PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L www.pm-aktuell.de Zukunft des Projektmanagements Ausgabe 5/ 2022 | 33. Jahrgang Projektmanagement von oben - Anforderungen, Verantwortung, Aufgaben aus Sicht von hohen Führungskräften online 27.01.2023 online 02.06.2023 Agiles Mindset und Scrum als Vorgehensweise im agilen Projektmanagement online 27.01.2023 Erfolgreiches Projektmanagement in und mit Asien online 06.-07.02.2023 Die Bedeutung des PMO für den Unternehmenserfolg online 07.02.2023 online 01.06.2023 Stakeholdermanagement in China online 08.-09.02.2023 Modernes Selbst- und Zeitmanagement auf Basis von PM und OKR online 08.02.2023 Projektmanagement bei Beschaffung in Asien online 13.-14.02.2023 Deglobalisierung im Projektmanagement online 15.02.2023 Mehr Projekte in kürzerer Zeit online 21.-22.02.2023 Projektmanagement Grundlagenseminar online 27.-29.02.2023 online 10.-12.05.2023 Strategisches Projektmarketing kompakt online 08.03.2023 Digitalisierung und digitale Transformation strategisch managen online 08.-09.03.2023 online 13.-14.06.2023 Projekterfolge sichern - Konflikte lösen, Modul 1 (Modul 2 im 2. Halbjahr 2023) online 16.-17.03.2023 Personal Branding für Projektmanagende online 17.03.2023 Konflikttraining nach der Harvard-Methode online 20.-21.03.2023 Agiles Projektmanagement 4.0 online 23.-24.03.2023 Gründung und Etablierung von PMOs online 24.03.2023 Die Fishbone Challenge - Nachhaltigkeit in der Projektarbeit, Teil 1 Bremerhaven 30.-31.03.2023 Die Fishbone Challenge - Nachhaltigkeit in der Projektarbeit, Teil 2 Hamburg 27.-28.04.2023 CoachthePM Präsenz* 03.-04.04.2023 Überzeugendes Auftreten für Projektleitende Präsenz* 19.-20.04.2023 Komplexität im Projektmanagement Präsenz* 19.-20.04.2023 PMO-Werkstatt - so gelingt der PMO-Aufbau! online 22.-24.05.2023 Projektleitertraining Köln 05.-07.06.2023 Perfekte Stakeholderkommunikation online 14.-15.06.2023 Projektmarketing Präsenz* 21.-22.06.2023 Projektmanagement mit MS Project - Grundkurs online 22.-23.06.2023 Projektmanagement mit MS Project - Aufbaukurs online 26.06.2023 Modernes Selbst- und Zeitmanagement online 27.06.2023 Mehr Projektmanagement-Wissen für Sie und Ihren Unternehmenserfolg! Aus dem profunden und vielfältigen Know-how des Vereins entstehen die Ideen für das Seminarangebot der GPM. Dank des gemeinnützigen Charakters der GPM können Sie sich dabei auf faire Preise verlassen. Weitere Seminare unter: www.gpm-ipma.de/ seminare GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. I seminar@gpm-ipma.de I www.gpm-ipma.de Know-how für Ihren Projekterfolg Jetzt informieren und anmelden unter: www.gpm-ipma.de/ seminare Profitieren Sie vom Expertenwissen der GPM - dem deutschen Fachverband für Projektmanagement. WEITERBILDUNG Das GPM Weiterbildungsprogramm - Seminare 1. Halbjahr 2023 Projektmanagement Grundlagenseminar 27.-29.02.2023 10.-12.05.2023 Die Fishbone Challenge - Nachhaltigkeit in der Projektarbeit, Teil 1 Bremerhaven 30.-31.03.2023 Die Fishbone Challenge - Nachhaltigkeit in der Projektarbeit, Teil 2 Hamburg 27.-28.04.2023 Projektmanagement mit MS Project - Grundkurs online 22.-23.06.2023 Projektmanagement mit MS Project - Aufbaukurs online 26.06.2023 1. 1. 2. 2. * Der Veranstaltungsort wird noch festgelegt, nähere Infos unter: www.gpm.ipma.de/ seminare 1 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Am Tullnaupark 15, 90402 Nürnberg Unter Mitwirkung von Spm - Swiss Project Management Association Flughofstraße 50, CH-8152 Glattbrugg und Projekt Management Austria Palais Schlick, Türkenstraße 27/ 2/ 21, A-1090 Wien Redaktion: Prof. Dr. Steffen Scheurer, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (Chefredakteur) Oliver Steeger, Alfter (Ressort Report) Nadja Saoudi, GPM Nürnberg Dr. Thor Möller, con-thor, Ganderkesee Redaktionsbeirat: Prof. Dr. Peter Thuy (Präsident GPM) Dr. Dieter Butz Axel Graser, Südwestrundfunk / SWR Prof. Dr. Nino Grau, Grauconsult GmbH Prof. Dr. Katrin Hassenstein, Hochschule der Medien Stuttgart Prof. Dr. Claus Hüsselmann, Technische Hochschule Mittelhessen Dr. Hans Knöpfel, spm, Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement Brigitte Schaden, pma (Projektmanagement Austria) Prof. Dr. Heinz Schelle, GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Prof. Dr. Doris Weßels, Fachhochschule Kiel G 6010 33. Jahrgang, 5/ 2022 ISSN 0942-1017 Verlag: UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5, 72070 Tübingen Telefon: +49 (0)7071 97 97 0 Telefax: +49 (0)7071 97 97 11 www.projektmanagement.digital © 2022 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG, Tübingen Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlages. Namentlich gekennzeichnete Beiträge sowie die Inhalte von Interviews geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion oder des Verlages wieder. Zeitschriftenkoordination: Patrick Sorg eMail: sorg@narr.de Anzeigenverwaltung: Stefanie Richter Telefon: +49 (0) 89 / 120 224 12 eMail: richter@narr.de Erscheinungsweise: 5 Hefte pro Jahr Bezugspreise für Privatpersonen: Einzelheftpreis: EUR 20,- Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 88,- Bezugspreise für Institutionen: Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 198,- Preisänderungen vorbehalten. Der Bezugspreis für Mitglieder der GPM ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Alle Preise zzgl. Versandkosten und inkl. MwSt. Die Kündigung ist sechs Wochen vor Ende eines Kalenderjahres schriftlich an den Verlag zu richten. Sonderausgaben werden zusätzlich berechnet. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift ohne Verschulden des Verlages oder infolge höherer Gewalt entfällt für den Verlag jegliche Lieferpflicht. Umschlagabbildung: © iStock.com/ Prostock-Studio Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird die männliche Form verwendet (generisches Maskulinum). Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter und beinhalten keine Wertung. Impressum 2 Editorial 4 In eigener Sache Reportage 6 Das Haus für den Wandel 12 Das Werkzeug für die Zusammenarbeit 17 „Offenheit und Kommunikation blühten auf“ Wissen 22 Herausforderungen an die Projektmanagement-Forschung und -Förderung in Deutschland 28 Ein Konzept für gute Entscheidungsprozesse 33 Der Komplexität Herr werden (2) 38 Digitales Projektmanagement-- Future Now 42 Agile Methoden in komplexen Großprojekten 48 Der Projektmanager als Jäger PM Forum Leipzig 54 Selbstreflexion durch Ziele 56 Big Picture-- Big Basic für jedes Projekt 59 Die Evolution eines Projektmanagement Offices 61 3D-Welten-- Visualisierung auf einem neuen Level 64 Im Team Kommunikation, Kultur und Kollaboration spielerisch boostern 67 Visualisierung Facilitation und Gamification in Projekten 70 Die Kraft der Willigen nutzen 73 Buchbesprechung Kolumne 75 Sind Gerüchte unwiderlegbar? Aus den DACH-Verbänden 76 IPMA 78 GPM intern 79 pma intern 80 spm intern 81 Auf ein Wort mit-… Christoph Bauer 2 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 DOI 10.24053/ PM-2022-0090 Editorial Die Zukunft des Projektmanagements Liebe Leserin, lieber Leser, über die Zukunft nachzudenken ist interessant, aber schwierig. Wir kennen die Zukunft nicht. Das heißt aber nicht, dass dieses Nachdenken sinnlos ist. Ganz im Gegenteil! Die Zukunft hängt von vergangenen und aktuellen Entwicklungen ab. Es hilft jedoch wenig, diese Entwicklungen linear in die Zukunft fortzuschreiben. Die Zukunft ist keine einfache Hochrechnung der Vergangenheit. Die Zukunft ist offen. Sie ist ein Raum vieler Möglichkeiten. Sie geht mit Disruptionen einher, dies haben wir inzwischen gelernt. Das bedeutet: Die Zukunft genau vorhersehen zu wollen, ist ein eher fruchtloses Unterfangen. Doch auf sie vorbereitet zu sein und sie gestalten zu wollen-- dies ergibt sehr viel Sinn! Für diese Gestaltung braucht es eine geeignete Methodik. Eine Methodik, die es uns erlaubt, mit kleinen Lernschritten den vor uns liegenden Raum der vielen Möglichkeiten systematisch zu erforschen-- und dann die richtigen Schritte zu tun. Genau eine solche Methodik ist das Projektmanagement! Wie das Projektmanagement dazu beiträgt, die Zukunft der Arbeit neu zu gestalten, das zeigen die Reportage über den Axel-Springer-Neubau in Berlin und die Interviews mit Andreas Ludwigs, der für das Neubauprojekt verantwortlich war, und mit Jasmin Heumann, die als Techniksoziologin und Design Thinkerin die Mitarbeiter auf dem Weg in die Arbeitswelt der Zukunft begleitet. Nicht vorhersehbar, aber gestaltbar-- so ist auch die Zukunft des Projektmanagements. Wirklich stark ist eine Methodik dann, wenn sie sich selbst immer wieder in Frage stellen lässt, neue Dinge ausprobiert werden können, Bewährtes erhalten und weniger Bewährtes verworfen wird. So entwickelt sie sich Schritt für Schritt weiter, ein stetiger Lernprozess. Dabei geht es nicht darum, die beste Methodik zu finden (sozusagen „den Stein der Weisen“). Wir müssen etwas anderes finden: nämlich die für ein bestimmtes Projekt in einer bestimmten Situation beste Methodik, mit der geeignete Lösungen für die gestellte Projektaufgabe erarbeitet werden können. Diese Weiterentwicklung des Projektmanagements ist eine permanente Aufgabe, die nie abgeschlossen sein wird. Immer neue Herausforderungen aus den Projekten und den Projektumfeldern führen zu immer neuen methodischen Lösungen. Mit diesen Lösungen beschäftigen wir uns in diesem Heft. Die GPM als Wissensplattform und ihre Veranstaltungen sind ein guter Spiegel für die Entwicklung unserer Disziplin. Deshalb geben wir auch in diesem Heft den Referenten des PM- Forums in Leipzig nochmals die Gelegenheit, in übersichtlichen Beiträgen die Inhalte ihrer Workshops vorzustellen. Darüber hinaus finden Sie noch eine Reihe weiterer Beiträge. Die Fachgruppe „Neue Perspektiven in der Projektarbeit“ beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Frage nach den zukünftigen Forschungsfeldern im Projektmanagement. Die Autoren Stephen Rietiker, Fritz Böhle, Sandra Dierig, Dorothee Feldmüller, Steffen Scheurer und Andreas Wald beschreiben in ihrem Beitrag, wo sie die Herausforderungen an die Projektmanagementforschung und -förderung in Deutschland sehen. Frank Habermann und Karen Schmidt liefern mit den „Decisions Hats“ ein neues Denkwerkzeug, mit dem das Stakeholdermanagement von Entscheidungsprozessen verbessert werden kann. Gunter Maier zeigt in seinem Beitrag, wie mittels sozio-emotionaler Mechanismen mit der sozialen Komplexität in Teams oder in ganzen Unternehmen umgegangen werden kann. Hybride Arbeitsmodelle in Projekten, die stärkere Einbeziehung von Kunden und der kollaborative Fokus der Projektarbeit sorgen dafür, dass Projektmanagement in Zukunft verstärkt standort- und plattformunabhängig durchgeführt wird. Andreas Stumpp, Marvin Müllner und Melanie Lenz stellen eine On- Cloud-basierte Projektmanagementsuite vor, mit deren Hilfe diese Herausforderungen bewältigt werden können. Volker Engelke, Katharina Lennartz, Ulrich von Knobloch und Matthias-Marcus Wanner beschäftigen sich mit der Frage, wie auch in großen Investitionsprojekten agile Methoden zum Einsatz kommen können. Und manchmal hilft das Reframing von eigentlich bekannten Themen, um zu ganz neuen Erkenntnissen zu kommen. Martin Barth und Margit Sarstedt zeigen in ihrem Beitrag, wie durch ein verändertes Rollenverständnis des Projektmanagers bzw. der Projektmanagerin die Erfolgschancen eines Projektes zum Nutzen aller Beteiligten erheblich erhöht werden können. Wenn Sie selbst auf der Reise in die Zukunft des Projektmanagements sind, neue Ideen oder neue Methoden umsetzen, lassen Sie uns an Ihrer Gestaltung der Zukunft des Projektmanagements teilhaben. Berichten Sie in einem der nächsten Hefte der PM-AKTUELL im Jahr 2023 über Ihr Wissen, Ihre Forschungsergebnisse oder Ihre Erfahrungen. Natürlich können in diesem Heft nicht alle Themen angesprochen werden, die das Projektmanagement in der Zukunft beeinflussen und verändern. Gerade Aktivitäten wie die Digitalisierung des Projektmanagements oder der Einsatz von KI im Projektmanagement konnten bestenfalls angerissen werden. Aus diesem Grunde werden wir uns in Heft 1 / 2023 eigens mit diesen Themen beschäftigen. Sie finden unter dem „Hinweis in eigener Sache“ die Schwerpunktthemen, über die wir im Jahr 2023 berichten wollen. Wir wünschen Ihnen schöne und besinnliche Feiertage und etwas Ruhe und Erholung. Lassen Sie uns dann im neuen Jahr gemeinsam die Reise zu spannenden Themen rund um das Projektmanagement antreten. Wir freuen uns auf Ihre Anregungen und Beiträge zur Gestaltung der Zukunft des Projektmanagements im Jahr 2023. Ihr Steffen Scheurer project process change agile project process change agile www.nextlevelconsulting.com Experten für Ihren Erfolg. Wir unterstützen Sie dabei, Projekte durchzuführen, Prozesse zu verbessern und Veränderungen so zu steuern, dass Ihr Unternehmen den größtmöglichen Nutzen daraus ziehen kann. Unser erfahrenes Team von internationalen Expert*innen steht für Sie bereit mit branchenspezifischem Know-how. Energie für Ihre Ziele. Kundenzufriedenheit ist der Maßstab für unseren Erfolg. Mit Begeisterung, Leidenschaft und Verstand unterstützen wir Menschen und Organisationen, ihre Struktur und Kultur erfolgreich zu entwickeln. Wir bieten Ihnen: Training, Beratung, Coaching, Interim Management und begleiten Ihr Unternehmen durch die digitale Transformation! Profitieren Sie zusätzlich von unseren zahlreichen Aus- und Weiterbildungsangeboten und Projekt- und Prozessmanagement-Tools. AUSBILDUNGSHIGHLIGH T S Trends im Projektmanagement Agile Navigator 14.12.2022, Live Online Training Innovation und Kreativität fördern 27.-28.03.2023 in Wien Change Management im digitalen Wandel 24.01.2023, Live Online Training Hybride Projekte planen und steuern 13.04.2023, Live Online Training Kompaktlehrgang Agiles Projektmanagement ab 15.03.2023 in Wien Kompaktlehrgang Change Management ab 24.04.2023 in Wien Alle Trainings finden S h r 4 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0091 In eigener Sache PM-AKTUELL-- Themen 2023 Liebe Leserinnen, liebe Leser, im Jahr 2023 geht es in der PM-AKTUELL um die Frage: Was können Projekte und Menschen in Projekten dazu beitragen, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft voranzubringen? Wir wollen unterschiedliche Ansätze und Vorgehensweisen beschreiben. Wir wollen gute Projekte vorstellen- - und den Menschen, die hinter diesen Projekten stehen, eine Stimme geben. Wir werden die Hefte der PM-AKTUELL jeweils unter ein Schwerpunktthema stellen. Wie auch immer Sie sich mit Projektmanagement befassen: als Praktiker, Wissenschaftler oder Studierender, Berater oder Trainer, Auftraggeber oder Stakeholder- - wir laden Sie ein, sich mit Ideen und Fachbeiträgen an unseren geplanten Schwerpunkten zu beteiligen. Als Themenschwerpunkte für 2023 sind geplant: • Weiterentwicklung der Projektmanagementmethodik Das Projektmanagement ist in Bewegung. Welche Entwicklungen werden das Projektmanagement künftig wesentlich voranbringen? Welche Rolle können Digitalisierung und KI in Projekten spielen? Werden klassische, agile oder hybride Projektmanagementmethoden zukünftig eine wichtigere Rolle spielen? Welche Rolle spielt der Mensch in Projekten? Welche Erkenntnisse kann die Wissenschaft hierzu liefern? Mit welcher innovativen Projektmanagementmethodik sind Sie in Ihren Unternehmen erfolgreich? Welche Rolle spielen völlig neue Werkzeuge wie etwa das Metaverse oder virtuelle Arbeitskonzepte? • Wie arbeiten wir in der Zukunft und was können Projekte dazu beitragen? Die Fragen in diesem Heft: Wie sieht die Arbeitswelt der Zukunft aus? Welche Anforderungen haben die Generationen Y und Z an die Arbeitswelt? Wie kann das Wissen der Generation 55+ in den Projekten an die jüngeren Generationen weitergegeben werden? Wie können Projekte dazu beitragen, mit dem Mangel an Fachkräften in Zukunft besser umzugehen? Welche Rolle spielen projektorientierte Arbeitsformen in der zukünftigen Arbeitswelt? Wie kann Projekt- und Linienarbeit besser miteinander verbunden werden? Was macht ein Hochleistungsteam aus? Mit welchen Projekten können wir die Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärken? Wie verändert New Work das Projektmanagement? • Nachhaltigkeit in Projekten, Nachhaltigkeit durch Projekte Nachhaltigkeit ist eine der wichtigsten zukünftigen Herausforderungen im Projektmanagement. Zum einen können Projekte im privaten sowie im unternehmerischen Umfeld dazu beitragen, ressourcenschonender zu leben und zu wirtschaften. Zum anderen ist es ganz konkret die Aufgabe von Projektverantwortlichen, Projekte nachhaltiger zu planen, zu managen und umzusetzen. Wir wollen unterschiedliche Aspekte der Nachhaltigkeit beleuchten-- und betrachten dabei sowohl Projekte, die sich mit ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit befassen. Insbesondere wollen wir gerne wissen, wie Projekte zur Umsetzung der 17 SDG der Vereinten Nationen beitragen können. Durch welche Ansätze können Projekte den verschiedenen Dimensionen der Nachhaltigkeit gerecht werden? Welche Herausforderungen ergeben sich dadurch, dass Nachhaltigkeit eine Dimension im Projektmanagement geworden ist? Wie können Projektverantwortliche, Projektsponsoren, Auftraggeber und Stakeholder diese Herausforderungen erfolgreich bewältigen? Welche herausragenden Projekte lohnt es sich vorzustellen? • Gesellschaftliche Transformation-- wie können Projekte aus dem bürgerschaftlichen Engagement unterstützen? Wirtschaft und Gesellschaft stehen vor zahlreichen notwendigen Transformationen. Bürgerschaftliches Engagement ist heute unverzichtbar, um den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel umzusetzen. Dabei deckt das bürgerschaftliche Engagement ein weites Spektrum ab- - angefangen bei Initiativen beispielsweise zu Bildung, Natur- und Umweltschutz bis hin zu sozialer Teilhabe und Förderung benachteiligter Gruppen, Jugendförderung, Kultur, Nachbarschaftsentwicklung oder kommunaler Entwicklung. Dabei wird bürgerschaftliches Engagement immer häufiger in Projekten organisiert. Unsere Fragen: Welchen gesellschaftlichen Mehrwert schaffen durch bürgerschaftliches Engagement getragene Projekte und wie können diese zur gesellschaftlichen Transformation beitragen? Welchen besonderen Rahmenbedingungen unterliegen diese Projekte? Welche konkreten Projekte sind Beispiel für gelungenes bürgerschaftliches Engagement? Welche Herausforderungen entstehen bei diesen Projekten, und welche Faktoren sind für den Erfolg entscheidend? Wie kann man Projektmanagement als Instrument für bürgerschaftliches Engagement noch weiter in die Breite tragen? • Projekte zur Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen Wir wollen über Projekte berichten, die sich mit der Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen beschäftigen, die die Wirtschaft und Gesellschaft zukunftsfähiger machen. Hier kann es um Projekte gehen, die neue Technologien erschließen oder völlig neue Dienstleistungen ermöglichen. Interessant sind auch Projekte aus der Grundlagenforschung sowie aus der Wissenschaft, die dabei helfen, unser „Übermorgen“ lebenswert zu machen. 10.24053/ PM-2022-0091 Darüber hinaus planen wir weiterhin über besonders spannende oder herausragende Projekte zu berichten. Uns interessieren die Menschen hinter diesen Projekten und deren Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen. Welche Menschen und Projekte kommen aus Ihrer Sicht in Frage? Teilen Sie uns Ihre Ideen, Denkanstöße, Vorschläge und Angebote mit. Schreiben Sie uns-- gerne auch zu Ihren konkreten Plänen für Artikelmanuskripte unter: artikel@pmaktuell.de Wir freuen uns auf Ihre Beiträge-- und werden Ihnen auch 2023 wieder spannende Themen in der PM-AKTUELL bieten. Ihr Steffen Scheurer Finden Sie Ihre Weiterbildung auf iStock/ stockfour www.vdi-wissensforum.de/ mat … mehr als Technik Führung Projektmanagement Persönlichkeit Recht Vertrieb 6 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0092 Projekt „Axel-Springer-Neubau“ in Berlin Das Haus für den Wandel Oliver Steeger Wo ist die Spur Berliner Mauer? Wo stand sie? „Hier lief sie her, mitten durchs Atrium“, hilft uns Andreas Ludwigs, „Mr. Neubau“, wie er im Konzern anerkennend genannt wird. Er zeigt auf die Bodenplatten: „Hier hat sie sich gegabelt.“ Dann tatsächlich: Wir sehen den ehemaligen Verlauf der Berliner Mauer im Bodenmuster. Zwei Linien ziehen quer durch das riesige Atrium. Nun wird auch der Rest klar: Mitten auf dem ehemaligen Grenzstreifen, der West-Berlin vom Ostteil trennte, steht der 2020 eröffnete Axel-Springer-Neubau. Die deutsche Nachkriegsgeschichte spiegelt sich in vielen Details wider, in der Farbe der mächtigen Säulen des Atriums, der Kacheln des Fußbodens, den Farben der Aufzüge-- und sogar in den Namen der beiden Gebäudeteile, „East“ und „West“. Vom Boden wenden wir unseren Blick hinauf in das mächtige Atrium. Die oberen Terrassen scheinen zu schweben. Wir legen den Kopf in den Nacken und blicken hinauf. Die fünf oberen Etagen springen hervor aus dem Gebäude: weite, offene Flächen, die sich wie schwerelos in das 45 Meter hohe Atrium ausschwingen. „Sie sind an einem Tragwerk aufgehangen“, erklärt uns Andreas Ludwigs, „wir wollten Offenheit und Transparenz im Neubau.“ Statt wabenförmige Einzelzimmer und Bürozellen, fügen wir gedanklich hinzu. Denn diese „alte“ Bürowelt, lernen wir, passt nicht zu moderner Teamarbeit, wie sie heute im Axel-Springer-Konzern verbreitet ist. Mitarbeiter sollen sich sehen. Sich begegnen und austauschen. Flexibilität und Schnelligkeit sind Trumpf. So kommt der Wandel im Medien- und Technologiekonzern voran. Manche nennen dieses Atrium liebevoll „Valley“, angelehnt an das Silicon Valley. Tatsächlich ist es wie ein Tal. 13 filigrane Brücken überspannen die Tiefe (Spannweite: 185 Meter) und verbinden die Gebäudeteile „East“ und „West“: ein Symbol für die Überwindung des geteilten Deutschlands, aber auch ein Zeichen dafür, beim Arbeiten kurze Wege zu nehmen und Brücken über den eigenen Bereich hinaus zu bauen. Zu den anderen im Unternehmen. Und das Atrium ist wirklich ein Schmuckstück. Sonnenlicht strömt durch eine riesige Fensterseite. In der Mitte das Atriums, im Hellen, gibt es eine kleine Kaffeebar, wo eine Gruppe junger Mitarbeiter Getränke holt. Weiter seitlich ein Arbeitsbereich mit Schreibtischen, ein Coworking-Space, wie wir später hören. Eingestreut gepolsterte Bänke und Stühle für Besprechungen, wie kleine Inseln für Kommunikation. Durch die riesige Halle-- 120.000 Kubikmeter, sagt man uns-- geht ein gedämpft-geschäftiges Gemurmel, ein angenehmes Summen. Fast wie Urlaub, denke ich, fehlt nur noch der Pool. Die Architektur des Axel-Springer-Neubaus- - ein Bürogebäude für mehr als 3.000 Mitarbeiter des Konzerns- - ist avantgardistisch und stilprägend, sogar für Berliner Verhältnisse. Doch Andreas Ludwigs, Geschäftsführer Axel Springer Services & Immobilien, sieht den Bau vor allem als Werkzeug für das Arbeiten der Zukunft. Axel Springer hat sich von einem reinen Verlag zu einem durchdigitalisierten Medien- und Technologieunternehmen gewandelt. Das braucht neue Arbeitsformen: agile Projektarbeit, Teamwork, Ideenaustausch über Unternehmenseinheiten hinweg, schnelle Abstimmung. Was auch heißt: Die Menschen aus Einzelbüros „herausholen“ ins Offene, wo sie sich sehen und begegnen können. Das Bürogebäude als Ort der Begegnung und Zusammenarbeit attraktiv machen. Flexible Kooperation und spontane Kommunikation ermöglichen, damit der Wandel schneller vorankommt. „Ist der Neubau eine Art Universalwerkzeug für New Work? “, frage ich, „eine Art Taschenmesser, das für jede Aufgabe etwas bietet? “ Mit dem Begriff Universalwerkzeug geht man d’accord. „Den Begriff New Work benutzen wir dagegen ungerne“, entgegnet Jasmin Heumann, Expertin für New Work & New Workplace, „wir haben unser eigenes Konzept gefunden, den Reportage | Das Haus für den Wandel 7 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0092 Axel Springer Way of Work. Wir haben uns bereits vor einiger Zeit entschlossen, neue Arbeitsformen auszutesten.“ Arbeitsformen, die kein herkömmliches Büro brauchen. Für die ein herkömmliches Büro sogar schädlich sein kann. Auf dem Weg zum digitalen Büro stieß man im Konzern auf eine provozierende Frage: Braucht es noch Schränke, Aktenordner und Papier? Braucht es überhaupt klassische Bürozimmer, in dem jeder seinen „eigenen“ Schreibtisch hat, wo Wände die Menschen trennen? Auf unserem Weg durch den Neubau erkennen wir: Die Insignien und Merkmale klassischer Büros scheinen im Axel-Springer-Neubau weitgehend zu fehlen. Digitalisierung bedeutet ein Verschwinden des Materiellen. Mathias Döpfner, Vorstand des Konzerns, soll mal gesagt haben, dass das Ausdrucken einer E-Mail heute eigentlich eine Sünde ist. Ohnehin: Statt E-Mails zu schreiben sollte man sich besser zusammensetzen und reden. Kollegen sehen und herüberwinken, um schnell an Problemlösungen zu arbeiten. Im beiläufigen Gespräch entstehen bekanntlich gute Ideen-- und das ist das Rohmaterial für den Erfolg von Digitalkonzernen. Heute kommen in dem Neubau auf 100 Mitarbeiter im Durchschnitt 70 Norm-Arbeitsplätze. Der Rest besteht aus Arbeitsmöglichkeiten für Einzelne und Teams, etwa Sofas oder Meetingtische (alles außer Schreibtische, wie Jasmin Heumann erklärt). Hinzu kommt dezidierter Coworking-Space. „Zudem gibt es sogenannte Funktionsarbeitsplätze. Dabei handelt es sich um Arbeitsplätze, beispielsweise für die Maske unserer TV-Studios, die sich verschiedene Personen mit der gleichen Funktion teilen", fügt Jasmin Heumann an. In Summe bedeutet dies: Viele Mitarbeiter wechseln mehrmals am Tag ihren Arbeitsplatz: von einem Schreibtisch zum Coworking-Space, vom Coworking-Space zum Meeting-Hub, später vielleicht zum Learning Lab oder mit Kollegen an die Kaffeebar. Sie arbeiten und kommunizieren häufig dort, wo Platz ist und sie ihre Aufgabe optimal durchführen können. Damit erübrigt sich häufig auch der anderswo übliche Aufwand für Organisation: Besprechungsräume buchen, Kolleginnen und Kollegen hinterhertelefonieren, durch Gänge laufen und an Bürotüren klopfen, um seine Leute zu finden. „Wenn ich morgens zu früh zur Arbeit komme, hole ich mir manchmal einen Kaffee und setze mich an einen der offenen Coworking-Schreibtische“, berichtet Jasmin Heumann, „ich denke über die für den Tag anliegenden Aufgaben nach und überlege, wo im Haus ich jeweils was am besten erledigen kann. Ich sehe eintreffende Kolleginnen und Kollegen und bereite meinen Tag vor.“ Überhaupt die Tugend des „Sich- Sehens“: „Wenn ich oben auf einer der Brücken stehe, kann ich das ganze Atrium überblicken. Ich sehe, wer aus meinem Team wo ist. Und ich entdecke Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich länger schon sprechen wollte.“ Auf unserem Weg durch den Neubau kommen wir vorbei an weitläufigen Coworking-Spaces, kleine Arenen oder Sitzgelegenheiten etwa für Teambesprechungen, Gastro-Angebote und Eventflächen für Lernen, Diskussion und Teambuilding. Uns fällt auf: Die Schreibtische sind leer. Nichts liegt herum. Wir vermissen persönlichen Dinge, mit denen Mitarbeiter anderswo „ihren“ Schreibtisch dekorieren (und ihr Revier markieren). Doch hier herrscht ans Spartanische grenzender Minimalismus. Vor allem, weil es den festen, persönlichen Schreibtisch nicht mehr gibt, zu dem man morgens wie blind läuft. Aber was ist mit den Sachen, die man fürs Arbeiten braucht? Jeder Mitarbeiter hier im Neubau hat seinen Spind. „Ich habe ihn seit Wochen nicht genutzt“, gibt Jasmin Heumann zu, „ich brauche zum Arbeiten nicht viele Dinge.“ Viele hier haben einen Laptop unter dem Arm und ihr Smartphone in der Hand. Vielleicht noch Notizbuch und Kugelschreiber. Das ist alles. Dann stehen wir auf einer der schmalen, die Gebäudeteile „East“ und „West“ verbindenden Brücken. Die Hände auf der Brüstung, blicken wir aus dem sechsten Stockwerk hinab ins Das Axel-Springer-Neubau an der Berliner Zimmerstraße, mitten im ehemaligen Zeitungsviertel. © Foto: Oliver Steeger Reportage | Das Haus für den Wandel 8 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0092 Atrium. Die TV-Studios von „Bild“ und „Welt“ sind in unserem Rücken. „Von hier oben habe ich einen besonders guten Überblick“, sagt Jasmin Heumann, „suche ich jemanden, gehe ich häufig auf eine der Brücken.“ Hinter alledem steht eine größere Idee. Mathias Döpfner beschrieb 2018 in einem Podcast, wie er die Arbeitskultur der Zukunft sieht. Dabei ging es auch um Nachhaltigkeit, Potentialentfaltung, Wertschätzung und Sinnstiftung. Er will Menschen wieder physisch zusammenbringen und anregen, im Unternehmen unterwegs zu sein. Erreichbarkeit spielt eine wesentliche Rolle. Sie ermöglicht intensiven Austausch, multidisziplinäre Ideen, kreative Problemlösungen und blitzschnelle Abstimmungen. Redakteure der Zeitung „Die Welt“ treffen auf junge Programmierer von der Produkt- und Preisvergleichsplattform „idealo“. TV-Moderatoren kommen zusammen mit Vertriebsleuten und Marktforschern. Meine Frage: Gab es auch Bedenken gegen dieses räumlich offene Konzept? „Ja, sie gab es“, sagt Andreas Ludwigs, „der Geräuschpegel war einer der Punkte. Wir haben die Akustik darauf ausgelegt, dass hier rund dreitausend Menschen ungestört arbeiten können.“ Es wurde viel Beton und Glas verbaut, quasi „laute“ Materialien, die eigentlich Schall reflektieren. Trotzdem dämpft das Atrium die Geräusche des geschäftigen Treibens zu einem Summen. Wie ist das möglich? „Zum einen ist der Raum hier im Atrium sehr groß“, erklärt Andreas Ludwigs, „es handelt sich um ein Raumvolumen von etwa der vierzigfachen Größe des Olympia-Beckens in Rio de Janeiro.“ Will sagen: Der Schall verliert sich in der schlichten Weite. Zum anderen: Die Akustik wurde aufwändig bauphysikalisch berechnet, wie in einem Konzertsaal, und während des Bauprojekts gab es viele Messungen und Versuche. Dämmmaterialien dämpfen und formen die Geräuschkulisse. „Wir wollen, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Schall als nicht störend empfinden“, sagt Andreas Ludwigs. Kirchenstill soll es hier aber nicht sein. Für die typische Geräuschkulisse im Axel-Springer-Neubau hat Andreas Ludwigs eine Art akustisches Vorbild: das Arbeiten im sommerlichen Park. Dort hört man vielleicht aus der Ferne den Straßenverkehr, spielende Kinder, das Rufen von Volleyballspielern, das Murmeln von nahen Menschengruppen. „Doch solch eine Kulisse stört nicht die eigene Sprachverständigung“, sagt er. Sie wirkt sogar stimulierend, kommunikativ. Natürlich gibt es Situationen, in denen sogar diese gedämpfte Kulisse zu laut ist; dann muss man den Ruhesuchenden stille Bereiche anbieten können. „Solche Bereiche haben wir natürlich“, sagt Andreas Ludwigs. Werden sie nachgefragt? „Selbstverständlich“, antwortet er. Für Andreas Ludwigs war der Neubau ein ehrgeiziges und höchst spannendes Projekt, wie ein Immobilienfachmann es nur selten bekommt. Errichtet wurde das Gebäude auf einer der wenigen Brachflächen in diesem Viertel, vis-a-vis dem bestehenden, 1966 eingeweihten Axel-Springer-Hochhaus. „Vorher war hier die Berliner Mauer, dann, nach der Wende, ein Parkplatz“, sagt er. Um 2012 entstanden erste Pläne für den Neubau. „Wir haben den Raumbedarf aufgrund unserer Wachstumsperspektiven projiziert“, erklärt er, „so, wie andere Unternehmen es auch machen. Eine betriebswirtschaftlich rationale Vorgehensweise.“ Dann ging der Konzern eigene Wege. Anders als viele Unternehmen, die ihre Marke im Bau repräsentiert sehen wollen, fokussierte sich der Konzern auf Funktionalität. Statt um Repräsentieren ging es darum, ein Werkzeug für Zusammenarbeit zu entwickeln. Mit Rem Koolhaas aus den Niederlanden gewann der Konzern einen kongenialen Architekten. „Ich wollte dieses Gebäude wirklich bauen“, wird Koolhaas zitiert, der bis Ende der 1960er Jahre selbst als Journalist gearbeitet hatte. Ihn faszinierte der Gedanke, ein Gebäude für die Die offene Arbeitswelt für eine offene Arbeitskultur. © Foto: Oliver Steeger Reportage | Das Haus für den Wandel 9 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0092 Interaktion von Menschen zu schaffen-- als Werkzeug für die Weiterentwicklung eines Unternehmens und als physischer Gegenentwurf zur „Eintönigkeit des Arbeitens im virtuellen Raum“, wie Rem Koolhaas sagte. Ende 2014 bekam sein Architekturbüro den Zuschlag. 2016 der Baustart, ein Jahr später die Grundsteinlegung, 2018 das Richtfest, im September 2019 die traditionelle Schlüsselübergabe, im Oktober 2020 die offizielle Eröffnung, ab dem Frühjahr 2020 der Einzug. Alles nach Plan (und, wie Andreas Ludwigs versichert, im geplanten Budget). 9.100 Quadratmeter waren bebaut worden; über 52.000 Quadratmeter stehen für Büros, Besprechungsräume und Gemeinschaftsflächen zur Verfügung. „Eine der wesentlichen technischen Herausforderungen war der Bau an sich“, erklärt Andreas Ludwigs. Beim ersten Blick auf die Pläne durchfuhr es ihn: Diese hängenden Terrassen im oberen Teil des Gebäudes-- das schien kaum baubar. „Der Tag, an dem wir Statiker und Prüfstatiker bei uns in einem Raum hatten, dachte ich, dass der Bau nie funktioniert“, erzählt er, „die haben so pessimistisch geschaut, sich eingeschlossen und lange beraten.“ Die oberen fünf Stockwerke des Neubaus „hängen“ an einem stählernen Schwerlast-Tragwerk (sie ruhen also nicht auf den darunterliegenden Stockwerken). Für den Bau war dies eine komplizierte Aufgabe. Während der Arbeiten wurden die Terrassen von einem mächtigen Gerüst gestützt, und das spätere Tragwerk wurde errichtet. Bevor dieses Gerüst dann entfernt wurde, hoben Pressen die oberen Etagen an, und sie wurden mit dem von oben herabreichenden Tragwerk verschraubt. Das war wie eine Umlagerung der Last: Statt von unten gestützt hingen die Etagen nun. Zum Beweis, dass diese Lastumlagerung gelungen war, schob man eine BILD- Zeitung zwischen die oberen und unteren Geschosse. Größer (und auch nicht kleiner) als diese Zeitung durfte der Spalt nicht sein. Maßarbeit. Auf unserem Rundgang- - wir warten auf einen Aufzug auf dem Weg zum Dachgarten- - sprechen wir über die Zukunft der Bürogebäude. Der Axel-Springer-Neubau steht auf den Fundamenten des historischen Berliner Zeitungsviertels, das im Zweiten Weltkrieg in Schutt und Asche sank. Während der Blüte der Berliner Zeitungswelt in den 1920er Jahren waren hier Druckereien und Redaktionen nahe beieinander. Im Tagesgeschäft zählte jede Minute, um den Redaktionsschluss zu halten. Wer die an Schreibmaschinen getippten Manuskripte aus der Redaktion schnell zur Setzerei bringen konnte, war im Vorteil. Je räumlich näher Journalisten, Setzer, Werbeagenten, Drucker und Spediteure waren, desto besser. Das ist heute anders. Für gefühlt achtzig Prozent der Arbeit spielt es heute kaum eine Rolle, wo sie erledigt wird-- ob im Homeoffice, im Straßencafé, am Strand, in der Gartenlaube oder im Zug. Medieninhalte werden digital verbreitet; sogar die physische Nähe zu Technik wie Servern erübrigt sich. Digitale Arbeit ist entgrenzt, sie braucht keinen festen Ort. Provozierend gefragt: Hat in einer digitalen Welt ein Bürogebäude in Berlin überhaupt noch Zukunft? Andreas Ludwigs denkt über die Frage nach. „Menschen sind immer in die Stadt gekommen, um andere Menschen zu treffen und mit ihnen Neues zu entdecken und zu erarbeiten“, sagt er. Das Bürogebäude sei dafür ein interessantes Werkzeug. „Wir haben lange darüber nachgedacht, was ein Bürogebäude heute für Menschen interessant macht-- und welche Anreize wir geben, dass Menschen ins Büro kommen. Erstens, Menschen müssen die Arbeitswelt in Büros als einladend schätzen, als einen guten und praktischen Ort für Kommunikation und Zusammenkommen. Zweitens brauchen sie eine wirklich gute Gastronomie. Und drittens, bezogen auf unser Gebäude, eine coole Dachterrasse, um sich dort mit Kollegen nach der Arbeit zu treffen und sich zwanglos zu vernetzen.“ Das Bürogebäude auch als Gegenmittel gegen die Einsamkeit der Arbeit im virtuellen Raum? „Vielleicht“, sagt er. Wir sind ganz oben. Wir verlassen den Aufzug und treten ins Freie. Der blaue Berliner Sommerhimmel mit Schäfchenwolken über uns. Hier, auf dem Dachgarten, dringt uns klopfender Bass von Clubmusik entgegen. Die atemberaubende Aussicht ins Weite, über Berlin hinweg. Die Metropole erstreckt sich bis zum Horizont, ein Meer aus Straßen, Häusern, und Kirchtürmen. Instinktiv suchen wir die Kuppel des Reichstags. Ein architektonischer Markstein: Das neue Gebäude prägt das Stadtviertel. © Foto: Laurian Ghinitoiu Reportage | Das Haus für den Wandel 10 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0092 „Wir meinen, dass das einer der schönsten Dachgärten Berlins ist“, sagt Andreas Ludwigs. Ein Weg schlängelt sich durch die von Mitarbeitern gepflegten Kräuterbeete, Hecken und Olivenbäume. Dazwischen eingestreut Bänke und Tische, manchmal zwanglos aufeinandergestapelte Autoreifen (als Sitze) mit einer Holzkiste (als Tisch). Im Hintergrund sind die Parabol-Antennen von „BILD“, „WELT“ und „N24 Doku“ zu sehen, die zu den Fernsehstudios im Neubau gehören. „Wir empfangen hier nur, wir senden nicht“, beruhigt uns Andreas Ludwigs (also keine Angst vor Strahlung). Vor allem junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter treffen sich hier zum Feierabendbier. Ab fünf Uhr legt donnerstags eine DJane auf. „Informelle Kommunikation ist uns wichtig“, sagt Jasmin Heumann, „hier kann man sich kennenlernen über Unternehmensbereiche hinweg, Ideen austauschen und Netzwerke aufbauen.“ Das kommt besonders jungen Mitarbeitern entgegen. In den USA hat man vor einiger Zeit festgestellt, dass High Potentials gerne an Universitäten bleiben, weil sie die Campus- Atmosphäre lieben. Sie wollen ungezwungenen Austausch erleben, das kreative Kribbeln, das gemeinsame Pläneschmieden. Gilt so etwas auch für den Axel-Springer-Neubau? „Es ist nach meinem Empfinden ein sehr städtisches Gebäude, und es nimmt urbanes Leben auf“, sagt Jasmin Heumann, „hier erleben unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Teamspirit. Hier können sie in ihrem Team gemeinsam etwas anfassen, gestalten, an Dingen weiterbasteln, ausprobieren.“ Die meisten Bereiche von Axel Springer haben die Möglichkeit, zwischen 40 und 60 Prozent mobil zu arbeiten. Vereinzelte Bereiche sogar bis zu 100 Prozent. Manche kommen wöchentlich vielleicht nur ein oder zwei Tage ins Büro. Doch dann freuen sie sich darauf, mit Kollegen zusammen zu sein. Aus dem Büro wird ein Erlebnisraum. Mich interessiert eines: Wer ein solches Universalwerkzeug für neues Arbeiten in die Hand bekommt- - der muss damit umzugehen lernen. Wie sieht es im Axel-Springer-Neubau aus? Müssen die Mitarbeiter ebenfalls den Umgang mit diesem Tool lernen? „Natürlich“, sagt Jasmin Heumann, „das müssen sie.“ Vieles lernen sie im Vorbeigehen. Sie sehen beispielsweise ein Team in einer Event-Arena diskutieren- - und denken darüber nach, dies selbst mit dem eigenen Team zu probieren. Ähnlich machen die MeetingPods und Coworking- Spaces neugierig. Dieses beiläufige Lernen ist kein „Selbstläufer“. „Wir haben unseren Mitarbeiter auch mit Trainings unterstützt, die Umstellung zu meistern“, sagt Jasmin Heumann. Dabei ging es auch um sehr praktische Fragen, etwa: Wie räumt man seinen (bislang) persönlichen Schreibtisch aus und verabschiedet sich von den Dingen, die einen bisher immer durch den Arbeitstag begleitet haben? Wie kann man sich mit dem Spind später gut organisieren? Jasmin Heumann: „Da hatten wir ein Begleitprogramm, das von einem eigenen Team organisiert worden ist.“ Und auch heute noch werden Mitarbeiter begleitet, besonders die Neuen. Vor sechs Jahren, als die Bauarbeiten starteten, waren Entwicklungen wie die Pandemie, Lockdown und Homeoffice kaum absehbar. So schlimm die Jahre der Pandemie waren-- für die Mitarbeiter waren sie eine Art Vorübung für das neue Arbeiten. Noch während der frühen Pandemie-Phase war der Neubau bereit für den Umzug. Anfangs kamen tatsächlich noch Mitarbeiter mit Umzugskisten. Dann kamen nur noch Kisten; die Mitarbeiter blieben daheim im Mobile Office. Schnell begriffen sie, dass für stilles, konzentriertes Arbeiten das Mobile Office manchmal besser geeignet ist-- derweil ein Büro für anderes doch unersetzlich bleibt. Heute sagen viele: In dem Neubau kann man nicht arbeiten wie man es in „alten Tagen“ gewohnt war. Das Haus verändert das Verhalten. Es bringt Menschen in eine Art „Lösungsmodus“. Es regt an, Herausforderungen gemeinsam anzugehen. Hier fühlt sich niemand allein. Jeder kann andere ansprechen und um Rat oder Hilfe bitten: nicht nur das eigene Team, sondern auch Menschen aus anderen Unternehmensbereichen. Und das ist letztlich auch das, was der Axel-Springer-Konzern bei seinem Wandel braucht. Eingangsabbildung: Markante Architektur für Berlin und Platz für über 3.000 Mitarbeiter-- der Neubau des Axel Springer Konzerns. © Foto: Axel Springer und Dominik Tryba Einer der coolsten Biergärten von Berlin: Das begrünte Dach des Neubaus beherbergt Gastronomie und bietet Platz für informelle Kommunikation und Netzwerken. © Foto: Oliver Steeger Reportage | Das Haus für den Wandel Auf den Fundamenten des Zeitungsviertels Berlin war und ist mehr als nur eine Stadt der Zeitungen. Anfang des 20. Jahrhunderts war das Berliner Zeitungsviertel (mit heutigen Worten) ein Innovations-Hub für die Medienwirtschaft. Hunderte von Start-ups siedelten sich in dem legendären Viertel an. Es glich einem kontinentaleuropäische Silicon Valley der Medien; bestenfalls die Londoner Fleet Street konnte Berlin in puncto Medieninnovation das Wasser reichen. Große Verlage bauten innerhalb weniger Jahrzehnte ihre Medien-Imperien auf-- bis im Dritten Reich und im Zweiten Weltkrieg diese Welt ihr Ende fand. Auf den ausgebrannten Fundamenten dieses Viertel steht heute der Axel-Springer-Neubau. Ein früher Motor für das Zeitungsviertel war die Gründung des Deutschen Reiches 1871. Berlin war nun buchstäblich Mittelpunkt des Reiches. 1883 war beispielsweise der Berliner Lokalanzeiger eine der erfolgreichsten Zeitungen. Seine Innovation war inhaltlich: In der Zeitung waren für den Leser erkennbar Meinungsartikel und Faktenberichte getrennt. Diese journalistische Sorgfalt wurde von Lesern goutiert. Die Auflage des Blattes wuchs auf 200.000 Exemplare, eine zu dieser Zeit enorme Marktmacht. Zur Wende vom neunzehnten ins zwanzigste Jahrhundert wuchs das legendäre Berliner Zeitungsviertel an der Kochstraße und Zimmerstraße, Jerusalemer Straße und Schützenstraße. Zeitungsunternehmer wie Ullstein, Mosse und Scherl gründeten die ersten Massenblätter. Viele neuen Verleger starteten als Anzeigenagentur oder Papierhändler- - und versuchten ihr Glück dann mit einem eigenen Blatt. Manche gerieten bald in Not, wurden wiederum aufgekauft-- und dank technischer Innovationen doch noch zum Erfolg. In den 1920er Jahren blühte die Medienstadt Berlin vollends. Weit mehr als einhundert verschiedene Tages- und Wochenzeitungen wurden produziert und publiziert. Das Zeitungsviertel bildete den Mittelpunkt: Journalisten, Setzer, Drucker, Anzeigenagenten und Arbeiter wuselten durch die Straßen. Die angesehenen Verlage- - damals zu großen europäischen Zeitungsunternehmen herangewachsen- - bauten sich opulente Redaktionshäuser. Auch technisch spielte das Viertel in der vordersten Liga: Hunderte Druckereien, Buchbindereien und Schriftgießereien waren hier konzentriert. Hinzu kam: Die Verlagshäuser waren zentral gelegen, die Wege kurz zu den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Hotspots in Berlin. Die Berliner Illustrierte Zeitung galt Ende der 1920er Jahre als auflagenstärkstes Blatt (rund 2 Millionen verkaufte Exemplare). Ein weiterer Platzhirsch war die BZ am Mittag (nicht zu verwechseln mit der heutigen Berliner Zeitung). Dank moderner Druckmaschinen und Maschinensatzes wurden die Zeitungen schneller und aktueller. Die Verlage konnten den Redaktionsschluss immer weiter nach hinten verlegen und letzte, späte Meldungen aufgreifen. Auch beim Vertrieb zeigten sich die Verleger innovationsfreudig. Ausgeliefert wurden die Straßenzeitungen durch Dreiräder mit Transportkasten. Die flinken Fahrzeuge kamen schnell durch den dichten Berliner Straßenverkehr. Die lebendige Zeitungswelt ging ab 1933 mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten unter. Vor allem jüdische Verlegerfamilien mussten fliehen. Zeitungen wurden geschlossen, Journalisten erhielten Berufsverbot. Die lebendige, liberale Vielfalt der Stimmen, die über Jahrzehnte dieses Berliner Viertel bestimmt hatte, verstummte. Im Februar 1945 ging das Berliner Zeitungsviertel im Krieg unter. Nach der Berliner Teilung durchschnitt die Mauer von 1961 bis 1989 den traditionsreichen Zeitungsstandort. Project Office ist Enterprise-Software für beeindruckende Projekte wie den Gotthard- Basistunnel. Agiles Teamwork und hohe Prozesssicherheit verbinden sich dabei zu konsequent hybridem Projektmanagement. Mit agilen Elementen wie Task Boards, Issues und Activities machen Sie Ihre Teams schneller und produktiver. Bewährte Elemente wie die Planung der Ecktermine liefern zuverlässige Leitplanken. 