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PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
31
2023
341 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.
Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L www.pm-aktuell.de Digitalisierung im Projektmanagement Ausgabe 1/ 2023 | 34. Jahrgang PM Forum Köln Zwei halbe Tage: Kreative Workshops und aktives Netzwerken PM Forum Digital Zwei halbe Tage: Impulsgebende Vorträge und inspirierende Praxisbeispiele DAS NEUE PM FORUM Menschen. Methoden. Lösungen. Der bedeutendste Treffpunkt der PM-Community Jetzt informieren und Tickets sichern: www.pm-forum.de Veranstaltungen der 15. - 16. JUNI 2023 09. - 10. NOVEMBER 2023 1 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Am Tullnaupark 15, 90402 Nürnberg Unter Mitwirkung von Spm - Swiss Project Management Association Flughofstraße 50, CH-8152 Glattbrugg und Projekt Management Austria Palais Schlick, Türkenstraße 27/ 2/ 21, A-1090 Wien Redaktion: Prof. Dr. Steffen Scheurer, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (Chefredakteur) Oliver Steeger, Alfter (Ressort Report) Nadja Saoudi, GPM Nürnberg Dr. Thor Möller, con-thor, Ganderkesee Redaktionsbeirat: Prof. Dr. Peter Thuy (Präsident GPM) Dr. Dieter Butz Axel Graser, Südwestrundfunk / SWR Prof. Dr. Nino Grau, Grauconsult GmbH Prof. Dr. Katrin Hassenstein, Hochschule der Medien Stuttgart Prof. Dr. Claus Hüsselmann, Technische Hochschule Mittelhessen Dr. Hans Knöpfel, spm, Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement Brigitte Schaden, pma (Projektmanagement Austria) Prof. Dr. Heinz Schelle, GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Prof. Dr. Doris Weßels, Fachhochschule Kiel G 6010 34. Jahrgang, 1/ 2023 ISSN 0942-1017 Verlag: UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5, 72070 Tübingen Telefon: +49 (0)7071 97 97 0 Telefax: +49 (0)7071 97 97 11 www.projektmanagement.digital © 2023 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG, Tübingen Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlages. Namentlich gekennzeichnete Beiträge sowie die Inhalte von Interviews geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion oder des Verlages wieder. Zeitschriftenkoordination: Patrick Sorg eMail: sorg@narr.de Anzeigenverwaltung: Stefanie Richter Telefon: +49 (0) 89 / 120 224 12 eMail: richter@narr.de Erscheinungsweise: 5 Hefte pro Jahr Bezugspreise für Privatpersonen: Einzelheftpreis: EUR 20,- Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 88,- Bezugspreise für Institutionen: Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 198,- Preisänderungen vorbehalten. Der Bezugspreis für Mitglieder der GPM ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Alle Preise zzgl. Versandkosten und inkl. MwSt. Die Kündigung ist sechs Wochen vor Ende eines Kalenderjahres schriftlich an den Verlag zu richten. Sonderausgaben werden zusätzlich berechnet. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift ohne Verschulden des Verlages oder infolge höherer Gewalt entfällt für den Verlag jegliche Lieferpflicht. Umschlagabbildung: © iStock.com/ eternalcreative Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird die männliche Form verwendet (generisches Maskulinum). Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter und beinhalten keine Wertung. Impressum 2 Editorial Wissen 4 Künstliche Intelligenz revolutioniert Projektmarketing 13 Wie entwickelt sich das Projektmanagement und warum? 21 Potenzial des KI-gestützten Projektmanagements mit NLP-Modellen 26 Erfolgreich in ein KI-Projekt starten 33 Auswirkungen von Cloud-First auf IT- Projektportfolios 39 Supportmodell für den ERP-Rollout bei der DÜRR DENTAL SE 42 Infrastruktur- und Großbauprojekte erfolgreich planen und steuern GPM intern 47 Bericht zur D-A-CH Forschungswerkstatt 54 Das PM Forum Digital 2022 57 Rückblick auf den Zukunftskongress 2022 60 Nachgefragt - die Interview-Reihe der GPM 62 GPM Baumspende - Gemeinsam den Wald der Zukunft gestalten 65 Buchbesprechung Kolumne 66 Einmal im Kreis gelaufen - oder der Weg ist das Ziel Aus den DACH-Verbänden 67 IPMA 69 GPM intern 71 Regionalkonferenz CPM 72 pma intern 73 spm intern 74 Nachruf Manfred Saynisch 76 Auf ein Wort mit-… Andreas Schunke 2 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0001 RubRik EDiTORiAL Digitalisierung im Projektmanagement Liebe Leserinnen und Leser, im zurückliegenden Heft haben wir uns damit beschäftigt, wie das Projektmanagement dazu beitragen kann, Zukunft mitzugestalten. Die Frage für dieses Heft: Wie wird sich das Projektmanagement selbst in der Zukunft verändern? Im letzten Heft habe ich festgestellt: „Die Zukunft ist offen und ein Raum vieler Möglichkeiten.