auf Projektebene führen zu einer Zunahme des temporären Organisationsverhaltens im Vergleich zu den im Vorfeld geplanten Aktivitäten. Gründe hierfür können Dynamiken im Stakeholdermanagement, Änderungen im Project Scope, sich ändernde Bedingungen im Projektumfeld, Konflikte, externe Einflussfaktoren, fehlende Ressourcen oder Änderungen in der Projektplanung sein [27], welche Störungen verursachen und möglicherweise zu Krisen führen. Um zurück zum geplanten Projekt zu kommen oder das Projekt anzupassen, ist temporäres Organisieren erforderlich. Die ICB4.0 kennt die Begrifflichkeit des „temporary organising“ nicht [28], aber es gibt Hinweise darauf, dass Kompetenzen temporäres Organisieren fordern. Ein Projekt ist per se eine temporäre Organisation, die unsicheren und wechselnden Bedingungen unterliegt [29]. Die Natur eines Projekts kann als Produktionsfunktion oder als temporäre Organisation verstanden werden [30]. Beide sind Unsicherheiten und Risiken ausgesetzt und agieren häufig unter Druck, da bereits in der Planungsphase ersichtlich ist, dass der definierte Umfang nur schwer in einem vorgegebenen Zeit- oder Kostenrahmen geliefert werden kann. Darüber hinaus ist eine Integration in die Stammorganisation mit ihrer Geschäftsstrategie erforderlich. Problematisch ist auch die Koordination von verfügbaren Ressourcen, die häufig in Unternehmungen knapp sind. PMR unterliegt somit internen und externen Unsicherheiten (Tab. 2). Schwerpunkt | Von der Theorie zur Praxis: Projektmanagementresilienz 21 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0031 Art des Projekts Merkmal Druck Prozess Produktionsfunktion zur Lieferung des Projekts einmalig Interne Unsicherheiten z. B. Ressourcenengpässe, die durch andere Projekte oder Änderungen in der permanenten Organisation verursacht werden externe Unsicherheiten • kleinere Ereignisse, z. B. Änderungen des Projektumfangs oder Verspätungen in der Logistikkette • größere Ereignisse, z. B. Kundeninsolvenz, Naturkatastrophen, Terrorattacken, Pandemien flexible Planungsprozesse, die kleinere Anpassungen ermöglichen (absorb and recover) flexible Planungs- und Anpassungsprozesse, die umfangreiche Änderungen ermöglichen (adjust and adapt) Temporäre Organisation zur Realisierung von Vorteilen (benefits) neuartig Integration bezogen auf externe Unsicherheiten Zielorientierte Anpassungen aufgrund von neuen Anforderungen Zielorientierte Prozesse, die neue Anforderungen ermöglichen Tabelle 2: Art des Projekts in Bezug auf PMR [30, 14, 25] Temporäres Organisieren wird als ‚reflexive Strukturierung unter Verwendung von Regeln, Routinen und Ressourcen definiert, um die Handlungen von Akteuren innerhalb und außerhalb der Unternehmen zu koordinieren, zu ermöglichen und einzuschränken‘ [26, S. 1705]. Das Reflektieren, also Durchdenken von Prozessen und Situationen, führt zu Veränderungen, die ein belastbares Projektmanagement gewährleisten. Mit dem temporären Organisieren ist die Improvisation verbunden, wenn Pläne oder Strukturen scheitern [31]. Wichtig für Projektleitende ist, dass temporäres Organisieren und Improvisation genauso wie agiles Projektmanagement nicht gleichbedeutend sind, auf Projektplanungen zu verzichten. Vielmehr kann geschlussfolgert werden, dass agiles oder hybrides Projektmanagement bei Unsicherheiten eher temporäres Organisieren und Improvisieren zulässt, was von den „Project Management Bodies of Knowledge“ bisher nicht berücksichtigt wurde [32, 33]. Unabhängig von der gewählten Vorgehensweise im Projekt sind also die Fähigkeiten Projektleitender zentral (und nicht der Einsatz von Tools oder Methoden), die das Projekt unterstützend „auf Kurs“ halten [34]. Daher ist Improvisation weder losgelöst von der Projektplanung, noch ist sie mit Agilität gleichzusetzen. Improvisation hilft beim temporären Organisieren und ist somit Teil der erforderlichen Projektmanagementkompetenzen. Ein Vergleich unter 68 Projektleitenden mit unterschiedlich viel Projektmanagementerfahrung im Kontext des Disaster-Recovery-Projektmanagements hat gezeigt, dass erfahrenere Projektleitende Informationen besser organisieren und priorisieren, um den Projektstatus zu verstehen und entsprechend zu handeln (sense-making) [35]. Es ist eine nicht-technische, aber entscheidend intuitive Fähigkeit in der Leitung von komplexen und instabilen Projekten. Dieses Experiment unterstützt die Forderung, dass Projektleitende Kenntnisse über traditionelles und agiles Projektmanagement haben sollen, um durch theoretisches Wissen und praktische Erfahrung eine bessere Intuition zu entwickeln, die das Einschätzen von Situationen und vorausschauendem Denken ermöglicht [31]. Hierauf basierend erfordert temporäres Organisieren Improvisationsfähigkeiten und Intuition, um die PMR zu unterstützen. Risikomanagement Komplexität und Resilienz werden häufig als verwandte oder sich ergänzende Konzepte des Risikomanagements beschrieben [12]. Projektrisiken müssen mit Risiken von Programmen oder Unternehmensrisiken (bzw. anderen Systemen) verknüpft werden, da sie sich gegenseitig beeinflussen. Der Aufbau von Resilienz stärkt das Projektsystem im Falle von Störungen, die sehr häufig von der externen Umgebung ausgehen. Die Zusammenarbeit zwischen Partnern innerhalb und außerhalb des Projekts ist daher zwingend, um Risiken zu managen [22]. Außerdem kann die Schaffung einer Risikomanagementkultur die Projektkontinuität sicherstellen, auch wenn die Störungen durch das externe Projektumfeld verursacht werden. Der vorgestellte Management-Cycle fordert eine Vorbereitung (anticipation), die die Bewertung von Wahrscheinlichkeit und Auswirkung von Risiken beinhaltet [23]. Diese traditionelle Sichtweise verengt jedoch den Fokus auf identifizierte Risiken und vernachlässigt unvorhergesehene Ereignisse. Risiken werden als unerwartete ‚Auswirkung(en) von Unsicherheit auf Ziele‘ [36] definiert, die entweder positiv (Chance) oder negativ (Gefahr) sein können. Im weiteren Verlauf sollen negative Risiken betrachtet werden. In Bezug auf Resilienz erfordert es einen Paradigmenwechsel im Management [25, 17], da Unsicherheiten nicht genau erfasst werden können, aber ggf. zu negativen Überraschungen oder Krisen führen, wohingegen Risiken identifiziert und anhand ihrer Wahrscheinlichkeit und Folgen bewertet werden. Bei der Resilienz liegt der Fokus auf der Stärkung des gesamten Systems, anstatt sich in den Details des Risikomanagements zu verlieren. Je komplexer ein System ist, desto wichtiger wird Resilienz als Ergänzung zum traditionellen Risikomanagement [25]. Risiken werden i. d. R. eigenständig bearbeitet. Allerdings können systemische Risiken nicht unabhängig voneinander behandelt werden, da sie in einem System kaskadieren und zu erheblichen Störungen führen können, selbst wenn sie lokal beginnen [13]. PMR akzeptiert, dass nicht alle Risiken bearbeitet werden und strebt stattdessen an, dass das Projekt als System sich erholt bzw. angepasst werden darf, sobald solche Ereignisse bemerkt werden. Schwerpunkt | Von der Theorie zur Praxis: Projektmanagementresilienz 22 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0031 PMR unterstützt insbesondere komplexe Projekte, denn es konnte in der Praxis gezeigt werden: Je geringer die Komplexität eines Projekts ist, desto häufiger werden Risiken gemanagt. In höchst unsicheren und schwer vorhersehbaren Projekten berichten Projektleitende jedoch von einer geringeren Nutzung traditioneller Risikomanagement-Tools [37]. Es ist davon auszugehen, dass bei unsicheren Projekten die Identifizierung von Projektrisiken entweder schwieriger ist oder an den sogenannten „unknown unknowns“ scheitert. Die Identifizierung von „unknown unknowns“ muss unterschieden werden in „unknowable unknown unknown“ und „knowable unknown unknowns“ [38]. Die erstgenannten sind nicht vorhersagbare, überraschende Störungen (z. B. disruptive Technologien oder politische Krisen), wohingegen die zweitgenannten durch geeignete Prozesse identifizierbar wären und im traditionellen Risikomanagement bearbeitet werden könnten (Abb. 1). Zudem können chronische Stressoren [17], z. B. Mangel an Ressourcen, Budget oder Zeit, zwar als Risiken abgebildet werden, bleiben aber meist ein unlösbares Problem, was im weiteren Projektverlauf als negatives Ereignis eintritt und Störungen verursacht. Risikomanagement macht Stressoren transparent [13], dennoch werden sie oft von der Projektleitung akzeptiert. Daher muss Risikomanagement mit dem Aufbau von PMR kombiniert werden [17]. Damit werden negative Risiken aktiv gemanagt und im Sinne der Resilienz die internen Stärken des Projekts gefördert, z. B. durch „Management by Walking Around“, um Frühwarnzeichen zu erkennen, anstatt sich ausschließlich auf Project und Risk Reviews zu konzentrieren. Komplexitätsmanagement Um das Projektsystem zu stärken und widerstandsfähiger gegen Unsicherheiten und Störungen zu machen, muss Komplexität verstanden werden. Unvorhergesehene Dynamiken werden durch sogenannte Komplexitätstreiber verursacht, die die Projektziele beeinflussen. Als solche Treiber werden Kontext (Umfeld), Vielfalt der Stakeholder (Diversity), Projektgröße, dezentral verwaltete Projekte in miteinander verbundenen Netzwerken, neue Projekte, die Unsicherheit schaffen, und mangelnde Transparenz für Projekte in der Ausführung identifiziert [39]. PRM steht in einem Spannungsfeld. Einerseits sollen übergeordneten Ziele intakt bleiben, der gewählte Lösungsweg kann sich jedoch ändern [40]. Andererseits ist das Projekt eine Projektion eines beabsichtigten zukünftigen Zustands, was die Auswahl eines möglichen Szenarios unter Inkaufnahme von Ungewissheit innerhalb einer linearen Projektplanung impliziert [41]. Projektleitende streben in der Praxis nach einer Vereinfachung der Projektkomplexität, um Projekte beherrschbar zu machen; gleichzeitig fordert PRM Flexibilität unter Berücksichtigung der Komplexität. Das Konzept der strategischen Kapazität [40] basiert darauf, den Entscheidungsfindungsprozess anzupassen. D. h., sobald neue Informationen vorliegen, dürfen Entscheidungen angepasst werden, um proaktiv vorteilhafte Änderungen mit dem Ziel einzubeziehen, die Resilienz des Projektsystems zu stärken. Flexibilität in der Projektführung erlaubt zudem, Entscheidungen so lange wie möglich aufzuschieben und gleichzeitig Projektleitende zu ermächtigen, mit Dynamiken und unvorhergesehenen Ereignissen umzugehen, einschließlich der Anpassung der Projektplanung, um ein positives Projektergebnis zu erzielen [42]. Projekte werden meist linear geplant und unterliegen damit einem linearen Zeitverständnis. Mit einem zyklischen Zeitverständnis werden Aufgaben zur richtigen Zeit erledigt [34], wobei der „richtige“ Zeitpunkt nicht näher erläutert wird. In einer Fallstudie wird das Earned Value Management, was einem linearen Verständnis unterliegt, untersucht [43]. Hierbei war die Anpassung der Zeitplanung zulässig, um sich auf die Leistungserbringung zu fokussieren. Die gesetzten Projektprioritäten führen zu weniger Multitasking, einer höheren Verfügbarkeit erforderlicher Ressourcen für die geplanten Abbildung 1: Framework für PMR Schwerpunkt | Von der Theorie zur Praxis: Projektmanagementresilienz 23 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0031 Aufgaben und einer Klärung technischer Details, was gleichzeitig Unsicherheiten und Komplexität reduziert. Es kann unterstellt werden, dass eine Art „hybrides Zeitverständnis“ zugrunde liegt und der Entscheidungsfindungsprozess- - wie bereits beschrieben-- angepasst wurde. Daraus folgt, dass die Project Governance und Projektleitende erkennen müssen, dass lineare Projektpläne eher eine Richtlinie sind, wie Projektteams ein festgelegtes Ziel erreichen wollen. Allerdings müssen sie auch akzeptieren, dass es Einflüsse von außen oder innerhalb des Projektsystems gibt, die zu Veränderungen führen und so früh wie möglich zur Vermeidung von Störungen berücksichtigt werden müssen. Durch den Einsatz von Projektmanagementtools liefert das Projektcontrolling Daten, deren Interpretation mehrdeutig sein kann. Hierdurch sind Frühwarnsignale nicht immer eindeutig erkennbar [44]. Eine Studie im nationalen niederländischen Sicherheitskontext, die nicht 1: 1 auf den zivilen Bereich übertragbar ist, gibt Hinweise, dass vertrauensvolle Beziehungen bei der Interpretation von Frühwarnsignalen hilfreich sind und Krisen vermeiden können [45]. Persönliche Beziehungen ersetzen keine Controlling-Instrumente, sondern ergänzen sie. Im Falle einer (potenziellen) Störung können sich Projektleitende auf solche Beziehungen verlassen. Sie schützen vor zu viel Optimismus und zu großem Selbstvertrauen bei der Projektführung [46] und erhöhen die PMR. Definition der Projektmanagementresilienz Projektmanagementresilienz zeichnet sich durch eine projektsystembasierte Sichtweise aus. Eine positive Einstellung zu Veränderungen unterstützt Projektleitende beim temporären Organisieren. Um mit Komplexität und Unsicherheit umzugehen, müssen Projektleitende Frühwarnsignale erkennen, um über das Risikomanagement des Projekts hinauszugehen. Die Fähigkeit, Projekte im Sinne der PMR anzupassen, erfordert „Sense-Making“, Flexibilität, allgemeine Fähigkeiten im Projektmanagement sowie Intuition, die durch eine Kombination aus Erfahrung und professionellem Training entwickelt werden. Schlussfolgerungen PMR ist kein eigenständiges, komplementäres Konzept [12], sondern ein integraler Bestandteil der Projektmanagementpraxis. Es wird empfohlen, dass Projektleitende ihren bestehenden Fokus auf Qualität und Umfang innerhalb eines Projekts nach außen öffnen. Dies wird durch einen systembasierten Ansatz und ein Systemdenken erreicht, das sowohl Komplexität als auch Ungewissheit beinhaltet. Unternehmen müssen Veränderungen in Projekten akzeptieren, um ihren Projektleitenden ausreichend Entscheidungsspielraum zu geben. Dies geht über die reine Wiederherstellung des Projektsystems (Recovery) hinaus und muss auch die Anpassung (Adjustment und Adaption) anfänglicher Projektdesigns, -prozesse und -strukturen beinhalten, wie sie auch von der ICB4.0 gefordert werden [28], um das Projektsystem zu verbessern („bounce forward“). Darüber hinaus muss die IPMA nicht nur Digitalisierung und Nachhaltigkeit auf die Agenda setzen [47], sondern auch Resilienz, um die anstehenden Herausforderungen im Projektmanagement zu meistern. Auf diese Weise kann die IPMA resilienzbildende Kompetenzen definieren oder in neuen Versionen der ICB 4.0 in den bestehenden Kompetenzen herausarbeiten. Im digitalen Auftritt der PROJEKTMANAGE- MENT AKTUELL finden Sie eine Aufstellung der IPMA-Kompetenzen in Bezug auf PMR. Es wird empfohlen, dass sich Trainer neben Systems Thinking auch mit dem temporären Organisieren und der Analyse der Projektkomplexität auseinandersetzen, um über das Risiko- und Chancenmanagement hinaus zusätzliche Hilfestellungen zur Steigerung der Resilienz anzubieten. Ebenso muss die Erfahrung der Projektleitenden berücksichtigt werden. Es gibt Hinweise, dass intuitive Projektleitende erfolgreich sind. Hierzu gehört neben der wachsenden Erfahrung auch das theoretische Wissen über klassische, hybride und agile Vorgehensweisen, die bspw. über unterschiedliche Zertifizierungen abgedeckt werden können [34]. Projektleitende scheinen aufgrund ihrer Erfahrung besser in der Lage zu sein zu improvisieren, was beim temporären Organisieren hilfreich sein kann. Diese Erkenntnisse zu Erfahrung und Agilität sollten bei der Ausbildung von professionellen Projektleitenden zur Erhöhung der PMR berücksichtigt werden. Forschungsansätze Zukünftige Studien müssen PMR-Kompetenzen empirisch untersuchen. Hierbei gilt es, sowohl Erfahrungen als auch Zertifizierungen der Projektleitenden zu berücksichtigen, ebenso ihren kulturellen Background, welche Vorgehensmodelle angewendet werden und ob der Einsatz der Kompetenzen sich in den verschiedenen Projektphasen unterscheidet. Durch Anzeige Schwerpunkt | Von der Theorie zur Praxis: Projektmanagementresilienz 24 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0031 empirische Untersuchungen können so korrelierende Kompetenzen analysiert, latente Variablen identifiziert und Strukturmodelle entwickelt werden. Zudem müssen die gewonnenen Erkenntnisse in retrospektiven Fallstudien der jeweiligen Länder überprüft werden, um die vorläufige Definition von PMR zu bestätigen oder weiterzuentwickeln und um festzustellen, ob die empfohlenen Kompetenzen als PMR-aufbauende und -unterstützende Kompetenzen bestätigt werden können. Weitere Forschung sollte darauf abzielen, die Ergebnisse auf verschiedenen Ebenen, bspw. auf Programmebene zu verifizieren [17]. Es muss erforscht werden, ob erfahrene Projektleitende durch die individuelle Mikro- oder die organisationale Makroebene eingeschränkt werden [16] und wie die identifizierten Potenziale in die Praxis umgesetzt werden können. Da Projekte als eigene Systeme betrachtet werden, müssen zudem Partnerorganisationen einbezogen werden, da sie in einem gekoppelten System arbeiten [13]. Literatur [1] International Project Management Association: How to reach and maintain resilience: Programme. Online Event April 26th-29th, 2021. 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Nach mehrjähriger Erfahrung als Projekt- und Programmmanagerin in der Luftfahrtindustrie ist sie heute als Studiengangsleiterin und Co-Institutsleitung an der Kalaidos Fachhochschule Schweiz tätig. Internet: https: / / www.kalaidos-fh.ch/ de-CH/ Kontakt/ Personenverzeichnis/ B/ Bolender-Anne-Kathrin eMail: anne-kathrin.bolender@kalaidos-fh.ch 26 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0032 Zwei Zusammenarbeitsmodelle im Vergleich Sind Projektgruppen resilienter als Projektteams? Matthias Eberspächer Für eilige Leser | Ein oberflächlicher Vergleich der beiden Zusammenarbeitsformen Gruppen- und Teamarbeit legt die Vermutung nahe, dass die Resilienz von Gruppen die Resilienz von Teams übersteigt, denn Gruppen können homogen in Bezug auf ihre Mitglieder zusammengestellt werden. Dadurch werden intrinsische Konfliktpotenziale reduziert. Wie aber kann die Resilienz von Gruppen und Teams gesteigert werden? Die Anwendung eines neuen Modells zur Teamresilienz zeigt, dass nur Teams wirklich resilient sind. Gruppen werden dadurch resilienter, dass sie in Teams transformiert werden. Schlagwörter | Teamresilienz, Projektgruppen, Projektteams, Zusammenarbeitsmodelle, Teambildung, Teamentwicklung Für die arbeitsteilige Zusammenarbeit in Projekten kommen grundsätzlich zwei Arbeitsformen in Betracht: Die durch eine Gruppenleitung koordinierte Zusammenarbeit in einer Gruppe, oder die weitgehend selbstorganisierte Zusammenarbeit in einem Team. Beide Arbeitsformen haben Vor- und Nachteile. In diesem Artikel vergleiche ich die Resilienz von Gruppen mit der Resilienz von Teams. Dabei geht es nicht um die individuelle Resilienz der einzelnen Mitglieder, sondern um die Resilienz der Gruppe bzw. des Teams als Gemeinschaft. Begriffsbestimmung Resilienz In der folgenden Definition von Gruppenbzw. Teamresilienz nach Stoverink et al. [1] wird der Begriff „Team“ als Platzhalter für beide Arbeitsformen verwendet: Definition 1, Teamresilienz: Teamresilienz ist die Fähigkeit eines Teams, aus einer Krise zurückzuspringen. Unter „Krise“ wird jede Art von Zusammenbruch der Teamprozesse verstanden. Ursachen für diesen Zusammenbruch können sowohl innerhalb des Teams als auch außerhalb liegen. Die zitierte Definition benutzt die lateinische Wortherkunft von „resilere“ (zurückspringen). Gemeint ist damit die Wiederherstellung eines zielgerichteten Arbeitsmodus. Das kann sowohl in einer Anpassung an geänderte Rahmenbedingungen bestehen als auch in einem erfolgreichen Widerstand gegen diese Änderungen. Begriffsbestimmung Gruppe und Team Für diesen Artikel verwende ich das folgende Verständnis für die Begriffe „Gruppe“ und „Team“: Definition 2, Gruppe: Eine Gruppe ist eine Anzahl von Menschen, die aufgrund eines Strukturmerkmals miteinander in Beziehung stehen (s. Abbildung 1). Definition 3, Team: Eine Gruppe ist ein Team, wenn seine Mitglieder in kooperativer Zusammenarbeit ein gemeinsames Ziel verfolgen (s. Abbildung 2). Beispiele für Gruppen sind Wartende an einem Bahnsteig, Erntehelferinnen und -helfer bei einer Erdbeerernte oder auch Mitarbeitende in einem Projekt. Beispiele für Teams sind ein Zugteam, eine Sportmannschaft oder Projektteams. Nicht Schwerpunkt | Sind Projektgruppen resilienter als Projektteams? 27 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0032 alle Mitarbeitende von Projekten arbeiten also als Projektteam zusammen. Arbeit in Gruppen vs. Arbeit in Teams Für eine erste Bewertung der beiden Arbeitsformen in Bezug auf ihre Resilienz betrachte ich einige ausgewählte Unterschiede in der Zusammenstellung, Ausrichtung und Zusammenarbeit von Gruppen und Teams. Diversität der Mitglieder Diversität meint das Ausmaß der Unterscheidung demografischer Unterschiede, wie Alter, Geschlecht, kulturelle Herkunft oder auch Organisationszugehörigkeit [2]. Homogene Gruppen und Teams, also solche, die eine geringe Diversität ihrer Mitglieder haben, zeichnen sich unter anderem durch eine effektivere Kommunikation, wenige interne Konflikte, eine niedrigere Krankheitsrate und eine höhere Leistung in der Umsetzung konkreter Aufgaben aus. Andererseits haben homogene Gruppen und Teams eine geringere Erfahrungsbasis und gemeinsam geteiltes Wissen sowie einheitlichere Fähigkeiten und Meinungen. Heterogene Gruppen und Teams beherrschen einen größeren Lösungsraum, liefern auf breiterer Basis abgestimmte Lösungen und zeigen eine höhere Leistung bei der Entwicklung neuer Ideen. Dabei sind aufeinander abgestimmte Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale Voraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit [3]. Andererseits führt mehr Diversität unter anderem zu mehr Konflikten, längerer Entscheidungsfindung, geringerem Leistungsfortschritt und höherer Krankheitsrate: Die Zusammenarbeit unter Gleichgesinnten ist weniger belastend als die tägliche Abstimmung eigener Interessen und Meinungen mit denen Andersdenkender. Ziele von Gruppen und Teams Gruppen haben in der Regel kein gemeinsam abgestimmtes Ziel, trotzdem können sie auf ein gemeinsames Ziel hin koordiniert werden: Die Wartenden am Bahnsteig reagieren auf die Ansagen am Bahnsteig, die Erntehelferinnen und -helfer bekommen Anweisungen, wo genau sie zum Einsatz kommen sollen, die Mitarbeitenden in einer Projektgruppe werden durch eine Projektleitung koordiniert. Teams dagegen müssen immer ein abgestimmtes, gemeinsames Ziel haben, an dem sie sich dann selbstständig ausrichten. Zusammenarbeit in Gruppen und Teams Die Mitglieder von Gruppen arbeiten nicht „zusammen“. Gruppenarbeit ist Einzelarbeit, die externe Koordination durch eine Gruppenleitung benötigt. Die einzelnen Gruppenmitglieder verantworten nur die exakte Umsetzung der ihnen individuell übertragenen Aufgaben. Einzige Anforderung an die einzelnen Gruppenmitglieder ist eine ausreichende fachliche Kompetenz für die Leistungserbringung. Die Gruppenleitung weist den Gruppenmitgliedern gemäß ihren Fähigkeiten Aufgaben zu und kontrolliert den Leistungsfortschritt. Sie verantwortet allein die Erbringung der Gesamtleistung. Teams müssen eine auf die individuellen Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale der Teammitglieder abgestimmte Aufgaben- und Rollenverteilung haben. Diese lässt sich nicht durch eine Teamleitung „verordnen“, sondern muss im Team verhandelt, vereinbart und von allen akzeptiert werden (Stichwort Storming und Norming [4, 5]). Teams müssen außerdem in ständiger interner Kommunikation stehen, um konstruktiv kooperieren zu können. Ein Team verantwortet gemeinsam die Zielerreichung, Teams sind selbstorganisierend und richten sich an dem gemeinsamen Ziel aus. Die Aufgabenverteilung erfolgt gemeinsam abgestimmt im Team. Die Teamleitung kann dabei die Rolle eines Moderators übernehmen [5]. Vorläufige Bewertung in Bezug auf Resilienz Da Gruppenarbeit keine Anforderungen an die kooperative Zusammenarbeit der Mitarbeiter stellt, können Gruppen problemlos homogen und allein unter Berücksichtigung der fachlichen Kompetenzen der Gruppenmitglieder zusammengestellt werden. Das reduziert zwar einerseits die Erfahrungsbasis und die Fähigkeit zur Entwicklung neuer Ideen, andererseits liegt die Stärke der Gruppenarbeit ohnehin in der möglichst reibungslosen Erbringung gut von außen koordinierbarer Leistungen. In diesem Umfeld überwiegen die Vorteile der effektiven Kommunikation, Konfliktfreiheit und Abbildung 2: Symbolbild "Team". Ein Teammitglied kann als Teamleitung die Zusammenarbeit moderieren Abbildung 1: Symbolbild "Gruppe". Für eine erfolgreiche Gruppenarbeit ist eine Gruppenleitung notwendig, die die Einzelarbeit der Gruppenmitglieder koordiniert Schwerpunkt | Sind Projektgruppen resilienter als Projektteams? 28 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0032 geringerer Krankheitsrate. Damit fallen bereits einige mögliche Krisenquellen im Sinne der obigen Definition 1 weg. Sind Gruppen also resilienter als Teams? Das Teamresilienz-Modell nach Stoverink et al. Für einen objektiveren Vergleich der Resilienz von Gruppen und Teams verwende ich das Teamresilienz-Modell nach Stoverink et al. [1], s. Abbildung 3. In der Beschreibung dieses Modells wird wieder der Begriff „Team“ als Platzhalter sowohl für Gruppen als auch Teams verwendet. Stoverink et al. identifizieren- - ausgehend von früheren Modellen zur individuellen Resilienz und Resilienz von Organisationen- - vier Schlüsselressourcen, die die Resilienz von Teams unterstützen. Die erste Schlüsselressource nennen sie Teamstärke („Team Potency“). Damit gemeint ist die im Team geteilte gemeinsame Überzeugung, dass das Team die ihm gestellten Aufgaben lösen kann. Förderlich für die Resilienz eines Teams ist es auch, wenn die Teammitglieder ihre formellen und informellen Rollen und Zuständigkeiten kennen. Dazu gehört, dass die Teammitglieder mit ihren Interaktionsmustern vertraut sind und ihre gegenseitigen Stärken, individuellen Kompetenzen und Präferenzen kennen. Diese Team-Kompetenzen fassen die Autoren unter dem Begriff Mentales Zusammenarbeitsmodell („Team Mental Model of Teamwork“) zusammen. Die dritte Schlüsselressource ist die Improvisationsfähigkeit („Team Capacity to Improvise“). Diese vom Ethnologen Claude Levi-Strauss auch als Bricolage bezeichnete Kompetenz ist die Fähigkeit des Teams aus den vorhandenen Ressourcen in kurzer Zeit auftretende Probleme zu lösen, ohne speziell für das Problem entworfene Mittel zu beschaffen (ugs. „macgyvern“). Schließlich benötigt das Team psychologische Sicherheit („Team Psychological Safety“). Damit ist ein Arbeitsklima gemeint, das es den einzelnen Teammitgliedern erlaubt, zwischenmenschliche Risiken einzugehen. Maßnahmenempfehlungen zur Steigerung der Teamresilienz Welche Maßnahmen empfehlen Stoverink et al. um diese Schlüsselressourcen für Teamresilienz zu fördern? Abbildung 4 gibt einen Überblick [6]. Die Maßnahmen beziehen sich auf das zu etablierende Teamklima, die Zusammenarbeit im Team sowie die Führung von Teams. Das Teamklima sollte wertschätzend, offen und ehrlich sein. Teammitglieder sollten untereinander zugänglich sein und inkludierend auftreten, jedes Teammitglied sollte zur aktiven Mitarbeit ermutigt werden, eventuelle Fehler sollten konstruktiv diskutiert werden. Eine konkrete Maßnahme zur Herstellung eines solchen Teamklimas besteht in der Durchführung von Workshops, in denen das Team gemeinsam Regeln zur wertschätzenden Zusammenarbeit, Kommunikation und Fehlerkultur abstimmt und vereinbart. Diese Maßnahme dient der psychologischen Sicherheit des Teams. Unter dem Schlagwort Teamdesign fassen die Autoren die Abstimmung gemeinsamer Ziele sowie die Etablierung abgestimmter Prozesse zusammen. Dazu gehören allen Teammitgliedern transparente Rollen- und Aufgabenbeschreibungen jedes einzelnen Teammitglieds. Die Zusammenarbeit sollte außerdem durch regelmäßigen Austausch in Teambesprechungen und Team-Trainings gefördert werden. Auch diese Vereinbarungen lassen sich in gemeinsamen Workshops abstimmen. Das Team sollte ein gemeinsames transaktives Gedächtnissystem ausbilden. Dieses besteht aus dem Wissen jeder einzelnen Person, kombiniert mit dem im Team geteilten Wissen, welches Teammitglied das Wissen für welches Fach- oder Aufgabengebiet besitzt. Die Ausbildung eines transaktiven Gedächtnisses benötigt Zeit und intensiven gemeinsamen Austausch und Zusammenarbeit. Es lässt sich nicht im Rahmen von einigen Workshops erreichen, sondern muss über einen längeren Zeitraum wachsen. In Summe bewirken diese Maßnahmen, dass jedes Teammitglied die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten jedes anderen Teammitglieds kennt und darüber hinaus auch die jeweiligen Persönlichkeitsmerkmale und die sozialen Abbildung 3: Das Teamresilienz-Modell nach Stoverink et al. (2020) [1] Abbildung 4: Maßnahmen zur Steigerung der Teamresilienz nach dem Modell von Stoverink et al. Schwerpunkt | Sind Projektgruppen resilienter als Projektteams? 29 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0032 Beziehungen untereinander. Diese Maßnahmen wirken auf die Teamstärke, das mentale Zusammenarbeitsmodell und unterstützen die Fähigkeit des Teams zu improvisieren. Empfehlungen für die Leitung resilienter Teams Schließlich gibt es noch Empfehlungen für die Teamleitung: Diese sollte einen befähigenden („empowering leadership“) und transformationalen Führungsstil („transformational leadership“) pflegen und ihre Führung mit dem Team teilen („shared leadership“). Sie sollte für Transparenz der übergreifenden Ziele und ihren Bezug zu den individuellen Aufgaben sorgen sowie die Teamkreativität fördern, indem sie z. B. die Ausbildung einer Teamidentität unterstützt oder den Einsatz von Kreativtechniken vorschlägt. Auch diese Maßnahmen unterstützen die Teamstärke, das mentale Zusammenarbeitsmodell und die Fähigkeit des Teams zu improvisieren. Anwendung des Modells auf Gruppen und Teams Im Folgenden unterscheide ich begrifflich wieder zwischen Gruppen und Teams. Die im Modell vorgeschlagenen Schlüsselressourcen Teamstärke, mentales Zusammenarbeitsmodell, Improvisationsfähigkeit und psychologische Sicherheit für Resilienz sind Ressourcen, die auch ein Team benötigt, auf die eine Gruppe aber überwiegend verzichten kann. Insofern sind die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Förderung dieser Schlüsselressourcen Maßnahmen, die aus einer Gruppe ein Team machen: Gemeinsam getragene Ziele, abgestimmte Arbeitsabläufe, blindes Verständnis für die Fähigkeiten und Bedürfnisse der anderen Teammitglieder usw. Folgt man diesem Modell und den Empfehlungen der Autoren, so kann die Resilienz einer Gruppe dadurch gesteigert werden, dass Maßnahmen durchgeführt werden, die die Gruppe in ein Team transformieren. Für die eigentliche Gruppenarbeit (=koordinierte Einzelarbeit) haben diese Maßnahmen in der Regel aber keine Auswirkungen: „Teams“ von Erntehelferinnen und -helfern ernten nicht schneller, „Teams“ im Callcenter beantworten nicht mehr Anrufe. Die Durchführung dieser Maßnahmen mögen die Resilienz einer Gruppe steigern, aber eben auch den mit der Etablierung und Aufrechterhaltung eines Teams verbundenen einmaligen und dauerhaften Aufwände für rein beziehungsorientierte (im Sinne von Tuckman [4]) Teamtätigkeiten. Dieser Mehraufwand allein für die Steigerung der Gruppenresilienz dürfte sich nur in Ausnahmefällen lohnen. Zusammenfassung und Fazit Um Gruppen resilient zu machen, empfiehlt es sich nach dem Modell von Stoverink et al. (2020) [1] die vier Schlüsselressourcen Teamstärke, mentale Zusammenarbeit, Improvisationsfähigkeit und psychologische Sicherheit zu fördern. Die dazu notwendigen Maßnahmen sind die gleichen, die für die Bildung eines Teams aus einer Gruppe notwendig sind. Anders, als aufgrund einer oberflächlichen Analyse naheliegenden Vermutung, sind Gruppen nach diesem Modell also weniger resilient als Teams. Dabei bringen Teams gewisse Nachteile wie erhöhte Konfliktpotenziale, aufwendigere Entscheidungsfindung und höhere Ausfallrate mit sich. Die Investition in diese Teambildung und -entwicklung muss sich über die reine Resilienzsteigerung der Gruppe hinaus rechnen. Die Resilienz von Gruppen ohne die vier Schlüsselressourcen hängt hauptsächlich an der individuellen Resilienz der Gruppenleitung. Deren Aufgabe ist es, ihre Projektgruppe vor äußeren Einflüssen und Änderungen abzuschirmen und zu schützen, um die Resilienz des Projekts zu erhöhen. Dagegen ist ein Projektteam scheinbar allein dadurch resilient, dass es ein Team ist [7]. Literatur [1] Adam Stoverink, Bradley Kirkman, Sal Mistry, Benson Rosen (2020), „Bouncing Back Together: Toward a Theoretical Model of Work Team Resilience“, The Academy of Management Review, 45. 