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Das Unternehmen hat sich weitgehend von einem analogen Verlagshaus zu einem digitalen Konzern entwickelt; das Gebäude soll dabei helfen, den Kulturwandel zu unterstützen. Im Gespräch berichtet Andreas Ludwigs, Geschäftsführer Axel Springer Services & Immobilien, über dieses Bauprojekt, das flexible Projektmanagement und seine Energieeffizienz-- und erklärt, weshalb er kein Problem damit hat, wenn der Neubau als „Werkzeug“ für das (Zusammen-)Arbeiten bezeichnet wird. Herr Ludwigs, der Axel-Springer-Neubau setzt avantgardistische Akzente in Berlin. Er gilt als optisches Schmuckstück, als Beispiel für moderne Büroarchitektur. Klingt es für Sie despektierlich, wenn der Bau vor allem als ein Tool bezeichnet wird, als eine Art Schweizer Taschenmesser für neue Arbeitsformen? Andreas Ludwigs: Nein, überhaupt nicht! Sogar der Architekt hat unser neues Gebäude als Tool bezeichnet. Die Grundidee entspricht dem Werkzeug, von dem Sie sprechen. Unser Unternehmen befindet sich im Wandel. Dafür brauchen wir auch neue Formen der Zusammenarbeit. Das Gebäude soll bei diesem Wandel unterstützen. Ihr Unternehmen hat mit dem neuen Berliner Bürogebäude, das mehr als 3.000 Mitarbeitern Platz bietet, eine hohe Investition gestemmt. Was hat den Ausschlag dafür gegeben? Wir sind bei solchen Investitionen und Projekten natürlich ein kühl rechnendes Unternehmen. Wir haben projiziert, wie sich unser Raumbedarf in der Zukunft entwickeln wird. Das ist ein normaler, realwirtschaftlicher Vorgang. Wir hatten vor rund zehn Jahren, als wir die Ideen erstmals entwickelt hatten, ein gutes Gefühl für den enorm harten Wettbewerb, in dem wir heute stehen. Wir haben versucht zu prognostizieren, wie sich unser Wettbewerbsumfeld verändern wird. Darauf aufbauend haben wir ermittelt, welches Personal wir zukünftig gewinnen müssen - und welche Räume wir dafür brauchen. Also eine handfeste betriebswirtschaftliche Kalkulation? Natürlich. Wir sind da nicht anders als andere Unternehmen auch. Wir haben im Zuge unserer Analysen die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit eines Neubaus erkannt. Hinzu kam: Wir hatten das Grundstück in unmittelbarer Nachbarschaft. Das Grundstück war unbebaut. Das war für uns quasi das Sahnehäubchen, uns für dieses Projekt zu entscheiden. Ein Glücksfall? Natürlich. Zum einen ein Glücksfall, weil das Grundstück mitten in Berlin war. Zum anderen befand es sich direkt neben dem 1966 eingeweihten Axel-Springer-Hochhaus. Während der Berliner Teilung war das Grundstück ein Teil des Berliner Grenzstreifens. Die nach Westen gerichtete Mauer lief entlang der Zimmerstraße. Dann gab es noch nach Osten einen Mauerabschnitt in der Diagonale; man kann sich dies wie ein „Y“ vorstellen. Unser Neubau steht mitten auf diesem ehemaligen Grenzabschnitt. Er verbindet gewissermaßen Ost und West. Reportage | Das Werkzeug für die Zusammenarbeit 13 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0093 Sie haben eben von der Dynamik in der Medienbranche gesprochen. Diese Dynamik erfordert ständige Weiterentwicklung von Unternehmen-- und nicht zuletzt auch einen Kulturwandel in Arbeitswelt. 2012 haben Sie die ersten Planungen für den Neubau gestartet. Doch seither hat sich die digitale Branche weiterentwickelt-- was dazu führte, dass Sie noch während des Baus umgeplant und angepasst haben, etwa bei den Fernsehstudios. Meine Frage: Wie haben Sie Ihr Bauprojekt flexibel gehalten? Zum einen haben wir die Vertragskonstruktion angepasst. Es gab einen Vertrag zwischen unserem Konzern und dem Bauunternehmen. Das Architekturbüro war auf unserer Seite. Es gab also zwei große Partner in diesem Projekt-- und nicht, wie sonst üblich, drei. Dies dürfte das Mitspracherecht des Architekturbüros ein Stück weit beschnitten haben-… In unserem Fall war der Architekt quasi beratend tätig. Wir wollten vermeiden, dass der Architekt in die eine Richtung entscheidet, wir als Bauherr in die andere - und das Bauunternehmen nicht weiterarbeiten kann. Zum anderen waren in unserem Vertrag bestimmte Klauseln vorgesehen. Sie haben uns ermöglicht, mit dem Bauherren Änderungsszenarien zu entwickeln. Was beispielsweise ist, wenn wir das Studio verlegen oder wenn wir andere Fenster haben wollen? Im Bauvertrag war ein Prozess angelegt, die Auswirkungen solcher Änderungen zu ermitteln und zu prüfen, wie man mit ihnen umgehen kann-… …-und als Bauherr die Änderungen notfalls auch durchsetzen kann? Ja. Es bestand allerdings breite Einigkeit darin, das Projekt offenzuhalten. Für Ihren Architektenwettbewerb haben Sie den Architekten viel kreative Freiheit gelassen - indem Sie vorher nicht zu viele Vorgaben und Anforderungen festgeschrieben haben. Sie wollten, dass sich die Architekten nicht nur mit Architektur befassen, sondern auch mit Lösungen für die Arbeitswelt der Zukunft. Was haben Sie als Anforderungen in diesen kreativen Prozess eingebracht? Eigentlich nur wenige wesentliche Elemente. Wichtig war uns das Kommunikationselement und die Idee offener Flächen. Die Kommunikation zwischen Menschen ist für uns ein entscheidendes Merkmal. Kommunikation ist für uns die Zukunft der Arbeit. Sie bedeutet, trivial gesagt, Sichtbarkeit. Wir haben versucht, Einzelbüro-Strukturen zu vermeiden. Kolleginnen und Kollegen sehen, was die anderen machen. Vielleicht werden sie inspiriert davon. Vielleicht erhalten sie Input, oder sie geben Input für andere. Wir wollten eine Arbeitswelt, die wahrnehmbar „summt“, die nicht vollständig leise ist. Wir wollten, dass Gruppen, die im offenen Atrium einer Präsentation folgen, auch mal klatschen dürfen. Dieses betriebsame Grundrauschen findet nicht immer Gegenliebe-… Wir sind uns über die Risiken im Klaren. Die weit offenen Atriumsflächen machen rund 15 Prozent der Gesamtfläche aus. Die anderen Flächen sind etwa Büroflächen oder Studios. Wir haben natürlich auch Orte, an denen man sich als Einzelner oder Team zurückziehen und die Türe hinter sich schließen kann. Doch das meiste ist nach einem großräumigen Prinzip organisiert. Menschen sollen sich hier austauschen. Im digitalen Zeitalter benötigt man auch technische Infrastruktur. Bei Ihnen sind hunderte von Laptops und Smartphones im Einsatz. Wie haben Sie diese technische Infrastruktur gestaltet? Wir verfügen über Spezial-Arbeitsplätze etwa für TV-Fachleute, die beispielsweise Videomaterial schneiden und dafür Innenausbau für eine neue Arbeitswelt. Foto: © Dominik Tryba Reportage | Das Werkzeug für die Zusammenarbeit 10.24053/ PM-2022-0093 eine spezielle, sehr leistungsfähiger Infrastruktur brauchen. Für die allermeisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber gilt: Sie haben keine besonders speziellen Anforderungen an die Rechner und die Datenverbindung. Eine gute WLAN- Abdeckung mit 5G Standard ist normalerweise ausreichend. Unser Augenmerk haben wir auf die Stromversorgung gelegt. Wir wollen, dass überall im Gebäude gearbeitet werden kann. Deshalb haben wir überall Steckdosen angebracht, etwa an Sitzgelegenheiten und Tischen. Ein weiterer Punkt: Bis auf wenige Ausnahmen gibt es bei uns keine Festnetztelefone mehr. Wir arbeiten mit Mobiltelefonen und Internettelefonie. Sprechen wir bitte über ein heute viel diskutiertes Thema - die Energieeffizienz-… Ich schaue jeden Tag genau auf die Energiepreise, glauben Sie mir das! Sind Sie zufrieden mit der Effizienz des Neubaus? Unser Gebäude ist 2019 fertiggestellt worden und 2020 bezogen worden. Man braucht drei bis vier Jahre, bis der Gebäude technisch gesehen ganz in Betrieb genommen ist. Doch unsere ersten Erfahrungen zeigen: Im Vergleich zu einem ähnlichen Gebäude - der ehemaligen, 2004 eingeweihten Axel-Springer-Passage - stehen wir in der Energiebilanz etwa vierzig Prozent besser. Angesichts der gegenwärtigen Energiepreise freut uns dies natürlich. Wie erklärt sich die Energieeffizienz? Haben Sie auf revolutionäre Technologien gesetzt? Eher nicht. Die Effizienz resultiert aus einem Bündel verschiedener Maßnahmen, also nicht aus einer einzelnen, herausragenden Technologie. Wir wollten kein Versuchslabor sein. Im Architektenwettbewerb und in der Bauphase haben wir auf den Einbau bewährter und zertifizierter Bauteile bestanden. Zum Beispiel? Wir haben hocheffiziente Maschinen und Gebäudetechnologie. Beispielsweise haben unsere Kältemaschinen heute keine Kugellager mehr. Wir haben Magnetlager im Vakuum. Das vermindert Reibungswiderstände spürbar. Wir setzen auch auf Wärmerückgewinnung der Rechenzentren, die wir im Haus haben. So kommen viele kleine Bausteine zusammen. Sie nutzen allerdings keine Windenergie oder Geothermie? Beides haben wir untersucht und verworfen. Ein Windrad auf dem Dach war jenseits des statisch Machbaren. Die erforderliche Spannweite von über 50 Metern wäre für eine Innenstadt zudem undenkbar gewesen. Es hätte die Nachbarschaft massiv beeinträchtigt. Was die Geothermie betrifft: Sie ließ sich bei uns aus geologischen Gründen nicht umsetzen. Stattdessen kaufen wir grünen Strom dort ein, wo er ökologisch einwandfrei produziert wird-- nämlich an der Nordsee. Sie haben gerade die Nachbarschaft erwähnt. Ihre Baustelle mitten in der Stadt hat sich über vier Jahre erstreckt. Teils waren über 1.000 Menschen auf der Baustelle. Wie haben Sie die Nachbarschaft in dieses Projekt einbezogen? Die Nachbarschaft haben wir erstmals nach dem Architektenwettbewerb eingeladen. Das Grundstück war zu dieser Zeit noch leer, und wir haben dort in einem Zelt verschiedene Modelle des Gebäudes gezeigt. Auch später sind wir in Kontakt mit der Nachbarschaft geblieben und haben auch Verbindung zu den hiesigen lokalen Initiativen und Interessengemeinschaften der Bewohner aufgenommen. Für uns liegt auf der Hand: Wer in der Nachbarschaft einer solchen Baustelle lebt, wird zeitweise belästigt. Es ist laut. Es staubt. Baufahrzeuge kommen und gehen. Nachbarn wollen zu Recht wissen, was dort vor sich geht. Es gab also laufend Informationsveranstaltungen? Ja. Wir haben Nachbarn im Umkreis von ungefähr zwei Kilometern dazu eingeladen. Wir haben diskutiert und erörtert, was die Menschen bei der Konstruktion und Gestaltung des Gebäudes für wichtig halten und was sie sich wünschen. Später gab es außerdem einen monatlichen Newsletter mit Neuigkeiten von der Baustelle: Was geschieht dort gerade? Womit muss man in naher Zukunft rechnen? Interessierte Nachbarn haben wir außerdem über die Baustelle geführt und gezeigt, wie wir vorgehen. Welche Impulse gab es aus der Nachbarschaft? Einige Ideen waren verständlich, aber leider nicht zu realisieren. Das System, bei dem die Ressourcenplanung funktioniert Ressourcenmanagement Projektportfolio-Management Aufwand- & Kosten-Controlling Projektplanung Unverbindlich online kennenlernen! www.ressolution.ch Scheuring AG +41 61 853 01 54 info@scheuring.ch Anzeige Reportage | Das Werkzeug für die Zusammenarbeit Zum Beispiel? Der Wunsch, dass ein Lebensmittelmarkt in das Gebäude integriert wird. Da waren wir doch zurückhaltend- - mit der Begründung, dass wir ein Medien- und Technologieunternehmen sind. Ein Supermarkt im Erdgeschoss war kaum vorstellbar. Dennoch haben wir einiges aus den Wünschen gelernt. Unser Erdgeschoss-… …-das Atrium mit seiner Gastronomie und seinen Arbeitsmöglichkeiten-… …- ist ursprünglich offen für eine kontrollierte Öffentlichkeit konzipiert. Es soll künftig auch eine als Begegnungsstätte mit Extern werden. Ursprünglich? Später mussten wir Sicherheitsmaßnahmen am Eingang aufbauen. Es hatte Anschläge auf Redaktionen gegeben, man denke an Charlie Hebdo. Diese Restriktion schmerzt uns sehr. Wir sehen uns eigentlich als ein offenes Haus, und wir wollen diese Offenheit nicht durch Sicherheitsschleusen kontrollieren. Doch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben ein verständliches Schutzbedürfnis. Hinzu kam im Sommer des Eröffnungsjahres die Coronapandemie. Und wir dürfen nicht vergessen: Es handelt sich schließlich um ein Bürogebäude. Sie haben mit Ihrem Bauprojekt auch etwas erreicht, was heute nicht mehr ganz selbstverständlich ist. Sie sind pünktlich fertig geworden, und Sie haben das Budget eingehalten. Wie ist Ihnen das gelungen? (lacht) Gegen eine kleine Gebühr verkaufe ich Ihnen das Geheimnis-…! Oh-… Nein, Scherz beiseite! Wir waren uns 2012 darüber im Klaren, dass das Projekt sorgfältig getaktet sein muss. Wir haben uns die Prozessschritte genau überlegt-- und auch bei Dritten nach Erfahrungen gefragt. Anfangs ist bei Bauprojekten vieles gut planbar und steuerbar. Die Probleme kommen häufig später-… Ja, anfangs lässt sich vieles gut planen. Man weiß beispielsweise, wie lange ein Architektenwettbewerb ungefähr dauert. Da gibt es Erfahrungswerte, die bei uns fast auf die Woche genau zugetroffen haben. Doch nach dem Wettbewerb beginnt die Phase von gewissen Unsicherheiten. Man muss mit dem Architekten über den Vertrag sprechen und sehen, dass er professionell ausgestaltet wird. Noch während der Verhandlungen mit unserem Architekten haben wir nach Bauunternehmen Ausschau gehalten und sind in den „Beauty- Contest“ gegangen. Beauty-Contest? Was darf ich darunter verstehen? Ein Bauprojekt diese Größenordnung bedeutet eine relativ lange Zusammenarbeit mit dem beauftragten Bauunternehmen. Da ist es gut, wenn man vorher schaut, wie man zueinander passt. Denn nach Vertragsschluss kooperiert man sehr intensiv. Die Chemie zwischen den Teams auf beiden Seiten muss stimmen. Diese kann enorm dabei helfen, die vielen kleinen und großen Probleme zu lösen, die bei einem Bau zwangsläufig entstehen. Also quasi gemeinsam durch dick und dünn gehen? Das Bauvorhaben war hochkomplex und schwierig. Es gab zeitweise 10.000 aktive Pläne. Manchmal waren wir uns nicht sicher, ob die architektonischen Konzepte überhaupt baubar waren. Da ist es wichtig, dass ein Bauunternehmen früh an Bord kommt. Noch während wir mit dem Architekturbüro die vertiefende Planung durchgeführt haben, haben wir daher parallel die Verhandlungen mit dem Bauunternehmen geführt. Das Unternehmen war zu diesem Zeitpunkt bereits eingebunden in die Planungssitzungen- - obwohl es noch nicht offiziell den Zuschlag hatte. Ein weiterer wichtiger Punkt bei Ressourcenmanagement Multiprojektcontrolling Projektportfolio Angebote und Rechnungen Scrum, Kanban, PRINCE2 ® , IPMA, BPMN Projektmanagement-Software Projektron BCS im Darkmode PROCESSES Anzeige Reportage | Das Werkzeug für die Zusammenarbeit Markus Thomas Münter Wettbewerb und Unternehmensstrategie für Management und Consulting 1., Auflage 2022, 317 Seiten €[D] 29,90 ISBN 978-3-7398-3192-3 eISBN 978-3-7398-8192-8 Wettbewerb richtig analysieren und überlegene Strategien entwickeln! Wettbewerb verändert Marktanteile und Erfolg von Unternehmen immer schneller. Welche Auswirkungen hat das auf die Unternehmensstrategie? Strategie findet jenseits der Powerpoint-Folien statt - Markus Thomas Münter zeigt, wie sich die Markstrukturen durch Wettbewerb verändern und wie Unternehmen ihre spezifischen Fähigkeiten erfolgreich einsetzen können. Ein spannender Einstieg für alle, die ökonomische Zusammenhänge in Studium und Beruf schnell und anwendungsorientiert verstehen wollen. Andreas Ludwigs Andreas Ludwigs ist Geschäftsführer von Axel Springer Services & Immobilien und betreut sowohl das Real Estateals auch das Facility Management bei Axel Springer. Die Entwicklung und den Bau des Axel-Springer-Neubaus hat er seit Beginn mitgestaltet und mitverantwortet: vom Architektenwettbewerb über die Baugrundentwicklung bis hin zur Errichtung des Neubaus. Andreas Ludwigs ist Diplomkaufmann und übernahm seine derzeitige Position, nachdem er in verschiedenen Bereichen und Stäben des Unternehmens gearbeitet hat. diesem Projekt war die Zusammenarbeit mit Politik und Behörden. Man sagt, dass es in Berlin besonders lange dauert, Baurecht zu schaffen. Wir hatten zunächst einen Bebauungsplan zu erwirken-- und dann die Baugenehmigung. Wir haben daran schon sehr früh mit einem eigenen Team gearbeitet. Ich behaupte nach wie vor, dass wir den schnellsten Bebauungsplan in Berlin bekommen haben, nicht zuletzt, auch weil die beteiligten Fachdienststellen der Behörden sehr verlässlich und zügig gearbeitet haben. Nämlich? Der Durchschnitt liegt bei 96 Monaten. Wir haben 24 Monate gebraucht. Manchmal entstehen Verzögerungen beim Bauherren selbst. Beispielsweise bleiben Entscheidungen aus, oder sie kommen zu spät. Wie sind Sie damit umgegangen? Wir hatten für das Projekt ein dezidiertes Team gebildet, welches den Bau überwacht. Vereinfacht gesagt hat dieses Team geprüft, ob wir das bekommen haben, was beim Unternehmer bestellt war. Es hat sich dabei auch um die Entscheidungen zu Fragen gekümmert, die auf der Baustelle entstanden sind. Das Team hatte kurze Wege bis hin zu unserem Vorstand. Die Entscheidungen kamen schnell; der Bauprozess musste nie angehalten werden. Eine letzte Frage: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter melden zurück, dass der Axel-Springer-Neubau tatsächlich die Arbeitsweise verändert hat. Es bringt Menschen dazu, sich zu begegnen. Kann Ihrer Einschätzung nach ein physisches Bürogebäude dazu beitragen, die Kultur in einem Unternehmen zu verändern? Hat es aus ihrer Sicht eine kulturstiftende Funktion? Kurze Antwort: Ja! Das Gebäude ist ein Mosaikstein im Wandel. Wenn man eine Kultur der Offenheit in der Organisation hat, wäre es ein Widerspruch, ein Gebäude mit vielen Wänden und Einzelbüros zu bauen. Die Kultur wird natürlich gestaltet von Menschen und dem Unternehmen selbst. Dahinter stehen häufig Werte und auch die Produkte des Unternehmens. Doch damit die Kultur sich entfalten kann-- dabei kann ein Bürogebäude durchaus unterstützen und einen Beitrag leisten. Eingangsabbildung: Blick auf die Baustelle des Axel Springer Neubaus. © Charles Yunck 17 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0094 Wie ein Gebäude die Zusammenarbeit verändert „Offenheit und Kommunikation blühten auf“ Steffen Scheurer, Oliver Steeger Ein neues Bürogebäude verändert buchstäblich die Arbeitswelt für viele Menschen. Mehr als 3.000 Mitarbeiter haben im Axel-Springer-Neubau ihre neue Heimat gefunden. Sie lernen, das Gebäude mit seinen vielen Möglichkeiten optimal für ihre Zusammenarbeit zu nutzen. Im Interview beschreibt Jasmin Heumann (Expert New Work & New Workplace), welche Herausforderungen auf die Mitarbeiter nach dem Umzug zukamen, wie das Unternehmen sie unterstützt-- und weshalb erfolgreiches hybrides Arbeiten vor allem eine Frage guter Organisation ist. Frau Heumann, kann ein Bürogebäude die Zusammenarbeit in einem Unternehmen verändern? Jasmin Heumann: Ja, auf jeden Fall! Wir haben viele Veränderungen in unserem Axel-Springer-Neubau wahrgenommen. Nach dem Umzug blühten hier Offenheit und Kommunikation unter den Kolleginnen und Kollegen auf. Die Menschen sind sich mehr begegnet-- sowohl buchstäblich als auch im übertragenen Sinne. Man sieht sich, läuft sich über den Weg, trifft auf Events zusammen. Und dann tauscht man sich beispielsweise spontan über Projekte aus. Hat es dies früher-- etwa in den alten Bürogebäuden-- nicht gegeben? Es hat dies dort auch gegeben-- etwa beim Weg zum Lunch. Doch außerhalb der Mittagszeit hat man seltener jemanden getroffen. Man ist mit dem Fahrstuhl in sein Büro gefahren, saß an seinem Platz und hat bestenfalls die gesehen, mit denen man ohnehin zusammengearbeitet hat. Es gab wenig Begegnungen in der Breite. Nochmals zur Frage-- kann ein Gebäude ein Werkzeug sein, die Arbeitskultur zu verändern? Ich denke, ja. Unser Neubau ist quasi Arbeitskultur zum Anfassen, wie wir sie uns wünschen und wie wir sie wollen. Wir wollen Transparenz, flache Hierarchien und Kommunikation. Dies sollten die Menschen auch physisch in einem Gebäude spüren und erleben. Ich bin überzeugt, dass das Bürogebäude eng mit der Kultur zusammenhängt und Kulturwandel unterstützen kann-… …-oder ihm entgegenwirken kann? Natürlich. Es ergibt keinen Sinn, dies zu predigen-- und dann die Menschen in Einzelbüros zu schicken. Existieren keine für alle zugängliche Begegnungsflächen, kommen die Menschen abseits ihrer Abteilung auch nicht spontan zusammen. Selbstverständlich gibt es auch in der traditionellen Bürowelt Meetingräume. Doch man muss solche Zusammenkünfte häufig organisieren, also Leute bewusst einladen und die Räume reservieren. Daraus können Hürden entstehen. Flexibilität und Spontaneität geht verloren. Spontaneität ist für Sie wichtig? Wir bei Axel Springer haben gesagt, dass wir allen die Möglichkeit geben wollen, so zu arbeiten, wie sie in ihrer Funktion und entsprechend ihrer Bedürfnisse am besten arbeiten können-- sowohl Einzelpersonen als auch Teams. Sie sollen allein entscheiden, wie sie mit ihren Aufgaben optimal weiterkommen und was sie dafür brauchen. Wir geben dafür die Freiheit-- auch in Form von offenen, flexiblen Flächen im Neubau. Wer spontan ein Meeting plant, kann sich mit seinem Team beispielsweise an einem freien MeetingPod im Atrium niederlassen. Ohne Reservierung oder Anmeldung. Reportage | „Offenheit und Kommunikation blühten auf“ 18 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0094 An diese neue Offenheit und Freiheit mussten sich einige Mitarbeiter zunächst gewöhnen. Sie mussten die neuen Arbeitsformen, die Ihr Neubau unterstützt, erst lernen. Das ist richtig. Es reicht nicht, flexible Arbeitsmöglichkeiten im Gebäude anzubieten, etwa Coworking-Arbeitsplätze, LearningLabs oder eine Eventfläche. Die Menschen müssen damit umgehen können, und da brauchen sie anfangs einige Unterstützung. Es geht mehr als nur darum, die neuen Räume optimal für sich zu nutzen. Letztlich muss man lernen, seine Arbeit zu planen und zu organisieren. Wie darf ich dies verstehen? In vielen klassischen Bürogebäuden steuern die Menschen morgens ihren persönlichen Arbeitsplatz an, etwa ihren Schreibtisch. Völlig automatisch. Diese persönlichen Schreibtische gibt es bei Ihnen nicht mehr-… Wir sehen das Gebäude als ein vielseitiges Tool, das uns hilft, Ziele zu verwirklichen. Deshalb muss man aber auch bewusst planen, an was man arbeiten will-- und wo man dies im Gebäude machen will. Also: Was habe ich über den Tag zu tun? Arbeite ich im Coworking-Space, weil ich die Nähe zu meinem Team brauche? Bleibe ich im Mobile Office, weil dies besser in meinen Tag passt? Nehme ich an einer Besprechung online teil- - oder ist es besser, ins Büro zu kommen, um die Nähe zum Team zu spüren? Was nicht nur für Einzelpersonen gelten wird, sondern vermutlich auch für Teams. Viele Teams arbeiten bei uns selbstorganisiert. Sie müssen dann entscheiden, wo sie ihre Aufgaben erledigen wollen. Soll ein Meeting im Büro stattfinden-- welcher Arbeitsbereich unterstützt die Ziele des Meetings am besten? Etwa eine offene Arena im Atrium? Oder auch mal ein abgeschlossener Konferenzraum, weil es im Team Vertrauliches zu besprechen gibt? Viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter probieren die Möglichkeiten gerade für sich aus- - und lernen voneinander. Lernen voneinander-- inwiefern? Da profitieren wir von der Offenheit und Transparenz unseres Gebäudes. Jeder kann sehen, was andere tun. Beispielsweise beobachtet ein Kollege, wie ein Team im Coworking-Bereich oder an einem MeetingPod im Atrium eine kleine Brainstorming-Veranstaltung durchführt. Oder eine Kollegin hört von einer Eventfläche, an der sie zufällig vorbeikommt, spontanen Applaus nach einer Präsentation. Oder man sieht eine Gruppe kurz vor Feierabend beim Get-together auf unserem Dachgarten; jeder hat ein Glas in der Hand. Diese Impulse regen an, ähnliches selbst mit seinem Team oder für sich „auszuprobieren“. Dies bringt Menschen auf den Geschmack. Sich gewissermaßen anstecken lassen von anderen? Das ist das eine: Die Möglichkeiten entdecken. Das andere ist: Jeder braucht die Haltung, dass er regelmäßig reflektiert, was er gerade tut, was er dafür braucht und wo er dies im Haus findet. Diese Haltung muss man natürlich entwickeln. Sie haben vorhin von der Freiheit gesprochen. Die meisten Ihrer Mitarbeiter haben die Möglichkeit, dort zu arbeiten, wo sie es am besten können. Provozierend gefragt: Darf jemand auch im Park arbeiten, wenn er dort produktiv ist? Oder in einem der vielen Berliner Straßencafés? Wie gesagt, wir stellen die Wahl in Rahmen der in den jeweiligen Bereichen gültigen Vereinbarungen frei. Weshalb dann noch ein Bürogebäude? Vielleicht wird es im Büro weniger konzentrierte Einzelarbeit geben. Aber ich gehe davon aus, dass unser Bürogebäude zukünftig noch mehr eine Art soziale Rolle hat: Man kommt künftig ins Büro, um sich dort zu treffen und menschlichen Kontakt zu haben. Menschen wollen die Nähe zum eigenen Team spüren. Sie wollen gemeinsam an etwas arbeiten-- und dabei wirklich zusammensein. Die Architektur strahlt Offenheit und Transparenz auf. Foto: © Axel Springer und Dominik Tryba Reportage | „Offenheit und Kommunikation blühten auf“ 19 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0094 Das bedeutet? Ich denke, wir werden im Büro immer stärker beispielsweise auf Teamevents setzen, etwa mit dem Ziel, Teamspirit zu entwickeln oder Erfolge zu feiern. Natürlich gilt dies nicht für alle bei uns Beschäftigten. Dies hängt von den jeweiligen Rollen und Aufgaben ab. Ein TV-Moderator wird nicht vor der Entscheidung stehen, ob er ins Studio kommt oder mobil arbeitet. Ähnliches gilt für Menschen mit Rollen etwa in der Gastronomie oder im Sicherheitsbereich. Diese freie, offene Art des Arbeitens kommt vermutlich vor allem jüngeren Menschen entgegen, die eine Art Campus-Atmosphäre am Arbeitsplatz lieben. Braucht man ein gewisses Mindset, um mit dieser Arbeitsweise zurechtzukommen? Vielleicht eine extrovertierte Ader? Man braucht das Mindset, neugierig zu sein, verschiedene Ansätze zu testen und mit Räumen experimentieren zu wollen. Das ist aber überhaupt keine Frage des Alters, und auch eher introvertierte, stille Kolleginnen und Kollegen finden in unserem Neubau genug Raum sich zu entfalten. Es gibt schließlich keine Patentrezepte oder Generallösungen für alle Arbeitssituationen. Manchmal funktionieren auch bestimmte Ansätze nicht. Beim hybriden Zusammenarbeiten kann es sein, dass die Kommunikation dann doch nicht so intensiv ist, wie sich das Team es wünscht. Dann sollte man etwas Neues ausprobieren. Dieses ständige Verbessern bei der Arbeitsweise ist uns wichtig. Vorhin sagten Sie, dass Sie auch Reflexion über die Arbeitsweise und die Orte der Arbeit wünschen. Wie kommt ein Einzelner oder ein Team zu optimalen Arbeitsergebnissen-- und wo? Das ist ein wichtiger Punkt. Ein Beispiel dafür: Wir führen regelmäßig sogenannte Flächen-Retrospektiven durch. Das heißt: Wir sprechen mit Nutzerinnen und Nutzern einer bestimmten Fläche. Wir wollen wissen, was gut läuft und wo es noch Verbesserungen braucht. Manchmal handelt es sich um Kleinigkeiten. Ein Schrank, der bei der Kommunikation im Weg steht. Oder es fehlen Pflanzen, um mehr Gemütlichkeit zu schaffen. Also eine Art kontinuierlicher Verbesserungsprozess? Ja, vielleicht kann man dies so nennen. Die Flächen-Retrospektiven haben allerdings noch ein zweites Ziel: Wir wollen damit Einzelne und Teams anregen, selbst die eigene Arbeitsweise zu hinterfragen und sich zu überlegen, was sie selbst verbessern können. Vielleicht kommt ein Team dabei auf die Idee eines regelmäßigen Teamabends, wenn es den Eindruck gewinnt, sich nicht mehr häufig genug zu sehen. Austausch zwischen den Menschen anregen, durch Offenheit Transparenz bewirken, die Helligkeit-- wir haben einige Vorteile des Axel-Springer-Neubaus genannt. Wo Licht ist, ist aber häufig auch Schatten. Welche Nachteile ergeben sich durch das neue Konzept? Die Akustik ist hier ein Thema. Durch die räumliche Offenheit gibt es eine gewisse Geräuschkulisse. Ein gewisses „Summen“ ist erwünscht, doch manche fühlen sich vielleicht gestört. Das ist sehr individuell. Wir werden die Akustik weiter beobachten und Erfahrungen sammeln. Die Akustik war Ihnen beim Neubau als ein neuralgischer Punkt bekannt-… Ja. Nicht wenige befürchteten anfangs, dass es zu laut und unruhig wird, besonders auf den offenen Atriumflächen. Tatsächlich bemerken wir jetzt eine Nachfrage nach Zimmern oder Konferenzräumen, in die man sich zurückziehen kann, etwa für Videokonferenzen. Vieles wird sich noch einspielen. Wir sind noch nicht an dem Punkt, an dem wir die Sache abschließend bewerten können. Bei vielem experimentieren wir derzeit, etwa bei der Gestaltung von hybriden Arbeiten. Wie viele „Pflichttage“ im Büro sind sinnvoll? Einige Bereiche sagen, dass 15 Office-Tage im Jahr ausreichen, häufig für Team-Events oder für echten Austausch. Andere halten eine 50: 50-Lösung für sinnvoll. Das hat am Ende auch Konsequenzen darauf, wie die Akustik empfunden wird. Das müssen letztlich aber Bereiche und Teams selbst für sich ausprobieren und entscheiden. Mich würde ein Punkt interessieren: Wenn viele Mitarbeiter entweder im Mobile Office oder im Bürogebäude verstreut arbeiten-- wie gehen Führungskräfte damit um? Sie haben ihre Leute nicht mehr im Blick-… Wir setzen hier vielfach auf agile Methoden und Vorgehensweisen bei der Teamarbeit. Wir bauen darauf, dass die Teams selbst die Entwicklung und den Fortschritt ihrer Arbeit planen und verantworten. Die Führungskraft unterstützt in dieser Vorstellung idealerweise das Team und räumt tendenziell eher Steine aus dem Weg. Trotzdem mag es der eine oder andere als „Unterstützung“ verstehen, das Team um sich herum zu versammeln und im Blick zu halten. Wir haben solche Fragen durchaus diskutiert. In den Diskussionen sind auch Ängste laut geworden. Doch mögliche Probleme sind größtenteils organisatorischer Natur und hängen weniger mit dem hybriden Arbeiten selbst zusammen, also dem Arbeiten wahlweise im Büro oder im Mobile Office. Zum Beispiel? Wir haben uns unlängst mit unseren Führungskräften dazu in Workshops beschäftigt. Die Frage: Welche Herausforderungen gibt es beim hybriden Arbeiten-- und wie kann man diesen Herausforderungen begegnen? Ein Beispiel: Ein Team berichtete, dass sein Leiter immer wieder ad-hoc-Aufgaben an den erstbesten verteilt hat, den er im Büro vorgefunden hat. Führungskräfte, die schnell im Vorbeigehen Aufgaben verteilen, werden Probleme haben, wenn ihre Mitarbeiter nicht permanent an einem Ort arbeiten. Diese Führungskräfte werden das Modell „persönlicher Schreibtisch“ lieben. Sie wissen, wo wer zu finden ist. Mag sein. Dennoch spricht das Bedürfnis, flexibel Aufgaben zu vergeben, nicht gegen hybrides Arbeiten. Häufig ist der Wunsch nach „schneller Aufgabenverteilung“ sogar nachteilig-- und ein Zeichen schlechter Organisation. Reportage | „Offenheit und Kommunikation blühten auf“ 20 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0094 Inwiefern ein Zeichen schlechter Organisation? Im schlimmsten Fall vergibt man Aufgaben an denjenigen, der zuerst greifbar ist. Manchmal wirklich an den Erstbesten-… Wobei dieser Erste dann nicht unbedingt der Beste für diese Aufgabe ist. Vielleicht ist er gerade mit Wichtigem beschäftigt. Oder er ist nicht ausreichend eingearbeitet in diese Aufgabe. Um nochmals auf den Ausgangspunkt zurückzukommen: Auch beim hybriden Arbeiten kann eine Führungskraft gut und flexibel Aufgaben verteilen. Man könnte beispielsweise ein digitales Planungstool nutzen. In diesem Tool werden eilige Aufgaben denen zugeordnet, die Zeit haben und für die jeweilige Aufgabe auch qualifiziert sind. Wir haben bei diesen Gesprächen festgestellt, dass es beim hybriden Arbeiten für Führungskräfte kaum Herausforderungen gibt, die nicht gelöst werden könnten. Man muss vielleicht nur bestimmte Routinen umstellen und verbessern. Man sagt, dass beim hybriden Arbeiten Themen wie Teamspirit, Austausch und Zusammenhalt ein Problem werden können. Der Punkt: Die Teammitglieder sehen sich nicht genug. Dies macht einigen Führungskräften Sorgen. Führungskräfte fragen sich, wie sicherstellen können, dass die Diskussionen im Team funktioniert und kein Teammitglied sich abgehängt fühlt. Aber diese Herausforderung hat man generell bei agilen Ansätzen-… …-also nicht nur bei hybriden Arbeitsmodellen? Nein, ich denke nicht. Ein Beispiel: Beim klassischen SCRUM tauscht sich das Team täglich darüber aus, wo die Arbeiten stehen und was gemacht werden muss. Wichtig ist, dass dieses Meeting stattfindet. Wo es stattfindet, spielt eigentlich eine untergeordnete Rolle. Das lässt sich organisieren. Meiner Ansicht geht es bei alledem nicht um die Frage, wie man speziell mit hybridem Arbeiten klarkommt-- sondern generell mit modernen Arbeitsweisen. Ich möchte zum Abschluss einen Punkt noch vertiefen. Als Sie uns in Berlin durch Ihr neues Bürogebäude geführt haben, ist mir ein Satz im Ohr hängengeblieben. Die Mitarbeiter, sagten Sie, waren an dem Konzept für das Gebäude beteiligt. Wie darf ich mir diese Beteiligung genau vorstellen? Ein roter Faden war: Wir wollten bei der Entwicklung des Konzepts verstehen, wie die Kolleginnen und Kollegen arbeiten und was für sie wichtig ist. Wir wollten ihre Bedürfnisse kennenlernen. Das heißt im Umkehrschluss: Die Mitarbeiter waren nicht an der architektonischen Entwicklung direkt beteiligt? Nein, das waren sie nicht. An diesem Punkt finden partizipative Prozesse unserer Einschätzung nach ihre Grenzen. Es fehlt Laien an Expertise, an Fachwissen, ihre Bedürfnisse in Architektur zu übersetzen. Dies ist dann eine Kernaufgabe der Architekten. Wir haben deshalb Botschafterinnen und Botschafter aus den verschiedenen Unternehmensbereichen zu Workshops eingeladen und die Bedürfnisse erfragt. Dann haben wir diese Informationen dann durch die „Change-Brille“ analysiert: Wo stehen die einzelnen Bereiche? Wie ist ihr Verhältnis zur neuen Arbeitswelt? Wie wird in den Bereichen kommuniziert? Wie weit sind sie bei der Digitalisierung vorangeschritten? Wie weit wird noch papiergebunden gearbeitet? Gibt es Vorbehalte oder Widerstand etwa gegen mobiles Arbeiten? Mit einigen Instrumenten- - etwa „Barometern“ zu verschiedenen Aspekten-- haben wir dann die Bereiche eingeordnet. Wie haben Sie später Ihre Mitarbeiter an die neue Arbeitswelt herangeführt? Wir haben viel Weiterbildung angeboten, etwa Trainings zum Umgang mit digitalen Tools oder zur Frage, wie man künftig ohne persönlichen Schreibtisch oder Arbeitsplatz auskommt und wie man den Übergang meistern kann. Zudem gab es Events und andere Austauschformate für die Begegnung mit denen, die bereits Erfahrungen mit der neuen Arbeitsweise gemacht hatten. Einiges kam auch aus den Teams selbst: Vor dem Umzug haben Teams die neue Arbeitsweise in den alten Räumlichkeiten ausprobiert. Sie haben sich Schritt für Schritt an das Neue herangetastet, in dem sie beispielsweise persönliche Schreibtische aufgegeben und sie ausgeräumt haben. Am Anfang war ihnen das vielleicht fremd. Dann wurde quasi der Schalter im Kopf umgelegt, und sie haben gemerkt: Die neue Arbeitsweise funktioniert großartig. Eingangsabbildung: Ein Bürogebäude, das die Zusammenarbeit im Unternehmen verändert. © Laurian Ghinitoiu Jasmin Heumann Jasmin Heumann arbeitet im Team Organisational Development an der Schnittstelle verschiedener Bereiche und Disziplinen, um die Organisation auf dem Weg in die Arbeitswelt der Zukunft zu begleiten. Als Techniksoziologin und Design Thinkerin mit Produktmanagement-Erfahrung liegt ihr Fokus im Bereich Employee Experience sowie auf der Entwicklung nutzungszentrierter Produkte und Angebote, die das Zurechtfinden in der neuen Arbeitswelt unterstützen. Jasmin Heumann hat mit weiteren Kollegen und Kolleginnen den Umzug in den Axel Springer Neubau begleitet. www.junfermann.de - Wir liefern versandkostenfrei! Karin Kiesele Überraschend anders fragen Praxishandbuch für professionelle Kommunikation Ob Coaching-Sitzung, Mitarbeitergespräch oder Interview: Wer davon lebt, beruflich die richtigen Fragen zu stellen, wer Dinge herausfinden und sich verständlich machen möchte, der fragt - und führt! Aber Achtung: Nicht alle Fragen lenken zum Ziel. Einige schießen darüber hinaus oder steuern in nicht gewünschte Richtungen. Manche Fragen bringen uns näher zusammen, andere sorgen für neue Fragen oder gar für Zündstoff. Menschen, in deren Beruf Kommunikation zentral ist, unterstützt dieses Buch darin, die richtigen Fragen richtig zu stellen. Impulse, Übungen und Schritt-für-Schritt-Anleitungen führen direkt in die Praxis und bieten einen hohen Mehrwert, u. a. zu folgenden Themen: • Mit Fragen Ziele erreichen • Vom Wesen der Fragen • Fragen und ihre Wirkung • Fragetypen 176 S., kart., E-Book inside • € (D) 28,00 • ISBN 978-3-7495-0357-5 • Auch als E-Book erhältlich Wer fragt, führt! Neu bei Junfermann 22 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0095 Herausforderungen an die Projektmanagement- Forschung und -Förderung in Deutschland Stephen Rietiker, Fritz Böhle, Sandra Dierig, Dorothee Feldmüller, Steffen Scheurer, Andreas Wald Für eilige Leser | Wohin entwickelt sich das Projektmanagement in den nächsten Jahren? Welche Forschungsfragen ergeben sich daraus? Wir geben einen Überblick über zukünftig absehbare Entwicklungen im Projektmanagement und liefern Ansatzpunkte für die weitere Forschung. Die Fachgruppe „Neue Perspektiven in der Projektarbeit“ beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Frage nach den zukünftigen Forschungsfeldern im Projektmanagement. In dieser Funktion hat die Fachgruppe Forschungsvorschläge für eine Ausschreibung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung BMBF im Rahmen des FuE-Programms „Zukunft der Arbeit“ als Teil des Dachprogramms „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“ ausgearbeitet. In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die von uns identifizierten Forschungsthemen in den Bereichen „Projektorganisation und Projektarbeit“. Schlagwörter | Fachgruppe, Forschungsfelder im Projektmanagement, Literaturverweise zu Forschungsthemen Einleitung Wo ist die GPM in der Forschung und Forschungsförderung zu verorten? Die Förderung der PM-Forschung ist eine wesentliche gemeinnützige Satzungsaufgabe der GPM. Allerdings erlaubt das kleine Forschungsbudget der GPM es nicht, große Forschungsprojekte zu finanzieren und durchzuführen. Die GPM kann jedoch Forschung anregen und orchestrieren. Wenn die GPM sich als Plattform und Katalysator / Multiplikator für die PM-Community versteht und ihre Rolle darin sieht, ein Netzwerk zu Politik, Ministerien, Industrie und anderen Verbänden zur Verfügung zu stellen, könnte sie viel bewegen. Ziel muss es hier sein, Fördergelder von Institutionen der Forschungsförderung (z. B. des BMBF) für die Projektmanagementforschung zugänglich zu machen, indem beispielsweise Einfluss auf die inhaltliche Ausrichtung von Förderprogrammen genommen wird. In den Ausschreibungen von Forschungsprogrammen und -projekten sucht man bisher die Forschungsthemen Projektorganisation, Projektarbeit und Projektmanagement vergebens. Dies steht im Gegensatz zu der zentralen Bedeutung, die Projekte für die aktuelle und zukünftige wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung haben: • Die Projektifizierung, die Zunahme temporärer Organisationsformen, ist nach wie vor aktuell: Neben der quantitativen Zunahme von Projektarbeit ist die qualitative Veränderung der Arbeit von Bedeutung: Projekte werden eingesetzt, um Innovationen zu generieren, Veränderungen umzusetzen und flexibel auf Wandel reagieren zu können. • Die Bewältigung von Komplexität und digitaler Transformation erfolgt weitgehend durch Projekte, welche daher von großer strategischer Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sind. • Die besonderen Merkmale von Projekten als temporäre Organisation sind zwar auf den ersten Blick allen bekannt, doch in der Praxis vielfach noch immer nicht einfach zu handhaben. Als Beispiel sei hier die in der Linie vorhandene Weisungsbefugnis genannt, welche im Projekt oft fehlt; der Projektleiter muss die Teammitglieder über Motivation und „Wir-Gefühl“ führen. Wissen | Herausforderungen an die Projektmanagement-Forschung 23 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0095 Dies führt zu einem wachsenden Forschungsbedarf im Bereich „Projektorganisation und Projektarbeit“, wie in Abbildung 1 dargestellt. Die Fachgruppe „Neue Perspektiven in der Projektarbeit“ hat Ende 2018 über den sog. „Projektträger Karlsruhe“ (PTKA) einen Vorschlag für einen möglichen neuen Forschungsschwerpunkt „Projektorganisation und Projektarbeit“ im Rahmen des FuE-Programms „Zukunft der Arbeit“ als Teil des Dachprogramms „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“ im Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF eingereicht. Im April 2019 haben wir auf Wunsch des PTKA eine Kurzfassung nachgereicht, welche die Basis für den vorliegenden Artikel darstellt. Im April 2021 ist eine Ausschreibung erfolgt, welche zwar unseren Input aufgenommen hat, aber leider nur punktuell und aus unserer Sicht zu wenig explizit. Da das Thema nach wie vor aktuell ist, haben wir uns entschlossen, diesen Artikel zu veröffentlichen, um so nochmals wichtige Ansatzpunkte für die zukünftige Forschung aufzuzeigen. Die erwähnte Langfassung ist auf der Webseite der Fachgruppe verfügbar ([1]). 