“ Dies gilt auch für die Entwicklung des Projektmanagements. Das gesamte Spektrum dieser Entwicklungsmöglichkeiten werden wir in diesem Heft nicht abdecken können. Dennoch zeigen wir einige Trends, die das Projektmanagement zukünftig mit beeinflussen. Steffen Rietz und Lorenz Schneider geben in ihrem Beitrag einen Überblick über die großen Trends im Projektmanagement und die daraus resultierenden Veränderungen in der Projektarbeit. Digitalisierung ist einer dieser Trends; wir legen in diesem Heft den Schwerpunkt auf dieses Thema. Der generelle Trend zur Digitalisierung bringt zwei wesentliche Herausforderungen für das Projektmanagement. Zum einen sind immer mehr Digitalisierungsprojekte zu managen. Solche Projekte erfordern ein Verständnis im Projekt, wie sich die Digitalisierung auf Prozesse und Menschen auswirkt-- was wiederum eine entsprechende Vorgehensweise beim Projektmanagement solcher Projekte notwendig macht. Zum anderen entwickeln sich die verfügbaren digitalen Unterstützungstools für Projekte schnell weiter. Sie eröffnen neue Spielräume für die Weiterentwicklung der Projektmanagementmethodik. Wir werden in diesem Heft auf beide Aspekte eingehen. Eine zunehmende Rolle spielt dabei auch die Künstliche Intelligenz (KI). Doris Weßels erklärt, wie KI in Form von Textgeneratoren wie ChatGPT funktioniert. Sie erläutert im Interview, welche Unterstützung die KI in Projekten bieten kann-- und sie zeigt, welche Gefahren damit verbunden sind. Helge F. R. Nuhn, Agnetha Flore, Rüdiger Lang und Alfred Oswald gehen davon aus, dass die Interaktion zwischen Projektteams und KI zunehmen wird. Die Autoren testen wie viel projektmanagementrelevantes Wissen bereits implizit in den state-of-the-art NLP-Modellen enthalten ist. Auf die Frage, wie ein KI-Projekt erfolgreich gestartet werden kann, geht Judith Armbruster in ihrem Beitrag ein. Mona Blümke erläutert in ihrem Beitrag, wie sich die Implementierung von Cloud-First-Strategien auf das Management von IT-Projektportfolios auswirkt. Bei der Einführung eines ERP-Systems wird dem Anwendersupport nach dem Produktivstart häufig kaum Beachtung geschenkt. Ralf Durst, Claire Lutsch und Peter Preuss machen mit ihrem Beitrag deutlich, wie eine gute Supportstrategie die Arbeit mit dem ERP-System und die Akzeptanz der Anwender verbessern kann. Infrastruktur- und Großbauprojekte in Deutschland können oftmals nicht als Erfolgsprojekte bezeichnet werden. Thomas Gläßer und Uwe Gehrmann erklären in ihrem Beitrag die Ursachen für Überschreitung wichtiger Zielkriterien wie Kosten, Zeit oder Qualität. Sie stellen ein Hexagon der entscheidenden Erfolgsfaktoren vor, die die Projektpartner bei der erfolgreichen Planung und beim Bau von Infrastruktur- und Großbauprojekten unterstützen können. Nachdem Corona seit dem Herbst 2022 von einer Pandemie in einen endemischen Zustand übergegangen ist, sind endlich wieder Veranstaltungen in Präsenzformaten möglich. Dies zeigt sich auch im Hinblick auf die Aktivitäten der GPM: Die Forschungswerkstatt wurde wieder „live“ durchgeführt. Die GPM konnte ihre Themen wieder auf einigen Kongressen direkt vor Ort einbringen. Von diesen Aktivitäten berichten wir in diesem Heft. Lesen Sie hierzu den Bericht von Martina Huemann, Yvonne Schoper und Katrin Reschwamm zur D-A-CH Forschungswerkstatt, die zum Thema „Projektdesign“ am 15. und 16. September 2022 in Zürich stattgefunden hat. Maximilian Hahn und René Mittelstädt berichten über den Zukunftskongress „Staat & Verwaltung“, der Themen aus den Bereichen Staatsmodernisierung und Digitalisierung fokussiert. Der Zukunftskongress 2022 zeigte, wie groß der Bedarf an professionellem Projektmanagement in der Verwaltung ist: etwa für die Bewältigung des Klimawandels, der Corona-Pandemie oder des Ukraine-Kriegs. Es wird deutlich, wie sehr Projektmanagement ein Schlüssel zur Lösung und Umsetzung großer Zukunftsaufgaben auf allen staatlichen Ebenen ist. Viele digitale Formate, die in der Corona-Zeit entstanden sind, haben sich durchaus bewährt. Dies zeigt sich anhand des PM Forum Digital 2022, das am 10. und 11. November 2022 stattfand. Antonia Zöls berichtet über das digitale GPM Highlight Event, das diesmal auf einer eigens geschaffenen virtuellen Event-Plattform veranstaltet wurde und unter dem Motto „Wandel begleiten. Perspektiven eröffnen. Verantwortung leben“ stand. „Verantwortung leben“ ernst zu nehmen- - dies erfordert auch reale, praktische Aktionen: In Kooperation mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald hat die GPM eine eigene Baumspendenaktion ins Leben gerufen. Von nun an spendet die GPM mindestens einmal jährlich für jedes Mitglied mit rundem Jubiläum einen Baum für bayrische Wälder. Damit setzt die GPM nicht nur ein Zeichen für Nachhaltigkeit und Umweltschutz, sondern signalisiert auch Wertschätzung für ihre langjährigen Mitglieder, deren anhaltende Treue und persönliches Engagement das Herzstück der Vereinstätigkeit bilden. GPM Präsident Prof. Dr. Peter Thuy war im Januar im Hofoldinger Forst bei München selbst vor Ort und half bei der Pflanzung der ersten 236 Setzlinge. Nadia Saoudi und Emel Erat stellen im Rahmen des GPM Mentoring-Programms Mentee Jan Landgraf und Mentor Klaus Hetterich vor. Der Trend zur Digitalisierung im Projektmanagement wird sicher noch zunehmen. Wir hoffen, dass wir Ihnen mit diesem Heft Einblicke in die Herausforderungen geben können, vor allem aber auch in die Möglichkeiten, die hieraus erwachsen. Wenn Sie selbst Erfahrungen mit der Digitalisierung im Projektmanagement gemacht haben, lassen Sie uns gerne