395-422. 10.5465 / amr.2017.0005 (alle zitierten Textstellen sind vom Autor aus dem Englischen übersetzt) [2] Dieser Abschnitt folgt Florian Becker (2016) „Teamarbeit, Teampsychologie, Teamentwicklung“, Springer Verlag, S. 49 ff. [3] Meredith Belbin (2010), „Team Roles at Work”, Taylor & Francis [4] Bruce W. 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Sein besonderes Interesse gilt der Optimierung von Projektvorgehensmodellen, dem Aufbau und der Steuerung effizienter Projektteams sowie Methoden zur Erhöhung der Wirksamkeit von Projektmanagementberatung. eMail: matthias.eberspaecher@msg.group ORCID: 0000-0001-7600 - 1921 30 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0033 Eine neue Perspektive auf agiles Projektmanagement mit einem achtsamen Mindset Agilität und Achtsamkeit gehen Hand in Hand Martina Weifenbach Für eilige Leser | In Zeiten von Transformation, Digitalisierung und einer zunehmenden Veränderungsgeschwindigkeit, ist es in der modernen Arbeitswelt unabdingbar, agile Ansätze anzuwenden. Agilität beschreibt die Fähigkeit eines Unternehmens bzw. eines Teams, sich schnell zu verändern oder anzupassen, um auf Veränderungen zu reagieren. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden im Rahmen eines agilen Arbeitsumfeldes dazu befähigt, mit auftretenden Problemen und Veränderungen effizient umzugehen und experimentierfreudig an diese Aufgaben heranzutreten. Achtsamkeit und Achtsamkeitsmethoden können dabei helfen, eine flexible sowie offene Denkweise zu trainieren. Die individuelle Praxis und die mentalen Trainings bringen diverse Vorteile für die Arbeit in Projektteams mit sich und haben nachweislich positive Effekte auf Kreativität, Resilienz, Empathie und Innovationskraft. In diesem Artikel wird beleuchtet, was hinter Achtsamkeit steckt und wie sie agile Unternehmen unterstützen kann. Anhand von praktischen Beispielen wird verdeutlicht, wie die Integration gelingen kann und somit ein agiles Arbeitsumfeld geschaffen wird. Schlagwörter | Agilität, Achtsamkeit, Digitalisierung, Fokus, Stress, Druck, Präsenz, Kommunikation Kapitel 1: Moderne Arbeitswelt und die Relevanz von agilen Arbeitsweisen Die Arbeitswelt verändert sich radikal. Doch was genau führt zu dieser Veränderung? Die digitale Transformation ist zu einem Buzz-Wort geworden, das Unternehmen seit Jahren beschäftigt. Dennoch stecken wir noch mittendrin in dieser Transformation, die weit über eine technische Erneuerung des Unternehmens hinausgeht. Sie erfordert im Grunde eine Veränderung und Erneuerung des Unternehmens von Innen heraus und betrifft somit Strukturen und Prozesse, ebenso wie Menschen und deren Fähigkeiten und Kompetenzen. Die sogenannten Future Skills-- also wichtige Zukunftskompetenzen, die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen befähigen, die digitale Transformation mitzugestalten- - können längst nicht mehr auf die Zukunft projiziert werden. Sie sind heute gefragt. Denn sie schaffen die Grundlage für die innere Erneuerung von Unternehmen mit Fokus auf Digitalisierung und Zukunftsfähigkeit. Sie befähigen Unternehmen, Teil der modernen Arbeitswelt und somit auch zu attraktiven Arbeitgebern für die digital-affinen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der Generationen Z und Y zu werden. Ein wichtiger Faktor und Enabler im Kontext des modernen Arbeitens und der Digitalisierung ist die Agilität. Agil arbeiten und handeln heißt, fähig zu sein, sich schnell auf neue und unsichere Umstände einzustellen und komplexe Zusammenhänge miteinander in Verbindung zu bringen. Dafür braucht es einen Blumenstrauß aus digitalen und sozialen Kompetenzen, die heute oft den Zukunftskompetenzen zugeschrieben werden. Viele Organisationen versuchen ihre Agilität zu erhöhen, stehen aber vor Herausforderungen eines agilen Transformationsprozesses. Einen ganzheitlichen Transformationsprozess von Innen heraus anzustoßen, heißt nachhaltige Bewegungen in der Organisation zu ermöglichen. Das ist nicht immer einfach. Viele Strukturen, Prozesse und Handlungsweisen im Unternehmen haben sich über Jahre etabliert und festgesetzt. Es gibt feste Verantwortlichkeiten nach Business Units und Ab- Schwerpunkt | Agilität und Achtsamkeit gehen Hand in Hand 31 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0033 teilungen. Diese festen Verantwortlichkeiten schafften in der Vergangenheit Klarheit in der Zuschreibung, in Kostenstellen und im Management. In Verbindung dazu wurden Strategien entwickelt, Kennzahlen definiert und Abläufe koordiniert. Die Digitalisierung jedoch funktioniert nur über innere und äußere Grenzen des Unternehmens hinweg. Die Digitalisierung verändert nicht nur Produkte und Technologien. Sie verändert auch die Art, wie über die Produkte kommuniziert wird, wie sie vermarktet werden und wie Kundenbeziehungen gestaltet werden. Schon bei der Digitalisierung eines Produktes wird folglich eine ganz neue Form der Abstimmung von Forschung und Entwicklung sowie Vertrieb und Marketing nötig-- und dies ist nur ein Beispiel. Interne Digitalisierungsprozesse wie die Einführung eines neuen CRM-Instrumentes (CRM- = Customer Relationship Management) erfordern die Schulung diverser Mitarbeiter aus verschiedenen Einheiten und eine Klarheit darüber, wie die Nutzung dieses Instruments zukünftig erfolgen soll. Nun kommt noch erschwerend hinzu, dass die Digitalisierung selbst zu kontinuierlichen technischen Neuerungen und Veränderungen im Markt führt. In Bezug auf das Produktbeispiel kann dies bedeuten, dass bald ein neuer Anbieter im Markt ist und das Unternehmen entsprechend agil und flexibel auf diesen Anbieter reagieren muss. Agilität in der Produktentwicklung ist gefragt. Auch ein CRM-Instrument wird immer wieder aktualisiert. Heute bedeuten Software-Updates oftmals das Vorfinden einer komplett neuen Nutzeroberfläche mit radikal veränderten Funktionen. Erneut gilt es für die Nutzer und Nutzerinnen sich agil das neue Produkt aneignen zu können. In anderen Worten: Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen benötigen Fähigkeiten und Kompetenzen des agilen Lernens und des sog. Un-learnings, also des Verlernens. Für die Gestaltung neuer, digitaler Produkte und Geschäftsmodelle ist es wichtig, Methoden wie Scrum oder Kanban zu kennen. Hier handelt es sich um agile Projektmanagement-Methoden, die ein schnelles Entwickeln neuer Produkte, Produkt-Features und Services unterstützen. Digitale Fähigkeiten umfassen aber auch den Umgang mit sozialen Medien, mit Videokonferenzsystemen und mit digitalen Kollaborationstools. Digitale Kollaborationstools wiederum erlauben die Zusammenarbeit in interdisziplinären, virtuellen Teams, was nicht ohne soziale Fähigkeiten des aktiven Kommunizierens und Zuhörens sowie Führungsfähigkeiten funktioniert. All das kann auch Druck auf die Belegschaft aufbauen. Denn nicht selten sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie die Führungskräfte bereits zu 100 Prozent ausgelastet. Ihre Kapazitäten sind ausgeschöpft. Es bleibt kein Raum zur Aneignung neuer Fähigkeiten. Lernen wird zu einem Stressfaktor, der zusätzlich zum Druck im Arbeitsalltag anfällt. Eine weitere Fähigkeit, die darum immer wichtiger wird, ist die Entwicklung einer achtsamen Grundhaltung. Achtsamkeit fördert nachweislich die innere Widerstandsfähigkeit, die Offenheit für Neues, Empathie und Innovationsfähigkeit. Wir sehen also, agiles Projektmanagement in der modernen und digitalen Arbeitswelt ist eine große Chance für Unternehmen, zukunfts- und wettbewerbsfähig zu bleiben. Um diese Chance zu nutzen, beginnen wir im weiteren Verlauf die sozialen Fähigkeiten der Kommunikation und Führung in Verbindung mit Achtsamkeit genauer unter die Lupe zu nehmen. Kapitel 2: Achtsamkeit verstehen und im Team nutzen Wie kommen nun Achtsamkeit und Agilität zusammen? Und was kann das für das Projektmanagement bedeuten? Wie bereits etabliert, stellt uns die moderne Arbeitswelt vor große Herausforderungen. Unter anderem wird es zunehmend wichtiger, für die Belegschaft und das Unternehmen, sich schnell und flexibel auf neue Umstände in Märkten einstellen zu können. Innovationskraft und Miteinander sind gefragt. Genau hier kommt die Achtsamkeit ins Spiel. Achtsamkeit bedeutet präsent zu sein. Es steht für ein Da- Sein, Wach-Sein, das Leben im Hier und Jetzt. Auf Ebene des Unternehmens kann man sagen: Präsenz ist in der heutigen Zeit in Bezug auf Aktivitäten im Markt, aber auch auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter und Miterbeiterinnen gefragt. Diese Präsenz nach Innen und Außen kann einen entscheidenden Unterschied in der Wettbewerbsfähigkeit machen. Achtsamkeitspraktiken wie Yoga, Meditation oder Qui-Gong fördern die Präsenz des oder der Einzelnen. Die Wissenschaft bestätigt: Eine regelmäßige Achtsamkeitspraxis von nur 10 Minuten am Tag wirkt sich förderlich auf das innere Wohlbefinden und die Fähigkeit der Regeneration aus. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die also regelmäßig meditieren, nehmen bewusster wahr, was um sie herum passiert und können besser mit Stress und Druck umgehen. Der Kopf wird freier und die Gedanken wirbeln weniger. Die Neurowissenschaften konnten sogar zeigen, dass bei Menschen, die mit der Meditation be- Anzeige Das System, bei dem die Ressourcenplanung funktioniert Ressourcenmanagement Projektportfolio-Management Aufwand- & Kosten-Controlling Projektplanung Unverbindlich online kennenlernen! www.ressolution.ch Scheuring AG +41 61 853 01 54 info@scheuring.ch Schwerpunkt | Agilität und Achtsamkeit gehen Hand in Hand 32 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0033 ginnen, neue Vernetzungen im Gehirn entstehen und so die sog. Plastizität des Gehirns angeregt wird. In anderen Worten: Achtsamkeit fördert die Fähigkeit zu lernen und neue Informationen zu verarbeiten. Gezielte Achtsamkeitspraktiken wie die sog. Metta- oder Mitgefühlsmeditation wirken auch auf die Fähigkeit, empathisch auf Mitmenschen einzugehen und aktiv zu kommunizieren. Übertragen auf eine moderne Arbeitswelt, in der Innovation und Miteinander wichtiger werden, um agil als Unternehmen reagieren zu können, lässt sich sagen: Achtsamkeit belebt agiles Handeln. Wenn der oder die Einzelne im Unternehmen achtsam agiert, kann das positive Effekte auf die Vernetzung und Verarbeitung von Informationen sowie die Kommunikation im Team haben. Übungen, welche hier förderlich sind, können zum Beispiel der „achtsame Check-In“ zu Beginn eines Teammeetings sein. Dabei teilt jeder Teilnehmer in 2-3 Sätzen, wie es ihm bzw. ihr gerade geht, während die anderen aktiv zuhören. Diese Form des Meeting-Starts erhöht den Fokus, das Verständnis für die Teamkollegen und die Fähigkeit, schnell gemeinsam auf neue Umstände zu reagieren. All diese Faktoren zahlen auf die gemeinsame Agilität eines Projektteams ein. Kapitel 3: Kommunikation und Transparenz im Team Je mehr ein Unternehmen soziale und digitale Fähigkeiten im Kontext der Achtsamkeit fördert, desto mehr befähigt es sich selbst, langfristig agil zu reagieren. Im Digitalzeitalter brechen Grenzen im Unternehmen auf. Es gilt kollaborativ und interdisziplinär zusammenzuarbeiten, um digitale, neue Produkte und Geschäftsmodelle auf den Markt zu bringen. Projektteams müssen sich dazu agil und flexibel finden, um Wissen aus verschiedensten Bereichen sinnvoll zu vereinen und Innovation zu kreieren. Achtsame Kommunikation, also bewusstes und aktives Zuhören, wird dabei ebenso wichtig, wie die Fähigkeit, digital zu kollaborieren. Achtsame Kommunikation im Projektteam kann dabei wie folgt aussehen: Nach einem Meeting-Start mit einer kurzen Minute der Stille , teilen einzelne Teilnehmer des Meetings ihre Ideen, ohne dabei unterbrochen zu werden. Die Minute der Stille, in welcher man sich bspw. auf den Atem, die Sinne oder den aktuellen Moment konzentriert, sollte hierbei von einem Verantwortlichen angeleitet werden. Die anschließend geteilten Ideen werden von anderen Teilnehmern in ihren eigenen Worten zusammengefasst. Gemeinsam wird eruiert, ob die initialen Ideen von allen gut verstanden wurden. Dieser Prozess des aktiven Zuhörens ist wesentlich, um Einigkeit im Projektteam zu erreichen und Missverständnisse zu vermeiden. Ergänzt werden sollte diese Form der Kommunikation, die sowohl vor Ort als auch digital funktioniert, um eine kontinuierliche Dokumentation. Digitale Kollaborationstools wie Miro unterstützen die gemeinsame, digitale Kommunikation im Team. Sie ermöglichen das Festhalten von Ideen, Einigungen und Aufgaben auf eine visuell ansprechende Art. So sind Design Sprints schnell visualisiert und ein Scrum-Board ganz einfach angelegt. Unter Scrum versteht man eine Projektmanagement-Methode, die ursprünglich aus der Softwareentwicklung kommt. Die Methode hat sich für viele Arten des Projektmanagements in komplexen Umgebungen bewährt. Gleichzeitig sind durch die Nutzung von Werkzeugen wie Miro alle Teammitglieder virtuell zur gemeinsamen Dokumentation eingeladen. Kollaboration ohne Grenzen und voller Transparenz auf spielerische Art und Weise wird möglich. Dabei gilt es stets, alle Teammitglieder vorab abzuholen und neue digitale Tools zu erklären. Aufgabe der Führung sollte es darum stets sein, achtsam neue Methoden und Werkzeuge zu erklären und so sicherzustellen, dass sich kein Teammitglied verunsichert zurückzieht. Um dies zu vermeiden und kontinuierlich die Fähigkeit der Transparenz in der Kommunikation im Projekt zu erhöhen, empfiehlt sich zum Abschluss eines jeden Meetings eine einfache, jedoch hoch effektive Frage: „Was braucht ihr noch? “ Sie lädt dazu ein, Missverständnisse und Abstimmungen im Nachgang zu vermeiden. „Noch brauchen“ kann man zum Beispiel wichtige Informationen von einem Kollegen oder Unterstützung bei einer Aufgabe von einer Kollegin. Soziale und digitale Fähigkeiten wie die achtsame Kommunikation, die virtuelle Kollaboration und die Nutzung von einfachen Fragen fördern somit das agile Projektmanagement in innovativen und leistungsfähigen Teams. Kapitel 4: Praktische Beispiele von Achtsamkeit in Unternehmen-- Fokus: Flexibilität, Kreativität, Eigenverantwortung, Kommunikation Doch was bedeutet eigentlich Team , wenn wir von agilem Projektmanagement in der neuen Arbeitswelt sprechen? Und wie gestaltet sich Führung in diesem Rahmen? Achtsamkeit bringt den Menschen mehr zu sich. Achtsame Praktiken bieten ganz unterschiedliche Möglichkeiten, die Selbstwahrnehmung zu steigern und so das innere Wohlbefinden zu fördern. Beim sog. Body Scan zum Beispiel, wandert der Meditierende bewusst durch seinen Körper und nimmt mögliche Anspannungen bzw. Verspannungen wahr. Das hilft auch, diese loszulassen und Raum in Körper und Geist zu schaffen. Eben dieser Raum wird nötig, wenn wir als Einzelne, als Teams und als Organisation schnell und flexibel auf neue Umstände reagieren möchten. Denn wer gefangen ist, in Stress und Druck, verliert auf lange Frist die Fähigkeit, agil Neues aufzunehmen bzw. neue Informationen zu verarbeiten. Ergänzend dazu kann die Methode des Labellings helfen, Emotionen in der Meditation zu benennen und so kontinuierlich besser darin zu werden, Gefühle zu erkennen und zu regulieren. Achtsamkeit ist also auch ein Weg hin zu Führung und Selbstführung. Agiles Arbeiten im Digitalzeitalter bringt Menschen aus unterschiedlichsten Disziplinen in Projekten zusammen. Experten und Expertinnen mit verschiedenen Hintergründen müssen eine Sprache finden, um gemeinsam zu agieren. Das bringt auch ein Umdenken in Bezug auf Führung mit sich. Erfolgreiche agile Teams wissen, wie sie Führung übernehmen und abgeben können. Durch die Anwendung von Achtsamkeitspraktiken wie die achtsame Kommunikation vermeiden sie Missverständnisse und Unstimmigkeiten. Die Nutzung digitaler Werkzeuge erhöht ihre Innovationskraft und ihre Kollaborationsfähigkeit. Es hat sich auch gezeigt, dass Achtsamkeit das Wissen über die eigenen Fähigkeiten und Potentiale erhöht, was es im Projektteam deutlich leichter macht, Verantwortlichkeiten und Aufgabenbereiche zu verteilen. Im Digitalzeitalter wird Wissen immer komplexer, Unsicherhei- Schwerpunkt | Agilität und Achtsamkeit gehen Hand in Hand 33 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0033 Dr. Martina Weifenbach Dr. Martina Weifenbach ist Vorreiterin in der Verknüpfung von Innovation, New Work und Achtsamkeit. Durch ihre Promotion an der Universität St. Gallen, am HIIG in Berlin und an der UC Berkeley über digitale Geschäftsmodellinnovation von Startups und etablierten Unternehmen hat sie ein wissenschaftliches Kognitionsmodell für die Gestaltung von Veränderungsprozessen entwickelt. Die Neurowissenschaft ergänzt ihren Zugang um die menschliche Bewusstseinsperspektive. Diese wird zunehmend wichtiger, um die Veränderungen in der Arbeitswelt zu verstehen und sinn- und wertorientiert zu begleiten, ohne die Veränderungen auf Pauschallösungen zu reduzieren. Frau Dr. Weifenbach ist Autorin von „Achtsamkeit und Innovation in integrierten Organisationen”, Executive Coach und Gründerin von myndway. myndway bringt den ganzheitlichen Transformationsansatz von Frau Dr. Weifenbach in nachhaltigen Entwicklungs -und Trainingskonzepten für Führungskräfte und Teams zusammen. Ziel von myndway. com ist es, Achtsamkeit und Agilität in zugänglichen Lernformaten ins Unternehmen zu bringen. Als Speakerin und Beraterin trägt Frau Dr. Weifenbach ihre Vision von menschlichen und zukunftsorientierten Unternehmen in die Welt. ten steigen. Geteilte Führung auf Basis klarer Verantwortlichkeiten ist somit ein wichtiger Garant für ein leistungsstarkes Projektmanagement in einer modernen Arbeitswelt. Eine derartige verteilte Führung kann auch die Kreativität im Team steigern. Denn die Teammitglieder wissen über die Stärken und Potentiale von sich und anderen und sie haben durch die Anwendung von Fragen wie „Was brauche ich noch? “ gelernt, die Potenziale ihrer Kollegen zu nutzen. Statt internem Wettbewerbsdenken erblüht das Team durch geteiltes Wissen, strukturierte Kreativitätsprozesse wie die oben genannten Design Sprints und achtsames Miteinander. Zusammenfassung Die moderne Arbeitswelt ist eine Einladung an Unternehmen heute, innere Grenzen zu öffnen und ein internes Miteinander zu leben. Agilität- - also die Flexibilität in Denken und Handeln- - kann dabei eine große Chance für Projektteams werden, gemeinsam Innovation zu gestalten und neue Angebote zu schaffen. Achtsamkeit kann hier zu einem Fundament für ein ganz neues, agiles Mindset werden. In einfachen Worten ist Achtsamkeit die Präsenz im aktuellen Augenblick. Noch einfacher betrachtet, kann eben diese Präsenz in der Praxis wichtige Zukunftskompetenzen wie Kommunikation, Lernfähigkeit, Führung, Innovationsfähigkeit und digitale Fähigkeiten fördern. Je früher Unternehmen also Agilität und Achtsamkeit Hand in Hand gehen lassen, desto eher ergreifen sie die Chance, bewusst die Zukunft mitzugestalten und dabei ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aktiv auf die Reise dorthin einzuladen. Eingangsabbildung: © iStock.com/ fizkes 34 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0034 Ein Plädoyer für ein „Anthropozentrisches (ITund) Projektmanagement“ im Digitalen Zeitalter Driving Digital --… but Human is Key (1) Matthias Pietzner Für eilige Leser | Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht irgendjemand fragt, wie das mit der „Digitalisierung“ denn funktioniert, wie es weitergehen soll, wer wie, wo und wann davon betroffen sein oder darunter leiden wird-- und was das alles mit mir ganz persönlich, mit meinem Job und meinem Umfeld zu tun hat! Und Sie? Haben Sie Ihren Standpunkt in diesen Fragen schon gefunden? Und falls ja, kennen Sie Ihren Kompass und Ihre Leitplanken für Ihren persönlichen Weg in das Digitale Zeitalter? Falls ja gratuliere ich Ihnen von Herzen; das macht gelassen und motiviert und ermöglicht Leistung! Falls nein könnten Ihnen dieser Beitrag in der PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL vielleicht helfen, Antworten und Orientierung zu finden; durch Strukturierung von Themen und Gedanken, durch Zustimmung oder Aha-Erlebnisse genauso wie vielleicht durch bewussten Widerspruch oder gar Ablehnung. Seien Sie offen und fühlen Sie sich eingeladen, einem leider oft „unterbelichteten“ gleichwohl jedoch essenziellen Themen-„Komplex“ (im doppelten Sinne des Wortes) der Digitalen Transformation nachzuspüren. Schlagwörter | Digitalisierung, Mensch, digitale Transformation, Existenzangst, Werte, Projektmanagement, Zukunft Leitfrage: Wo bleibt der Mensch? In einer Welt, deren Prägung durch Globalisierung, Individualisierung (um nicht zu sagen Egoismus) und Erfolgsstreben in verschiedensten Ausprägungen sich immer noch weiter verstärkt, ist die Frage durchaus berechtigt: Wo bleibt der Mensch? Oder besser: Wo bleiben die vielen einzelnen Menschen, die mit den Entwicklungen aus den verschiedensten Gründen nicht schritthalten können? Oder noch zugespitzter: Wo bleiben Sie, wo bleibe ich, wo bleiben Ihre und meine Kollegen und Mitarbeiter, wenn auch wir den rasanten technischen Entwicklungen hier und da schon jetzt nicht mehr folgen können? Und seien Sie ehrlich: es geht uns allen so, wir haben alle Punkte, an denen wir „abhängen“. Ausnahmslos-- oder nicht? Beim genaueren Betrachten fällt jedoch zunehmend auch auf, dass auch die Technik, auch die „High Tech“, ihre Grenzen hat und noch lange haben wird, dass es also ohne den Menschen, ohne uns Menschen vorerst auch nicht geht. Reinhard Sprenger geht in seinem neuen Buch „Radikal digital“ sogar noch einen Schritt weiter und legt dar, dass es paradoxerweise gerade die technische Disruption ist, die wir im Moment erleben, welche die Re-Integration des Menschen als Menschen in die Wertschöpfung erzwingt [1]. Aber wie ist das nun zusammenzubringen: Der rasende technische Fortschritt, der den Menschen immer mehr überflüssig zu machen scheint, auf der einen Seite und die Notwendigkeit des Menschen gerade in der hochtechnologisierten Welt und Wertschöpfung auf der anderen? Wie ist das in einer Weise zusammenzubringen, die Ihnen und mir persönlich die Unsicherheit (vielleicht gar die Angst) nimmt, diesen rasanten Weg der Digitalisierung mitzugehen, ja, selbst mit anzupacken und unsere Kollegen, Mitarbeiter und Liebsten mitzunehmen? Im Folgenden werde ich versuchen, in sieben kurzen, hoffentlich für Sie leicht verdaulichen Abschnitten die relevanten Aspekte ein wenig zu strukturieren und Sie mitzunehmen auf der Suche nach einem Schlüssel, wie uns die Digitalisierung gelingen kann und wie wir darin auch langfristig sicher zurechtkommen können. Der Fokus für ein Zurechtkommen in diesem komplexen Umfeld wird in erster Linie auf dem Business-Umfeld liegen, weil es naturgemäß erster Stakeholder in fast allen digitalen Prozessen und Entwicklungen ist; und weil Schwerpunkt | Driving Digital --… but Human is Key (1) 35 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0034 ich diesen Beitrag in einem Business-Umfeld schreibe. Aber es wird Ihnen gewiss nicht schwerfallen, die Erkenntnisse, Schlüsse und Leitplanken auf andere Bereiche Ihres Lebens zu übertragen und auch dort (hoffentlich) ähnlich großen Nutzen daraus zu ziehen. Struktur: Von der Digitalisierung zum Menschen und zurück Für eine erste Orientierung über die Aufbereitung des Themas mag die folgende Struktur dienen: Unsere obige Betrachtung soll in unserem direkten technisch-betrieblichen Umfeld beginnen, führt uns dann über die Schlagworte Verantwortung und Mensch zu den Themen Führung und Werte und schließlich wieder zurück ins tägliche Leben im Sog der Digitalisierung. Und Sie werden staunen: der Bezug dieser „weichen“ vermeintlichen Rand-Themen zur Technologie-Kompetenz eines Unternehmens und den IT-Experten aller Couleur ist dichter und zwingender als wir das bisher meistens wahrnehmen. Seien Sie also gespannt; und kommen Sie mit! TEIL I : Warum Digitalisierung ohne den Menschen nicht geht Für alle Unternehmen, vom kleinen Start-up über den soliden Mittelständler bis zum großen Weltkonzern stellt sich die eine entscheidende Frage: Was hält die Zukunft der digitalisierten Welt an Technologien für uns bereit? Schaut man zum Beispiel in die „Periodic Table of Disruptive Technologies“ [2] des britischen Zukunftsforschers Richard Watson, so ist die Bandbreite des Denkbaren gleichermaßen faszinierend wie beängstigend: von intelligenten Windeln in der Altenpflege bis zu vierdimensionaler druckbarer Materie, von selbstgruppierenden modularen Robotern (bei der Firma Festo bereits Realität) bis zu künstlicher Intelligenz und künstlichem Bewusstsein. Digitale Entwicklungen betreffen unsere sämtlichen Lebensbereiche und haben somit Auswirkung auf Wirtschaft, Unternehmen und Gesellschaft. Dies kann fürwahr erschrecken und Angst machen. Spüren Sie’s schon? Und auch die Feststellung, dass zumindest aus zwei gewichtigen Gründen eine digitale Entwicklung ohne oder gar gegen uns Menschen unmöglich ist, wird wohl die meisten von uns angesichts des vielen Unfassbaren und Unbegreiflichen nur auf den ersten Blick oder gar nicht beruhigen. Zwei Fähigkeiten-= zwei Gründe Zunächst werden wir, die Menschen, auch in einer noch so hochtechnologisierten Welt gebraucht, um Aufgaben zu „erledigen“, in denen nur der Mensch exzellent ist, die also nur wir als Menschen sinnvoll oder wirklich gut erledigen können. Das sind zum Beispiel Aufgaben, welche den menschlichen Erfindungsreichtum, unsere Kreativität, unsere Fähigkeit zur komplexen Interaktion, unsere Empathie bis hin zu Moral und Fairness benötigen. In diesen Bereichen ist der Mensch der Maschine von seinem Grund-Konzept her haushoch überlegen. Diese Fähigkeiten in ihrer Vollkommenheit technisch nachzubilden ist auch für die kühnsten Visionäre noch auf Jahrhunderte nicht denkbar (vergleiche noch einmal die oben erwähnte „Periodic Table of Disruptive Technologies“). Zum Zweiten muss am Anfang jedes Entwicklungsprojekts, zwischendurch immer wieder und am Ende noch einmal ein Mensch (oder auch eine Gruppe von Menschen) entscheiden, welche Technologie in welche Richtung (weiter-) entwickelt und genutzt werden soll und darf. Alleine davon wird es abhängen, ob die zu erwartenden Szenarien paradiesisch oder höllisch sind. Diese Entscheidung kann die Technologie selbst nicht treffen; und sie kann schon gar nicht deren Tragweite und die damit möglicherweise einhergehenden Gefahren abschätzen. Das kann, wenn überhaupt, nur der Mensch mit seiner höchst komplexen Intelligenz und (! ) Emotionalität. Solange die Technik also nicht in der Lage ist, gottgleich autonom Menschen, „echte“ Menschen zu erschaffen bleibt der Mensch auch aus dieser Perspektive notwendige Bedingung für jede digitale Entwicklung. Diese „Human-Fähigkeitsbereiche“ des Menschen erfahren in der und durch die Digitalisierung also eine Neu- und Höherbewertung [3]; und zwar in einem Maß, welches sie Schwerpunkt | Driving Digital --… but Human is Key (1) 36 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0034 vom zuletzt eher beliebigen „Nice-to-Have“ in der Industrie- Gesellschaft zum absoluten „Must-Have“ in der Digitalisierung geradezu zurück-revolutioniert. Also: Digitalisierung ohne den Menschen: geht nicht. Und doch: Auch wenn wir offensichtlich in der und für die Digitalisierung gebraucht werden und auch wenn es in den allermeisten Fällen gar nicht primär darum geht, mit der Digitalisierung Menschen aus ihren Aufgaben oder Positionen zu verdrängen, ist die Möglichkeit gegeben und sogar sehr wahrscheinlich, dass für einige von uns und von unseren Kollegen und von den Unternehmen im Land und in der Welt genau das passiert. (Dies argumentiert zum Beispiel die Senior-Beraterin bei CGI, Vanessa Fels, bereits in ihrer beachtenswerten Master-Thesis zur Substituierbarkeit von menschlicher Arbeit in der Verwaltung [4] absolut zwingend.) Die Gefahr, Nachteile zu erleiden oder ganz unterzugehen ist also trotz allem real. Die Frage ist nur, bei wem schlägt sie zu und wann schlägt sie zu? Wer will da schon seine Hand für seine eigene „Unsubstituierbarkeit“ ins Feuer legen? Und zudem macht schlicht die Unsicherheit aufgrund der für die meisten von uns kaum mehr verstehbaren Komplexität Angst; wohl jedem von uns an irgendeiner Stelle in seinem Herzen, wenn wir mal für einen Moment ganz ehrlich sind. Es geht für uns alle also zumindest einmal darum, aufmerksam zu sein und die technischen Veränderungen im Auge zu behalten und die Einflüsse auf uns persönlich und unsere Gesellschaft zu verstehen-- von Regierungsentscheidungen bis hin zur menschlichen Psychologie-- , um im rechten Moment entscheiden und handeln zu können. Lassen Sie uns also nun darüber nachdenken, was zu dieser Aufmerksamkeit gehört, wie die beiden Pole unseres menschlichen Daseins in der Digitalen Transformation, „Notwendiger Teil zu sein“ und trotzdem „Existenzangst zu haben“, zusammenzubringen und vielleicht gar zu beherrschen oder wenigstens zu steuern sind. Und schauen wir uns dazu auf Basis des (hoffentlich) geschaffenen gemeinsamen Verständnisses von Digitalisierung und der Rolle und Bedeutung des Menschen darin dann auch die Steuerungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten in diesem komplexen Umfeld ein wenig genauer an: TEIL II : Digitalisierung steuern heißt Verantwortung übernehmen und Menschen führen Eben war von der Aufmerksamkeit die Rede, die uns Menschen nötig ist, um die digitalen Entwicklungen um uns herum und vor allem deren Einfluss auf unser Leben zu verstehen. Das Verstehen von Situationen, Zusammenhängen und Entwicklungen ist nämlich die Grundvoraussetzung, um zu steuern; und Steuern, aktives Sich-Beteiligen, Sich-Einbringen, notfalls auch einmal ein Sich-selbst-bewusst-Verändern ist allemal besser als in irgendeine Richtung getrieben, gejagt, gestoßen oder gezwungen zu werden. Steuern, den Überblick haben, die Richtung mitbestimmen, Entwicklungen gestalten sind dem menschlichen Wesen bei weitem näher als passiver Spielball von irgendetwas zu sein. Abraham Maslow, der große Psychologe und Motivationsforscher des letzten Jahrhunderts, erhebt das Steuern und (Mit-)Gestalten sogar in den Rang eines menschlichen Bedürfnisses auf der höchsten Ebene seiner Pyramide5. Und klar: wer die „Sache“ versteht, wer den Durchblick hat und Einfluss auf die Entwicklung nehmen kann, dessen Angst vor der Zukunft minimiert sich schlicht-- und damit wäre zugleich auch eines der zentralen Bedürfnisse der zweiten Ebene aus Maslows Hierarchy of Needs [5], nämlich Sicherheit, befriedigt. Da wäre es doch also wünschenswert, wir hätten eine Möglichkeit, in der ganzen Digitalen Entwicklung mitzusteuern, mitzugestalten, den Kopf so weit über dem Wasser zu haben, dass wir uns vor dem Ertrinken nicht mehr fürchten müssen. Aber was genau müssten wir denn da steuern (können)? Sie werden es ahnen-- richtig: Projekte, tausende von Projekten.