1. Ausgangspunkt Die These lautet: Arbeitsgestaltung und Personalentwicklung erfordern bei der permanenten Organisation und bei zeitlich begrenzten Projekten jeweils unterschiedliche Lösungen, die nebeneinander in einem Unternehmen angewendet werden können und müssen. Tragfähige Ansätze für eine solche Koexistenz bzw. eine duale Organisation fehlen jedoch bis jetzt, weil sowohl Wissenschaft als auch Praxis entweder aus der Linie (permanente Organisation) oder aus der Projektsicht (temporäre Organisation) kommen und nur die jeweilige Perspektive einnehmen. Eine übergreifende Perspektive und Integration fehlen weitgehend. Das Spannungsfeld selbst ist in der Praxis nicht neu, doch die fehlende integrative Betrachtung und der fehlende Austausch wurden noch nicht näher beleuchtet. Das Spannungsfeld wird weiter verschärft durch die fortschreitende Projektifizierung, d. h. die Zunahme temporärer Organisationsformen, ohne dass dies jedoch zur vollständigen Ersetzung der permanenten Organisation führt. In der Praxis findet entgegen vielen Prognosen kein „Entweder-oder“ statt, sondern ein „Sowohl-als-auch“, d. h. eine Koexistenz von permanenter und temporärer Organisation. Grundsätzlich funktioniert das Übertragen von Lösungen, die für Linie oder Projekte erstellt wurden und dort etabliert sind, auf die „andere Seite“ nicht, weil dort die Realität eine andere ist. Dies kann illustrativ anhand von Prozessen und Projekten aufgezeigt werden: auf Erfahrung basierende und bewährte Routineabläufe werden in Prozesse gegossen, welche dann den Standardfall abdecken, der mit Key Performance Indicators gemessen wird. Der daraus resultierende Anspruch an Planungsgenauigkeit und Null-Fehler-Toleranz wird von der Denkweise her auf Projekte übertragen, obwohl dort vieles nicht Routine ist: häufig muss schnell und ohne Erfahrungshintergrund entschieden werden, und die Umsetzung ist ebenfalls häufig neuartig. Doch Prozesse und Projekte existieren in der Praxis nebeneinander und nicht selten müssen sich Personen in beiden „Sphären“ bewegen. Daraus ergeben sich als übergreifende Fragestellungen: Wie kann die beschriebene Dualität in Unternehmen realisiert werden, d. h. wie können unterschiedliche Lösungen für permanente und temporäre Organisation in verschiedensten Themenfeldern nebeneinander koexistieren? Was ist dabei alles zu berücksichtigen, um der Gefahr einer wechselseitigen Beeinträchtigung entgegenwirken zu können? Mit welchen Veränderungen ist in den nächsten 10-15 Jahren zu rechnen und wie könnte dabei die digitale Transformation genutzt werden? 2. Ausgewählte exemplarische Fragestellungen In dieser Kurzfassung werden aus Platzgründen nicht alle Themen aus der bereits eingereichten Langfassung [1] behandelt. 2.1 Neuer Umgang mit Unsicherheit und Ungewissheit Unternehmen sind bei Projekten besonders mit Komplexität und Ungewissheit konfrontiert. Aufgrund der „Einmaligkeit“ von Projekten können weit weniger als in der permanenten Organisation externe und interne Einflussfaktoren sowie der konkrete Verlauf ex ante erkannt und in der Planung berücksichtigt werden. Risikomanagement, Planung und Planbarkeit geraten hier an Grenzen. Mögliche Forschungsfragen in diesem Themenfeld sind beispielsweise: • Wie kann Künstliche Intelligenz (KI) die Entscheidungsfindung unterstützen und welche neuen Anforderungen entstehen dadurch an Projektmitarbeiter/ -innen, Projektleitung und Linienvorgesetzte als Mitglieder in Projektsteuerungsausschüssen? • Wie können situatives Handeln und informelle Kooperation organisatorisch ermöglicht und unterstützt werden? Abbildung 1: Wachsender Forschungsbedarf zu „Projektorganisation und Projektarbeit“ Wissen | Herausforderungen an die Projektmanagement-Forschung 24 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0095 • Wie kann die sich aus agilen Projektmanagementansätzen kommende Dezentralisierung von Entscheidungen und die Förderung der Selbstorganisation nicht nur im einzelnen Projekt etabliert, sondern über die gesamte Organisation skaliert werden? Wie muss ein Organisationsdesign aussehen, das unterschiedliche Prinzipien der Organisation zulässt und sinnvoll verbindet, indem sie sich nicht gegenseitig behindern, sondern sich ergänzen und fördern? 2.2 Kompetenzentwicklung Die Anforderungen an Kompetenzen in der Projekt- und Arbeitswelt wandeln sich dramatisch: Gefordert sind mehr soziale Interaktion über neue digitale Medien, Arbeitsteilung in regionalen und internationalen Netzwerken, mehr Teamfähigkeit, Selbstorganisation, Integration von Menschen und Nutzung von Diversität am Arbeitsplatz, Interdisziplinarität. Bei zunehmender Komplexität und Unsicherheit ist weniger die klassische Vorausplanung gefragt, sondern eher gekonntes situatives Handeln sowie iterative Vorgehensweisen mit häufigen Feedbackschleifen. Gefragt ist künftig die Kompetenz, die geeignete Herangehensweise zu erkennen und im Projektteam zur Anwendung zu bringen. In der Projektarbeit paaren sich diese Anforderungen häufig mit hohem Erfolgs- und Zeitdruck. Für die Entwicklung der erforderlichen Kompetenzen sind herkömmliche Einrichtungen und Instrumente beruflicher Fort- und Weiterbildung (Kurse, Seminare etc.) nur begrenzt geeignet. Mögliche Forschungsfragen in diesem Themenfeld sind beispielsweise: • Welche neuen Instrumente der beruflichen Fort- und Weiterbildung können eingesetzt werden, um die zukünftig benötigten Kompetenzen auszubilden? • Wie können dabei vor allem arbeitsintegrierte Formen des permanenten Lernens und des Erfahrungs- und Wissensaustauschs im Arbeitsprozess ausgebaut und im Besonderen die Kompetenzentwicklung durch erfahrungs- und körperbezogene Ansätze sowie künstlerische Praktiken erweitert werden? • Wie können auch neue Möglichkeiten digital gestützten Lernens- - etwa durch Simulation- - aufgegriffen und weiterentwickelt werden? • Wie kann neben arbeitsbezogenen didaktischen Instrumenten und Modellen vor allem auch eine lernförderliche Gestaltung der Arbeit gelingen (Organisation, Technik, Personaleinsatz)? Besondere neue Herausforderungen ergeben sich für Führungskräfte. Zu klären ist, wie bei Führungskräften Kompetenzen für einen neuen Führungsstil in Bezug auf selbstorganisierende Teams im Spannungsverhältnis von Vertrauen und Kontrolle entwickelt werden können. 2.3 Langfristige Karriereentwicklung in temporären Strukturen Karriereentwicklung vollzieht sich nach bisherigen Vorstellungen in erster Linie in einer persönlichen (Weiter-) Entwicklung auf immer verantwortungsvolleren Positionen in permanenten Organisationen. Karriereentwicklung in der temporären Projektorganisation ist nicht gleichermaßen angesehen und nicht auf Augenhöhe mit bzw. nicht gleichermaßen attraktiv wie die sogenannte Linienkarriere. Gleichzeitig steigt die Bedeutung von Projektarbeit und Erfahrung in Projektarbeit erlangt auch zunehmende Bedeutung für eine Linienkarriere. Eine sichere dauerhafte Beschäftigung wird zunehmend seltener, befristete oder nur vergleichsweise kurze Zeit währende Beschäftigungsverhältnisse dementsprechend häufiger. Die Entwicklung weist in eine Richtung, dass Arbeitnehmer und Führungskräfte besser aufgestellt sind, die von vornherein damit rechnen, dass ihre Arbeitsaufgaben und -bereiche temporär begrenzt sind (auch bei kontinuierlicher Beschäftigung), und die den Gewinn von dauerhaft zu erwerbenden Erfahrungen vor das Gewinnen von Positionen stellen. Mögliche Forschungsfragen in diesem Themenfeld sind beispielsweise: • Karrieremodelle müssen Karrieren in der Projektorganisation aufgrund ihrer steigenden Bedeutung stärker einbeziehen und Projektkarrieren sowie Wechsel zwischen Projekt- und Linienkarriere attraktiver machen. Wie kann dies in der Personalentwicklung systematisch und zielführend erfolgen? • Welche Karrierewege sind in einer selbstorganisierenden Organisation attraktiv für welche Art von Führungsnachwuchskräften? • Wie verändert sich unter den Bedingungen der Teamorientierung die Attraktivität der klassischen Führungsposition bzw. des selbstorganisierenden Team-Mitglieds? • Wie können der Karriereverlauf Einzelner und die Personalplanung von Organisationen durch Digitalisierung und / oder KI unterstützt werden? 2.4 Nachhaltiges Wissensmanagement im temporären Kontext Durch die zeitliche Begrenzung und das Auflösen der Teams nach Projektabschluss geht das in Projekten generierte Wissen oft verloren bzw. verbleibt als implizites Wissen bei den einzelnen Teammitgliedern. Eine Integration in organisatorische Wissensmanagementsysteme (sofern vorhanden) findet nicht statt. Mögliche Forschungsfragen in diesem Themenfeld sind beispielsweise: • Wie kann aufwendig in Projekten generiertes Wissen in die organisationale Wissensbasis überführt und nutzbar gemacht werden? • Wie müssen für den Projektkontext geeignete Wissensmanagementsysteme ausgestaltet werden? • Wie kann Digitalisierung hier unterstützend wirken? Sofern Lessons Learned nach einem abgestimmten Schema und mit der gleichen Terminologie verfasst werden, könnten diese ausgewertet und die Datenbasis mittels KI für Empfehlungen an neue Projekte genutzt werden. Welche Voraussetzungen müssten dafür erfüllt sein und wie könnte solch eine Anwendung aussehen? 2.5 Besondere Situation in KMU Die Stärke der deutschen Wirtschaft resultiert nicht unwesentlich aus der mittelständisch geprägten Wirtschaftsstruktur. Oftmals sind gerade die KMUs die Hidden Champions, die besonders erfolgreich auf dem Weltmarkt agieren. Was also sind die wesentlichen Faktoren, die den Erfolg dieser KMUs ausmachen und welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang projektorientierte Arbeitsformen? Wissen | Herausforderungen an die Projektmanagement-Forschung 25 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0095 Erfolgreiche KMUs • reagieren flexibel durch flache Hierarchien, • setzen auf sehr gut ausgebildete, selbstständig entscheidende Mitarbeiter, • setzen auf proaktive Wissens- und Erfahrungsweitergabe unter den Mitarbeitern, • ersetzen aufwändige Planungen, bürokratische Prozesse, hierarchische Positionen und Overhead-Rollen durch eine Vertrauensorganisation, • setzen auf unmittelbare Einbeziehung des Kunden und auf individualisierte Lösungen, • kompensieren Größe durch Kooperationen in Netzwerken mit anderen Spezialanbietern, • stellen die Face-to-Face-Kommunikation im Unternehmen und zu den Kunden in den Mittelpunkt. Viele dieser Vorgehensweisen sind einerseits typisch für KMUs, gelten aber zugleich als vielversprechend sowohl für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen als auch für die Zukunft der Arbeit. Zugleich erlangen die zuvor ausgeführten Problemfelder eine besondere Akzentuierung bei KMU. Dies muss in die Betrachtung einbezogen werden. Der zentrale Unterschied besteht darin, dass zum einen in KMUs im Gegensatz zu größeren Unternehmen und internationalen Konzernen Ressourcen nicht oder nur sehr limitiert vorhanden sind. Zum anderen verfügen KMUs über besondere Potenziale (s. o.) der Problemlösung. Mögliche Forschungsfragen in diesem Themenfeld sind beispielsweise: • Welche strukturellen Besonderheiten von KMUs lassen sich identifizieren, wie können diese gefördert und auch für größere Unternehmen nutzbar gemacht werden? • Welche Rolle spielt informelle und weniger formalisierte Kommunikation für die Personalführung der Zukunft? • Welche Rolle kann „Vertrauen“ im Hinblick auf strukturelle und persönliche Führung der Zukunft spielen? • Wie können die Besonderheiten erfolgreicher KMUs auch für die Gestaltung projektorientierter Arbeitsformen in der Zukunft stärker nutzbar gemacht werden? Welche Rolle spielen z. B. informelle Beziehungen und Prozesse sowie Vertrauensbeziehungen für die Flexibilität in Projekten? • Welche komplementäre Ergänzung ergibt sich aus den ohnehin schon flexibler gestalteten permanenten Organisationen von KMUs und temporären Projektorganisationen? 3. Lösungsansätze in der Praxis In der Praxis finden sich bereits unterschiedliche Ansätze zur Lösung der aufgezeigten Problemstellungen und Herausforderungen. Zu nennen sind exemplarisch: 3.1 Situatives Projektmanagement und Management des Informellen zur Bewältigung von Ungewissheit Empirische Untersuchungen zeigen, dass die Prinzipien des agilen Projektmanagements neue Möglichkeiten zur Bewältigung von Ungewissheit in Projekten beinhalten. Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn agile Prozesse für die Mitarbeiter die Möglichkeit sowohl zur Selbstorganisation als auch zu informellem Handeln und informeller Kooperation in laufenden Prozessen neben formell festgelegten Meetings u. Ä. eröffnen. Notwendig hierfür sind ein Management des Informellen sowie eine vertrauensbasierte Führung. In einem vom BMBF geförderten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben wurden Modelle für ein solches Management des Informellen bzw. die institutionelle Rahmung informeller Prozesse entwickelt und praktisch erprobt. Sie zeigen sowohl Möglichkeiten wie Perspektiven für zukünftig notwendige Entwicklungen von Projektorganisation und Projektarbeit (vgl. [2] und [3]). Daneben wurde das Konzept des situativen Projektmanagements entwickelt und praktisch umgesetzt. Im Unterschied zu agilem Projektmanagement, das in und aus der Softwareentwicklung entstanden ist, kommen die Impulse für das situative Projektmanagement aus der technischen Entwicklung, wie bspw. der Entwicklung technischer Messgeräte. Dabei werden im Speziellen Gegebenheiten im KMU sowie von Entwicklungsvorhaben in unternehmensübergreifenden Netzwerken berücksichtigt. Des Weiteren bezieht sich das situative Projektmanagement eben explizit auf die besonderen Merkmale und Herausforderungen des Arbeitshandelns bei (technischen) Innovationen. Es unterstützt und fördert eine ‚künstlerische Haltung‘, ein ‚erfahrungsgeleitetes Vorgehen‘ und eine ‚spielerische Definition‘ zum Umgang mit Ungewissheiten in Entwicklungsprojekten ([4]). Hybride Ansätze im Projektmanagement versuchen, durch die Kombination von planorientierten und agilen Praktiken das Beste aus beiden Welten zusammenzubringen. Grundlagen für die Konfiguration hybrider Ansätze wurden von Boehm und Turner ([5]) gelegt und werden mit zunehmender Verbreitung agiler und hybrider Ansätze weiter erforscht. Fallstudien und größere Feldstudien beginnen, erfolgreiche hybride Vorgehensweisen in der Praxis und Grundlagen für eine Konfiguration herauszuarbeiten (vgl. [6], [7], [8]). Eine breitere Betrachtung ist wünschenswert. 3.2 Arbeitsintegriertes Lernen und erfahrungsorientierte Entwicklung von Kompetenzen Erziehungswissenschaftliche Konzepte zum Kompetenzbegriff, zu deren Messung und zum Management der eigenen Kompetenz- - Metakompetenz- - geben einen Zugang zum vertieften Verständnis für die Kompetenzentwicklung im Projektmanagement (vgl. [9] bzw. [10]). Diese erfolgt über die Verbindung von Theorie und Praxis, durch Aufbau und Verbindung von explizitem und implizitem Wissen ([11]). Hierdurch ergeben sich Hinweise auf die hohe Bedeutung von erfahrungsorientierten oder projektorientierten Lernformen für den Aufbau individueller Kompetenzen, die auch mit Hinblick auf neue Anforderungen durch Digitalisierung zu untersuchen sind. Darüber hinaus muss auch die Projektmanagement- Kompetenz einer Organisation betrachtet werden ([12]). Im Rahmen eines vom BMBF geförderten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens wurden in einem großen Unternehmen der Elektroindustrie neue Modelle lernförderlicher Arbeitsgestaltung bei der Projektarbeit entwickelt und erprobt. Im Mittelpunkt steht hier die Vermittlung von „Erfahrungswissen“ über Einflüsse und Gegebenheiten bei der praktischen Umsetzung und Realisierung von Projekten in unternehmensexternen sowie internationalen Umgebungen. Das Modell der „personengebundenen Simulation“ greift vorhandene Erfahrungen auf und transferiert sie auf jeweils aktuelle Problem- Wissen | Herausforderungen an die Projektmanagement-Forschung 26 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0095 stellungen. Es eröffnet neue Wege und Perspektiven für den Transfer von Erfahrungswissen bei Projektarbeit (vgl. [13]). Im Rahmen von Schulungs- und Trainingsmaßnahmen finden sich neue Ansätze, in denen Erfahrungen und Erkenntnisse aus der künstlerischen Praxis, Körperarbeit sowie aus anderen Kulturen aufgegriffen und für die Projektarbeit genutzt werden. Hieraus ergeben sich neue Perspektiven vor allem für die Entwicklung von Kompetenzen für den souveränen Umgang mit Ungewissheit (vgl. [14]). 3.3 Projektwissensmanagement Durch die interdisziplinäre Zusammensetzung von Projektteams und die Arbeit an neuartigen Aufgaben wird in Projekten in kurzer Zeit neuartiges Wissen generiert. Dieses kann sowohl für Folgeprojekte als auch für die permanente Organisation wertvoll sein. Dazu ist ein Projektwissensmanagement erforderlich, das den Transfer von Wissen zwischen Projekten und zwischen Projekten und der permanenten Organisation unterstützt ([15]). Aufgrund der besonderen Eigenschaften von Projekten steht das Projektwissensmanagement jedoch vor erheblichen Herausforderungen. Projektteams werden nach Projektende aufgelöst und das gewonnene Wissen wird nur selten systematisch aufbereitet und weitergegeben. Das Wissen geht nicht nur für zukünftige Projekte, sondern für die Organisation als Ganzes oft „verloren“. Methodiken für die Erfahrungsauswertung, z. B. in Form von Lessons Learned Workshops stehen zwar zur Verfügung ([16]) und haben als Bestandteil des Organisationalen Lernens große Wirkung auf die Verbesserung der Projekt-Performance, werden jedoch selten durchgeführt. Bezüglich des organisationalen Lernens betrachten Melkonian und Picq ([17]) die wechselseitigen Lernprozesse zwischen Projekt und Linie und befürworten den „Double-loop approach“, das Lernen im Wechselspiel zwischen der Projekt- und der Organisationsebene (siehe auch [18] und [19]). Söderlund, Vaagaar und Andersen ([20]) untersuchen ebenfalls den Zusammenhang zwischen dem Lernen auf Projektebene und auf Organisationsebene und beschreiben drei Mechanismen der Kompetenzentwicklung: 1) den Beziehungsaufbau und das Netzwerken (Relating), 2) das explorative Lernen und das „Learning on the job“ (Reflecting) und 3) die Entwicklung von Routinen und Standards (Routinizing). Die Temporalität von Projekten und das Zusammenspiel von Projektorganisation und permanenter Organisation beim Wissensmanagement stellen weiterhin große Herausforderungen dar, für die praxisorientierte Lösungen zu entwickeln sind. 4. Ausblick Abbildung 2 zeigt für die Forschungsarbeit zu „Projektorganisation und Projektarbeit“ ausgemachte exemplarische Fragestellungen und Lösungsansätze. Mithilfe der von der Fachgruppe „Neue Perspektiven in der Projektarbeit“ erarbeiteten Grundlagen im vorliegenden Artikel und in der erwähnten ausführlicheren Langfassung können Interessierte aus dem GPM-Umfeld einzelne Fragestellungen herausgreifen oder das Gesamtpaket nehmen und damit neue, eigene Forschungsvorhaben initiieren. Literatur [1] Rietiker, S.; Böhle, F.; Dierig, S.; Feldmüller, D.; Scheurer, S.; Wald, A. (2018): Projektorganisation und Projektarbeit-- Entwurf für einen Forschungsschwerpunkt. GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., Fachgruppe Neue Perspektiven in der Projektarbeit, Nürnberg 2018. Download unter https: / / www. gpm-ipma.de/ know_how/ fachgruppen/ themenfokussierende_ fachgruppen/ neue_perspektiven_in_der_projektarbeit_projektgovernance.html. [2] Neumer Judith; Porschen-Hueck, Stephanie; Sauer, Stefan (2018): Reflexive scaling as a way to towards agile organization. In: Journal of International Management Studies, Heft 18, Nr. 2, pp. 27-38. [3] Porschen-Hueck, Stephanie (2012): Management des Informellen durch kooperativen Erfahrungstransfer. In: Böhle, Fritz; Bürgermeister, Markus; Porschen, Stephanie (Hrsg.): Innovation durch Management des Informellen- - künstlerisch, erfahrungsgeleitet, spielerisch, Berlin: Springer, S. 115-154. [4] Heidling, Eckhard (2012): Management des Informellen durch situatives Projektma-nagement. In: Böhle, Fritz; Bürgermeister, Markus; Porschen, Stephanie (Hrsg.): Inno-vation durch Management des Informellen. Künstlerisch, erfahrungsgeleitet, spielerisch, Berlin: Springer, S. 69-114). [5] Boehm, Barry; Turner, Richard (2004): Balancing Agility and Discipline. A Guide for the Perplexed. Addison-Wesley, Boston. [6] Timinger, H., Seel, C., 2016. Ein Ordnungsrahmen für adaptives hybrides Projektmanagement. In: PROJEKTMANAGEMENT AKTU- ELL 4 / 2016, S. 55-61. [7] Kuhrmann, Marco, et al.: Hybrid software and system development in practice-- waterfall, scrum, and beyond. In: Proceedings of the 2017 International Conference on Software and System Process. ACM, 2017. S. 30-39. Abbildung 2: Exemplarische Fragestellungen und Lösungsansätze zur „Projektorganisation und Projektarbeit“ Wissen | Herausforderungen an die Projektmanagement-Forschung 27 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0095 [8] Kuhrmann, M.; Münch, J.; Diebold, P; Linssen, O.; Prause, C.: On the Use of Hybrid Devel-opment Approaches in Software and Systems Development: Construction and Test of the HELENA Survey. In: Martin Engstler et al. (Hrsg.): Projektmanagement und Vorgehensmodelle 2016, Lecture Notes in Informatics (LNI), Gesellschaft für Informatik, Bonn 2016, S. 59-68, Download unter https: / / dl.gi.de / bitstream / handle / 20.500.12 116 / 589 / 59. pdf? se-quence=1&isAllowed=y. [9] Weinert, F. E.: Concept of Competence: A Conceptual Clarification. In: Rychen, D.; Hersh Saganik, L. (Eds.): Defining and Selecting Key Competencies. Hogrefe&Huber, Seattle Toronto, 2001. [10] Dimitrova, D.: Das Konzept der Metakompetenz. GABLER Edition Wissenschaft, Wiesbaden 2008. [11] Cron, D.; Feldmüller, D.: Mastering Theories in Practice-- A Competence Model. In: Theory Meets Practice in Projects, GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., Nürnberg 2014. [12] Wagner, Reinhard (Hrsg.): Organisationale Kompetenz im Projektmanagement. GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V., Nürnberg, 2011. Buchreihe Forschung, Buch 05. [13] Heidling, Eckhard; Hülsmann, Bernadette; Klug, Barbara; vom Eyser, Werner (2018): Personengebundene Simulation. Ein Handlungsleitfaden zur lernförderlichen Arbeitsgestaltung im Projektgeschäft. München: ISF München. [14] Böhle, Fritz; Heidling, Eckhard; Neumer, Judith; Kuhlmey, Astrid; Winnig, Matthias; Trobisch, Nina; Kraft, Dieter; Denisow, Karin (2016): Umgang mit Ungewissheit in Projekten. Expertise für die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Nürnberg: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. [15] Lindner, F./ Wald, A. (2011) Success Factors of Knowledge Management in Temporary Organizations. International Journal of Project Management, 29 (7), 877-888. [16] Kerth, N. L. (2003). Post Mortem- - Projekte erfolgreich auswerten. Bonn: mitp-Verlag. [17] Melkonian, T. & Picq, T. (2011). Building project capabilities in PBOs: Lessons from the French Special Forces. International Project Management Journal, 29, 455-467. [18] Zoiopoulos, I. I. (2013). Organizational Configurations and Project Capability Development: Lessons from Construction. Procedia- - Social and Behavioral Science, 74, 81-90. [19] Söderlund, J. (2008). Competence Dynamics and Learning Processes in Project-Based Firms: Shifting, Adapting and Leveraging. International Journal of Project Management, 12 (1), 41-67. [20] Söderlund, J., Vaagaasar, A. L. & Andersen, E. S. (2008). Relating, reflecting and routinizing: Developing project competence in cooperation with others. International Journal of Innovation Management, 26, 517-526. Eingangsabbildung: © iStock.com / Dilok Klaisataporn Stephen Rietiker Stephen Rietiker (Leitung der FG), Dipl. Wirtsch.-Inf., Geschäftsführer / Inhaber der Schweizer Unternehmensberatung november ag, Dozent an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich (Portfoliomanagement und Professionalisierung des Projektmanagements im Studiengang MAS Project Management), Beratungsschwerpunkt und Veröffentlichungen u. a. zu Einführung und Optimierung von Projektmanagement und PMOs in Organisationen. Fritz Böhle Fritz Böhle, Prof. Dr., Wissenschaftler an der Forschungseinheit für Arbeits- und Berufswelt an der Universität Augsburg, bis Juli 2018 Vorsitzender des Vorstandes des ISF München, Forschungen und Veröffentlichungen zum Umgang mit Ungewissheit und subjektivierendem Handeln. Sandra Dierig Sandra Dierig, Dr. rer. pol., Dipl.-Ing., Inhaberin der Firma Einszeit Managementberatung & Coaching, Dozentin u. a. an der Technischen Universität München und der Universität Zürich für „Projektmanagement für Forschungsprojekte“, eigene Doktorarbeit und Beratungsstätigkeit zu organisationaler Kompetenz im Projektmanagement und Einführung/ Professionalisierung des Projektmanagement in Organisationen. Dorothee Feldmüller Dorothee Feldmüller, Prof. Dr. rer. nat., Professorin für Wirtschaftsinformatik am Campus Velbert / Heiligenhaus der Hochschule Bochum, langjährige Praxiserfahrungen im IT-Projektmanagement, fachliche Schwerpunkte u. a.: Agile und hybride Methoden im technischen Projektmanagement, Theorie-Praxis-Transfer und Kompetenzentwicklung im Projektmanagement, Zusammenwirken zwischen Top-Management und Projektmanagement. Steffen Scheurer Steffen Scheurer, Prof. Dr. rer. pol.; Professor für Rechnungswesen und Controlling und Studiendekan des MBA-Studienprogramms „Internationales Projektmanagement und agiles Projekt- und Transformationsmanagement“ an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen- - Geislingen (HfWU). Forschungsarbeiten zum Umgang mit Komplexität in der Unternehmensführung und in Projekten, Mitautor eines Standardlehrbuchs zum Projektmanagement und Autor zahlreicher Fachartikel und Buchbeiträge zu organisationalen Kompetenzen im Projektmanagement. Andreas Wald Andreas Wald, Prof. Dr. rer. pol. habil., Professor für Strategie an der School of Business and Law der Univeristy of Agder in Kristiansand. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Temporäre Organisationen, Management Control und Innovation. Seine Arbeiten erscheinen unter anderen in wissenschaftlichen Zeitschriften wie Project Management Journal, International Journal of Project Management und International Journal of Managing Projects in Business. 28 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0096 Ein Konzept für gute Entscheidungsprozesse Frank Habermann, Karen Schmidt Für eilige Leser | Entscheidungsprozesse sind ein „Klassiker“ des Managements. Umso erstaunlicher, dass es dabei so häufig hakt. Noch erstaunlicher sind die Gründe dafür. Denn Umfragen zeigen, dass Entscheidungsprozesse meist nicht an ihrer schwer lösbaren Sachaufgabe, d. h. einem komplexen Entscheidungsgegenstand, scheitern. Vielmehr scheitern sie an einem unklaren oder gar widersprüchlichen Verständnis zwischen den handelnden Akteuren. Wer hat den Entscheidungsbedarf, wer soll, kann und will entscheiden, und wer muss in einem konkreten Entscheidungsprozess wie beteiligt werden? Dieser Artikel beschreibt ein Konzept, das hilft, diese wichtigen Fragen zu beantworten: präzise, transparent und für alle Beteiligten motivierend. Lesen Sie, wie Teams und Führungskräfte gemeinsam gut entscheiden, Klarheit über ihre Ziele erlangen und Partizipation zweckmäßig organisieren. Schlagwörter | Entscheidung, Entscheidungsprozesse, Entscheidungsfindung, Stakeholdermanagement, Delegation, Führung, Agilität Beginnen wir mit einem Selbsttest Im Folgenden finden Sie eine Liste mit Aussagen über Entscheidungen. Lesen Sie sich die Liste durch und sagen Sie für jede einzelne Aussage, ob Sie ihr zustimmen oder nicht. Das ist am effektivsten, wenn Sie es laut aussprechen. Bereit? Los geht’s! • Wer Führungskraft ist, der ist „Entscheidungsträger“ (und muss auch entscheiden). • Mitwirkung bei Entscheidungsprozessen bedeutet „Mitentscheiden“. • „Wir“ entscheiden, heißt „alle“ entscheiden. • „Wir“ entscheiden, heißt „im Konsens“ entscheiden. • „Agiles“ Entscheiden bedeutet, dass im Team entschieden wird. • „New Work“ bedeutet „Basisdemokratie“ (Entscheiden frei von Hierarchie). Diese Aussagen haben wir uns nicht ausgedacht. Es sind Sätze, die wir so oder sehr ähnlich in Organisationen immer wieder hören. Und zwar auf allen Ebenen- - von der Geschäftsführerin bis zum frisch eingestellten BWL-Absolventen. Der Witz dabei: Keine der Aussagen ist so zutreffend. Im konkreten Einzelfall kann zwar schon einmal die eine oder andere Aussage zutreffen, als allgemeine Regeln sind die Aussagen jedoch schlichtweg unsinnig. Herzlichen Glückwunsch also, wenn Sie sechsmal widersprochen haben. Tatsächlich beinhalten die Aussagen keine Gewissheiten, sondern die Wurzel des Problems. Diese liegt in einem ungenügenden Rollenverständnis der Akteure. Verursacht wird es durch Dogmen und Managementmythen, die sich im Laufe der Jahre eingeschlichen haben (z. B. „Wer Führungskraft ist, muss entscheiden“). Hinzu kommen jüngere Trends und Moden, denen zuweilen ebenso unreflektiert gefolgt wird (z. B. „In agilen Teams entscheiden alle gemeinsam“). Nichts davon ist zutreffend, nichts ein Automatismus Wenn wir funktionierende Entscheidungsprozesse gestalten wollen, müssen wir uns von solchen falschen Glaubenssätzen befreien. Doch dies geschieht nicht von allein; wir müssen als hinderlich erkannte Denk- und Handlungsmuster aktiv überwinden. Am effektivsten gelingt dies, indem man ihnen etwas sehr Konkretes entgegensetzt. Wissen | Ein Konzept für gute Entscheidungsprozesse 29 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0096 Unser Vorschlag für etwas Konkretes lautet „Decision Hats“. Decision Hats ist ein neuartiges Konzept für das Stakeholdermanagement in Entscheidungsprozessen. Im Folgenden erklären wir, was dahintersteckt und wie man es nutzt. Teil 1: Ein neues Denkwerkzeug „Decision Hats“, das sind sechs Rollen, die jeder Entscheidungsprozess braucht (s. Abbildung 1). Das Rollenkonzept kommt in Form von Spielkarten daher. Mit den Spielkarten lässt sich klären, ob alle Rollen besetzt sind, ob alle Beteiligten dasselbe Rollenverständnis besitzen und ob die Rollenverteilung sinnvoll ist. Erreicht wird das durch verhaltensökonomische Effekte, die wir im Folgenden skizzieren. Gedankliches Stupsen (Nudging) Verantwortlich für zähe und frustrierende Entscheidungsprozesse sind in der Regel falsche Glaubenssätze wie die eingangs aufgelisteten. Das Bemerkenswerte daran ist: Diese Glaubenssätze sind den Akteuren meistens nicht bewusst. Es ist nicht etwa so, dass Führungskräfte oder Expert: innen gute Entscheidungen bewusst sabotieren. Das ist doch eher die Ausnahme. Die Regel indessen sind unbewusste Denkblockaden, die bessere Entscheidungen behindern. Mit anderen Worten: Verantwortliche Personen- - Projektmanager etwa oder Auftraggeberinnen- - handeln oftmals in guten Absichten und bewirken doch genau das Gegenteil. Sie tun nicht das Richtige, obwohl sie es tun wollen. Sie stehen sich selbst im Wege, mit ihren Fehlannahmen darüber, wie Entscheidungsprozesse zu laufen haben und was ihre Rolle darin ist. Psychologische Studien haben das nachdrücklich bewiesen. Sie haben aufgezeigt, dass es für jeden Menschen nahezu unmöglich ist, seine eigenen Denkblockaden zu erkennen [1]. Wir alle sind mehr oder minder blind gegenüber unseren eigenen Annahmen. Ohne Hilfe gelingt es uns nicht, da herauszukommen. Wir brauchen schon einen „Stups“, einen „gedanklichen Stolperstein“, um das Richtige zu tun. Thaler / Sunstein haben diese Idee des so genannten „Nudging“ in ihrem gleichnamigen Bestseller anschaulich beschrieben [2]. Decision Hats realisieren diese Idee. Die sechs Entscheidungshüte bieten einen „Nudge“, einen konkreten Anstoß zum Um- und Besserdenken. Erreicht wird dies zum einen durch das Spielkartenformat, zum anderen durch eine musterbrechende Sprache. Begriffe wie „Auskenner“, „Umsetzer“, oder „Vorbereiter“ bewegen sich jenseits der BWL-Routine und bewirken ein Innehalten, eine produktive Denkschleife. So helfen Decision Hats bewusster und geistig beweglicher über Entscheidungsprozesse nachzudenken. Lautes Denken Auf den Decision-Hats-Spielkarten stehen einzelne Sätze. Diese Aussagen sind das allerwichtigste. Denn sie erklären, was eine Rolle ausmacht. Sie liefern Wissen über diese Rolle und beschreiben die damit einhergehenden Aufgaben. Wenn auf eine Person die Aussage auf einer Karte zutrifft, dann besitzt er oder sie diese Rolle. Der Witz dabei: häufig überlesen Menschen diese Aussagen. Sie lesen nur den Kartentitel, etwa „Owner“, und denken: „Klar, kenn‘ ich“. Das stimmt vermutlich auch, z. B. von Scrum den „Product Owner“ oder vom IT-Service Management den „Business Owner“. Allerdings meint „Owner“ im Kontext von Entscheidungsprozessen etwas ganz anderes! Die Methodik des „lauten Denkens“ hilft, die wahre Bedeutung der sechs Decision Hats zu erkennen. Wer die Aussagen auf den Karten laut liest, denkt gründlicher und syste- Abbildung 1: Decision Hats. Quelle: DECISION HATS von Over the Fence (overthefence.com.de); Creative Commons Lizenz: https: / / creativecommons.org / licenses / by-sa / 4.0/ Spielkarten, Hüte, Entscheidungen? „So etwas kenne ich doch schon“, werden einige vielleicht denken, Das ist verständlich, falls man beispielsweise die Denkhüte von de Bono oder Delegation Poker kennt. Denn diese Konzepte haben ebenfalls viel mit Denken und Entscheidungen zu tun. Und beide Konzepte sind ebenso visuell wie Decision Hats. Wer de Bonos „Denkhüte“ oder „Delegation Poker“ mag, wird bei Decision Hats geschätzte Eigenschaften wiederfinden. Die Hutmetapher beispielsweise, das Spielkartenformat sowie die Intention, konstruktive Dialoge zu stimulieren und Perspektivwechsel zu erleichtern. Das alles ist verwandt. In einer Hinsicht sind Decision Hats jedoch völlig anders als die anderen Konzepte: Sie liefern Wissen über Entscheidungsprozesse- - sie benennen Rollen und Aufgaben, die jeder gute Entscheidungsprozess braucht! Die genannten Konzepte konkurrieren deshalb nicht miteinander, sondern lassen sich sehr gut kombinieren. Wissen | Ein Konzept für gute Entscheidungsprozesse 30 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0096 matischer über die Rollen nach. Denn lautes Denken fördert erwiesenermaßen Reflektions- und Analysefähigkeiten und erleichtert die Prüfung bestehender Informationen. Reflexionsübung: (1) Denken Sie an eine richtungsweisende Entscheidung in ihrer Organisation bzw. in ihrem Projekt, die Sie gerade umtreibt (d. h., denken Sie an ein wichtiges Entscheidungsvorhaben, in das Sie involviert sind). (2) Nehmen Sie eine erste Decision-Hats-Karte und lesen Sie die Aussage darauf laut vor. Würden Sie die Aussage so treffen? Falls ja, besitzen Sie diese Rolle. Machen Sie das für alle sechs Spielkarten. Abgleich Fremd- und Selbstbild Decision Hats können wie beschrieben zur Selbstreflexion genutzt werden. Das hilft, sich selbst darüber klar zu werden, welche Rollen man in einem Entscheidungsvorhaben besitzt-- und ob man diese haben will und das alles überhaupt kapazitativ leisten kann. Die Spielkarten lassen sich aber auch im Zwiegespräch oder in der Gruppe mit mehreren- - etwa in einem (agilen) Projektteam- - nutzen. Das ist besonders wirkungsvoll. Denn ein häufiges Problem bei Entscheidungsprozessen besteht darin, dass die beteiligten Stakeholder über ein widersprüchliches Rollenverständnis verfügen. Vielleicht denkt z. B. eine Person, sie habe den Entscheider-Hut auf, die anderen sehen das aber gar nicht so. Bleiben derartige Annahmen unausgesprochen, mündet das regelmäßig in Frustrationen. Decision Hats ermöglicht es, solche Missverständnisse frühzeitig zu entdecken und gezielt auszuräumen. Wir empfehlen dafür die „Poker-Variante“ des Kartenspiels (s. Teil 2, Anwendungsszenario 1). Teil 2: Einsatzfelder Decision Hats kann verwendet werden für: • Vorausgreifendes Durchdenken und nachträgliches Reflektieren von Entscheidungsprozessen jeglicher Art • Prüfen und Analysieren bestehender Entscheidungsroutinen einer Organisation (Schritt CHECK des PDCA-Zyklus) • Planen eines organisationalen Entscheidungsprozesses bzw. eines Entscheidungsprojekts (Schritt PLAN des PDCA- Zyklus) • (Agile) Retrospektiven von Entscheidungsvorhaben, um daraus für ähnliche, zukünftige Vorhaben zu lernen • Im Rahmen der Auftragsklärung / des Erwartungsmanagements: Abstimmen mit der auftragserteilenden Person, welche Rollen und welche damit verbundenen Aufgaben diese Person und man selbst in dem Vorhaben besitzt. • Abstimmung der Verantwortlichkeiten in bereichsübergreifenden Entscheidungsprozessen bzw. in netzwerkartigen Strukturen, z. B. zwischen Abteilungen oder Teams • Klären der Zuständigkeiten (Rollen) der Mitglieder eines Teams (z. B. agile Teams, Projektteams, Managementteams) bei wichtigen Entscheidungen • Coaching einer Führungskraft, um ihre Rolle als Entscheidungsträger: in zu durchdenken und zu klären, welche Rollen sie bei bestimmten Entscheidungen haben kann, will, soll oder muss. • Selbstreflexion und Klärung der eigenen Rolle(n) in einem Entscheidungsprozess oder -projekt Je nach Einsatzfeld werden die Decision-Hats-Spielkarten etwas unterschiedlich verwendet. Im Detail beschrieben ist dies in einem 120-seitigen Praxisleitfaden, dem „Decision Hats- - Field Guide“ [3]. Das Buch bietet zahlreiche Anwendungsbeispiele, Hintergrundwissen und Schritt-für-Schritt-Workshopanleitungen zum Einsatz der Methode. Im Folgenden skizzieren wir drei besonders häufig Anwendungsszenarien. Anwendungsszenario 1: Rollenklärung im Projekt (Stakleholdermanagement) Nehmen wir an, Sie wurden damit betraut, ein strategisch wichtiges Machbarkeitsprojekt zu organisieren und zu steuern. Sie sind also „Vorbereiter: in“ des Entscheidungsvorhabens, z. B. als externer oder interner Projektmanager. In diesem Fall können Sie die „Decision Hats“ nutzen, um das Rollenverständnis der Projektbeteiligten zu klären. Hierzu laden Sie die identifizierten Stakeholder: innen zu einem (Kick-off) Workshop. Geben Sie jeder Person ein Spielkartenset mit den sechs Decision Hats in die Hand. Bitten Sie anschließend alle schweigend für sich zu überlegen, welchen Aussagen Sie zustimmen, d. h., welche Rollen Sie mutmaßlich innehaben. Danach gehen Sie Rolle für Rolle durch und bitten jeweils alle Personen, die diese Rolle für sich annehmen, dies kurz zu erörtern. Das Ergebnis können Sie in einer Tabelle visualisieren (s. Abbildung 3). Das skizzierte Vorgehen ist äußerst effektiv, denn es hilft, die Vorannahmen der Beteiligten aufzudecken- - über ihre eigenen Rollen und die der anderen Personen. Diese Annahmen können zutreffend sein oder nicht, in jedem Fall kommen sie mit den „Decision Hats“ auf den Tisch können so besprochen werden. Das Vorgehen hilft auch zu klären, ob alle Rollen angemessen besetzt sind und ob jeder die eigenen Rollen akzeptiert. Als Workshop-Ergebnis haben Sie dann entweder ein abgestimmtes Rollenkonzept oder dringliche Probleme identifiziert. Letzteres ist so frühzeitig erfolgt, dass Sie darauf reagieren können und unnötige Mehrarbeit sowie Frustrationen im weiteren Vorgehen vermeiden. Tipp: Nach unserer Erfahrung funktioniert das Verfahren sehr gut mit Top-Führungskräften. Sie müssen keine Sorge haben, dass jemand die Karten als „Spielerei“ abtut. Anwendungsszenario 2: Rollenklärung in einem agilen Team (Teamentwicklung) Anders als im vorherigen Szenario geht es hier nicht um ein einmaliges Projekt und die fallweise Einbindung von Stakeholdern. Im diesem zweiten Szenario geht es um ein dauerhaft bestehendes Team. Nehmen wir beispielsweise an, ein selbstorganisiertes, agiles Team will seine Entscheidungsroutinen gut organisieren. Dabei sollen unerwünschte Effekte aus der Vergangenheit vermieden und stattdessen folgende Ziele erreicht werden: • Alle im Team sollen das Gefühl haben, angemessen beteiligt zu sein. • Gleichzeitig sollen individuelle Arbeitsbelastungen begrenzt und • Entscheidungsfindungen beschleunigt werden. Wissen | Ein Konzept für gute Entscheidungsprozesse 31 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0096 In diesem Szenario sind Sie jemand, der Teil des Teams ist oder das Mandat besitzt, dem Team zu helfen. Wählen Sie zunächst mit dem Team diejenigen Entscheidungsbedarfe aus, die durchdacht werden sollen. Dies können wiederkehrende Entscheidungen sein (etwa „OKRs“ oder „Sprint Planning“) oder auch einmalige Projekte, die im Team anstehen. Schreiben Sie die Entscheidungen, um die es gehen soll, auf ein Whiteboard. Bitten Sie dann die Teilnehmenden nachzudenken, welche der sechs Hüte sie bei jedem einzelnen Entscheidungsvorhaben aufhaben wollen bzw. müssen. Dieses Vorgehen ist wie in Szenario 1: mittels der Spielkarten, jeder für sich, still. Sobald alle fertig sind, bitten Sie die Teilnehmenden ihre Ergebnisse auf das Whiteboard zu übertragen. Das Ergebnis ist eine Übersichtstabelle, welche die gewünschte Rollenverteilung der Teammitglieder bei den jeweiligen Entscheidungen aufzeigt (s. Abbildung 2). Lassen Sie das Bild auf das Team wirken. Was fällt auf? Was überrascht? Ist die Verteilung wie angenommen? Wo sind (zu) viele Personen involviert, wo (zu) wenige? Ist die „Ownership“ in allen Fällen klar? Gibt es Rollen, die vielleicht gar nicht besetzt sind usw.? Das Bild kann für eine weiterführende Analyse der Entscheidungsstrukturen genutzt werden (s. Anwendungsszenario 3). Doch auch ohne weiterführende Analyse ist bereits viel gewonnen. Denn in dem Workshop wurden individuelle Annahmen aufgedeckt und besprechbar gemacht. So wird z. B. häufig deutlich, dass die Beteiligten ein unterschiedliches Verständnis des Entscheidungsbedarfs besitzen. Gut, das erkannt zu haben! Anwendungsszenario 3: Review eines Entscheidungsprozesses Picken Sie sich einen konkreten Entscheidungsprozess heraus, der in der Vergangenheit unbefriedigend gelaufen ist. Es sollte sich dabei um einen wiederkehrenden Entscheidungsprozess handeln, z. B. eine Auftragsfreigabe, eine Produktauswahl oder ähnliches. Dies können Sie in der Position der zuständigen Führungskraft durchführen oder z. B. als Organisationsentwickler oder als Consultant, sofern Sie ein entsprechendes Mandat besitzen. Das Review erfolgt in Tabellenform. In die erste Spalte ordnen Sie untereinander die Hüte an. Dann identifizieren Sie alle Menschen (und ihre organisationalen Positionen), die in dem abgeschlossenen Entscheidungsprozess beteiligt waren. Schreiben Sie die Personen nebeneinander in die Kopfzeile. Nun kreuzen Sie in der aufgespannten Tabelle an, welche Person in dem abgeschlossenen Prozess welchen Hut aufhatte. Das Ergebnis ist eine ausgefüllte Verantwortungsmatrix (s. Abbildung 3). Abbildung 3: Verantwortlichkeiten für Decision Hats Abbildung 2: Rollenverteilung im Team Wissen | Ein Konzept für gute Entscheidungsprozesse 32 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0096 Die Matrix können Sie-- ähnlich einer RACI-Matrix-- in vertikaler und horizontaler Richtung wie folgt analysieren: Tipp: Diese Analyse lässt sich ebenso gut zur Planung von Entscheidungsvorhaben nutzen, etwa in Kombination zu den Szenarien 1 und 2. Analysefrage Wirkung / Aktion Beispiel siehe Abb. 3 Sind alle sechs Hüte besetzt? Falls nein: Es gibt ein Strukturproblem; der Prozess sollte so nicht stattfinden; es müssen stets alle sechs Hüte besetzt sein. Punkt 1 Ist der OWNER: IN-Hut mehr als einmal vergeben? Falls ja: Es gibt ein Koordinationsproblem. Besitzen die Personen das gleiche Verständnis des Entscheidungsbedarfs-- verfolgen sie dasselbe Ziel? Punkt 2 Ist der ENTSCHEIDER: IN-Hut mehr als einmal vergeben? Falls ja: Es gibt ein Koordinationsproblem. Besteht zwischen den Personen Einvernehmen bezüglich der Anforderungen an die Entscheidungsgrundlage sowie der Art des Beschlussverfahrens? Punkt 4 Ist der VORBEREITER: IN-Hut mehr als einmal vergeben? Falls ja: Es gibt ein Koordinationsproblem. Besteht zwischen den Personen Einvernehmen hinsichtlich des Vorgehens bei der Entscheidungsvorbereitung, d. h. der Prozesssteuerung? Punkt 3 Besitzt jeder Akteur in der Tabelle einen Hut? Falls nein: Sind Person(en) irrelevant? Aktive Rolle zuweisen oder Person(en) aus dem Prozess streichen (Grundsatz: keine "Beobachter an der Seitenlinie") Punkt 5 Hat ein Akteur mehr als drei Hüte auf? Falls ja: Es besteht Gefahr von Arbeitsüberlastung UND Gefahr, dass diese Person den Ablauf über Gebühr prägt. Ist diese Rollenkonzentration wirklich im Sinne der Sache und der beteiligten Akteure? Punkt 6 Fazit Entscheidend ist vor der Entscheidung! Wer gute Entscheidungen in Organisationen und Projekten treffen will, der muss sich vor allem auf das Vorfeld eines Entscheidungsprozesses konzentrieren. Denn dann sind fehlerhafte Annahmen besonders gefährlich. Sie behindern das Finden des bestmöglichen Vorgehens und schränken Handlungsspielräume massiv ein. Neuartige Managementmethoden wie „Decision Hats“ helfen, sich von hinderlichen Managementstrukturen zu befreien und Missverständnisse zwischen den Beteiligten zu überwinden. Dies dauert nicht länger als das übliche Vorgehen und spart im Verlauf des Entscheidungsverfahrens erheblich Zeit und Nerven. Decision Hats wurde von der Innovationsgemeinschaft „Over the Fence“ entwickelt und in hunderten Fällen erprobt. Erstmals beschrieben wurde die Methode in dem Buch „Hey, nicht so schnell! “ [4]. Mittlerweile gibt es einen 120seitigen Praxisleitfaden, den „Decision Hats-- Field Guide“ [3]. Kostenfreie Downloads der grafischen Vorlagen sowie weitere Werkzeuge für gute Entscheidungen finden sich auf der Website von „Over the Fence“ (https: / / overthefence.com.de / tools). Literatur [1] Gilovich, T., Griffin, D., Kahneman, D.: Heuristics and Biases. The Psychology of Intuitive Judgement, Boston 2002. [2] Thaler, R. H., Sunstein, C. R.: Nudge. Wie man kluge Entscheidungen anstößt. Berlin 2008. [3] Habermann, F.; Schmidt, K.: Decision Hats-- Field Guide. Einfach gute Entscheidungsprozesse gestalten, Berlin 2022 (E- Book: https: / / overthefence.gumroad.com / l/ cwhxs) [4] Habermann, F., Schmidt, K.: Hey, nicht so schnell! Wie du durch langsames Denken in komplexen Zeiten zu guten Entscheidungen gelangst, Offenbach 2021. Eingangsabbildung: © iStock.com / Delpixart Prof. Dr. Frank Habermann Frank Habermann ist Professor für Betriebswirtschaftslehre und Experte für Projekt- und Transformationsmanagement. In seinen Seminaren und Keynotes setzt er auf unterhaltsame Weise nachhallende Denkimpulse. eMail: frank@overthefence.com.de Karen Schmidt Karen Schmidt ist Beraterin für modernes Management und Sparringspartnerin für Teams und Führungskräfte. Ihre Schwerpunkte sind Entscheidungsfindung und die Gestaltung komplexer organisationaler Veränderungen. eMail: karen@overthefence.com.de Im Duo sind Karen Schmidt und Frank Habermann Gründer der offenen Innovationsgemeinschaft „Over The Fence“ und Verfasser mehrerer Management-Fachbücher. Ihr jüngstes Buch „Decision Hats- - Field Guide“ liefert einen Praxisleitfaden zur Gestaltung von Entscheidungsprozessen. Web: https: / / overthefence.com.de 33 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0097 Die Steuerung Sozialer Systeme Der Komplexität Herr werden (2) Gunter Maier Schlagwörter | Soziale Systeme; Strategie; Leadership; strategische Prinzipien, Komplexität, Macht, Vertrauen, Wahrheit, Motivation Einleitung In Projektmanagement-Aktuell-- Ausgabe Februar 2019 wurde im Artikel „Der Komplexität Herr werden- - Strategisches Praxiswissen für den Projektmanager“ aufgezeigt, wie Führungskräfte sich das Wissen um die Gesetzmäßigkeiten der sozialen Welt aneignen und die darauf basierenden Strategische Prinzipien in ihr Handlungsrepertoire aufnehmen können, um die Komplexität in ihren Abteilungen und Teams im Griff zu halten. Dieses Praxiswissen erleichtert die Handlungskoordination im organisationalen Alltag, insbesondere auf der bilateralen Ebene. Jedoch werden größere Abteilungen oder gar ganze Organisationen schnell unübersichtlich, was es für den Verantwortlichen unmöglich macht, die direkte Interaktion mit den Mitarbeitern in Gänze zu tätigen. Insbesondere die Soziologie der sechziger und siebziger Jahre, als ein nüchterner Zeitgeist herrschte, beschäftige sich mit den übergreifenden sozio-emotionalen Mechanismen, die zur Steuerung großer Organisationen und ganzer Gesellschaften dienen. Diese Steuerungsmechanismen stehen in Zusammenhang mit den Strategischen Prinzipien; genauer gesagt werden sie über Strategische Prinzipien in Gang gesetzt und wirken anschließend kollektiv. Dies stellt eine enorme Handlungserleichterung für die Führungskraft dar, vorausgesetzt sie versteht die jeweiligen Eigenheiten der großen Mechanismen. Denn Fehler im Umgang damit bewirken schnell das Gegenteil von dem, was man beabsichtigt, und in der Folge entstehen Kollateralschäden des eigenen Führens und damit unnötige Komplexitätserhöhungen. In der modernen Führungskräfteausbildung fehlen diese großen Mechanismen weitestgehend in den Lehrplänen, wodurch in der Praxis Unkenntnis vorherrscht, obwohl jede Führungskraft unweigerlich die Mechanismen betätigt. Es geht um Macht, Vertrauen, Motivation und Wahrheiten. Soziale Systeme und Soziale Komplexität Bevor man sich mit den sozio-emotionalen Mechanismen auseinandersetzt, muss man sich grundlegende Gedanken über den Gegenstand machen, um den es geht- - also die Abteilung, das Team oder die Organisation. Alle sind soziale Systeme, ab einer gewissen Größe kann man sie als komplex bezeichnen. Dann entsteht auch soziale Komplexität, die ab einem gewissen Grad für den Verantwortlichen im Detail nicht mehr überschaubar ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie zugleich nicht beherrschbar ist. Soziale Systeme sind gekennzeichnet durch eine Struktur. Da die vorliegende Betrachtung auf Organisationen gerichtet ist, spricht man von einer Hierarchie, welche durch die entsprechenden Organigramme dargelegt ist. Diese Struktur ist formal vorgegeben, wenngleich sie in der Praxis nicht notwendigerweise in allen Belangen eingehalten wird. Aus der Struktur ergeben sich im ersten Schritt Rollen und Aufgabengebiete. So gibt es formal definierte Rollen wie Abteilungs- oder Bereichsleiter, aber auch Mitarbeiterrollen entsprechend der Qualifikation und des Ausgabengebietes. Aus den Rollen ergeben sich nun Rechte, Pflichten, Befugnisse usw. Darüber hinaus ist in der Regel auch definiert, welche Aufgaben eine Rolle zu bewältigen hat bzw. wie die Rolle im Einklang mit anderen Rollen zu verfahren hat. Hierzu gibt es Verfahrensanweisungen, Verfügungen, Prozessdefinitionen und andere Dokumente. Zusammengefasst dienen sie der Standardisierung und fallen unter die formalen Koordinationsinstrumente [[1], S. 115 ff.]