daran teilhaben. Ihr Steffen Scheurer So sollte sich Projektmanagement anfühlen Geben Sie Ihren Projekten neuen Schub Genug Zeit mit der Verwaltung von Projektdaten und komplizierter Teamorganisation verbracht! Optimieren Sie Ihren Planungsaufwand, sodass Sie sich auf das Wichtige konzentrieren können. Wir sorgen dafür, dass Sie den Überblick über alle Projekte und Aufgaben behalten, egal ob klassisch, agil oder hybrid geplant. So fahren Sie in Ihren Projekten effizienter, reagieren schneller und halten Ihr Team optimal abgestimmt. Lernen Sie uns kennen: www.planta.de 4 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0002 KI produziert Grafiken, Texte-- und demnächst (vielleicht) auch Videos Künstliche Intelligenz revolutioniert Projektmarketing Oliver Steeger Künstliche Intelligenz-- kurz: KI-- gilt als Megatrend in Industrie und Wirtschaft. Jetzt zeigt sich die praktische Anwendung auch im Projektmanagement. Beispiel im Projektmarketing: Fortschritte in der KI lassen Computer wie einen Menschen schreiben und zeichnen. Heute ist es kinderleicht (und preiswert), Texte und Grafiken mit KI zu generieren. Dies kann Projektmarketing einfacher und effizienter machen. Für viele Projekte wird das sonst teure Marketing so erst finanzierbar. Doch der Einsatz von Kollege Computer hat Schattenseiten. Das System neigt zu Fehlern und (teils haarsträubenden) Ungenauigkeiten. Wie sich Künstliche Intelligenz im Projektmarketing einsetzen lässt, wo die Chancen liegen und auf welche „Stolpersteine“ Projektmanager achten sollten-- dies erklärt Expertin Professor Doris Weßels im Interview. Frau Professor Weßels, im November letzten Jahres ging die Meldung durch die Presse, dass Künstliche Intelligenz nun wie ein Mensch schreiben und kommunizieren kann. Texte selbst mit komplizierten Fachfragen lassen sich innerhalb weniger Minuten automatisch entwickeln-- buchstäblich mit einem Tastendruck. Weshalb empfehlen Sie den Einsatz von KI auch im Projektmarketing? Doris Weßels: Projektmarketing zielt darauf, Stakeholder und andere Interessengruppen zu informieren und für das Projekt zu gewinnen. Die Ansprache muss zielgruppenspezifisch sein - wie immer im Marketing. Dafür braucht man Inhalte, etwa Grafiken, Texte oder Videos. Content, wie man neudeutsch sagt. Richtig. Man berichtet über das Projekt beispielsweise auf Websites oder Social Media. Man spricht sehr unterschiedliche Zielgruppen an- - vom Laien bis zum Experten, vom Außenstehenden bis zum Insider. Entscheidend ist: Im Projektmarketing muss man Interesse auf der anderen Seite wecken. Im Extremfall braucht jede Stakeholdergruppe anderes Informationsmaterial? Also nahezu personalisierte Inhalte? Wir alle kämpfen mit einer digitalen Informationsflut. Durch die Reizüberflutung fühlen wir uns häufig überfordert. Die Herausforderung ist, in diesem Umfeld zu den Zielgruppen überhaupt durchzudringen und dort Akzeptanz zu wecken. Ich denke, dass diese Herausforderungen in Zukunft noch wachsen werden. Damit wird auch die Qualität der Inhalte noch relevanter, mit denen Stakeholder im Projektmarketing angesprochen werden. Dies geht, wie Sie sagen, nur mit exakt auf die Zielgruppe zugeschnittenen Inhalten. Die Informationen müssen passen, der Ton, die Länge der Texte, ihre Komplexität und Tiefe der Inhalte. Der „one-size-fits-all“-Ansatz funktioniert also nicht mehr. Jede Zielgruppe hat ihre eigenen Fragen, Erwartungen und Bedürfnisse an die Informationen. Beispiel Bauprojekt: Techniker werden anders angesprochen als Investoren, oder die Nachbarschaft der Baustelle. Genau darum geht es. Foto: Andreas Diekötter (im Auftrag der FH Kiel) Wissen | Künstliche Intelligenz revolutioniert Projektmarketing 6 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0002 Sachverhalte müssen mal fachgerecht-detailliert erklärt werden, mal allgemeinverständlich und vereinfacht. Dies alles kann ein Projekt kaum leisten. Ein Projektteam ist kein PR-Redaktionsbüro… -… und an dieser Stelle kommt Künstliche Intelligenz ins Spiel. Wir können KI heute nutzen, um Texte, Bilder und Grafiken für das Projektmarketing zu generieren. Auch KI-generierte Videos sind möglich, die komplexe Sachverhalte erklären. Was für uns wichtig ist: KI kann dies alles in überzeugender, professioneller Qualität produzieren. Und es ist heute ziemlich einfach. Einfach-- inwiefern? KI versteht heute natürliche Alltagssprache. Niemand braucht KI-Systeme mit komplexen Befehlen zu füttern. Man „redet“ mit KI wie mit einer Kollegin oder einem Kollegen. Nehmen wir an, Sie brauchen eine Grafik für eine Präsentation, mit der Sie in einer kritischen Projektphase wichtige Informationen verständlich machen wollen. Die allerwenigsten Menschen haben die hohe Kunst des Visualisierens oder Zeichnens gelernt. In dieser Situation können Sie einen Grafiker beauftragen- - oder KI zur Unterstützung holen. KI spart Zeit und Budget. Gleiches gilt für Texte. Schauen wir bitte in die Praxis von Projekt- Marketing. Wie kann ein Projektteam KI für das Projektmarketing nutzen? Zum einen gibt es die Sprachmodelle GPT-3 und neuerdings GPT-3,5 von der Organisation OpenAI, die