-- Äh-… Projekte-…? Für die wenigen unter den Lesern unseres CGI-Blogs, für die der Begriff Projekt zwar integraler Bestandteil ihrer täglichen Arbeit ist, die aber zugleich wegen seines inflationären Gebrauchs in allen möglichen und unmöglichen Zusammenhängen nur noch eine sehr diffuse Vorstellung davon haben, was ein Projekt eigentlich ist, für diese wenigen sei hier ein kurzer Ausflug nach Klasse 1 der Projektmanagement-Schule erlaubt: In der Deutschen Industrie-Norm (DIN) 69 901- - ja, wirklich-- ist das Projekt definiert als „Vorhaben, das im Wesentlichen durch die Einmaligkeit seiner Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet“ ist. Ein Projekt, egal also, ob traditionell, agil oder hybrid, ist somit das Komplement zur Regel- oder Routine-Aufgabe. Die weitaus meisten Aktivitäten und Vorhaben in unserem heutigen wirtschaftlichen Umfeld bestehen in der Entwicklung und Erarbeitung von Neuem- - und sind damit per se singulär, haben also den Charakter von Projekten. Dies trifft- - offensichtlicher könnte es kaum sein-- insbesondere auf den gesamten Bereich von Forschung und Entwicklung zu und kaum weniger auf die kompletten Sektoren der Infrastruktur und der IT. Damit laufen die für unsere wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung fundamentalen Themen samt und sonders in Form von Projekten ab. Können Sie mir folgen? Dies gilt für das weite Feld der Digitalisierung dann sogar doppelt, ist jene doch sowohl Teil des Bereichs Forschung und Entwicklung als auch und zugleich des Bereichs IT. Und damit nicht genug. Es kommt zum allgegenwärtigen Projekt- Charakter der Digitalisierungsaktivitäten noch eine weitere schwierigkeitserhöhende Dimension hinzu: Es ist nämlich praktisch unmöglich, laufenden oder potenziellen technologischen Entwicklungen spezifische Zeiten für ihren erfolgreichen Abschluss zuzuordnen, weil alles im Fluss ist. Und die Entwicklungen beeinflussen sich permanent gegenseitig, sodass sie auch während ihres Fortgangs mehrfach die Richtung ändern. Wenn also zu ohnehin schwer verständlichen, hochkomplizierten Zusammenhängen noch die Komponente der Dynamik kommt, sprechen wir von Komplexität (allerdings auch erst dann). Um also die Digitalisierung unserer Welt mitgestalten oder in kleinen Teilen gar steuern zu können, sollten wir wissen oder lernen, wie komplexe Projekte oder Projekte in einem hochkomplexen Umfeld zu steuern sind. Da sich nun aber im Lauf der Zeit und zusammen mit den technischen Inhalten der Projekte (bedingt wiederum durch den technischen Fortschritt) auch der Charakter von Projekten selbst verändert, helfen uns reine Methodiken, tradierte wie innovative, nicht wirklich und schon gar nicht nachhaltig weiter. Was hilft aber dann? Schwerpunkt | Driving Digital --… but Human is Key (1) 37 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0034 Die Antwort: (Projektmanagement-)Kompetenz. Der deutsche Psychologe Franz Emanuel Weinert definiert Kompetenz als „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“7. Aha. Kompetenz ist also- - noch einmal verkürzt gesagt- - die Fähigkeit, in unterschiedlichen, immer wieder neuen Kontexten erfolgreich und verantwortungsvoll Lösungen zu finden und umzusetzen. Hören Sie das? Erfolgreich und verantwortungsvoll! (Vgl. dazu auch den Ansatz des „Kompetenzbasierten Projektmanagements“ der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement, GPM, resp. der International Project Management Association, IPMA [8] oder zum freien Download unter https: / / www. ipma.world / individuals / standard/ .) Wie praktisch: Damit ist gleich zweierlei gesagt: Steuern sollte nur der Kompetente, der also in der Lage ist, erfolgreich zu sein. Und wer (aufgrund seiner Kompetenz) steuert, trägt dann auch die Verantwortung für das Ergebnis; mehr noch: Für alle Ergebnisse und Folgen, die am Ende des Projekts oder der Entwicklung herauskommen (oder nicht herauskommen), gewollt oder ungewollt; er trägt Verantwortung in einem ganzheitlichen, in einem im besten Sinne systemischen Sinn. Bleiben die beiden letzten Fragen in diesem Zusammenhang: Was genau sind diese Kompetenzen für ein erfolgreiches Projektmanagement im komplexen Kontext (eigentlich müsste man sagen: in den komplexen Kontexten) der Digitalisierung? Und wo können wir, wenn wir sie haben, damit konkret ansetzen? Erlauben Sie mir, die zweite Frage zuerst zu beantworten. Ich habe nämlich die Hoffnung, dass wir, wenn wir um den oder die überhaupt möglichen Ansatzpunkte wissen, dann besser erkennen können, mit welchen Kompetenzen dann dort auch etwas zu bewegen sein könnte. Der augenfälligste Ansatzpunkt für eine Steuerung ist in der Digitalisierung sicher zunächst einmal die Digitaltechnik selbst. Wobei: Etwas bewegen geht zwar bestimmt an vielen winzigen Stellen in der globalen Digitalisierung, allerdings nur mit jeweils enormem Expertenwissen für genau diese winzige Stelle, und damit ist ja noch lange nicht der ganze große Digitalisierungskomplex gesteuert. Gut, wir sollten nicht ausschließen, dass hin und wieder auch eine vermeintliche Winzigkeit die Richtung des gesamten Tankers beeinflussen kann. (Man denke zum Beispiel an die Entwicklung des DOS- Betriebssystems von Bill Gates oder den Touchscreen von Apple.) Aber um größere Teile und Zusammenhänge der Digitalen Entwicklung zielgerichtet und nachhaltig beeinflussen zu können reicht der Zufall oder ein einzelnes Genie sicher nicht. Enorm größer erscheinen dagegen die Erfolgschancen, wenn wir es schaffen könnten, mehrere, viele solcher technischen Experten zusammenzuspannen, die dann unter einer übergeordneten Koordination oder zumindest ausgerichtet an gemeinsamen Zielen gemeinsam in eine Richtung arbeiten. Und was hätten wir dann? Richtig: ein Projekt. Und was sind IT- und Digitalisierungsexperten im Kern? Richtig: Menschen. Mir scheint, darauf lief es von Anfang an hinaus: Haupt- Ansatzpunkt für die Steuerung von Digitalen Entwicklungen und Projekten ist der Mensch; der Mitarbeiter, der Kollege, der Experte, der Projekt-Partner- - männliche und weibliche selbstverständlich gleichermaßen. Wir müssen diejenigen Menschen bewegen, die in unseren Projekten täglich diejenigen Fähigkeiten, die sie von Systemen, Programmen und Maschinen abheben, einsetzen sollen. Wir müssen die Menschen überzeugen, welche urteilen, bewerten und weitreichende Entscheidungen treffen (sollen). Gut, das haben wir jetzt also schonmal klar bekommen. Und von den (nicht nur nach meiner Erfahrung) notwendigen und hilfreichen Kompetenzen für ein „#DrivingDigital-Projektmanagement“, mit denen man erfolgreich steuern und getrost die Verantwortung dafür übernehmen kann, soll in den nächsten vier Abschnitten nun die Rede sein. TEIL III : Der Wert der Nähe im „Chaos“ der Digitalisierung Haben Sie schon einmal mit Ihrem Computer gekuschelt? Nein? Warum eigentlich nicht? Sie arbeiten täglich mit ihm, sie kommunizieren mit ihm, sie können ohne ihn nicht leben, sie vertrauen ihm, sie „lieben“ ihn. Und doch: eine Maschine ist eben kein Mensch. Menschen ticken anders. Menschen sind mehr. Die physische Nähe zu einem Computer alleine löst (mit wenigen Ausnahmen vielleicht) bei Menschen kein tiefes, emotionales Wohlbefinden aus. Dagegen erzeugen Menschen in der Nähe bei Menschen ein tieferes und qualitativ anderes Befinden als die Maschine. Dies wird umso deutlicher, je chaotischer uns die Welt um uns herum erscheint. Und für die meistens von uns, und ich wage zu behaupten, auch für die meisten Techniker, ist die Welt der Digitalisierung insgesamt ein einziges großes (wenn zugegebenermaßen auch spannendes) Chaos. Nähe, die ein Wohlfühl-Gefühl auslöst, das selbst im Chaos weiterführt zu Selbstwert, zu Stabilität und Vertrauen und letztlich zu Motivation und Engagement, entsteht nicht durch digitale, also eindimensionale Kommunikation, die lediglich Fakten zu transportieren imstande ist. Diese wertvolle Nähe entsteht durch mehrdimensionale Kommunikation (der große Kommunikationsforscher des vergangenen Jahrhunderts Paul Watzlawick spricht direkt von „analoger Kommunikation“ [9]), die (nur) im direkten persönlichen Austausch in der Lage ist, die Emotionalität, eine zentrale Grundfähigkeit und ein zentrales Grundbedürfnis des Menschen, mit einzubeziehen. Im Gespräch von Angesicht zu Angesicht mit unserem Gegenüber entsteht außerhalb der Fakten-Übermittlung eine „innere“ Verbindung, die wir spüren, ohne dass eine physische Berührung da ist. Und Verbindungen geben Halt; wenn Sie es nicht glauben, fragen Sie Ihre Ingenieure. Das heißt dann aber doch ganz einfach logisch weitergedacht, dass ich mit Menschen anders umgehen und anders kommunizieren muss (und ja meistens auch will) als mit Computern; zum einen, weil ich mir davon mehr erwarten darf, zum anderen aber auch, weil ich dadurch viel mehr erreichen kann. Mal ehrlich: Ihre ganze Emotionalität-- im positiven wie im negativen Sinn- - in die Unterhaltung mit einer Maschine zu stecken, würde Ihnen wohl kaum einfallen, und wollten Sie noch so unbedingt ein Ziel erreichen, nicht wahr? Und es kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: Alles was wir tun und sagen-- und sei es noch so technisch-- und auch alles was wir nicht tun und nicht sagen, sendet außer den technischen Fakten eine Botschaft an unsere Umwelt, die Schwerpunkt | Driving Digital --… but Human is Key (1) 38 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0034 interpretiert und verstanden werden kann- - und soll! Aber: je weniger Kanäle wir für die Kommunikation nutzen (also zum Beispiel nur Schallwellen / Telefon ohne Sichtkontakt, nur Schrift / E-Mail ohne persönlichen Kontakt etc.), desto größer ist die Gefahr von Missverständnissen und desto größer auch die Gefahr von verschenkten Möglichkeiten, weil eben genau diejenigen Botschaften dann fehlen, die über die anderen Dimensionen vermittelt werden; ich nehme an, Sie kennen das. Um aber wirklich alle dieser Kommunikationsdimensionen nutzen zu können, bedarf es, so wage ich zu behaupten, noch mehr als der reinen physischen Nähe. Mit dem Gesprächspartner oder den Gesprächspartnern im gleichen Raum zu sein reicht noch nicht. Es braucht, wie soll ich sagen, eine im tieferen Sinne analoge, „menschliche“ Nähe zwischen den Kommunizierenden, zwischen Führungskraft und Mitarbeiter, zwischen Kollegin und Kollege, zwischen Projektmanager und Partner. Es braucht eine gewisse Offenheit, ein Wissen um den Anderen und die ihn beeinflussenden Faktoren, ein Kennen seiner Situation und Agenda; und notfalls auch ein Ertragen von mir nicht sympathischen Eigenarten und mir nicht verständlichen Arbeits- und Verhaltensweisen. Und das braucht Zeit! Diese Art von Nähe braucht Zeit. (Damit könnte man mutig schon schlussfolgern: ab einem gewissen Punkt ist Geschwindigkeit ein Feind der Digitalen Transformation; und diese Mutmaßung wird uns im Rahmen unserer Betrachtungen noch mehr als ein weiteres Mal begegnen-…) Und es braucht die Bereitschaft (auf beiden Seiten), sich auf sein Gegenüber wirklich und ehrlich einzulassen; die Bereitschaft, den Gesprächspartner und seine Situation verstehen zu wollen und an einen selbst heranzulassen-- ihn sich nahe kommen zu lassen-- die Bereitschaft, menschliche Nähe zuzulassen und aktiv daran zu „bauen“. Nähe, physische und emotionale Nähe zu den Menschen in meinem Umfeld, in meinem Team, in meinem Digitalisierungsprojekt hat also einen Wert. Einen Wert, der die Wert- Schöpfung in jedem unserer Vorhaben unterstützt, wenn nicht gar überhaupt erst ermöglicht. Um das Potenzial dieses Wertes zur (unter Garantie) besseren und erfolgreicheren Steuerung Ihres Teams, Ihrer Projekte und aller technologischen und digitalen Themen zu nutzen: warum lassen Sie nicht einfach mal das Telefon aus? Warum nehmen sie nicht einfach mal Ihre Finger von der Tastatur und gehen ins Nachbarbüro hinüber oder ins nächste Stockwerk oder ins andere Gebäude und sprechen einfach kurz mit Ihrer Kollegin (deren Tür ja vielleicht zu ihrer Überraschung schon offensteht)? Wenn man schon nicht nichtkommunizieren kann, wie Paul Watzlawick in seinem „1. Axiom of Communication“ [9] sagt, warum dann nicht versuchen, mit möglichst wenig Missverständnissen und mit möglichst allen Chancen zu kommunizieren? Warum nicht die menschliche Nähe für den Austausch suchen? Warum eigentlich nicht? Stehen sie auf und gehen sie los! Ich bin absolut sicher, Ihr Projekt wird genau dadurch an Wert (Erfolg, Qualität, Effizienz-…) gewinnen. Und ich lade Sie ein, auch dieses durchaus attraktive, aber eben sehr unpersönliche Format des Zeitschriftenartikels zu verlassen und in direkten Kontakt mit dem Autor zu kommen. Schreiben Sie mir eine E-Mail, rufen Sie mich an oder kommen Sie mich an unserem CGI-Standort in Echterdingen (bei Stuttgart) besuchen, um über die großen Themen der Digitalisierung und ihrer Steuerung zu diskutieren. Wenn ich kann, helfe ich Ihnen gerne, alle diese Überlegungen in Ihren ganz konkreten Projekt-, IT- und Digitalisierungskontext zu übertragen. Und ich bin überzeugt davon, auch ich kann dabei viel von Ihnen lernen. Die Inhalte von Nähe, die im „Chaos” der Digitalen Transformation Stabilität geben können: TEIL IV : Der Wert der Wertschätzung im „Lärm“ der Digitalisierung Chaos. Lärm. Eine Großbaustelle, Staub, Presslufthammer- Gedröhn, Mengen von Arbeitern, Lastwagen und Baggern, haushohe Materialberge, Gesten, Aufregung, Hektik-…- - wo bin ich? Wie kriege ich hier jetzt meine Aufgabe durch dieses Tohuwabohu? Hochwertig und in der knappen Zeit? Und da, zwischen den Maschinen im Lärm und außer Hörweite mein Polier mit einer kleinen Geste direkt zu mir: Daumen hoch und ein kurzes Lächeln. Wow! Der sieht mich! Der findet das gut, was ich bisher zustande gebracht habe! Und er traut mir zu, meine Aufgabe sicher und gut zu Ende zu bringen. Er zählt auf mich! Er braucht mich! Also los, Schuhe nochmal festgebunden, Ärmel nochmal hochgekrempelt, noch ein kurzer Blick auf den Plan-- und weiter geht’s! Chaos. Psychischer Lärm (Druck). Ein digitales Großprojekt, Informationsstaub, Datengedröhn- …- - ich denke, Sie können sich zum oben beschriebenen Baustellenmoment die Parallele in einem Digitalisierungsprojekt unserer Tage leicht selbst lebhaft ausmalen. Und sicher kennen Sie es aus eigenem Erleben, was so ein kleiner Moment der Aufmerksamkeit eines Kollegen, eine klitzekleine Geste der Wertschätzung des Chefs im richtigen Moment bewirken kann: Wohlbefinden, Bedeutung, Motivation, Wärme- … Oder sie kennen es bedauerlicherweise nicht, dann werden Sie sicher spüren, wie sehr und vielleicht schmerzlich Ihnen genau das fehlt. Nach der sogenannten Two-Factors-Theory [10] des hochgeachteten amerikanischen Psychologen und Arbeitswissenschaftlers Frederick Herzberg ist die (wahrnehmbare) Wertschätzung einer der sechs zentralen Motivatoren für Menschen. Also auch die Wertschätzung für unsere Mitmenschen im Projekt (und darüber hinaus) bewirkt etwas für das Projekt, für die Zielerreichung, für den Erfolg-- und wird somit Teil des Steuerungsinstrumentariums in der Digitalen Transformation. Schwerpunkt | Driving Digital --… but Human is Key (1) 39 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0034 Wert-Schätzung, was ist das denn, genau besehen: Ich schätze den Wert des Anderen, meines Gegenübers, egal ob Chef, Reinigungskraft, Kollege oder Passant. Kennen Sie den Wert Ihres Reinigungspersonals im Büro? Ich meine den Wert für Sie, nicht was er oder sie für seine oder ihre Arbeit an Geld bekommt. Kennen Sie nicht so genau? Gut, dann stellen Sie sich doch mal für einen Moment vor, wie Ihre Arbeit aussähe, wenn die nächsten vier Wochen, die nächsten sechs Monate niemand mehr Ihren Papierkorb leeren würde, wenn niemand in Ihrem Büro staubsaugte, sechs Monate lang, niemand die Kaffeemaschine putzte und niemand das Klopapier nachfüllte, sechs Monate lang. Können Sie sich nicht vorstellen? Gut, dann probieren Sie das die nächsten Wochen doch einfach mal aus. Und kennen Sie den Wert Ihres Sekretärs? Den Ihrer Assistentin? Den Ihres Projekt-Managers? Und kennen Sie den Wert Ihres Chefs? Wenn ein Mensch also einen Wert hat, in dem was er tut oder ist, wenn einem „der Andere“ etwas bedeutet, dann ist der Umgang mit ihm Wert-schätzender, achtsamer, berücksichtigt auch seine Interessen, das, was er braucht, was ihm hilft: Lob zum Beispiel, Zeit, die ich mir nehme (um Nähe aufzubauen-- siehe Teil III), Unterstützung in seinen Fragen oder Aufgaben, so wie es eben gerade passt-- oder wo es einfach gerade notwendig ist; und Nachsicht mit Fehlern und Unzulänglichkeiten. Das heißt dann aber auch, dass ich mich an der einen oder anderen Stelle selbst zurücknehmen muss, egal ob ich Chef oder Kollege oder Chef-Chef bin; die Rechte und Bedürfnisse meiner Gegenüber sind gleichwertig zu den meinen- - oder nicht? Eigene Bescheidenheit schafft Augenhöhe! Neben dem Lob ist vielleicht die Nachsicht (über die ich im vorigen Absatz etwas oberflächlich hinweggegangen bin) der stärkste Ausdruck der Wertschätzung. Erlauben Sie mir deshalb und zum etwas genaueren Verständnis zum Abschluss noch einen kleinen Gedanken-Ausflug zu diesem schwierigen Wort und Unterfangen vor allem in unserem technisch-geschäftlichen Umfeld. Mit Nachsicht meine ich nicht Beliebigkeit! Nachsicht ist vielmehr im Sinne von Barmherzigkeit den Mitarbeitern, den Kollegen, den Chefs gegenüber zu verstehen und drückt die Absicht aus, ihnen die Situation nicht schwerer zu machen als nötig. Der große Theologe und frühere Fernsehpfarrer Dr. Jörg Zink spitzt es sogar zu in dem Satz: „Prinzipien sind unwichtig, im Ernstfall genügt ein wenig Barmherzigkeit.“ [11] Zugegeben das ist schon provokativ. In unserem Geschäftsumfeld und in unserer Gesellschaft haben Prinzipien schon eine gewisse Berechtigung und sind hier und da auch unabdingbar. Aber doch kann dieser Satz helfen, die Maßstäbe geradezurücken: nicht alles was Prinzipien oder Vorgaben in Projekten fordern, dient dem Menschen (und oftmals auch nicht dem Projekt). Eine gesunde Portion Aufmerksamkeit, wohin eine Aktion oder ein Projekt führt und für wen und ob überhaupt ein wirklicher Mehrwert entsteht, hilft oft mehr, eine Aufgabe sinnvoll und wertvoll zu erledigen als das stumpfe Befolgen von Regeln, die den konkreten Fall bei ihrer Erstellung gar nicht im Blick haben konnten (hinter denen aber dennoch, wenigstens in den meisten Fällen, eine bestimmte gute Absicht steht! ). Fingerspitzengefühl wird hier zu einer Art Synonym für Nachsicht oder Barmherzigkeit. Und natürlich gilt auch hier: Um Konflikte schon im Voraus zu vermeiden, müssen beabsichtigte Regel-Abweichungen oder Umwege zum Wohl des Projekts und der „Stakeholder“ (Menschen! ) im Voraus mit den Betroffenen und Beteiligten einfach mal besprochen und abgestimmt werden. Was hindert Sie daran? Genau genommen: nichts. (Freiwillige) Hausaufgabe bis zur Fortsetzung in der nächsten Ausgabe des PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL. (oder nach Ende der Lektüre insgesamt): Probieren Sie doch mal, Ihre Mitarbeiter, Ihre Kollegen, Ihre Chefin und Ihren Chef mit Wertschätzung im heute hier erörterten Sinn zu bewegen, und vielleicht sogar ein wenig zu „steuern“. Ich wäre gespannt auf Ihre Erfahrungen. Die Inhalte von Wertschätzung, die im “Lärm” der Digitalen Transformation Innere Stärke verleihen können: An dieser Stelle gönnen wir Ihnen und uns nun eine kleine Pause, um ein wenig durchzuatmen und das Ganze, wenn Sie mögen, noch einmal ein wenig nachzudenken. Der zweite Teil und die Conclusio dieser Gedanken folgt in Heft 3 der PRO- JEKTMANAGEMENT AKTUELL. Literatur [1] Sprenger, Reinhard K.: Radikal digital: Weil der Mensch den Unterschied macht- - 111 Führungsrezepte Deutsche Verlagsanstalt, München 2018. [2] Watson, Richard: “Periodic Table of Disruptive Technologies” auf “engineering.com”. https: / / www.engineering. com / story / periodic-table-of-disruptive-technologiesdraws-roadmap-of-the-future, Stand: 01. 04. 2022. [3] Sprenger, Reinhard K.: Radikal digital: Weil der Mensch den Unterschied macht- - 111 Führungsrezepte Deutsche Verlagsanstalt, München 2018. [4] Fels, Vanessa: Anwendung künstlicher Intelligenz zur Reduktion von Personal in der Sachbearbeitung. Master-Thesis, Hochschule Reutlingen, Reutlingen 2018. [5] Maslow, Abraham: Paper "A Theory of Human Motivation" in “Psychological Review” Nr. 50. American Psychological Association, Washington D. C. 1943. 6] Dt. Institut f. Normung: DIN 69 901 Deutsches Institut für Normung e. V., Berlin 2009. Harald Schäfer, Burkhard Schäfer Business-Rhetorik für Hochschulabsolvent: innen 2., überarbeitete und erweiterte Auflage 2022 164 Seiten €[D] 17,90 ISBN 978-3-8252-5784-2 eISBN 978-3-8385-5784-7 Kommunikation im Berufsalltag verlangt eigene rhetorische Fähigkeiten. Auf was Hochschulabsolvent: innen dabei achten sollten, vermitteln Harald und Burkhard Schäfer in diesem Buch. Sie gehen auf Vortrag, direktes Gespräch mit Vorgesetzten sowie auf Verkaufsgespräche mit Kund: innen ein. Übungen helfen dabei, die eigene Redetechnik zu verbessern. Ein Kapitel ist der digitalen Kommunikation gewidmet. Anzeige Schwerpunkt | Driving Digital --… but Human is Key (1) [7] Weinert, Franz E (Hrsg.) : Leistungsmessungen in Schulen. Beltz Verlag, Weinheim und Basel 2001. [8] GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. (Hrsg.): Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM4). Handbuch für Praxis und Weiterbildung im Projektmanagement. Nürnberg, 2019. [9] Watzlawick, Paul u. a.: Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien (11., unveränd. Auflage). Huber Verlag, Bern 2007. [10] Frederick Herzberg: The Motivation to Work. Wiley Verlag, New York 1959. [11] Jörg Zink: Persönliches Gespräch. Stuttgart 1991. Eingangsabbildung: © iStock.com / Cecilie_Arcus Matthias Pietzner Matthias Pietzner ist Executive Consultant bei CGI mit einer über mehr als 20 Jahre gewachsenen und erprobten Expertise im Projekt-, Multiprojekt- und Portfolio-Management. Sein beruflicher Weg begann nach dem Studium der Betriebswirtschaft in den komplexen Entwicklungsthemen der Automobilindustrie und führte ihn über Stationen in operativen und strategischen Projekten schließlich in das IT-Umfeld bei CGI, wo er heute schwerpunktmäßig Kundenprojekte im Bereich Kritischer Infrastrukturen und des öffentlichen und kirchlichen Sektors „end-to-end“ betreut. Neben weiteren Coaching- und Beratungsaufgaben lehrt Matthias Pietzner seit 10 Jahren Projekt- und Qualitätsmanagement sowie Controlling an der Hochschule Esslingen, University of Applied Sciences, zum größten Teil in Englischer Sprache. Privat engagiert er sich im kirchlichen und kirchenmusikalischen Bereich. Er ist verheiratet und hat drei Kinder und lebt südöstlich von Stuttgart am Rande der Schwäbischen Alb. CGI Deutschland B. V. & Co. KG Leinfelder Str. 60 70 771 Leinfelden-Echterdingen eMail: matthias.pietzner@cgi.com Mobil: 01 511 / 21 679 11 41 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0035 Ist die agile Projektmanagementmethode auch für Sie geeignet? Voraussetzungen für die agile Transformation Emadeldin Fawaz, Chris Krupke Für eilige Leser | In Deutschland stehen das agile Projektmanagement und die agile Transformation vor finanziellen und kulturellen Herausforderungen. Auf die wichtigsten Herausforderungen wird eingegangen und sinnvolle Lösungs- Szenarien werden diskutiert. Die Softwareanbieter befinden sich in einer paradoxen Situation: Einerseits müssen sie ihren Kunden ein Höchstmaß an Flexibilität und Akzeptanz für ständige Veränderungen bieten, andererseits müssen sie das Budget und ihre Gewinn- Marge unter Kontrolle halten. Agile Projektmanagement-Methoden werden auf dem deutschen Markt als DIE „one-size-fits-all“-Lösung präsentiert. Diese falsche Annahme wird diskutiert und ein allgemeiner Überblick über die Voraussetzungen für eine agile Transformation gegeben Schlagwörter | Agile Transformation, Agile, Agilität, IT-Projekt-Management, Software-Entwicklung Konventionelle Methoden des Projektmanagements basieren auf einer frühzeitigen Definition der Anforderungen, der Produktspezifikation und der Kostenabschätzung vor Projektbeginn. Die größte Herausforderung auf dem IT-Markt in den letzten Jahrzehnten ist jedoch, dass sich Anforderungen und Produktspezifikationen ständig ändern. Konventionelle Methoden des Projektmanagements sind dementsprechend nicht mehr effizient, um auf ein solches Maß an Unsicherheit zu reagieren. Ein IT-Lösungsanbieter ist verpflichtet, zwischen den sich ständig ändernden Kundenanforderungen auf einer Hand und den vertraglichen Vereinbarungen in Bezug auf Zeit und Budget auf der anderen Hand zu balancieren. Diese Situation erforderte eine neue Methode des Projektmanagements, die beidhändig ( Ambidextrous ) ist. Einerseits müssen wir auf die ständigen Änderungen der Kundenanforderungen schnell reagieren. Andererseits müssen wir dem Kunden einen Rahmen für das Erwartungsmanagement und, was noch wichtiger ist, für die Abrechnung und das Finanzmanagement des Projekts geben. Agile Projektmanagement-Methoden sind die Evolution des Projektmanagements. Der Clou der agilen Methoden liegt in ihrer Einfachheit. Die agile Methode basiert auf gesundem Menschenverstand und zielt genau darauf ab, unnötige Verschwendung von Ressourcen zu vermeiden. Agil, als Wort, bedeutet die Fähigkeit, sich schnell und leicht zu bewegen. Im Marketingkontext spiegelt Agilität die Fähigkeit wider, schnell auf veränderte Kundenanforderungen und Marktdynamik zu reagieren. Die IT-Branche verändert sich rasant. Was zu Beginn eines Softwareprojekts als State-ofthe-art gilt, kann zum Zeitpunkt der Produktauslieferung als veraltet gelten. Einige Branchen wie Medizin, Versorger und Energie sind stark reguliert. Es besteht ein ständiger Bedarf, auf die sich ändernden Anforderungen des Gesetzgebers zu reagieren, insbesondere in Bezug auf Informationssicherheit und Geschäftstransparenz. Geschäftsinhaber sind nun verpflichtet, sofort auf Regelmäßigkeitsstandards zu reagieren. Der Bedarf an Agilität in der Softwareindustrie ist auf seinem Höhepunkt. In der Softwarebranche ist Agilität ein Synonym für die Akzeptanz von Veränderungen ( Embracing Change ). Viele deutsche Unternehmen nutzen den Satz „Wir sind agil“ zur Markenbildung und um ihre Orientierung an der Kundenzufriedenheit zu demonstrieren. In der Praxis sind agile Methoden ein Rahmenwerk für kontinuierliche Entwicklung und kontinuierliche Lieferung. Agil zu werden ist jedoch nicht so einfach, wie es klingt. Viele Unternehmen tun sich schwer mit Wissen | Voraussetzungen für die agile Transformation 42 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0035 der agilen Transformation. Ein Teil dieses Kampfes ist auf die Unklarheit der Erwartungen zurückzuführen. Es ist sehr wichtig, ein solides Verständnis der agilen Philosophie zu haben, bevor man mit der agilen Transformation beginnt. Agilität erleichtert den „Change“, ist aber mit zusätzlichen Kosten verbunden. Wir sind eher an die „5-Sterne-Restaurant“-Mentalität gewöhnt, bei der „der Kunde immer Recht hat“. Der Lösungsanbieter agiert als Maître d'hôtel , der für die Kundenzufriedenheit verantwortlich ist. Diese Denkweise muss vollständig aufgegeben werden. Agiles Projektmanagement erfordert ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen dem Kunden und dem Lösungsanbieter. Der Erfolg von agilem Projektmanagement hängt von der Fähigkeit aller Beteiligten ab, partnerschaftlich zusammenzuarbeiten und die Prinzipien des Agilen Manifests [1] zu beherzigen. In der agilen Produktentwicklung zahlen Sie genau für das, was Sie bekommen. Nehmen wir das Beispiel eines Restaurants. In den USA gibt es einige Restaurants, die es Ihnen erlauben, Ihre Bestellung zu ändern, nachdem Sie sie probiert haben. Allerdings sind solche in der Regel überteuert, weil sie das Risiko einkalkulieren, dass Sie nach der Auslieferung des Produkts eine Änderung verlangen könnten. Dieses Risiko wird Ihnen dann im Voraus in Rechnung gestellt. In iterativen agilen Umfeldern müssen Sie, als Kunde, sich darüber im Klaren sein, dass, wenn Sie Ihre Bestellung immer wieder ändern, Ihnen die bis dahin verschwendeten Zutaten in Rechnung gestellt werden. Wenn der Kunde nach einer Funktion gefragt hat, wird ihm die Entwicklung dieser Funktion in Rechnung gestellt. Wenn er es sich später anders überlegt und darum gebeten hat, sie zu ändern, wird sie ihm erneut in Rechnung gestellt. Jeder Anbieter wird aus einer pragmatischen Geschäftsperspektive dazu tendieren, alle Änderungen zu akzeptieren. Die harte Tatsache ist: Der Lösungsanbieter wird jedes Mal wirtschaftlich profitieren, wenn Sie eine Änderung anfordern, je mehr, desto besser. Jedes Mal, wenn die Business Unit eine Änderungsanforderung (A. K. A. Change Request) sendet, werden die Gesamtkosten des Produkts steigen. Dies belastet die Korrektheit Ihrer Budgetierung und die Fähigkeit des Lösungsanbieters, den Projektplan einzuhalten, enorm. Änderungen werden immer begrüßt und willkommen geheißen. Allerdings muss der Kunde den Unterschied zwischen dem, was er will, und dem, was er braucht, verstehen. Denn was man braucht, ist in der Regel fix. Aber was Sie wollen, kann sich im Laufe der Zeit ändern. Auf jede kleine Änderung zu reagieren, wird mit Kosten verbunden sein. Wenn Sie bereit sind, für das, was Sie wollen, zu bezahlen, wird Sie das zum besten Kunden aller Zeiten machen. Allerdings sollten Sie mit dem, was Sie sich wünschen, vorsichtig sein, denn Sie werden es bekommen. Der wichtigste Faktor für den Erfolg bei der Implementierung agiler Methoden ist, dass der Kunde verstehen muss, dass seine Rechte, Änderungen zu verlangen, zeitlich und wirtschaftlich begrenzt sind. Das Gleichgewicht zwischen Kosten und Flexibilität liegt in der Gesamtverantwortung des Kunden. Kostenvoranschlag, zwischen „ Push “ und „ Pull “ Im konventionellen Projektmanagement werden die Größe und die Bestandteile jedes Arbeitspakets vom Projektmanager festgelegt. Der Projektleiter erstellt verbindliche Kostenschätzungen. Abweichungen von den geschätzten Kosten müssen begründet werden. Die PRINCE2-Methodik empfiehlt, einen tolerierten Spielraum für Kostenabweichungen zu lassen. Da Kostenschätzungen verbindlich sein können, wird die Arbeit auf die Mitarbeiter geschoben ( Push Principal ). Das Push-Prinzip bedeutet, dass jeder Mitarbeiter (oder jedes Team) eine Liste von Aufgaben erhält, die innerhalb eines bestimmten Zeitfensters zu erledigen sind. Die Erfahrung des Projektleiters und sein Führungsstil spielen die entscheidende Rolle bei der Steuerung des Projekts und die Größe der Arbeitspakete. Bei agilem Vorgehen ist die Geschichte anders. Es gibt keinen Projektleiter. Die Verantwortung des Projektmanagements wird zwischen allen Beteiligten aufgeteilt, einschließlich dem Kunden selbst. Die agile Methodik basiert auf der Aufteilung des Projekts in kleine „ Timeboxen “. Timeboxing bedeutet, dass das Projekt in kleine Teilprojekte mit festen Zeitdauern für jedes von ihnen unterteilt wird. Vor dem Start jeder Timebox entscheidet der Kunde, welche Prioritäten gesetzt werden und was zuerst entwickelt werden soll. Am Ende jeder Timebox entscheidet der Kunde, ob er das Projekt auf eine weitere Timebox ausdehnt oder das Projekt mit dem beendet, was bis dahin geliefert wurde. Es ist hier wichtig zu verdeutlichen, dass der Kunde über die Prioritäten entscheidet, nicht aber über die Bestandteile der einzelnen Arbeitspakete pro Timbox. Es ist ein wichtiger Teil der agilen Methodik, das „ Pull-Prinzip “ zu