. Wissen | Der Komplexität Herr werden (2) 34 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0097 Die formale Struktur einer Organisation dient der Orientierung aller Beteiligten und ist damit schon eine grundlegende Komplexitätsreduzierung. Man stelle sich nur eine größere Organisation ohne Organigramm vor, das Chaos wäre vorprogrammiert. Die Organisationswissenschaften haben seit ungefähr einem Jahrhundert diese formale Seite der Organisation sprichwörtlich in alle Einzelteile zerlegt und durchstrukturiert. In der Theorie müsste die Organisation daher reibungslos funktionieren. In den meisten Organisationen ist dies aber nicht der Fall, das weiß jeder Praktiker. Da es sich um Menschen handelt, die diese Strukturen ausfüllen, gibt es noch eine andere Seite der Organisation. Sie wird etwa seit den 80er Jahren unter dem Begriff der Organisationskultur thematisiert, aber diese Sichtweise der Kulturforscher ist für den Praktiker zu abstrakt. Neuere Sichtweisen betrachten diese andere Seite (wieder) als die informale Organisation [[2], S. 127 f.] und tasten sich dabei bis auf die Handlungsebenen vor. Darin liegt auch der Vorteil für die Praxis, denn dadurch werden Hebel sichtbar, welche die abstrakte Diskussion über Werte und Leitlinien nicht aufzeigen. Bedingt durch die Informalität der Organisation entsteht eine soziale Komplexität, die man eigentlich nicht bräuchte. Doch Mitarbeiter sind eben Menschen, und diese handeln emotional, zuweilen auch irrational. Sie haben ihre eigenen Bedürfnisse, Ziele und Motive, sie verfolgen Triebe, beispielsweise den nach Macht, sie schmieden Ränke, grenzen andere aus und schwanken in ihren Motivationen. All diese Sachverhalte zwischenmenschlichen Handelns ereignen sich in der Informalität der Organisation und sind die eigentlichen Treiber der sozialen Komplexität. Eine Führungskraft kann sich daher nicht ausschließlich um den formalen Geschäftsablauf kümmern. Im Gegenteil, sie muss Ressourcen zur Verfügung haben, um die Informalität im Griff zu haben bzw. die Mannschaft auf Kurs zu halten. Das Paradox der guten Führung Obwohl die Lehrpläne für Führungskräfte wie erwähnt großen Lücken aufweisen, gibt es in der Praxis Autodidakten, die die Informalität des ihnen unterstellten sozialen Gefüges meistern. Das kann der hemdsärmelige Meister oder die kooperationsorientierte Jungakademikerin sein. Entscheidend ist, ob es passt. Jedes soziale System hat seine Eigenheiten, die sich aus den Charakteren, den Rahmenbedingungen und auch aus der Historie ergeben. Dementsprechend reagieren soziale Systeme auch unterschiedlich auf Interventionen. Die Machtdemonstration in Form einer direkten Weisung kann in der einen Abteilung die Mitarbeiter zur Räson rufen, in einer anderen Abteilung baut sich dagegen Widerstand auf, weil beispielsweise informale Führer oder gar Cliquenstrukturen existieren. Das Wissen um die Eigenheiten des sozialen Systems und das zur Verfügung stehende Handlungsrepertoire der Führungskraft sind daher entscheidend, um soziale Komplexität im Griff zu halten bzw. um die Handlungskoordination sicherzustellen und unnötige Konflikte zu vermeiden. Versierte Führungskräfte kennen die informalen Machtstrukturen und greifen bei Bedarf ein, bevor sie ihnen über den Kopf wachsen. Im besten Fall nehmen sie sogar die Rolle des informalen Führers selbst ein. In japanischen Unternehmen wird dies sogar erwartete [[3], S. 66 ff.]. Japanische Abteilungsleiter besetzen also eine Rolle, die formal nicht definiert ist, die aber bei Unbedarftheit schnell ausgefüllt ist-- durch jemand anderen. Solche Führungskräfte steuern ihre Abteilungen nahezu geräuschlos und Außenstehende registrieren kaum, welche Führungsarbeit dort geleistet wird. Andere Abteilungen (oder Organisationen) hingegen stehen ständig im Fokus, weil es hinten und vorne hakt. Bekannte Indikatoren wie Mitarbeiterfluktuation, Krankenstandsquote oder Konflikthäufigkeit bringen solche Missstände zum Ausdruck. Versierte Führungskräfte rücken selten in den Fokus, ihre gute Arbeit findet kaum die Beachtung, die ihr gebührt-- das ist das Paradox der guten Führung [[4], S. 252 ff.]. Doch die genauere Betrachtung dieser Führungsarbeit ist essenziell, um ein Verständnis für die großen sozio-emotionalen Mechanismen zu entwickeln, die zum einen die Handlungskoordination gewährleisten, zum anderen aber auch die Komplexität eindämmen. Die vier großen Mechanismen Jene versierten Führungskräfte, wenngleich sie in der Regel aufgrund ihres Naturells Präferenzen haben, verstehen es, Macht zu dosieren, Vertrauen zu etablieren, mit Wahrheiten umzugehen und Motivation in Gang zu halten. 1. Macht Die Bedeutung der Macht im Sinne der Koordinierung innerhalb der Organisation hat über die letzten Jahrzehnte an Bedeutung verloren, wenngleich man nicht ohne den Mechanismus auskommt. Die Autokraten unter den Führungskräften sind auf dem Rückzug, nicht zuletzt, weil Macht in der westlichen Gesellschaft eine negative Konnotation hat. Doch Macht ist allgegenwärtig, es gibt auch kein Machtvakuum, denn dort, wo Machtverhältnisse nicht eindeutig definiert sind, bilden sich unweigerlich informale Machtstrukturen, die mitunter in der Tyrannei enden [[5], S. 1 ff.]. Entweder wird Macht formal verliehen oder jemand Unbefugtes eignet sie sich an. Machtverhältnisse müssen daher klug durchdacht, geregelt und verstanden sein. In früheren sozialwissenschaftlichen Betrachtungen (nach Thomas Hobbes) wurde Macht nüchtern als Tauschbeziehung betrachtet [[6], S. 27]. Menschen unterwerfen sich demnach der Macht, gestehen also einem Machthaber Machtbefugnisse zu und erhalten im Gegenzug Sicherheit, Orientierung und Entlastung. Auf den modernen organisationalen Alltag übertragen bedeutet dies, dass Mitarbeiter einen sicheren Arbeitsplatz mit regelmäßigen Lohnzahlungen erhalten und sich nicht mehr um jede Entscheidung selbst kümmern müssen. Der Chef hingegen steuert die Geschicke der Organisation und trifft (ggf. mit einem Führungsteam) weitreichende Entscheidungen, die dem Mitarbeiter nutzen. Doch es gibt auch die informale Seite der Macht, also Rollen bzw. Mitarbeiter in der Organisation, die aufgrund von Machtquellen, wie beispielsweise Wissen, Verfügungsgewalt oder auch persönlichen Eigenschaften, Macht ausüben. In einer milderen Form spricht man von Einfluss, jedoch ist auch dieser interessenbasiert und nicht immer am Organisationszweck ausgerichtet. Diese informalen Machtstrukturen machen dem Vorgesetzten oft zu schaffen, denn sie sind schwer steuerbar, zuweilen werden sie auch nicht erkannt. Das hängt mit den kognitiven Kapazitätsgrenzen der Führungskraft zusammen. Aus diesem Grunde haben Untergebene Wissen | Der Komplexität Herr werden (2) 35 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0097 auch immer einen Anteil an der Macht. Dieses Konzept ist in der Literatur als Unterwachung beschrieben [[7], S. 90]. Im Grunde handelt es sich dabei per se um nichts Negatives, die Führungskraft muss sich aber darüber bewusst sein, wer Einfluss auf sie ausübt und dadurch „mitsteuert“. Der Machtgebrauch will wohldosiert sein, entsprechend dem sozialen Gefüge. Übermäßiger Machtgebrauch oder gar Machtmissbrauch führen zu heftigen Gegenreaktionen. Die Vernachlässigung des Machtgebrauches kann hingegen schnell zu unkontrollierten informalen Nebenstrukturen führen, die dem Verantwortlichen über den Kopf wachsen. 2. Vertrauen Vertrauen ist der zweite Mechanismus, der eine signifikante Komplexitätsreduzierung bewirken kann, vorausgesetzt die Führungskraft versteht den Mechanismus und weiß ihn zu bedienen. Um Vertrauen kann man nicht werben, deshalb macht es auch keinen Sinn in Hochglanz-Unternehmensbroschüren darüber zu sprechen. Im Gegenteil, Vertrauen ist ein zwischenmenschlicher Mechanismus, der zerfällt, wenn er thematisiert wird. Das liegt darin begründet, dass Vertrauensbeziehungen sich ausschließlich im Unbewussten der Beteiligten abspielen. Kommt Vertrauen ins Bewusstsein liegt Zweifel oder Verdacht vor [[8], S. 29]. Vertrauen ist eine Unternehmensressource, die sich der Verantwortliche mühsam erarbeiten muss, denn die Vertrauenserweisung ist immer freiwillig. Auch Vertrauen kann als Tauschbeziehung verstanden werden. Die Vertrauenspartner bauen dabei über einen längeren Zeitraum schrittweise eine Vertrauensbeziehung auf, indem sie eigene Schwächen preisgeben. Nutzt die Gegenseite diese Schwächen nicht zu ihrem Vorteil aus, verstärkt sich das soziale Band. Und genau dieses Nicht-Ausnutzen von Schwächen, obwohl man es könnte, ist der Kern des Mechanismus. Führungskräfte, die langfristige Vertrauensbeziehungen aufbauen möchten, sind daher gut beraten sich von Launenhaftigkeit zu befreien und die Erwartungshaltungen der Mitarbeiter zu berücksichtigen. Konstanz im Handeln und Nachvollziehbarkeit im Entscheiden erwarten diese. Versteht man es den Vertrauensmechanismus zu bedienen, schafft man sich als Führungskraft eine enorme Komplexitätserleichterung. In stabilen Vertrauensbeziehungen wird nicht ständig hinterfragt, es wird nicht intrigiert. Im Gegenteil, es entsteht Verlässlichkeit. In Vertrauen zu investieren ist mühsam, Rückschläge sind dabei einzukalkulieren, denn nicht jede Person ist für den Aufbau einer stabilen Vertrauensbeziehung geeignet. So wird auch eine Führungskraft unterschiedliche Vertrauensgrade zu ihren Mitarbeitern erreichen. Nichtsdestotrotz, wenn es der Organisation durch Handeln und Vorleben gelingt, eine stabile Vertrauenskultur zu etablieren, schafft sie sich eine latente Ressource, auf die sie gerade in Krisenzeiten zurückgreifen kann, nämlich dann, wenn die Komplexität der Organisationsumwelt wirksam wird und alle verfügbaren Ressourcen benötigt werden. 3. Wahrheiten Der Begriff steht im Plural, das mag den Leser auf den ersten Blick verwirren. Doch Menschen bilden sich subjektive Wahrheiten, wenn sie die Realität nicht kennen oder wenn sie aus unterschiedlichen Gründen die objektive Wahrheit nicht annehmen wollen. Unterschiedliche Wahrheiten in einem sozialen System sind ein enormer Komplexitätstreiber und verschlingen wertvolle kognitive Ressourcen. Dazu ein Beispiel aus der Organisation: Viele Unternehmen führen eine jährliche Mitarbeiter-Leistungsbewertung durch. Das System ist im Grunde gut gemeint, Mitarbeiter sollen regelmäßiges Feedback erhalten, sich weiterentwickeln und als Anreiz Lohnzuwächse erhalten. Doch nicht immer erlaubt die wirtschaftliche Situation der Organisation den Bonus, obwohl die Leistungssituation dies verlangt. Manchen Führungskräften graut es daher regelmäßig vor dem Tag der Leistungsbewertung, wenn sie wissen, dass keine Gelder zum Verteilen zur Verfügung stehen. Als Folge werden dann Mitarbeiter schlechter bewertet, um einen Lohnzuwachs zu vermeiden. Das führt zu Vertrauensverlust und vor allem zu Frust. Der Frust führt zum kommunikativen Austausch unter den Mitarbeitern, denn über die empfundene unfaire Behandlung unterhält man sich- - ein ganz normales menschliches Verhalten. Diese Art des Austauschs verschlingt aber Ressourcen, die der Verfolgung des Organisationszwecks nicht mehr zur Verfügung stehen. Aus dem Beispiel lässt sich eine Empfehlung ableiten. Führungskräfte sollen nicht mit den Wahrheiten wechseln, sie sollten vor allem nicht versuchen jemandem eine subjektive Wahrheit aufzudrücken, der die objektive Wahrheit kennt [[9], S. 189]. Was spricht dagegen, die wirtschaftliche Notlage der Organisation zu thematisieren? Zwar wird sich ebenfalls Frust entwickeln, dieser ist aber nicht gegen den Vorgesetzten gerichtet und die Vertrauensbeziehung wird nicht beschädigt. In den letzten Jahren ist es in Mode gekommen, dass Unternehmen mithilfe von Imagebroschüren ihre Fassade aufpolieren. Für die Organisationsumwelt macht dies auch Sinn, denn schließlich steigen die Erwartungen der Gesellschaft an die Organisationen stetig. Themen wie Umweltschutz, Gesundheit oder Partizipation gibt der moderne Zeitgeist dabei vor. Organisationen können sich gar nicht so schnell entwickeln, wie die Umwelt es fordert. Darüber darf man sich keine Illusionen machen. Aus diesem Grund sind Imagebroschüren auch legitim. Sie sind eine Fassade, hinter der man den geforderten Wandel (wenn man ihn denn anstrebt) vollziehen kann. Die Mitarbeiter hinter der Fassade kennen jedoch die Realität und wissen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Auch hier empfiehlt es sich, offen mit den Wahrheiten umzugehen, stabile Vertrauensverhältnisse kommen damit zurecht. 4. Motivation Kaum ein Mechanismus verwirrt Führungskräfte in der Praxis mehr als die Motivation. Während der letzten Jahre wurde er als Wundermittel gepriesen, um die Mitarbeiter in ihren Handlungen zu koordinieren. Doch die Praxis sieht anders aus als gewünscht. Natürlich gibt es viele Mitarbeiter, die intrinsisch motiviert sind und nur ab und zu gelenkt werden müssen. Andere aber schwanken, erliegen einer schleichenden Demotivation oder sind generell nur schwer zu bewegen. Die Modelle der Motivationslehre, beispielsweise die Bedürfnispyramide nach Maslov, haben es nicht geschafft der Führungskraft die notwendigen Werkzeuge für die Handlungsebene an die Hand zu geben. Solche Modelle sind statisch, geben keine Antworten auf situative und intrapersonelle Unterschiede und orientieren sich meist an Bedürfnissen, Motiven oder Trieben. Wissen | Der Komplexität Herr werden (2) 36 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0097 Die Abstraktheit ist bis dato nicht aufgelöst und so steht der Praktiker derweilen ratlos da und grübelt darüber, wie er einen bestimmten Mitarbeiter dazu bewegen kann, seine Aufgaben zu erfüllen. Die neuere Emotionsforschung zeigt einen Ausweg aus dem Dilemma auf. Die Wissenschaft geht dazu über, Motivation und Emotion als eine Einheit zu betrachten [[10], S. 10]. Praktiker können somit viel individueller steuern, denn sie können gezielt, entsprechend dem Naturell des Mitarbeiters Emotionen erzeugen. Schließlich kennen sie die Eigenheiten der Mitglieder in dem ihnen unterstellten sozialen System. Somit kann direkt über Emotionen motiviert werden, beispielsweise über Freude, Neugier und Interesse, aber auch über Schuld und Scham. Man darf sie auch hier keine Illusionen machen, Motivation erfolgt nicht nur über die positiven Emotionen, auch die Vermeidung negativer Emotionen setzt Antriebsmotoren im Mitarbeiter in Gang. Und dies ist auch legitim. Wenn ein Mitarbeiter durch Demotivation seinen Aufgaben nicht nachkommt und die Arbeitslast dadurch auf den Schultern der Kollegen abgeladen wird, kann Scham Abhilfe schaffen (sofern der Emotionsmechanismus bei der betreffenden Person angelegt ist). Der Vorgesetzte thematisiert hierzu die leidende Kollegialität. Motivation wirkt nicht nur bilateral. Kollegialität wurde bereits erwähnt, Konformität ist ein weiterer Untermechanismus. Gelingt es der Führungskraft über das bilaterale Verhältnis hinaus Mitarbeiter motiviert zu halten, betreibt sie soziale Beeinflussung bzw. Aktivierung [[11], S. 801 ff.]. Die Mitglieder im System beeinflussen sich dann gegenseitig im Sinne des Organisationszwecks. Dann muss sich die Führungskraft nicht mehr um jeden Einzelfall kümmern und spart wertvolle kognitive Ressourcen ein- - der Stress sinkt und die eigene (subjektive) Komplexität bleibt handhabbar. Ein ständiger Balanceakt Führungsarbeit wird nie perfekt sein, sie wird auch nie enden. Betrachtet man ein soziales System als Gleichgewichtszustand, man könnte das Bild des Balanceboards verwenden, muss der Verantwortliche ständig eingreifen bzw. regulieren. Das kann ein kontinuierliches Feinregulieren sein, das kann derweilen auch ein harter Eingriff sein. Macht, Vertrauen, Wahrheit und Motivation sind dabei die vier großen Instrumente, die bei ausgewogenem Einsatz die Scheibe in Balance, d. h. das System in funktionstüchtigem Zustand halten, ohne die soziale Komplexität dabei unnötig in die Höhe zu treiben. Taumelnde Scheiben stehen für dysfunktionale Systeme, und dies bedeutet, dass die Mitarbeiter sich um vieles kümmern, nur nicht um den Organisationszweck. Meist sind es Konflikte, die die wertvollen kognitiven Ressourcen der Organisation verschlingen. Zu beachten ist dabei, dass alle vier Mechanismen bedient werden müssen, nur so kann die Balance gehalten werden. Führungskräfte, die primär auf Macht setzen, müssen damit rechnen, dass sie Vertrauen und Motivation in ihrem sozialen System unterdrücken. Führungskräfte, die Macht ablehnen, laufen Gefahr, sich eine informale Gegenmacht aufzubauen, dann tanzen ihr irgendwann die Mitarbeiter auf der Nase herum. Hieraus leitet sich auch der Kompetenzbedarf ab. Führungskräfte sollten alle vier Mechanismen beherrschen und auch verstehen, wie die vier miteinander in Beziehung stehen. Nur der ausgewogene Einsatz schafft letztendlich ein ausbalanciertes System, dass seine Ressourcen der Organisation zuwendet und sich nicht mit sich selbst beschäftigt. In Gang setzen der Mechanismen Wie werden nun die großen sozio-emotionalen Mechanismen in Gang gesetzt bzw. gehalten? Dazu muss man eine Stufe tiefer auf die Handlungsebene gehen. Die Mechanismen werden über die Strategischen Prinzipien bedient, die die klassische Strategielehre bereithält. Dazu ein prägnantes Beispiel, das jede Organisation betrifft: Das Prinzip Respekt der Regeln steht sehr eng mit dem Vertrauensmechanismus in Verbindung. Führungsverantwortliche sollten es danach vermeiden, die Regeln, die innerhalb eines Systems für alle Mitglieder gelten, zu brechen, denn sie haben Vorbildfunktion. Nichts zerstört Vertrauen mehr als eine Führungskraft, die Forderungen an Mitarbeiter stellt, diese aber selbst nicht erfüllt. Dann entsteht Doppelmoral. Ein konkreter Fall sind steigende Managergehälter in Krisenzeiten, während von den Mitarbeitern Lohnverzicht gefordert wird. Ein Strategisches Prinzip, das vornehmlich den Motivationsmechanismus in Gang setzt, ist Leistung durch Not. Um beim Krisenfall zu bleiben-- wenn die Organisation real in ihrer Existenz bedroht ist, empfiehlt es sich diesen Druck an die Mitarbeiter weiterzureichen. Dadurch entstehen die Emotionen Angst und Sorge, welche informale Leistungspotentiale [[12], S. 307 ff.] freisetzen können, die der Organisation aus der Krise helfen. Es ist wichtig, dass dieses Prinzip tatsächlich nur im realen Krisenfall zur Anwendung kommt, denn wenn man das Prinzip ständig einsetzt und damit die Mitarbeiter in einer permanenten Angst hält, kippt irgendwann auch das System. Ein letztes Beispiel zum Krisenfall: Organisationen stehen zuweilen in der Gefahr, Leistungsträger in der Krise zu verlieren, da sie sich möglicherweise wegbewerben. Für die Organisation ist dies fatal, denn der Weggang verschärft die Situation weiter. In solchen Fällen kann das Prinzip Intransparenz helfen. Es setzt den Wahrheitenmechanismus in Gang, genauer gesagt, es verschweigt Teile der harten Realität und erzeugt eine subjektive Wahrheit beim Gegenüber. Der Einsatz dieses Prinzips funktioniert auch nicht zeitlich unbegrenzt, es kann aber dem Management wertvolle Zeit verschaffen, um im Hintergrund Missstände beheben zu können, ohne dass das soziale System in Aufregung gerät und sich selbst lähmt. Ein letztes Beispiel soll die Motivation und zugleich das Vertrauen betrachten. Setzt man Vertrauen in gewisse Mitarbeiter und fördert sie zudem, entstehen logischerweise auch Erwartungshaltungen an sie. Man sollte sich mit dem jeweiligen Charakter gut auseinandersetzen, denn man steuert in diesem Fall über die Emotion Schuld. Diesen Mechanismus sollte man auf keinen Fall überdehnen, denn Menschen reagieren unterschiedlich darauf. Der eine empfindet eine Verpflichtung, der andere fühlt sich ausgenutzt, ein dritter fühlt sich irgendwann überlastet, wenn der Vorgesetzte die Grenzen der Forderungen nicht erkennt. Aus der Pflicht entlassen ist ein Strategisches Prinzip der Prävention. Danach entlässt der Vorgesetzte den Mitarbeiter aus der Schuld und erhält sich damit Vertrauen und Motivation. Beides würde nämlich beschädigt werden, wenn er kontinuierlich über Schuld weitersteuern würde. Wissen | Der Komplexität Herr werden (2) 37 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0097 Die zentrale Fragestellung Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen lässt sich nun erklären, wie eine Organisationsleitung große, komplexe soziale Systeme steuern kann, ohne mit jedem Individuum in direktem Kontakt zu stehen, also wenn die Grenzen der bilateralen Interaktion überschritten sind. Die vier großen Mechanismen werden durch das Verhalten des Managements, genauer gesagt durch kluge Anwendung von Strategischen Prinzipien in Gang gesetzt und gehalten. Durch die vielfältigen Interaktionen der Mitglieder des Systems breiten sie sich im sozialen Gefüge aus und wirken. Schafft es die Organisationsleitung, eine förderliche Organisationskultur aufzubauen und zu unterhalten, reduziert sie damit unnötige soziale Komplexität. Sie wirkt damit auch präventiv und baut sich ein stabiles soziales Gefüge auf, das gerade in Krisenzeiten vonnöten ist. Dann nämlich, wenn die formale Struktur der Organisation ausgereizt ist, kann auf die bereits erwähnten informalen Leistungspotentiale zurückgegriffen werden, die in erhöhter Leistungsbereitschaft, Kollegialität und Kooperationsbereitschaft zum Vorschein kommen. Hat eine Organisationsleitung hingegen die ausgewogene Balance nicht gefunden, bleiben ihr die informalen Leistungspotentiale verschlossen. Dann kommen in Machtkulturen Widerstand und Misstrauen auf, in anarchischen Kulturen (Machtvakuum) stellt sich Orientierungslosigkeit ein und in motivationsdominierten Kulturen entsteht Demotivation, da eine notwendige Frustrationstoleranz nicht aufgebaut wurde. Es erklärt sich auch von selbst, dass Hochglanz-Unternehmensbroschüren keine stabile Organisationskultur schaffen können. Das geschriebene Wort, auch wenn die Stilistik noch so ausgefeilt ist, kann dem konsequenten Vorleben der Leitung nicht das Wasser reichen. Organisationskulturen werden von innen heraus geschaffen, über unzählige tagtägliche Interaktionen. Die Verarbeitung erfolgt dabei über die unbewussten Ebenen der Organisationsmitglieder. Die bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema führt zu Zweifel, und so gilt auch hier der Grundsatz: Je mehr drüber geredet wird, desto weniger ist es vorhanden. Über stabile soziale Strukturen redet man nicht, man registriert sie und fördert sie durch vorbildliches Handeln. Dies ist die ureigene Aufgabe der Führungskraft bzw. des gesamten Managements- - die Erzeugung eines stabilen sozialen Systems und damit verbunden die Vermeidung unnötiger sozialer Komplexität. Diese Aufgabe kann auch nicht delegiert werden, schon gar nicht an Externe. Führungskräfte sollen Konflikte vermeiden und nicht selbst welche produzieren. Kollateralschäden des Führens sind nicht selten, sie entstehen immer dann, wenn man die Balance aus dem Auge verliert und sich (nur) auf einen der vier Mechanismen konzentriert. Stabile soziale Systeme sind daher das Ergebnis kluger Führungsarbeit. Und leider wird diese Führungsleistung selten erkannt, denn sie geht geräuschlos vonstatten und erfährt dadurch kaum Aufmerksamkeit. Literatur [1] Vahs Dietmar; 2003; Organisation; 4. Auflage; Schäffer Poeschel Verlag Stuttgart [2] Kühl Stefan; 2011; Organisationen; VS Verlag für Sozialwissenschaften Wiesebaden [3] Schneidewind Dieter; 1991; Das japanische Unternehmen; Springer Verlag Berlin [4] Maier Gunter; 2022; Die Unsichtbare Handschrift der Strategie; BOD Norderstedt [5] Freeman Jo; 1972; The Tyranny of Structurelessness; jofreemann.com [6] Anter Andreas; 2020; Theorien der Macht; 5. Auflage; Junius Verlag Hamburg [7] Luhmann Niklas; 2016; Der neue Chef; 2. Auflage; Suhrkamp Frankfurt am Main [8] vgl. Luhmann Niklas; 2014; Vertrauen; 5. Auflage; UVK Verlag München [9] Maier Gunter; 2022; Die Unsichtbare Handschrift der Strategie; BOD Norderstedt [10] Rudolph Udo; 2003; Motivationspsychologie; Beltz Verlag Weinheim [11] Grabowski Joachim (Hrsg.); 2007; Atkinsons und Hilgards Einführung in die Psychologie; 14. Auflage; Springer Verlag Berlin [12] Luhmann Niklas (1); 1964; Funktionen und Folgen formaler Organisation; Duncker & Humbold Berlin Eingangsabbildung: © iStock.com / dem10 Gunter Maier Gunter Maier, Betriebswirt, Sozialwissenschaftler und Senior Projektmanager, war lange Jahre Leiter der Aus- und Weiterbildung in einem internationalen Konzern. Heute forscht er freiberuflich im Bereich der informellen Bildung, im Besonderen zu Leadership Development. Drei anerkannte Lehrbücher hat er bereits veröffentlicht. Die „Unsichtbare Handschrift der Strategie- - Die Steuerung komplexer sozialer Systeme“ ist kürzlich erschienen. Zudem veröffentlichte er einen dystopischen Strategieroman. eMail: strategische-prinzipien@mail.de Xing: xing.to / GunterMaier 38 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0098 Digitales Projektmanagement-- Future Now Andreas Stumpp, Marvin Müllner, Melanie Lenz Für eilige Leser | Der steigende Trend hin zu hybriden Arbeitsmodellen stellt Unternehmen insbesondere im Hinblick auf das Projektmanagement vermehrt vor die Herausforderung, Projekte standort- und plattformunabhängig effektiv und standardisiert durchzuführen. Hierbei spielen unter anderem die Durchsetzung von Qualitätsstandards, Skalierbarkeit und frühzeitige Risikoerkennung, aber gleichzeitig auch die Individualisierung von Vorgehen auf Unternehmensprozesse zur Effizienzsteigerung eine wichtige Rolle. Die Bereitstellung eines digitalen, integrativen Toolsets in Form einer holistischen Projektmanagementsuite bietet Vorteile für Projektleiter, Management und Kunden. Schlagwörter | Digitales Projektmanagement, hybrides Arbeiten, Tools, Predictive Project Management Future Now-- ein Überblick Die pandemiebedingte Katalysierung des hybriden Arbeitsmodells bringt eine Vielzahl an Veränderungen mit sich, auf welche auch das Projektmanagement adäquat reagieren und derentwegen es sich weiterentwickeln muss. Beispielsweise zeigt eine aktuelle Studie, dass ortsunabhängige digitale Arbeit von zunehmend essenzieller Bedeutung ist. Die Befragten nannten unter anderem Cafés, Strand, Hängematte und Zug als Wunscharbeitsplätze [1]. Diese Tatsache verändert fundamental die Zusammenarbeit in digitaler Form sowie die Notwendigkeit von Unternehmen, einen digitalen, rollenspezifischen Workplace zu schaffen. Die Unterstützung der Projektleiter durch digitale Prozesse und Tools wird zum Schlüsselfaktor für erfolgreiches Projektmanagement in der Zukunft. Als Technologie- und Businesspartner digitalisiert MHP die Prozesse und Produkte seiner Kunden und begleitet sie bei ihren IT-Transformationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Als Digitalisierungspionier in den Sektoren Mobility und Manufacturing überträgt MHP seine Expertise in unterschiedlichste Branchen. MHP berät sowohl operativ als auch strategisch und liefert ausgewiesene IT- und Technologie-Expertise sowie spezifisches Branchen-Know-how. Das digitale Projektmanagement wird bei der MHP Management- und IT-Beratung GmbH durch eine holistische Projektmanagementsuite, „PIT- - Project Integration Tool“, abgebildet. Dadurch wird es den Projektleitern ermöglicht, den gesamten Lebenszyklus eines Projekts von der Initiierung bis zum Projektabschluss in einem einzigen digitalen Tool durchzuführen. Die Lösung basiert auf der Microsoft Power Platform und ist individuell auf die Bedürfnisse MHPs und der Projektleiter angepasst. Neben der Verbindung in das SAP Business Warehouse zur Einsicht der Finanz-KPIs gibt es einen Projektplaner mit integrierter Earned Value Analysis. Auch die Projektmanagementdisziplinen Stakeholder- und Risikomanagement werden in PIT abgebildet. Zusätzlich gibt es noch diverse andere Module, in welchen bspw. Change Requests oder Teammitglieder und -rollen festgehalten werden können. Für die Entwicklung und Integration der Suite stand besonders der nutzerzentrierte Ansatz im Vordergrund. Key-User wurden bereits frühzeitig in das Projekt involviert, wodurch die Nutzerakzeptanz im gesamten Changeprozess gesichert und Veränderungen agil eingebracht werden konnten. Nach dem Go-live der State of the Art Projektmanagementsuite im zweiten Halbjahr 2021 wird sie in einem DevOps-Ansatz kontinuierlich verbessert und unter Berücksichtigung neuer Trends weiterentwickelt. So wird aktuell eine künstliche Intelligenz integriert, die- - basierend auf den gesammelten Projektdaten-- Vorhersagen zum Projektstatus für die Zukunft treffen kann. Wissen | Digitales Projektmanagement-- Future Now 39 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0098 Der Push durch ein hybrides Arbeitsmodell Unter hybridem Arbeiten wird vor allem die Mischung aus standortunabhängigem Arbeiten und der Arbeit vor Ort im Büro oder beim Kunden verstanden. Dieses Arbeitsmodell fördert nicht nur die örtliche und zeitliche Flexibilität von Unternehmen und deren Mitarbeiter, sondern bedingt auch den Einsatz von digitalen Kommunikations- und Kollaborationskanälen und -tools. Für viele Beratungsunternehmen ist hybrides Arbeiten bereits ein häufiger Bestandteil im täglichen Business. Kundenstandorte sind deutschlandweit oder auch international verteilt und auch wenn eine hohe Reisetätigkeit den Berateralltag schon immer geprägt hat, kommt es vor, dass Projekte im Rahmen der Zusammenarbeit von unterschiedlichen Standorten durchgeführt werden. Vorteile hierbei sind, dass die angebotene Expertise nicht standortgebunden sein muss, Mitarbeiter flexibel sind und Projekteinsätze individuell je nach Projektphase gestaltet werden können-- je nachdem, ob die Arbeit vor Ort überhaupt notwendig ist. Darüber hinaus ermöglicht ein hybrides Arbeitsmodell auch die Zusammenarbeit über räumliche und zeitliche Grenzen hinweg, beispielsweise mit Tochtergesellschaften oder Subdienstleistern im Ausland. Bedingt durch die Coronapandemie sind hybride Arbeitsmodelle in der modernen Arbeitswelt insbesondere in Beratungsunternehmen State of the Art, gesellschaftlich akzeptiert und werden vermehrt sowohl von Mitarbeitern als auch auf Kundenseite gefordert. Die Digitalisierung des Arbeitsalltags hat damit einen enormen Push erhalten. Zwar entwickeln sich Arbeitsmodelle mit den Lockerungen der Pandemiemaßnahmen wieder mehr hin zu standortgebundenen Aktivitäten, dennoch werden diese Einsätze im Rahmen des hybriden Arbeitens zielgerichteter organisiert und durchgeführt. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor in diesem Zusammenhang ist die Nutzung von systemgestützten Kollaborationstools. Insbesondere mit Blick auf das Projektmanagement in verteilten Teams (vor Ort oder remote) stehen Unternehmen vermehrt vor der Herausforderung, Projekte standort- und plattformunabhängig effektiv und standardisiert durchzuführen. Digitales toolgestütztes Projektmanagement Das digitale, toolgestützte Projektmanagement ist seit der Einführung grundlegender Methoden im Projektmanagement- - etwa der Work Breakdown Structure, Earned Value Management, CPM etc.- - sowie der voranschreitenden Digitalisierung ein essenzieller Erfolgsfaktor eines jeden Projekts [2].Durch technische Unterstützung werden menschliche Fehler minimiert und Standards projektübergreifend etabliert. Diese Standards werden in den einzelnen Softwarelösungen allerdings generalisiert bzw. an gängigen Richtlinien entwickelt. Dadurch erhalten die Projektleiter mit einer Projektmanagementsoftware ein valides Toolset, wobei dieses jedoch selten bis gar nicht auf Branchen, ferner Unternehmensspezifika, angepasst ist. Die Projektleiter selbst schätzen, dass die eingesetzte Software einen Anteil von ~20 % an der Projektperformance hat [2]. Dies stellt die Wichtigkeit dieser Softwares heraus. Weitere Verbesserungen auf die Projektperformance lassen sich sowohl mit der Implementierung von weiteren Projektmanagementstandards als auch branchenbzw. kundenspezifischen Standards realisieren. Die resultierenden Herausforderungen Die Katalysierung der Arbeitsweisen und -methoden bedingt auch ein Umdenken beim toolgestützten Projektmanagement. Bisher verwendete Tools können nur bedingt den gesamten Lebenszyklus des Projektmanagements abdecken und die neuen Bedürfnisse befriedigen. Dezentrale und individuelle Excel-Insellösungen oder Projektplanungstools (MS Project, Open Project etc.) decken nur Teile des Projektmanagementprozesses digital ab. Eine weitere Herausforderung für viele Unternehmen ist die bereits bestehende Diskrepanz zwischen Individualisierung und Generalisierung der eingesetzten Lösungen. Häufig bieten bereits genutzte Projektplanungstools nur wenige Möglichkeiten, das Projektmanagement unternehmensspezifisch anzupassen. Dies erschwert die Effizienzsteigerung und Skalierbarkeit durch Individualisierung sehr stark. Diese Herausforderungen belasten die Projektleiter zusätzlich zu ihrer eigentlichen PL-Tätigkeit im Projekt; das Toolset wird als notwendiges Übel wahrgenommen. Um das Projektmanagement weiterhin attraktiv, nachhaltig und holistisch zu gestalten, hat sich MHP dazu entschieden, eine On Cloud-basierte State-of-the-Art-Projektmanagementsuite zu entwickeln. Diese strategische Maßnahme bietet allen Beteiligten im Projekt-- Projektleitern, Management und Kunden-- Abbildung 1: PIT-- Toolbasierte, integrierte Projektmanagementsuite Wissen | Digitales Projektmanagement-- Future Now 40 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0098 eine Vielzahl an Vorteilen und versucht, die oben gesammelten Herausforderungen zu lösen. Projektmanagementsuite „PIT“ Mit der Einführung einer ganzheitlichen Projektmanagementsuite werden die beschriebenen Herausforderungen adressiert. Treiber zur eigenen Entwicklung dieser Suite ist-- neben dem veränderten Arbeitsmodell und dem digitalen, kollaborativen Fokus- - die Integration unternehmens-/ kundenspezifischer Prozesse und Anforderungen. Durch die eingeführte Lösung erhalten alle Projektbeteiligten einen systemisch sichergestellten, projektübergreifenden Qualitätsstandard, welcher durch die Echtzeitdatenversorgung und iterativen Updatezyklen in der Projektmanagementsuite garantiert wird. So können organisationsweite Verbesserungen direkt allen Projektleitern zugänglich gemacht werden und, über spezifische Templates in der Suite, die Kundenbedürfnisse erfüllt werden. Zusätzlich haben die Projektleiter mehr Kapazität zur Führung der Projekte, da die individuellen Projektrüstzeiten durch die Projektmanagementsuite massiv verkürzt werden. Die Projektleiter erhalten einen digitalen Zwilling ihres Projekts, der den gesamten Projektlebenszyklus abdeckt. Von der Initialisierung des Projekts, über die Planung, hin zur Durchführung bis zum Abschluss ist jede Phase abgebildet. Neben den klassischen PM-Disziplinen wie Risk-/ Quality-/ Scopemanagement bietet das Tool auch ein detailliertes Controlling mit Live-Finanzkennzahlen inklusive einer integrierten Möglichkeit des Earned Value Managements. Der Self-Service-Gedanke steht bei der Einführung von digitalen, toolgestützten Projektmanagementlösungen aktuell sehr stark im Vordergrund und wird von den Nutzern gefordert. Für die Organisation bietet sich der Vorteil Informationen zentral an einem Single Point of Truth zu sammeln. Dadurch können unternehmensweite inhaltliche Projektüberschneidungen konsolidiert und Synergien herausgearbeitet werden. Die gesammelten Informationen zu jedem Projekt werden darüber hinaus allen relevanten Entscheidern zur Verfügung gestellt und geben einen inhaltlichen Echtzeiteinblick in das Projektportfolio. Zur Fokussierung in diesem Portfolio dient ein Reportingmechanismus, wodurch aktuelle Projektsituationen transparent gemacht werden und jederzeit einsehbar sind. Die so ermöglichte frühzeitige Erkennung von potenziell risikoreichen Projekten unterstützt ein zeitnahes Gegensteuern. Um solche risikoreichen Projekte zu verhindern, bietet das Tool eine initiale Absicherung der systemisch verankerten Prozess- und Qualitätsstandards, welche für alle Projekte gelten. Dadurch wird die Etablierung einer unternehmensweiten Corporate Projektmanagement-Identity ermöglicht. Changemanagement is Key Bei der Einführung einer digitalisierten toolgestützten Projektmanagement-Lösung in Unternehmen ist das Changemanagement zentraler Erfolgsfaktor. Auch im Fall des MHP-internen Umsetzungsprojekts kann dies bestätigt werden. Zu Beginn des Projekts sollte immer der klare Nutzerfokus im Vordergrund stehen. Bereits in der Ideen- und Planungsphase ist es wichtig, die Stakeholder und späteren Nutzer zu identifizieren, zu analysieren und deren Bedürfnisse zu kennen. Die relevanten Stakeholder wurden von Beginn an in das Projekt und in die Definition von User Stories (Anforderungsaufnahme) involviert. So können Bedürfnisse und Herausforderungen der späteren Nutzer- - Projektleiter- - bestmöglich verstanden und dadurch die Individualisierung der Software vorgenommen werden. Bestätigt durch die Erfahrung von MHP hat sich die Durchführung eines solchen Projekts durch agile Methoden als Best Practise etabliert. Durch agile Projektvorgehensweisen gibt es für Key User immer wieder die Möglichkeit, Funktionen zu priorisieren und die entwickelten MVPs (Minimum viable Products) oder Inkremente zu testen. Zeitgleich können die Key User als Multiplikatoren bereits während der Entwicklungsphase das Changemanagement unterstützen; bspw. durch quartalsweise stattfindende Kommunikationssessions in verschiedenen Fachbereichen. So werden frühzeitig alle Projektleiter für die neue Lösung sensibilisiert. Abbildung 2: Key User als Anforderungsgeber und Multiplikatoren Wissen | Digitales Projektmanagement-- Future Now 41 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0098 Daneben bietet es sich an, derartige fundamentale Neuerungen im digitalen Arbeiten zentral auf Unternehmensebene zu kommunizieren und den Mehrwert für die Nutzer in den Fokus zu stellen. Hierfür können Unternehmensnewsletter oder Videobotschaften verwendet werden. Bewusstsein und Aufmerksamkeit für ein Thema zu schaffen ist nur der erste Schritt. Viel wichtiger und die eigentliche Herausforderung ist es, Akzeptanz und Routine bei den Nutzern, aber auch Kenntnis und Unterstützung des Managements herzustellen. Mit Abschluss der Entwicklungsphase ist es hilfreich einen klaren Kommunikationsplan aufzustellen, um sicherzustellen, dass alle Stakeholder zum richtigen Zeitpunkt über die passende Kommunikationsmaßnahme und im richtigen Umfang abgeholt werden. Hauptbestandteil der Kommunikation können insbesondere Informationssessions für alle Projektleiter vor dem Go-live sein, um im direkten Kontakt Fragen klären zu können und Transparenz zu schaffen. Weiterhin kann die Bereitstellung von Info- und Trainingsmaterialien die Erstellung eines Webbased Trainings für die wichtigsten Funktionen der neuen Software und die Nutzung unternehmensweiter Kanäle wie beispielsweise eine Managementankündigung via Video und regelmäßige Postings im Intranet Teil der Kommunikationsstrategie darstellen. Mit dem Go-live sollten klare Ansprechpartner kommuniziert werden, die bei Problemen kontaktiert werden können. Im Falle von MHP stellen den Schlüssel für die erfolgreiche Einführung von PIT und die Veränderung vor allem die Key User und deren Rolle als Multiplikatoren dar. Darüber hinaus konnten in einer „Share what works-Session“ zu PIT die Projektleiter ihre ersten Erfahrungen in der Projektmanagementsuite mit der gesamten MHP PM-Community teilen, und wertvolle Tipps geben sowie den Mehrwert, den die Kollegen persönlich für sich sehen, mitteilen. Dies schafft einen persönlichen Bezug und fördert den gegenseitigen Austausch. Zusätzliches, regelmäßiges Feedback durch die Key User als auch aus der PM Community heraus (bspw. halbjährlich oder nach neuen Releases) helfen, PIT weiter zu optimieren und neue Funktionen zu integrieren. Zukünftige Entwicklungen Wie sieht die Zukunft des digitalen Projektmanagements aus? Welche Trends werden die Treiber des toolgestützten Projektmanagements? „Data is the new Oil”-- dieser stark durch die Tech-Branche geprägte Terminus wird auch für das Projektmanagement unersetzlich. Ganzheitlich integrierte Softwarelösungen bilden hierzu nur den Anfang, um Daten in einheitlicher Form zu erfassen. Die korrekte Verwendung / Interpretation dieser Daten schafft einen noch nicht existenten Mehrwert in der Branche. Eine rising Technology, die hier den nächsten Schritt ermöglicht, ist die künstliche Intelligenz. Durch sie wird es bspw. möglich, auf Basis aktueller Risikosituationen zukünftige Projektsituation vorherzusagen. Das Predictive Project Management steckt hierbei noch in den Kinderschuhen, wird aber die Zukunft des digitalen Projektmanagements entscheidend prägen und zum Gamechanger avancieren. Ein weiterer Trend ist die starke Individualisierung des Projektmanagements sowohl als unique selling point (USP) zur Abgrenzung im Markt als auch zur Effizienzsteigerung im Projekt. Die digitale Teilhabe und Kollaboration aller Stakeholder eines Projekts anhand dessen digitalen Zwillings wird Alltag. Das ermöglicht es unter anderem auch dem Kunden, an der Projektmanagement-Experience teilzuhaben. Gerade in der Beratungsbranche ist das ein entscheidendes Differenzierungsmerkmal. Literatur [1] Taapken, Nelson / Heinen, Markus: https: / / www. ey.com / de_de / workforce / arbeiten-nach-corona-neuebeduerfnisse-ernst-nehmen, Stand: 28. 