jedermann nutzen kann. Aktuell (Dezember 2022, d. Red.) sorgt die Chat-Variante ChatGPT für Furore. Sie hat sich zu einem Hype-Thema entwickelt. An derartige leistungsstarke KI-Sprachmodelle (‚Large Language Models‘) docken sich außerdem sehr viele Tool-Anbieter an. Diese Anbieter stellen uns ein vielfältiges Set von Schreib-Werkzeugen für unterschiedlichste Einsatzwecke zur Verfügung. Fangen wir mit OpenAI an, also dem direkten Zugang zu dem System. Auf der Website von OpenAI können Sie Texte oder Grafiken generieren, beispielsweise einen kurzen Text über Erfolgsfaktoren für den Einsatz von KI im Projektmarketing. Außerdem können Sie auf der Website von OpenAI den „Playground“ benutzen. Auf dieser „Spielwiese“ können Sie beispielsweise Fragen für eine Recherche entwickeln. Wie funktioniert das genau? Das ist recht einfach. Sie sagen dem System, was es tun soll. Zum Beispiel: „Erläutere mir fünf Erfolgsfaktoren für das Marketing in Projekten durch den Einsatz von Technologien der künstlichen Intelligenz“. Dies ist der sogenannte “Prompt“, die Eingabeaufforderung.-- Ich zeige es Ihnen! Doris Weßels: Der generierte Text wiederholt sich inhaltlich etwas. Aber insgesamt ist der Text nicht schlecht. Entscheidend für den Output ist, wie der Input-- also der Prompt-- formuliert ist. Ich denke, dass man mit der Zeit ein Gefühl dafür entwickelt, wie man das System am besten anspricht. Man kann dem System also verschiedene Aufträge geben und ihm erklären, wie es den Text schreiben soll? Man kann den zu generierenden Text näher beschreiben, zum Beispiel „schreibe einen Blogtext“, „schreibe Social Media Posts“ oder „schreibe einen akademischen Fachtext“. Man kann auch zusätzliche Begriffe zur Beschreibung verwenden, etwa „allgemeinverständlich“, „witzig“ oder „werblich“. Das System kann auch bestehende Texte bearbeiten. Beispielsweise schreibt das System Texte um, kürzt sie, entwickelt Teaser, verändert den Ton von Texten etwa von akademisch zu werblich, transformiert schwierige Texte in leicht Verständliches oder schlägt Überschriften oder Slogans vor. Das heißt-- es kann viel Alltags-Arbeit automatisieren? Ja. Ein Beispiel für diese Automatisierung sind Posts in Social Media. Von diesen kurzen Texten braucht man viel in der digitalen Marketingpraxis. Es heißt, dass Künstliche Intelligenz nicht nur Content produziert, sondern auch beratend Hilfe geben kann-- fast wie ein Consultant. Wie darf ich mir diese Hilfestellungen genau vorstellen? Das ist aus meiner Sicht ein relativ neues Feld. Ein interessanter Anbieter-- elicit.org-- ist erst seit kurzer Zeit verfügbar. Eigentlich handelt es sich um einen ‚Digital Research Assistant‘, um ein Werkzeug etwa für Wissenschaftler. Nach meiner Einschätzung kann es aber auch eine gute Unterstützung im Projektmarketing bieten. Was macht elicit genau? Angenommen, Sie sind Wissenschaftler und stehen ganz am Anfang einer Forschungsfrage. Das heißt, Sie suchen Literatur. Dafür können Sie elicit verwenden. Sie können bei elicit Fragen auch beantworten lassen, etwa die Frage: „Wie können Werkzeuge der Künstlichen Intelligenz das Stakeholder Management in Projekten unterstützen? “ Elicit wertet wissenschaftliche Aufsätze aus und liefert Ihnen dann Hinweise-- und zwar zusammengeführt in einem Dokument, eine Art Zusammenfassung oder Abstract. Doris Weßels tippt auf der Playground-Seite von Openai.com folgenden Prompt ein: „Erläutere mir fünf Erfolgsfaktoren für das Marketing in Projekten durch den Einsatz von Technologien der künstlichen Intelligenz“. Sie klickt den „submit“-Button. Dann, nach wenigen Sekunden flackern auf dem Bildschirm Silben auf. Wir können dem System beim Schreiben zusehen. Es reiht Wörter aneinander, verbindet sie zu Sätzen. Innerhalb einer halben Minute schreibt es die fünf Thesen. Das System schlägt folgende Thesen vor (zusammengefasst durch die Redaktion). Erste These: KI ermöglicht, Zielgruppen genauer zu definieren und die richtigen Botschaften an die richtigen Kunden zu senden. Zweite These: KI hilft beim Verständnis von Kundenbedürfnissen. Dritte These: KI unterstützt bei der Messung und Verbesserung der Wirkung von Marketingmaßnahmen. Vierte These: Durch den Einsatz von KI können neue Wege für Kundenansprache und Markenstärkung gefunden werden. Fünfte These: KI ermöglicht die Prognose von Kundenbedürfnissen und die Anpassung der Strategie. Wissen | Künstliche Intelligenz revolutioniert Projektmarketing Jetzt bewerben! Mehr Infos: www.fh-vie.ac.at Internationale Projekte verantwortungsvoll leiten MACHT MEHR SINN Entscheide dich für das Masterstudium Projektmanagement und Organisation an der FH des BFI Wien und gestalte deine Zukunft aktiv mit! Es erledigt also eine Art kleine Forschungsaufgabe und trägt aktuelle Informationen aus der Wissenschaft zusammen? Ja, Sie können sich mit KI etwa bei der Literatursuche völlig anders bewegen. Doch man muss noch aufpassen. Es gibt immer Unschärfen in den Ergebnissen. Es heißt, dass das, was in den Abstracts zusammengefasst ist, noch nicht ganz präzise ist. Risikolos ist diese Form der KI-Unterstützung also noch nicht. Außerdem: Wenn Sie das