implementieren, d. h., das Team entscheidet über die Größe der Arbeitspakete und deren Komponenten und wird dadurch ein selbstverwaltetes Team. Es wird empfohlen, das Team nicht unter Leistungsdruck zu setzen, da dies die Qualität beeinträchtigen könnte. Die Größe des Arbeitspakets entscheidet nur des Teams. Das Team sollte die Ressourcen, die es hat, analysieren, einschließlich der Anzahl der verfügbaren Personen während der Timebox und der Fähigkeiten jedes einzelnen von ihnen. Dann wählt das Team aus der priorisierten Liste ( Backlog ) die Items aus, die in das kommende Arbeitspaket aufgenommen ( Pulled ) werden. Die höher priorisierten Items sollten zuerst abgeholt werden. Das Team muss Änderungen in den Prioritäten, die vor dem Start jeder Timebox vorgenommen wurden, akzeptieren und seine Pläne entsprechend anpassen. Smart Teams sollten sich auf den aktiven Timebox konzentrieren, aber gleichzeitig im Blick haben, was in den kommenden Timeboxen enthalten sein könnte. Wichtig ist hier zu betonen, dass der Kunde das Recht hat, die Items und deren Prioritäten zu ändern, aber nur VOR dem Start der Timebox. Nach dem Start der Timebox kann der Kunde die Prioritäten der kommenden Timeboxen ändern, nicht aber die aktive Timebox. In katastrophalen oder schwerwiegenden Fällen kann der Kunde die aktive Timebox vorzeitig beenden ( premature Termination ) und die bis dahin entstandenen Kosten tragen. Natürlich hat der Kunde das Recht, figurative Einschätzungen darüber zu machen, wann das Endziel erreicht werden „könnte“ und zu welchen „erwarteten“ Kosten. Die Hochrechnungen und Einschätzungen des Kunden sind für das Team keineswegs verpflichtend und könnten sogar zu Kon- Wissen | Voraussetzungen für die agile Transformation 43 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0035 flikten / Druck führen, wenn sie mit dem Team geteilt werden. Viele Kunden haben versucht, die Methodik zu überlisten und nach statistischen Korrelationen zu suchen, die die Kosten mit vielen KPIs verknüpfen, wie z. B.: Anzahl der Codezeilen pro Euro, Anzahl der Story Points pro Euro, Anzahl der Merges oder Commits pro Timebox-… etc. So funktioniert es aber einfach nicht. Agile Methoden beruhen auf gegenseitigem Vertrauen zwischen Anbieter und Kunde. Auf der einen Seite ist der Kunde verpflichtet, das Budget jeder Timebox fast als Blackbox zu akzeptieren. Auf der anderen Seite riskiert der Lieferant möglicherweise seine Gewinnmarge, um die strategische Beziehung zu einem wertvollen Kunden aufrechtzuerhalten. Dieses Paradoxon hängt hauptsächlich von der „ Bargaining Power “ der einzelnen Stakeholder ab. Wie die Amerikaner sagen: „ take it or leave it „. Erst Vertrauen verdienen, dann agile Transformation Die agile Projektmanagementmethode ermöglicht den Mitarbeitern, selbst zu entscheiden, welche Quantität sie zu einem bestimmten Zeitpunkt abliefern werden, solange sie sich an den ihnen klar kommunizierten Qualitätsstandard halten werden. Agilität basiert auf Selbstdisziplin. Wenn es im Team keine Selbstdisziplin gibt, kann die ganze Methode nicht funktionieren. Obwohl die Agilität Flexibilität mit sich bringt, gibt es keinen Kompromiss zwischen Flexibilität und Verbindlichkeit ( Commitment ). Zu Beginn muss sich das Team für das Commitment entscheiden, dann wird ihm die Flexibilität ermöglicht, die es innerhalb der Grenzen des eingegangenen Commitments braucht. Wenn das Team sich weigert, ein Commitment zu geben, weckt dies Zweifel an der Zuverlässigkeit des Teams und dementsprechend am Vertrauen in das Team. Das Team entscheidet über den Umfang der Verpflichtung. Commitments sollten zuerst gemacht werden. Dann folgt die Flexibilität. Was bedeutet das für Sie als Manager, Chief Officer oder Coach? Wenn Sie mit einem Team arbeiten, das sich das Vertrauen seiner Vorgesetzten „noch“ nicht verdient hat, dann müssen Sie die agile Transformation verschieben, bis sich dieses Team das Vertrauen verdient hat. Andernfalls begeben Sie sich in einen Kreislauf aus Misstrauen und Verhaltensweisen, die Ihre Bemühungen für eine agile Transformation vollständig gefährden werden. Die Methode wird einfach nicht funktionieren, wenn die Führungskräfte ihren Teams nicht vertrauen. Wie kann ich also messen, ob das Team überhaupt Vertrauen genießt? Nun… Organisationen, die ein hohes Maß an Mikromanagement aufweisen, vertrauen ihren Mitarbeitern noch nicht so sehr. Das Ausmaß des Mikromanagements in Ihrer Organisation wird Ihnen dies deutlich machen. Das ist die nackte Wahrheit, egal was die Unternehmen auf ihrer Website schreiben. Sie dürfen sich nicht von der Spitze des Eisbergs in die Irre führen lassen (Abbildung 1). Eine Fehlerkultur ist jedoch ein weiteres Zeichen dafür, dass den Mitarbeitern vertraut wird. Fehlerkultur ist im Allgemeinen ein wichtiger Erfolgsfaktor für jedes innovative Unternehmen [2]. Fehlende Fehlerkultur zeigt, dass man nicht bereit für Agilität ist. In Agile sollten Sie progressiv planen und „intelligent“ steuern (Smart Control) Es gibt die Vorstellung, dass agiles Management eine Art Laissez faire ist. Manche Mitarbeiter glauben, dass agile Methoden ihnen die absolute Entscheidungsfreiheit geben. Diese Vorstellung ist nicht korrekt. In a Nutshell : Agile Projektmanagement-Methoden wurden entwickelt, um Dilberts Welt zu vermeiden und zu verhindern. Eines der Paradoxa von Dilbert war, dass er früher viel Zeit mit Projektplanung und Risikomanagement verschwendet hat- - einschließlich der Vorhersage von Unvorhersehbarem ( predicting the unpredictable ). Oftmals war der Zeitaufwand für die Planung größer als die Zeit für die Entwicklung des eigentlichen Produkts. Agile Me- Abbildung 1: Kulturebenen-Modell nach Edgar Schein Wissen | Voraussetzungen für die agile Transformation 44 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0035 thoden versuchten, die Auswirkungen dieses Problems durch den Einsatz von Timeboxen- - bis zu vier Wochen lang- - einzuschränken. Solche kleinen Time-Boxen können mit mehr besseren prognostizierten Risiken und weniger Unsicherheiten geplant werden. Der Aufwand für das Risikomanagement wird reduziert. Agile Best Practices besagen, dass die Zeit, die für die Planung jedes Teilprojekts (Timebox) aufgewendet wird, im Verhältnis zur Länge des Teilprojekts selbst stehen sollte. Es wurde geschätzt, dass eine Stunde Planung für jede Projektwoche angemessen ist. Wir müssen uns der Tatsache stellen, dass Innovation und Problemlösung Zeit kosten. Es ist eine Best Practice im Projektmanagement im Allgemeinen, etwas Luft für Toleranz zu veranschlagen. Es wird jedoch empfohlen, dass das Team eine Vision darüber aufbaut, was als Nächstes kommt. Ungerechtfertigte Überwachung, Mikromanagement und Überkontrolle waren Teil von Dilberts Welt. Dilbert musste täglich so detailliert seine Tätigkeiten beschreiben, dass er keine Zeit hatte, tatsächlich einen Mehrwert für das Produkt zu schaffen. Agilität ist nicht nur eine Methodik, die ausschließlich auf Kosteneinsparungen abzielt, sondern berücksichtigt auch die Psychologie der Menschen. Agile Methoden wurden entwickelt, um ungerechtfertigten Druck auf die Mitarbeiter zu vermeiden. Das Befolgen der Agilen Methoden reduziert das Risiko von Burnouts und Arbeitserschöpfung [3]. Übermäßige Kontrolle wird die Innovationsfähigkeit der Mitarbeiter einschränken. Wir erwarten nicht, dass alle Entwickler einen Teil ihrer Zeit für die Berichterstattung über Aktivitäten und Fortschritte verschwenden. Dies ist auch keine Lean Best Practice. Es wurden spezielle Rollen geschaffen, um benötigte Berichte zu erstellen, wie z. B. der Scrum Master. Es gibt viele agile Toolkits, die nicht-invasive automatisierte Berichtsmechanismen bereitstellen. Leistung und Fortschritt werden automatisch berichtet, ohne dass die Entwickler Zeit für die Erstellung verschwenden müssen. Es werden automatisch generierte, standardisierte Diagramme entwickelt, um Leistung und Fortschritt zu kommunizieren. Es gibt viele agile Tools, die den Fortschritt melden und Aktivitäten und Leistung überwachen, z. B. JIRA Software. Agile und moderne Methoden im Projektmanagement bevorzugen visuelles Reporting. Eine Grafik ist besser als 1000 Worte und spart Zeit und Energie bei der Interpretation. Zum Beispiel können Burn-down- oder Burn-up-Diagramme den Fortschritt auf einen Blick vermitteln. Es gibt eine weit verbreitete Vorstellung unter Entwicklern, dass ein Genie in einer isolierten Umgebung, frei von Hindernissen, arbeiten muss, um eine wertvolle kreative Arbeit abzuliefern. Aus diesem Grund haben einige agile Frameworks, wie z. B. Scrum, neue Positionen erfunden, wie z. B. den Scrum Master. Die Aufgabe des Scrum Masters ist es, das Senior Management mit Fortschrittsberichten zu versorgen. Der Scrum Master ist auch dafür verantwortlich, sich um alle Hindernisse im Unternehmen zu kümmern, die eine reibungslose Arbeit des Teams verzögern oder verhindern könnten. Wem gehört das Produkt: Product Owner vs. Business Owner? Die „Agile Alliance“ zielte im Wesentlichen darauf ab, ein Projektmanagement-Framework zu schaffen, das eine angemessene Kommunikation zwischen dem Kunden und den Entwicklern gewährleistet [4]. Ingenieure oder Softwareentwickler, die die Fähigkeit haben, mit dem Kunden an der Front zu arbeiten, sind sehr selten. Leider ist die Mehrheit der Entwickler nicht auf eine Rolle mit Kundenkontakt vorbereitet und möchte diese eigentlich auch gar nicht ausüben. Persönlichkeitsstudien haben gezeigt, dass Ingenieure im Allgemeinen dazu neigen, sich mehr mit ihrem Beruf zu identifizieren. Ingenieure halten sich in der Regel für Genies und neigen dazu, selbstbewusst zu sein und sich gegen die Zusammenarbeit mit anderen zu wehren, insbesondere mit Nicht-Ingenieuren [5]. Daher müssen wir jemanden mit einer bestimmten Denkweise finden, der dem Kunden gegenübersteht. Kleine und mittelständische Unternehmer, vor allem im Silicon Valley, suchten nach Leuten, die das Geschäft erst wachsen lassen können. In den meisten Stellenausschreibungen war zu lesen, dass der Arbeitgeber nach Leuten sucht, die „Ownership“ übernehmen können, d. h. Leute, die sich im Namen des Arbeitgebers so verhalten können, als ob sie Eigentümer davon wären. Aus dieser Kultur im Hintergrund ist der Name „Product Owner“ entstanden. Der Product Owner ist nicht derjenige, dem das Produkt gehört. Der Product Owner arbeitet für den Dienstleister und seine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass das Geschäft reibungslos und profitabel läuft. Der Product Owner ist dafür verantwortlich, dass das gelieferte Produkt der Kundenzufriedenheit entspricht. Er ist der Eigentümer des Kundenzufriedenheitsprozesses. Um als Product Owner erfolgreich zu sein, müssen Sie sich dementsprechend so verhalten, „als ob“ Sie der Eigentümer des Produkts ( the owner of the Product ) sind. Der eigentliche Eigentümer des Produkts wird als „Business Owner“ oder einfach als „The Customer“ oder „Auftraggeber“ bezeichnet. Die Rolle des Product Owners besteht hauptsächlich darin, eine häufige und offene Kommunikation mit dem Kunden zu pflegen, um die Prioritäten zu setzen. Die Prioritäten müssen klar und objektiv gemessen werden Die agilen Toolkits enthalten Methoden zum Abwägen der Kompromisse zwischen dem, was wir brauchen, und dem, was wir wollen. Wir müssen zwischen Bedürfnissen und Wünschen unterscheiden, um die Beurteilung der Prioritäten vornehmen zu können. Bedürfnisse sollten definitiv an erster Stelle stehen. Im Allgemeinen sind die Kunden bereit, für Einfachheit und Eleganz einen Aufpreis zu zahlen. Jede zusätzliche Funktion bringt Ihrem Kunden bis zu einer bestimmten Grenze einen Mehrwert. Nach diesem Schwellenwert bringt jede hinzugefügte Funktion möglicherweise überhaupt keinen Mehrwert mehr und kann sogar die Risiken erhöhen. Die Entwicklung einer Funktion, die möglicherweise überhaupt nicht genutzt wird, ist schlichtweg eine Verschwendung von Ressourcen und kann sogar zu einer zunehmenden Produktkomplexität, Benutzerfrustration und mehr Anrufen bei Kundendienstzentren führen. Das beste Produkt könnte das einfachste Produkt sein, das zuverlässig alle benötigten Funktionen bereitstellt und vom Endbenutzer häufig verwendet wird. Das Kano-Modell [6] ist eine bekannte Technik, die Kriterien und Methoden zur Verfügung stellt, um zu ermitteln, welche Funktionen in Bezug auf die Zufriedenheit der Endbenutzer entwickelt und welche ignoriert werden sollten. Wissen | Voraussetzungen für die agile Transformation 45 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0035 Es besteht eine lineare Beziehung zwischen der Anzahl der Funktionen und den Gesamtkosten des Produkts. Kano hat jedoch speziell dargestellt, dass die Beziehung zwischen der Anzahl der Funktionen und der Kundenbeziehung mehr oder weniger glockenförmig ist (Abbildung 2). Ein erfahrener Product Owner wird sich nur an den Erwartungen der Kunden und dem Mehrwert für den Endbenutzer orientieren. Ein guter Product Owner arbeitet mit dem Team und den Kunden zusammen und ist bereit, ihm bei Bedarf Erklärungen zu geben. Seine / ihre Aufgabe ist es, die User Stories zu schreiben und dafür zu sorgen, dass die Bedürfnisse der Kunden angemessen dokumentiert und an das Team gut kommuniziert werden. Kurz gesagt: Der Product Owner vertritt das Team nach außen vor dem Kunden und der Scrum Master vertritt das Team nach innen vor der Unternehmensführung. Zusammenfassung: Agil ist nicht für jeden Kontext geeignet Dies ist das wichtigste „Muss Wissen über Agilität“. Agilität ist kein „Plug and Play“-Tool. Es ist auch kein „one-size-fits-all“. Die Agile Alliance hat vier wichtige Werte definiert, die sich in 12 agilen Leitprinzipien widerspiegeln [1 & 4]. Das agile Manifest hat die Leitprinzipien über die agile Methode dargestellt. Es zeigte implizit auch die Voraussetzungen für den Erfolg der agilen Transformation auf. Die agile Transformation ist im Grunde genommen ein Veränderungsprojekt. Der Erfolg in der agilen Umsetzung wird durch feste kulturelle Voraussetzungen umschrieben. Bevor mit der agilen Transformation begonnen wird, muss eine gründliche Analyse über die Kultur und die Bereitschaft zur Veränderung durchgeführt werden. In einem ersten Schritt ist es wichtig zu beachten, dass Agilität von selbstmotivierten Menschen und für selbstmotivierte Entwickler entwickelt wurde. Dies geht aus dem 5. und 11. agilen Prinzip klar hervor. Ausgehend von den Erfahrungen im deutschen Markt beginnen viele Unternehmen die agile Transformation, indem sie externe Coaches einladen, die den Mitarbeitern Zeitmanagement, Priorisierungsmethode und Time-Boxing beibringen. Die meisten agilen Coaches, wenn nicht sogar alle, konzentrieren sich in der Praxis darauf, Selbstmanagement und das Einschätzen der Team-Velocity zu lehren. Das mag zwar nicht verkehrt sein. Wenn Sie jedoch selbstmotivierten Menschen beibringen, wie sie ihre Zeit managen können, werden Sie bei einer besseren Produktivität landen. Wenn Sie selbstmotivierten Menschen beibringen, wie sie ihren Fortschritt einschätzen können, werden Sie bei einem besseren Management landen. Aber es könnte riskant sein, weniger motivierte Menschen zu befähigen, sich selbst zu managen. Die Produktivität an sich wird auf diese Weise vielleicht nicht verbessert. Tatsächlich wird das Pull-Prinzip, das der praktische Grundstein für den Erfolg der agilen Methodik ist, überhaupt nicht funktionieren, wenn die Leute nicht von vornherein hochgradig selbstmotiviert an ihre Arbeit gehen. Das Pull-Prinzip geht davon aus, dass sich jeder Einzelne von sich aus eine neue Aufgabe suchen sollte, wenn die aktuelle Aufgabe zufriedenstellend erledigt wurde. Ein solches Verhalten kann man nur von einem hoch selbstmotivierten Individuum erwarten. Wenn die Leute weniger selbstmotiviert sind, werden sie immer jemanden brauchen, der sie antreibt, sich eine neue Aufgabe zu suchen. In vielen Organisationen wurden der Scrum Master oder der Product Owner mit dieser Aufgabe betraut, was keine agile Best Practice ist. Wenn Ihre Mitarbeiter nicht selbstmotiviert sind, dann ist es wichtiger, in die Steigerung ihres organisatorischen Bürgerverhaltens ( Organisational Citizenship Behaviour ) zu investieren, bevor eine agile Transformation überhaupt in Betracht gezogen wird. Auch die Eigenmotivation ist eine ganz entscheidende Grundlage für Vertrauen. Eine pragmatische Tatsache ist: Führungskräfte werden keine Mitarbeiter befähigen, denen sie nicht von vornherein vertrauen. Yukl und Mahsud [7] illustrierten, dass die Beziehung zwischen den Mitarbeitern und ihren Führungskräften in Phasen verläuft. Am Anfang ist die Führungskraft neu im Team. Sie kennen sich noch nicht. Es gibt noch keine Basis, um Vertrauen und Empowerment aufzubauen. Um Vertrauen in die Leistung und die Qualität der gelieferten Arbeit aufzubauen, wird die Führungskraft in dieser Phase zu Mikromanagement und stärkerer Kontrolle nei- Abbildung 2: Kano-Modell für die Abhängigkeiten zwischen der Erfüllung der Kundenanforderungen und Kundenzufriedenheit. Wissen | Voraussetzungen für die agile Transformation 46 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0035 gen. Mit der Zeit werden die Mitarbeiter Vertrauen gewinnen und zu mehr Empowerment und Selbstmanagement befähigt werden. Agile Methoden wurden für eine reife Leiter-Team-Beziehung entwickelt. Dennoch ist die Beziehung zwischen Vertrauen und Selbstmotivation mehrdimensional. Auf der einen Seite ist es hier wichtig zu beachten, dass Verhaltensweisen wie Vertrauen und Selbstbefähigung von der Spitze der Organisation nach unten gehen (top-down). Das heißt, das obere Management muss dem mittleren Management vertrauen, damit das mittlere Management den Teamleitern vertrauen kann und so weiter und so fort. Von der anderen Seite, wenn die Mitarbeiter nicht selbst motiviert sind, wird man ihnen nicht zutrauen, Selbstmanagement zu praktizieren, und sie können keine Befähigung erhalten. Das geht von unten nach oben. Bevor mit der agilen Transformation begonnen wird, müssen Faktoren bewertet werden, die sich auf das Vertrauen auswirken können, wie z. B. das Verhalten der Mitarbeiter in der Organisation, die wahrgenommene Gerechtigkeit in der Organisation und/ oder die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Das Fehlen solcher kulturellen Voraussetzungen könnte die agile Transformation gefährden. Wenn solche kulturellen Voraussetzungen nicht vorhanden sind, ist die Organisationskultur noch nicht bereit für die agile Transformation. Ein erfahrener Change Manager wird hier von großem Wert sein. Denn bevor man sich in die agile See stürzt, muss man zunächst die kulturelle Bereitschaft für die agile Transformation bewerten und einen Plan für das Kulturmanagement haben. Kommunikationsqualität und ein guter Plan für das Kommunikationsmanagement sind Voraussetzungen für die agile Transformation. Dies ist in den 4., 6. und 8. agilen Prinzipien enthalten. Kommunikation bedeutet an dieser Stelle die Verfügbarkeit einer Informationsquelle, wann immer sie benötigt wird. Der Kunde sollte für den Product Owner erreichbar sein und der Product Owner sollte für die Teammitglieder erreichbar sein. Der Product Owner wird nicht in der Lage sein, effizient zu arbeiten, wenn es keinen offenen Kommunikationskanal mit dem Kunden gibt. Es wird nicht erwartet, dass der Kunde 24 / 7 verfügbar ist. Ein guter, offener und zuverlässiger Kommunikationsplan ist jedoch entscheidend. Wenn es ein Problem in der Kommunikation gibt, kann die ganze Methode nicht funktionieren. Es gibt viele Modelle für Kommunikationspläne. Sie müssen das Modell auswählen oder erstellen, das am besten zu Ihnen passt. Danksagung Die Autoren möchten sich bei dem Energie- und Utilitiesmanagement Team der SD&C GmbH für die wertvollen Kommentare und konstruktiven Hinweise bedanken. Ein besonderer ausdrücklicher Dank geht an Maire Krüger und Christoph Gröbler für ihre wertvolle Unterstützung. Literatur [1] Manifesto for Agile Software Development. Available from: https: / / agilemanifesto.org/ . Abrufdatum: 14. 09. 2021 [2] Angst, Robert; Kemmer, Ralf. Fehlerkultur als Erfolgsfaktor im Projektmanagement. PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL. September 2020, Issue 6, pp 10-14. DOI: 10.2357 / PM-2020-0087 [3] Venkatesh, V., Thong, J. Y., Chan, F. K., Hoehle, H. and Spohrer, K., 2020. How agile software development methods reduce work exhaustion: Insights on role perceptions and organizational skills. Information Systems Journal, 30(4), pp.733-761 [4] Principles behind the Agile Manifesto. Available from: https: / / agilemanifesto.org / principles.html. Abrufdatum: 14. 09. 2021 [5] Robledo, I. C., Peterson, D. R., & Mumford, M. D. (2012). Leadership of scientists and engineers: A three-vector model. Journal of organisational Behavior, 33(1), 140-147 [6] Kano, N., Seraku, N., Takahashi, F. and Tsuji, S. (1984) Attractive Quality and Must-Be Quality. Journal of the Japanese Society for Quality Control, 41, 39-48 [7] Yukl, G., & Mahsud, R. (2010). Why flexible and adaptive leadership is essential. Consulting Psychology Journal: Practice and Research, 62(2), 81 Eingangsabbildung: © Darkdiamond67/ Shutterstock.com Dr. rer. pol. Emadeldin Fawaz Emad hat seine Promotion (Dr. rer. pol.) an der Universität Potsdam unter der Supervision von Prof. Dr. Eric Kearney (Thema: Leadership und Organisationskultur) abgeschlossen. Er verfügt auch über einen MBA von der Purdue University, USA. Er hat für die US NAVY für mehr als zehn Jahren gearbeitet. Er erhielt die Stellen als Principal Investigator und Senior international Project Manager. Er ist in dem deutschen Markt mit dem Thema Agile Transformation (als Coach und Projektmanager) seit mehr als fünf Jahren vertraut. ORCID-ID: 0000-0001-9317 - 1201 Chris Krupke Mit dem Management agiler Projekte beschäftigt sich Chris Krupke seit 2013, unter anderem mit der am längsten etablierten agilen Methodik DSDM Attern des Agile Business Consortium und im weiteren Verlauf dann auch mit der SCRUM-Methode. In seinem Werdegang hat er die verschiedenen agilen Projektrollen übernommen und kennt damit die verschiedenen Sichtweisen der Beteiligten. Daneben ist er auch mit der klassischen Projektmanagementwelt vertraut und entsprechend zertifiziert. Im Projektgeschäft steht der den Kunden und Partnern inzwischen auch als Coach zur Seite. 47 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0036 Schritt für Schritt oder gleich mit großem Knall? Die Auswahl der passenden Software- Einführungsstrategie Francisco Josué Artaza, Maik Dorl Für eilige Leser | Wie gelingt die Einführung komplexer Unternehmenssoftware? Wer Einflussfaktoren nicht kennt oder falsch gewichtet, wählt leicht die falsche Einführungsstrategie. Mit Struktur und passender Strategie senken Sie Kosten und Risiko und steigern die Akzeptanz. Der Erfolg einer Softwareeinführung steht und fällt mit der Auswahl der Rollout-Strategie. Neben rein iterativen Modellen und dem Big-Bang-Ansatz stehen eine Reihe kombinierter Einführungsstrategien zur Auswahl. Eine Softwareimplementierung ist ein komplexes Projekt, das nach einer strukturierten Vorgehensweise verlangt. Jede Strategie kann bei bestimmten Rahmenbedingungen zum Scheitern des Einführungsprojekts führen. Damit sich Kundenunternehmen und Anwenderberater gemeinsam für die richtige Strategie entscheiden, müssen sie die Einflussfaktoren für die Auswahl der optimalen Strategie zu identifizieren und zu steuern wissen. Den Weg zur geeigneten Rollout-Strategie weist ein eigens dafür entwickeltes Expertentool, das sämtliche Einflussfaktoren berücksichtigt und individuell gewichtet. Schlagwörter | Einführungsstrategien, Softwareeinführung, Einführungsprojekte, Software-Rollout, Projektmanagement-Software, Change Management, Change Communication, Vorgehensmodell Die Einführung einer neuen Unternehmenssoftware ist immer eine heikle Angelegenheit- - und zwar sowohl für Beteiligte des Kundenunternehmens (Projektleitung, Entscheidungsträger, Geschäftsführung) als auch für die Anwenderberater des Softwareunternehmens. Je größer das Kundenunternehmen ist, je mehr Standorte und Abteilungen mit der Software ausgestattet werden sollen und je tiefer das Softwareprodukt in die Unternehmensstrukturen und Geschäftsprozesse eingebunden werden soll, desto komplexer und strategisch bedeutsamer ist es, die optimale Software-Einführungsstrategie zu wählen. Die Autoren berufen sich auf akkumuliert über drei Jahrzehnte persönlicher praktischer Erfahrung in der Implementierung von webbasierter Projektmanagement-Software. Gemeinsam mit ihrem Team blicken Sie auf ca. 1.500 erfolgreiche Software-Einführungsprojekte zurück. Das Spektrum der dabei angewandten Einführungsstrategien deckt sich weitgehend mit jenem von ERP-Systemen oder jeder anderen komplexen Unternehmenssoftware. Die Wahl der Rollout-Strategie steht in der Definitionsphase jedes Softwareeinführungsprojekts an. Im Wesentlichen kommen drei verschiedene Arten von Rollout-Strategien zum Einsatz: 1. Big-Bang-Ansatz 2. Reine iterative Einführungsstrategien 3. Kombinierte Einführungsstrategien In der Praxis kombinieren sie diese drei grundlegenden Ansätze zu komplexen Einführungsstrategien. Für welche Einführungsstrategie sie sich im jeweiligen Fall entscheiden, hängt von einer Reihe unterschiedlicher Einflussfaktoren und von den spezifischen Vor- und Nachteilen der verschiedenen Einführungsstrategen ab. 1. Schnell und komplett: Big Bang Beim Big Bang werden alle Softwaremodule zu einem bestimmten Stichtag für alle Nutzer aktiviert (Abb. 1). Die neue Software ersetzt das Altsystem ganzheitlich, sodass Nutzer keine Prozesse im Neu- und Altsystem parallel pflegen müssen. Big Bang ist die schnellste und kostengünstigste Einfüh- Wissen | Die Auswahl der passenden Software-Einführungsstrategie 48 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0036 rungsstrategie für große Unternehmen- - vorausgesetzt, es läuft alles nach Plan. Treten Probleme auf, verursacht eine Big-Bang-Einführung schnell hohe Kosten. Im schlimmsten Fall kann bei einem Abbruch des Einführungsprojekts kein „Rollback“ auf das Altsystem erfolgen und alle Unternehmensprozesse geraten ins Stocken. [1] Um die hohen Risiken der Big-Bang-Einführungsstrategie zu minimieren, ist eine Vorbereitungsphase besonders wichtig: Die Anwenderberater müssen technische Systembetreuer und Schlüsselnutzer vorab schulen. Zudem muss die neue Software im Vorfeld ausgiebige und möglichst vollständig mit Echtdaten bestückte Testverfahren durchlaufen. [2] Der Softwareanbieter entwickelt bereits in der Vorbereitungsphase sämtliche benötigte Schnittstellen. 2. Reine iterative Einführungsstrategien Iterative, also schrittweise Einführungsstrategien mindern das hohe Risiko, das beim Big Bang besteht. Identifizieren die Beteiligten im Verlauf des Einführungsprojekts ein Problem, lässt es sich mit vergleichsweise geringem Aufwand beheben. Selbst wenn nicht behebbare Probleme auftreten, fällt der Preis des Scheiterns niedriger aus: Die Einführungstiefe war geringer und eine Rückkehr zum Altsystem ist noch möglich. Die höhere Sicherheit geht zulasten des Aufwands: Eine iterative Einführung benötigt mehr Zeit als eine Big-Bang-Einführung, da sie in mehreren Phasen stattfindet. Jede einzelne Phase des Einführungsprojekts ist für sich betrachtet weniger komplex als eine Einführung nach Big Bang. Die Dauer des gesamten Einführungsprojekts steigt mit der Anzahl der Phasen. Zentral gesteuerte Unternehmen müssen sich während eines iterativen Einführungsprojekts auf eine schlechtere Qualität des zentralen Controllings einstellen. Sie sinkt insbesondere, wenn das Unternehmen standort-, abteilungs- und projektübergreifend Buchungsdaten nach Kostenstellen, -arten und -trägern auswertet. Dem Kundenunternehmen bleiben zwei Optionen: Entweder erstellt es in diesem Fall viele temporäre Schnittstellen, oder es pflegt die Daten in Alt- und Neusystem parallel. Reine iterative Einführungsstrategien (Abb. 2) lassen sich untergliedern in • Projektorientierte Einführung • Funktional iterative Einführung • Regional / abteilungsweise iterative Einführung Abbildung 2: Schemata rein iterativer Einführungsstrategien im Vergleich Abbildung 1: Schema der Einführungsstrategie Big Bang Wissen | Die Auswahl der passenden Software-Einführungsstrategie 49 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0036 2.1 Projektorientierte Einführung Ein kleines Projektteam nutzt das neue Programm zunächst in einem unternehmenstypischen Projekt. Ein Scheitern hätte in diesem Fall keine weitreichenden negativen Auswirkungen, die Abbruchkosten wären gering. [3] Daher empfiehlt sich die projektorientierte Einführungsstrategie insbesondere bei einem unsicheren Projektumfeld. Bereits während des Testprojekts passt das Projektteam die Software an die unternehmensspezifischen Prozesse an. Da die Einführungsdauer von der Dauer des Testprojekts abhängt, ist dieser Ansatz nicht empfehlenswert bei Projekten mit hoher Laufzeit, zum Beispiel bei konzernweiten ERP-Einführungen. Nach Abschluss oder schon während des ersten Testprojekts steht dem Unternehmen frei, ein weiteres Testprojekt durchzuführen oder die Software flächendeckend einzuführen. Die projektorientierte Einführung ist nicht zu empfehlen, wenn ein zentrales Projektmanagement Office (PMO) Projekte steuert. In diesem Fall würden für das projektübergreifende Ressourcenmanagement und Projektcontrolling doppelte Aufwände für die Pflege der Projektdaten im neuen sowie im alten System anfallen. Die Strategie ist geeignet, wenn sich die Projekte des Unternehmens ähneln, sodass Erfahrungen aus dem Praxiseinsatz der neuen Software direkt in die weitere Optimierung und Anpassung einfließen. Das Projektteam sollte aus motivierten und IT-affinen Kollegen bestehen. So steigt die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Testphase und es entsteht eine positive Signalwirkung bei der weiteren Belegschaft. Besonders wenn das Unternehmen zuvor nicht projektübergreifend ausgewertet hat, ist die projektorientierte Einführung eine Option. 2.2 Funktional iterative Einführung Beim funktional iterativen Ansatz führt das Unternehmen die verschiedenen Module einer Software sukzessive ein. Die gesamte Nutzerschaft erhält auf einmal Zugriff, aber funktional gestaffelt, also zum Beispiel schrittweise Modul für Modul. In der Vorbereitung müssen Projektverantwortliche unbedingt die Abhängigkeit der Module voneinander beachten und die Einführungsreihenfolge sowie den Projektstrukturplan entsprechend gestalten. Beispielsweise sollten sie Module für Zeiterfassung und Urlaubsplanung vor einem Modul zum Ressourcenmanagement einführen, da Letzteres auf Ersterem beruht. Bei eng gekoppelten Modulen ist eine gleichzeitige Einführung sinnvoll. Vor der Einführung jedes neuen Moduls gilt es, die Mitarbeiter zu schulen und die Einbindung des Altsystems zu klären. Diese Vorgehensweise bietet den Entwicklern Zeit, die Schnittstellen der Module nacheinander zu entwickeln. Will das Unternehmen verschiedene Softwareprodukte durch eine Gesamtlösung ersetzten, ist die funktional iterative Einführung eine gute Wahl. Die Einführung des ersten Moduls hat eine wichtige Signalwirkung für die Akzeptanz der Nutzer. Die Auswahl des Moduls für die erste Iteration sollte daher wohl überlegt und seine Einführung gut vorbereitet werden. Hat die Belegschaft einen positiven Blick auf die Softwareeinführung gewonnen, vereinfacht dies die darauffolgenden Einführungsphasen erheblich. 