07. 2022. [2] Saeed Bani Ali, Abdullah / Anbari, Frank T. / Money, William H.: Impact of Organizational and Project Factors on Acceptance and Usage of Project Management Software and Perceived Project Success. In: Project Management Journal, June 2008. Eingangsabbildung: Gorodenkoff/ Shutterstock.com Andreas Stumpp Andreas Stumpp ist Projektleiter für das Projekt PIT. Als visionärer Vordenker treibt er das digitale Projektmanagement bei MHP. Hierbei setzt er auf neue Technologien, innovative Prozesse und behält dabei immer das große Ganze und den Mehrwert für alle Beteiligten im Blick. Marvin Müllner Marvin Müllner ist Scrum Master des Projekts PIT. Seit Anfang an ist er bei der Entwicklung, Einführung und Weiterentwicklung der Projektmanagement Suite dabei. Als Experte für Data Analytics macht er die Welt der Daten verständlich und fundiert neue Ideen mit Fakten. Melanie Lenz Melanie Lenz ist verantwortlich für die Kommunikation und Kollaboration innerhalb der Projektmanagement Community bei MHP. Als kreative Wegbereiterin gestaltet sie den gemeinsamen Austausch von Best Practices und ist immer auf der Suche nach neuen Impulsen für ein effizientes und nachhaltiges Projektmanagement. 42 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0099 Agile Methoden in komplexen Großprojekten Volker Engelke, Katharina Marie Lennartz, Ulrich von Knobloch, Matthias-Marcus Wanner Für eilige Leser | Große Investitionsprojekte unterliegen trotz oder gerade wegen langer Laufzeiten dynamischen Veränderungen. In Anlehnung an die Entwicklung im Software (SW)-Bereich kommen zunehmend agile Methoden zum Einsatz. Auch aufgrund der oft vertraglich fixierten Ziele kann bei Großprojekten auf klassische Methoden in der Regel nicht verzichtet werden. Agile Methoden bieten allerdings einen erweiterten Managementansatz, um das Management fit zu machen für die Abwicklung von Großprojekten in immer komplexeren und volatileren Umwelten. Die Etablierung eines agilen Mindsets ist hierfür unabdingbar. Dies hat allerdings erhebliche Auswirkungen auf den Führungsstil und das Projektcontrolling. Schlagwörter | Agile Management, Building Information Modeling, Leadership, Agile Mindset, klassisches Projektmanagement, hybride Methoden, Digitalisierung, parametrisches Engineering 1. Einleitung / Motivation Agile Management ist im Softwarebereich nicht mehr wegzudenken. Konsistente Abwicklungsmodelle auch für große, komplexe Softwarevorhaben liegen vor, sorgen für eine schnellere und oft auch kostengünstigere Abwicklung dieser Vorhaben. Die Digitalisierung ‚entmaterialisiert‘ aber auch klassische Hardwareprojekte und dies gleich in doppelter Hinsicht: • Der Softwareanteil nimmt zu und bestimmt zunehmend die Produkteigenschaften. • Die Abwicklung selbst wird intensiv durch komplexe Software-Systeme unterstützt. Eine Entwicklung, die in Zeiten der Corona-Pandemie dazu führt, dass selbst Projekte mit einem Milliardenbudget aus dem Homeoffice heraus abgewickelt werden. Auch Investitionsprojekte unterliegen einer immer stärkeren Änderungsdynamik. Zwar ist eine Veränderung der Projektziele nicht in dem Maße möglich wie in der Softwareentwicklung, dennoch steigen die Ansprüche an die Projektabwicklung. In Zeiten der Globalisierung, Digitalisierung und Automatisierung werden Projekte und das Umfeld komplexer und volatiler. Da liegt es nahe, das ursprünglich im Softwarebereich entwickelte Agile Management auch auf diese Bereiche zu übertragen. Im Rahmen dieses Artikels werden die Möglichkeiten und Grenzen dieser Adaption und der Kombination agiler und klassischer Methoden zur Abwicklung komplexer, großer Investitionsvorhaben hinterfragt. 2. Auswirkungen des parametrischen Engineerings Besonders die Baubranche, welche traditionell von stark hierarchischen Strukturen geprägt ist, befindet sich aktuell im Umbruch. Die Digitalisierung, welche insbesondere durch die zunehmende Einführung von Building Information Modeling (BIM) eingeläutet wurde, erfordert ein parametrisches Engineering mit weitgehenden Änderungen der technischen Abwicklung, der erforderlichen Kompetenzen der Beteiligten, der Planungsprozesse und damit neuer Denkweisen und Methoden. BIM stellt eine kooperative Arbeitsmethodik dar, die die Inhalte der klassischen Leistungsphasen ändert. Das parametrische Engineering erfordert eine frühzeitige Konkretisierung Wissen | Agile Methoden in komplexen Großprojekten 43 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0099 und verlagert somit Inhalte der späten Leistungsphasen, wie sie in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) definiert sind, in frühere. Die notwendige, kooperative Arbeitsmethodik und die Verwendung eines parametrischen Modells führt in Konsequenz zu einem Paradigmenwechsel in der Bauwirtschaft, der nicht ohne Konsequenz auf die HOAI und die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) bleiben kann. Dieser Entwicklung trägt auch der Stufenplan des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMVI) Rechnung. Die höhere Planungsqualität in den frühen Projektphasen soll zur Erhöhung der Kostensicherheit sowie der Qualitäts- und Termintreue führen. In letzter Konsequenz führt dieser Lösungsansatz zu einem „digitalen Zwilling“, wodurch erhöhte Planungsqualität und -sicherheit zu Vorteilen über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes werden [1]. Um dieses Ziel erfolgreich umzusetzen, entstehen neue Herausforderungen im • soziotechnischen Umfeld durch ein komplexes Änderungsmanagement, • Projektmanagementumfeld durch veränderte Projektabläufe und einen wesentlich höheren Aufwand von Moderations- und Koordinationsleistungen. Hinzu kommt das Leistungsbild 7-- „BIM Management“ [2], • Umfeld der Nutzung neuer Systeme und dem damit einhergehenden Verlust von Erfahrung in der Gestaltung eines Objektes. Das parametrische Engineerung führt zu einer Verdichtung des Planungsprozesses und einer verbesserten Integration der am Planungsprozess Beteiligten. Schnelle Kommunikation und eine gute, kooperative Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen hinweg werden zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren. Eine Entwicklung, die auch in anderen Branchen greift. 3. Lean Construction, digitale Tools und agile Methoden Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, kommen im Rahmen von Bauprojekten zunehmend Methoden aus dem Lean Construction zur Anwendung. Darunter wird die Übertragung der Lean Prinzipien aus der Automobilbranche verstanden, welche ursprünglich auf dem Toyota Production System (TPS) basieren. Insbesondere in der Bauausführungsphase werden mit Methoden wie der Taktsteuerung und dem Last Planner System (LPS) positive Erfahrungen gesammelt. Auf diese Weise wird die Verbindlichkeit und das Commitment von terminlichen Zusagen signifikant gesteigert und somit die Verzahnung der Arbeiten unterschiedlicher Gewerke optimiert [3]. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung der Prozesse sowie der Einführung der dreidimensionalen, parametrischen Modellierung unter dem Begriff des BIM können durch die Einführung agiler Methoden-- insbesondere in der Planungsphase von Bauprojekten-- gewinnbringende Synergieeffekte entstehen [5]. Die durch die HOAI vorgegebenen Grenzen der nacheinander abzuarbeitenden Leistungsphasen verschwimmen zunehmend, die lineare Vorgehensweise nach dem zugrunde liegenden Wasserfallmodell ist kritisch zu hinterfragen. Darüber hinaus kommt das Arbeiten mit sogenannten Use Cases oder Anwendungsfällen, welches im BIM Planungsprozess verankert ist, dem agilen Arbeiten mithilfe von User Stories entgegen. Ein Vorgehen in Anlehnung an die aus der Softwareentwicklung bekannte Scrum-Methodik kann Planungsteams dabei unterstützen, im Projektverlauf mit Änderungen umzugehen. Um wendige Teams, schnelle Entscheidungen und einen dynamischen Umgang mit Änderungen voranzutreiben und zugleich den Ansprüchen und Bedürfnissen von Stakeholdern wie Investoren, Banken, Behörden und Lenkungskreisen zu genügen, können die Vorteile beider Managementwelten miteinander vereint werden. Die klassischen Managementmethoden können dabei durch agile Elemente angereichert und ergänzt werden. Hybride Managementmodelle können somit eine angemessene Antwort auf die gestiegene Komplexität in Großprojekten darstellen [6]. Die zeitlichen Zusammenhänge über einen Projektstrukturplan und ein Gantt-Chart transparent zu machen, schließt es bspw. nicht aus, das Rollenverständnis, die dezentralisierten Verantwortlichkeiten und das Backlog-Prinzip gemäß der Scrum-Methodik abzubilden. Um den besonderen Rahmenbedingungen in Bauprojekten gerecht zu werden, sind agile Techniken jedoch gezielt auszuwählen und bei Bedarf branchensowie projektspezifisch anzupassen, um einen harmonischen hybriden Gesamtansatz zu entwerfen. 4. Agiler Mindset in der Abwicklung von Großprojekten In jedem Bauprojekt führt die individuelle Kombination der Projektbeteiligten auch hinsichtlich der zwischenmenschli- Abbildung 1: Dilts Pyramide [11] Wissen | Agile Methoden in komplexen Großprojekten 44 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0099 chen Beziehungen zu neuen Herausforderungen. Nicht allein Expertise und Fachwissen führen zum Erfolg, sondern Soft Skills und zwischenmenschliches Geschick sind ebenso entscheidend. Im agilen Mindset wird der Mensch ausdrücklich in den Fokus gerückt. Durch einen transformationalen Führungsstil und offene Kommunikation wird eine Atmosphäre geschaffen, in der das Team effektiv kollaboriert und die Erfolgsaussichten des Projekts systematisch gesteigert werden [7]. Ein entscheidender Faktor ist die Unternehmens- und Projektkultur. Diese wird maßgeblich durch die Organisationsform und die vertraglichen Strukturen in einem Projekt beeinflusst, jedoch ebenso durch die Werte und Überzeugungen der Akteure geprägt. Als die wichtigsten Funktionen dieser Kultur werden die Sensibilisierungsfunktion, die Abgrenzungsfunktion, die Integrations- und Identifikationsfunktion, die Orientierungsfunktion, die Steuerungsfunktion und die Stabilisierungsfunktion genannt [8]. Ein Modell zur Erklärung von Veränderungsprozessen ist die von R. Dilts in den 1980er-Jahren entwickelte Pyramide, die aus verschiedenen, sich gegenseitig beeinflussenden Ebenen besteht (siehe Abbildung 1). Das Modell postuliert eine Wirkungsweise der Ebenen von oben nach unten, sodass für eine tiefgreifende Veränderung daher tendenziell auf der obersten Ebene der Pyramide interveniert werden sollte. Die Dilts Pyramide kann im Rahmen einer agilen Transformation herangezogen werden, um die Wirkungsweisen von Veränderungsprozessen in Organisationen zu verstehen. So kann das Etablieren eines agilen Mindsets als ein erster Impuls für agiles Arbeiten in selbstorganisierten Teams fungieren [9]. Der Management 4.0 Ansatz der Fachgruppe ‚Agile Management‘ der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) kann dabei unterstützen, den agilen Transformationsprozess in Unternehmen voranzutreiben [10]. Demnach ist ein kultureller Wandel erforderlich, der über sämtliche Ebenen und bestenfalls auch über die Unternehmensgrenzen hinweg getragen werden muss, um agile Methoden sinnvoll im Großprojekt zu verankern. Die Erarbeitung eines gemeinschaftlich getragenen Wertegerüsts sowie die Etablierung einer zeitgemäßen Fehler- und Führungskultur ist dabei unerlässlich. 5. Einfluss auf Führung und Leadership Je nach Projektumgebung ist ein unterschiedlicher Anwendungsmix aus klassischen und agilen Methoden für eine erfolgreiche Projektabwicklung erforderlich. Es geht um den adäquaten Einsatz der jeweiligen Managementmethoden vor dem Hintergrund einer anderen, erweiterten Projektlandschaft. Die Stacey-Matrix (siehe Abbildung 2) zeigt die Anwendungsbereiche klassischer und agiler Managementmethoden in einer vereinfachten Darstellung [12]. Sind Ziel und Weg bekannt, sind die Verhältnisse einfach. Klassische Planungsmethoden greifen. Werden Ziel und Weg mehr und mehr unbekannt, durchschreiten wir die Bereiche vom einfachen bis in den chaotischen Bereich hinein. Mit Zunahme der Komolgorov-Entropie [13] steigt die Unsicherheit und damit die Vorhersagbarkeit des Geschehens, wie es in der Abbildung 3 verdeutlicht wird. Bei sich wiederholenden Aufgaben und Zielen bilden sich Routinen aus. Eine bürokratische Abwicklung bietet sich an. Das klassische Projektmanagement ermöglicht eine erste Flexibilisierung. Mit zunehmender Unsicherheit greifen klassische Ansätze jedoch immer weniger. Bis in den leicht chaotischen Bereich bieten Empowerment, Selbstmanagement und das Agile Management den richtigen Rahmen für eine erfolgreiche Abwicklung. Bis in den Bereich des Agile Management beobachtet man eine Zunahme der Reaktionsfähigkeit des Teams. Dies ist begleitet von einer Reduktion des Managementaufwands: Eindeutig die Domäne der High-Performance-Teams. In stark chaotischen Bereichen ist eine Vorausplanung unmöglich. Iterative Vorgehensweisen im Sinne eines Try & Errors stehen im Vordergrund. Die Verhältnisse kehren sich Abbildung 2: Stacey-Matrix [12] Wissen | Agile Methoden in komplexen Großprojekten 45 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0099 um: Dem hohen Managementaufwand gerade auch im Controlling zum Monitoring der Projektergebnisse und des Umfeldes steht eine geringe Fähigkeit zur zielgerichteten Aktion gegenüber (siehe auch Kapitel 6 mit dem Hinweis zum Konfigurationsmanagement). Je nach Projektumfeld und -phase sollten also unterschiedliche Managementmethoden zum Einsatz kommen. Gerade in frühen Projektphasen bieten sich iterative Vorgehensweisen zur Ziel- und Wegfindung an, während in späteren Phasen klassischen Methoden der Vorzug gegeben wird. Sofern sinnvoll, kann ein klassischer Ansatz auch bewusst aufgegeben werden, um z. B. eine Baustelle operativ agil zu führen. Dies bietet die Möglichkeit, die vielfältigen Beteiligten über Mechanismen der Selbstorganisation effizienter zu managen-- allerdings um den Preis einer reduzierten Kontrolle und Sicherheit. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, unterschiedliche Projektbereiche zur gleichen Zeit unterschiedlich zu managen. Damit stellt sich die Frage der effektiven Synchronisation und Koordination. Hilfreich ist, dass unabhängig von der gewählten Methode agiles, klassisches und damit auch hybrides Management auf einem PDCA-Zyklus (Plan, Do, Check, Act) beruhen, der über die Zyklusdauer synchronisiert werden kann. So ist z. B. die Synchronisierung des klassischen Reporting- und Controlling-Zyklus mit dem des Sprint-Zyklus naheliegend. Mit dieser Managementkonzeption verändern sich nicht nur die Anforderung an das Controlling und die Synchronisation. Auch die Führung derartiger Projekte unterliegt neuen Herausforderungen. Klassisch wird der kompetente Projektleiter gesucht, der Menschen und Ressourcen organisiert. Aus Sicht des agilen Managements muss er in der Lage sein, Visionen zu vermitteln und eine strukturell-systemische Führungskultur zu etablieren. Je stärker das agile Management überwiegt, desto mehr ist die Abgabe von Führungskompetenz an das Team und eine systemisch, fehlertolerante Führung [15] gefragt. Dies ist sicher nur erfolgreich, wenn ein entsprechend Agiles Mindset (siehe Kapitel 4), das Änderungen begrüßt und als Chance begreift, im gesamten Projekt verankert ist. Aus Sicht des Projektleiters bzw. des (Top-)Managements verlangt dies eine fehlertolerante Führung, wie sie bereits von Farson und Keyes 2002 [15] vorgeschlagen wurde. Diese Toleranz bezieht sich dabei auf die Lösungsfindung im Rahmen der jeweiligen Managementaufgabe. In komplexen, schwer überschaubaren und unvorhersagbaren Projekten ist Innovation und Experimentierfreude gefragt. Ganz im Sinne von T. Watson, IBM: ‚The fastest way to success is to double your failure rate‘ [15] kann sich der zunächst eingeschlagene Weg als falsch erweisen und dennoch zum Motor besserer Lösungen werden. Gemäß der Untersuchung von J. Collins [16] zeichnen sich besonders erfolgreiche Führungskräfte als Level 5: ‚Executives‘ durch eine paradoxe Mischung aus persönlicher Bescheidenheit und professionellem Willen aus- - eine Konzeption, die auf Großprojektleiter übertragen werden kann und es ihnen ermöglicht, in beiden Welten erfolgreich zu sein. 6. Schnittstellen agiler, klassischer und hybrider Methoden Wenn wir uns im Rahmen der Projektgestaltung mit der Wahl der passenden Methoden auseinandersetzen, ist die Art des Produktes entscheidend [17]. Bei Großprojekten in der Baubranche sind hier verschiedene Produktarten zu nennen, die im Projektverlauf abzustimmen und zu harmonisieren sind: • Hardware als Gebäude • Hardware als technische Anlagen • Software für das Gebäude • Software für technische Anlagen • regulatorische Evaluierungen In Großprojekten arbeiten unterschiedliche Firmen mit verschiedenen Prozesslandschaften zusammen. Sie brauchen frühzeitig eine gemeinsame Plattform. Die Prozessverantwor- Abbildung 3: Diagonale der Stacey-Matrix-- angelehnt an [14] Wissen | Agile Methoden in komplexen Großprojekten 46 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0099 tung liegt dabei beim Bauherren, der die Prozesse für alle Teilnehmer zugänglich macht. Cloudlösungen bieten sich an, da sie die Agilität steigern, wenn die Prozesse durch das papierlose Format flexibel gehalten und Optimierungen mit kurzen Abstimmungszyklen ermöglicht werden. Die regulatorischen Evaluierungen werden oft in der Planung vernachlässigt, dabei haben sie starken Einfluss auf die Wahl der Methoden und Vorgehensmodelle. Es ist wichtig bei der Projektinitiierung auch die behördlichen Zulassungsbestimmungen einzubeziehen. Die Agilität besteht hier darin, Anforderungen anfangs bewusst grob zu definieren, das Projekt genau zu beobachten und die Anforderungen bis zu der Inbetriebnahme (im Rahmen der regulatorischen Möglichkeiten) zunehmend zu verfeinern. Es handelt sich also um eine Projektbegleitung, welche die Hardware- und Software-Teams zum rechtskonformen Handeln anleitet. Während in der Hardware-Produktentwicklung von Geräten oder Maschinen Prototypen oder Funktionsmuster hergestellt werden, geht dies in der Bau- und Großanlagenplanung nur bedingt. Der Entwurf kann durch Anforderungen vom Kunden oder regulatorische Anforderungen mehrfach geändert werden, aber es gibt nur genau eine Chance für eine erfolgreiche Implementierung. Um mit agilen Methoden in der Hardware das Endergebnis auf die gesammelten Kundenwünsche zu steuern, wird dies mit anderen Methoden als der Software erreicht. Gemeinsam ist, dass mit Zyklen gearbeitet wird, wobei dem Kunden im Gegensatz zur Softwareentwicklung kein funktionsfähiges Produkt, sondern ein "digitaler Zwilling" zur Verfügung gestellt wird. Im Terminus der agilen Methoden könnte man von Quasi-Artefakten sprechen, die durch computergestützte Simulationen erstellt werden. Zum Teil sind es auch Einheiten, die als Modul getestet werden und so die abschließende Inbetriebnahme erleichtern. Erreicht wird, dass komplexe Projekte durch die Modularisierung in zeitlich überschaubare Etappenziele unterteilt werden und das Ziel sich gegebenenfalls auch nach Beginn der Implementierung auf Kundenwünsche oder veränderte Randbedingungen anpassen lässt. Entscheidend ist hierbei jedoch ein klassisches Konfigurationsmanagement, um die Einführung und den Abschluss der Einzeländerungen nachzuverfolgen und genehmigungsfähig zu halten. Dennoch kann die hierarchische Führung durch kommunizierende Teams abgelöst werden. Ein weiterer Aspekt liegt bei der Verantwortung der Entwicklungseingabe, also Kundenwünschen und regulatorischen Randbedingungen. Software und Hardware sind voneinander abhängig: Das eine Team ist des anderen Kunden. Ist der Grundprozess gemäß Scrum aufgebaut, ergeben sich folgende Konsequenzen: Das Softwareteam möchte den aktuellsten Stand der Hardware (auch wenn es nur ein Modell ist) nutzen. Daher ist es von Vorteil, wenn der Product-Owner der Hardware aus dem Software-Team kommt. Entsprechend sollte der Product-Owner der Software aus der Hardware kommen, um die Software-Anforderungen zur Hardware-Architektur zu definieren bzw. zu genehmigen. Die jeweiligen Scrum-Master der Teams sind angehalten, auch das Geschehen der anderen Teams im Blick zu behalten und das eigene Team zu unterrichten und zu coachen. Das Gleiche gilt für die Einbindung des Entwicklungsteams der Gebäude-Hardware. Die Gebäudearchitektur-Pläne bleiben teilweise offen. Es wird eine Optimierung der HW / SW- Schnittstelle des Gesamtsystems erreicht, welche mit einer rein konventionellen Vorgehensweise nicht möglich wäre. Die Teams tauschen sich direkt über Probleme aus und so kann entschieden werden, auf welchem System-Level, Hardware oder Software, der Kundenwunsch am einfachsten umgesetzt wird. Sicherheitskritische Projekte lösen sich vom Wasserfallmodell und gehen in eine dem V-Modell entsprechende Verifikation und Validierung über. Entscheidend hierfür ist, beiden Teams ein leicht zugängliches Konfigurationsmanagement zur Verfügung zu stellen. Agil bedeutet u. a. den Lösungsraum bewusst offen zu lassen. Jede Entscheidung, erst recht bei einer Entscheidung zur Hardwareauslegung, ist die Näherung an das Ziel mit dem Ausschluss von Optionen verbunden. Der Vorteil dieses Vorgehens zeigt sich, wenn sich durch die Iteration neue Erkenntnisse ergeben, welche kommende Iterationen erleichtern. Dementsprechend sind Design-Reviews der bestehenden Prototypen und BIM-Modelle notwendig, um sich die wertvollen Erkenntnisse bewusst zu machen. Die Planungs- und Konzeptionsphase verschmelzen und erreichen, dass die Komplexität des noch vorliegenden Projektes zunehmend abnimmt. Zum Teil ergeben sich auch durch Entscheidungen zur Auslegung der ersten drei Produktarten Veränderungen zur abschließenden Evaluierung und den regulatorischen Anforderungen, die anfangs noch nicht abzusehen waren. Entscheidend ist, die Transparenz der Teams zueinander und eine konsequente Abstimmung der begleitenden Projektkommunikation sowie der daraus resultierenden Dokumentation. Am Ende steht eine rechtskonforme Inbetriebnahme, bei der alle Entscheidungen getroffen und bestätigt sind. 7. Zusammenfassung Zum jetzigen Zeitpunkt lassen sich die Ergebnisse wie folgt zusammenfassen: Auch bei großen Investitionsvorhaben ist die Anwendung agiler Methoden sinnvoll oder gar geboten. Die Etablierung eines Agilen Mindsets ist wesentlich [10]. Agile und klassische Methoden werden dabei parallel oder in unterschiedlichen Projektphasen eingesetzt. In Übergangsbereichen vom klassischen zum agilen Management kommt es zu hybriden Managementansätzen. All das bleibt nicht ohne Einfluss auf die Führungskultur sowie erforderliche Qualifikation des Führungspersonals in Großprojekten. Es gibt Grenzen der Anwendung agiler Methoden: Im Bereich einfacher, aber auch komplizierter Managementbereiche (siehe Stacey-Matrix) haben sich klassische Methoden bewährt und bleiben effektiv. Im Gegensatz zum Softwarebereich lassen sich Ziele nicht so einfach in nutzbare Teillösungen herunterbrechen. Dies erschwert die Abarbeitung in verschiedenen, parallel arbeitenden Teams. Regulatorische und dokumentarische Vorschriften stehen einer alleinigen Anwendung agiler Methoden entgegen. Nicht zu unterschätzen ist der erhöhte Synchronisations- und Abstimmungsaufwand je weiter sich das Projektumfeld dem chaotischen Bereich zuordnen lässt. Die Wechselwirkungen des Umfelds auf das Projekt mit seiner Änderungsdynamik sind umfassend zu berücksichtigen. Wissen | Agile Methoden in komplexen Großprojekten 47 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0099 Danksagung Der vorliegende Artikel wäre nicht zustande gekommen ohne die tatkräftige Unterstützung der Fachgruppe Agile Management der GPM. Hiermit danken wir allen Gruppenmitgliedern für die anregenden Anstöße und Diskussionen. Literatur [1] Lutz Bettels, Der digitale Zwilling. Deutsche Bauzeitung 01, 2020 https: / / www.dbz.de / artikel / dbz_Der_digitale_Zwilling_3 472 174.html, 01. 06. 2021 [2] Bodden, Jörg; Elixmann, Robert; Eschenbruch, Klaus (Hrsg.): , BIM-Leistungsbilder, 2. Auflage, Kapellmann Rechtsanwälte, 2017 [3] Fiedler, Martin: Lean Construction-- Das Managementhandbuch. Springer Gabler, Berlin 2018 [4] Preuß, Norbert (2013): Projektmanagement von Immobilienprojekten. 2. Auflage, Springer Vieweg, Berlin, 2013 [5] Sommer, Hans: Projektmanagement im Hochbau, 4. Auflage, Springer Vieweg, Berlin, 2016 [6] Marquart, Reiner; Pifczyk, Alexander: Hybrides Projektmanagement. Deutsches Ingenieurblatt, Heft Nr. 4, S. 38-41, 2021 [7] Polzin, Brigitte; Weigl, Herre: Führung, Kommunikation und Teamentwicklung im Bauwesen. 2. Auflage, Springer Vieweg, Wiesbaden, 2014 [8] Homma, Norbert; Bauschke, Rafael: Unternehmenskultur und Führung. 2. Auflage, Springer Gabler, Wiesbaden, 2015 [9] Tuczek, H.; Flore, A.; Nuhn, H. F. R.; Schaffitzel, N. (): A systematic approach to agile management and self-organization for a sustainable transformation of organizations. In: Ronggui, D.; Wagner, R.; Bodea, C. N. (Eds.) (2021): Research on Project, Programme and Portfolio Management. Projects as Arena for Self-organizing. Springer, London, 2021 [10] Oswald, A; Müller, W.: Management 4.0: Handbook for Agile Practices. Release 3, Book on Demand, Norderstedt, 2019 [11] Dilts, Robert B. (2014): A Brief History of Logical Levels, http: / / www.nlpu.com / Articles / LevelsSummary.htm, 31. 05. 2021 [12] Stacey, R. D.: Strategic Management & Organisational Dynamics: The Challenge of Complexity. Prentice Hall, Harlow, 5. Auflage, 1996 [13] Engelke, V.: Chaos und Projektmanagement- - Ein Beitrag zur Entwicklung eines neuen PM-- Verständnisses, Fachzeitschrift ‚Projekt Management’ 4 / 96 der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM), TÜV- Verlag, Köln, 1996 [14] Oswald, A.; Köhler, J.; Schmitt, R.: PM am Rande des Chaos. Springer-Verlag, Heidelberg, 2016 [15] Farson, R.; Keyes, R.: The Failure-Tolerant Leader. Harvard Business Review, 80 (8), Brighton, S. 64-71, 2002 [16] Collins, J.: Level 5 Leadership: The Triumph of Humility and Fierce Resolve. Harvard Business Review, 79, Brighton, S. 67-76, 2001 [17] Maximini, D.: Scrum-- Einführung in der Unternehmenspraxis. Springer Gabler, Berlin, 2018 Eingangsabbildung: Großanlagenbau © Volker Engelke Katharina Marie Lennartz Katharina Lennartz arbeitet seit Januar 2017 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl und Institut für Baubetrieb und Projektmanagement der RWTH Aachen University und promoviert dort zum Thema Agilität im Bauprojektmanagement. Von 2007 bis 2013 studierte sie Wirtschaftsingenieurwesen mit Fachrichtung Bauingenieurwesen an der RWTH Aachen University sowie der NTNU in Trondheim und war anschließend im Projektmanagement eines Generalplanungsunternehmens tätig. eMail: katharina.lennartz@rwth-aachen.de Volker Engelke Volker Engelke blickt auf über 30 Jahre Erfahrung im Projekt- und Programmmanagement weltweit in Großprojekten zurück. Neben seiner beruflichen Expertise ist er in der GPM Fachgruppe Agile Management aktiv und verantwortet dort das Thema Agile Management in Großprojekten. eMail: v.engelke@connectment.de Ulrich von Knobloch Ulrich von Knobloch, Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik, ist als freiberuflicher Systemingenieur und IPMA-zertifizierter Projektleiter für Produktentwicklungen in den Branchen Medizintechnik, Automotive sowie Luft- und Raumfahrt tätig. Sein besonderes Augenmerk gilt innovativen Produktentwicklungen in Bereichen, die hohe Anforderungen an das Sicherheitskonzept beinhalten. eMail: ulrich@von-knobloch-consult.com Matthias-Marcus Wanner Matthias-Marcus Wanner ist Kaufmann und Ingenieur in der Bauwirtschaft. Er ist als Projektsteuerer und BIM Berater mit dem Schwerpunkt der Abwicklung komplexer Projekte im Bereich des Anlagenbaus und der Gewerbeimmobilien tätig. Besonders die Integration moderner Technologien in der Praxis steht in seinem Fokus. eMail: matthias.wanner@imt-pm-bau.com 48 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0100 Der Projektmanager als Jäger Martin Barth, Margit Sarstedt Für eilige Leser | Projekte sind häufig durch unpräzise Ziele und unklare Rand- und Rahmenbedingungen belastet. Dies wirkt sich negativ auf den Projekterfolg aus. In diesem Artikel werden konkrete Vorgehensweisen innerhalb der Projektarbeit in Analogie zu den Tätigkeiten eines Jägers gesetzt. Dabei vertreten die Autoren die Ansicht, dass der Projektmanager als Jäger und Gejagter eine weit verbreitete Realität darstellt. Es wird aufgezeigt, wie durch ein geändertes Rollenverständnis des Projektmanagers als Hegeverantwortlicher die Erfolgschancen eines Projektes zum Nutzen aller Beteiligten erheblich erhöht werden können. Schlagwörter | Rolle des Projektmanagers, Projekterfolg, Projektstrategie, Projektumfeld, Projektpflege Das Revier Kann man ein Projekt mit einem Revier vergleichen? Ja! So wie ein Jäger sein Revier bewirtschaftet, so hat ein Projektmanager sein Projekt in seiner vollen Komplexität zu koordinieren. Projekte können, genau wie Reviere, allerdings sehr heterogen sein. Um Projekte besser zu verstehen, schauen wir uns zunächst an, was ein Revier ausmacht. Unterscheidungskriterien sind beispielsweise die vorliegende Vegetation oder auch das Vorhandensein verschiedener Wildarten. Typische Aufgaben sind dabei die Pflege und Hege der Natur und natürlich auch des dort lebenden Wildes. Eine alte Jägerweisheit besagt: „Das Revier eines Jägers gedeiht, wenn er sich der Natur geweiht! “ Demnach sind die Pflege von Flora und Fauna, die Fütterung von Wild im Winter, die Sicherstellung der artgerechten Salz- und Mineralstoffversorgung der Tierwelt sowie das Errichten von Nist- und Bruthilfen elementare Maßnahmen zur Revierentwicklung. Innerhalb dieser Perspektive nimmt das Erlegen von Wild nur einen kleinen Teil der gesamten Revierarbeit ein. Das Revier des Projektmanagers ist das Projekt. Und wenn das Projekt ein Revier darstellt, gilt es also, Projektpflege (Hege) zu betreiben. Das Projekt findet in einer bestimmten Umgebung statt, in der es Rand- und Rahmenbedingungen, Haupt- und Nebenziele, Auftraggeber und Kunden, Mitwirkende und sonstige handelnde Personen sowie verschiedenste Interessensgruppen gibt. Zusammenfassend, es ist eine ebenso heterogene, komplexe und manchmal auch verwilderte Landschaft wie in der Natur. Deshalb ist es elementar, diese grundlegenden Projekteigenschaften und Rahmenbedingungen frühzeitig zu bestimmen. Darüber hinaus erfordern auch unterschiedliche Projektarten und -typen differente Vorgehensweisen in der Projektarbeit. Ebenso wie die Wahl der zugrunde liegenden Projektorganisationsform liefert diese Kategorisierung wichtige Implikationen für die Projektarbeit. Eine klare Verortung und die Kommunikation der Positionierung des Projektes ist somit die Basis für späteren Projekterfolg. Abbildung 1: Arbeit im Revier: Anlegen einer Salzlecke zur Salz- und Mineralstoffaufnahme des Wildes. „Das Revier eines Jägers gedeiht, wenn er sich der Natur geweiht! “ Wissen | Der Projektmanager als Jäger 49 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0100 Wie auch der Jäger die Grenzen seines Reviers kennen muss, um sinnvoll agieren zu können, so sind alle Akteure im Umfeld eines Projektes gut beraten, das Revier des Projektes von Anfang an klar abzustecken. Und es gilt zu definieren, welche Ressourcen dem Projekt zur Verfügung stehen sowie welche Ziele mit dem Projekt erreicht werden sollen- - und welche eben nicht! Unscharf definierte Grenzen werden häufig nicht beachtet. In das vermeintliche Revier des Projektes dringen revierfremde Personen- - sozusagen Wilderer- - ein, stellen zusätzliche Anforderungen oder beanspruchen Teile der Projektressourcen für sich. Es ist der Projektmanager, der hierdurch am meisten zu leiden hat. Deshalb ist die Revierklärung, die Auftragsklärung, die Verantwortungsklärung im primären Interesse des Projektmanagers. Und diese Klärung hat vorab, spätestens jedoch zu Beginn des Projektes zu erfolgen. Der Projektmanager kann die Klärung jedoch nicht allein herbeiführen. Alle Beteiligten sind aufgefordert, an der präzisen Beschreibung und Absteckung des Projektes mitzuwirken. Die Analogien des Jagdreviers und des Projektreviers werden nachfolgend in einzelnen Tabellen verdeutlicht und sollen als Anregung dienen, das Projekt umfassend und in voller Transparenz zu definieren. Und wie ist es um Ihr Revier bestellt? Haben Sie in Ihrem Projekt an alles gedacht? Das Jägerlatein Die Projektsprache 🙂 😐 ☹ Revier Projekt Revierziel Projektziel Hege Projektpflege Beschaffenheit des Reviers Projekteigenschaften Abbildung 2: Der Jäger auf der Jagd. „Wer Hirsche jagt, späht nicht auf Hasen.“ Die Jagd (Teil I-- Jäger) Kann man den Projektmanager wirklich als Jäger bezeichnen? Die Autoren meinen, ja! Auch nähern wir uns dem Verständnis der Arbeit eines Projektmanagers zunächst über die proaktive Rolle eines Jägers. In seiner Rolle als Jagender strebt er natürlich auch nach Jagderfolg. Doch was genau ist seine Beute? Ist es nur das Erlegen eines Wildtieres? Ist ein guter Jäger verantwortlich für ein Revier, so ist das Erlegen der Beute zunächst mit dem Erreichen eines Meilensteinziels gleichzusetzen, welches sich dem langfristigen Ziel eines erfolgreichen Projektes (intakten Reviers) unterzuordnen hat. Demzufolge gilt es, sich auch im Projektalltag auf das übergeordnete Ziel zu konzentrieren und sich nicht durch unverhoffte Situationen von diesem ablenken zu lassen! Diese Sichtweise untermauert ebenfalls ein alter Jägerspruch: „Wer Hirsche jagt, späht nicht auf Hasen.“ Hierbei hängt es maßgeblich von den Fähigkeiten, dem Wissen und der Erfahrung des Projektleiters (Jägers) ab, ob sowohl die operativen Meilensteine erreicht sowie die strategischen Zielstellungen auch realisiert werden. Der Projektmanager ist also wie ein Jäger auf der Jagd. Er jagt, übergeordnet gesehen, nach Anerkennung für sich, sein Projekt und sein Team. Diese Anerkennung kommt- - in der Theorie zumindest-- ganz am Schluss, mit der erfolgreichen Beendigung des Projektes. Die Realität sieht oft anders aus, denn die Beendigung des Projektes läuft manchmal nicht ganz so geordnet ab und vermischt sich eher fließend mit dem gegenwärtigen Tagesgeschäft. Aber Anerkennung ist auch während der Projektumsetzung zu erlangen. Das erfolgreiche und termingerechte Erreichen von Meilensteinen, die besonders gute Umsetzung eines Entwicklungsschrittes, die ausgezeichnete und kontinuierliche Information an den Kunden- - all dies findet Anerkennung und fördert damit die im Projektmanager intrinsisch vorhandene Motivation zu erfolgreichem Handeln. Aber diese Teilerfolge ergeben sich nicht von selbst, sie sind hart zu erarbeiten. Und obwohl es nicht der Projektmanager allein ist, der all dies leistet, so ist doch er es, der seine Projektmitarbeiter-- sozusagen seine Jagdhelfer-- anführt und die entscheidenden Impulse setzt. Dabei ist er ständig auf der Pirsch, er sucht nach Gelegenheiten, den nächsten Schritt im Projekt tun zu können und neue Vorgehensweisen zu etablieren. Auch in anderen Projektsituationen ist der Projektmanager auf der Jagd. Wo bekommt man das benötigte Material am günstigsten? Durch welche Lockmittel können außerhalb des Projektes Zuarbeitende dazu gebracht werden, ihre Termine einzuhalten? Welche Strippen sind zu ziehen, um die Unterstützung eines höheren Managers zu erlangen? Wie kann der nächste Meilenstein erreicht werden? Und welche Mittel stehen dem Projektmanager dabei zur Verfügung? Als erfahrener Handwerksmeister des Projektmanagements-- der er ja auch ist-- beherrscht er seinen Werkzeugkasten, in dem er alle Rahmenkonzepte, Prozesskonzepte und Fähigkeiten verwahrt, die er bei Bedarf anwenden kann. [1] Hiermit muss der Projektleiter klare Entscheidungen zur konzeptionellen Vorgehensweise und damit einhergehend auch zur situativen Ressourcenverwendung treffen, Wissen | Der Projektmanager als Jäger 50 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0100 auch wenn diese Festlegungen mitunter unbequem sein können. Hierzu muss der Projektmanager seine Prioritäten mit Augenmaß wählen und manches Mal vielleicht auch einen Umweg in Kauf nehmen, um das Gesamtziel durch vorschnelle Entscheidungen nicht zu gefährden. Zusammenfassend, der Projektmanager auf der Jagd nach Ergebnissen und Erfolg sollte proaktiv und vorsichtig zugleich agieren und sein Projekt, sein Revier, immer gesamtheitlich im Auge behalten. Und wie ist es um Sie bestellt? Agieren Sie aktiv und mit Weitblick? Das Jägerlatein Die Projektsprache 🙂 😐 ☹ Jäger Projektmanager Jagdhelfer Projektmitarbeiter Abbildung 3: Der „gejagte“ Jäger. „Jagdgenossenschaft und Behörde, sind des Jägers größte Bürde.“ Die Jagd (Teil II-- Gejagter) Tritt der Projektmanager immer nur als Jäger auf? Nein, die Autoren sehen ihn mitunter auch in der Rolle des Gejagten im eigenen Revier. Genau wie der Jäger ist auch der Projektmanager nicht immer in der proaktiven Rolle des Jagenden vorzufinden. Oft findet er sich in Situationen wieder, welche er nicht vorhergesehen hat. Er ist getrieben und wird u. U. selbst zum Gejagten. Ein alter Jägerspruch lautet: „Jagdgenossenschaft und Behörde sind des Jägers größte Bürde.