System auf Deutsch ansprechen, erhalten Sie derzeit nur deutsche Artikel; die englischsprachige Forschung wird dann nicht abgedeckt. Trotz dieser Einschränkungen halte ich das System für die erste Suche heute schon für hilfreich. Derartige Systeme stecken noch in den Kinderschuhen. Wir wissen aber inzwischen, dass die Entwicklungsgeschwindigkeit rasant ist. Das bedeutet, dass wir in Kürze eine signifikante Leistungssteigerung erwarten dürfen. Solche Systeme mögen Wissenschaftler unterstützen, aber vielleicht keine Praktiker im Projektmarketing-… Langsam. Diese Möglichkeiten gibt es. Elicit hat ein interessantes Werkzeug zum Thema „Behavioural Science“. Dieses Werkzeug beschäftigt sich ausdrücklich mit dem Verhalten von Menschen- - was für das Projektmarketing interessant sein kann. Ein Beispiel: Ein Projekt hat eine Gruppe von schwierigen Stakeholdern. Es will Strategien entwickeln, mit denen es Einfluss auf diese Gruppe gewinnen kann. Der Prompt auf Englisch könnte sein: „Suggest Interventions that could change audience‘s behaviour“. Und da kommen wirklich gute Ideen heraus? Ich habe dies mit einem fiktiven Beispiel ausprobiert. Ich habe mich für dieses Experiment in die Rolle einer Bürgermeisterin einer ländlichen Gemeinde versetzt. Die Gemeinde veranstaltet jedes Jahr ein Gemeindefest, für das ich als Bürgermeisterin mitverantwortlich bin. Eine „komplizierte“ Zielgruppe für dieses Fest sind junge Leute. Es wird immer schwieriger, junge Freiwillige für die Vorbereitungen des Fests zu gewinnen und sie in das Projekt einzubinden. Ich will wissen, was ich tun kann. Ich habe Elicit die konkrete Situation beschrieben und um Vorschläge für Interventionen gebeten. War unter den Vorschläge Überraschendes, an das Sie nicht gedacht hätten? Es waren einige gute Ideen dabei. Etwa: eine Website für die junge Stakeholdergruppe entwickeln, zu monatlichen Treffen Anzeige Wissen | Künstliche Intelligenz revolutioniert Projektmarketing 8 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0002 für den Ideenaustausch einladen, auf der Websites digitale Templates für die Organisation anbieten, junge Menschen einladen, ihre Ideen und Themen für die Entwicklung der Nachbarschaft einzubringen, den Nutzen des Engagements für die eigene Gemeinde aufzeigen oder Beispiele für Partizipation vorstellen. Zugegeben, bei den ersten rund ein Duzend Vorschlägen war noch nichts Spektakuläres dabei. Doch mit jedem Click kann ich mir neue Varianten generieren lassen. Sind unter zwanzig Vorschlägen zwei dabei, die ich noch nicht im Blick hatte- - dann ist das ein gutes Ergebnis. Ein weiteres für Projektmarketing spannendes Anwendungsfeld ist die Stimmungsanalyse, die Sentiment Analysis. Das ist heute schon fast ein KI-Klassiker. Stimmungsanalyse? Was darf ich darunter verstehen? Es geht darum, die öffentliche Meinung zu ermitteln- - beispielsweise die Meinung zu einem Projekt. AI kann Social Media auswerten und das Stimmungsbild in einer Zielgruppe nachzeichnen. Diese Stimmungsanalysen helfen, Marketingziele zu definieren und das Projektmarketing strategisch gezielter auszurichten. Die spezifischen KI-Werkzeuge finden Sie im Augenblick nicht direkt bei OpenAI, aber bei einigen anderen Anbietern. Sie sagten vorhin, dass Künstliche Intelligenz heute nicht nur Texte liefert, sondern auch Grafiken, etwa Schaubilder für Präsentationen. Welche Tools empfehlen Sie dafür? OpenAI hat dafür das eigene Tool „Dall-E“. Bekannt sind derzeit auch andere Werkzeuge wie Stable Diffusion, Midjourney oder die Bild-Suchmaschine Lexica. Diese Werkzeuge entwickeln aus Text neue Grafiken. Man gibt in natürlicher Sprache einen Prompt ein-- und erhält eine Grafik? Ähnlich wie beim Text? Das System funktioniert in zwei Richtungen: text-to-image und image-to-text. Zum einen erzeugt das System aus Beschreibungen Grafiken, zum anderen aber auch aus Grafiken die Beschreibungen. Dies kann man gut nutzen, um Grafiken zu entwickeln. Angenommen, Sie finden in einer Suchmaschine eine Grafik, die für Ihre Präsentation passt. Diese Vorlage wollen Sie für Ihre Zwecke weiter anpassen. Nun können Sie folgendes tun: Sie können das Werkzeug anweisen, eine Beschreibung zu dieser Vorlagen-Grafik zu entwickeln-… image-to-text-… Genau! Dann kopieren Sie diese Beschreibung, passen sie für Ihre Bedürfnisse an-- und geben sie in einen KI-Generator für Grafiken ein. Sie werden dann eine passende Grafik im Stil der Vorlage erhalten. Man sucht sich also Inspirationen bei einer Bildersuche-- und kreiert daraus etwas Eigenes? Ja, dies ist ein möglicher Weg. Unter Fachleuten gilt als ausgemacht, dass Künstliche Intelligenz in Kommunikation und Marketing wichtiger werden wird. Die Vorteile liegen auf der Hand: KI erhöht Effizienz, Tempo und Produktivität. Dies entlastet die Marketing- Fachleute. Sie können sich im Projektmarketing beispielsweise mehr auf Strategie und direkte, persönliche Kommunikation konzentrieren. Hinzu kommt die KI-Unterstützung etwa bei Strategiefindung, Konzeption, Recherche oder bei besonderen Herausforderungen. Dennoch scheinen einige Detailfragen ungeklärt. Ein davon: Besteht das Risiko, dass