2.3 Regional oder abteilungsweise iterativ Bei der regional iterativen Einführungsstrategie führt ein Unternehmen eine Software sukzessive an verschiedenen Standorten ein. Bei der abteilungsweise iterativen Einführung erfolgt die Softwareeinführung nacheinander in verschiedenen Abteilungen eines Standorts. Diese Methode eignet sich vor allem für international aufgestellte Unternehmen, bei denen sich Prozesse und Unternehmenskultur je nach Standort unterscheiden. Auch wenn verschiedene Abteilungen eines Unternehmensstandorts sehr verschiedene Organisationsstrukturen und Arbeitsabläufe aufweisen, ist diese Einführungsstrategie sinnvoll. Für einen einzelnen Standort gleicht die regional iterative Einführungsstrategie dem Big Bang. Nach der Softwareeinführung an einem Standort oder in einer Abteilung sammeln und analysieren die Projektverantwortlichen sämtliche Probleme und passen die Software an die unternehmensspezifischen Anforderungen an. Erst dann beginnt die Einführung am nächsten Standort oder in der nächsten Abteilung. Datenaustausch und Datensynchronisation zwischen verschiedenen Standorten können leiden, wenn ein oder mehrere Standorte bereits das neue System, andere jedoch noch das Altsystem nutzen. 3. Kombinierte Einführungsstrategien In der Praxis sind verschiedene Einführungsstrategien beliebig kombinierbar. Die drei geläufigsten Kombinationen (Abb. 3), die die Autoren in der Praxis anwenden, sind: • Pilotierte Einführung • Big Bang mit anschließender funktional iterativer Einführung • Regional iterative Einführung mit anschließendem Big Bang 3.1 Pilotierte Einführung Die pilotierte Einführung ist eine Kombination aus regional iterativer und funktional iterativer Einführung. Einzelne Softwaremodule oder Modulgruppen werden zeitlich versetzt regional iterativ im Unternehmen eingeführt. Dieses Verfahren benötigt bis zum Abschluss der Einführung viel Zeit. Der Start kann jedoch sehr schnell erfolgen, da der Softwareanbieter vorab nur die Schnittstellen des ersten Moduls einrichten muss. Sollten technische Probleme auftreten, bleibt genügend Zeit, bevor die Einführung desselben Moduls am zweiten Standort beginnt. Das Risiko pro Iterationsschritt ist damit deutlich gemindert. Auch relativ unerfahrene Projektleiter können das Einführungsprojekt erfolgreich realisieren. Die pilotierte Einführung ist ideal, wenn die Anforderungen und der gewünschte Funktionsumfang noch unklar sind. Schritt für Schritt spezifiziert eine jeweils begrenzte Anzahl an Nutzern die Anforderungen im Lauf der Einführung. Die Einführung sollte an dem Standort oder in der Abteilung mit der größten Motivation beginnen. Als erstes Modul sollten die Beteiligten das mit dem erwartungsgemäß größten Nutzen für das Kundenunternehmen auswählen. Bei vielen Standorten und Abteilungen eignet sich die pilotierte Einführung weniger, da sie zu zeitaufwendig ist. In diesem Fall sollte sie mit einer anschließenden regional iterati- Wissen | Die Auswahl der passenden Software-Einführungsstrategie 50 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0036 ven oder funktional iterativen Einführung gekoppelt werden: Sind die Anforderungen an ein Modul ausreichend definiert, wird es an den übrigen Standorten sukzessive eingeführt. 3.2 Big Bang mit funktional iterativer Einführung Wenn die Zeit drängt und eine Einführung sehr kurzfristig erfolgen muss, ist diese Variante des Big Bang eine Option. Dies ist beispielsweise der Fall bei: • Erforderlicher Ablösung des Altsystems wegen Vorgaben von Datenschutz oder Datensicherheit • Ausgründung oder Firmenübernahme • Zeitnahem Auslaufen von Lizenzen Die Einführung erfolgt nach Big Bang, allerdings wird die Projektvorbereitung so kurz wie möglich gehalten. Notwendige Prozessanpassungen und Schulungen der Mitarbeiter finden erst nach der Einführung schrittweise statt. Das Risiko ist vergleichsweise hoch, da kein Test des neuen Systems vor der Einführung stattfindet. So kann sich zu spät herausstellen, dass die Software hinsichtlich ihrer Funktionalitäten oder der Usability nicht den Erwartungen entspricht und auf Widerstand in der Mitarbeiterschaft stößt. Diese Einführungsstrategie verlangt daher nach einem erfahrenen Projektleiter, der Nutzern die Strategie transparent und kompetent erläutert. 3.3 Regional iterativ mit anschließendem Big Bang Die Einführung der Software erfolgt schrittweise über die Standorte oder Abteilungen. Dabei sammeln alle Prozessbeteiligten Erfahrungen und lösen aufkommende Probleme. Nachdem diese regionale Testeinführung abgeschlossen ist, erfolgt die Softwareeinführung an allen anderen Standorten mit sämtlichen Modulen im Big-Bang-Verfahren. Je heterogener die Arbeitsweisen und Anforderungen der verschiedenen Abteilungen sind, desto mehr Abteilungen oder Standorte sollten zunächst iterativ vorgehen. Die Strategie empfiehlt sich, wenn die neue Lösung in vielen Abteilungen oder Standorten eingeführt werden soll, aber noch Unsicherheiten bezüglich der neuen Prozesse bestehen. Die stufenweise Einführung mindert die Risiken und neu gewonnene Erfahrungen fließen in die Vorgehensweise der nächsten Phasen ein. Damit das Controlling während der Einführungsphase funktioniert, muss die Entwicklung temporäre Schnittstellen vorbereiten. 4. Elf Einflussfaktoren bei der Strategiefindung Neben der Dauer spielen auch Kosten und Risiken eine wichtige Rolle bei der Strategiefindung. Auf Grundlage praktischer Erfahrungswerte haben die Autoren elf zentrale Rahmenbedingungen identifiziert, die bestimmen, welche Strategie für ein Unternehmen die geeignete ist. Diese elf Faktoren lassen sich unterteilen in: • Drei gegebene Unternehmensfaktoren • Vier beeinflussbare Unternehmensfaktoren • Vier Produktfaktoren Abbildung 3: Drei geläufige Ansätze von kombinierten Einführungsstrategien Wissen | Die Auswahl der passenden Software-Einführungsstrategie 51 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0036 4.1 Gegebene Unternehmensfaktoren Einige Anforderungen und Ziele des Unternehmens, die die Auswahl der geeigneten Einführungsstrategie beeinflussen, können Projektverantwortliche des Softwareanbieters und des Unternehmens nur begrenzt aktiv beeinflussen. • Die Anzahl der Unternehmensstandorte und Abteilungen: Unternehmen führen eine Software meist für all ihre Standorte ein. International können aber andere Bestimmungen greifen, die eine Software nicht unterstützt. • Prozessänderungen: Eine Softwareeinführung ist auch ein Change-Management-Prozess. [4] [5] Es ist wichtig, die Mitarbeiter ins Boot zu holen. Projektleiter müssen vor der Einführung neuer Strukturen transparent darstellen, wer mit welchen Auswirkungen und Änderungen zu rechnen hat. Der Begriff „Change Communication“ [6] [7] beschreibt die Maßnahmen, die dafür notwendig sind. • Zeit für das Einführungsprojekt: Die Zeit ist neben Kosten und inhaltlichen Zielen einer der Faktoren des magischen Dreiecks im Projektmanagement. Übertragen auf ein Einführungsprojekt für Software bedeutet das, dass bei gleichen Kosten mit mehr Zeit auch mehr inhaltliche Ziele erreicht werden können. Mit Reduzierung der Dauer steigt immer das Risiko. 4.2 Beeinflussbare Unternehmensfaktoren Vier weitere Faktoren sind zwar gegeben, sind jedoch weitgehend beeinflussbar. Der Berater des Softwareanbieters und der interne Projektleiter des Unternehmens sollten vor und während des Projekts versuchen, sie aktiv im Sinne einer erfolgreichen Einführung zu beeinflussen. • Klare Anforderungen und Ziele: Bereits vor der Softwareauswahl sollte ein Unternehmen seine Anforderungen ans neue System schriftlich fixieren. [8] [9] Ebenso wichtig sind die Anforderungen der späteren Nutzer, also der Mitarbeiter. Auch Arbeitsprozesse verschiedener Abteilungen und abteilungsübergreifende Workflows gilt es zu dokumentieren und dem Softwareanbieter in einem Pflichtenheft zu übergeben. • Managementunterstützung: Eine Softwarelösung kann bestehende Strukturen und Machtverhältnisse innerhalb eines Unternehmens verändern. Wenn das Projektteam ein Projektmanagementoffice (PMO) oder einen Lenkungsausschuss installiert, sollte das Management das unterstützen oder zumindest billigen. Fehlende Unterstützung des Managements lässt ein Einführungsprojekt scheitern. • Motivation: Je größer ein Unternehmen, desto schwieriger ist es, eine Softwareeinführung gegen den Willen der Mitarbeiter durchzusetzen. Um die Akzeptanz und Motivation der Mitarbeiter zu steigern, sollten sie die Ziele verstehen, den Nutzen erkennen und um Risiken der anstehenden organisatorischen Änderungen wissen. Daher sind Schulungen, Workshops, Einzelgespräche und Informationsformate vor, während und nach der Einführung entscheidend. [10] • Erfahrung des Projektteams: Je erfahrener die Einführungsverantwortlichen sind, desto besser schätzen sie Risiken ein, desto flexibler reagieren sie auf unvorhergesehene Komplikationen und desto schneller und sicherer treffen sie Entscheidungen. 4.3 Produktfaktoren Die Architektur und Eigenschaften der Software selbst beeinflussen die Strategieauswahl hinsichtlich vier verschiedener Faktoren. Dies sind: • Anzahl der Module: Je mehr Module eingeführt werden sollen, desto aufwendiger ist nicht nur der Einführungsprozess selbst, sondern desto mehr unerwartete Widerstände können bei den Nutzern auftreten, desto mehr Änderung in bestehenden Arbeitsaufläufen und Prozessen sind nötig und desto höher ist das Risiko des Scheiterns. • Anzahl der Schnittstellen: Die Komplexität und Anzahl der Schnittstellen sind wichtige Faktoren für ein Softwareeinführungsprojekt. Bei Einführungen nach Big Bang oder regional iterativ sollten alle Schnittstellen vor Beginn der Abbildung 4: Die Grafik zeigt, in welcher Ausprägung die Einflussfaktoren die Wahl der Einführungsstrategie bestimmen Wissen | Die Auswahl der passenden Software-Einführungsstrategie 52 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0036 Einführung eingerichtet sein. Handelt es sich um komplexe Schnittstellen, die der Softwarehersteller am Kernprodukt programmieren muss, kann dies so viel Zeit in Anspruch nehmen, dass beispielsweise der entscheidende Vorteil einer Big-Bang-Einführung gar nicht zum Tragen käme. • Tiefe notwendiger Anpassungen: Um individuelle Prozesse im Unternehmen bestmöglich abzubilden, müssen kundenspezifische Anpassungen an Standardsoftware erfolgen. Individuelle Erweiterungen der Software sind fehleranfälliger als der Standard. Diese Fehler müssen gefunden und behoben werden. • Menge abzulösender Systeme: Die Anzahl der abzulösenden Systeme ist eine wichtige Rahmenbedingung für ein Softwareeinführungsprojekt, wenn es die Vorgabe gibt, dass ein System alle Informationen zu den Projekten für das Management bereitstellen soll. Das Schema in Abbildung 4 verdeutlicht, wie stark der Einfluss der verschiedenen Faktoren auf die Wahl entweder iterativer Strategien oder eines Big-Bang-Ansatzes ist. Die Produktfaktoren (hellblau hinterlegt) sprechen bei jeweils steigender Anzahl von Modulen, Anpassungen oder einzurichtenden Schnittstellen umso stärker für iterative Ansätze. Ist die Menge abzulösender Systeme allerdings sehr hoch und müssten deshalb temporär viele Schnittstellen von Altzu Neusystem eingerichtet werden, stellt dies ein K.-o.-Kriterium dar und legt eine Big-Bang-Einführung nahe. Unter den nicht beeinflussbaren Unternehmensfaktoren (grün hinterlegt) ist Zeitdruck ein Ausschlusskriterium gegen iterative Ansätze. Viele Prozessänderungen sprechen gegen eine Big-Bang-Einführung. Je mehr Standorte und Anwender es gibt, desto besser eignen sich iterative Ansätze. Ausschlaggebend für die Wahl der richtigen Strategie sind meist die beeinflussbaren Unternehmensfaktoren. Jeder dieser vier Faktoren kann mit entsprechenden Maßnahmen verbessert werden, sodass weitere Strategien infrage kommen. Aus der Tendenz zu entweder iterativer oder Big-Bang-Vorgehensweise ergibt sich damit eine Vielzahl konkreter Einführungsstrategien. 5. Strategiefindung mit Expertentool Die elf komplexen Faktoren zu gewichten und die passende Einführungsstrategie zu empfehlen, ist eine enorm anspruchsvolle Aufgabe. Die Autoren greifen dabei auf ein Expertentool zurück, das eigens für diesen Zweck entwickelt wurde. Die Berater befüllen die Eingabefelder der Expertentools in Workshops und im Dialog mit dem Kundenunternehmen, indem sie entsprechende Werte für sämtliche Einflussfaktoren ermitteln. Das Tool gewichtet die Kriterien angepasst auf die Bedingungen und Anforderungen des jeweiligen Kundenunternehmens, visualisiert die Eignung der Strategien vergleichend (Abb. 5) und gibt darüber hinaus konkrete Handlungsempfehlungen. Oft gibt es mehrere Strategien, die unter den gegebenen Rahmenbedingungen infrage kommen. Manager und Berater sollten sich vor allem auf die vier beeinflussbaren Unternehmensfaktoren fokussieren. Wer die Möglichkeit hat, diese Fak- Abbildung 5: Das Expertentool visualisiert die Eignung von Einführungsstrategien Wissen | Die Auswahl der passenden Software-Einführungsstrategie 53 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0036 toren positiv für das Einführungsprojekt zu beeinflussen, hat automatisch mehr Freiheit bei der Wahl der Strategie. Das Expertentool hilft Beratern, objektiv die bestmögliche Einführungsstrategie für die Anforderungen des Kunden auszuwählen und gezielte Maßnahmen einzuleiten, um die Einflussfaktoren für die Anwendung der jeweiligen Strategie zu optimieren. Kunden bietet das Tool maximale Transparenz. Es macht die Empfehlung des Beraters nachvollziehbar und schafft Akzeptanz für die Maßnahmen in der Mitarbeiterschaft. Der entscheidende Vorteil: Es befähigt den Kunden, die Auswahl für die gewünschte Einführungsstrategie selbst zu fällen. Literatur [1] Hansmann, Holger/ Laske, Michael/ Luxem, Redmer: Einführung der Prozesse-- Prozess-Roll-out. In: Becker, Jörg/ Kugeler, Martin/ Rosemann, Michael (Hrsg.). Prozessmanagement. (7. Auflage) Springer, Berlin 2012, 277-302. [2] Gronau, Norbert: Industrielle Standardsoftware: Auswahl und Einführung. De Gruyter Oldenbourg, München 2001. [3] Koch, Oliver: Strategieorientierte Einführung komplexer Softwaresysteme. Vorgehensmodell zur Sicherung von Wettbewerbsvorteilen und zum TCO-optimierenden Projektmanagement. Witec, Kassel 2008. [4] Kirchmer, Matthias/ Scheer, August-Wilhelm: Change Management- - der Schlüssel zu Business Process Excellence. In: Scheer, August-Wilhelm et al.: Change Management im Unternehmen. Prozessveränderungen erfolgreich managen. Springer, Berlin 2003, 1-14. [5] Bejan, Alina/ Huber, Elisabeth: Enterprise Ressource Planning (ERP)- - Software-Einführung mit Change Management. In: Personal-- Zeitschrift für Human Resource Management Band 54, Heft 10 / 2002, 36-39. [6] Sommerhalder, Mark: Change-Management ist Change- Communication. In: Praxis aktuell, IO-management 4, 1999, 72-75. [7] Wagner, Eike et al. Wie erfolgreiche Veränderungskommunikation wirklich funktioniert? ! Westarp BookOnDemand, 2010. [8] Gronau, Norbert: Handbuch der ERP-Auswahl. In: Handbücher ERP Management 1, Gito mbh Verlag, Berlin 2012. [9] Leyh, Christian: Which Factors Influence ERP Implementation Projects in Small and Medium-Sized Enterprises? In: 20th Americas Conference on Information Systems, AMCIS 2014, 1-14. [10] Doppler, Klaus/ Lauterburg, Christoph: Change Management: Den Unterneh-menswandel gestalten. (12. Auflage) Campus, Frankfurt 2008. Eingangsabbildung: © pixabay Francisco Josué Artaza Francisco Josué Artaza hat einen Master der TU Berlin im Wirtschaftsbereich. Er arbeitet seit 14 Jahren bei der Projektron GmbH, derzeit als Marketingleiter und Anwenderberater. Er ist zertifiziert nach IPMA, PRINCE2 sowie als Scrum Product Owner. eMail: francisco.artaza@projektron.de Maik Dorl Maik Dorl ist Geschäftsführer der Projektron GmbH und leitet das Produktmanagement. Er studierte an der Freien Universität Berlin und an der Wilfried Laurier University (Kanada) Geographie, Informatik und Statistik. Dieter Brendt, Olaf Mackowiak Führung in der Technik 1., Auflage 2021, 177 Seiten €[D] 34,90 ISBN 978-3-8169-3467-7 eISBN 978-3-8169-8467-2 Mitarbeitende zielgerichtet und effektiv führen zu können, ist ein Schlüssel für nachhaltigen Unternehmenserfolg. In diesem Buch werden den Leser: innen durch die direkte Ansprache und die Praxisbeispiele von Kolleg: innen in vergleichbaren Situationen Denkanstöße und Tipps geboten, um ihren Führungsstil zu analysieren und darauf aufbauend zu optimieren. Es werden bewährte Maßnahmen und Techniken zur effizienten Gestaltung und Beherrschung der vielfältigen Anforderungen im sich schnell verändernden technischen wie gesellschaftlichen Umfeld vorgeschlagen, die praxisgerecht im Führungsalltag eingesetzt werden können. Anzeige 54 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0037 Die Faktoren Kommunikation und Planung bei der Aufwandschätzung von IT-Projekten Jürgen Reinke Für eilige Leser | „Mit welchem Aufwand rechnen Sie? “ Das ist die übliche Frage an die Ersteller eines Angebots für die Einführung oder den Relaunch einer IT-Anwendung. Die Anbieter stehen nun vor dem Dilemma, einerseits einen preislich attraktiven Zeit- und damit Preisrahmen anzubieten, andererseits aber auch realistisch zu kalkulieren, um spätere Probleme bzw. Verluste zu vermeiden. Die Analyse abgeschlossener Projekte, in denen ich in verschiedenen Funktionen als Projektleiter, Entwickler, Berater oder Sachverständiger involviert war, zeigt eine z. T. eklatante Überschreitung der seinerzeit geplanten Projektlaufzeit. Bei der Aufwandschätzung von IT-Projekten spielen viele Faktoren eine Rolle. Wenn ein Projekt eine große Zahl von personellen Ressourcen benötigt, wird der Planungs- und Kommunikationsbedarf in der Regel massiv unterschätzt. Um von einer „Pi mal Daumen“-Rechnung wegzukommen, stelle ich in diesem Beitrag einige analytische Methoden vor-- wie sie häufig vom Reviewer, Escalation-Manager oder Sachverständigen erwartet werden. Schlagwörter | Projektaufwand, Kommunikation in Projekten, Meetings, Aufwandschätzung, Produktivität in Projekten Erfahrungen aus Projekten Die Analyse abgeschlossener Projekte, in denen ich in verschiedenen Funktionen als Projektleiter, Entwickler, Berater oder Sachverständiger involviert war, zeigt eine z. T. eklatante Überschreitung der seinerzeit geplanten Projektlaufzeit s.-Tabelle 1. 1. Faktoren für Kommunikations- und Planungsaufwand in Projekten 1.1 Der Faktor Mensch „Das habe ich nicht gewusst! “ Seufzer dieser Art sind häufig zu hören, wenn erwartet wird, dass man möglichst sofort und nachhaltig über notwendige Informationen verfügt, aber- - mal wieder-- zu spät über etwas informiert wurde. Aus der täglichen individuellen Arbeit wie auch aus der Zusammenarbeit mit Kollegen wissen wir, dass diese Erwartung in der Regel schwierig zu erfüllen ist. Dabei ist es gerade in Projekten notwendig, altes und neues Wissen zusammenzufügen und an einen- - oftmals heterogenen- - Personenkreis zu verteilen. Damit das gelingt, ist eine umfassende und zielgerichtete Kommunikation, in welcher Form auch immer (schriftlich oder mündlich, formell oder informell), unumgänglich. Für diese Kommunikation muss bei der Aufwandsschätzung entsprechende Zeit eingeplant werden. 1.2 Der Faktor Gruppe Die Kommunikation untereinander im Team ist ebenso notwendig und bei der Aufwandsschätzung zu berücksichtigen. Als Leiter einer Gruppe (Abteilungs-, Gruppen- oder Projektleitung) stellt man sich (unabhängig von der fachlichen Aufgabenstellung) im Wesentlichen folgende Fragen: Wissen | Die Faktoren Kommunikation und Planung bei der Aufwandschätzung von IT-Projekten 55 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0037 • Über welche Informationen muss ich verfügen? • Wer muss mich informieren? • Welche Informationen muss / kann / sollte ich weitergeben? • Wen muss ich informieren? • Wie stelle ich sicher, dass die Information im vorgesehenen Sinne verwendet wird? Dabei sind die Fragen von zentraler Bedeutung, in welcher Form Anweisungen, Vereinbarungen und Rollenaufgaben kommuniziert werden und wie die Ergebnisse der Kommunikation produktiv umgesetzt werden. Für die Verteilung von Informationen innerhalb der Gruppe gibt es verschiedene Möglichkeiten. Leavitt [1] hat dazu die fünf wesentlichen Kommunikationsstrukturen dargestellt (Abbildung 1). Vom restriktivsten Kanalsystem ( Wheel = Eine Person verfügt über alle Informationen und gibt sie an definierte Mitglieder der Gruppe weiter) bis zum All-Kanal-System ( Network = Alle verfügen über alle Informationen und tauschen sich regelmäßig aus) gibt es differenzierte Ausprägungen. 1.3 Der Faktor Zeit In gruppenspezifischen und individuellen Kommunikationsprozessen spielt der Faktor Zeit in vielerlei Hinsicht eine Rolle: • Informationen müssen gesendet und empfangen werden (sei es im persönlichen Kontakt oder in elektronischer Form); • Die Informationsinhalte müssen kognitiv (und ggf. auch affektiv) verstanden und verarbeitet werden, einschließlich eventueller Nachfragen; • Die Informationsinhalte müssen in die produktive Arbeit integriert werden. Der Aufwand für diese Kommunikationsprozesse muss unbedingt berücksichtigt werden. Allerdings werden in Projektplanungsprozessen diese Faktoren (Mensch, Gruppe, Zeit) immer wieder unterschätzt, weil • sie sich (besonders in der Wettbewerbssituation eines Angebotes) häufig schwer vermitteln lassen („Es ist doch eh' alles klar! “); • von allseits informierten und völlig rational handelnden Gruppenmitgliedern ausgegangen wird; • die eigentliche produktive Tätigkeit (z. B. Programmierung) aufgrund von Erfahrungswerten oder ‚Benchmarks‘ (Wie lange dauert so etwas üblicherweise? ) geschätzt, berechnet und valide kalkuliert werden kann. 1.4 Der Faktor Planung Jedes Projekt bedarf einer Projektplanung. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Projekt mit zwei oder 100 Projektmitarbeitern durchgeführt wird. Bei zwei Projektmitarbeitern wird vieles ‚auf Zuruf‘ passieren. Trotzdem ist eine (wenn auch informelle) Abstimmung notwendig. Ab drei Mitarbeitern besteht schon ein erhöhter Abstimmungsbedarf. Trotzdem ist-- gerade bei kleineren IT-Projekten (z. B. Erstellung oder Relaunch eines Webshops)-- immer wieder zu beobachten, dass-- trotz mehrerer Projektmitarbeiter an verschiedenen Standorten, die sich häufig nicht einmal persönlich kennen- - so gut wie keine Planung oder ein strukturierter Informationsaustausch stattfindet. Gerade Mitarbeiter in der Informationsverarbeitung leisten in ihrem Bereich großartige technische Arbeit, neigen aber eher zum ‚Einzelkämpfertum‘, lassen sich ungern ‚reinreden‘ und wollen sich nicht in andere- - zu integrierende- - Arbeitsbereiche hineindenken. Das Ergebnis sind dann häufig hervorragende Einzelleistungen, die aber nicht zusammenpassen wollen oder nicht den Vorstellungen der Auftraggebenden entsprechen. Ein weiterer Aspekt ist, dass es in der Laufzeit von Projekten immer wieder zu neuen Sachverhalten kommt. Sei es durch neue, weitere oder geänderte Anforderungen, durch das Ersetzen von Projektmitarbeitern oder einfach durch Umstände, die zu Beginn des Projekts (noch) nicht gesehen wurden oder gesehen werden konnten. Die vier Faktoren (Mensch, Gruppe, Zeit, Planung) kann man zu einem Regelkreis verknüpfen (Abbildung 2). Sie prägen letzten Endes das Arbeitsumfeld aller im Projekt involvierten Mitarbeiter. 2. Aufwandschätzung für die Kommunikation 2.1 Ist Kommunikation produktiv? Wie kann man sich den geschilderten Umständen der Planung des Faktors Zeit-- und hier besonders für die Kommunikation-- analytisch nähern? Dazu schlage ich folgende Vorgehensweise vor: Der gesamte Zeitbedarf wird in ‚produktiv‘ und ‚unproduktiv‘ geteilt. Hierbei sei vermerkt, dass die Begriffe ‚produktiv‘ und ‚unproduktiv‘ in diesem Zusammenhang nicht wertend gemeint sind. Mit produktiv ist die unmittelbare Arbeit am Werk gemeint, während als unproduktiv die sekundären Aktivitäten-- in diesem Falle vor allem die notwendige Kommunikation-- gemeint ist. Kunde Projekt Zeitraum Gesamtprojekt Anzahl Aufgaben Anzahl MA im Durchschnitt Planlaufzeit in Monaten Istlaufzeit in Monaten Abweichung Plan-Ist in %Plan Anlagenbauer AT Einführung SAP Finance und Logistik 09/ 13 - 06/ 17 2100 21 18 45 150,00% Versicherer AT Einführung SAP Inkasso 11/ 00 - 01/ 02 240 36 7 13 85,71% Konsumgüterhersteller AT Einführung SAP Finance und Logistik 08/ 98 - 05/ 00 407 12 11 21 90,91% Militärtechnik DE Einführung SAP Finance und Logistik 12/ 17 - 12/ 18 1200 15 12 13 8,33% Stahlproduzent DE Migration auf neue Buchungskreise 03/ 17 - 05/ 17 50 6 0,5 1,5 200,00% Kunde Projekt Zeitraum Gesamtprojekt Anzahl Aufgaben Anzahl MA im Durchschnitt Planlaufzeit in Monaten Istlaufzeit in Monaten Abweichung Plan-Ist in %Plan Laufzeit in Monaten gem. Simulation Abweichung Ist- Simulation in %Ist Anlagenbauer AT Einführung SAP Finance und Logistik 09/ 13 - 06/ 17 2100 21 18 45 150,00% 40,3 -10,44% Versicherer AT Einführung SAP Inkasso 11/ 00 - 01/ 02 240 36 7 13 85,71% 20,5 57,69% Konsumgüterhersteller AT Einführung SAP Finance und Logistik 08/ 98 - 05/ 00 407 12 11 21 90,91% 27,65 31,67% Militärtechnik DE Einführung SAP Finance und Logistik 12/ 17 - 12/ 18 1200 15 12 13 8,33% 14,5 11,54% Stahlproduzent DE Migration auf neue Buchungskreise 03/ 17 - 05/ 17 50 6 0,5 1,5 200,00% 1,25 -16,67% Tabelle 1: Bei allen Projekten ist eine deutliche Abweichung von der geplanten Laufzeit zu erkennen Wissen | Die Faktoren Kommunikation und Planung bei der Aufwandschätzung von IT-Projekten 56 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0037 Die notwendige Kommunikation wird in zwei Aspekte unterteilt: • Formelle Kommunikation in Form von Konferenzen, Meetings usw. Sie zeichnet sich durch Termin- und Themenplanungen aus. Sie dient dazu, formal eine Abstimmung über fachliche und organisatorische Aspekte herbeizuführen einschließlich eventueller Diskussionen darüber. • Informelle Kommunikation in Form von Besprechungen, die kurzfristig mit wenigen Teilnehmenden organisiert oder improvisiert werden, um Abstimmungsbedarf zu Detailproblemen zu befriedigen. 2.2 Effektivität der formellen Kommunikation Gut vorbereitete und nach gewissen Regeln ablaufende Meetings dienen dem Projektfortschritt. Es ist deshalb notwendig, diese einzuplanen. Unbestritten ist auch, dass die Größe eines Meetings-- gemessen an der Zahl der Teilnehmenden-- einen erheblichen Einfluss auf Länge und Frequenz von Meetings hat. Hat das Projekt fünf Mitarbeiter- - die dazu noch vertrauensvoll und friktionsfrei zusammenarbeiten-- wird ein wöchentliches Treffen von ca. einer Stunde genügen. Haben wir ein Projekt mit 100 Mitarbeitern, wird es notwendig sein, eine ‚Meetinghierarchie‘ einzuführen-- und diese zeitlich adäquat zur Aufgabenstellung und Projektdynamik durchzuführen, um einen entsprechenden Informationsstand auf allen Ebenen sicherzustellen. In der Praxis wird allerdings kaum jemand zu einem Meeting 100 Personen einladen. Wenn aber 100 Menschen zu involvieren sind- - und man nicht mehr als 20 Teilnehmende einladen will-- muss man Zeit und Koordination für fünf Meetings planen. Bei der Planung des Aufwands für Meetings geht man von folgenden Einflussgrößen aus: Alle Teilnehmenden • sollen und müssen ‚abgeholt‘ werden, damit sie wissen, um was es geht, welche Entscheidungen zu treffen sind und was sie dazu beitragen können; • müssen angemessen Zeit haben, um (Verständnis-)Fragen zu stellen und beantwortet zu bekommen; • müssen ihre Erkenntnisse, Einwände und Vorschläge in angemessener Zeit vorbringen können. Das heißt, es muss allen ein gewisses Zeitkontingent zur Verfügung stehen, das abhängig ist von • der Zusammensetzung der Teilnehmenden. Kennt man sich schon oder muss man sich gegenseitig grundsätzlich über Rahmenbedingungen informieren; • den zu diskutierenden Themen. Je komplexer die Materie ist, desto mehr Zeit wird man brauchen; • der Heterogenität der Teilnehmer. Der Zeitbedarf dafür kann je Teilnehmer von 10 Minuten bis zu 30 Minuten dauern. Grundsätzlich gilt die einfache Regel: Je mehr Teilnehmende-- desto mehr Zeit! 2.3 Gibt es eine optimale Meeting-Größe? JA und NEIN! Es kann ein Meeting mit fünf Teilnehmenden in einem Chaos enden, wenn zwei Teilnehmende ‚alte Rechnungen begleichen‘ wollen, während ein Meeting mit 20 Teilnehmenden aufgrund von klaren Regeln und gegenseitigem Respekt relativ schnell zu guten Ergebnissen führen kann. Es hat sich in vielen empirischen Experimenten (u. a. durch den US-amerikanischen Psychologen George Armitage Miller) herausgestellt, dass der Zahl sieben nicht nur in Mythologie und Esoterik, sondern auch im Kommunikationsmanagement eine besondere Bedeutung zugeschrieben wird. Warum? • Jeder kennt jeden-- und kann sie / ihn einschätzen. • Jeder kommt zu Wort und hat genügend Zeit für Erklärungen. • Der Zeitaufwand ist hinsichtlich der Aufmerksamkeit überschaubar. • Bei Abstimmungen gibt es eindeutige Mehrheiten. Beispiel: Wir legen folgende Annahmen zugrunde: Es soll während des Projekts einmal in der Woche ein Meeting (Jour fixe) stattfinden. Dafür werden jeweils eine Stunde und 45 Minuten reserviert. Im Schnitt werden an jedem dieser Meetings sieben Personen teilnehmen. • Zeitdauer eines Meetings: 1: 45 Std (1,75 Std) • Anzahl TN: 7 Gemäß der zuvor beschriebenen Einflussgrößen wird angenommen, dass je Meeting für jede Person ein Zeitraum von 15 Minuten reserviert werden muss. Entsprechend wurde die jeweilige Meetinglänge (1: 45 Std.) ermittelt. Abbildung 1: Leavitt beschreibt fünf grundsätzliche Modelle von Kommunikationsnetzwerken in Gruppen Quelle: Palistha Maharjan, „Communication Patterns,“ in Businesstopia, January 9, 2018, https: / / www.businesstopia.net/ communication/ communication-patterns. Wissen | Die Faktoren Kommunikation und Planung bei der Aufwandschätzung von IT-Projekten 57 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0037 • Zeitbedarf je TN: 0: 15 Std (0,25 Std) Es ergibt sich folgender Bedarf: • Frequenz je Projektwoche: 1 x • Effektivität: 100 % Die Effektivität ist eine Rechengröße, die uns anzeigt, ob die geplante Meetingfrequenz und -zeit jeweils adäquat zu den Einflussgrößen passen. Eine Effektivität unter 100 % zeigt uns, dass die Planung (noch) nicht stimmig ist. Optional muss man • die Meetinglänge erhöhen, • die Anzahl der Teilnehmenden verringern, • die wöchentliche Anzahl der Meetings erhöhen. Die Tabelle 2 zeigt den rechnerischen Meetingbedarf für Meetings mit zwei bis 15 Teilnehmern. Ausgegangen wird von einer maximalen Meetingdauer 1: 45 Std. Bei bis zu sieben Teilnehmenden reicht eine Frequenz von 1 x wöchentlich. Ab acht Teilnehmenden erhöht sich der Zeitaufwand und damit auch die notwendige Frequenz. Auch wenn in einem Meeting weniger als sieben Teilnehmende sitzen, muss das Meeting trotzdem stattfinden (1 x wöchentlich). Allenfalls kann sich der Zeitaufwand verringern. So kann z. B. ein Meeting mit zwei Personen in 30 Minuten ‚erledigt‘ sein. Hier sollte aber auch von einer Effektivität von 100 % als Referenzgröße ausgegangen werden, da die beschriebenen Berechnungen sicher nur für Meetings mit größeren Personenkreisen sinnvoll sind. Für die Berechnung werden folgende Formeln benutzt: E / Me = 1/ ((MA*tMa)/ tMe) PW = 1 / EMe E / Me = Effektivität des Meetings tMe = Zeitdauer eines Meetings MA = Anzahl TN tMa = Zeitbedarf je TN PW = Notwendige Meetingfrequenz je Projektwoche Anzahl Teilnehmer Zeitauf-wand in tt: hh: min Frequenz je PW Effektivität Meetings 1 00: 00: 00 0,00 100,00% 2 00: 00: 30 1,00 100,00% 3 00: 00: 45 1,00 100,00% 4 00: 01: 00 1,00 100,00% 5 00: 01: 15 1,00 100,00% 6 00: 01: 30 1,00 100,00% 7 00: 01: 45 1,00 100,00% 8 00: 02: 00 1,14 87,50% 9 00: 02: 15 1,29 77,78% 10 00: 02: 30 1,43 70,00% 11 00: 02: 45 1,57 63,64% 12 00: 03: 00 1,71 58,33% 13 00: 03: 15 1,86 53,85% 14 00: 03: 30 2,00 50,00% 15 00: 03: 45 2,14 46,67% Tabelle 2: Lineare Berechnung von Meetingaufwand Abbildung 2: Regelkreis der Faktoren für Kommunikations- und Planungsaufwand in Projekten Führen wir die Rechnung ‚linear‘ fort, ergibt sich bei einer- - fiktiven-- TN-Zahl von 100 eine Effektivität von 7 % bzw. die Notwendigkeit von über 14 Meetings in einer PW (s. Abbildung 3). Auch hier sei angemerkt, dass der Begriff Effektivität nicht im wertenden Sinne, sondern nur im rechnerischen Sinne verwendet wird. Würden z. B. alle der 100 Mitarbeiter an jedem vierten Meeting (was etwa der Praxis entspricht) teilnehmen, verbringt man je Projektwoche ca. sieben Stunden in Meetings. Ob das nun zu viel, zu wenig oder genau richtig ist, kann man nur im Kontext zu der generellen Aufgabenstellung und den Themen der jeweiligen Meetings bewerten. Hier geht es nur darum, diesen Zeitbedarf bei den individuellen Arbeitspaketen der Mitarbeiter wie auch der Projektlaufzeiten zu planen. Wissen | Die Faktoren Kommunikation und Planung bei der Aufwandschätzung von IT-Projekten 58 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0037 2.4 Gibt es eine optimale Meetinglänge? Verhaltensstudien haben ergeben, dass der Mensch maximal 10-15 Minuten konzentriert zuhören kann. In den Ansätzen zum agilen Projektmanagement wird dem Rechnung getragen, indem sogenannte Daily Scrums in sehr kurzen Zeitabständen (i. d. R. sogar täglich) mit dieser Zeitspanne stattfinden. Dabei werden keine Lösungen erarbeitet, sondern nur Probleme adressiert, die dann im Folgenden zwischen den betroffenen Mitarbeiter bearbeitet werden. Im Hinblick auf gewisse Vorlaufzeiten (Anreise, Raumreservierungen, Meetingplanung) sind i. d. R. so kurze Meetingzeiten- - zumindest als Präsenzmeetings- - nicht praktikabel. Es hat sich aber auch herausgestellt, dass Meetings, die länger als zwei Stunden dauern, im Hinblick auf Konzentration und Ergebnisorientierung eher kontraproduktiv sind. Aufgrund der Einschränkungen im Zuge der COVID- 19-Maßnahmen haben sich virtuelle Meetings mehr und mehr durchgesetzt. In Bezug auf Zeitbedarf und effektive Nutzung dieser Zeit haben sich hier sicher positive Aspekte ergeben., da ‚virtuelle‘ Meetings (z. B. MS-Teams-Sitzungen) relativ ‚spontan‘ und ohne Vor- oder Nachlaufzeiten (Anreise, Raumreservierungen etc.) stattfinden können. 