“ Dieser Spruch verdeutlicht welchen Druck die Auftraggeber (Jagdgenossenschaft)-- oder auch weitere Stakeholder (bspw. Jagdbehörde)-- auf den Jäger ausüben können. So wie Jäger, die Ihre Ausschussquote erfüllen müssen, so steht auch der Projektmanager unter ständigem Erfolgsdruck. Es lastet auf Ihm der Erwartungsdruck des Managements, seines Teams, des Kunden sowie anderer Stakeholder. Jeder erfahrene Projektleiter wird diese Art der Fremdsteuerung nur zu gut kennen. Beispielweise haben sich bei einem gestarteten Bauprojekt die Anwohner zu einer Protest-Organisation zusammengeschlossen und klagen vor Gericht auf Baustopp. Jetzt muss gegengesteuert werden. Disruptive, globale Ereignisse haben massive Auswirkungen auf die Sicherstellung der Rohstoffversorgung im Projekt. Jetzt muss gegengesteuert werden. Entgegen jeder Rationalität werden bereits genehmigte und verplante Mittel dem Projekt nun doch nicht bereitgestellt. Jetzt muss gegengesteuert werden. Neben diesen Beispielen bedingen die Komponenten Zeit, Kosten und Qualität des magischen Dreiecks des Projektmanagements grundsätzlich die Rolle des „gejagten“ Projektleiters. Der inhärente Zielkonflikt innerhalb dieser Parameter zwingt den Projektleiter generisch in eine reaktive Steuerungsfunktion. Diese kann, bei einmal existierenden negativen Abweichungen, kaum noch in eine proaktive Funktion mit eigens geplanten, zukünftigen Vorgehensweisen umgewandelt werden. Erstaunlicherweise lassen sich innerhalb eines Reviers oftmals Situationen wie die folgende beobachten. Der Jäger ist dieses Jahr von größeren Schäden an Feldern durch Wildtiere verschont worden, auch der Wildbestand entwickelt sich hervorragend und die Flora und Fauna hat sich gut von der Trockenheit der letzten Jahre erholt. Trotzdem ist der Jäger der Meinung noch mehr tun zu müssen bspw. noch mehr Salzlecken für das Wild und noch mehr junge Bäume pflanzen. Er ist scheinbar getrieben, aber es ist nicht ersichtlich von wem. Genau dieses Paradoxon lässt sich auch, bei vor allem jungen, Projektleitern beobachten, deren Erwartungen an sich selbst oft viel zu hoch sind. Dieser eigenauferlegte Leistungsdruck kann den Blick für die wesentlichen Herausforderungen des Projektgeschäfts vernebeln, ähnlich einem Jäger, der selbst so zittert, dass er sein Ziel durch das Zielfernrohr kaum erkennen kann. Tatsächlich zeigt sich in der Praxis das gerade besonders gute Projektmanager dem eigenen Anspruch mitunter unterliegen, damit „das Luftholen“ vergessen und sich selbst zu Gejagten machen. Wichtig ist, dass dieser Drive stattdessen die Basis für zielführende Handlung ist und der eigene Anspruch eben nicht zum Hemmnis der Projektleitertätigkeit wird. Projektmanagern kann diesbezüglich eine Project Governance-- ähnlich dem Jagdgesetz-- Orientierung geben. Durch Vorgabe von standardisierten Vorgehensweisen, Normen und Verantwortlichkeiten kann der Projektmanager aus diesem Regelwerk Anregungen und Leitplanken seines Handelns im Projektalltag und somit prozessuale Hilfestellung erfahren. Abschließend ist festzustellen, dass ein Projektleiter innerhalb eines Projektes sowohl die Rolle des Jagenden als auch des Gejagten einnehmen kann, bzw. teilweise gezwungen ist diese Rollen auszufüllen. Unter gewissen Umständen kann ein Projektleiter auch innerhalb eines Zeitpunktes sowohl Gejagter als auch Jäger sein. Entscheidend für die Rollenbesetzung kann das jeweilige Gegenüber oder auch die Perspektive sein. So kommt es beispielsweise regelmäßig vor, dass der Projektleiter, aufgrund einer Projektverschlechterung bei der letzten Statusvorstellung, in die Position des „Gejagten“ von der Geschäftsführung gedrückt wurde. Im unmittelbar darauffolgenden Teammeeting agiert er seinem Projektteam gegenüber allerdings als „Jäger“ und fordert konkrete Aktivitäten und Ergebnisse ein. Fühlen Sie sich als Gejagter? Von wessen Erwartungen werden Sie unter Druck gesetzt? Wissen | Der Projektmanager als Jäger 51 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0100 Die Witterungsverhältnisse Wie der Jäger mit den Witterungsverhältnissen leben muss, so muss der Projektmanager mit den Umgebungsbedingungen des Projektes leben. Und wie das Wetter (von leichtem Lüftchen bis hin zum Sturm) sind diese manchmal günstig (Unterstützung von allen Seiten), manches Mal aber auch widrig (Widerstände und Gegenströmungen). Und der Wind kann dem Projektmanager dabei heftig ins Gesicht wehen und seine Pläne beeinträchtigen. Auch die ihm verliehene Durchsetzungsmacht kann dadurch beeinträchtigt werden. Schauen wir uns die Umgebungseinflüsse eines Projektes genauer an. Der Projektauftrag und die Ziele des Projektes (sachlich, zeitlich, kostenseitig) stehen fest, zu Beginn zumindest. Es gilt nun, eine möglichst genaue Einschätzung der Projektumgebung vorzunehmen. Die zu wählende Projektorganisation hängt einerseits von der Art des Projektes (Innovations- oder Routineprojekt, Erstellung einer technischen Leistung oder Herbeiführung einer Organisationsänderung etc.), andererseits von der existierenden Unternehmensorganisation und der gelebten Unternehmenskultur ab. So werden langläufige Projekte, die nur selektiv auf einzelne Mitarbeiter zugreifen, wohl eher von einer Stabsstelle aus koordiniert werden, während eine sehr teambasierte Zusammenarbeit im Projekt eher in einem separaten Team oder als Matrix-Struktur gestaltet wird. Die Entscheidung für die Projektorganisation muss jedoch auch in die Unternehmenskultur passen. Zum Beispiel wird ein eigentümergeführtes, relativ kleines Unternehmen üblicherweise nicht in einer Matrixstruktur arbeiten können, da das Projekt mit der an sich schon schwierige Machtverteilung zwischen Projektmanager und Linienführungskräften keinen dritten aktiven Steuerer in Person des Unternehmensführers verträgt. Es gilt also, sich in die Unternehmensumgebung organisatorisch und auch zwischenmenschlich einzudenken, bevor eine strukturelle Entscheidung getroffen werden kann. Nun stellt sich die Frage nach der Projektmanagementmethodik. In Lehrbüchern wird häufig der Unterschied zwischen den klassischen und den agilen Methoden betont. In der Praxis ist nach Einschätzung der Autoren jedoch zu beobachten, dass die vermeintlich planbasierten klassischen Methoden in vielen Konstellationen eine deutliche Agilität aufweisen (müssen), um den sich ständig ändernden Rand- und Rahmenbedingungen gerecht zu werden. Andererseits stehen agile Projekte meistens trotzdem unter dem Druck der Außenwelt, was immer wieder die Notwendigkeit nach langfristigen Planaussagen hervorbringt. Und natürlich sind für die Wahl der richtigen Methodik auch die äußeren Rahmenbedingungen wie die Branche, relevante staatliche Vorgaben oder auch die makroökonomische Situation mitzuberücksichtigen. So weit sind die Rahmenbedingungen von dem Projektmanager durchaus noch analysierbar und damit auch steuerbar. Hat er seine diesbezüglichen Hausaufgaben gemacht, so startet er in hellem Sonnenschein in das Projekt. Die bald aufziehenden Wolken werden nun von allen Aspekten verursacht, die in der Komplexität des Lebens zu finden sind. Da sind zum einen sachliche Probleme zu nennen, Restriktionen, die vorab nicht zu erkennen waren (z. B. wenn ein Material nicht hält, was es verspricht). Zum anderen können sich aus diversen Gründen Verschiebungen in der Zielstellung des Projektes ergeben, denn die Welt um das Projekt herum bleibt nicht stehen, sie wartet mit ihren neuen Ideen und Erkenntnissen nicht auf die Fertigstellung des Projektes (meist als langsame Veränderungen wahrnehmbar). Und schließlich sind da noch die rein menschlichen Faktoren, die Wünsche und Eitelkeiten der Projektteammitglieder, die Verästelungen in den Machtstrukturen im Unternehmen und deren feine, aber auswirkungsreichen ständigen Verschiebungen, die kundenseitigen Hakenschläge in neue, und unvorhergesehene Richtungen (häufig als disruptive Ereignisse auftretend). Dies alles sorgt für eine sich ständig ändernde Projektsituation, die es zu antizipieren und auf die es sich vorzubereiten gilt. Und wie auf der Jagd sowohl Jäger als auch Gejagte ständig neu die Witterung aufnehmen, so muss der Projektmanager nun in jeder Phase des Projektes die Umgebung praktisch auf Tagesbasis neu evaluieren und einschätzen. Neben allen praktischen Problemen, die die Projektaufgabe mit sich bringt, muss er nun in dem Spiel der Kräfte von Jägern und Gejagten seiner Spur folgen. Hierfür benötigt er-- um mit den Worten der ICB 4 der GPM / IPMA [2] zu sprechen-- nicht nur technische und persönlich-soziale Kompetenzen, sondern vor allem eine ausgeprägte Kontext-Kompetenz. Letztere kann nur sehr bedingt theoretisch erlernt werden, sie kommt mit der Erfahrung. Und sie ist ein zweischneidiges Schwert. Denn je kompetenter der Projektmanager in genau diesem Punkt ist, umso mehr Macht hat er. Er bleibt der Jäger und wird zur potenziellen Gefahr für andere Jäger, also andere Machtträger in der Organisation. Auch dies gilt es zu berücksichtigen und auszubalancieren. In diesem Zusammenhang sollte eine alte Jägerweisheit beachtet werden: „Wenn der Wind weht mit Gesause, bleibt der Jäger gleich zuhause! “ Der Projektmanager muss sich also nicht nur für sein Projekt einsetzen, er muss Das Jägerlatein Die Projektsprache 🙂 😐 ☹ Jagdgenossenschaft Auftraggeber Betroffene der Jagd Stakeholder des Projektes Jagdgesetz Project Governance Abbildung 4: Der Himmel und die Bäume, Indikatoren kommender Witterungsverhältnisse. „Wenn der Wind weht mit Gesause, bleibt der Jäger gleich Zuhause! “ Wissen | Der Projektmanager als Jäger 52 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0100 dabei gleichzeitig wissen, welche Kämpfe es sich einzugehen lohnt und wann es von Vorteil ist seine Ressourcen zu schonen, weil das gegenwärtige Projektumfeld eher ungünstig ist. Der Umgang mit den Umgebungsbedingungen ist integraler Bestandteil einer jeden Projektmanagementaufgabe. So wie das Jagdrevier kein „Schönwetterrevier“ ist, so ist auch das Projektmanagement keine „Wohlfühlaufgabe“. Widrige Bedingungen können somit nicht als Grund für ein Scheitern angeführt werden, vielmehr sind sie geradezu der Grund, warum es einen Projektmanager braucht. Die gute Nachricht dabei ist jedoch, dass gerade auch widrige Bedingungen den Erfolg des Projektes befördern können, indem neue, und vielleicht viel bessere Lösungen erkannt und mit gesteigerter Motivation verfolgt werden. Nehmen Sie die Witterungsverhältnisse im Projekt regelmäßig auf? Achten Sie kontinuierlich auf Anzeichen von Veränderung? Das Jägerlatein Die Projektsprache 🙂 😐 ☹ Witterungsbedingungen Projektumfeld Witterung aufnehmen Veränderungen einschätzen Störfaktoren im Revier Störfakten im Projekt Abbildung 6: Säulen des Projekterfolgs Die Hege bringt den Mehrwert Welche Empfehlungen für eine erfolgreiche Projektarbeit können dem Projektmanager nun aus den Jagd-Analogien gegeben werden? Grundsätzlich übernimmt ein Projektmanager mit einem Projekt- - genau wie der Jäger bei Revierübernahme-- auch die Verantwortung für die Hege und Pflege desselben. Aufgrund dieses Verantwortungsüberganges entstehen Rechte und Pflichten sowohl gegenüber dem Projekt, seinen Stakeholdern als auch gegenüber sich selbst. In diesem Zusammenhang lautet ein alter Jägerspruch: „Das ist des Jägers Ehrenschild, dass er beschützt und hegt sein Wild, waidmännisch jagt, wie sich’s gehört, den Schöpfer im Geschöpfe ehrt.“ Im Einklang mit diesem Zitat sind es die Kernaufgaben des Projektmanagers sein Projekt zu beschützen, sich um seine Stakeholder zu kümmern, Probleme im Projektablauf zu beseitigen und sowohl dem Projekt als auch dessen Auftraggebern wertschätzend gegenüber aufzutreten. Die Autoren leiten aus den vorgestellten Analogien drei wesentliche Säulen des Projekterfolgs ab. Jede dieser Säulen muss innerhalb eines Projektes bekannt gemacht, berücksichtigt und gepflegt werden. Säule 1-- Fokus auf Strategie Vorrangig gilt es, innerhalb eines Projektes das strategische Projektziel nie aus den Augen zu verlieren. Auch wenn es operative Herausforderungen zu meistern gilt- - bspw. das Erreichen eines Meilensteins-- so ist jeder kurzfristige Aktionismus immer auf seine Zweckmäßigkeit für den Projektgesamterfolg hin zu prüfen. Der in der Praxis immer wieder zu beobachtende kontinuierliche Druck auf die Mitarbeiter (zur Meilensteinrealisierung, zur schnellen Auslieferung, etc.) und die damit verbundene dauerhafte Überlastung dieser, muss verhindert werden. [3] Denn ein Burn-out einzelner Projektmitarbeiter oder des Projektteams als Ganzem gefährdet das prioritäre, langfristige Projektziel. Und so schließt sich der Kreis der Analogie zum Jagdrevier, in dem die kurzfristig realisierte Wilderlegung sich der langfristigen Leistungsfähigkeit des Ökosystems unterzuordnen hat- - denn nur durch sorgfältige Hege und Pflege von Wild und Natur kann ein langfristig gesundes Revier sichergestellt werden. Säule 2-- Fokus auf Projektumfeld Natürlich ist es wichtig, dass die Projekte selbst und auch die Abläufe innerhalb von diesen-- egal ob agil, hybrid oder traditionell gemanagt- - geplant werden. Dennoch sind wir der Auffassung, dass die flexible Reaktion auf sich verändernde Bedingungen im Projektumfeld wichtiger ist als die stringente Planerfüllung. Zudem gilt es, ein aktives Stakeholdermanagement zu betreiben, also die Beziehungen zum Projektteam, zu den Auftraggebern und zu weiteren Beteiligten zu pflegen und Machtkämpfe generell zu vermeiden. Und ergeben sich Abbildung 5: Kitzrettung vor den Gefahren der Landmaschinen als zielführende Hegemaßnahme. „Das ist des Jägers Ehrenschild, dass er beschützt und hegt sein Wild, waidmännisch jagt, wie sich’s gehört, den Schöpfer im Geschöpfe ehrt.“ Alter Jägerspruch Wissen | Der Projektmanager als Jäger 53 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0100 dann durch organisationale Veränderungen, branchenspezifische Einflüsse sowie Spezifika der Projektart dynamische Veränderungen des Projektumfelds, kann auf dieser guten Basis reagiert werden. Entsprechend der jeweiligen Änderungen im Umfeld gilt es, fortlaufend die Auswirkungen auf den Projektplan zu prüfen und bei Bedarf durch entsprechende Maßnahmen steuernd einzugreifen. Und auch hier wieder greift die Analogie des Jagdreviers. Was nutzt ein ausgefeilter Revierplan, wenn die Witterung umschlägt und den Plan obsolet erscheinen lässt? Auch hier gilt es, sich den Tatsachen zu stellen und pragmatisch umzuplanen. Es kommen auch wieder bessere Witterungsbedingungen, die Fernziele für das Jahr gehen nicht verloren. Säule 3-- Fokus auf Spirit „Du musst brennen für das, was du tust.“ Wie oft ist uns dieser Satz im Leben schon begegnet. Bezogen auf die Tätigkeit eines Projektmanagers vertreten die Autoren ebenfalls diese Auffassung. Natürlich sollte der Projektmanager auch ein Handwerksmeister seines Faches sein und seinen Werkzeugkoffer beherrschen. Und selbstverständlich ist es wichtig, dass ein Projektmanager in der Lage ist sowohl „als Jäger zu agieren“ um das Projekt voranzutreiben, als auch als „Gejagter zu reagieren“ um das Projekt abzusichern. Doch all dies entfaltet seine Kraft erst vollumfänglich, wenn der Projektmanager seinen Beruf aus Überzeugung tut und als Berufung ansieht, anstatt nur als Aufgabe. Denn nur dann ist auch die glaubwürdige Einnahme einer Servant-Leader- Rolle gegenüber dem Projekt selbst, gegenüber den Stakeholdern und auch gegenüber sich selbst wirklich erreichbar. Ein Projektmanager aus innerer Überzeugung strahlt nach außen und ermöglicht es, nicht nur die Zielerreichung zu messen, sondern auch den Einsatz aller Beteiligten wertzuschätzen. Der Jäger- - um auch hier den Kreis zu schließen- - sollte kein Jäger aus Pflicht, sondern ein Jäger, besser noch ein Hegeverantwortlicher, aus Überzeugung sein. Die Hege als Berufung, die Hege und Pflege des Reviers aus tiefem Anliegen heraus, hier treffen sich der gute Jäger und der gute Projektmanager in ihrer inneren Leidenschaft. Stellen Sie sicher, dass Sie die tragenden Säulen des Projekterfolgs beachten! Säule Anforderungen 🙂 😐 ☹ 1 Hegen und pflegen Sie Ihr Projektrevier! Denken Sie langfristig und schützen Sie die Leistungsfähigkeit von sich und Ihrem Team! Kennen Sie Ihre Strategie und die Ihres Auftraggebers! Achten Sie diese strategischen Ziele höher als Kleinerfolge in einzelnen Meilensteinen! 2 Hegen und pflegen Sie Ihr Team, Ihre Stakeholder, Ihre Auftraggeber und Ihr Management! Sorgen Sie gleich zu Beginn für Auftragsklarheit, um spätere Machtkämpfe zu vermeiden! Beobachten Sie Ihre Umgebung und passen Sie Ihr Projekt täglich dem Drift der Geschehnisse an! 3 Hegen und pflegen Sie Ihr Handwerk! Halten Sie Ihr Wissen und Können, Ihren Werkzeugkasten, immer aktuell! Trainieren Sie Ihre Instinkte als Jäger und Gejagter! Sehen Sie Ihre Rolle als Projektmanager nicht als Ihren Beruf, sondern seien Sie Projektmanager aus Berufung! Prof. Dr. Martin Barth Herr Barth ist Professor für Projektmanagement im Fachgebiet Wirtschaft und Management an der IU Internationale Hochschule. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich vertikaler, indirekter Post- Merger-Integrationen unter Berücksichtigung intra- und interorganisationaler Ressourcen sowie auf dem Gebiet des Projektmanagements. Internet: www.iu.de / hochschule / lehrende / barth-martin eMail: martin.barth@iu.org Prof. Dr. Margit Sarstedt Frau Sarstedt ist Professorin für Technologie- und Projektmanagement im Fachgebiet Wirtschaft und Management an der IU Internationale Hochschule. Basierend auf ihrer mehr als zwanzigjährigen Berufserfahrung in der produzierenden Industrie liegen ihre Forschungsinteressen im Einsatz verschiedener Projektmanagementmethoden in operativen und organisatorischen sowie Veränderungssituationen. Internet: http: / / www.iu.de/ hochschule/ lehrende/ sarstedtmargit eMail: margit.sarstedt@iu.org Literatur [1] M. Barth & M. Sarstedt (2022). Der Projektmanager als Handwerksmeister. Projektmanagement aktuell. Heft 2 / 2022. GPM. Tübingen. S. 62-65. [2] IPMA®-- international project management association & GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. (2017). Individual Competence Baseline für Projektmanagement (Version 4.0 / Deutsche Fassung). GPM-IPMA. [3] Barth, Martin. 2020. Vertikale, indirekte Post-Merger-Integrationsgestaltung. Neowiss- - Europäischer Wissenschaftsverlag. Frankfurt am Main. ISBN: 978-3-945 484- 19-7. S. 181. Eingangsabbildung: © iStock.com / visualspace 54 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0101 Selbstreflexion durch Ziele Olaf Müller-Stegemann Selbstreflexion durch Ziele Selbstreflexion ist eines der aktuellen Trendwörter (513 Mio. deutsch- und englischsprachige Suchergebnisse auf Google [Quelle: www.google.com, Stand: 03. 07. 2022]). Liest man sich in die Suchergebnisse ein, entsteht schnell der Eindruck, dass der Tag auch nur mit Selbstreflexion verbracht werden kann. Ganz allgemein versteht man unter Selbstreflexion das Nachdenken über sich sowie das Analysieren, kritische Hinterfragen und Beurteilen des eigenen Denkens, Fühlens und Handelns. Und genau damit kann Selbstreflexion ein zweischneidiges Schwert sein: zu wenig verhindert die Chance auf persönliche Weiterentwicklung, ein zu viel führt oftmals zu einer nicht endenden Schleife an Selbstzweifeln. Was aber ist zu wenig, was zu viel? Diese Frage kann letztlich nur für sich selbst beantwortet werden. Und dabei helfen sicher auch die Suchergebnisse auf Google. Ein anderer Ansatz kann dabei die Arbeit mit Zielen sein. Ziele dürfen auch Spaß machen Können Sie sich noch erinnern, wann Sie das erste Mal mit dem Thema Ziele in Berührung gekommen sind? Vermutlich war dies noch im Elternhaus oder in der Schule. Bedauerlicherweise wird hier schon oft das erste Mal ein negativer Eindruck hinterlassen. Denn gerade in diesem Umfeld wird das Thema Ziele häufig mit einem „du musst“ verbunden. Und mal ganz ehrlich unter uns: Wer stand in dem Alter nicht mit dem Wort „müssen“ auf Kriegsfuß? Bestenfalls wurden entsprechende „Ratschläge“ mit einer Trotzhaltung umgesetzt, was jedoch auch nicht wirklich förderlich ist. Dabei kann und darf das regelmäßige Auseinandersetzen mit den eigenen Zielen auch Spaß machen. Sei es, dass es als Form des- - friedlichen- - Wettstreits mit anderen betrachtet wird oder als Checkliste für den eigenen Fortschritt, als Anreiz für eigene Belohnungen in der Zukunft oder Basis für die Zusammenarbeit an einem gemeinsamen Ziel. Wenn ein „ich darf“ oder „ich kann“ das „du musst“ ersetzt, ist ein erster großer Schritt in die richtige Richtung getan. Das Navigationssystem Ich vergleiche die Arbeit mit Zielen gern mit einem Navigationssystem. Und damit verbunden sind drei (nur) auf den ersten Blick sehr einfache Fragen: „Wo bin ich gerade? “, „Wo will ich hin? “ und „Wie komme ich von einem Punkt zum anderen? “. Die Fragestellungen lassen dabei verschiedene Dimensionen zu: geografisch, finanziell, emotional, partnerschaftlich sollen nur ein paar Nennungen sein. Und gerade die verschiedenen Dimensionen machen die Fragen zu hervorragenden Ausgangspunkten für die Selbstreflexion: Aus dem „Wo bin ich gerade? “ kann ein „Wer bin ich gerade jetzt? “ werden; aus dem „Wo will ich hin? “ wird ein „Wer will ich [eigentlich] sein? “ und aus „Wie komme ich von einem Punkt zum anderen? “ ein „Welche Möglichkeiten und Hindernisse liegen auf genau MEINEM Weg? “. Daher sind die Fragen auch nur auf den ersten Blick einfach. Denn genau sie erfordern es, sich intensiv mit uns selbst auseinanderzusetzen. Und welche der Fragen einfacher zu beantworten ist, ist sehr unterschiedlich und auch sehr von unseren persönlichen Einstellungen geprägt. So erfordert „Wo bin ich gerade? “ eine realistische Beschreibung des aktuellen Zustandes. Und das nicht einmalig, sondern permanent. Und damit die berühmt-berüchtigte Frage nach dem „Sind wir schon da? “. Stellen Sie sich vor, ein Navigationssystem würde nur einmal im Jahr den aktuellen Standort bestimmen und ansonsten immer vom letzten Punkt aus weiterarbeiten. Wir würden überall ankommen, nur nicht da, wo wir hinwollen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu bestimmen, „Wo stehe ich wirklich gerade? “ und nicht „Wo würde ich gerne jetzt schon stehen? “. Wenn wir uns an dieser Stelle selbst betrügen, führen danach alle Wege ins Nichts. Wie schnell es dabei zu einem Selbstbetrug kommen kann, merken wir alle im Alltag. Oder haben Sie auf die Frage „Wie geht es Dir? “ noch nie mit „Alles bestens.“, „Gut.“ oder „Passt schon.“ geantwortet, obwohl es alles andere als alles bestens, gut oder passend war? Aber auch die Suche nach dem „Wo will ich hin? “ erfordert unsere ganze Aufmerksamkeit. Denn auch dieser Punkt muss so konkret wie möglich beschrieben werden. So würde eine Eingabe von „Berlin“ unserem Navigationssystem immer noch sehr viel Spielraum lassen. Sicherlich gibt es in Berlin viele schöne und interessante Ecken, jedoch nicht jede davon ist für uns relevant. Nicht an jedem dieser Orte kommen unsere Wünsche, Träume und Werte zum Tragen. Und genau diese fließen hier ein und prägen unser Zielbild. Und ohne konkrete Beschreibung werden wir die Frage nach dem „Sind wir schon da? “ nicht beantworten können. Eventuell haben wir unser Ziel schon erreicht, merken es nicht und kreisen immer noch um den Block. Und auch die Suche nach unserem eigenen Weg stellt uns vor besondere Herausforderungen. Und zu UNSEREM Weg wird es durch UNSERE Wahl, die von unseren Wünschen, Träumen, Werten, aber auch Erfahrungen geprägt wird: manche Route ist durch Baustellen oder Staus versperrt, manch eine(r) fährt nicht gern Autobahn, andere meiden nachts Strecken durch waldreiches Gebiet, um Wildunfälle zu vermeiden, und manchmal erfordert ein längerer Weg eine zusätzliche Übernachtungsmöglichkeit. Gute Navigationssysteme bieten uns dabei drei alternative Routen an, aus denen wir unsere Wahl treffen können, um PM Forum Leipzig | Selbstreflexion durch Ziele unser Ziel zu erreichen. Dabei ist eigentlich jede Wahl richtig, da sie ja zum Ziel führen wird. Jedoch sollte uns bewusst sein, warum wir uns für diesen oder jenen Weg entscheiden. Denn dieses Bewusstsein ist unser Lerneffekt für die Zukunft. Es wird uns dabei unterstützen, in Zukunft andere, bessere Entscheidungen zu treffen. Mit vollem Tank bis ans Ziel Leider kommt bei der Arbeit mit Zielen auch immer wieder unser bisweilen sehr deutsches Temperament zum Tragen: Wir schaffen es einfach nicht, ein positives Bild unseres Zieles zu entwerfen. Sehr oft erlebe ich Zielformulierungen, die das Wort „nicht“-- wie in „Ich will dieses oder jenes nicht mehr“-- enthalten. Aber gerade solche Weg-von-Formulierungen entwickeln keinen Sog, um uns in eine bessere, erwünschte, schönere Zukunft zu führen. Vermutlich ist auch dies der Grund, warum trotz einer hohen Anzahl an unzufriedenen Mitarbeitern und Fachkräftemangel nur so wenige Arbeitnehmer tatsächlich ihren Arbeitsplatz wechseln. Wenn es leichter fällt, nur zu kritisieren, statt konkret zu beschreiben, was ich von einem ausgezeichneten neuen Arbeitsplatz erwarte, wird eine Veränderung schwerlich umzusetzen sein. Eine besondere Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich ist darüber hinaus auch noch in diesem scheinbar so leichten „Wo will ich hin? “ enthalten: „Was will ich da eigentlich? “ Häufig geprägt und beeinflusst unser soziales Umfeld unser Zielbild so subtil, dass wir es selber nicht merken. Aber unser Unterbewusstsein merkt dies deutlich vor uns und wenn es feststellt, dass es nicht unser Ziel ist, sondern ein von außen vorgegebenes, wird es sich instinktiv gegen die Verwirklichung wehren, uns sogar insgeheim sabotieren und Steine in den Weg legen. Ein positives Bild der Zukunft und ein klares Motiv für die Zielerreichung sorgen für einen immer vollen Tank, damit wir nicht auf der Strecke liegen bleiben. Fazit Die Arbeit mit Zielen kann ein Mittel der Selbstreflexion sein, da es aus der Vielzahl verfügbarer Selbstreflexionsfragen drei Hauptfragen herauskristallisiert. Sie geben uns Orientierung und verhindern, dass wir in einer Schleife des Selbstzweifels untergehen. Bei Bedarf lassen sich die Hauptfragen noch durch Teilfragen konkretisieren. Olaf Müller-Stegemann Mein Weg führte von Großbanken, über das Gesundheitswesen (davon 10 Jahre als Geschäftsführer) hin zu meiner Selbständigkeit. Heute begleite ich als Berater und Coach meine Kunden ganz individuell mit den Schwerpunkten Ziele, Visionen, Strategien. Anschrift: kontakt@ctc-nordstern.de www.ctc-nordstern.de Michael Hesseler Human Resource Management 4.0 Kluge Personalentscheidungen für die neue Arbeitswelt 1., Auflage 2022, 359 Seiten €[D] 49,99 ISBN 978-3-7398-3013-1 eISBN 978-3-7398-8013-6 Dieses Buch nimmt die Leser: innen mit auf eine Reise durch das unwegsame Gelände der Digitalisierung. Professionelles HRM muss die damit einhergehenden Veränderungen mit klugen Entscheidungen initiieren und begleiten, um zusammen mit anderen Unternehmensbereichen den wirtschaftlichen Erfolg zu sichern. Der Autor folgt dabei den praktischen Erfahrungen und wählt einen interdisziplinären Zugriff aus den Perspektiven der Betriebswirtschaft, der Soziologie, der Psychologie und Sozialpsychologie sowie der Neurowissenschaften, der Informatik, der Arbeitswissenschaft und letztlich der Unternehmensethik. Zukunftsorientiert berücksichtigt er v.a. die künstliche Intelligenz sowie die Bio- und Nanotechnologie hinsichtlich der Deckung des Bedarfs an Personalressourcen durch die Generationen Y und Z. Anzeige 56 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0102 Warum dauert das denn wieder so lange? Ein Seufzer, den wohl jeder Projektleiter kennt. Ja, warum dauert es so lange, bis interdisziplinäre Projektteams genau verstanden haben, was ihr Projekt ist, was der konkrete Auftrag ist und wohin die Reise geht? Die Antwort ist meistens: Zwischen dem Kunden und dem Projektteam ist der Auftrag nicht konkret geklärt. Dabei könnte es so einfach sein, hätten sich alle Beteiligten mit einem Big Picture über Ziele und Inhalt ihres Projekts verständigt. Das Große und Ganze in den Blick nehmen: Das ist eine der Hauptaufgaben des Projektmanagers. „Wenn das Ganze betrachtet wird („Seeing the Whole“), lassen sich Individualinteressen oder gruppenspezifische Sonderwünsche mit der Gesamtaufgabe in eine sinnvolle Balance bringen.“ [1] Ein zentraler Punkt ist es, die Projektbeteiligten auf ein Ziel und eine Richtung einzuschwören, einzuordnen, einzuschwingen. Das meint, den gleichen Blick auf das Projekt-Thema und -Ziel zu bekommen. Definition von Big Picture Das Big Picture ist ein Gesamtbild von Ideen, Visionen oder Zielen. Einfach und verständlich visualisiert schafft es ein gemeinsames Verständnis und eine einheitliche Sichtweise. Das Big Picture ist die griffige Interpretation in Form eines Gesamtbildes eines Projektes. [1] Big Picture hat Potenzial! Das wichtigste Potenzial von Big Picture ist, dass alle Beteiligten schnell zu gemeinsamen Erkenntnissen oder offenen Fragen kommen. Ein Big Picture erzeugt eine gemeinsame Sicht auf das Projekt und das angestrebte Ergebnis. Davon profitiert nicht nur das Projektteam selbst. Auch alle Stakeholder, vom Auftraggeber bis zum Lieferanten, können bei der Erstellung ihres Big Pictures auf einen Kurs eingeschworen werden. Zwingend dafür ist die Visualisierung. Durch die Visualisierung bekommt das Team Klarheit über den Auftrag oder in der Fragestellung. Im Big Picture wird eine Struktur dargestellt, die Orientierung bietet. Das Team erkennt die wichtigsten Aspekte, fehlende Informationen, unterschiedliche Varianten und Sichtweisen. Selbstverständlichkeiten können hinterfragt und z. B. ein Changeprozess beflügelt werden. Am Ende des Big-Picture-Prozesses hat das Team ein gemeinsames Verständnis des Projekts. Das Team hat Zusammenhänge dargestellt und konkrete Fragen formuliert. Das Big Picture ist damit der Startpunkt, um Detailarbeit zu definieren oder um (jetzt endlich) loszulegen: • Das Big Picture schafft eine gemeinsame Diskussionsgrundlage und eine einheitliche Sicht. • Alle Beteiligten bringen ihr Verständnis der Dinge ein. • Unterschiedliche Sichtweisen, Prioritäten und Perspektiven werden offensichtlich. • Fehlende Informationen werden erkannt. Einsatzmöglichkeiten für Big Picture: Big Picture zählt zu den wichtigsten Methoden der Ergebnisorientierung-- die Königsdisziplin unter den persönlichen und sozialen Kompetenzen im Projektmanagement. Big Picture kann in fast allen Projektsituationen zum Einsatz kommen, in denen verschiedene Projektbeteiligte einen Blick auf das Große und Ganze bekommen sollen, das Team „eingenordet“ werden soll. Eine Aufstellung zeigt die wichtigsten Einsatzgebiete: • Ideenrunden/ Brainstorming • Projekt-Auftragsklärung • Projekt-Kick-off oder Projekt-Start-up-Workshops • Projektpräsentationen und Roadshows • Darstellung von Visionen, Zielen und Unternehmensstrategien • Visualisierung von IT-Systeme und IT-Architektur Erfahrene Projektleiterinnen und Projektleiter nutzen Big Picture gern und regelmäßig als Werkzeug. Bei der C- und B-Level-Zertifizierung der IPMA gehört Big Picture zum Standard. Die zwei wichtigsten Schritte im Big-Picture- Prozess: 1. Moderation des Prozesses Der Teamleiter oder ein Moderator und das Projektteam erarbeiten Ideen, Ziele oder wichtige Aspekte und visualisieren sie mit der gewählten Methode. Gut geeignet für die Erstellung eines Big Picture ist die Methode „Fragetrichter“ aus dem Moderationswerkzeugkoffer. Schritt eins sind offene Fragen: Was, wie, wer, wozu, weshalb, wann? Was fehlt noch? Was genau gehört dazu? Der Weg geht immer vom Groben zum Feinen! 2. Visualisierung der Ergebnisse Schön malen muss man nicht, visualisieren aber auf alle Fälle: Einfach, plakativ, anschaulich und verständlich. Symbole, Pfeile, Strichmenschen reichen aus. Ein Big Picture kann kreativ gestaltet, skizziert oder auf der Basis einer Vorlage erstellt werden, das funktioniert digital oder analog. Es passt auf eine Din-A-4-Seite genauso wie auf ein Flipchart, Whiteboard oder ein digitales Board. Am besten eignet sich jedoch eine große Fläche, sie erleichtert den Blick aller Teilnehmer auf die gemeinsam erarbeitete Zielbestimmung. Freies Visualisieren Routinierte Projektmanager bereiten ihre Vorlage digital oder analog vor. In der Regel wird die Vorlage in 9 Felder unterteilt. Variante eins: Von der Mitte her denken! Das mittlere Feld ist reserviert für das Thema, um das es geht. In den umliegen- Big Picture-- Big Basic für jedes Projekt Sigfried Haarbeck PM Forum Leipzig | Big Picture-- Big Basic für jedes Projekt 57 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0102 den acht Feldern finden zugehörige Aspekte ihren Platz, z. B. Ziele, Chancen, Stakeholder, Risiken, Phasen, Meilensteine. Bei IT-Projekten kann die beispielsweise eine neue Software im Zentrum stehen, in den freien Feldern dann Schnittstellen, andere Systeme, Wechselwirkungen, Budget etc. Variante zwei: Ist-Soll-Entwicklungen darstellen. Hier wird auf der Vorlage von links nach rechts visualisiert- - vom Istzum Soll-Zustand. Die übrigen Felder dienen auch hier anderen wichtigen Aspekten des Themas. Dieses Modell wird für Change-Prozesse oder Investitionsprojekte genutzt. Arbeiten mit Big-Picture-Modellen Etliche standardisierte Big-Picture-Modelle erleichtern das Vorgehen: Sie bieten einen strukturierten Rahmen für den Prozess in einem professionellen Look and Feel. Die wichtigsten Modelle sind: 1. Roadmap Eine Roadmap bietet eine Übersicht, wie sich ein Produkt, Projekt, eine Abteilung oder ein Unternehmen entwickeln soll. Es ist somit ein zweckdienliches Kommunikationsmedium für Entwicklungs- oder Projektteams. Eine Roadmap zeichnet sich durch plakative Übersichtlichkeit aus und dient zur Projektvorbereitung und Grobplanung. 2. Auftragsklärung In der Auftragsklärung vereinbaren Team und Kunde den Inhalt des Arbeitsauftrags. Das magische Dreieck benennt Kosten, Zeit und Leistung. Die wichtigsten Stakeholder werden genannt und die Phasen und Meilensteine definiert. 3. Projekt Canvas Ein Project Canvas ist ein visuelles Instrument zur systematischen Erfassung der Bausteine eines Projekts. Für die Projektmitarbeiter wird grafisch einprägsam eine Aufgabenstellung als Projekt erfasst und in Form eines Big Picture dargestellt. Dabei helfen vorformulierte Fragen unter anderem zu Kundenanforderungen, Projektzielen, Phasen, Meilensteine, Budget, Risiken / Chancen etc. Alles wird in die Canvas-Felder eingetragen. Mit dem Big Picture im Projekt Canvas werden zugleich alle Bestandteile eines Projektsteckbriefes oder des Projektauftrags erfasst. Zusammenfassung Ob im Change-Prozess, im IT-Projekt oder bei klassischen Bauprojekten: Ein Big Picture hilft allen Beteiligten, sich auf das Ziel zu kalibrieren. Zum Projektstart ist das Big Picture alternativlos. Und im Verlauf des Projekts ist es eine gute Hilfe, das bereits erreichte zu würdigen und das gemeinsame Ziel zu fokussieren. © apropro Haarbeck Projektmanagement © apropro Haarbeck Projektmanagement PM Forum Leipzig | Big Picture-- Big Basic für jedes Projekt Literatur [1] Haarbeck, Siegfried, (2019) Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM4), Hrsg. Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement, 1. Auflage, S. 978 [2] Nowotny, V. (2017) Agile Unternehmen. Nur was sich bewegt kann sich verbessern. 3. Auflage Göttingen, Business Village Verlag, S. 70) Siegfried Haarbeck Siegfried Haarbeck ist seit über 20 Jahren leidenschaftlicher Projektmanagement-Trainer und Berater, mehrfach ausgezeichnet als Bestin-Class-Trainer. Er arbeitet mit Methoden der Moderation, Kreativität und Agilität mit hoher Wertschätzung für PM-Profis und Einsteiger. Er berät Unternehmen und coacht Führungskräfte nach dem Leitmotiv „Projekte auf den Punkt bringen“. Als überzeugter PM-Netzwerker leitet er die GPM-Regionalgruppe Thüringen. APROPRO Haarbeck Projektmanagement Brühl 16, 99 423 Weimar E-Mail: Info@apropro.de Tel.: 03 643 - 518 424 © apropro Haarbeck Projektmanagement Gerald Pilz Revolution am Arbeitsplatz Wie wir in Zukunft arbeiten werden 1., Auflage 2022, 155 Seiten €[D] 29,99 ISBN 978-3-7398-3094-0 eISBN 978-3-7398-8094-5 Das Buch informiert anschaulich über die Entwicklungen und Studien im Bereich neuer Arbeitsformen. Der Autor spannt dabei den Bogen von New Work und Arbeiten 4.0 sowie Home Office und Remote Work über die Zunahme der Digitalen Nomaden bis hin zur Gig Economy in der Weltwirtschaft. Konkrete Fallbeispiele und innovative Ansätze aus aller Welt geben einen Einblick in diese spannenden Themen. Das Buch richtet sich in erster Linie an Fachkräfte im Personalbereich und Führungskräfte in Unternehmen und anderen Organisationen. Anzeige 59 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0103 Erfahrungsbericht des IT-Dienstleisters GISA Die Evolution eines Projektmanagement Offices Michael Schulz-Berthold Für eilige Leser | Erfahren Sie mehr über die Evolution eines Projektmanagement Offices (PMO)-- von der Etablierung über die Definition einer Multiprojektumgebung bis hin zur Integration von agilen Arbeitsweisen. Welche Hauptaufgaben erfüllt ein PMO, und was sind die Top Ten der bereitgestellten Hilfsmittel? Im Rahmen des GPM PM Forums am 07. und 08. 07. 2022 haben wir als GISA unser Projektmanagement Office (PMO) und seine Entwicklung vorgestellt. Dieses hat sich von der Etablierung 2009 über die Definition einer Multiprojekt-Umgebung bis hin zur Integration von agilen Arbeitsweisen entwickelt. Aktuell besteht das PMO aus vier selbstorganisierenden Teams und bildet die Klammer zwischen Projektmethoden und operativ tätigen VollzeitprojektleiterInnen in einem IT-Unternehmen. Im zweiten Teil unseres Workshops diskutierten wir mit den ca. 40 TeilnehmerInnen im Rahmen eines World Café die Schwerpunkte Etablierung eines PMOs, Hauptaufgaben eines PMOs, Integration von agilen Methoden und die Top-Ten-Hilfsmittel, die ein PMO bereitstellen kann. Während der Diskussionen wurden viele interessante Standpunkte ausgetauscht und dokumentiert. Schlagwörter | Projektmanagement Office, Projektmanagement-Methoden, Etablierung PMO, Aufgaben eines PMOs, PM-Hilfsmittel, Agile Methoden Die Evolutions-- „Geschichte“ des GISA-PMO Der IT-Dienstleister GISA hat 2009 ein unternehmensübergreifendes Programm zur Implementierung von Projektmanagementstandards auf Multiprojekt- und Einzelprojektebene initiiert. Hierbei wurden Themen wie Anforderungs- und Ressourcenmanagement, Portfoliosteuerung, Wirtschaftlichkeits- und Nutzenanalysen der Projekte und die Integration in Vertriebs- und Service-Prozesse auf der Multiprojektumgebung definiert und beschrieben. Im Zusammenhang mit Einzelprojekten erfolgte die Etablierung eines einheitlichen Projektstandards sowie die Definition und Bereitstellung von Methoden und Hilfsmittel. Der Change-Prozess innerhalb der GISA wurde über ein eigenes Kommunikationsprojekt begleitet. Zudem erfolgte die Integration in die Prozesslandschaft der GISA. Abschließend flossen alle Konzeptionen in die Auswahl und Einführung einer Multiprojekt-Systemumgebung, die 2011 produktiv gesetzt wurde und bis heute die Abbildungen der Einzelprojekte und Projektportfolios ermöglicht. Aktuell werden jährlich ca. 1300 Projekte in der Software verwaltet. Ein wesentlicher Akzeptanz- und Erfolgsfaktor ist die tiefe Integration in das kaufmännisch führende SAP-System. Hier werden neben Kontierungsstrukturen täglich alle projektrelevanten Aufwands-, Kosten und Erlöswerte ausgetauscht. Nach dem Start des Programms wurde 2011 ein nächster Meilenstein genommen: Das PMO der GISA hat seine Arbeit aufgenommen, um in den folgenden drei Jahren sein internes Angebot an die Projektorganisationen der GISA zu etablieren. Die Hauptaufgaben liegen bis heute in: • der Weiterentwicklung der Methoden, Prozesse und Standards im Projektmanagement, • der Unterstützung des Ressourcenmanagements für interne und externe Ressourcen, • der Bereitstellung von Projekt- und Portfolioberichten, • der Bereitstellung von Projektservices (Coaching, Moderation von Kickoffs und Lessons Learned), • der Unterstützung der Projektmanagement-Kompetenzentwicklung übergreifend, • der Weiterentwicklung der Prozess- und Inhalte der Projektportfolio-Software, • der Sammlung und Aufbereitung von Wissen in und aus Projekten, • der Darstellung der Projektmanagement-Kompetenz der GISA nach außen und • Führung der internen Projektmanagement-Community. Als nächster Schritt folgte 2018 die Integration von agilen Frameworks in das PMO. Die steigende Anzahl agil geführter Projekte zeigte uns als GISA die Notwendigkeit, neben klassischen Projektvorgehen auch agile und hybride Ansätze zu definieren und zu unterstützen. Hierzu haben wir die Rollen Agile Coach und Scrum Master im PMO ausgeprägt und damit den Weg zu einem agil arbeitenden IT-Dienstleister geebnet. Unsere PMO-Evolution fand ihren bisherigen Höhepunkt 2020 durch die Zusammenlegung der PM-Methoden mit operativ arbeitenden ProjektleiterInnen. Seitdem ist das PMO in folgende vier selbstorganisierende Teams aufgeteilt: 1. Projektmanagement-Methoden (ursprüngliche PMO-Aufgaben) PM Forum Leipzig | Die Evolution eines Projektmanagement Offices 60 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0103 2. Zentrale Projektplanung GISA für die Abbildung von Kleinprojekten in den Prozessen und der Bereitstellung von Projektportfolioberichten 3. Agile Office zur Unterstützung der agilen Arbeitsweisen 4. Operative VollzeitprojektleiterInnen der GISA, die ausschließlich mittlere und große Projekte der GISA leiten Ob der gewählte Weg der GISA der richtige ist und welche Erfahrungen andere Unternehmen gesammelt haben, besprachen wir im Rahmen des PM Forums in Leipzig mit Workshop- TeilnehmerInnen. Dazu wählten wir die vier Themenblöcke und kamen zu folgenden Ergebnissen: Etablierung eines Projektmanagement Offices Die TeilnehmerInnen waren sich einig, dass es ohne Management-Unterstützung für die Gewährung von Freiräumen nicht gelingen wird, ein PMO zu etablieren und die dafür nötige Akzeptanz herzustellen. Hierbei ist es essenziell, dass sich jedes Unternehmen die Frage stellt: Für welchen Zweck benötige ich ein Projektmanagement Office? Daran lässt sich knüpfen, welche Roadmap aufgestellt werden soll und was Quick Wins sein können. Ob man als Unternehmen hierzu auf externe Unterstützung setzt, liegt in den Präferenzen der jeweiligen Unternehmen. Ein Blick von außen kann meist aber hilfreich sein. Abschließend waren sich die TeilnehmerInnen einig, dass es sinnvoll ist, eine schrittweise Einführung anzustreben, damit die Organisationen vom begleitenden Change- Prozess nicht gebremst werden. Hauptaufgaben eines Projektmanagement Offices Hierbei relevant sind vor allem die Bereitstellung von Methoden und Hilfsmitteln sowie notwendiger Tools. Dies immer mit dem Hinblick auf Standardisierung und Arbeitserleichterung für die Projektorganisationen. Darüber hinaus muss das PMO auch die Entwicklung der PM-Kompetenz im Unternehmen fördern und steuern. Hierbei sind Schulungen, Zertifizierungen und die Bildung von Netzwerken ein wesentlicher Arbeitsschwerpunkt. Neben ProjektleiterInnen gibt es weitere AdressatInnen wie die Managementebene, die Leistungen eines PMOs beziehen können. Hierbei sind Transparenz im Projektportfolio, Vergleichbarkeit und Entscheidungsunterstützungen für Projekte sowie Statusinformationen wesentlich. Das PMO kann in der Rolle als Qualitätssicherung und neutrale Projektbegleitung einen weiteren Mehrwert für Projekte liefern. Abschließend sei an der Stelle auf die Fachgruppe „PMO“ der GPM verwiesen, die die zwölf Wirkungsfelder eines PMOs beschrieben hat. Die Rolle der Agilität in einem PMO Mit Blick auf die Aufgaben eines PMOs stellt Agilität eine Besonderheit dar. Zum einen hängt sie stark von den Erfordernissen des Unternehmens ab, zum anderen ist sie stark mit der Kultur verwoben, die auch projektübergreifend herrscht. Agile Methoden können ein Bestandteil des PMO-Methodenkoffers sein und sollten mit Augenmaß für die geeigneten Projekte angewendet werden. In der Wahl des Projektvorgehens liegt hier das größte Unterstützungspotenzial eines PMOs. Wird ein agiles oder hybrides Projektvorgehen gewählt, muss ein PMO aber in der Lage sein, dies zu unterstützen, im Idealfall mit der Rolle Scrum Master auch personell zu besetzen. Ob die Rolle Scrum Master ein Teil des PMO sein kann oder muss, wurde kontrovers diskutiert und nicht abschließend geklärt. Im Zuge der Umsetzung agiler Projekte kam von verschiedenen TeilnehmerInnen der Hinweis auf die Angebots- und Vertragsgestaltungen vor allem für Festpreis-Projekte. Hierbei kann das PMO unterstützen und im Idealfall auch einen Standard liefern. Die Top-Ten-Hilfsmittel, bereitgestellt von einem PMO Was sind nun die Top-Ten-Hilfsmittel, die ein PMO bereitstellen kann? Um diese Frage zu beantworten, braucht es einen Blick auf die möglichen AdressatInnen. Neben ProjektleiterInnen nehmen Business Owner und EntscheiderInnen PMO-Leistungen in Anspruch. Während ProjektleiterInnen eher den Austausch mit Gleichgesinnten suchen und vorrangig Ausbildung, Coaching und Sparring nutzen, sind Business Owner an Standardisierung und damit Kostenoptimierung interessiert. Hierzu benötigen sie umfangreiche und aussagekräftige Berichte sowie definierte Prozesse und Rollen. Unabhängig von den AdressatInnen haben wir folgende Top-Ten-Hilfsmittel festgehalten: 1. PM-Standards in einem Projektmanagement-Handbuch 2. Tools und Templates (Einzelprojektmanagement) 3. Coaching und Mentoring 4. Projektmanagement-Ausbildung 5. Projektprozesse und Rollenbeschreibungen 6. Projektcontrolling-Sichten 7. Projektportfolio-Berichte 8. Austauschplattform für ProjektleiterInnen 9. Best Practice und Wissensmanagement-Unterstützung 10. Transparenz in der Planung der Ressourcen Michael Schulz-Berthold Michael Schulz-Berthold ist Director des Project Management Office der GISA GmbH und IPMA® Level B- - Certified Senior Project Manager. Seit 16 Jahren ist er als Projektmanager und im PMO der GISA tätig. Die Führung des PMO hat er 2017 übernommen. eMail: michael.schulz-berthold@gisa.de 61 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0104 Komplexe Sachverhalte greifbar und lösbar gestalten 3D-Welten-- Visualisierung auf einem neuen Level Miriam Sasse Am 7. Juli 2022 hatten wir die Möglichkeit auf dem PM Forum der Gesellschaft für Projektmanagement e. V. 24 Teilnehmenden die 3D-Welten von Janek Panneitz vorzustellen. In nur zwei Stunden visualisierten Janek Panneitz und ich mit allen gemeinsam unsere Vorstellung von einer Projektmanagement-Arbeitswelt in 2030. Die 3D-Welten sind eine Visualisierungsmethode, die komplexe Sachverhalte darstellt und besprechbar macht, wenn einfache Whiteboards oder Pinnwände in 2D nicht mehr ausreichen. Wer täglich komplexe Themen gestaltet und diese verantwortungsvoll umsetzt, hat mit den 3D-Welten ein wirkungsvolles Tool zur Hand. Alle Mitgestaltenden können sich besser orientieren und für die nächsten Schritte ausrichten. Egal ob Projekt-, Portfolio- oder Strategie-Manager, egal ob Mitarbeitende oder Führungskräfte-- eine Veranschaulichung mit 3D-Welten wirkt auf allen Ebenen. „Mich hat besonders begeistert, dass wir spielerisch entwickeln konnten, wie unsere Welt 2030 aussehen soll”, sagt Stephan Reinisch, Unternehmensinhaber bei Die Energieingenieure GbR und Teilnehmer des PM Forums. „Wir haben methodisch in verschiedenen Dimensionen geprüft und diskutiert, und sind gemeinsam zu Ergebnissen gekommen. Viele BuzzWords haben wir nach und nach eliminiert und uns auf das konzentriert, worauf es wirklich ankommt.