KI-generierte Texte das Urheberrecht verletzen, weil das System längere Textpassagen etwa aus anderen Büchern oder Zeitungsartikel kopiert? Als ich mich vor drei Jahren das erste Mal näher mit KI-Textgenerierung beschäftigt habe, dachte ich: Das System baut seine Texte aus fremden Textfragmenten zusammen. Ich habe damals den Anfang eines Zitats des berühmten Soziologen Niklas Luhmann eingegeben und die Maschine um Fortführung und Komplettierung des Zitats gebeten. Das Zitat klang wirklich sehr authentisch; wir haben nicht glauben können, dass es frei erfunden war. Und? Wir haben dieses Zitat intensiv in dem Werk des Soziologen gesucht mit Hilfe von Plagiatsoftware. Keine Chance! Es gab nicht ansatzweise ein Indiz, dass KI das Zitat irgendwo kopiert hat. KI-Textgeneratoren basieren nicht auf einem copy-undpaste-Verfahren, sondern verwenden ein statistisch fundiertes „Wortsilben-Würfeln“, um einen neuen Text zu generieren. In dem System entsteht also etwas ganz Neues. Es schafft damit tatsächlich Unikate. Trotzdem stellt sich die Frage nach dem Urheber und dem Urheberrecht. Wer im Projektmarketing Texte veröffentlicht, muss sicherstellen, dass er dies auch darf und nicht die Rechte Dritter verletzt. Meine Frage: Wer ist der Urheber KI-generierter Texte? Derjenige, der den Prompt eingegeben hat? Das Unternehmen, dem die Software gehört? Die Software selbst? Im Jahr 2019 ist bei Springer Nature, also einem renommierten Wissenschaftsverlag, ein Buch erschienen, das ausdrücklich durch Künstliche Intelligenz geschrieben worden ist. Daraus haben sich für mich viele Fragen ergeben. Wem gehört das Buch im Sinne des Urhebers? Wer haftet für die Ergebnisse? Wie zitiere ich als Wissenschaftlerin aus dem Buch? Ich habe versucht, diese Fragen zu klären. Um es kurz zu machen- - nach meiner Kenntnis haben wir hier bis heute eine juristische Grauzone. Das Urheberrecht bei KI-generierten Texten ist ungeklärt? ! ? Ich habe auf IT-Recht spezialisierte Juristen gefragt, und sie konnten mir die Frage nicht abschließend beantworten. Bei KI-generierten Grafiken scheint das Urheberrecht gut geklärt, nicht aber bei Texten. Ich werde häufig gefragt, was man machen darf und was nicht-- auch in der akademischen Lehre. Offen gesagt: Die Antwort fällt schwer. Daher habe ich THOST ist eines der führenden deutschen Unternehmen im Projektmanagement. Von unseren Standorten im In- und Ausland steuern wir komplexe Projekte in den Bereichen Immobilien, Öffentliche Hand, Gesundheit, Energie, Infrastruktur, Automotive, Chemie & Petrochemie, Pharma, Öl & Gas und IT. Mit unserer breit gefächerten Expertise im Projektmanagement betreuen wir Industriekundinnen und -kunden sowie öffentliche und private Investor*innen. Wir stehen für herausragende Qualität in der Unternehmenskultur und die stetige Weiterentwicklung unserer Mitarbeitenden. Das bestätigen seit vielen Jahren unsere Arbeitgeberzertifizierungen (audit berufundfamilie sowie top4women). Seit 2018 zählt THOST Projektmanagement mit der Auszeichnung LEADING EMPLOYER außerdem zum Kreis der besten Arbeitgeber*innen in Deutschland. Werden Sie Teil unseres Teams. Jetzt bewerben! Projekte sind unsere Welt THOST Projektmanagement www.thost.de/ karriere Villinger Straße 6 | 75179 Pforzheim +49 7231 1560-888 | karriere@thost.de Hier geht‘s zu unseren Stellenanzeigen Wissen | Künstliche Intelligenz revolutioniert Projektmarketing 10 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0002 zusammen mit meinen Mitstreiter: innen eine neue Form der Eigenständigkeits- und Kennzeichnungserklärung entwickelt, die wir derzeit an vielen Hochschulen diskutieren. Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Paul Krugman hat im Dezember 2022 einen Artikel in der New York Times über die Konsequenzen von KI veröffentlicht. Einen Absatz ließ er von KI schreiben-- und hat dies auch im Text offengelegt. Einige Journalisten und Autoren fordern, dass durch KI generierte Texte zu kennzeichnen sind. Ich persönlich würde dies immer tun, schon aus ethischen Gründen. Ein weiteres Thema: Es gibt Berichte, dass Internet-Suchmaschinen KI-generierte Inhalte nicht akzeptieren werden. KI-Inhalte könnten als Verstoß gegen die Richtlinien der Suchmaschinen-Anbieter verstanden werden. Dies könnte sich auf das Ranking der Websites auswirken. Wie sehen Sie diesen Punkt? Ich glaube nicht, dass KI generierter Content identifiziert werden kann, auch wenn OpenAI offenbar an versteckten Wasserzeichen arbeitet, die in dem generierten Text zukünftig verborgen sein könnten. Künstliche Intelligenz wird heute im Schreibprozess als Assistentin eingesetzt, als eine Art Sparringspartnerin. KI liefert häufig eine Materialsammlung, eine Liste mit Fragen und Stichworten, oder einen allerersten Rohentwurf für den Text. Der Mensch bearbeitet dieses Material dann weiter. Am Ende ist kaum noch zu unterscheiden, was aus der Maschine stammt-- und was vom Menschen. Ich sehe darin allerdings auch das Risiko, dass wir beim Schreiben, Konzipieren, Redigieren und sogar beim Problemlösen auf längere Sicht abhängig werden von Künstlicher Intelligenz. Inwiefern abhängig? KI nimmt