2.5 Welche Schlussfolgerungen kann man aus diesen Berechnungen und Erkenntnissen ziehen? • Einen bestimmten Zeitbedarf für Meetings einzuplanen; • Meetings hinsichtlich Teilnehmer und Inhalten detailliert zu planen und durchzuführen; - Definition, ob es sich um ein Informationsmeeting , in dem nur Informationen an die Teilnehmer weitergeben werden, oder um ein Arbeitsmeeting , in dem informiert, diskutiert und entschieden wird, handelt. - Wer muss wirklich teilnehmen, um für seine Aufgabe einen Mehrwert zu bekommen oder anderen durch seine Informationen einen Mehrwert zu vermitteln? - Wie kann ich gewisse Informationen schon im Voraus an die Teilnehmenden verteilen? - Wie kann ich eventuelle Diskussionen im ‚großen Kreis‘ einschränken, in dem ich im Vorfeld diese Punkte kläre oder klären lasse? Durch diese und weitere Maßnahmen kann man die Einflussgröße Zeitbedarf je TN (tMa) beeinflussen. 3. Produktivität in der Projektarbeit 3.1 Produktivitätsberechnung in Projekten Wenn es um die informelle Kommunikation geht, kann man sich mit ähnlichen Formeln einer optimalen Produktivität nähern. Optimal ist die Produktivität, wenn ein ‚Gleichgewicht‘ stattfindet zwischen • der Anzahl der zu lösenden Aufgaben, • der Anzahl der involvierten Mitarbeiter, • der gewählten Kommunikationsstruktur (z. B. Wasserfall vs. Agil ). Nehmen wir an, in einem Projekt sind 200 Aufgaben zu lösen, die-- der Einfachheit halber-- jeweils einen Tag dauern. Würde eine Person diese Aufgaben lösen, würde sie 200 Tage benötigen. Zwei Personen würden 100 Tage, drei Personen 67 Tage usw. brauchen. Da aber die Personen miteinander-- unabhängig von formalen Meetings-- auch informell kommunizieren müssen, kann man folgende Modellrechnung durchführen. • Anzahl zu lösenden Aufgaben 200 • Zeitaufwand je Aufgabe 1 Tag • Anzahl Projektmitarbeiter 7 • Kommunikationsstruktur (s. Abbildung 1) (Network) 1: 1 • Kommunikationsfrequenz je Monat 2 (Alle Mitarbeiter müssen / sollten zweimal im Monat miteinander kommunizieren) • Planlaufzeit des Projekts 3 Monate • Zeitaufwand je Kommunikationsvorgang 15 Minuten Abbildung 3: Mit steigender Teilnehmerzahl steigt der Meetingbedarf Wissen | Die Faktoren Kommunikation und Planung bei der Aufwandschätzung von IT-Projekten 59 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0037 Formel: Pr-= ((Af*At)/ MA)/ (((Af*At)/ MA)+(((MA*((MA-1)/ --------(1+Kb))*Kh*(Kf*Pl))))) [2] Pr = Produktivität Af = Anzahl zu lösenden Aufgaben At = Zeitaufwand je Aufgabe MA = Anzahl Projektmitarbeiter Kb = Kommunikationsstruktur Kf = Kommunikationsfrequenz je Monat Pl = Planlaufzeit des Projekts Kh = Zeitaufwand je Kommunikationsvorgang Linear, also ohne Berücksichtigung von Kommunikationserfordernissen, kommen wir rechnerisch auf einen Projekt- Zeitbedarf von [(200* 1)/ 7)] 29 Tagen. Unter Berücksichtigung der oben genannten Prämissen kommen wir gemäß der Formel auf eine Produktivität von 47,65 %. Rechnet man die linear errechneten 29 Tage mit dieser Produktivität hoch, kommt man auf eine Projektlaufzeit von [(29 / 47,65)* 100] 61 Tagen. Der Gesamtaufwand würde sich auf [61x7] 427 Tage. belaufen (s. Abbildung 4). Abbildung 4: Verschiedene Simulation von Kommunikationskonstellationen führen zu messbaren Ergebnissen Abbildung 5: Die „Produktivität“ im Realisierungsprozess nimmt mit wachsender Mitarbeiterzahl degressiv ab Die Projektleitung könnte nun folgende Einwände erheben: • Es muss nicht jeder mit jedem kommunizieren. Die Projektleitung entscheidet sich deshalb für das Kommunikationsnetzwerk Wheel (s. Abbildung 1). Alle Informationen laufen in Form von Anweisungen über eine Person. Es findet kein Austausch zwischen den Mitarbeitern statt. Das würde im Endergebnis eine Produktivität von 78,39 % und eine notwendige Projektlaufzeit von [(29 / 78,39)/ 7)] 37 Tagen ergeben. Der Gesamtaufwand beläuft sich auf [37* 7] 259 Tage. Diese Methode bringt aber sicher Nachteile bzgl. der Zufriedenheit der Mitarbeiter und der nicht messbaren Effizienz (Informationen werden nur mittelbar ausgetauscht), die den vordergründigen Zeitvorteil wieder aufzehren könnten. • Eine andere Anforderung könnte sein, die Projektlaufzeit um die Hälfte verringern zu wollen. Dafür müssten aber doppelt so viele Mitarbeiter verpflichtet werden und zusätzlich eine zweite Steuerungsebene eingezogen werden (Ergo: 2 x Modell Wheel ). Rechnet man diese Variante, kommt man auf eine Produktivität von 45,57 % und eine Projektlaufzeit von [(14 / 45,57)* 100)] 31 Tagen. Der Gesamtaufwand würde sich auf [31* 14] 434 Tage erhöhen. Unter Anwendung der oben genannten Formel kann man ein mögliches Optimum berechnen und auch grafisch darstellen. Die Differenz zwischen grünen und roten Säulen in Abbildung 4 sollte so gering wie möglich sein. Abhängig von Kompetenz der eingesetzten Mitarbeiter kann es sinnvoll sein, mehrere Aufgaben auf weniger Mitarbeiter zu verteilen und dafür ggf. eine etwas längere Projektlaufzeit zu akzeptieren. Außerdem ist die blaue Säule zu berücksichtigen. Andere Komponenten einer früheren Produktivsetzung (Amortisation der Lizenzgebühren, früheres ‚Abschalten‘ des Vorsystems, notwendiger Sprint im Projekt usw.) sind natürlich gegen eventuelle personelle Mehraufwendungen abzuwägen. Die Berechnung in Abbildung 5 (Die "Produktivität" im Realisierungsprozess nimmt mit wachsender Mitarbeiterzahl degressiv ab) erfolgte mit den Parametern 5 . 000 Aufgaben, je Aufgabe 1 Tag und zeigt eindrucksvoll, dass- - selbst bei geglätteten Verläufen (der MA zu MA-Kommunikationsbedarf nimmt mit wachsender Teamgröße ab) sich die Produktivität degressiv verändert. Wissen | Die Faktoren Kommunikation und Planung bei der Aufwandschätzung von IT-Projekten 60 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0037 Diese Beispiele mögen zeigen, dass die häufig noch anzutreffende Denkweise, man könne ein Projekt damit voranbringen, indem man einfach mehr Ressourcen einbindet, um die (Rest-)Laufzeit eines Projektes zu verkürzen, in der Regel nicht zum gewünschten Erfolg führt. Der US-amerikanische Informatiker Frederick Phillips Brooks, Jr. [3] stellt fest: „Der Einsatz zusätzlicher Arbeitskräfte bei bereits verzögerten Softwareprojekten verzögert sie nur noch mehr.“ Durch die Einarbeitung neuer Mitarbeiter, Kompetenzabgrenzungen und-- nicht zuletzt-- verschiedene individuelle Arbeits- und Herangehensweisen entstehen Verzögerungen, die den erwarteten ‚Sprint‘ zu einem ‚peu á peu‘ werden lassen. Dies bestätigen auch empirische Studien, u. a. von Samuel Daniel Conte [4]. 4. Gesamtbetrachtung des Projektes Beide Faktoren (formelle Kommunikation in Form von Meetings, informelle Kommunikation im Projekt) fließen nun in eine Gesamtbetrachtung ein (Abbildung 6). Im Falle der Projektplanung wie auch einem späteren Review kann man sich mit den vorgenannten Berechnungen einem analytischen Modell nähern. 5. Schlussfolgerung Nehmen wir noch einmal die zu Beginn des Beitrags dargestellte Tabelle und rechnen wir mit Hilfe der beschriebenen Simulation, kommen wir auf folgende Ergebnisse (Tabelle 3). Darin zeigt sich, dass die Projektlaufzeiten meistens schon zum Planungszeitpunkt unrealistisch waren. Hätte man zu Beginn oder während des Projekts entsprechende Simulationsrechnungen durchgeführt, wäre man schon früh zu realitätsnahen Planungen gekommen. Sollten Sie zu einem Projekt eine Schätzung abgeben oder ein Projekt planen müssen, sind folgende Punkte zu beachten: • Eine kurze Projektlaufzeit realisieren zu wollen, indem man möglichst viele personelle Ressourcen einbindet, ist meistens nicht zielführend, da zu viele Menschen zum Wohle des Projekts kommunizieren müssen. Das kann man anhand der vorgestellten Formeln auch nachweisen; • Wenn Sie ein Projekt ‚zu staffen‘ haben, ist es sinnvoll, Berater- - abhängig von den jeweiligen Kompetenzen- - möglichst langfristig und kontinuierlich einzuplanen und dieses Staffing während der Projektlaufzeit auch durchzusetzen. Wenn möglich, sollten Berater ‚fulltime‘ für ein Projekt arbeiten. So ergibt sich eine ‚Lernkurve‘, die entsprechend produktiv in die Kommunikation eingebracht werden kann; • Einen günstigen Projektpreis (ggf. als Fixpreis) zu sichern, ist zwar aus Auftraggebersicht verständlich, birgt aber Gefahren für alle Seiten: - Für die Auftraggeber , die ab einer gewissen kritischen Projektentwicklung auf ‚unwillige‘ Auftragnehmer treffen, die sich schlichtweg weigern, ihre ‚Verpflichtungen‘ zu erfüllen oder dies nur widerwillig tun; - Für die Auftragnehmer , die zwar ihre Verpflichtungen erfüllen wollen / müssen, für die sich das Projekt aber Abbildung 6: Der gesamte Kommunikationsbedarf in Projekten ist bei der Planung und Analyse zu berücksichtigen Kunde Projekt Zeitraum Gesamtprojekt Anzahl Aufgaben Anzahl MA im Durchschnitt Planlaufzeit in Monaten Istlaufzeit in Monaten Abweichung Plan-Ist in %Plan Anlagenbauer AT Einführung SAP Finance und Logistik 09/ 13 - 06/ 17 2100 21 18 45 150,00% Versicherer AT Einführung SAP Inkasso 11/ 00 - 01/ 02 240 36 7 13 85,71% Konsumgüterhersteller AT Einführung SAP Finance und Logistik 08/ 98 - 05/ 00 407 12 11 21 90,91% Militärtechnik DE Einführung SAP Finance und Logistik 12/ 17 - 12/ 18 1200 15 12 13 8,33% Stahlproduzent DE Migration auf neue Buchungskreise 03/ 17 - 05/ 17 50 6 0,5 1,5 200,00% Kunde Projekt Zeitraum Gesamtprojekt Anzahl Aufgaben Anzahl MA im Durchschnitt Planlaufzeit in Monaten Istlaufzeit in Monaten Abweichung Plan-Ist in %Plan Laufzeit in Monaten gem. Simulation Abweichung Ist- Simulation in %Ist Anlagenbauer AT Einführung SAP Finance und Logistik 09/ 13 - 06/ 17 2100 21 18 45 150,00% 40,3 -10,44% Versicherer AT Einführung SAP Inkasso 11/ 00 - 01/ 02 240 36 7 13 85,71% 20,5 57,69% Konsumgüterhersteller AT Einführung SAP Finance und Logistik 08/ 98 - 05/ 00 407 12 11 21 90,91% 27,65 31,67% Militärtechnik DE Einführung SAP Finance und Logistik 12/ 17 - 12/ 18 1200 15 12 13 8,33% 14,5 11,54% Stahlproduzent DE Migration auf neue Buchungskreise 03/ 17 - 05/ 17 50 6 0,5 1,5 200,00% 1,25 -16,67% Tabelle 3: Projekte mit Plan-, Istlaufzeit in Abgleich mit entsprechenden Simulationen Wissen | Die Faktoren Kommunikation und Planung bei der Aufwandschätzung von IT-Projekten immer weniger rechnet und ihre Ressourcen anderweitig einsetzen wollen; - Als Ergebnis dieser Konfrontation werden die Projektmitarbeiter ‚verschlissen‘. • Die Taktik, sich mit einer günstigen Kalkulation einen Projektzuschlag zu sichern-- und dann-- per Change Requests entsprechende Nachbelastungen zu berechnen, mag in dem einen oder anderen Fall unumgänglich sein, führt aber meistens zu Stress bei allen Projektbeteiligten; • günstiger ist es auf jeden Fall, wenn auch die notwendige und sinnvolle Kommunikation als Kalkulationsposten berücksichtigt wird. Sollte sich herausstellen, dass ein Projekt nicht in der geplanten Zeit durchgeführt werden kann, sind aufgrund der beschriebenen Erkenntnisse folgende Maßnahmen sinnvoll: • Sofern die Projektmitarbeiter konsistente Leistungen erbringen, sollte mit dem bestehenden Team weitergearbeitet werden. Auch ein ‚hektisches‘ Auswechseln von Führungspositionen (Projektleitung, Teamleitung, Key-User) erweist sich häufig als kontraproduktiv; • Es sollte nicht ‚um jeden Preis‘ an einem geplanten Produktivtermin festgehalten werden. Eine geplante Verlängerung der Projektlaufzeit gibt dem bestehenden Team (s. o.) die Gelegenheit, zunächst ‚durchzuatmen‘ und dann zum Schlusssprint aufzulaufen; • Fachlich ist zu prüfen, ob wirklich mit allen geplanten Funktionen in den Produktivbetrieb gegangen werden muss. Oft stellt sich als sinnvoll heraus, bestimmte zu automatisierende Abläufe zunächst ‚neben dem Produktivbetrieb‘ manuell weiterzuführen und erst später in die Produktivumgebung zu integrieren; • Gerade im Hinblick auf die Kommunikation im Projekt stellt sich häufig heraus, dass diese bei einer Verlängerung der Projektlaufzeit unkonzentrierter, aggressiver und unkoordinierter verläuft. Hier sollte man sich noch einmal auf die Jürgen Reinke Jürgen Reinke ist seit 1980 IT-Berater für ERP-Systeme in mittleren Unternehmen und Großunternehmen. Er leitete mehrere Großprojekte in internationalen Versicherungskonzernen wie auch Industrieunternehmen. Seit 2011 ist er Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Informationstechnik (Fachgebiet Projektmanagement) in Österreich. 5760 Saalfelden, Haid 109 Telefon: 0664 / 150 5 440 eMail: juergen.reinke@reinke.at Internet: www.reinke.at oben genannten Einflussgrößen besinnen-- und dem Team auch in dieser Phase Gelegenheit geben, konzentriert und wertschätzend zu kommunizieren. Oft stellt sich heraus, dass dann die Kommunikation ohnehin flüssiger verläuft, da man sich und die jeweiligen Aufgaben schon gut kennt. Literatur [1] Leavitt, Some effects of certain communication patterns on group performance (1951), Seiten 38-50 [2] In Erweiterung der Grundformel in Kindler, Achim , Wirtschaftlichkeit von Software-Entwicklungsprojekten: Ansätze zur Verbesserung der Aufwandschätzung (1995), Seite 63 [3] Fred Brooks , The Mythical Man-Month. Essays on Software Engineering (1995) [4] Conte, Dunsmore, Shen , Software Engieneering metrics and models (1986) Eingangsabbildung: © iStock.com/ jacoblund Ulrich Engelmann, Martin Baumann Zielführend moderieren Kompetenzen - Methoden - Wege zum Gesprächserfolg 1., Auflage 2022, 438 Seiten €[D] 34,90 ISBN 978-3-8252-5689-0 eISBN 978-3-8385-5689-5 In der Teamarbeit wird Moderation zum Erfolgsfaktor, der jedoch häufig unterschätzt wird. Ausgehend vom persönlichen Kompetenzniveau verknüpft dieses Buch Grundlagen und Methoden zu Wegen, um Ihre persönliche Entwicklung individuell zu begleiten: Einsteiger: innen finden hilfreiche Checklisten und Basistechniken für ihre ersten Moderationen, Fortgeschrittene wertvolle Praxistipps und Methoden für den Ausbau ihrer Moderationskompetenz. Profis schließlich genießen eine raffinierte Aussicht auf weniger bekannte Techniken und neue Anwendungen. Weiterführende Exkurse zum Meeting-Management und zur Online-Moderation runden den Anwendungshorizont ab. Ob in Beruf, Studium oder Ehrenamt - derart ausgestattet gelingen Ihre eigene sowie die Entwicklung Ihres Teams durch zielführende Moderation. Anzeige 62 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0038 Der Projektmanager als Handwerksmeister Martin Barth, Margit Sarstedt Für eilige Leser | Hochwertige, akademische Projektmanagement-Ausbildung ist ein-- gegenwärtig und zukünftig-- bedeutsames Qualitätskriterium einer Hochschule. Die Unternehmen benötigen allerdings gerade im Projektmanagement keine „wohlgebildeten“ Theoretiker, sondern sich schnell zu „Handwerksmeistern des Projektmanagements“ entwickelnde Persönlichkeiten. Ausgehend von Erläuterungen zur „Unvollkommenheit“ der Praxis zeigen die Autoren auf, wie die Klippen beim „Praxistransfer“ umschifft, die Werkzeugkästen der Projektmanager entwickelt und die akademischen Lehrkonzepte zielführend ausgestaltet werden können. Schlagwörter | Projektmanagement-Werkzeugkasten, Rahmenkonzepte, Prozesskonzepte, Fähigkeiten, akademischer Lehranspruch, Praxistransfer Die Mitarbeiter sind über den Start eines neuen und strategisch bedeutsamen Projektes informiert worden. Die Planungsphase wird sofort übersprungen. Die Umsetzung des Projektes durchmischt sich ununterscheidbar mit dem Tagesgeschäft und ein formales Projektende wird nie verkündet. Kommt Ihnen das bekannt vor? In diesem Beitrag untersuchen wir die Lücke zwischen akademischer Ausbildung und der Praxis im Projektmanagement, mit dem Ziel, den Werkzeugkasten des Projektmanagers angemessen für den Praxiseinsatz zu bestücken. Wir zeigen auf, welche Werkzeuge durch ein Studium vermittelbar sind und welcher Anteil an Fähigkeiten und Erfahrungen zum Umgang mit diesen Werkzeugen nur die Praxis liefern kann. Hierbei wird weiterhin skizziert, wie durch geeignetere Ausrichtung und Strukturierung der Studieninhalte die Voraussetzungen für den Praxistransfer und ein schnelles Erreichen handwerklicher Exzellenz gelegt werden können. „Grenzenlose“ Praxis Scharfe Grenzen der definitorischen Projektbegriffe existieren in der unternehmerischen Realität oft nicht. Hierbei reichen die Unzulänglichkeiten vom schwimmenden Zeitpunkt des eigentlichen Projektstarts, über das nicht fest definierte Budget sowie unklare Zuordnung von Ressourcen und Verantwortlichkeiten zu den einzelnen Arbeitspaketen, bis hin zu fehlenden messbaren Faktoren für einen Projektabschluss. „Few individuals grow up with the dream of one day becoming a project manager. It is neither a well-defined nor a well-understood career path within most modern organizations. Generally, the role is thrust upon people rather than being sought.“ [1] In dem stark volatilem, exotischen und unspezifischem Praxisumfeld endet die Verantwortlichkeit des Projektmanagers meist nicht per Dekret, sondern da, wo das Projekt „frei“ von negativer Beeinflussung ist. Hierbei agiert der Projektleiter mit dem Ziel, den Einfluss dieser unspezifischen, unzulänglich festgelegten Einflussfaktoren auf den Projektverlauf und den Projekterfolg zu egalisieren. Dieser Argumentation folgend, lassen sich die theoretischen Idealzustände als Voraussetzungen für den Werkzeugeinsatz in der praktischen Umwelt kaum finden. Erschwerend kommt hinzu, dass in jedem Unternehmen, auch für den Einsatz von Werkzeugen, die Einmaligkeit der dortigen Bedingungen existiert. Hierbei fügen sich spezielle Individuen, spezifische Wertschöpfungsanforderungen, unternehmenskulturelle Einflüsse und weitere Parameter zu einer einzigartigen, individuellen Projektumgebung zusammen. Unter Beachtung dessen wird klar, weshalb es unmöglich ist, die akademische Projektmanagement-Ausbildung passgenau für jegliches, praktisches Anforderungsspektrum auszugestalten. Dennoch muss es das Ziel der Lehre sein, die Basis dafür zu schaffen, dass sich der Projektmanager zum Handwerksmeister seines Faches entwickeln kann. [2] „Inselleben“ der Methoden Grundsätzlich gibt es nicht die eine Instanz, welche Projektmanagementmethoden entwickelt. Vielmehr werden Vorge- Wissen | Der Projektmanager als Handwerksmeister 63 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0038 hensweisen von verschiedensten Verbänden, Institutionen, Wissenschaftlern und nicht zuletzt von Praktikern selbst entwickelt und vorgeschlagen. Schaut man sich diese vielschichtige Angebotspalette der Projektmanagementmethoden an, so entsteht leicht der Eindruck wohlseparierter einzelner Methoden, die- - mit jeweils unterschiedlichen Vor- und Nachteilen- - in Reinform und quasi rezeptartig in den verschiedensten Projektumgebungen angewendet werden könnten. Dies entspricht auch weitgehend dem Anspruch der Methoden selbst. In der unternehmerischen Praxis wird man jedoch immer wieder feststellen, dass eine konsistente Umsetzung eines Projektes nicht durchgehend methodenkonform erfolgt. Zuallererst wird vom Projektmanager üblicherweise eine gewisse Anpassung an unternehmensinterne Standards bzgl. der Dokumentation und anderer intraorganisationaler Richtlinien erwartet. Allein diese Adaptionen führen mitunter schon zur Abkehr der methodisch inhärenten Vorgehensweise. Einen nachvollziehbaren fundierten Überblick über Methoden, Rahmenwerke, Konzepte und Instrumente zu geben, ist in der Lehre durchaus anspruchsvoll. Der Studierende wird mit möglichen Untergliederungen und der reinen Vielzahl an Methoden schnell überfrachtet. Typische, teilweise gegensätzliche, Kategorien sind: • kompetenzorientiert (bspw. IPMA ICB [3]) vs. prozessorientiert (bspw. PMBOK [4] Guide, Prince2 [5]), • klassisch (bspw. Wasserfall mit DIN-Vorschriften [6]) vs. agil (bspw. Scrum [7], Kanban [8], Design Thinking [9]), • Ablaufkonzepte (bspw. V-Modell [10], Scrum) vs. Inhaltsbeschreibungen (bspw. PMBOK), • institutionelle Methoden (bspw. PMBOK Guide, Scrum) vs. unternehmensinterne, eigenkreierte Methoden. Jede dieser generischen Einteilungen wird innerhalb der Literatur mehr oder weniger stark diskutiert. Klar wird allerdings, wie vielfältig sich die Zuordnungsmöglichkeiten der Methoden je nach Kategorisierungskriterium verändern. Genau dieser Umstand der schwer zu durchschauenden Systematik erschwert im praktischen Umfeld die Auswahl und Adaption von Projektmanagement-Methoden. „Ambidextrie“ des Projektmanagers Der Projektmanager bewegt sich im Spannungsfeld zwischen der unternehmerischen Realität und den methodisch inhärenten Vorgehensweisen. Um diesen teilweise ambivalenten Ansprüchen gerecht werden zu können bedarf es einer gewissen „Beidhändigkeit“ des Projektmanagers bezüglich des Einsatzes seiner Fähigkeiten. Einerseits sollte er bestrebt sein die Vorteile der ausgewählten Vorgehensweise bestmöglich im Projekt zu inkludieren. Anderseits muss er auf das individuelle Projektumfeld passgenau und mitunter unkonventionell reagieren. Hierbei ist der Umfang der Einflussnahme und der Abweichung von der Methodik wesentlich von der organisatorischen Verortung des Projektes im Unternehmen abhängig. Seitens des Projektmanagers gilt es in jedem Falle nachvollziehbar zu erläutern, welcher Nutzen durch die gewählte Vorgehensweise entsteht, denn oftmals wird in der Praxis nur der Umfang an Projektmanagement „geduldet“, der erforderlich ist, um die Projektziele und damit den Beitrag dieser zum unternehmerischen Gesamtergebnis zu erreichen. Neben diesem erläuterten Spannungsfeld zwischen Projektrealität und akademischer Projektmanagementausbildung erfordert ein weiteres Spannungsfeld die „Ambidextrie“ des Projektleiters. Denn neben der intraorganisationalen Vernetzung gilt es auch, die oft differierenden Erwartungen der Stakeholder an die methodische Ausrichtung des Gesamtprojektes zielführend zu berücksichtigen. Unabhängig von der tatsächlich gewählten methodischen Vorgehensweise erfordern die sich fortlaufend verändernden Bedingungen ein flexibles, jedoch nicht formal agiles, Handeln des Projektmanagers. Hierbei dominieren im unternehmerischen Umfeld eben oftmals keine festgelegten Abläufe und Strukturen, sondern vielmehr individuelle Führungskonzepte und Managementstile. Differenzierte Erfolgsrezepte entwickeln sich natürlich auf Basis des individuell zugänglichen Theorie- und Methodenwissens des Projektleiters. Darauf aufbauend, werden diese allerdings maßgeblich von den persönlichen-- oft auch branchengeprägten-- Erfahrungswerten weiterentwickelt. „Klippen“ im Praxistransfer umschiffen Selbst nach einer guten Ausbildung ist ein Absolvent meist nicht in der Lage, ein umfangreiches Projekt erfolgreich zu steuern und die auftauchenden Klippen zu umschiffen. Die erforderliche Lernkurve innerhalb der Unternehmenspraxis zu erwerben und einen Projektleiter zum Handwerksmeister seines Faches zu entwickeln, kostet ein Unternehmen viel Geld. Zwei Kostenpunkte stehen dabei im Fokus. Einerseits die Kosten des Fähigkeitsaufbaus selbst, zum anderen die Kosten, welche durch Fehlentscheidungen, aufgrund mangelnder Erfahrung entstehen. [11] Natürlich kann die Effizienz dieses Know-how-Erwerbs durch geeignete unternehmerische Maßnahmen erhöht werden. Hierfür ist neben effizienten organisationalen Informationsstrukturen, das Augenmerk ebenso auf den fachlichen Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den Projektmanagern (bspw. durch Mentoringprogramme) zu richten. [12] Dieser Argumentation folgend stellt sich die Frage: Was kann die akademische Lehre eigentlich tun, wenn doch die Praxis nicht rein theoretisch vermittelbar ist? Diesbezüglich sind die Autoren zunächst der Auffassung, dass die Aufgabe der Forschung und der akademischen Ausbildung der gezielte Ausbau des methodischen und theoretischen Werkzeugkastens ist, um den Projektmanagern so eine breitere Auswahl an Werkzeugen bereitstellen zu können. Hierfür ist die grundlegende Wissensvermittlung über die Funktionsweise und den Einsatz der Werkzeuge Grundvoraussetzung. Des Weiteren vertreten die Autoren den Standpunkt, dass bei der Auswahl projektmanagementorientiert Studieninhalte, neben der akademischen Korrektheit vor allem auch dem Anspruch an eine möglichst gute Vorbereitung auf Situationen in der Praxis genüge getan werden muss. Es gilt eben die unvollkommene, praktische Projektumgebung zu analysieren, theoretische Antworten auf diese Situationen zu entwickeln, Vielfalt zuzulassen und eben nicht rein theoretische Konstellationen [13] zu vermitteln, sondern „lehrbare“ Projektmanagementpraxis in das Curriculum zu inkludieren. Das Ziel dieser Vorgehensweise ist die Erhöhung des Niveaus anwendungsorientierten Projektmanagementwissens Wissen | Der Projektmanager als Handwerksmeister 64 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0038 beim Praxiseintritt. Die „Schockphase“ durch die praktische Unvollkommenheit des Projektumfelds soll ebenso, wie der Zeitraum und die Kosten der Erfahrungswertentwicklung reduziert werden. Um dies zu erreichen, werden hier mit der folgenden „Schatztruhe“ klare Maßnahmen und Vorgehensweisen vorgeschlagen. „Schatztruhe“ zum Erfolg Primäres Ziel der Ausbildung eines Projektmanagers muss es sein, diesen zu befähigen, • jedes Vorhaben in seiner vollen Komplexität schnell und sicher zu erfassen, • geeignete Methoden und Werkzeuge auswählen und mit diesen zielführend umgehen zu können und • das Projekt damit erfolgreich umzusetzen. Dafür ist ein Grundverständnis der möglichen Methoden und Werkzeuge zwingend notwendig, jedoch leider nicht hinreichend. Zudem ist das erforderliche Erfahrungswissen nur mit der Zeit zu erlangen. Für den Transfer des Erlernten in die Praxis gilt es nun also, eine Brücke zu bauen. Die weiter oben vorgestellten Klassifikationen (siehe: „Inselleben“ der Methoden) sind durchaus valide, aber in ihrer unübersichtlichen Vielzahl der Gliederungsmöglichkeiten und gegenseitigen Überschneidungen nur bedingt hilfreich für eine konkrete Projektmanagementaufgabe. Die Autoren schlagen als pragmatischen Ansatz folgendes Ordnungsschema, sozusagen als neue Fächereinteilung des Werkzeugkastens, vor: 1. Rahmenkonzepte werden von verschiedenen Organisationen zur Verfügung gestellt und können als Leitfaden dienen. Hierbei ist zu verstehen, welcher Rahmen für welche Projektaufgabe geeignet ist (ähnlich der Wahl des jeweils richtigen Bootes für verschiedene Gewässer). Beispiele für solche Rahmenwerke sind weitgehend bekannt. Stellvertretend für eine Vielzahl weiterer Methoden und Varianten seien hier PRINCE2® und Scrum genannt. 2. Prozesskonzepte sind hilfreiche Rezepte, nach denen immer wiederkehrende Teilaufgaben in einem Projekt mit bewährten Mitteln methodisch-prozessual durchdacht und gesteuert werden können. Als Beispiele seien hier der PMBOK des PMI und das V-Modell aus dem Bereich der Softwareentwicklung genannt. 3. Fähigkeiten des Projektmanagers sowie der im Projekt handelnden Personen sind notwendig, um eine konkrete Situation mit all ihren Herausforderungen meistern zu können. Hierzu hat die IPMA mit den ICB-Kompetenzbereichen eine umfangreiche Sammlung zur Verfügung gestellt. Hinzu kommen nützliche Fertigkeiten aus Betriebswirtschaft, Management und anderen Bereichen. Diese Einteilung zeigt eine zielführende Untergliederung des Werkzeugkastens guten Projektmanagements. Mit einem solchen Grundverständnis wird ein Projektmanager in der Lage sein, eine vorliegende Situation zu analysieren, den richtigen Rahmen zu schaffen, die richtigen Prozesse auszuwählen und die Menschen mit den richtigen Fähigkeiten an Bord zu nehmen. Zu trainieren ist also nicht nur der Umgang mit einzelnen Methoden und Werkzeugen, sondern die schnelle Navigation innerhalb der drei Fächer des Werkzeugkastens. Was bedeutet dies nun also für die Lehre? Eine akademische Ausbildung zum Projektmanager muss aus Sicht der Autoren von Anfang an die Logik der oben dargestellten Fächer des Werkzeugkastens aufgreifen und vermitteln, so dass der Studierende sich während seines gesamten Studiums orientieren kann. Weiterhin gilt es: • die Unvollkommenheit der Praxis zu vermitteln, • die dauerhafte Pflege und situative Anpassung der Werkzeuge aufzuzeigen, • das Zusammenspiel dieser Werkzeuge und das „Denken in Zwischenräumen“ zu trainieren, • eine proaktive Arbeitsweise zu fördern, und nicht zuletzt [14] • das Selbstvertrauen und das Durchsetzungsvermögen des Studierenden zu entwickeln. Entsprechend des angestrebten Levels der Ausbildung (Bachelor, Master) und der persönlichen Karrierewünsche sollte der Studierende das Studium zudem inhaltlich proaktiv gestalten können. Ziel ist es, die Studenten zu befähigen, als Projektmanager ihres eigenen Studiums zu agieren. Die Lehre hat nach diesem Verständnis dafür Sorge zu tragen, dass sowohl theoretisches Wissen als auch praktische Adaptionsmöglichkeiten vermittelt werden. Diesbezüglich gilt es, die Logik der vorgestellten Fächereinteilung des Werkzeugkastens, ebenso wie die erarbeiteten Vorschläge für die Ausgestaltung der Lehre zu beachten und umzusetzen. Nur so kann das Einstiegsniveau in einen erfolgreichen Entwicklungsprozess hin zum Handwerksmeister des Projektmanagements innerhalb der praktischen Arbeitsumgebung maßgeblich erhöht werden. Literatur [1] Pinto, J. K., / Kharbanda, O. P.: Lessons for an accidental profession. In: Business Horizons 1995, March 1, 38(2), S. 41 [2] Stork, A.: Die ersten Jahre im Projektmanagement. In: Projekt-Management Aktuell 31(1), 2020, S. 25-27 [3] IPMA®- international project management association & GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.: Individual Competence Baseline für Projektmanagement. Version 4.0 / Deutsche Fassung. Zürich, 2016 [4] PMI-- Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide). 