“ Dieser Beitrag veranschaulicht, wie die 3D-Welten in vier Phasen zur Visualisierung beitragen. Es wird deutlich, wie 3D-Welten die Aufmerksamkeit fokussieren und das intellektuelle Potenzial der gesamten Gruppe auf die Problemlösung lenken. Die hohe Komplexität wird dargestellt, ohne dass es unübersichtlich oder ermüdend wird. Entscheidungen werden nachhaltiger getroffen und tägliche Probleme des Projekt-Alltags gelöst. Obwohl 3D-Welten viele Methoden der Visualisierung miteinander verbindet, bleibt es leichtgewichtig und jederzeit schnell anwendbar. In vier Phasen eine 3D-Welt gestalten Zu Beginn stellt der Moderator das Motto vor, zu dem eine 3D-Welt erstellt wird. In der ersten Phase werden die wichtigsten Themen gesammelt und jedes Thema wird auf je ein Sechseck geschrieben (Bild 1). Danach werden Themen, die zusammen gehören, dadurch geclustert, dass die Sechsecke zusammengeschoben werden. Dadurch entwickeln sich die Themeninseln. Die Nähe der Inseln drückt die inhaltliche Nähe der Themen aus. Zusätzlich werden mit Brückenelementen Verbindungen geschaffen (Bild 2). So werden die Abhängigkeiten zwischen den Themen visualisiert. In der dritten Phase werden die Sechsecke mit Höhenplättchen priorisiert. Höher liegende Themen haben eine höhere Priorität als niedrig liegende (Bild 3). Anschließend werden durch unterschiedliche Marker, wie zum Beispiel kleine Holzhäuschen, weitere Inhalte ausgedrückt (Bild 4, Abbildungen von Janek Panneitz). PM Forum Leipzig | 3D-Welten-- Visualisierung auf einem neuen Level 62 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0104 Auf diese Weise markieren die Teilnehmenden Produktionsorte, Informationsflüsse, Stakeholder und vieles andere. Für die 3D-Welten wird bewusst die Metapher der Insel- Welt genutzt. Alle Teilnehmenden sehen vor ihren geistigen Augen verschiedene Inselgruppen entstehen und bei steigendem Meeresspiegel untergehen. Nur hochgelegene Inselteile, d. h. Themen mit hoher Priorisierung, trotzen dem steigenden Meeresspiegel. Häuser auf niedrigen Inselteilen gehen als Erstes im Meer unter. Gehirnkraft und Aufmerksamkeit lenken Die 3D-Welten erinnern auf den ersten Blick an ein Brettspiel und dieser erste Blick trügt nicht: Brettspiele schaffen es, dass Menschen sich freiwillig in ihrer Freizeit damit beschäftigen, komplexe Probleme zu lösen. Damit Spielende schnell Entscheidungen treffen können müssen alle Informationen schnell erfassbar dargestellt werden. Dafür haben Brettspiele Mechanismen entwickelt, um schnell darzustellen, wo Ressourcen sind, welche Handlungsoptionen es gibt, welche Strategie und welche Taktik die Mitspieler haben könnten. Diese Mechanismen hat Janek Panneitz in die 3D- Welten übertragen, um komplexe Themen handhabbar und entscheidbar zu machen. „Ich bin mit einer neutralen Meinung in den Workshop gegangen- - wieder mal Gamification- - aber dieses Mal war ich ganz angenehm überrascht, über die Methodik und über die Trainer. Ich empfand es als sehr produktiv, was wir veranstaltet haben”, freut sich Uwe Kopp, Head of Project-Management Skills, Qualification & Coaching bei CLAAS KGaA mbH. „Diese Methodik ist meiner Meinung nach sehr gut geeignet, um auch das Top-Management abzuholen, ohne die notwendige Seriosität zu verlieren. Es ist vorstandsfähig, weil die Tiefe der Auseinandersetzung und die hohe Qualität der Materialien die sonst übliche Distanz überbrücken.” Komplexität darstellen, ohne die Wahrnehmung zu überlasten Wenn Teilnehmende in einem Meeting über eine lange Zeit Fließtext in 2D lesen oder auf ein Whiteboard starren, ermüdet irgendwann ihre Wahrnehmung. Aufgrund der Komplexität wachsen die Inhalte kontinuierlich, der Text wird länger, das Whiteboard immer voller und dieser Wahrnehmungskanal wird überlastet. Ein Wechsel der Wahrnehmungskanäle löst dieses Problem: verschiedene Formen, verschiedene Farben, räumliche Nähe und Distanz, dazu Bewegung im Raum PM Forum Leipzig | 3D-Welten-- Visualisierung auf einem neuen Level 63 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0104 und deren Wechselwirkung helfen dabei, zwischen den Kanälen umzuschalten und konzentriert zu bleiben. Haptisch nachhaltige Entscheidungen treffen 3D-Welten machen Entscheidungen greifbarer. Die Teilnehmenden nehmen die Marker in die Hand und platzieren die physischen Objekte dort, wo sie sich positionieren wollen. Sie beziehen Stellung, sie positionieren sich für anstehende Entscheidungen und sie gestalten aktiv ein dreidimensionales Bild mit. Die entstehende 3D Welt ist ein Abbild ihres gemeinsamen Einigungsprozesses und jeder findet darin einen Platz. Egal ob intro- oder extravertiert, Mitarbeitende oder Führungskräfte- - allen stehen die gleiche Anzahl an Marker zu, um Wertungen zu setzen. Niemand gibt der Gruppe mit seiner oder ihrer Entscheidung die Meinung der ganzen Gruppe vor. Gruppendenken wird vermieden und der IKEA-Effekt tritt ein: Was ich selbst gebaut habe, das hat einen höheren Wert für mich als das, was andere erbaut haben. „Ich war extrem positiv überrascht, dass wir einen Konsens gefunden haben mit lauter Leuten, die sich vorher überhaupt nicht kannten”, erklärte Christoph Lehnert, Managing Consultant bei der bu: st group GmbH, Fachgruppenleiter der GPM Young Crew. „Obwohl jeder seine eigene Agenda verfolgt hat, hatten wir zum Abschluss ein Bild, dem alle zustimmen. Viele Einzelbeiträge wurden nicht hoch priorisiert oder fielen komplett raus, aber das war für alle vollkommen in Ordnung, weil sie zum Gesamtergebnis beigetragen haben.” Probleme des Projektalltags lösen Tagtäglich benötigen wir unsere Handlungskompetenzen, um Projekte zu managen. Das ICB4 unterscheidet Kontext-Kompetenzen, persönliche und soziale Kompetenzen sowie technische Kompetenzen. Die 3D-Welten helfen dabei, die Kompetenzen lösungsorientiert zu nutzen. Die Themen auf den Insel-Sechsecken können Elemente aus dem Projektkontext darstellen, Risiken fürs Risikomanagement, Stakeholder fürs Stakeholdermanagement, die verschiedenen Features des Produktes, die Ziele des Projektes und vieles mehr. Um sich auf die Komplexität vorzubereiten und Strategien für den Umgang zu entwickeln, bieten die 3D-Welten die Möglichkeit zu sortieren, zu visualisieren, zu priorisieren und sich gemeinschaftlich auszurichten. Mit den 3D-Welten gehört es der Vergangenheit an, dass alle Themen die Priorität 1 erhalten, niemand Transparenz über die Situation hat oder das gemeinsame Commitment zur festgelegten Ausrichtung fehlt. Teams, die Selbstorganisation und hohe Autonomie anstreben, können durch die 3D-Welten besser kommunizieren. Stakeholder und am Workshop Unbeteiligte können schnell über die Ergebnisse informiert werden, weil sie die 3D-Visualisierung mit wenig Erklärung nachvollziehen können. Weitere Parteien können schnell dazukommen und sich mit einbringen. Methoden leichtgewichtig zu etwas Neuem kombinieren Eine Visualisierungsmethode wie die 3D-Welten ist vollkommen neu. Sie geht über das Priorisieren durch Punktekleben weit hinaus. Dadurch dass viele Methoden miteinander kombiniert werden, potenziert sich ihre Wirkung. Die Kombination ist deshalb nicht massiv überlastet, weil sie verschiedene Wahrnehmungskanäle anspricht. Ein komplexes System wird durch die 3D-Welten so weit vereinfacht, dass die Diskussion nicht am eigenen Gewicht stirbt. Das Ergebnis ist so leichtgewichtig, dass die Beteiligten sich auf die Komplexität einstellen, die Details greifen und die Ergebnisse transferieren können. In Ihren Anwendungsbereichen einsetzen Auch ohne das Material für die Visualisierung mit 3D-Welten zu besitzen, können Sie Inhalte über mehrere Wahrnehmungskanäle darstellen. Versuchen Sie das, was Sie gewöhnlich an einer Pinnwand oder einem Whiteboard festhalten, auf den Tisch zu legen. Arbeiten Sie mit verschiedenen Höhen zur Priorisierung und nutzen Sie statt Klebepunkte unterschiedliche Objekte. So können wir die Frustration über die Begrenztheit des zweidimensionalen Raums beenden. Die 3D-Welten können Sie auf unterschiedliche Weise anwenden und kombinieren. Bisher kennen wir Kombinationen mit diversen Liberating Structures, den Objectives and Key Results (OKR) und dem Schema-Coaching mit Teams. Zahlreiche weitere Anwendungsbereiche sind möglich und wir freuen uns sehr über den Austausch mit Experimentierenden. Literatur Steinhöfer, D. (2021). Liberating Structures: Entscheidungsfindung revolutionieren (1. Aufl.). Vahlen. Aerssen, B. V., Buchholz, C., Burkhardt, N., Bretz, S., Brüser, B., Göhring, G., Herrmann, J., Kossey, D., Lammert, S., Sauer, D., Scharikow, T., Schönhoff, T., Sommer, B. & Wacker, V. (2022). Das große Handbuch Digitale Transformation: 222 Methoden und Instrumente für mehr Wandlungsfähigkeit im Unternehmen (1. Aufl.). Vahlen. Oech, V. R. (2021). The Creative Contrarian: 20 „Wise Fool“ Strategies to Boost Creativity and Curb Groupthink (1. Aufl.). Wiley. Phan, N. (2018). Endowment Effekt. Warum Ikea glücklich macht (1. Aufl.). GRIN Verlag. Janek Panneitz ist Organisationspsychologe und begeisterter Brettspieler und Entwickler der 3D Welten Methode. Als freiberuflicher Trainer, Berater und Facilitator entwickelt er neue Methoden und Formate um Organisationspsychologie erlebbar zu machen und bietet Ausbildungen zu den 3D Welten an. Dr. Miriam Sasse ist derzeit als Senior Agile Transformation Managerin in einem internationalen Medienkonzern tätig. Als zertifizierter Business Coach und Agile Coach begleitet sie die Transformation des Unternehmens zu mehr Agilität und coacht Führungskräfte für diese Herausforderung. Miriam Sasse ist Autorin mehrerer Fachbücher, Regionalgruppenleiterin der GPM (Gesellschaft für Projektmanagement e. V.), Dozentin an verschiedenen Hochschulen, Host des internationalen Podcasts Agile World sowie offizielle Trainerin für OpenSpace Agility und Inviting Leadership in Deutschland. 64 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0105 Durch Agile Games lernen und wirken Im Team Kommunikation, Kultur und Kollaboration spielerisch boostern Ellen Hermens Für eilige Leser | Spiele bilden metaphorisch reales Leben ab. Sie machen Strukturen nicht nur theoretisch, sondern persönlich erlebbar. Im beruflichen Kontext stellt die anschließende Reflexion über das Spiel einen wichtigen Teil dar. Durch das Erkennen von störenden Strukturen oder Mustern im Spiel können Teams mit eigenen Lösungen wirkungsvoll ihre Kommunikation, Kultur und Kollaboration verbessern. Welche Agile Games dabei besonders hilfreich sind und zu einer besseren Teamperformance beitragen, stand im Mittelpunkt des Workshops auf dem diesjährigen PM Forum. Schlagwörter | PM Forum 2022, Agile Games, Serious Games, Spiele, Zusammenarbeit im Projekt Das haben Sie sicher schon erlebt: Konflikte im Team bremsen die Projektarbeit und Reibereien sorgen für endlose Diskussionen. Schlimmstenfalls boykottieren sich Teammitglieder gegenseitig. Der Zusammenhalt und die gute Zusammenarbeit leiden, die Leistung des Teams geht in den Keller. Um dem zu begegnen oder auch schon präventiv entgegenzuwirken, lohnt es sich, drei Aspekte zu beleuchten: Teamkommunikation, Teamkultur und Teamkollaboration. Im Workshop auf dem PM-Forum 2022 standen diese drei Themen im besonderen Fokus. Wir stellen sie nochmal vor, ergänzt mit Hintergründen und einigen Tipps. Thema 1: Teamkommunikation Erfolgreich miteinander kommunizieren ist ein grundlegendes Element in Teams, denn es erzeugt gemeinsames Verständnis. Teams, die effektiv kommunizieren, brauchen nicht viele Worte, um zu den gleichen Schlüssen zu gelangen. Missverständnisse und Fehlinterpretationen werden minimiert. Beim Spiel „Diversity-Index“ etwa lernen sich die Teilnehmenden zunächst besser kennen und ermitteln den Grad der Diversität in ihrer Gruppe. Vielfalt kann sich auf das Alter, die ethnische Zugehörigkeit, die Herkunft, das Elternhaus, die Fähigkeiten, die Erfahrung, die Ausbildung und vieles mehr beziehen. Das unterstützt und fördert das gegenseitige Verständnis bei neu gegründeten, aber auch bestehenden Teams. Thema 2: Teamkultur Nicht nur jedes Unternehmen, auch jedes Team verfügt über seine eigene Kultur. Ähnlich wie jedes Land und sogar jeder Ort seine Eigenheiten besitzt. Teams, die sich kultureller Unterschiede und impliziter Rahmenbedingungen bewusst sind, diese respektieren und miteinander entdecken, reduzieren Missverständnisse und Unmut über unerwartete Reaktionen. Das hat sich für die teamübergreifende Kollaboration und die Zusammenarbeit verschiedener Rollen bewährt. PM Forum Leipzig | Im Team Kommunikation, Kultur und Kollaboration spielerisch boostern 65 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0105 Ein Spiel, das unterschiedliche Kultur sichtbar und erlebbar macht- - ganz ohne Worte- - ist das „Stille Casino“ oder die Variante „CultuRallye“ von Metalog. An dieser Stelle wird nicht mehr über das Spiel verraten, da der Erfahrungsgewinn primär davon abhängt, die Regeln nicht zu kennen. Nur so viel: Die Erkenntnisse der Teilnehmenden des Workshops waren vielfältig. Beispielsweise führte eine erfolgreiche Strategie in einem Team zum Verlieren im anderen. Zudem erkannten die Teilnehmenden, wie wichtig die Einarbeitungsphase ist, um neue Teammitglieder produktiv einzubinden. Schließlich wurde deutlich, dass es sinnvoll ist, kontinuierlich im Team zu reflektieren und dabei auch Regeln zu hinterfragen. Thema 3: Teamkollaboration Ein weiterer Faktor für Erfolg im Projekt ist oft, dass alle am selben Strang ziehen. In der Realität sind Projekte jedoch komplex und es gibt nicht „den einen Strang“. Vielmehr müssen alle Teammitglieder miteinander interagieren und aufeinander eingehen, um erfolgreich zu sein. Das mitgebrachte Spiel „Strippenzieher“ ist einfach gehalten: Insgesamt zehn Schnüre sind an einer Halterung mit Stift befestigt. Jede Person hält je eine Schnur mit einer Hand. Ziel ist es, als Gruppe etwas zu zeichnen oder etwas zu schreiben. Das ist gar nicht so einfach, denn jede einzelne Person hat Einfluss darauf, wie sich der Stift bewegt. Das bedeutet, alle müssen sich auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. In der einfachen Version erleben die Spielenden mit Spaß, wie sie beim Zeichnen voneinander abhängen. Beim PM Forum 2022 wurde zudem durch veränderte Regeln ein Perspektivenwechsel herbeigeführt: 1. Runde: Die Spieler dürfen nicht reden, kennen das Ziel nicht. Eine Person ist Führungskraft (ohne Schnur), kennt das Ziel und gibt Anweisungen. Schließen die Spielenden mit Schnur die Augen, so kann das Erleben verschärft werden. 2. Runde: Alle dürfen reden und kennen das Ziel, etwas gemeinsam zu schreiben. Der Perspektivenwechsel findet dann statt, wenn die Führung nicht von einer Führungskraft übernommen wird. Das Team erkennt oft, dass sie in der Selbstorganisation der Gruppe die besten Ergebnisse erzielen. Danach: Reflexion im Debriefing Bei Teamspielen und Simulationen im Projektmanagement ist ein Kernelement das Danach: das Debriefing oder die Reflexion. Erkenntnisse, die ein Team aus dem Spiel zieht, sind immer ausgerichtet auf deren Herausforderungen. Probleme, Strukturen und Verhaltensmuster werden sichtbar und können auf diese Weise adressiert werden. Selbstverständlich fördert auch das ziellose Spielen den Teamzusammenhalt. Geht es jedoch darum, das Team weiterzubringen und eine Entwicklung anzustoßen, ist ein Debriefing essenziell. Teams, die eigene Erfahrungen machen und eigene Rückschlüsse ziehen, können im Debriefing auch ihre eigene Lösung finden. Das ist besonders empfehlenswert, da diese in der Regel besser angenommen werden. Einige Tipps für Spielleiter • Können Sie das Team nicht für Spiele begeistern, so nennen Sie es Simulation oder Experiment. • Schaffen Sie einen geeigneten Rahmen für psychologische Sicherheit. • Haben Sie immer einen Plan B. • Kennen Sie die Spiele selbst richtig gut, sodass Sie den Spaß in die Gruppe tragen und Wirkung erzielen können. Es lohnt sich die Spiele im Vorfeld mit einer Testgruppe auszuprobieren. Wie und warum funktioniert Spielen Spiele haben eine Vielzahl positiver Aspekte. Sie schaffen einen „Safe-Space“, der Risiken minimiert. Zum Beispiel: In einem Fahrsimulator können Spielende Fehler machen und PM Forum Leipzig | Im Team Kommunikation, Kultur und Kollaboration spielerisch boostern Fahrweisen ausprobieren, die in der Realität nicht möglich sind-- ohne geschäftliche Konsequenzen zu befürchten. In Spielen zeigen sich Verhaltensmuster, die typischerweise in Stresssituationen auftauchen. In der Reflexion sucht das Team nach Erkenntnis und eigenen Lösungen. Spiele fördern das Miteinander, haben Teambuilding-Effekte, erzeugen Perspektivenwechsel und bauen Vertrauen auf. Sie helfen dabei, Kanten und Reibungspunkte innerhalb eines Teams abzubauen. Und schließlich machen Spiele Spaß und steigern die Motivation. Fazit-- Schlüssel zum Erfolg Spiele eröffnen vielfältige Möglichkeiten und können für bestimmte Ziele eingesetzt werden. Sie sind kein Allheilmittel, aber das richtige Spiel in der richtigen Situation hat durch das persönliche Erleben und die eigenen Lösungen schon zu nachhaltigen Verbesserungen geführt. Literatur [1] Online im Internet: Diversity Index, Manangement 3.0, Stand: 21. 07. 2022 https: / / management30.com/ practice/ diversity-index/ [2] Online im Internet: Culturallye, Metalog, Stand: 21. 07. 2022 https: / / www.metalogtools.com/ products/ allproducts/ 11/ culturallye [3] Online im Internet: Agile Game Night meetup, Stand 21. 07. 2022 https: / / www.meetup.com/ de-DE/ agile-game-night/ Fotos: PM-Forum 2022 © GPM Ellen Hermens Ellen Hermens ist Senior Agile Coach und Agile Trainerin bei der iteratec GmbH und unterstützt Unternehmen und Führungskräfte in Change- und Innovationsprozessen. Ihr Motto: „Spielerisch- - Menschen bewegen! “ Ihre Erfahrungen aus verschiedenen beruflichen Stationen, ihre Führungserfahrung und ihr Know-how als Agile Game Facilitator verbindet sie zu einer interdisziplinären Melange. Zusätzlich betreibt sie als Trainerin das Agile Game Night meetup, eine Experimentierplattform für Business-Spiele. Ulrich Engelmann, Martin Baumann Zielführend moderieren Kompetenzen - Methoden - Wege zum Gesprächserfolg 1., Auflage 2022, 438 Seiten €[D] 34,90 ISBN 978-3-8252-5689-0 eISBN 978-3-8385-5689-5 In der Teamarbeit wird Moderation zum Erfolgsfaktor, der jedoch häufig unterschätzt wird. Ausgehend vom persönlichen Kompetenzniveau verknüpft dieses Buch Grundlagen und Methoden zu Wegen, um Ihre persönliche Entwicklung individuell zu begleiten: Einsteiger: innen finden hilfreiche Checklisten und Basistechniken für ihre ersten Moderationen, Fortgeschrittene wertvolle Praxistipps und Methoden für den Ausbau ihrer Moderationskompetenz. Profis schließlich genießen eine raffinierte Aussicht auf weniger bekannte Techniken und neue Anwendungen. Weiterführende Exkurse zum Meeting-Management und zur Online-Moderation runden den Anwendungshorizont ab. Ob in Beruf, Studium oder Ehrenamt - derart ausgestattet gelingen Ihre eigene sowie die Entwicklung Ihres Teams durch zielführende Moderation. Anzeige 67 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0106 Über Komplexität und das Korsett Visualisierung Facilitation und Gamification in Projekten Daniel Reinold Sie müssen in Ihrem Berufsalltag Informationen vermitteln und klar kommunizieren? Sie suchen gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen nach neuen Optionen, Produkt- oder Dienstleistungsideen? Wie Sie sicher tagtäglich feststellen, wird dies stetig schwieriger, da unser Umfeld immer komplexer wird. Wir müssen in weltweit verteilten Teams arbeiten. Darüber hinaus werden wir auch noch von Prozessen und Vorgaben in enge Korsette gepresst. Freiheit oder das Lockern des Korsetts führt mancherorts zu Überforderung. Bietet ein Korsett denn nicht auch Halt bzw. Struktur für unseren Arbeitsalltag? So mischt sich (altbewährte) Struktur mit offenen Arbeitsmodellen. Das gilt auch für Vorgehensmodelle, die stetig an den aktuellen Zeitgeist angepasst werden. Stetig versuchen wir, mit den Veränderungen Schritt zu halten-- diese „artgerecht“ zu beschreiben. So kommt es zu kilometerlang erscheinenden Konzepten. Wir bestehen auf leider mehr oder weniger nutzlose Besprechungsprotokolle oder tanzen einem punktuell interessierten Publikum mithilfe einer uniform gestalteten Präsentation dem letzten Stand des aktuellen Projektes vor. Mit diesem Artikel möchte ich Ihnen den ein oder anderen Anreiz geben, mit etwas Mut und Ihrer Individualität aus diesem Korsett auszubrechen und etwas auszuprobieren. Visuelles Denken Es geht um das „Visuelle Denken“. Dabei handelt es sich nicht um eine spezielle Lehre oder gar eine spirituelle Handlung, sondern um eine Technik, die sehr wahrscheinlich jede: r von uns kennt und doch selten anwendet. Visuelles Denken ist Denken mit dem Stift-- oder Kreide-- gerne auch Haftnotizen. Manche wenden das visuelle Denken auch in Form von Rollenspielen an. Für alles gibt es einen geeigneten Anwendungsfall. Diese Technik erlaubt es uns, Kommunikation emotional und zielgerecht zu gestalten, indem wir die menschliche Vorstellungskraft adäquat adressieren. Egal ob Moderation, Dokumentation, Problemlösung oder Ideenfindung visuelles Denken hilft uns bei all diesen Disziplinen in unserem beruflichen Alltag. Mit dem ersten Bild haben Sie bereits ein Beispiel gesehen, wie visuelles Denken eingesetzt werden kann. Einzeln gut erklär- oder recherchierbare Begriffe werden im Gesamtzusammenspiel dargestellt und unabhängig von ihrem konkreten Einsatz in Beziehung gesetzt. So entsteht ein kompliziert wirkendes Bild. Würden wir unser jeweils individuelles Bild zeichnen und in die Zukunft mit neuen Bildelementen anreichern, würden wir eine äußerst komplexe Kollage zusammenstellen können. Abbildung 1: (Botta, Visual Braindump) Auch bei umfassendem Verständnis einzelner Inhalte ist es schwer, die Übersicht zu behalten PM Forum Leipzig | Visualisierung Facilitation und Gamification in Projekten 68 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0106 Ein weiteres Beispiel zeigt eine andere Einsatzmöglichkeit: Das Protokoll oder vielmehr ein Deckblatt zum weiteren Austausch oder Studieren der Inhalte. Das Ziel des Bildes ist es, Inhalt schnell und unkompliziert zu vermitteln. Die Farbe gibt die verbundene Emotion wieder und soll anregen, die Inhalte nicht nur schnell, sondern auch „gerne“ zu überblicken. Wie im ersten Bild dienen die Bildmetaphern dem Transport der Inhalte. Entweder erleichtern sie das Lesen des Bildes, bieten einen Haltepunkt zur weiteren Orientierung oder regen zum Nachdenken oder sogar zur Diskussion an. Aber: Sind diese „Malereien“ denn nachhaltig oder nur vorübergehend „nett anzuschauen“? Haben Sie schon einmal vom Picture Superiority Effekt gehört? Der Picture Superiority Effekt Der Picture Superiority Effekt besagt, dass ein Mensch bei Informationen in reiner Textform sich nach drei Tagen noch etwa 10 % der Gesamtinformation merken kann. Bei Informationen, die aus Bildern und Text bestehen, können wir uns nach drei Tagen bis zu 65 % merken. Die ergänzenden Bilder nehmen wir hier besonders schnell auf. Die Verbindung Text-Bild nutzt im übertragenen Sinn einen breiteren Kanal in unser Gehirn. Verglichen mit einem schmalen Kanal, den wir nur mit viel Übung oder einem grundsätzlichen Talent beschleunigen können. Die Vorteile der visuellen Sprache kurz zusammengefasst • Durch die visuelle Sprache trainieren wir unser Gehirn und können uns Sachverhalte leichter merken. • Visuelle Sprache hilft uns, besseres Verständnis für neue Themen zu erlangen. Versehen Sie in Zukunft Ihre Notizen mit Bildern und Sie werden sehen, dass sie komplexe Themen leichter erschließen und somit auch leichter lernen. • Visuelles Denken steigert die Performance beim Arbeiten in der Gruppe. Der Einsatz von visuellen Techniken erhöht das Verständnis in Gruppen, fördert den Austausch und die Interaktion unter den Teilnehmenden. • Abschließend ein persönlicher Punkt: Wie Sie an den Bildern vielleicht erkennen konnten: Visualisierung macht auch jede Menge Spaß. Abbildung 2: (Reinold, Visual Braindump) Mit dem Stift durch Information führen-- ein Ausschnitt eines visuellen Protokolls Visuelles Denken-- mit der richtigen Methodenwahl als Facilitator PM Forum Leipzig | Visualisierung Facilitation und Gamification in Projekten Dieter Brendt, Olaf Mackowiak Führung in der Technik 1., Auflage 2021, 177 Seiten €[D] 34,90 ISBN 978-3-8169-3467-7 eISBN 978-3-8169-8467-2 Mitarbeitende zielgerichtet und effektiv führen zu können, ist ein Schlüssel für nachhaltigen Unternehmenserfolg. In diesem Buch werden den Leser: innen durch die direkte Ansprache und die Praxisbeispiele von Kolleg: innen in vergleichbaren Situationen Denkanstöße und Tipps geboten, um ihren Führungsstil zu analysieren und darauf aufbauend zu optimieren. Es werden bewährte Maßnahmen und Techniken zur effizienten Gestaltung und Beherrschung der vielfältigen Anforderungen im sich schnell verändernden technischen wie gesellschaftlichen Umfeld vorgeschlagen, die praxisgerecht im Führungsalltag eingesetzt werden können. Anzeige Facilitation Mit einem klaren Fokus auf das Ziel der Gruppe oder Unternehmung nutzen Facilitators das visuelle Denken durch die Methodenwahl. Geeignete Methoden mit visuellen Elementen unterstützen die Prozessperspektive im Lern-, Kreativ- oder Lösungsprozess, die die Facilitation so besonders macht. Als Facilitator möchte ich den Prozess so effizient und effektiv halten, um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen. Dabei werden die Methoden so ausgewählt, dass sie das Ziel unterstützen. Sei es für einen experimentellen Korridor des „Probierens“ oder Testens oder die zielgerichtete Arbeit für Veränderungsprozesse. Gamification Mit Gamification spitzen wir den Fokus des Facilitators auf das Ziel der Gruppe in Verbindung mit der Prozessperspektive noch weiter zu. Statt spezifische Methoden anzuwenden, rücken wir in einen geschützten Raum-- das Spiel. Das Spiel simuliert in Gamification eine reale oder fiktive Situation. Das geschieht so, dass wir in diesem Spiel Dinge ausprobieren können, die in unserem Berufsalltag zeitaufwändig, teuer oder risikobehaftet sind- - natürlich unter absolut idealen oder laborhaften Bedingungen. Eine praktische Anwendung kennen Sie vielleicht aus Test- oder Produktlabors. Vielleicht auch in entsprechenden Projektphasen. Modelle, Rollenspiele und Trainings seien hier explizit genannt. Als Facilitator wählen wir das Spiel und steuern den Spielprozess. Wir überblicken Spielregeln, sorgen für eine entsprechende Atmosphäre, leiten an und wenden über das Spiel die Techniken des visuellen Denkens an. Christian Botta war 15 Jahre als Projektmanager und Führungskraft in der IT beschäftigt, bevor er 2015 die Firma Visual Braindump mit seinem Co-Referenten gründete. Die Idee: die Themen Visualisierung und Management zusammenbringen. Heute ist er als Trainer, Moderator & Coach für bessere Projekte, Design Thinking und visuelles Denken unterwegs-- sowohl in Präsenztrainings als auch in Videotrainings bei LinkedIn. www.visual-braindump.de ideas@visual-braindump.de Daniel Reinold ist Experte für die Einführung und Optimierung agiler Frameworks und Ansätze. Zu seinen Kernthemen gehören ebenfalls systemisches Coaching mit dem speziellen Format des Visuellen Business Coachings. Mit über zehn Jahren Erfahrung im Bereich der Projekt- und Teamleitung gründete Daniel Reinold 2015 gemeinsam mit Christian Botta die Firma Visual Braindump. www.visual-braindump.de ideas@visual-braindump.de 70 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33 . Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0107 Tobias Krüger, Experte für Transformationsprojekte Die Kraft der Willigen nutzen Oliver Steeger Digitale Transformationen und Kulturwandel gelten in vielen Organisationen als Schlüssel zur Zukunft. Tobias Krüger-- Impuls-Speaker auf dem zurückliegenden PM Forum Digital-- zählt zur ersten Riege der Experten für Wandel und Transformation. Er hat beispielsweise den Wandel der Otto Group begleitet und darüber hinaus Einblick genommen in die Transformation von mehreren hundert Unternehmen. Auf dem PM Forum Digital gab Tobias Krüger den Teilnehmern einen Überblick über die Herausforderungen bei digitalen Transformationsprojekten. Im Gespräch erklärt er die wesentlichen Erfolgsfaktoren Herr Krüger, Sie sagen, dass Kulturwandel und digitale Transformation nicht nur für Unternehmen wichtig sind, sondern für jeden Einzelnen-- und die ganze Gesellschaft. Tobias Krüger: Fangen wir mit den Einzelnen an. Ich spüre unter vielen Mitarbeitenden die Sehnsucht, anders zu arbeiten und geführt zu werden. Es gibt einen inneren Druck bei den Einzelnen. Ihr Leben wird im privaten Alltag immer digitaler-- doch viele Unternehmen verharren digital im Jahr 1990. Bei den Mitarbeitenden klaffen Lebensrealität und Arbeitsrealität auseinander. Das führt dazu, dass sie mit ihrer Situation am Arbeitsplatz unzufrieden werden. Pandemie und andere Krisen, die wir erleben, steigern dies noch einmal. Was die Unternehmen betrifft: Die Gründe sind hinlänglich bekannt. Unternehmen stehen vor vielfältigen Herausforderungen-- angefangen bei der Internationalisierung über den Abriss von Lieferketten, die Globalisierung bis hin zu Energiekrise und Personalmangel. Es geht nicht mehr so weiter wie bisher? Nein. Wir müssen uns transformieren-- auch gesellschaftlich. Die Herausforderung für unsere Gesellschaft ist aus meiner Sicht: Wir müssen bestimmen, wie wir eigentlich in unserem Land leben, wenn die Welt um uns herum digitaler wird. Der Globus wird nicht darauf warten, dass wir uns in Deutschland endlich digital wandeln. Daraus entstehen für uns vielfältige Fragen: Wie sind heute Themen wie Bildung oder Steuergerechtigkeit organisiert- - und wie sollen sie in Zukunft organisiert sein? Was ist mit digitaler Teilhabe? Es sind übrigens immer Wie-Fragen. Also: Wie wollen wir die Transformation angehen? Wie wollen wir digitaler werden? Sprechen wir bitte über Transformationsprojekte. Diese häufig als Changeprojekte bezeichneten Vorhaben verlaufen meistens im Sande. Was kann man bei solchen Projekten falsch machen? In jeder Organisation findet man Treiber für die Transformation, also Mitarbeitende, die eine Leidenschaft für den Wandel entwickeln und ihr Unternehmen mitverändern wollen. Diese Gruppe macht nach meiner Erfahrung ungefähr fünf Prozent der Belegschaft eines Unternehmens aus. Der Fehler ist, dass diese Gruppe der Willigen bei Transformationsprojekten häufig nicht genutzt wird. Warum? Diese Leute sind doch bereits für den Wandel gewonnen? Das ist richtig. Dennoch ist der Schluss falsch, dass diese Gruppe kaum Aufmerksamkeit braucht. Ganz im Gegenteil, wer die Kraft dieser Gruppe der Willigen ungenutzt lässt, verschenkt unglaublich viel Potenzial. Handelt es sich bei dieser Gruppe vor allem um junge Menschen? Nein, auch dieses Vorurteil ist falsch. Ich kenne viele ältere Beschäftigte, die der digitalen Welt gegenüber aufgeschlossen sind, mit dem Smartphone unterwegs sind, online einkaufen oder Social Media nutzen. Wie progressiv Menschen sind-- das ist keine Frage von Alter, Geschlecht, Hierarchieebene oder PM Forum Digital | Die Kraft der Willigen nutzen 71 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33 . Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0107 Dauer der Betriebszugehörigkeit. Das Problem für die Menschen in dieser Fünf-Prozent-Gruppe ist, dass sie sich nicht kennen. Sie glauben, dass sie mit ihrer Begeisterung für Wandel allein in ihrer Organisation sind, quasi Geisterfahrer in einer Einbahnstraße. Neben dieser kleinen, aber wichtigen Gruppe der Willigen gibt es noch zwei weitere Gruppen. Vermutlich die Mehrheit-… Richtig. Die größte Gruppe ist die der Skeptiker. Sie erkennen die Notwendigkeit des Wandels kognitiv-rational. Sie bezweifeln aber, ob dies konkret in ihrer Organisation funktioniert. Sie haben schon gefühlt dutzende solcher Projekte durchlebt und durchlitten-- und erkannt, dass sie zu nichts geführt haben. Diese Gruppe macht nach meiner Erfahrung ungefähr 80 Prozent der Belegschaft aus. Bleiben noch 15 Prozent-… Das ist die dritte Gruppe. Ich nenne sie den „pöbelnden Mob“, auch wenn dies sehr unfreundlich klingt. Kann man durchaus als unfreundlich verstehen-… Das Problem ist: Obwohl diese Gruppe relativ klein ist, ist sie sehr laut. Viele in dieser Gruppe halten das Transformationsprojekt und den Kulturwandel für Blödsinn. Wegen ihrer Lautstärke kann schnell der Eindruck entstehen, dass sie für die gesamte Organisation sprechen. Wie kann man die Mehrheitsgruppe für ein Transformationsprojekt gewinnen? Ich halte es nicht für klug, bei der 80-Prozent-Gruppe der Skeptischen zuerst anzusetzen. Viele Verantwortliche von Transformationsprojekten stellen sich vor diese Leute, versuchen sie zu überzeugen und auf ihre Seite zu ziehen. Diesen Fehler habe ich anfangs auch gemacht; ich habe versucht, die Gruppe der Skeptischen für die Veränderung zu gewinnen. Sie haben dann genickt und manchmal auch applaudiert. Verändert hat sich dann leider nichts- - trotz der Zustimmung. Wie eben gesagt, diese Gruppe ist häufig bereits durch viele Changeprojekte gegangen. Sie haben dabei für sich verinnerlicht, dass sich durch solche Projekte- - so vernünftig sie scheinen-- nichts bewegt. Welche Bedeutung hat das Top-Management in einem Transformationsprojekt? Das Top-Management muss hinter der Veränderung und dem Transformationsprojekt stehen! Ist das Top-Management nicht an Bord, lohnt es sich nicht anzufangen. Deshalb halte ich wenig von den Graswurzel-Projekten, bei denen der Wandel von unten in der Hierarchie kommen soll. Rührt solch eine Bottom-up-Bewegung an Fragen, die für das Machtzentrum der Organisation wichtig sind, wird die Initiative häufig gestoppt. Graswurzel-Projekte können selten Grundlegendes bewirken. Also: Das Top-Management muss man immer im Rücken haben. Wie starten Sie normalerweise ein Transformationsprojekt? Zunächst: Ich bringe keinen Plan mit, was in einer Organisation verändert werden soll. Stattdessen konzentriere ich mich auf die Fünf-Prozent-Gruppe der Willigen. Ich versuche, diese Menschen zu vernetzen. Sie sind zum einen motiviert, Übersetzt in das „Neue Jetzt“ präsentiert sich das PM Forum seit diesem Jahr in einem neuen innovativen Format. Anders als in den Jahren zuvor hat das Neue PM Forum seinen gewohnten Veranstaltungsort Nürnberg verlassen und wird gleich zwei Mal im Jahr stattfinden. Im Sommer als Präsenzveranstaltung mit jährlich wechselndem Standort und im Herbst als rein digitale Veranstaltung. Dabei bildet das GPM Highlight Event stets den State of the Art des Projektmanagements ab. Neben zukunftsweisenden Impulsvorträgen, hochkarätigen Referentinnen und Referenten sowie interaktiven Workshops und Praxisvorträgen dürfen sich die Teilnehmenden auf organisiertes und spontanes Netzwerken mit der PM-Community freuen. 2023 findet die Präsenzveranstaltung des PM Forum am 15. und 16. Juni 2023 in Köln statt. etwas zu verändern. Zum anderen sind in dieser Gruppe viele Experten für die Organisation, die die Probleme und Schmerzen des Arbeitsalltags kennen. Jeder Mitarbeitende hat einen „Machtbereich“, in dem er ohne Rücksprache Bestehendes verändern kann. Diese Freiheit können die Willigen nutzen. Ich unterstütze sie dann, wirksam zu werden. Wirksam-- inwiefern? Ich begleite sie, eine Vielzahl von Experimenten durchzuführen, um die Organisation umzugestalten. Sie probieren Neues aus, erwerben Skills, lernen und beobachten, wie es läuft. Was nicht funktioniert, stirbt. Das, was sich in der Organisation bewährt, bleibt erhalten. Damit wird Verantwortung für Kulturwandel und Transformation in der Organisation sozialisiert; die Organisation selbst ist für den Wandel verantwortlich, für Erfolge und Misserfolge- - und nicht der Projektmanager. Ein weiterer Punkt: Aus diesen Experimenten kommen häufig praktische Erfolge, die echte Schmerzpunkte in der Organisation beseitigen. Mit diesen Erfolgen gewinnt man dann Schritt für Schritt Skeptiker aus der 80-Prozent- Mehrheit. Sie erkennen, dass sich dieses Mal etwas bewegt bei dem Transformationsprojekt. Dass ihre Organisation sich tatsächlich wandeln kann. Gestatten Sie mir einen Einwand. Wer sich auf eine kleine Gruppe im Unternehmen konzentriert, könnte die Organisation spalten. Diejenigen, die vorangehen, bekommen mehr Einfluss. Skeptiker und Gegner könnten sich dann erst recht gegen Neues wenden. Wie gehen Sie mit diesem Risiko um? Die Spaltung ist eine große Gefahr, das gebe ich zu. Um sie zu vermeiden, definiere und verteile ich beispielsweise Rollen. Ich gebe beispielsweise Kritikern und Gegnern der Veränderungen eine Rolle und nutze ihre Energie. In einem Transformationsprojekt braucht man auch kritische Stimmen. Also bringe ich solche Menschen etwa in einem Sounding Board zusammen, das das Vorhaben kritisch begleitet. Das heißt, Sie formulieren Angebote, um Menschen einzubinden-… Ja. Ich lade sie ein, am Prozess teilzunehmen. Das ist für alle Beteiligten auch kognitiv zu verstehen. Wenn aber jemand mehrmals gefragt wurde, ob er mitmacht, und er wollte nicht- - dann darf er am Ende auch nicht herumkritteln. Er sollte den Mund halten. PM Forum Digital | Die Kraft der Willigen nutzen Eine letzte Frage: Angenommen, ein guter Freund ruft bei Ihnen an. Er hat die Projektleitung für ein Transformationsprojekt übernommen. Er steht mit seinem Vorhaben noch ganz am Anfang -- und braucht einen guten Rat für den Start. Was würden Sie Ihrem Freund empfehlen? Ich setze zwei Punkte voraus: Zum einen muss das Top-Management die Veränderung wirklich wollen, zum anderen konzentriert sich dieser Freund zunächst auf die Fünf-Prozent- Gruppe der Willigen und vernetzt sie. Einverstanden! Ich empfehle meinem Freund, dass er sich mit den Willigen auf reale Probleme konzentriert, also auf Dinge, die die Menschen dort spürbar stören. Wo sind die Schmerzpunkte in der Organisation? Weitere Empfehlung: Er sollte eine Vielzahl von Experimenten anstoßen und die Verantwortung schnell in die Hände der Organisation geben, also in die von Teams oder Fachabteilungen-- und dann sich schnell wieder aus den einzelnen Experimenten herausziehen. So stellt er sicher, dass er sich selbst nicht mit zu vielen Einzelmaßnahmen überlastet. Auch bei Transformationen hat der Tag nur 24 Stunden. Man muss seine Kräfte klug einsetzen. Eingangsabbildung: © iStock.com / peterschreiber.media Tobias Krüger Tobias Krüger gilt als einer der Experten im deutschsprachigen Raum, wenn es um die Themen der digitalen Transformation und den Kulturwandel geht. Er ist als Autor, Speaker und Prozessbegleiter tätig. Zudem hat er als Founder und CEO von Hello.Beta einen Ort geschaffen, an dem gesellschaftliche Fragestellungen rund um die Herausforderungen der Digitalisierung eine Heimat gefunden haben. Tobias Krüger vereint die Erfahrung aus mehr als 50 strategischen Projekten mit der operativen Erfahrung als langjähriger Division Manager des Kulturwandel-4.0-Prozesses der Otto Group. Dabei hat er über die Unternehmensgrenzen hinaus gewirkt und die Vernetzung von einer Vielzahl von Unternehmen zum Kulturwandel etabliert. Dies hat ihm Einblick in die Transformationsprozesse von mehreren hundert Unternehmen im deutschsprachigen Raum gewährt. Dietmar Zobel Von der Idee über die Erfindung zum Patent 1., Auflage 2022, 380 Seiten €[D] 39,90 ISBN 978-3-8252-5895-5 eISBN 978-3-8385-5895-0 Wie entkomme ich der Routine? Wo tummeln sich die guten Ideen und wie setze ich sie um? Wie schütze ich meine Innovationen vor Nachahmer: innen und verdiene damit Geld? Der Autor liefert konstruktive Handlungsempfehlungen: Intuition ist wichtig, aber nicht alles - kreatives Denken und Arbeiten ist erlernbar! Dr. rer. nat. Dietmar Zobel ist Industriechemiker, Erfinder, Fachautor, Methodiker und TRIZ-Trainer. Er war in leitenden Funktionen in der Industrie tätig und ist Inhaber zahlreicher Patente. Anzeige 73 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0108 Buchbesprechung Agiles Projektmanagement nach Scrum Thor Möller Sabine Niodusch: Agiles Projektmanagement nach Scrum, Dreitägiges Trainingskonzept + Follow-up-Tag, Verlag managerSeminare, Einzelpreis 248 Euro (eDoc) oder 268 Euro (USB-Stick) Sabine Niodusch erweitert hier in bewährter Form ihre erfolgreichen Trainingskonzepte zum Projektmanagement. Zu den bisherigen Trainingskonzepten Projekte erfolgreich starten und steuern, Projekt-Team erfolgreich führen, Projektleiter-Trainings erfolgreich leiten und Hybrides Projektmanagement folgt nun dieses Trainingskonzept Agiles Projektmanagement nach Scrum. Das digitale Trainingskonzept kann entweder direkt digital geladen oder auf USB-Stick bezogen werden. Der Kauf beinhaltet eine Trainer-Einzellizenz. Das digitale Material umfasst eine Word-Datei mit Trainingsdesign und -ablauf, umfangreiche PowerPoint-Charts für die Präsentation, eine Vorlage für ein Handout, Vorlagen für Flipcharts, Excel-Vorlagen für Product Backlogs, ein Dashboard und Burndowncharts etc. sowie Leitfäden und Templates für die vielen Übungen. Für weitere Online-Ressourcen zu diesem Trainingskonzept ist ein Link enthalten. Darin sind u. a. eine Textdatei mit allen Übungen zum Konzept, Mustervorlagen, Icons und interaktive Arbeitsblätter enthalten. Unter folgenden Stichpunkten werden die einzelnen Seminarinhalte verteilt auf die drei Seminartage plus Follow Up- Tag inkl. optionaler Inhalte unterteilt: • Agile Werte, Agile Prinzipien, Agile Techniken, Agile Methoden • Artefakte • Product Backlog • Stakeholderanalyse • Refinement • Definition of Done • Risiken ernst nehmen • Die Rollen: Product Owner, Scrum Master, Developer • Scrum Meetings • Sprint Prozess • Sprint-Prozess-- Fortsetzung • Dokumentation • Verantwortung • Anforderungen an die Rollen Product Owner, Scrum Master und Developer • Einsatzmöglichkeiten für agiles Projektmanagement • Ideen für die Einführung / Umsetzung • Ihre Praxiserfahrungen • Ihre Themen • Selbstorganisation • Entscheidungen treffen im Team • 'Spielregeln'-- Best Practice • Die drei Scrum-Säulen Transparenz, Überprüfung und Anpassung • Fallarbeit an Ihren Praxisfällen Trotz der großen Fülle an Material und Informationen ist für den Trainer alles übersichtlich strukturiert und schnell erkennbar. Trainer und Teilnehmer können sich stets am Ablaufplan orientieren. Inhaltlich ist es sehr gut gelungen, die wesentlichen Inhalte darzustellen. Dennoch hat man zu keiner Zeit das Gefühl einer Überforderung. Aufgrund der guten Aufgeräumtheit können Anfänger und Fortgeschrittene im agilen Projektmanagement nach Scrum trainiert werden. Hilfreich für die Teilnehmer ist allerdings eine gewisse Erfahrung in der Mitarbeit in Projekten. Der tabellarische Ablaufplan ist ein detailliertes Drehbuch für das Trainingskonzept und gibt dem Trainer eine fundierte Orientierung. Die Tabelle enthält für alle drei Trainingstage inkl. Follow Up-Tag in kleinen Sequenzen von 5 bis 30 Minuten eine schrittweise Durchführung aller Einzelthemen. Dabei werden die Uhrzeiten, Dauern, Inhalte und Trainerhinweise, Format / Methode, betreffende Folien sowie Material und Medien dezidiert beschrieben. Die Unterlagen können ebenso als eine Checkliste zur konkreten Vorbereitung des Einzelauftrags dienen. Die Unterlagen können selbstverständlich individuell angepasst werden. So können alle Folien und das Handout mit eigenen Logos und Trainerinformationen bestückt werden. Ebenso können strukturelle und inhaltliche Anpassungen der Vorlagen erfolgen, so dass das Training mit unterschiedlichen Dauern, Zielgruppen etc. maßgeschneidert werden kann. Die Entwicklung eines neuen Trainings kostet eine Menge an Arbeitstagen zur Konzepterstellung und Materialgestaltung sowie der sukzessiven Optimierung- - insbesondere für aussagekräftige Folien. Dieses direkt anwendbare Trainings- Buchbesprechung | Agiles Projektmanagement nach Scrum Die neue Buch-Reihe aus der Kooperation von UVK und der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Die Reihe behandelt insbesondere neue Fachthemen und neue Herangehensweisen in der Projektmanagementpraxis. Dabei steht der konkrete Nutzen für die praktische Anwendung im Vordergrund. Leser und Leserinnen dürfen sich demnach sowohl auf einen Wissenszuwachs als auch Tipps für den Praxisalltag freuen. Band 1 und 2 sind jetzt erschienen! Alle Bände der Reihe in Print oder eBook und mehr Informationen finden Sie unter www.uvk.de Projektmanagement neu denken Anzeige konzept erspart dem Trainer diesen Aufwand. Neue Anbieter in diesem Themenbereich erhalten zudem die Sicherheit, ein umfangreiches und qualitätsgesichertes Trainingskonzept und -material verwenden zu können. Das ist umso bedeutsamer, als dass der Hype um Agilität und Scrum eine Vielzahl von Trainingsangeboten unterschiedlicher Qualität hervorbringt. Doch auch erfahrene Trainer zum agilen Projektmanagement mit Scrum können von den Unterlagen eine Menge profitieren. Sie können ihre eigenen Unterlagen mit diesem Trainingskonzept und -material spiegeln und ergänzen. Auch für jeden erfahrenen Trainer zu diesem Themenbereich kann dieses Werk eine Menge Impulse geben. Die Trainingskonzepte von Frau Niodusch sind eine echte Bereicherung für die Aus- und Weiterbildung im Projektmanagement im deutschsprachigen Raum! Link zur Verlagsseite: Agiles Projektmanagement nach Scrum (Trainingskonzept) (Trainingskonzept) (managerseminare.de) 75 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0109 Jens Köhler Priesberg trifft Ehrlich nach einem sehr abstrakten Film über die Grundlagen der Digitalisierung. „Ich habe eben erfahren, dass es in der Mathematik Aussagen gibt, die wahr, aber nicht beweisbar sind. Das ist ja wie der schweigsame Täter, der vor Gericht steht, aber mangels Indizien freigesprochen werden muss“, spricht ein sichtlich bewegter Priesberg. Ehrlich winkt ab und ergänzt: „Es handelt sich um den Satz von Gödel und er gilt für jedes Axiomensystem. Axiome sind übrigens widerspruchsfreie Glaubenssätze.