uns nicht nur das Schreiben ab, sondern vielfach auch das Nachdenken über Probleme und die kreative Lösungsfindung. Vielleicht laufen wir Gefahr, dass wir selbst immer weniger denken und uns von der KI zunehmend mehr lenken lassen… …-also KI für uns denken lassen? Dass wir die Fähigkeit verlieren, kreativ Probleme selbst zu lösen und Inhalte zu entwickeln? Dass wir uns unkritisch auf KI verlassen? Ja, das könnte ein Risiko sein. Die derzeit angebotenen Systeme sind häufig recht kostengünstig und leisten Erstaunliches. Gewöhnen wir uns zu sehr an sie, wird es schwierig werden, einen Schritt zurückzutun in die alte, analoge Welt. Hinzu kommt: Im Marketing zählt die Macht der Sprache. KI kann zwar gut formulieren, doch die Texte wirken manchmal gesichtslos, weichgespült und oberflächlich. Die Stimme einer Autorin oder eines Autors ist nicht mehr zu vernehmen. Eben ist das Stichwort Ethik gefallen. Wo sehen Sie ethische Grenzen für den Einsatz von KIgenerierten Texten? Ein Beispiel für Grenzen sind manche Chatbots, also automatisierte Chats. Man könnte auf die Idee kommen, solche Chatbots für Menschen in schwierigen Lebenssituationen anzubieten. Also eine Art vollautomatischer Coach? Unter diesen Menschen gibt es einige mit schweren psychischen Problemen; vielleicht sind manche sogar suizidgefährdet. Ich würde nie einen Einsatz von Chatbots oder Künstlicher Intelligenz in diesem Bereich befürworten. Inhalte können von den Betroffenen missverstanden werden. Im Prinzip liegen für mich die Grenzen des KI-Einsatzes dort, wo solche Risiken zu groß werden. Aus meiner Sicht brauchen wir für diese Einsatzzwecke einen gesellschaftlichen Konsens. Wir sollten gesellschaftlich diskutieren, wo wir klare rote Linien ziehen. Was tun? Wir brauchen zunächst ein breites Bewusstsein in der Gesellschaft, dass es diese Technologien überhaupt gibt. Es herrscht dringender Aufklärungsbedarf, weil der Kenntnisstand über diese KI-Technologien noch zu gering ist. Deshalb habe ich 2021 ein KI-Projekt zum „Akademischen Schreiben im KI-Zeitalter“ initiiert, das vom Land Schleswig-Holstein gefördert wird. Aus diesem Projekt ist im September 2022 unser hochschulübergreifendes „Virtuelles Kompetenzzentrum für Schreiben, Lernen und Lehren mit KI- - Tools und Technik für Bildung und Wissenschaft“ entstanden. Dieses neue und bundesweit einzigartige Kompetenzzentrum hat sich entwickelt aus verschiedenen Gruppen, mit denen ich seit der Coronazeit zusammengearbeitet habe. Wir wollen das breite Bewusstsein für KI schärfen- - unter anderem mit Schreibwerkstätten, bei denen wir Teilnehmer selbst mit den KI-Tools arbeiten lassen. Wie wird sich aus Ihrer Sicht die Arbeit und die Rolle von Marketingexperten im Projektmanagement verändern? Eines vorweg: Viele Rollen im Projektmanagement werden sich durch KI in Zukunft verändern- - nicht nur die von Marketingfachleuten. Was aber diese Gruppe betrifft: Marketingfachleute werden in Zukunft weniger Inhalte selbst er- Prof. Dr. Doris Weßels Prof. Dr. Doris Weßels ist Professorin für Wirtschaftsinformatik mit den Schwerpunkten Projektmanagement und Natural Language Processing an der Fachhochschule Kiel. Seit 2018 richtet sich ihr KI-Forschungsfokus auf die Entwicklungen im Bereich Natural Language Processing (NLP) und die Implikationen sowie resultierenden Systemanpassungen für den Bildungsbereich. Im Jahr 2020 hat Prof. Dr. Doris Weßels die hochschulübergreifende Arbeitsgruppe „Gute wissenschaftliche Praxis im Zeitalter Künstlicher Intelligenz“ gegründet. Sie ist Mitglied im KI-Expert- Lab Hochschullehre des BMBF-geförderten Pilotprojektes KI-Campus; dort leitet sie die Themengruppe „KI und Academic Writing“. Im September 2022 hat sie gemeinsam mit dem assoziierten Partner KI-Campus und weiteren Expert: innen und Lehrenden deutscher Hochschulen das Virtuelle Kompetenzzentrum „Schreiben lehren und lernen mit Künstlicher Intelligenz- - Tools und Techniken für Bildung und Wissenschaft“ gegründet: https: / / www.kischreiben-lehren-lernen.de/ -- Prof. Dr. Doris Weßels leitet die GPM Region Kiel sowie die GPM Fachgruppe „PM an Hochschulen“. project process change agile Wir bieten Ihnen: Training, Beratung, Coaching, Interim Management und begleiten Ihr Unternehmen durch die digitale Transformation! Profitieren Sie zusätzlich von unseren zahlreichen Aus- und Weiterbildungsangeboten und Projekt- und Prozessmanagement-Tools. +43 1 4780660-0 office@nextlevelconsulting.com Interessiert? Kontaktieren Sie uns! Wir unterstützen Sie dabei, Projekte durchzuführen, Prozesse zu verbessern und Veränderungen so zu steuern, dass Ihr Unternehmen den größtmöglichen Nutzen daraus ziehen kann. Unser erfahrenes Team von internationalen Expert*innen steht für Sie bereit - mit branchenspezifischem Know-how. Mit Begeisterung, Leidenschaft und Verstand unterstützen wir Menschen und Organisationen, ihre Struktur und Kultur erfolgreich zu entwickeln. Experten für Ihren Erfolg Energie für Ihre Ziele Wissen | Künstliche Intelligenz revolutioniert Projektmarketing 12 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0002 arbeiten. Sie werden sich dann möglicherweise