6. Ausgabe, Project Management Institute. Newtown Square Pennsylvania, 2017 [5] AXELOS Limited: Managing successful projects with PRINCE2. 2017 edition, TSO, London, 2017 [6] DIN e. V. (2016b): DIN 69 901-1-5. Projektmanagement. Projektmanagementsysteme. Teil 1: Grundlagen. Beuth, Berlin, Wien, Zürich, 2016 [7] Schwaber, K. / Sutherland, J.: Software in 30 Tagen. Wie Manager mit Scrum Wettbewerbsvorteile für ihr Unternehmen schaffen. dpunkt.verlag, Heidelberg, 2014 [8] Anderson, D. J.: Kanban. Successful evolutionary change for your technology business. Sequim, Blue Hole Press, Washington, 2010 Wissen | Der Projektmanager als Handwerksmeister Otto Eberhardt, Michael Erbsland Die EU-Maschinenrichtlinie Praktische Anleitung zur Anwendung der europäischen Richtlinien zur Maschinensicherheit - Mit allen Richtlinientexten 7., überarbeitete Auflage 2022, 184 Seiten €[D] 54,90 ISBN 978-3-8169-3476-9 eISBN 978-3-8169-8476-4 Am 01.01.1995 wurde für alle Maschinen in der EU das CE-Zeichen und die Konformitätserklärung der Maschinenhersteller und -händler zur Pflicht. Seit dem 01.01.1999 müssen die Maschinen auch den Schutzanforderungen der EMV-Richtlinie und der Richtlinie für elektrische Betriebsmittel genügen. Spätestens seit dem gleichen Datum sind alle Maschinenbetreiber durch die Arbeitsmittelbenutzungsrichtlinie gesetzlich verpflichtet, nur noch CE-gekennzeichnete Maschinen aufzustellen und alte Maschinen entsprechend nachzurüsten. Am 29.07.2006 trat die überarbeitete Maschinenrichtlinie 2006/ 42/ EG in Kraft, in der insbesondere die Risikobeurteilung und die Baumusterprüfung neu geregelt wurden. Die Autoren informieren umfassend über die Anwendung der Richtlinien zur Maschinensicherheit und schöpfen dabei aus einem Erfahrungsschatz von vielen Entwicklungs- und Konstruktionsprojekten. Anzeige [9] Camacho, M. / Kelley D.: From Design to Design Thinking at Stanford and IDEO. Successful evolutionary change for your technology business. In: The Journal of Design, Economics, and Innovation 2 (1), 2016, S. 88-101 [10] Friedrich, J.: Das V-Modell® XT: für Projektleiter und QS- Verantwortliche kompakt und übersichtlich, 2., überarb. und erw. Auflage, Springer, Berlin, 2009 [11] Angst, R. / Kemmer, R.: Fehlerkultur als Erfolgsfaktor im Projektmanagement. In: Projekt-Management Aktuell 31 (6), 2020, S. 10-14 [12] Barjot, D. / Schröter, H. G.: Informationsfluss in Organisationen. Theorien zum Informationstransfer und historische Praxis. In: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte / Economic History Yearbook 56 (1), 2015, S. 1-19 [13] Löhr, K. / Dewiwje, A.: Projektmanagement-Theorie. In: Projekt-Management Aktuell 31 (1), 2020, S. 28-35 [14] Ewin, N. / Luck, J. / Chugh, R. / Jarvis, J.: Rethinking Project Management Education: A Humanistic Approach based on Design Thinking. In: Procedia Computer Science 121, 2017, S. 503-510 Eingangsabbildung: © iStock.com/ milanvirijevic Prof. Dr. Martin Barth Herr Barth ist Professor für Projektmanagement im Fachgebiet Wirtschaft und Management an der IU Internationale Hochschule. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich vertikaler, indirekter Post-Merger-Integrationen unter Berücksichtigung intra- und interorganisationaler Ressourcen sowie auf dem Gebiet des Projektmanagements. Internet: https: / / www.iu.de / hochschule / unser-team / lehrende-wirtschaft-management/ eMail: martin.barth@iu.org Prof. Dr. Margit Sarstedt Frau Sarstedt ist Professorin für Technologie- und Projektmanagement im Fachgebiet Wirtschaft und Management an der IU Internationale Hochschule. Basierend auf ihrer mehr als zwanzigjährigen Berufserfahrung in der produzierenden Industrie liegen ihre Forschungsinteressen im Einsatz verschiedener Projektmanagementmethoden in operativen und organisatorischen und Veränderungssituationen. Kontaktanschrift: https: / / www.iu.de / hochschule / unserteam / lehrende-wirtschaft-management/ E-Mail: margit.sarstedt@iu.org 66 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0039 Zukunftsweisendes Projektmanagement Klassische und agile Ansätze in Verbindung Ann-Kathrin Rank Für eilige Leser | Die Zahl der durchgeführten Projekte und die damit verbundenen Anforderungen steigen zunehmend. Dadurch rückt auch die Frage nach der passenden Vorgehensweise immer stärker in den Fokus der leitenden Projektmitarbeiter. Die Abschlussarbeit „Der Projektmanagement Prozess-- Verzahnung von klassischen und agilen Vorgehensweisen am Beispiel der W&W AG“ liefert hierfür eine konkrete Antwort. Durch eine enge Verknüpfung von Theorie und Praxis wurde in der Arbeit ein handlungsleitendes Modell geschaffen, mithilfe dessen die sinnvollste Vorgehensweise für jeden Projektgegenstand der Wüstenrot & Württembergische (W&W) AG ermittelt werden kann. In diesem Artikel erfahren Sie mehr über die Entstehung dieses Modells und wie es bei der W&W AG im Unternehmen eingebunden wird. Schlagwörter | ICB 4.0, agil, Methodik, hybrid, Bachelorarbeit Steigende Anforderungen im Projektmanagement Megatrends wie die Digitalisierung und die Globalisierung bringen heutzutage tiefgreifende Veränderungen mit sich. Oftmals werden standardisierte Prozesse und routinierte Abläufe innerhalb der Linienorganisation den steigenden Anforderungen nicht mehr gerecht und zu hierarchische Strukturen beeinträchtigen schnelle Entscheidungen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben und auf dynamische Entwicklungen des Arbeitsmarktes zu reagieren, rücken Projekte und deren Management verstärkt in den Mittelpunkt unternehmerischen Handelns. Fachübergreifende, temporäre Organisationsformen ermöglichen dabei die Bearbeitung komplexer Aufgabenstellungen, sodass innovative Produkte und Dienstleistungen in möglichst geringen Zeitabständen kundenorientiert konzipiert werden können. [1] Die Komplexität von Projekten erschwert jedoch häufig die Entscheidung, welcher Projektmanagementansatz am besten zur Realisierung eines Vorhabens geeignet ist. Mit dieser Problematik werden auch die Projektverantwortlichen bei der Wüstenrot & Württembergische AG konfrontiert. Die schwäbische Finanzdienstleistungsgruppe steht in einem anspruchsvollen Marktumfeld, das sich vor allem durch sinkende Zinseinnahmen, erschwerende gesetzliche Regelungen, eine zunehmende Zahl an Wettbewerbern und digitale Transformationsprozesse kennzeichnet. Für die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit des Unternehmens spielt die erfolgreiche Umsetzung von Projekten ebenfalls eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund wurde im Zuge eines internen Projekts ein vereinfachtes, zeitgemäßes und konzernweit gültiges Projektmanagementverfahren entwickelt, das den wechselseitigen Bedürfnissen innerhalb der W&W-Gruppe gerecht wird. Dieses Verfahren schließt neben klassischen Projektmanagementansätzen, die bisher vermehrt zum Einsatz kamen, auch agile Vorgehensweisen ein. Die Bachelorarbeit „Der Projektmanagement Prozess- - Verzahnung von klassischen und agilen Vorgehensweisen am Beispiel der W&W AG“ ist Teil des genannten Projekts. Ziel der Arbeit war es, ein Modell für die W&W AG zu entwickeln, das die Entscheidung, ob im jeweiligen Projekt ein klassisches, agiles oder hybrides Vorgehen am besten geeignet ist, unterstützt. Im weiteren Verlauf des Artikels werden das methodische Vorgehen sowie wichtige Erkenntnisse der Abschlussarbeit genauer erläutert. Rubrik | Klassische und agile Ansätze in Verbindung 67 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0039 Klassische und agile Vorgehensweisen Ausgangspunkt für die Entwicklung des unternehmensspezifischen Modells ist eine umfassende Literaturrecherche zu vorherrschenden Projektmanagementansätzen sowie zum Thema Projektdesign, einem neu aufgenommenen Kompetenzelement im aktuellen Projektmanagementstandard der IPMA. Klassisch durchgeführte Projekte verlaufen linear und orientieren sich an detaillierten Konzepten. Darin definierte Abläufe werden zu Beginn eines Vorhabens festgelegt und im weiteren Verlauf gemäß der Planung abgearbeitet. Hierfür nimmt der Projektleiter eine zentrale Rolle ein und delegiert Aufgaben an die beteiligten Projektmitarbeiter. Typische Vertreter dieser Vorgehensweise sind das Wasserfallmodell sowie das V-Modell. Agile Projektmanagementansätze, deren Ursprünge im agilen Manifest liegen, verfolgen hingegen eine iterative und inkrementelle Herangehensweise. Sie kennzeichnen sich besonders durch eine schrittweise Entwicklung der Anforderungen in selbstorganisierten Teams, eine änderungsfreundliche Projektkultur und stetige Verbesserungen. Scrum und Kanban repräsentieren zwei bekannte Umsetzungsformen agiler Vorgehensweisen. Kombiniert man planorientierte und agile Ansätze im Verlauf eines Projekts, entsteht ein hybrides Gesamtprojekt. Projektdesign als wichtiger Baustein Um die richtige Vorgehensweise für einen Projektgegenstand auszuwählen, ist es wichtig, Kriterien festzulegen, anhand deren die Entscheidung für den jeweiligen Projektmanagementansatz getroffen werden kann. Dieser Prozess ist Teil des sogenannten Projektdesigns, welches zu den Elementen gehört, die erstmalig von der IPMA im aktuellen Projektmanagementstandard, der Individual Competence Baseline (ICB 4.0), aufgenommen wurden. Die vollständige Durchführung des Projektdesigns erfordert die Analyse und Bewertung spezifischer Erfolgskriterien, damit der Handlungsansatz mit der größten Erfolgswahrscheinlichkeit definiert werden kann. Dabei werden Lessons Learned aus früheren Projekten untersucht und nach Möglichkeit auf das aktuelle Vorhaben angewandt. Außerdem spielt die Projektkomplexität eine wichtige Rolle. [2] Je nach Vorhaben unterscheidet sich die Komplexität beispielsweise hinsichtlich der Anzahl an Stakeholdern, der beteiligten Mitarbeiter oder des Prozessumfangs. Die ICB 4.0 nennt an dieser Stelle allerdings keine spezifischen Erfolgskriterien. Daher wurden im Rahmen der Abschlussarbeit bestehende Konzepte, die Aspekte für die Vorgehensauswahl benennen oder im Zuge der Anwendung dahingehend konkrete Handlungsempfehlungen geben, umfassend analysiert. Das Ergebnis dieser Literaturrecherche ist in Tabelle 1 ersichtlich. 5 kritische Faktoren [3] Entscheidungsbaum [4] Diamant- Modell [5] Agilometer [6] Kriterienliste nach Timinger [7] Größe Eignung des Projektumfelds für agile Methoden Neuigkeitsgrad Flexibilität über die Produktlieferung Teamgrößen und -qualifikation Personal Vertrautheit mit agilen Methoden Innovationsgrad Level der Zusammenarbeit Räumliche Verteilung der Teams Dynamik Bisherige Nutzung von agilen Methoden Vernetzungsgrad Einfachheit der Kommunikation Stabilität der Anforderungen Kritikalität Projektlaufzeit Umsetzungsdruck Fähigkeit iterativ zu arbeiten und inkrementell zu liefern Komplexität des Projektgegenstands Firmenkultur Teamgröße Vorteilhafte Umgebungsbedingungen Vorgaben von Auftraggebern Projektgröße Akzeptanz agiler Arbeitsweisen Rechtliche Vorgaben Ziel-/ Anforderungsänderungen Schnittstellen zwischen Linie und Projekten Komplexitätsgrad Schnittstellen zu anderen Unternehmen Bekannte Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren Anforderungen an das Berichtswesen Anforderungen an Dokumentation Möglichkeit während der Umsetzung Änderungen vorzunehmen Tabelle 1: Bestehende Modelle und deren Kriterien zum Projektdesign Rubrik | Klassische und agile Ansätze in Verbindung 68 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0039 Die Auflistung zeigt, dass einige Kriterien mehrfach auftreten und somit die Vorgehensauswahl entscheidend beeinflussen. Hierzu zählen beispielsweise die Projektgröße, die Kompetenzen und Fähigkeiten der involvierten Personen, die Komplexität sowie die Kultur eines Unternehmens. Verbindung von Theorie und Praxis Basierend auf den gewonnenen Daten der Literaturrecherche wurde ein Fokusgruppenworkshop bei der W&W AG in der Abteilung Projektmanagementmethodik durchgeführt, um für die Unternehmensgruppe relevante Erfolgskriterien festzulegen. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden die theoretischen Erkenntnisse mit den praktischen Erfahrungen der Teilnehmer verknüpft, indem die Mitarbeiter ihre bisherigen Erfahrungen auf die recherchierten Kriterien reflektierten. Als Leitfragen dienten unter anderem „Welcher praktische Nutzen ist bei den Kriterien in Bezug auf die Vorgehensweise ersichtlich? “ sowie „Welche Kriterien können die Projektvorbereitung bereichern? “. Nacheinander wurden auf diese Weise alle Kriterien betrachtet und von den Experten der W&W AG bewertet. Final wurden fünf Kriterien festgelegt, die den Kern des Modells bilden. Diese wurden abschließend in Skalenniveaus eingeteilt und in einem fünfachsigen Netzdiagramm visualisiert. Mithilfe der Ausprägungsformen der Skalen kann jedes Kriterium einem Projektmanagementansatz zugeordnet werden, was im Modell zusätzlich durch unterschiedliche Farbbereiche verdeutlicht wird. Auf diese Weise lässt sich eine generelle Handlungsempfehlung hinsichtlich klassischer und agiler Projektmanagementansätze ableiten. Daneben erlaubt das Modell aber auch Teilprojekte oder einzelne Elemente in Bezug auf die Vorgehensweise einzuschätzen. Projektdesign bei der W&W AG Damit die W&W-Gruppe geschickt auf dynamische Anforderungen eines Projekts reagieren kann, wurde der gesamte Projektmanagementprozess im Zuge des eingangs erwähnten internen Projekts flexibler gestaltet. Das bis dahin geltende Vorgehensmodell zur Projektabwicklung wurde aufgebrochen, sodass ein zusätzlicher Teilprozess innerhalb der Planungsphase integriert werden konnte. Darin ist die Aufgabe des Projektdesigns eine wesentliche Neuerung. Währenddessen legt man den Agilitätsgrad und die Vorgehensweise eines Projekts fest, wodurch auch das entwickelte Modell zum Einsatz kommt. Auf Basis der ausgewählten Vorgehensweise wird das gesamte Projekt anschließend grob skizziert, sodass für die folgenden Phasen die Möglichkeit besteht, diese sowohl planorientiert als auch agil zu durchlaufen. Bei der W&W Gruppe setzt man somit von nun an auf einen Ansatz mit justierbaren Elementen, in dem das ausgearbeitete Modell der Bachelorarbeit auch praktische Anwendung findet. Da die Zusammenarbeit unterschiedlicher Ebenen in Form von Projekten auch in Zukunft vorteilhaft und notwendig sein wird, ist ein derartiges Modell, das individuell auf die Ansätze und Anforderungen im Projektmanagement angepasst wird, für jede Organisation von Interesse. Literatur [1] Zell, H.: Projektmanagement: -- lernen, lehren und für die Praxis, 10. Aufl., Norderstedt: Books on demand 2018, S. 2. [2] GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. (Hrsg.): Individual Competence Baseline für Projektmanagement, 1.Aufl., Nürnberg: GPM 2017, S. 106 ff. [3] Hruschka, P.; Rupp, C.; Starke, G.: Agility kompakt. Tipps für erfolgreiche Systementwicklung, 2.Aufl., Heidelberg: Springer 2009, S. 99. [4] Held, C.: Nach objektiven Kriterien entscheiden. Agil oder klassisch- - für jedes Projekt das passende Vorgehen finden, in ProjektMagazin 2016, S. 17 f. [5] Shenhar, A.; Dvir, D.: Reinventing Project Management. The Diamond Approach to Successful Growth and Innovation, Boston: Harvard Business Publishing 2007 [6] Ksoll, W.: PRINCE2 Agile- - Ein erster Blick, 2014, URL: https: / / www.microtool.de / projektmanagement / prince2agile-ein-erster-blick/ . Stand: 02. 12. 2019. [7] Timinger, H.: Modernes Projektmanagement. Mit traditionellem, agilem und hybridem Vorgehen zum Erfolg, 1.Aufl., Weinheim: WILEY-VCH Verlag 2017, S. 245. Eingangsabbildung: © iStock.com/ porcorex Ann-Kathrin Rank Ann-Kathrin Rank studierte an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Geislingen. Seit ihrem Abschluss arbeitet sie im Project Management Office eines Unternehmens, das auf die Entwicklung von biopharmazeutischen Prozessanlagen spezialisiert ist. eMail: annkathrin.rank@gmail.com 69 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0040 Nachgefragt-- die Interview-Reihe der GPM Sich beruflich und persönlich weiterentwickeln, an Sichtbarkeit gewinnen und Wissen teilen-- mit dem Mentoring-Programm der GPM Im Fokus diesmal: Mentee Saskia Bruning und Mentorin Nicole Malso. Das GPM Mentoring-Programm Wir lernen ein Leben lang und entwickeln uns ständig weiter. Dieses erworbene Wissen fließt in alle unsere Lebensbereiche ein und gewinnt besonders im persönlichen Austausch zusätzlich an Wert. Deshalb fördert die GPM den Kontakt zwischen erfahrenen Projektmanagenden und Young Professionals, im Rahmen des GPM Mentoring-Programms. Mentorinnen und Mentoren teilen ihre Erfahrung und ihr Wissen mit ihrem Mentee, erhalten neue Impulse für die eigene Arbeit und werden bestenfalls zum Vorbild für junge Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger. Wie beide Seiten gleichermaßen von dieser wertvollen Partnerschaft profitieren und welchen Mehrwert sie für ihre persönliche und fachliche Weiterentwicklung ziehen, davon geben die Teilnehmenden in der GPM „Nachgefragt“-Reihe einen exklusiven Einblick. Mentee Saskia Bruning im Interview Frau Bruning, was möchten Sie den Lesern über sich erzählen? Ich bin Saskia Bruning, 27 Jahre alt und arbeite im Gesundheits- und Sozialbereich mit dem Schwerpunkt Strategy Development. Im August 2021 habe ich mein berufsbegleitendes MBA-Studium begonnen. Als Ausgleich zu meinem Job und dem Studium arbeite ich ehrenamtlich im Projekt „Fruchtalarm“. Wir besuchen Krankenhäuser, um dort auf den Kinderkrebsstationen Cocktails zu mixen. In meiner Freizeit gehe ich gerne mit Freunden wandern und probiere neue Sportarten aus. Letztes Jahr war ich zum ersten Mal Paragleiten, als nächstes möchte ich den Gleitschirm-Führerschein machen. Seit wann und weshalb sind Sie GPM Mitglied und wie wurden Sie auf den Verband aufmerksam? Eine erste Recherche zu Zertifizierungen im Projektmanagement führte mich direkt zur GPM. Während meiner IPMA Level D Zertifizierung habe ich bereits Informationsmaterial zu den GPM Mitgliedschaften erhalten und bin im März 2020 in die GPM eingetreten. Nach der Zertifizierung Level D wollte ich gerne in den Dialog mit weiteren Projektmanagenden treten und über aktuelle Entwicklungen im Projektmanagement auf dem Laufenden bleiben. Die GPM bietet diese Möglichkeiten und ist zudem überregional und branchenunabhängig. Es finden regelmäßig Veranstaltungen in Präsenz oder Online statt, sodass man sein Wissen stetig erweitern kann. Vor allem das Mentoring-Programm finde ich sehr gut, da es junge Projektmanagende von der fachlichen Expertise einer Mentorin oder eines Mentors profitieren lässt. Seit wann sind Sie Mentee im Rahmen des GPM Mentoring-Programms und mit welchen Erwartungen und Zielen sind Sie in diese Partnerschaft gegangen? Seit Anfang 2021 bin ich als Mentee Teil des GPM Mentoring- Programms. Ich hatte die Erwartung in einen direkten Austausch mit einer erfahrenen Mentorin oder einem erfahrenen Mentor gehen zu können. Ein wesentliches Ziel für mich war Wissen | Mentoring Programm der GPM 70 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0040 es, meine berufliche Entwicklung zu reflektieren und über konkrete Fragestellungen sprechen zu können. Zu Beginn war ich etwas zurückhaltend, da ich in einem anderen Mentoring-Programm schon einmal die Erfahrung gemacht habe, dass leider nicht genügend Mentorinnen und Mentoren zur Verfügung standen. Als ich die Rückmeldung erhalten habe, dass ein Match gefunden wurde, habe ich mich deshalb besonders gefreut. Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt? Oder haben sich Ihre Erwartungen und Ziele verändert? Meine Erwartungen wurden in jedem Fall übertroffen. Mit Nicole habe ich eine Mentorin an meiner Seite, die sehr viel Praxiserfahrung im Projektmanagement besitzt. Trotz unterschiedlicher Branchen und Kompetenzstufen gibt es viele Gemeinsamkeiten und Fragestellungen, zu denen wir uns austauschen. Wir führen immer wieder spannende Gespräche mit neuen Themen. Ich bin wirklich beeindruckt von Nicoles Kompetenz und ihrer Motivation, mich zu unterstützen und zu begleiten. Ich finde es super, dass wir beide an einer ständigen Weiterentwicklung interessiert sind. Wir sprechen auch über mögliche weitere Schritte, wie beispielsweise das Thema Portfoliomanagement oder zusätzliche Weiterbildungsmöglichkeiten. Wie würden Sie Ihre Partnerschaft beschreiben? In unserem ersten virtuellen Treffen herrschte direkt eine sehr vertrauensvolle und wertschätzende Atmosphäre. Nicole hat mir zudem von Anfang an vermittelt, dass wir uns auf Augenhöhe begegnen. Wir profitieren beide von den Gesprächen und unterstützen uns gegenseitig dabei, neue Perspektiven einzunehmen. Ich schätze Nicoles Rat sehr und kann auch konkrete Situationen gemeinsam mit ihr reflektieren. Eine Mentorin wie Nicole kann ich nur jedem Mentee wünschen. Über das Mentoring-Programm ist nicht nur eine Verbindung auf fachlicher Ebene entstanden, sondern auch eine Freundschaft, die eine große Bereicherung für meine persönliche und berufliche Weiterentwicklung ist. Würden Sie das Mentoring-Programm weiterempfehlen und wenn ja, weshalb? Das Mentoring-Programm kann ich jedem nur empfehlen, unabhängig von der jeweiligen Branche oder dem fachlichem Hintergrund. Nicole verfügt über einen großen Erfahrungsschatz, von der Projektumsetzung, Implementierung von Projektmanagementstrukturen bis hin zum PMO, an dem sie mich teilhaben lässt. Für mich ist es genau die richtige Entscheidung gewesen, beim Mentoring-Programm mitzumachen. Wer gerne in den Austausch zu verschiedensten Projektmanagement-Themen gehen möchte und Spaß daran hat, sein Wissen weiterzugeben, ist in dem Programm genau richtig! Mentorin Nicole Malso im Interview Frau Malso, was möchten Sie den Lesern über sich erzählen? Mein Name ist Nicole Malso und ich bin 49 Jahre alt. Projektmanagement begleitet und begeistert mich schon seit langer Zeit. Daher habe ich mich als Projektmanagerin zertifizieren lassen und inzwischen meinen beruflichen Schwerpunkt darauf ausgerichtet. Seit einigen Jahren leite ich das Projektmanagement Office bei einem mittelständischen, pharmazeutischen Unternehmen und bin verantwortlich für die übergeordnete Projektmanagementstruktur, das Projektportfoliomanagement sowie für die bereichsübergreifenden Entwicklungsprojekte. Seit wann und weshalb sind Sie GPM Mitglied und wie wurden Sie auf den Verband aufmerksam? Ich bin seit August 2019 Mitglied bei der GPM. Vor meinem ersten Zertifizierungslehrgang habe ich mich intensiv mit den verschiedenen Projektmanagementorganisationen und ihren Qualifizierungsmöglichkeiten beschäftigt. Dabei hat mich das Konzept der IPMA am meisten überzeugt und so bin ich auf die GPM aufmerksam geworden. Die GPM repräsentiert aus meiner Sicht eine wichtige Wertegemeinschaft und die Professionalisierung des Projektmanagements. Der konstruktive und wertschätzende Austausch im Rahmen der Regionalgruppenveranstaltungen und des GPM Netzwerks sowie die vielfältigen Weiterbildungsmöglichkeiten sind sowohl für meine berufliche Tätigkeit als auch meine persönliche Entwicklung sehr wertvoll. Der Verband ist Vorreiter und Brückenbauer im Projektmanagement und ich freue mich, dass ich mit meiner Mitgliedschaft Teil dieser Gemeinschaft sein kann. Darüber hinaus begrüße ich es sehr, als Mentorin ehrenamtlich tätig zu sein. Ich kann mir auch vorstellen, künftig in einer Fachgruppe oder Regionalgruppe aktiv mitzuwirken. Seit wann sind Sie Mentorin im Rahmen des GPM Mentoring-Programms und mit welchen Erwartungen und Zielen sind Sie in diese Partnerschaft gegangen? Ich habe schon länger mit dem Gedanken gespielt, Mentorin für junge Menschen zu werden und diese in ihrem beruflichen Werdegang mit meiner langjährigen Erfahrung zu unterstützen und zu fördern. Deshalb habe ich mich sofort beim GPM Janine Tychsen Frauen, geht in Führung! 90 Tage Führungsmuskeltraining 1., Auflage 2022, ca. 180 Seiten €[D] 24,90 ISBN 978-3-7398-3116-9 eISBN 978-3-7398-8116-4 Wie kommen Frauen in Führungspositionen? Dieses Buch sprengt Klischees und regt zum Perspektivwechsel an. Um das “Warum-ist-das-alles-so? ” dürfen sich andere kümmern. Führungsmuskeltraining richtet seine Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt und wie jede mit ihrer Persönlichkeit Führung gestalten kann. Die Autorin legt die Verantwortung für die eigene Karriere in die Hände jeder einzelnen Frau. Anzeige Wissen | Mentoring Programm der GPM Mentoring-Programm angemeldet und bin glücklicherweise bereits seit Anfang 2021 Mentorin für Saskia. Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt oder haben sich Ihre Erwartungen und Ziele verändert? Diese Frage kann ich mit einem klaren „Ja“ beantworten. Meine Erwartungen wurden deutlich übertroffen. Bereits seit einem Jahr darf ich Saskia nun schon als Mentorin unterstützen. Sie ist eine sehr vielversprechende junge Frau, die in ihrem bisherigen beruflichen Werdegang schon viel erreicht hat und aus meiner Sicht künftig weitere große Ziele erreichen kann. Saskia arbeitet sehr hart dafür und entwickelt sich immer weiter. Ich bewundere das an ihr und bin glücklich, dass ich sie auf ihrem Weg begleiten kann. Frau Malso, was wollten Sie Ihrem Mentee unbedingt mit auf den Weg geben? Ich hatte schon seit langem den Wunsch, meine langjährige Erfahrung im Projektmanagement, aber auch im Berufsalltag weitergeben zu können und lasse Saskia gerne an meinem umfangreichen Wissen teilhaben. Ich helfe ihr dabei, mit komplexen Situationen umzugehen, stehe ihr mit Rat und Tat zur Seite und unterstütze sie in Entscheidungsfindungen sowie in wichtigen beruflichen Lebensphasen. Des Weiteren möchte ich sie darin bestärken, dass sie ihre Ziele im Blick behält und diese weiterverfolgt, auch wenn Hindernisse den Weg schwierig erscheinen lassen. Wie würden Sie Ihre Partnerschaft beschreiben? Wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden und haben ein freundschaftliches, vertrauensvolles und wertschätzendes Verhältnis. Trotz des großen Altersunterschiedes begegnen wir uns auf Augenhöhe. Mir war es von Anfang an wichtig, dass ich nicht nur als Beraterin fungiere, sondern dass wir einen offenen Meinungsaustausch führen. Im beruflichen Kontext beschäftigen wir uns beide mit der Gesundheit von Menschen, aber aus unterschiedlichen Perspektiven. Dies ist für uns neben den beruflichen Fragestellungen, dem Projektmanagement und auch persönlichen Themen ein weiteres Feld, auf dem wir uns lebhaft austauschen. Aufgrund der räumlichen Distanz treffen wir uns in der Regel einmal im Monat per Videokonferenz. Im September konnten wir uns jedoch auch endlich persönlich kennenlernen. Bei schwierigen Situationen oder wenn Saskia dringend meinen Rat braucht, treffen wir uns kurzfristig und bei Bedarf häufiger. Ich möchte ihr als kompetente Partnerin zur Seite stehen und nehme mir gerne die Zeit. Würden Sie das GPM Mentoring-Programm weiterempfehlen und wenn ja, warum? Das Programm kann ich jedem empfehlen. Die Arbeit als Mentorin oder Mentor ist eine sehr erfüllende Tätigkeit, die auch viele neue und wertvolle Aspekte in das eigene Leben sowie die eigene persönliche Entwicklung bringen und sogar zu neuen Freundschaften führen kann, wie ich es mit Saskia erlebe. Frau Malso, werden Sie auch anderen Mentees zur Verfügung stehen? Sobald mein Terminkalender das zulässt, bin ich gerne bereit weitere Mentees zu unterstützen. Buchbesprechung | Projektmanagement. Schritt für Schritt zum Ziel 72 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0041 DIE AUF EINEN BLICK Die Fachgruppe Agile Management befasst sich in Theorie und Praxis mit der theoretischen Fundierung sowie empirischen Überprüfung und der praktischen Ausgestaltung des Frameworks Management 4.0. Schwerpunkte sind das Agile Projektmanagement, die Integration des planbasierten Projektmanagements mit hybriden Techniken, Agile Führung und integrale Entwicklung, Agile Transformation von Organisation sowie die Ausgestaltung und Skalierung von Organisationen zu Agilen Organisationen. GPM Fachgruppe Agile Management Anzeige Buchbesprechung Projektmanagement. Schritt für Schritt zum Ziel Beiderwieden, A, Pürling, E.: ISBN 978-3-427-01220-7, 5. Auflage, Westermann Gruppe Bildungsverlag EINS GmbH 2022, 138 Seiten, Preis 22,95 Heinz Schelle Arndt Beiderwieden, Mitverfasser eines hervorragenden Buches* über Projektmanagement, hat zusammen mit Elvira Pürling eine weitere schmale Publikation zum gleichen Thema verfasst. Der Verfasser, Lehrer an einer berufsbildenden Schule, und seine Ko-Autorin nennen als Zielgruppe ausdrücklich auch Schulen und knüpfen damit an die Initiative der GPM, Projektmanagement macht Schule, an. Zunächst wird klassisches, agiles und hybrides Projektmanagement sehr klar und verständlich behandelt. Bereits hier zeigt sich, dass Beiderwieden und Pürling ihr Handwerk beherrschen. Die Ausführungen, mit gut verständlichen Beispielen, sind didaktisch geschickt gemacht. Die Didaktik kommt dann auch in den Arbeitshilfen zur Geltung. Noch interessanter wird es bei den folgenden Beispielen. Geboten wird ein ausführliches Fallbeispiel (Entwicklung einer neuen Website für eine Möbelfirma), ein umfangreicher Aufgabenkatalog aufgegliedert nach Projektphasen und zwei weitere Fallstudien (Trockenübung im Team) für die Bearbeitung durch die Gruppe. Abgeschlossen wird der Leitfaden durch Projektideen für Unterrichtsprojekte, eine Zusammenstellung, die sich als besonders wertvoll bei der Aufgabenfindung erweisen müsste. Die sehr sorgfältig gemachte Schrift- - auch in Terminologiefragen, bei denen häufig geschludert wird- - bringt mich auf eine Idee. Ich habe in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder versucht, eine Fallstudiensammlung für das Projektmanagement anzulegen. Leider ohne Erfolg. Vielleicht ist die Zeit erst jetzt reif dazu. Jedenfalls konnte ich schon vor einiger Zeit eine weitere Publikation** besprechen, die ebenfalls im Hinblick auf Fallstudien ergiebig wäre. Wie wäre es mit einer Arbeitsgruppe, die sich des Themas annimmt. Für den Anfang wäre schon ein Input da. Natürlich müssten die Zulieferer eine bescheidene Vergütung bekommen oder im Tausch für ihren eigenen Beitrag kostenlos einen fremden bekommen. So oder so: Die Didaktik und somit die Schüler und Studenten würde meines Erachtens auf jeden Fall gewinnen. * Felkai, R./ Beiderwieden, A.: Projektmanagement für technische Projekte. Ein prozessorientierter Leitfaden für die Praxis. Vieweg + Teubner / Springer Fachmedien, Wiesbaden 2011, 1. Auflage, 325 S., Softcover, ISBN 978-3-8348-0724-3, Preis 29,95 ** Stöhler, C./ Förster, C./ Brehm, L.: Projektmanagement lehren. Studentische Projekte erfolgreich konzipieren und durchführen. Springer Gabler, Wiesbaden 2018, ISBN 978-3- 658-18278-6, 343 Seiten, Preis 34,99 (Besprechung Projektmanagement aktuell, Heft 2018 / 2) uvk.de Damit Sie mit Ihrem Team schneller ans Ziel kommen! 74 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0042 Kolumne Konservative Anarchisten Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch-- Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben. Jens Köhler Priesberg und Ehrlich treffen sich im Café eines Technikmuseums, um sich ein wenig inspirieren zu lassen. Priesberg wirkt bedrückt. „Ich habe eine neue Aufgabe bekommen. Wir sollen bei unseren Forschern das Projektmanagement einführen. Forschungsprojekte sollen jetzt auch genau durchgeplant werden. Der Einführungsworkshop war aber eine Katastrophe. Es sind weniger als ein Drittel aller Eingeladenen erschienen und die haben noch wild durcheinander diskutiert.“ Ehrlich spricht nur zwei Wörter aus: „Konservative Anarchisten.“ Priesberg antwortet: „Bitte? “ Ehrlich übernimmt: „Ja, du hast richtig gehört. Forscher sind konservative Anarchisten.