“ Priesberg schluckt: „Wenn ich an Menschen und Organisationen denke, beide werden doch auch von Glaubenssätzen beeinflusst-…“ Ehrlich unterbricht ihn: „Nicht beeinflusst, sondern gesteuert.“ Priesberg übernimmt wieder: „Sei es drum, in mir kommt gerade die Frage hoch, ob es in Organisationen auch Aussagen gibt, die wahr, aber unbeweisbar sind. Und vor allem: Was können diese Aussagen bewirken? “ Ehrlich ist ganz erstaunt: „Du sprichst ja wie ein Mathematiker. Ich möchte hier lieber praktisch sein: Diese Aussagen gibt es-- und man nennt sie Gerüchte.“ Er unterlegt das letzte Wort mit einer geheimnisvollen Geste und flüstert dabei. „Gerüchte, Gerüchte-…“ Priesberg überlegt noch, als ihm Ehrlich wieder ins Wort fällt: „‚Der Kollege x oder die Kollegin y mag keine agilen Methoden.‘ Oder: ‚Das Nachbarteam wird unser Projektergebnis blockieren. Immer! Und überall! ‘ Das sind nur harmlose Muster üblicher Gerüchte. Du kennst sicher noch viel mehr. Aber viel wichtiger: Was ist allen Gerüchten gemeinsam? “ Priesberg muss nicht lange überlegen: „Sie klingen wahr, aber lassen sich innerhalb einer Organisation, wie einem Team, schwer widerlegen.“ Ehrlich übernimmt: „Bravo, Kollege. Und da Organisationen aus Kommunikation bestehen, können Gerüchte zu ihrem Zusammenhalt beitragen und sogar zu Glaubenssätzen werden-- willkommen in der Blase.“ Priesberg überlegt: „Mir fällt da gerade die Geschichte von Watzlawick mit dem Hammer ein. Jemand versteift sich in dem Gedanken, sein Nachbar lehne ihn ab und möchte ihm daher keinen Hammer ausleihen. Als letzte Konsequenz beschimpft er den ahnungslosen Nachbarn-- und zwar ohne jeden Anlass.“ Ehrlich stimmt zu: „Ja, so können sich Gerüchte materialisieren: Zwei Projektteams arbeiten an unterschiedlichen Lösungsansätzen und blockieren sich gegenseitig, da jedes Team glaubt, seine Lösung sei die einzig Wahre. Das Ergebnis: Zeitverlust, zusätzliche Kosten und frustrierte Mitarbeiter. Das ist die Materialisierung von Gerüchten in Organisationen.“ Priesberg ist wenig optimistisch: „Gibt es einen Ausweg? Wenn der Satz von Gödel auch für Organisationen gilt, dann lässt sich wohl wenig ändern.“ Ehrlich lästert: „Der Film muss dich schwer beeindruckt haben. Du schwebst ja geradezu in den höchsten Sphären der Logik. Die Antwort ist aber ganz einfach: Immer schön im Gespräch bleiben und gelegentlich auch mal auf die Fakten schauen.“ Priesberg schüttelt sich ein wenig und wirkt, als ob er gerade aufgewacht ist: „Du meinst, gemeinsame Erfahrungen zwischen Projektteams fördern, über konkrete Themen sprechen, methodischen Austausch erlauben, Experten hören. Das ist doch gar nichts Neues. Warum den Umweg über die Glaubenssätze? “ Ehrlich spricht geheimnisvoll: „Glaubenssätze können sich verändern. Und das wollen wir erreichen. Je mehr wir uns austauschen und im Gespräch bleiben, desto geerdeter sind sie. Und geerdete, faktenreiche Glaubenssätze sind die beste Medizin gegen Gerüchte.“ Priesberg spricht leise weiter: „Die Gerüchte verschwinden dann einfach so? “ Ehrlich wiederholt seinen Kollegen: „Einfach so“, und fährt fort: „Wenn man frühzeitig in den Austausch geht, kommen sie sogar nicht auf. Denn die gemeinsamen Erfahrungen schaffen ein „Wir-Gefühl.“ Priesberg ist jetzt wieder ganz bei sich: „Ohne diesen mathematischen Überbau hätte ich den übergreifenden Projektaustausch als nettes soziales Ereignis abgetan. Aber jetzt habe ich sogar eine handfeste Begründung für die Sinnhaftigkeit solcher Maßnahmen.“ Ehrlich schaut seinen Kollegen sehr ernst an und wiederholt die geheimnisvolle Geste von vorhin: „Eine Sache macht mir aber noch große Sorgen.“ Priesberg verdreht die Augen: „Was denn? “ Ehrlich antwortet: „Deine abstrakte Sprache.“ Er formt die Hände zu einem Trichter und hält sie an seinen Mund: „Erde an Priesberg: Wir brauchen Sie hier. Bitte landen Sie unverzüglich! “ Priesberg hat es verstanden und lacht: „Diesen Ausflug in die Logik werde ich so schnell nicht vergessen. Aber jetzt lieber in die Kantine. Lieber Knödel statt Gödel.“ Eingangsabbildung: © iStock.com / Comeback Images Sind Gerüchte unwiderlegbar? Kolumne Jens Köhler Dr. Jens Köhler, BASF SE, fokussiert sich auf die Digitalisierung in Forschung und Entwicklung. Anschrift: BASF SE, RGQ / IM, 67 056 Ludwigshafen, eMail: Jens.Koehler@basf.com 76 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0110 Aus den DACH-Verbänden | IPMA intern Neues aus der IPMA Vom 21. -23. September 2022 fand in Cavtat/ Südkroatien die SENET (SouthEast Network) Konferenz der IPMA statt, die den für dieses Jahr geplante, aber aufgrund von Corona abgesagten Weltkongress in Tokio / Japan zumindest teilweise ersetzte. Im Council of Delegates (CoD) Meeting am 24. -25. September wurde von den Delegierten einstimmig die neue Strategie der IPMA für die kommenden Jahre verabschiedet. Diese lautete vormals: “Promoting competences throughout society to enable a world where all projects succeed.” Aber sollten wirklich alle Projekte erfolgreich sein? Ist unsere Aufgabe als Projektmanagement-Verband in einer zunehmend projektifizierten Arbeitswelt und einer zunehmend projektifizierten Gesellschaft darauf beschränkt, nur Projektmanagement- Kompetenzen zu fördern? Das wurde im Executive Board der IPMA intensiv diskutiert. In der Konsequenz lautet die neue Mission der IPMA nun: “IPMA is orchestrating the project profession for a better world” und zeigt damit die neue Rolle der IPMA als Orchestrator, also als die zentrale Plattform für alle diejenigen, die Projektmanagement zum Beruf haben bzw. mit ProjektmanagerInnen zum Beispiel in der Rolle als ArbeitgeberInnen, Auftraggeber, Steuerkreismitglied oder Sponsorin zu tun haben. Zudem wählten die Delegierten drei neue Vizepräsidenten für das Executive Board der IPMA für die kommenden drei Jahre. Diese sind: • Prof. Ding Ringgui, China • Jose Reyes, Panama • Prof. Vladimir Obramovic, Serbien Erstmals wurde das IPMA Ecosystem (Abb. 1) vorgestellt. Das IPMA Ecosystem beinhaltet alle Produkte und Dienstleistungen / Services der IPMA für die 71 nationalen Member Associations und deren individuelle und Firmenmitglieder und zeigt das gesamte Spektrum des Produktportfolios der IPMA. Bestandteile des IPMA Ecosystems sind: Die IPMA Recognition Produkte • IPMA 4 LC Level Zertifizierung, • IPMA Agile Zertifizierung, • IPMA CCT (Coaching, Consulting and Training) Zertifizierung, • IPMA Delta Zertifizierung, • Die IPMA Awards in den Kategorien: • Individual Awards • Project Awards • Research Awards Die IPMA Improvement Produkte • IPMA REG Registrierung für Trainings und Ausbildungsanbieter • IPMA PEB Project Excellence Baseline • IPMA Kids Seminarkit für Lehrende zur Heranführung von Kindern an Projektmanagement • IPMA C4D Coaching for Development Die IPMA Involvement Produkte • Der IPMA Weltkongress • Die IPMA Research Conference • Die IPMA Konferenzen in SENET, LATNET, NORDNET • Die regionalen und nationalen Konferenzen wie z. B. das PM Forum der GPM • Die Veranstaltungen/ Webinare der Special Interest Groups der IPMA Die IPMA Engagement Produkte • IPMA Mitgliedschaft • IPMA Young Crew • IPMA Forschung Abbildung 1: das IPMA Ecosystem IPMA/ GPM/ pma/ spm | Neues aus der IPMA Jetzt online lesen in unserer neuen eLibrary www.pmaktuell.de Der Online-Zugriff ist in den Leistungen für GPM Mitglieder inbegriffen. Noch kein GPM Mitglied? Schreiben Sie uns unter mitglieder@gpm-ipma.de. Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L Anzeige • IPMA Special Interest Groups • IPMA Publikationen • IPMA Global Customers • IPMA Standards Entwicklung • Freiwilligenarbeit bei der IPMA Schließlich wurde vom Council of Delegates ein neues Communiqué der IPMA verabschiedet, welches die Nachhaltigkeitskompetenzen von Projektmanagenden für den Aufbau einer nachhaltigen Projektgesellschaft zum Thema hat. Nachhaltigkeitskompetenzen sind die Voraussetzung für die Planung und Umsetzung von nachhaltigen Projekten, eine nachhaltige Gesellschaft und ein nachhaltiges Ökosystem, denn der Nutzen und die Werte, die wir mit unseren Projektaktivitäten schaffen, wirken sich direkt auf die nachhaltige Entwicklung aus. Um unseren Planeten zu schützen, ist es entscheidend, Nachhaltigkeitskompetenzen in die Aus- und Weiterbildungssysteme zu integrieren. Dies ist die Grundlage für die dringend erforderliche Transformation in eine gerechtere Projektwirtschaft und Projektgesellschaft. Prof Dr. Yvonnne Schoper Prof. Dr. Yvonnne Schoper ist Professorin an der HTW Berlin mit dem Schwerpunkt Internationales Projektmanagement und Vice President Membership & Young Crew der IPMA. Ihre Forschungsinteressen sind die Projektifizierung der Wirtschaft und der Einfluss der Kultur auf das Projektmanagement. eMail: yvonne.schoper@HTW-Berlin.de ORCID: 0000-0002-7731 - 5081 78 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0111 Neue Firmenmitglieder stellen sich vor-… Firma Hauptgeschäftsgebiet PM-Aufgaben und -Bedeutung Erwartungen an die GPM KaCon-- Kalinowski Consulting GmbH www.ka-con.de Die KaCon bietet in den Bereichen Informationstechnik, Telekommunikation, Digitalisierung, Übertragungstechnik, Glasfaserausbau und IT-Security qualifizierte Expertise und professionelles Projektmanagement aus einer Hand (Full Service Consultancy). Seit 2004 unterstützen wir nachhaltig Kundinnen und Kunden bei der erfolgreichen Implementierung von neuen Systemen, Prozessen und Organisationsstrukturen. Wir hinterlassen Spuren, nicht nur Ergebnisse. Unser Anspruch ist die Optimierung des Projektmanagements in den Vorhaben unserer Kundinnen und Kunden- ‒ auch nach unserem Einsatz! Unsere Projektmanagerinnen und Projektmanager sind IPMA zertifiziert, verfügen über State-of-the-Art- Projektmanagement-Expertise verbunden mit überdurchschnittlichen Fach- und Branchen-Kompetenzen oder Fähigkeiten: Projektmanagement + X Wir wünschen uns einen starken Partner, der uns bei unserem Anspruch des ständigen Lernens und Weiterbildens unterstützt. Sehr spannend finden wir das neue GPM HoWi Netzwerk. Learning Digital LDE GmbH www.learning-digital.de Digitale Weiterbildung Wir bereiten unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf verschiedene Zertifizierungen im Projektmanagement vor. Durch die Mitgliedschaft in der GPM erhoffen wir uns einen Erfahrungsaustausch und eine Weiterentwicklung unserer eigenen Kompetenzen zur Schulung von Projektmanagerinnen und Projektmanagern. Würth Industrie Service GmbH & Co. KG www.wuerth-industrie.com Die Würth Industrie Service GmbH & Co. KG präsentiert sich mit über 1.100.000 Artikeln sowie einem einzigartigen logistischen Konzept als der kompetente C-Teile-Partner der Industrie. Die Produktpalette konzentriert sich dabei auf die industriellen Bedarfe für die Produktions- und Betriebsmittelversorgung durch automatisierte Beschaffungs- und Logistiksysteme. Durch die Etablierung eines PMOs verfolgen wir das Ziel, die Anpassungsfähigkeit des Unternehmens zu erhöhen. In dem Zusammenhang ist das PMO für eine konsequente Ausrichtung der Projekte an der Unternehmensstrategie und die Effizienzsteigerung der Projektrealisierung verantwortlich. Hierfür nutzen wir die Methoden des Projektportfolio- und des Einzelprojektmanagements. Wir möchten die Möglichkeit an interessanten Weiterbildungsangeboten teilzunehmen nutzen, ein Netzwerk aufbauen und unsere PM-Standards im Unternehmen kontinuierlich weiterentwickeln. Aus den DACH-Verbänden | GPM intern Die GPM Fach- und Regionalgruppen Die derzeit 39 Regionalsowie 38 Fachgruppen der GPM bieten eine Plattform zum branchenübergreifenden Networking und Erfahrungsaustausch. Sie leisten damit wichtige fachliche Basisarbeit innerhalb des Vereins. Die Regional- und Fachgruppen bieten darüber hinaus ein breites Angebot von in der Regel kostenlosen Veranstaltungen zum Projektmanagement. Weitere Informationen und Ansprechpartner der einzelnen GPM Fach- und Regionalgruppen finden Sie auf der GPM Website unter: www.gpm-ipma.de / know_how / fachgruppen.html bzw. www.gpm-ipma.de / ueber_uns / regionen.html 79 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0112 Der Weg zu einem neuen Framework pma Präsidentin Brigitte Schaden im Gespräch mit Lynn Crawford, University of Sydney, über das GAPPS Framework „Getting Stuff Done“. Brigitte Schaden: Warum war ein neues Framework für Projektmanagement notwendig? Lynn Crawford: Die meisten Standards, auf die wir bisher zurückgegriffen haben, wurden in einem anderen Jahrhundert für eine andere Welt entwickelt. Darum wollten wir einen neuen Blick darauf werfen, was es bedeutet, Dinge zu erledigen („Getting Stuff Done“). Denn die Welt hat sich in den letzten Jahren stark verändert: wir bewegen uns in einem Umfeld, das volatil, komplex, unsicher und ambivalent ist. Es wird mehr projektbasiert gearbeitet und auch die PM-Methoden haben sich um agile Ansätze erweitert. Schaden: Was soll mit „Getting Stuff Done“ erreicht werden? Crawford: Eine Möglichkeit besteht darin, dass Menschen und Organisationen das neue Regelwerk übernehmen und es dann in ihren eigenen Kontext stellen. Es gibt keine Grenzen für die Anwendung. Für einige Bereiche wird es gewisse Vereinfachungen mit sich bringen, etwa im Bau- und Ingenieurwesen. Hier kann „Getting Stuff Done“ auch dazu verwendet werden, um beispielsweise Prozesse neu zu bewerten. Schaden: Ist „Getting Stuff Done“ ein Rahmen, um rasch auf verändernde Situationen zu reagieren? Crawford: Es kann dafür sehr hilfreich sein, denn es ist ein einfaches Framework mit nur sieben Bereichen auf der obersten Ebene, für jeden verständlich formuliert. Schaden: Werden damit die Gegensätze von traditionellem und agilen Vorgehen aufgelöst? Crawford: Ja, ich denke schon. Denn bei der Entwicklung stützte sich GAPPS sowohl auf traditionelle PM-Ansätze wie auch auf agiles Change-Management. Im Entwicklungsprozess haben wir Maßnahmen aus all diesen Bereichen herangezogen, um Schlüsselprozesse zu identifizieren. Und wir haben die Mitwirkenden gebeten, alles zu verwerfen, was ihrer Meinung nach nicht wesentlich ist, um Dinge zu erledigen. Alles stand auf dem Prüfstand. Schaden: Wie geht es weiter? Crawford: Ich möchte alle dazu ermutigen, „Getting Stuff Done“ in ihrem Umfeld zu nutzen und Feedback an GAPPS zu geben. Wir stellen uns vor, verschiedene „Getting Stuff Done“-Versionen in Zukunft zu veröffentlichen. Dazu brauchen wir aber die Rückmeldungen von Menschen, die das Framework in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt haben. Das Gespräch fand am 13. Oktober im Rahmen des pma focus 2022 statt, Österreichs größtem Kongress für Projektmanagement. www.pma.at / focus pma Mitglied vor den Vorhang 42virtual Business Services GmbH Johannesgasse 15, 1010 Wien www.42virtual.com Hauptgeschäftsgebiet 42virtual unterstützt ihre langjährigen Kunden bei der Gestaltung neuer Strategien und passender Lösungen, bei Ausschreibung und Beschaffung von Leistungen / Lösungen und bei der Umsetzung spannender und innovativer Projekte. PM-Aufgaben und Bedeutung Unsere IT-Berater*innen und Projektmanager*innen schaffen Klarheit in komplexen und schwierigen Projektsituationen- - durch transparente, direkte Kommunikation und mit inhaltlichem Fokus auf den Business-Nutzen. Von der Entwicklung einer Idee bis zu deren Umsetzung begleiten wir unsere Kunden als zuverlässiger Partner. Aus den DACH-Verbänden | pma intern pma Präsidentin Brigitte Schaden am pma focus 2022, Österreichs größtem Kongress für Projektmanagement. 80 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0113 Aus den DACH-Verbänden | spm intern Neue Zertifizierungen Erstzertifizierungen Die Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement (spm) gratuliert den neuen Zertifizierten: 7 IPMA Level A® spm: Toni Begic, Pascal Durand, Samuel Geissmann, Michel Godinat, Daniel Salzmann, Matthias Schmid, Sasa Stojancic 22 (19 publiziert) IPMA Level B® spm: Fredy Alt, Jens Beyer, Michael Chatelan, Aldo Conti, Sònia Domingo Ramos, Domenico Fiorante, Christoph Fuhrimann, Christoph Gähwiler, Patrik Gallati, Roland Häfliger, Roger Hitz, Thomas Landwerth, Sandro Martino, Alfred Meier, Jochen Prediger, Fabian Scherer, Lea Verena Steurs, Roger Strebel, Markus Widmer 41 (32 publiziert) IPMA Level C® spm: Damien Baker, Sandro Battaglia, Paul Bieri, Mickael Blond, Markus Brunner, Stefan Burmeister, Antoine Chapuis, Thomas Fick, Angelina Flühler, Tom Gerstner, Anton Kienle, Michael Knoll, Niklaus Küpfer, Laura Paulina Lengen, Andres Liechti, Florian Mathis, Sascha Metzner, Sandra Monse, Nadia Nägeli, Michael Pfister, Tina Reinhardt, Gerald Reumüller, Erich Rölli, Philippe Scheuber, Marc Schneiter, Katalin Szikra, Thomas Temperli, Martin Weber, Marc Wicki, David Winker, Benjamin Wyss, Reto Zimmermann 746 IPMA Level D® spm Rezertifizierungen Die Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement (spm) gratuliert den Zertifikatsinhabern zur Erneuerung ihres Zertifikats: 7 IPMA Level A® spm: Peter Bobak, Domenic Fried, Uwe-Martin Grassel, Frank Hess, Charles-André Philipona, Hansjürg Rhyner, Bernhard Scherrer 46 (41 publiziert) IPMA Level B® spm: Maxime Bagnoud, Domenic Ballmann, Simon Bauder, Alexander Binder, Annette Bühler, Marcel Bütler, Stefan Freiburghaus, Michel Frêne, Reto Gattiker, Urs Graser, Sibylle Grau, Samuel Grossenbacher, Philipp Grossmann, Bernhard Hauser, Matthias Hegewald, Gisela Hinrichs, Jan Hornwall, Mike Hubmann, Michael Kieling, Annette Lehmann, Patrick Ludwig, Christophe Martin, Michel Mocellini, Reto Müller, Martin Parpan, Alexandre Proca, Sebastiano Proto, Felix Rohner, Stefan Sandmeier, Adrian Schaffner, Kilian Schärer, Patrick Siegenthaler, Philipp Sigrist, Stefan Vogt, Isabelle Vrielynck, Ralph René Wehrli, Peter Wellig, Markus Werder, Josef Winiger, Gerhard Wittwer, Markus Zürcher 64 (58 publiziert) IPMA Level C® spm: Martin Acklin, Senijad Alicajic, Orhan Arifi, Anne Barraud, Michal Bezdek, Michael Bommer, Adrian Bürki, Udo Fuchs, Blaise Gaillard, Vincent Geiser-Käppeli, Olaf Gerwig, Atilla Gür, Simone Hagen, Benjamin Hägler, Uwe Hessner, Urs Hofmann, Brahim Izem, Patrick Jäger, Daniel Kesseli, Karin Kissling-Annaheim, Jens König, Stefan Lehmann, Robert Lorch, Rolf Mäder, Walter Maucher, Roger Metzger, Thomas Müller, Tobias Muster, Nicole Ochsner, Sladjan Petrovic, Mario Pfammatter, Flavio Pirazzi, Daniel Riner, Mauro Rivera, Roger Röschli, Silvia Rossato, Adrian Rüegsegger, Markus Schenker, Oliver Schenker, André Schindler, Arthur Stieger, Eric Stübi, Patrick Studer, Francesco Terra, Vinzenz Vetsch, Valentin Vidonne, Roland Wagner, Mischa Walder, Beat Waldvogel, Nils Weiss, Hildegard Werland-Peremans, Fredi Wiegisser, Silvan Wigger, Bruno Winiger, Stefan Wirth, Jörg Zacheres, Roger Zimmermann, Manuel Zurfluh 70 (56 publiziert) IPMA Level D® spm: Philippe Aeschbach, Angelo Angelelli, Manuela Auer, Damien Bard, Peter Brunner, Dennis Büscher, Bruno Chappuis, Lucas Cron, Patrick De Cecco, Silvio Deppeler, Isabella Deutsch, Marco Dschulnigg, Kevin Ellena, Markus Fahrnberger, Eric Gaspoz, Marco Gerspach, Claudia Gianiel, Claudia Graf, Fabian Heiniger, Fabian Hug, Miriam Hug, Silvia Jauner, Daniel Kägi, Adrian Kälin, Laurent Kaufmann, Martin Kiefer, Rolf Kilchherr, Christian Knapp, Dmitri Kortchminski, Martina Lauener, Martin Leibacher, Julien Locher, Ivan Mader, Sascha Meyes, Reto Niklaus Moser, Angela Müller, Hanspeter Muri, Njomza Nuza, Dominic Ott, Christopher Pfau, Lesley Diane Pritchard di Dodo, Daniel Rippstein, Laurent Ruchat, Dario Rüede, Patrick Schibli, Thomas Schläpfer, Sven Schumacher, Keo Soumphonmany, Stefan Spühler, Marcel Staubli, Brigitte Steiner, Anastasios Tsapanidis, Anny Wagner, David Wyler, Manuela Zellhofer, René Zimmermann Maja Schütz, VZPM 81 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 33. Jahrgang · 05/ 2022 10.24053/ PM-2022-0114 Wie sind Sie zum Projektmanagement gekommen? Ich bin Ingenieur im Bereich Automatisierungstechnik und Maschinenbau und begann nach meinem Studium 2008 als Projektingenieur in der mechanischen Konstruktion bei Knorr- Bremse. 2010-2014 war ich als Systemingenieur / technischer Projektleiter angestellt. Danach wechselte ich den Bereich Sales & Customer Management. Falls Sie kein Projektmanager geworden wären-- was stattdessen? Als Vollblut-Techniker wäre ich in jedem Fall dem Bereich Technik treu geblieben. Welches Projekt hat Sie besonders geprägt oder war für Sie besonders wichtig? Ich hatte mit Mitte 20 eine Doppelfunktion als Systemingenieur und Projektleiter im-- „Fleet Renewal Program“ für die Regionaltriebfahrzeuge der Passenger Rail Agency South Africa (PRASA). Die südafrikanische Staatsbahn hat mit einem Flotteneinkauf von 600 Zügen das größte Programm am afrikanischen Kontinent gestartet. Ich durfte die Verantwortung über das größte Einzelprojekt der IFE übernehmen und war verantwortlich für die Lieferung der Einstiegssysteme. Zusätzlich habe ich im Laufe des Projektes die Produktion der Türen in unserem Werk in Südafrika aufgebaut. Gelten in Ihrem Bereich bestimmte Standards und Methoden? Der Knorr-Bremse Konzern hat eine umfassende Prozesslandschaft definiert, in der interne Standards für Abläufe im Projektmanagement und Quality Gates enthalten sind. Was wäre Ihr Traumprojekt? Ich lebe meinen Traum. Bei IFE sorgen wir dafür, dass die Menschen in Zukunft noch umweltfreundlicher, zuverlässig und sicher befördert werden. Was zeichnet Sie als Projektmanager besonders aus? Hands-on-Mentalität und Kommunikationsfreudigkeit mit anderen Kulturen sind die Eigenschaften, die mich besonders auszeichnen. Zusätzlich ist meine umfassende technische Ausbildung eine wesentliche Basis für meine Arbeit als Projektmanager. Was motiviert Sie, in Projekten zu arbeiten und Projekte zu leiten? Mich motiviert es zu sehen, wie einzelne Projektteammitglieder mit Engagement ihre Aufgaben angehen und daran persönlich wachsen. Welche Tipps haben Sie für den Projektmanagement-Nachwuchs? Ehrlich währt am längsten! Wichtig ist, dass im Sinne einer offenen Kommunikation innerhalb des Projektteams alle Entscheidungen gemeinsam getragen und unterstützt werden. Welche Trends sehen Sie im Projektmanagement? Projektdurchlaufzeiten werden kürzer und die Produkte werden komplexer. In der Schienenfahrzeugbranche ist dieser Trend ganz besonders spürbar. Die weltweit vernetzte Nutzung von Engineering- und Produktionskapazitäten führt als Konsequenz zu immer internationaleren und interkulturelleren Projektteams in der Branche. Was geben Sie den Lesern mit auf den Weg geben? Fachwissen, persönliche Integrität und Kommunikationsfreudigkeit führen zum Erfolg. Auf ein Wort mit-… Christoph Bauer, Sales & Customer Manager bei der IFE Automatic Door Systems Von Martina Peuser Zur Person | Christoph Bauer ist Sales & Customer Manager bei der IFE Automatic Door Systems, einer Division der österreichischen Knorr-Bremse Tochtergesellschaft. Er ist verantwortlich für die Betreuung internationaler Großkunden und deren Regional- und Hochgeschwindigkeitsfahrzeugplattformen, die IFE beliefert. Prof. Dr. Martina Peuser ist Professorin mit den Schwerpunkten Projektmanagement und Organisation, Unternehmensberaterin und Keynote Speakerin. Als Entwicklerin des Multi Top Performance Radar (MTPR ©) begleitet sie Unternehmen bei der Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit zu agilen und absolut kundenorientierten Marktführern. In ihrer Kolumne gibt sie spannende Kurzeinblicke in Lebensläufe und Gedanken von im Projekt tätigen Personen. Jahresinhaltsverzeichnis 2022 Jahrgang 33, Heft 1 bis 5 Inhalte nach Autor: innen Artaza, Francisco Josué, Dorl, Maik: Die Auswahl der passenden Software-Einführungsstrategie 2/ 22, S. 47 Atzor/ Boxheimer/ Hunziker/ Ortner/ Rudischer/ Wenzler: Der Projektauftraggeber 4/ 22, S. 19 Backerra, Hendrik, Aden, Robin, Drilling, Clemens: Ein neues Projektmanagement braucht die Welt 3/ 22, S. 4 Barth, Martin, Sarstedt, Margit: Der Projektmanager als Handwerksmeister 2/ 22, S. 62 Barth, Martin, Sarstedt, Margit: Der Projektmanager als Jäger 5/ 22, S. 48 Bechtel, Jadena: Auswirkungen agiler Methoden auf die Zusammenarbeit im Unternehmen 1/ 22, S. 63 Bolender, Anne-Kathrin: Von der Theorie zur Praxis: Projektmanagementresilienz 2/ 22, S. 18 Buchholzer, Kai: Interkulturelles Projektmanagement im Fokus: Erfolgsfaktoren für die Arbeit in internationalen Teams 1/ 22, S. 52 Eberspächer, Matthias: Sind Projektgruppen resilienter als Projektteams? 2/ 22, S. 26 Engelke/ Lennartz/ von Knobloch/ Wanner: Agile Methoden in komplexen Großprojekten 5/ 22, S. 42 Fawaz, Emadeldin, Krupke, Chris: Voraussetzungen für die agile Transformation 2/ 22, S. 41 Feldmüller, Dorothee: Projekt Governance erfolgreich gestalten - Austausch unter Insidern 4/ 22, S. 36 Ganser, Robin, Schneider, Franziska: Die Zukunft des Wohnens in neuen Stadtquartieren im Fokus des forschenden Lernens 3/ 22, S. 24 Habermann, Frank, Schmidt, Karen: Ein Konzept für gute Entscheidungsprozesse 5/ 22, S. 28 Heydenreich, Norman: Erfolg der Bremer Impfkampagne mit Projektmanagement 1/ 22, S. 14 Heydenreich, Norman: Komplexe internationale Herausforderungen und internationale Standards für Agiles Projektmanagement 1/ 22, S. 56 Huiber, Patrick, Korn, Robert: Best Practice systemisch-agiles Change-Management 4/ 22, S. 43 Kaestner, Rolf: Terra Incognita - Projektmanagement für bürgerschaftliches Engagement 1/ 22, S. 12 Khayati, Sarah, Hahn, Maximilian: Interview mit Johanna Sieben, PL des Creative Bureaucracy Festivals 4/ 22, S. 55 Köhler, Jens: Der andere Stromberg-Typ 1/ 22, S. 74 Köhler, Jens: Konservative Anarchisten 2/ 22, S. 74 Köhler, Jens: Alles Beethoven, oder was? 3/ 22, S. 74 Köhler, Jens: Bewusst inkompetent - manchmal von Vorteil 4/ 22, S. 76 Köhler, Jens: Sind Gerüchte unwiderlegbar? 5/ 22, S. 75 Liechti, Marco, Bolender, Anne-Kathrin, Scherrer, Reto: Agilität trifft Projektmanagement 1/ 22, S. 43 Lindgren, Tina, Wagner, Reinhard: Anerkennung für stille Helden - WAFA und der Oskar für erfolgreiche Projekte 1/ 22, S. 34 Lomnitz, Gero: Was sollten Projektsponsor: innen über Projektdiagnose wissen? 4/ 22, S. 30 Lomnitz, Gero: Mythen über den Auftraggeber aus Sicht der PL 4/ 22, S. 41 Maier, Gunter: Der Komplexität Herr werden (2) 5/ 22, S. 33 Mergler, Melanie: Smart Cities - schöne, neue, intelligente Zukunftswelt! 3/ 22, S. 38 Oleniczak, Gregor, Reschke, Hasso: Commercial Project Management (CPM) aus Auftraggeber-Sicht 4/ 22, S. 24 Peters, Sibylle, Elbe, Martin: Raumarrangements: Wandel von Raum, Zeit und Rollen in der Projektorganisation 1/ 22, S. 38 Pietzner, Matthias: Driving Digital - … but Human is Key (1) 2/ 22, S. 34 Pietzner, Matthias: Driving Digital - … but Human is Key (2) 2/ 22, S. 45 Rank: Ann-Kathrin: Klassische und agile Ansätze in Verbindung 2/ 22, S. 66 Reinke, Jürgen: Die Faktoren Kommunikation und Planung bei der Aufwandschätzung von IT-Projekten 2/ 22, S. 54 Richter, Christoph: Auf dem Weg zu mehr Agilität: Ein Feld für Projekteinsätze von Beschäftigten aus Unternehmen in öffentlichen Verwaltungen 3/ 22, S. 61 Rietiker/ Böhle/ Dierig/ Feldmüller/ Scheurer/ Wald: Herausforderungen an die Projektmanagement- Forschung und -Förderung in Deutschland 5/ 22, S. 22 Scheurer, Steffen, Steeger, Oliver: Interview mit Professor Dr. Peter Thuy, Präsident der GPM 4/ 22, S. 4 Scheurer, Steffen: In eigener Sache 5/ 22, S. 4 Scheurer, Steffen, Steeger, Oliver: Das Werkzeug für die Zusammenarbeit 5/ 22, S. 12 Scheurer, Steffen, Steeger, Oliver: „Offenheit und Kommunikation blühten auf“ 5/ 22, S. 17 Schmid, Patrick: Die hohe Kunst des Falschmachens 4/ 22, S. 49 Steeger, Oliver: „Teilt Euer reiches Wissen in aller Welt! “ 1/ 22, S. 4 Steeger, Oliver: Wie „Mäuseohren“ zu mehr Resilienz führen 2/ 22, S. 4 Steeger, Oliver: Den Konsens vor der Krise schaffen! 2/ 22, S. 8 Steeger, Oliver: Der Schlüssel zur Stärke 2/ 22, S. 13 Steeger, Oliver: Der freundliche Roboter erklärt Emotionen 3/ 22, S. 11 Steeger, Oliver: „Projekte starten, solange wir die Zeit dafür haben! “ 3/ 22, S. 18 Steeger, Oliver: (Urbanes) Leben ins Parkhaus! 3/ 22, S. 29 Steeger, Oliver: Sparringspartner statt Kontrollorgan 4/ 22, S. 8 Steeger, Oliver: „Der Auftraggeber muss sich vor das Team stellen“ 4/ 22, S. 14 Steeger, Oliver: 14. GPM Aktiv: Ein „Open Space“ für gute Ideen 4/ 22, S. 77 Steeger, Oliver: Das Haus für den Wandel 5/ 22, S. 6 Stöhler, Claudia: Mit Projektmanagement-Spirit Long Covid begegnen 1/ 22, S. 71 Stumpp, Andreas, Müllner, Marvin, Lenz, Melanie: Digitales Projektmanagement - Future Now 5/ 22, S. 38 Tuczek/ Flore/ Nuhn/ Schaffitzel: Agiles Management - ein systemischer Ansatz 3/ 22, S. 53 Wagner, Reinhard: Projektifizierung der Gesellschaft in Deutschland - Status, Trends und Akteure 1/ 22, S. 19 Wagner, Reinhard: Schwerpunkt: Projektmanagement für die Gesellschaft 1/ 22, S. 24 Waldkirch, Karl: Hinter dem Bambusvorhang - Stakeholder auf Chinesisch 1/ 22, S. 49 Weifenbach, Martina: Agilität und Achtsamkeit gehen Hand in Hand 2/ 22, S. 30 Inhalte nach Rubriken Editorial Scheurer, Steffen: Projektmanagement für die Gesellschaft 1/ 22, S. 2 Scheurer, Steffen: Resilienz im Projektmanagement 2/ 22, S. 2 Scheurer, Steffen: Wie leben wir in der Zukunft? Und was können Projekte dazu beitragen? 3/ 22, S. 2 Scheurer, Steffen: Projektauftraggeber. Eine Rolle zu wichtig für die zweite Reihe 4/ 22, S. 2 Scheurer, Steffen: Die Zukunft des Projektmanagements 5/ 22, S. 2 Reportage Ganser, Robin, Schneider, Franziska: Die Zukunft des Wohnens in neuen Stadtquartieren im Fokus des forschenden Lernens 3/ 22, S. 24 Heydenreich, Norman: Erfolg der Bremer Impfkampagne mit Projektmanagement 1/ 22, S. 14 Kaestner, Rolf: Terra Incognita - Projektmanagement für bürgerschaftliches Engagement 1/ 22, S. 12 Mergler, Melanie: Smart Cities - schöne, neue, intelligente Zukunftswelt! 3/ 22, S. 38 Scheurer, Steffen, Steeger, Oliver: Das Werkzeug für die Zusammenarbeit 5/ 22, S. 12 Scheurer, Steffen, Steeger, Oliver: „Offenheit und Kommunikation blühten auf“ 5/ 22, S. 18 Steeger, Oliver: „Teilt Euer reiches Wissen in aller Welt! “ 1/ 22, S. 4 Steeger, Oliver: Wie „Mäuseohren“ zu mehr Resilienz führen 2/ 22, S. 4 Steeger, Oliver: Den Konsens vor der Krise schaffen! 2/ 22, S. 8 Steeger, Oliver: Der Schlüssel zur Stärke 2/ 22, S. 13 Steeger, Oliver: Der freundliche Roboter erklärt Emotionen 3/ 22, S. 11 Steeger; Oliver: „Projekte starten, solange wir die Zeit dafür haben! “ 3/ 22, S. 18 Steeger, Oliver: (Urbanes) Leben ins Parkhaus! 3/ 22, S. 29 Steeger, Oliver: Sparringspartner statt Kontrollorgan 4/ 22, S. 8 Steeger, Oliver: „Der Auftraggeber muss sich vor das Team stellen“ 4/ 22, S. 14 Steeger, Oliver: Das Haus für den Wandel 5/ 22, S. 6 Wissen Artaza, Francisco Josué, Dorl, Maik: Die Auswahl der passenden Software-Einführungsstrategie 2/ 22, S. 47 Atzor/ Boxheimer/ Hunziker/ Ortner/ Rudischer/ Wenzler: Der Projektauftraggeber 4/ 22, S. 19 Backerra, Hendrik, Aden, Robin, Drilling, Clemens: Ein neues Projektmanagement braucht die Welt 3/ 22, S. 4 Barth, Martin, Sarstedt, Margit: Der Projektmanager als Handwerksmeister 2/ 22, S. 62 Barth, Martin, Sarstedt, Margit: Der Projektmanager als Jäger 5/ 22, S. 48 Bechtel, Jadena: Auswirkungen agiler Methoden auf die Zusammenarbeit im Unternehmen 1/ 22, S. 63 Buchholzer, Kai: Interkulturelles Projektmanagement im Fokus: Erfolgsfaktoren für die Arbeit in internationalen Teams 1/ 22, S. 52 Engelke/ Lennartz/ von Knobloch/ Wanner: Agile Methoden in komplexen Großprojekten 5/ 22, S. 42 Fawaz, Emadeldin, Krupke, Chris. Voraussetzungen für die agile Transformation 2/ 22, S. 41 Feldmüller, Dorothee: Projekt Governance erfolgreich gestalten - Austausch unter Insidern 4/ 22, S. 36 Habermann, Frank, Schmidt, Karen: Ein Konzept für gute Entscheidungsprozesse 5/ 22, S. 28 Heydenreich, Norman: Komplexe internationale Herausforderungen und internationale Standards für Agiles Projektmanagement 1/ 22, S. 56 Huiber, Patrick, Korn, Robert: Best Practice systemisch-agiles Change-Management 4/ 22, S. 43 Khayati, Sarah, Hahn, Maximilian: Interview mit Johanna Sieben, PL des Creative Bureaucracy Festivals 4/ 22, S. 55 Liechti, Marco, Bolender, Anne-Kathrin, Scherrer, Reto: Agilität trifft Projektmanagement 1/ 22, S. 43 Lomnitz, Gero: Was sollten Projektsponsor: innen über Projektdiagnose wissen? 4/ 22, S. 30 Lomnitz, Gero: Mythen über den Auftraggeber aus Sicht der PL 4/ 22, S. 41 Maier, Gunter: Der Komplexität Herr werden (2) 5/ 22, S. 33 Oleniczak, Gregor, Reschke, Hasso: Commercial Project Management (CPM) aus Auftraggeber-Sicht 4/ 22, S. 24 Pietzner, Matthias: Driving Digital - … but Human is Key (2) 2/ 22, S. 45 Peters, Sibylle, Elbe, Martin: Raumarrangements: Wandel von Raum, Zeit und Rollen in der Projektorganisation 1/ 22, S. 38 Rank, Ann-Kathrin: Klassische und agile Ansätze in Verbindung 2/ 22, S. 66 Reinke, Jürgen: Die Faktoren Kommunikation und Planung bei der Aufwandschätzung von IT-Projekten 2/ 22, S. 54 Richter, Christoph: Auf dem Weg zu mehr Agilität: Ein Feld für Projekteinsätze von Beschäftigten aus Unternehmen in öffentlichen Verwaltungen 3/ 22, S. 61 Rietiker/ Böhle/ Dierig/ Feldmüller/ Scheurer/ Wald: Herausforderungen an die Projektmanagement- Forschung und -Förderung in Deutschland 5/ 22, S. 22 Schmid, Patrick: Die hohe Kunst des Falschmachens 4/ 22, S. 49 Stöhler, Claudia: Mit Projektmanagement-Spirit Long Covid begegnen 1/ 22, S. 71 Stumpp, Andreas, Müllner, Marvin, Lenz, Melanie: Digitales Projektmanagement - Future Now 5/ 22, S. 38 Tuczek/ Flore/ Nuhn/ Schaffitzel: Agiles Management - ein systemischer Ansatz 3/ 22, S. 53 Waldkirch, Karl: Hinter dem Bambusvorhang - Stakeholder auf Chinesisch 1/ 22, S. 49 Kolumne Köhler, Jens: Der andere Stromberg-Typ 1/ 22, S. 74 Köhler, Jens: Konservative Anarchisten 2/ 22, S. 74 Köhler, Jens: Alles Beethoven, oder was? 3/ 22, S. 74 Köhler, Jens: Bewusst inkompetent - manchmal von Vorteil 4/ 22, S. 76 Köhler, Jens: Sind Gerüchte unwiderlegbar? 5/ 22, S. 75 Aus den DACH-Verbänden GPM: Die GPM Fach- und Regionalgruppen 1/ 22, S. 76 GPM: Gemeinsam Verantwortung tragen - für Menschen in Not 2/ 22, S. 77 GPM: Die GPM Fach- und Regionalgruppen 3/ 22, S. 77 GPM: Die GPM Fach- und Regionalgruppen 4/ 22, S. 79 GPM: Die GPM Fach- und Regionalgruppen 5/ 22, S. 78 pma: Ausgezeichnete Projekte 1/ 22, S. 79 pma: Kennen Sie unseren pma Podcast? 2/ 22, S. 80 pma: Getting stuff done! 3/ 22, S. 79 pma: „Man muss oft Neuland betreten“ 4/ 22, S. 80 pma: Der Weg zu einem neuen Framework 5/ 22, S. 79 Schoper, Yvonne: Neues aus der IPMA 1/ 22, S. 75 Schoper, Yvonne: IPMA intern 2/ 22, S. 75 Schoper, Yvonne: Neues aus der IPMA 3/ 22, S. 75 Schoper, Yvonne: Neues aus der IPMA 5/ 22, S. 76 spm: Zertifizierung von Organisationen und Personen 1/ 22, S. 77 spm: spm Frühjahrstagung 17. Mai 2022 2/ 22, S. 81 spm: spm Frühjahrstagung 2022 - Donnerwetter! 4/ 22, S. 81 spm: Neue Zertifizierungen 5/ 22, S. 80 Steeger, Oliver: 14. GPM Aktiv: Ein „Open Space“ für gute Ideen 4/ 22, S. 77 Buchbesprechungen Schelle, Heinz: Projektdiagnose. Auch hinter die Kulissen des Projektes schauen 1/ 22, S. 73 Schelle, Heinz: Projektmanagement. Schritt für Schritt zum Ziel 2/ 22, S. 72 Schelle, Heinz: Change! 3/ 22, S. 72 Schelle, Heinz: Was Projektleiter wissen müssen 4/ 22, S. 75 Möller, Thor: Agiles Projektmanagement nach Scrum 5/ 22, S. 73 Auf ein Wort mit … Peuser, Martina: Sarah Bätzold, Project Managerin Cyber Security in der E.ON Digital Technology GmbH in Essen 1/ 22, S. 80 Peuser, Martina: Felix Hartung, Projektmanager bei der THOST Projektmanagement GmbH 2/ 22, S. 84 Peuser, Martina: Rodger D. Borowy, Program Manager bei der E.ON Digital Technology GmbH, IT Infrastructure Services 3/ 22, S. 80 Peuser, Martina: Christoph Todt, „Director Transformation & Change“ bei der TUI 4/ 22, S. 84 Peuser, Martina: Christoph Bauer, Sales & Customer Manager bei der IFE Automatic Door Systems 5/ 22, S. 81 GPM-Reihe „Nachgefragt“ GPM-Mentoring: Im Fokus diesmal: Mentee Malte Mayer und Mentor Sebastian Korsch 1/ 22, S. 68 GPM-Mentoring: Im Fokus diesmal: Mentee Saskia Bruning und Mentorin Nicole Malso 2/ 22, S. 69 GPM-Mentoring: Im Fokus diesmal: Mentee Dominik Robst und Mentor Holger Barth 3/ 22, S. 68 Im Fokus dieser Ausgabe: Linda Kröger, die 100.000. Zertifikatsinhaberin 4/ 22, S. 59 Schwerpunkt Bolender, Anne-Kathrin: Von der Theorie zur Praxis: Projektmanagementresilienz 2/ 22, S. 18 Eberspächer, Matthias: Sind Projektgruppen resilienter als Projektteams? 2/ 22, S. 26 Lindgren, Tina, Wagner, Reinhard: Anerkennung für stille Helden - WAFA und der Oskar für erfolgreiche Projekte 1/ 22, S. 34 Pietzner, Matthias: Driving Digital - … but Human is Key (1) 2/ 22, S. 34 Scheurer, Steffen, Steeger, Oliver: Interview mit Professor Dr. Peter Thuy, Präsident der GPM 4/ 22, S. 4 Wagner, Reinhard: Projektifizierung der Gesellschaft in Deutschland - Status, Trends und Akteure 1/ 22, S. 19 Wagner, Reinhard: Schwerpunkt: Projektmanagement für die Gesellschaft 1/ 22, S. 24 Weifenbach, Martina: Agilität und Achtsamkeit gehen Hand in Hand 2/ 22, S. 30 PM Forum Bretzke, Claudia, Wagenhals, Klaus: Von Selbstorganisation redet gerade jeder - aber wie kann man sie entfesseln? 4/ 22, S. 63 Dellermann, Sven, Keller, Madlen: Cut ’n’ Shift - die Planungsmethode bei agilen Umsetzungsprojekten 4/ 22, S. 67 Kampmeier, Alexandra: Storytelling für Projekte - eine Geschichte 4/ 22, S. 70 Müller-Stegemann, Olaf: Selbstreflexion durch Ziele 5/ 22, S. 54 Haarbeck, Sigfried: Big Picture - Big Basic für jedes Projekt 5/ 22, S. 56 Hermens, Ellen: Im Team Kommunikation, Kultur und Kollaboration spielerisch boostern 5/ 22, S. 64 Reinold, Daniel: Visualisierung Facilitation und Gamification in Projekten 5/ 22, S. 67 Sasse, Miriam: 3D-Welten - Visualisierung auf einem neuen Level 5/ 22, S. 61 Schulz-Berthold, Michael: Die Evolution eines Projektmanagement Offices 5/ 22, S. 59 Steeger, Oliver: „Endlich wieder live zusammen! “ 4/ 22, S. 61 Steeger, Oliver: Die Kraft der Willigen nutzen 5/ 22, S. 70 Wieser-Weber, Vaya: Pitchen im Projekt - Pitch as you can! 4/ 22, S. 73 27.-29.02.2023 10.-12.05.2023 Bremerhaven 30.-31.03.2023 Hamburg 27.-28.04.2023 online 22.-23.06.2023 online 26.06.2023 UND STEIGE DIE KARRIERELEITER NACH OBEN. ICH STUDIERE NEBEN DEM b e r u f Entdecken Sie unsere zukunftsorientierten berufsbegleitenden Studiengänge: Digitale Unternehmensführung (MBA) Prozessmanagement und Ressourceneffizienz (MBA & M. Eng.) Werteorientiertes Produktionsmanagement (MBA) Wirtschaftsingenieurwesen (B. Eng.) Systems and Project Management (MBA) Simulation Based Engineering (M. Eng.) Berufsbegleitende Weiterbildung an der Hochschule Landshut steht für innovative Lehrangebote und anerkannt hohe Qualität in einem attraktiven und persönlichen Lernumfeld. Erfahren Sie mehr zu den Studiengängen unter www.studieren-in-landshut.de oder scannen Sie direkt den QR-Code. Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L So sollte sich Projektmanagement anfühlen Geben Sie Ihren Projekten neuen Schub Genug Zeit mit der Verwaltung von Projektdaten und komplizierter Teamorganisation verbracht! Optimieren Sie Ihren Planungsaufwand, sodass Sie sich auf das Wichtige konzentrieren können. Wir sorgen dafür, dass Sie den Überblick über alle Projekte und Aufgaben behalten, egal ob klassisch, agil oder hybrid geplant. So fahren Sie in Ihren Projekten effizienter, reagieren schneller und halten Ihr Team optimal abgestimmt. Lernen Sie uns kennen: www.planta.de