“ Priesberg lacht spöttisch, „dir ist schon klar, dass das zwei völlig gegensätzliche Begriffe sind? “ Ehrlich ignoriert die Ironie und fragt laut: „Was zeichnet Forschung aus? “ Priesberg fällt ihm schnell ins Wort: „Das ist doch einfach: Es geht darum, Neues zu entdecken.“ Ehrlich entgegnet trocken: „Und worauf beziehst du das Neue? “ Priesberg stottert: „Auf das Alte.“ Ein Vater mit seiner kleinen Tochter hat diesen Dialog beobachtet und klärt sie auf: „Schau mal, die kommen sicher von der ‚Sendung mit der Maus‘, um zu erklären, wie Forschung funktioniert.“ Ehrlich hat das gehört und lacht: „Viel besser, wir dürfen uns jeden Tag dieses Theater kostenlos anschauen.“ „Aber Papa, das sind zwei Clowns-…“, sagt die Tochter und rennt mit ihrem Vater aus dem Café. Priesberg ist konsterniert: „‚Sendung mit der Maus‘ und ‚Clown‘. Wo bin ich hier gelandet! “ Ehrlich klärt seinen Kollegen schließlich auf: „Willkommen in deiner neuen Welt. So ist Forschung. Um Neues auszuprobieren, bedarf es eines unbändigen Spieltriebs. Das nenne ich Anarchie. Es werden, wie eben, Hypothesen aufgestellt: ‚Sind es Clowns? ‘ ‚Kommen sie von der Sendung mit der Maus? ‘ Und diese Hypothesen müssen mit dem Alten abgeglichen werden.“ Priesberg überlegt: „Ja, jetzt verstehe ich langsam. Das mutmaßlich Neue muss mit dem Alten abgeglichen werden. Und das Alte ist gut erforscht und-…“ Ehrlich fällt ihm wieder ins Wort: „Es geht hier vor allem um die Reproduzierbarkeit. Eine wissenschaftliche Erkenntnis ist nur dann von Wert, wenn sie reproduzierbar ist. Und dazu muss man eine verlässliche technische und methodische Umgebung haben. Das meine ich mit ‚konservativ‘. Hier ändern Forscher nur sehr widerwillig etwas.“ Priesberg schüttelt den Kopf: „Genau hier soll ich ein Projektmanagement einführen. Na prima. Irgendwelche Ideen? “ „Durch Projektpläne und Meilensteine ist noch kein Forscher glücklicher geworden, denn gerade das erfolgreiche Abschließen von Meilensteinen lässt sich schwer vorhersehen. Hier kommst du sofort an die Sinnfrage“, erläutert Ehrlich. „Also können wir es auch lassen“, resümiert Priesberg. „Nein“, widerspricht Ehrlich und fährt fort: „Forschungsprojekte in einem Unternehmen sind ja kein Selbstzweck. Schlussendlich müssen neue Produkte oder mindestens neue Methoden entwickelt werden. Und hier sind wir plötzlich wieder in der realen Welt der Budgets, Qualitäts- und Zeitvorgaben.“ Priesberg kratzt sich am Kinn: „Verstehe. Wenn wir den Forschern mit Projektmanagement helfen, ihre Aktivitäten mit der Planung des Unternehmens transparent abzugleichen, haben wir zumindest einen Mehrwert, sowohl für das Unternehmen als auch für die Forscher.“ Ehrlich bestätigt, „für die konservativen Aktivitäten, also die kontinuierlichen Verbesserungen, ist das sicher ein guter Start. Kommen wir jetzt zu dem weitaus schwierigeren Teil: Dem Spieltrieb, also dem anarchistischen Teil.“ Priesberg grübelt weiter: „Hier gebe ich auf. Wie soll denn sauber geplant werden? Heute mal dies ausprobiert, hier Materialien bestellt, morgen mal das ausprobiert, andere Materialen bestellt und getestet-…“ Ehrlich holt tief Luft: „Sei mal nicht so pessimistisch. Das, was du hier beschreibst, erfordert in Unternehmen einen nicht unerheblichen Aufwand. Material bestellen, warten, Material erhalten, in Experimenten verwenden, Ergebnisse auswerten, und so weiter.“ Priesberg geht ein Licht auf: „Hier kann ein sinnvolles Projektmanagement viel Arbeit abnehmen, die Beschaffungsbürokratie, die zeitliche Planung der Experimente und Sicherung der Ergebnisse. Ganz zu schweigen von Workshops zum Erfahrungsaustausch.“ Er schließt ab: „Transparenz für den konservativen Anteil und Unterstützung der Anarchie, ja so fasse ich es zusammen.“ Der Vater kommt mit seiner Tochter wieder am Café vorbei und murmelt mehr zu sich selbst: „Jetzt habe ich es, die beiden sind Anarchisten-…“ Dr. Jens Köhler Dr. Jens Köhler, BASF SE, fokussiert sich auf die Digitalisierung in Forschung und Entwicklung. eMail: Jens.Koehler@basf.com Aus den DACH-Verbänden | IPMA intern 75 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0043 Building a common future together in the age of chaos: the world needs actions, and projects beyond words This is the fourth time in the 57 years of IPMA history that we have held our Council of Delegates in a virtual way, dictated not only by the pandemic, but also because of the war in Ukraine, resulting in the suffering and forced migration of many people and a global impact that is still difficult to imagine.Today more than ever before, all of us continue to learn how to carry on in these circumstances of necessary change and transformation. We act today and envision and hope for a better future for all, where we can all live in peace and harmony. During the days preceding the last IPMA CoD meeting we made a great effort together with our Member Associations addressing initiatives at local and regional levels. At this first Council of Delegates meeting in 2022, as an international community of, IPMA nations which is the largest, most diverse and multicultural professional network that exists in our profession, we would like to share the following message: “we need more facts, more realities, that help those in need today and also ideas, projects for reconstruction and a new sustainable future”. Beyond words and statements, we need to contribute to making good things happen for those in need today in Ukraine and throughout the region. We would like to design a future that will be necessary and difficult and that will be challenging. Now more than ever, projects and professional project management experts are needed Some of the specific actions proposed by our Associations and the Executive Board are the following: »Support the professional development (i.e. training, certification) at no cost to Ukrainians; »Invite project management professionals from Ukraine to join our meetings at no cost: • IPMA Serbia, which is host and co-organizer of the next international research conference on project management (June, Belgrade), will offer free registration to all professionals from Ukraine. • The Certification Body in the Netherlands will charge no fees to Ukranian citizens who would like to apply for certification. Certification Bodies in other countries are also investigating this. Other similar initiatives from other member associations will be communicated soon. Under our social initiative IPMA C4D-Coaching for Development, a call is opened to present joint actions with other NFP organizations, professional associations, communities of practitioners to join forces and address challenges in a local, regional and global way. IPMA Chairman Dr. Jesus Martinez Almela highlights that the most important thing now addressing the level of change and transformation management required by a portfolio will largely depend on the amount of disruption created in individuals’ and groups’ day-to-day lives, plus attributes such as culture, value system and history with past changes. In our previous CoD meeting, in September 2021 we addressed that building a sustainable future means supporting those individuals and countries that are in need. At the moment this is the case. And I am proud that as IPMA, our large global network of member and affiliated associations are rising to the challenge and providing meaningful support to the people of Ukraine.The current world situation requires flexibility and adaptability in order to move forward to a sustainable free world. Let’s work together to make this happen.We will continue our work worldwide and see the future in a much more peacefully, freedom, equitable and sustainable, addressing the present as well post war reality. Ukraine MA is exempted from the membership fee for 2 years - 2022 and 2023. Jesus Martinez Almela, IPMA Council of Delegates Chairman Aus den DACH-Verbänden | IPMA intern Der Angriff Russlands auf die Ukraine und der resultierende Krieg in der Ukraine bewegt uns alle zutiefst. Parallel zu den Geschehnissen ist es in Russland jedoch verboten, das Wort „Krieg“ auch nur zu erwähnen. Russen drohen langjährige Haftstrafen, wenn sie sich öffentlich gegen den Krieg äußern oder Antikriegsdemonstrationen anschließen. Seit mehreren Wochen sind Social-Media-Kanäle wie Facebook, Twitter und Instagram in Russland gesperrt. Unter den IPMA Mitgliedsverbänden befinden sich sowohl Russland und die Ukraine als auch Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Georgien, die drei baltischen Staaten, Finnland, Schweden und Norwegen. Dies sind Länder, die aufgrund ihrer Historie oder durch ihre direkte Grenze zu Russland direkt von der russischen Aggression betroffen sind. Was ist die gemeinsame Position der IPMA zu diesem Krieg, wie gehen wir als internationaler Verband mit diesem Krieg und seinen Folgen um und wie agieren wir in einem Umfeld, das durch harte verbale Verurteilungen der russischen Regierung und durch strenge wirtschaftliche Sanktionen gegenüber russischen Unternehmen gekennzeichnet ist? Das Ringen um die richtigen Worte in einem Statement, ohne unsere eigenen russischen KollegInnen in Gefahr zu bringen, ist im letzten Council of Delegates (CoD) Meeting im März 2022 offen zu Tage getreten und zeigt auch die resultierenden Dilemmata auf. Die IPMA wurde 1965 als nicht-politische Not-for-Profit- Organisation gegründet und hat bis heute 71 nationale Mitgliedsverbände weltweit. Im aktuellen IPMA Executive Board befindet sich eine Vice Präsidentin aus Russland, die Global Young Crew hat ein russisches Board Mitglied und der russische Mitgliedsverband der IPMA hat im vergangenen September 2021 den letzten IPMA Weltkongress als Gastgeber in St. Petersburg ausgerichtet. Sie und die vielen anderen russischen IPMA Mitglieder, die sich teils offen, teils indirekt, aber klar gegen diesen Krieg positionieren, wollen wir nicht in Gefahr bringen. Dennoch gebietet es unsere ethische Haltung, nicht die Augen zu verschließen vor dem Gräuel, das täglich stattfindet. Aus den DACH-Verbänden | IPMA intern Prof. Dr. Yvonne Schoper Prof. Dr. Yvonne Schoper ist Professorin an der HTW Berlin mit dem Schwerpunkt Internationales Projektmanagement und Vizepräsidentin der IPMA für den Bereich Membership und Young Crew. Ihre Forschungsinteressen sind die Projektifizierung der Wirtschaft und der Einfluss der Kultur auf das Projektmanagement. eMail: yvonne.schoper@HTW-Berlin.de ORCID: 0000-0002-7731 - 5081 In vielen Member Associations der IPMA laufen bereits Hilfsmaßnahmen für die ukrainischen Flüchtlinge. Aktivitäten wie C4D (Coaching for Development) https: / / www.ipma. world / society / coaching-for-development, die ein gemeinsames Handeln erfordern, wenn die IPMA Hilfsorganisationen wie das UNHCR, das Rote Kreuz oder die Caritas unterstützen will, sollten länderübergreifend über die IPMA koordiniert werden. Dazu startet die IPMA gerade eine internationale Task Force Gruppe. Wenn Sie eine der Flüchtlingsinitiativen unterstützen oder eine neue Initiative ins Leben rufen wollen, dann wenden Sie sich bitte an Ihren nationalen Mitgliedsverband, z. B. die GPM, pma oder spm, die dann die Zusammenarbeit mit dem Dachverband IPMA koordinieren werden. Ein weiteres, ganz anderes Thema ist das Thema IPMA Bücher und Standards. Soeben wurde die Funktionalität des Herunterladens von Büchern aus dem IPMA eBook-Shop verbessert. Dazu wurde eine neue Produktkategorie auf der IPMA Webseite hinzugefügt, getrennt von Normen und Büchern. Dadurch ist es nun deutlich einfacher, die eBooks und die IPMA Standards herunterzuladen. Man braucht man nur noch seine E-Mail-Adresse hinterlassen, um eBooks herunterzuladen: https: / / shop.ipma.world / product-category / ebooks/ ? v=9b7d173b068d Berlin, 28. März 2022 Jetzt online lesen in unserer neuen eLibrary www.pmaktuell.de Der Online-Zugriff ist in den Leistungen für GPM Mitglieder inbegriffen. Noch kein GPM Mitglied? Schreiben Sie uns unter mitglieder@gpm-ipma.de. Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L Anzeige Aus den DACH-Verbänden | Die GPM Fach- und Regionalgruppen 77 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0044 Aus den DACH-Verbänden | GPM intern Gemeinsam Verantwortung tragen - für Menschen in Not Die große Anzahl an Menschen, die in den vergangenen Jahren nach Deutschland geflüchtet sind, hat bereits zu einem unvergleichlichen Ausmaß an bürgerschaftlichem Engagement geführt. Die aktuelle Fluchtbewegung aufgrund des Ukrainekrieges steigert dieses Engagement noch einmal um ein Vielfaches, was auch in der ehrenamtlichen Arbeit der GPM sichtbar wird. Die GPM möchte dieses ehrenamtliche Engagement durch eine neue Form der Organisation und Koordination der ehrenamtlichen Arbeit sowie zwischen Ehren- und Hauptamt bzw. der Geschäftsstellen unterstützen. Hierzu hat Dr. Thor Möller, kommissarischer GPM Präsident, eine Task Force ins Leben gerufen, mit dem Ziel die Ideen und Projekte der ehrenamtlichen Arbeit in einem Netzwerk zusammenzubringen und zu konsolidieren. Geleitet wird die Task Force durch Mitarbeitende der beiden Geschäftsstellen Nürnberg und Berlin. Im Fokus stehen hierbei Hilfsprojekte, bei welchen unsere Kernkompetenz, das Projektmanagement, im Zentrum steht. Die GPM möchte Projekte für Menschen in Not durch den Einsatz von Projektmanagement-Know-how unterstützen sowie auch eigene - vorausschauend und adaptierbar für kommende Krisen - initiieren. Die Berichterstattung über die Entwicklungen dieses Engagements und die daraus resultierenden Projekte erfolgt über die GPM Kanäle. Nadia Saoudi Die GPM Fach- und Regionalgruppen Die derzeit 39 Regionalsowie 38 Fachgruppen der GPM bieten eine Plattform zum branchenübergreifenden Networking und Erfahrungsaustausch. Sie leisten damit wichtige fachliche Basisarbeit innerhalb des Vereins. Die Regional- und Fachgruppen bieten darüber hinaus ein breites Angebot von in der Regel kostenlosen Veranstaltungen zum Projektmanagement. Weitere Informationen und Ansprechpartner der einzelnen GPM Fach- und Regionalgruppen finden Sie auf der GPM Website unter: www.gpm-ipma.de / know_how / fachgruppen.html bzw. www.gpm-ipma.de / ueber_uns / regionen.html Neue Firmenmitglieder stellen sich vor-… Firma Hauptgeschäftsgebiet PM-Aufgaben und -Bedeutung Erwartungen an die GPM ahc GmbH www.ahc-gmbh.de Die ahc GmbH ist eine technische Unternehmensberatung, spezialisiert auf Projektmanagement, Prozessberatung, Digitalisierung und Innovationsmanagement. Wir sind Spezialisten für alle Aufgaben des Projektmanagements und der Projektberatung. Wir übernehmen Verantwortung von der Projektsteuerung bis hin zur erfolgreichen Projektrealisierung, indem wir die Projekte unserer Kundinnen und Kunden als Leiter, Berater oder Projektkoordinator betreuen. Eine erweiterte Zusammenarbeit. IT.UV Software GmbH www.ituv-software.de Die IT.UV Software GmbH erbringt Dienstleistungen auf dem Gebiet der Datenverarbeitung, insbesondere Beratung sowie Entwicklung, Wartung und Vertrieb von Software. Alle Projekte werden von uns durch zertifizierte und praxiserfahrene Projektmanagende in enger Abstimmung mit den Auftraggebenden durchgeführt. Unterstützt werden sie dabei durch zertifizierte Requirements Engineers, die die Beschreibung der Anforderungen gewährleisten sowie für die vollständig modellgetriebene Umsetzung in hoher Qualität mit unseren eigenen Frameworks für modellgetriebene Softwareentwicklung sorgen. Informationen zu aktuellen Entwicklungen im Management von klassischen, agilen und hybriden Projekten. Aus den DACH-Verbänden | Die GPM Fach- und Regionalgruppen 78 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0044 NKT GmbH & Co. KG www.nkt.com NKT bietet schlüsselfertige Kabellösungen für Wechselspannungs- und Gleichspannungssysteme. NKT ist in 14 Ländern vertreten und hat ihren Hauptsitz in Dänemark (NKT A / S Gruppe). Das Projektmanagement ist bei NKT eine Kernkompetenz bei der Abwicklung von nationalen und internationalen Projekten jeglicher Größe und Komplexität. Erfahrungsaustausch in einem kompetenten und auf Projektmanagement ausgerichteten und spezialisierten Umfeld. Thinking Portfolio Oy www.thinkingportfolio.com Thinking Portfolio ist ein finnisches Softwarehaus, das seinen Kundinnen und Kunden über 40 verschiedene Portfoliomanagement-Lösungen wie z. B. Projekt-, Risiko-, Application-, Service-, NPD / R&D und M&A Portfolios als Cloud-Service anbietet. Thinking Portfolio hat über 350.00 Nutzerinnen und Nutzer in mehr als 50 Ländern sowie Vertretungen in Finnland, Schweden, den Niederlanden, Deutschland, der Schweiz und Österreich. Das Portfoliomanagement-Modell von Thinking Portfolio unterstützt geschäftsorientierte Planung und Entscheidungsfindung auf Grundlage eines soliden Gesamtkonzepts. Als finnisches Unternehmen besteht großes Interesse an Networking und Erfahrungsaustausch mit Unternehmen sowie Beraterinnen und Beratern aus dem deutschsprachigen Raum. Wagile Deutschland GmbH www.wagile.pro Das Ziel von Wagile ist es, die Vorteile einer guten Governance zu verbreiten, damit Unternehmen von strategischen und transformativen Erfolgen profitieren können. Durch das einzigartige Angebot aus Expertenwissen, bewährten Prozessen und integrierten Tools implementiert Wagile effektive Governance- und PMO-Strukturen auf globaler Ebene und in verschiedenen Geschäftsbereichen. Wir unterstützen Kundinnen und Kunden bei der strategischen Ausrichtung ihrer Portfolio-, Programm- und Projektlandschaft mit Hilfe unseres eigenen Governance Models inkl. integrierter, hauseigener Software. Außerdem bieten wir Unterstützung bei der Operationalisierung und Abarbeitung von Projekten durch unseren (Remote) PMO Service, sowohl für agile Projekte als auch klassischen Wasserfall. Unsere BI-Lösungen ermöglichen transparentes Reporting bis zur C-Level-Ebene. Vernetzung unter Expertinnen und Experten sowie Möglichkeiten zur Erweiterung unserer Reichweite für unser Angebot. 80 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0045 Aus den DACH-Verbänden | pma intern Kennen Sie unseren pma Podcast? Geschäftsstellenleiter Alexander Vollnhofer ist der Moderator des pma Podcasts. Brigitte Schaden, pma Präsidentin, meint: Wenn wir uns Projektmanagement anschauen, geht der Blick meist in größere Unternehmen. Hier finden sich PM- Standards, die Weiterbildung wird forciert und der Nachweis von PM-Know-how wird zertifiziert. Doch wie sieht es mit dem Projektmanagement in Start-ups aus? Zu Beginn dreht sich alles um die zündende Business-Idee, die häufig vom Gründer, der Gründerin geschultert wird. Später treten neue Fragen auf: Wie arbeiten wir als Team zusammen? Wie planen wir die Arbeitsschritte? Wie überzeugen wir die Investorinnen und Investoren? Gerade in der Startphase ist professionelles PM-Know-how entscheidend. Unklare Zielsetzung und mangelnde Risikoeinschätzung können zu Chaos führen und schnell das Aus bedeuten. Start-up-Gründer*innen müssen heute auch Projektmanager*innen sein. Je mehr PM-Know-how, desto erfolgreicher das junge Unternehmen. brigitte.schaden@pma.at pma Mitglied vor den Vorhang Fachhochschule des BFI Wien Wohlmutstraße 22, 1020 Wien www.fh-vie.ac.at Kontakt: Gerhard Ortner, gerhard.ortner@fh-vie.ac.at Hauptgeschäftsgebiet Wir bilden die Fach- und Führungskräfte von morgen aus. Durch enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, vermittelt unser Studienangebot gezielt die Kompetenzen, die aktuell am Arbeitsmarkt gefragt sind & vielfältige berufliche Perspektiven eröffnen. PM Aufgaben und Bedeutung Die Studiengänge Projektmanagement & IT (BA) & Projektmanagement & Organisation (MA) bilden Studierende bestmöglich für ihre Karriere im Projektmanagement aus. Was versteht man unter exzellentem Projektmanagement (PM)? Ist agiles Arbeiten eine Erfindung des 21. Jahrhunderts? Welche Bedeutung hat Vertrauen in der Projektarbeit? Und wie steuert man ein erfolgreiches Theaterprojekt in Zeiten der Pandemie? Das sollten Sie unbedingt hören Seit einem Jahr gibt es den Podcast von Projekt Management Austria- - und bereits jede Menge interessierte Hörer*innen und Abonnent*innen. Der pma-Podcast versteht sich als Wissens- und Kommunikationsplattform für alle- - von Einsteiger*in bis zu PM-Expert*in. Alexander Vollnhofer, pma Geschäftsstellenleiter, ist die Stimme und der Moderator des pma Podcasts. Bislang wurden sieben Folgen mit unterschiedlichen Themen und Gästen produziert. Namhafte Expert*innen liefern praxisnahes Insiderwissen und erzählen Erfolgsgeschichten aus der Welt des Projektmanagments. 2022: Mit neuen Folgen Abonnieren Sie abwechlsungsreiche PM-Inhalte zum Zuhören. Den pma Podcast können Sie auf allen gängigen Audio- Plattformen, und auf der Website von Projekt Management Austria anhören. Die neueste Folge ist on air: Wie wichtig sind PM-Kompetenzen für Start-ups? Zu Gast: Die Start-up Beauftragte der österreichischen Bundesregierung. © L. Schedl Eventtipp: 12. PM Symposium „The Dark Side of PM-- Balanceakt zwischen Ansprüchen und Wirklichkeiten“, 9. Juni, Wien. pmsymposium.fh-vie.ac.at Aus den DACH-Verbänden | spm Frühjahrstagung 17. Mai 2021 81 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0046 Aus den DACH-Verbänden | spm intern spm Frühjahrstagung 17. Mai 2022 In stürmischen Zeiten zum Projekterfolg Acht hochkarätige Referentinnen und Referenten geben nicht nur inspirierende Impulse, sondern auch die richtigen Tools an die Hand, um Schlechtwetterlagen im Projekt gelassener zu begegnen. spm.ch / fruehjahrstagung-2022 Erfahrungen aus der Praxis des Mentaltrainings und der internationalen Entwicklungsarbeit zeigen auf, wie die Projektleitung auch unter hohem Druck Erfolgserlebnisse erzielt. Ausgewiesene Experten und Expertinnen im Krisenmanagement berichten, wie Sie sich und Ihr Unternehmen optimal für ausserordentliche Situationen wappnen und diese souverän bewältigen. Beat Dietziker, spm-Vorstand Neue Zertifizierungen Erstzertifizierungen Die Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement (spm) gratuliert den neuen Zertifizierten: 7 IPMA Level A® spm: Patrizio Bisante, Kaspar Brönnimann, Björn Brugger, Pascal Mayland, Philip Ritschard, Patrick Summermatter, Patrick Vogel 11 (9 publiziert) IPMA Level B® spm: Lukas Bichsel, John Brunner, Alain Christen, Fabio Gambarara, Heinz Hochstrasser, Philipp Jonas, Pascal Leumann, Peter Preisig, Marc Stadelmann 63 (55 publiziert) IPMA Level C® spm: Bálint Almási, Beat Baur, Monika Bäurle, Max Berger, Andreas Bertram, Martin Binzer, Marc Blatter, Stefan Blättler, Marco Caduff, Marc Dähler, Martin Danner, Tobias Disch, Daniel Eberle, Christian Fürst, Bastian Graupner, Thomas Guigon, Marc Harder, Nico Häusler, Mark Hellbusch, Peter Hiltbrunner, Andreas Huber, Dominic Just, Lorenz Kochan, Stefan Konzelmann, Pascal Maier, Christophe Martin, Markus Maurer, Vezira Mesic-Korac, Volker Meyer, Carlos Andrea Mora, Janik Mösle, Benjamin Müller, Franz Müller, Fabio Piantadosi, Johan Pohl, Lise-Lotte Hjorth Rasmussen, Kristin Reisch, Matthias Reist, Bild: spm Aus den DACH-Verbänden | spm Frühjahrstagung 17. Mai 2021 82 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0046 Nicole Riesen Strumpf, Stéphane Rossmann, Jakob Saladin, Martin Schäfer, Nico Scherrer, Patrick Christian Schneider, Stefan Scholze, Michael Schwendimann, Marwan Serageldin, Altun Sijaric, Leo Carmelo Maria Sofia, Katrin Spillmann, Roland Suter, Daniel Tschabold, Bernhard Tschanz, Thierry Tschanz, Andreas Wiedmer 1'080 IPMA Level D® spm Rezertifizierungen Die Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement (spm) gratuliert den Zertifikatsinhabern zur Erneuerung ihres Zertifikats: 3 IPMA Level A® spm: Beat Straub, Brigitte Gerber, Thomas Heimgartner 65 (59 publiziert) IPMA Level B® spm: Stefan Adam, Sergio Albertini, Torsten Alm, Jakir Barbagallo, Roland Baumli, Ronny Beck, Tomi Bohnenblust, Urs Bumbach, Rico Cadegg, Daniel Carrel, Dalibor Cron, Laurens de Bever, Daniele Errante Parrino, Daniel Fontanellaz, David Gawrysiak, Thomas Genkinger, Julien Grosclaude, Daniel Hagmann, Pierre Haldemann, Thomas Haller, Tobias Hohl, Marc Homlicher, Michael Janosfia, Hermann Jehle, Georg Kassowitz, Beat King, Maria Koutintcheva, René Lanz, Oliver Lechmann, Daniel Leuenberger, Daniel Looser, Marc Manetsch, Markus Matzenauer, Marc Meyer, Karin Miller, Richard Morva, Benno Nager, Jens-Ole Petersen, Urs Philippe, Andreas Remund, Christoph Ruffing, Ernesto Ruggiano, Reto Ryser, Cornelius Saladin, Rémy Sautter, Dominik Schmid, Jeannette Seiler, Erich Spicher, Christian Sterr, Thomas Tribelhorn, Adolf Vetterli, Peter Wahl, Stefan Windmüller, Martin Wirz, Kurt Wyss, Monika Zapf, Alexandre Zbinden, Andreas Zgraggen, Alexandre Zurlinden 59 (55 publiziert) IPMA Level C® spm: Stephan Aebischer, Matthias Bachmann, Werner Baumann, Simon Blumhofer, Matthias Brudermann, Giovanni Cappellotto, Raphaël Casazza, Mira Duronjic, Jürgen Eberle, Michael Fellmann, Dmitri Fertmann, Nicola Fraschina, Lars Füllemann, Sandro Furter, Stefan Gfeller, Holger Gläntz, Frank Gottsmann, Jürgen Haigis, Thomas Haller, André Hirschi, Rolf Hirt, Hans Peter Hostettler, René Julmy, Thomas Koller, Urs Krohn, Daniela Krucker Zwicky, Katja Leuenberger, Stefan Marti, Ulrich Menne, Valter Mestre, Nicolas Millioud, Alessandro Nardulli, Susanna Neyen-Biro, Yann Perelli, Michael Pittet, Zeno Portmann, Stefanie Randl, Matthias Raunhardt, Lucas Rieder, Stefan Riesen, Melanie Rosa, Damian Scheiwiller, Manfred Schey, Christian Schmid, Daniel Schori, Patrick Spieldenner, René Strässler, René Strässler, Sandra Vallant-Bickel, Georg Vanz, Marjorie Viallon, Goran Vitkovic, Andreas Walther, Renato Zanetti, Anja Zimmer 72 (49 publiziert) IPMA Level D® spm: Philippe Achtnich, Susanne Andrey, Jan Arndt, Aurelio Bauer, Sigolène Bechetoille, Hella Berkhout, Jennifer Billing, Marco Boatta, David Boss, Cedric Bosson, Pascal Bühler, Mustafa Degirmenci, Melanie Dick, Dennis Dopheide, Suzana Gavrilova, Wolfgang Gebhardt, Sandro Graf, Salome Grob, Stephan Hamm, Fabian Hautle, Rolf Hefti, Fabienne Holdermann, Murielle Jeker, Kovacs Katalin, Denis Kessler, Janine Koller, Florian Komminoth, Petar Kozomara, Thomas Küng, Matthias Lämmle, Eugen Lampel, Nicolás Leoni, Marion Leu, Fabien Papilloud, Miguel Princz, Ivo Rickenbacher, Nolan Rothacher, Fabienne Röthlisberger, Jürg Schäfer, Ulrich Arne Schmidt, Rico Schnydrig, Ümit Sen, Yvonne Stadelmann, David Stadler, Martin Sturm, Andreas Suter, Pascal Vonlanthen, Martin Wälti, Flavia Zimmermann Maja Schütz, VZPM Rubrik | xx 84 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 02/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0047 Auf ein Wort mit-… Felix Hartung, Projektmanager bei der THOST Projektmanagement GmbH Von Martina Peuser Zur Person | Felix Hartung ist als Projektmanager bei der THOST Projektmanagement GmbH in Frankfurt tätig. Als Maschinenbauer verantwortet er hauptsächlich große europäische Anlagenbauprojekte in der Pharmazie. Prof. Dr. Martina Peuser ist Professorin für allgemeine BWL, insbesondere Organisation und Projektmanagement, an der Leibniz Fachhochschule in Hannover. Als Inhaberin des „Institut für praxisnahe Mittelstandberatung” ist sie Expertin für kundenzentrierte, agile Organisationsstrukturen und begleitet Unternehmen dabei, ihre Strukturen mit dem Fokus auf Kunden flexibel anzupassen. In ihrer Kolumne gibt sie spannende Kurzeinblicke in Lebensläufe und Gedanken von im Projekt tätigen Personen. Wie sind Sie zum Projektmanagement gekommen? Bereits im Studium interessierten mich die Vorlesungen im Projektmanagement. Die Praxisbeispiele motivierten mich, Erfahrungen im Rahmen von Praktika zu sammeln und auch beruflich in dieses Feld einzusteigen. Welches Projekt hat Sie besonders geprägt oder war für Sie besonders wichtig? Gleich nach der Universität wirkte ich an einem internationalen Infrastrukturprojekt zur Wartung von Schnellzügen mit. Besonders beeindruckt hat mich dort die Herausforderung, die einzelnen Gegebenheiten und Ziele der jeweiligen Standorte zu einem Zielbild zu formen, ohne dabei einzelne Forderungen oder Interessen zu vernachlässigen. An welchem Projekt arbeiten Sie gerade? Aktuell bin ich in Anlagenbauprojekten in der Pharmaindustrie tätig. Hier geht es hauptsächlich um den Know-how- und Tech-Transfer zwischen neuen und alten Anlagen. Dort wird entweder die bestehende Infrastruktur so angepasst, dass Sie die neuen Produkte / Rezepturen produzieren kann oder es werden komplett neue Produktionsstätten geschaffen. Gelten in Ihrem Bereich bestimmte Standards und Methoden? In der Pharmazie gilt die Richtlinie GxP: Gute, für den jeweiligen spezifischen Anwendungsbereich (x) erforderliche Praxis, z. B. Good Manufacturing Practice (GMP), Good Distribution Practice (GDP), Good Laboratory Practice (GLP). Zudem richten wir uns als Dienstleister immer nach den spezifischen Anforderungen des Projektes und des Kunden. Was zeichnet Sie als Projektmanager besonders aus? Ich versuche insbesondere, Projekte ganzheitlich zu betrachten. Ich frage mich immer, welche Auswirkungen die Bearbeitung einer Aufgabe auf den gesamten Projekterfolg haben kann und wie sich die Maßnahmen am langfristigen Erfolg ausrichten. Was motiviert Sie, in Projekten zu arbeiten und Projekte zu leiten? Ich mag Abwechslung mit Agilität und das Hineindenken in neue Aufgaben und Herausforderungen. Auch wenn ein Projekt einmal nicht so herausfordernd ist- - das gehört dazu- - versuche ich, neue Ideen einzubringen. Welche Tipps haben Sie für den Projektmanagement-Nachwuchs? Gehen Sie nach der Erlangung theoretischer Kenntnisse in die Praxis! Saugen Sie diese Erfahrungen auf wie ein Schwamm. Man muss einfach mal machen. Theorie und Praxis zu verbinden ist das Beste. Welche Eigenschaften schätzen Sie an Projektmanagern*innen am meisten? Projektmanager*innen lieben Herausforderungen. Sie zeigen diese auf, nehmen sich ihrer an und übernehmen Verantwortung. Zudem sind sie sehr kommunikativ und handeln lösungs- und zielorientiert. Was ist für Sie als Projektmanager das größte Glück? Wenn zum Schluss alle Beteiligten (Stakeholder, Sponsor, Team etc.) zufrieden sind und das Projektteam alles für den bestmöglichen Projekterfolg gegeben hat. Was sind zukünftige Trends? Ganz klar: die Digitalisierung! Die Projektsteuerung entwickelt sich zunehmend weg vom typischen Datensammler hin zum Business Partner. Die Datenaufbereitung übernehmen KI-Lösungen, das Reporting funktioniert auf Kopfdruck, die Datensammlung wird automatisiert. Die intelligente Interpretation von Daten wird eine wichtige Kompetenz des gesamten Projektcontrollings. Was geben Sie den Lesern mit auf den Weg? Erfahrung ist eine mächtige Waffe im Projektmanagement. Vor allem bei Innovationsprojekten und neuen Kunden ist es wichtig, sich mit erfahrenen Kolleg*innen auszutauschen, um von ihnen zu lernen. PM Forum Leipzig Zwei halbe Tage: Kreative Workshops und interaktives Miteinander PM Forum Digital Zwei halbe Tage: Impulsgebende Vorträge und inspirierende Praxisbeispiele DAS NEUE PM FORUM Menschen. Methoden. Lösungen. Der bedeutendste Treffpunkt der PM-Community Jetzt informieren und Tickets sichern: www.pm-forum.de Veranstaltungen der 07. - 08. JULI 2022 10. - 11. NOVEMBER 2022 PM Forum Leipzig Zwei halbe Tage: Kreative Workshops und interaktives Miteinander PM Forum Digital Zwei halbe Tage: Impulsgebende Vorträge und inspirierende Praxisbeispiele DAS NEUE PM FORUM Menschen. Methoden. Lösungen. Der bedeutendste Treffpunkt der PM-Community Jetzt informieren und Tickets sichern: www.pm-forum.de Veranstaltungen der 07. - 08. JULI 2022 10. - 11. NOVEMBER 2022 Vom Kleinunternehmer über den Mittelstand bis hin zu weltweit agierenden Konzernen: Mit Projektron BCS und Projektron BCS.start bieten wir Ihnen die passende Lösung. Für klassische, agile oder hybride Projekte. Projektmanagement- Software Projektron BCS auswerten koordinieren planen projektron.de