mehr mit der Auswahl und der Benutzung von KI-Tools befassen. Also mehr Management: Welches Tool benutzen wir für welchen Zweck? Was braucht das Tool, um optimal zu arbeiten? Was gibt man in die Maschinen ein, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen? Ich sehe also eine stärker koordinierende Rolle für Marketingfachleute. Trotzdem müssen sie den Entstehungsprozess von Content verstehen und tief durchdringen, was beim Einsatz von KI geschieht. Letztlich kommt es auch darauf an, dass jemand die Inhalte verantwortet und die Qualität sichert. Mit Sicherheit. Bei aller Automatisierung werden Marketingfachleute die Verantwortung haben, für den gesamten Entstehungsprozess und auch die Qualität der Inhalte einzustehen. Insofern denke ich nicht, dass KI die Menschen im Marketing ersetzen wird. Eingangsabbildung: © iStock.com/ sdecoret Wie funktionieren KI-Systeme, mit denen man Texte oder Grafiken generieren kann? Es handelt sich bei diesen Systemen um Sprachmodelle, sogenannte Large Language Models (LLM). In der westlichen Welt derzeit führend ist unter anderem das System GPT-3 von OpenAI, ein Unternehmen, das in San Francisco beheimatet ist. Dieses KI-System wurde mit Unterstützung namhafter Sponsoren und Investoren seit 2015 entwickelt. Schätzungen besagen, dass eine Milliarde Dollar in die Entwicklung dieser Technologie geflossen sind. Wie werden solche KI-Modelle technisch entwickelt? Vereinfacht gesagt, zunächst entwickelt man eine Art digitales, künstliches neuronales Netzwerk nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns. Man versucht also das, was im Gehirn vor sich geht, in Software abzubilden: Das Wechselspiel von Neuronen und Synapsen, das letztlich auch Sprache erzeugt. Danach wird dieses leere digitale, neuronale Netzwerk (das „Gehirn“ des Systems) trainiert. Und zwar so, wie auch das menschliche Gehirn beim Lernen trainiert wird: Die KI-Systeme wurden mit Text und anderen Inhalten gefüttert, mit großen Mengen an Fachbüchern, Artikeln und anderen Informationen, beispielsweise dem kompletten Online-Lexikon „Wikipedia“. Auf welche Weise „schreibt“ KI? - KI setzt nicht Versatzstücke aus anderen Texten zusammen. Sie kopiert also keine ganzen Sätze oder Absätze irgendwo im Internet und baut diese in den eigenen Text ein. „KI setzt die Inhalte neu zusammen, auf Basis eines statistisch fundierten Sprachverständnisses“, sagt Professor Doris Weßels, „es ist zwar ein Remix der Datenbasis, aber auf der Basis von Wortsilben entsteht wirklich Neues.“ Das bedeutet, dass KI-Textgeneratoren mit sehr kleinen Bausteinen starten, etwa mit Silben. Danach arbeitet das System mit purer Statistik weiter und berechnet, welche Silbe wahrscheinlich nach einer bestimmten Silbe folgen werden. Die Algorithmen „würfeln“ gewissermaßen mit den Bauteilen; sie „puzzeln“ und hangeln sich anhand von Wahrscheinlichkeitsrechnung durch den Text. Smartphone-Nutzer kennen dieses Verfahren von bestimmten Apps. Beginnen Nutzer in der App eine Nachricht zu schreiben, so scheint das System nach einigen Silben oder Wörtern zu „erraten“, wie man den angefangenen Satz fortführen will, eine Art Auto-Complete-System. Das System ermittelt also mögliche Textfortführungen und berechnet, welche am wahrscheinlichsten den Satz fortführt. Aber: „Wahrscheinlich“ heißt nicht, dass der Output dann wirklich „wahr“ oder „korrekt“ ist. Er ist nur „wahrscheinlich“-- und das hat Implikationen für die Arbeit mit KI-generierten Texten. Macht KI Fehler? Vieles von dem, was KI „schreibt“, ist gut fundiert und überzeugt auch Experten. Dennoch gibt es immer wieder Meldungen über Unschärfen und manchmal haarsträubende Fehler. Solange derartige Systeme nicht einen Faktencheck integriert haben, neigen sie zu sogenannten „Halluzinationen“. Sie schreiben munter drauf los, phantasieren manchmal und entwickeln beispielsweise Zusammenhänge dort, wo es keine gibt. Dies aber geschieht sprachlich sehr eloquent; AI formuliert selbstbewusst und treffsicher. Offensichtliche Fehler mögen erkennbar sein. Andere Fehler sind schwieriger aufzuspüren, etwa falsche Zitate (die sehr plausibel und „echt“ klingen). Es kann sein, dass das System eine authentische Quelle nennt, doch das Zitat dann frei erfunden ist. Experten empfehlen, KI-Systemen nicht blind zu vertrauen. Ist KI wirklich kreativ? Einige Nutzer von KI sagen: ja. Sie finden die Arbeit mit KI inspirierend-- nicht nur wegen des generierten Contents wie Texte und Grafiken, sondern auch wegen der Impulse und Hilfestellung, die KI liefern kann. KI kann assistieren mit Tipps, Vorschlägen und Impulsen etwa in Problemsituationen (beispielsweise, wenn Teams es mit schwierigen Stakeholdern zu tun haben oder sich in kritischen Projektphasen befinden). Kann man KI-generierte Texte erkennen? Das ist schwierig- - und derzeit eher unwahrscheinlich. Zumal wir Menschen beim Lesen von Texten automatisch einen menschlichen Autor unterstellen. Dies ändert sich derzeit. Beispielsweise stellen Hochschullehrer fest, dass sich heute Studenten durch KI bei Hausarbeiten helfen lassen. Auch erste Wissenschaftler selbst nutzen ausdrücklich KI für das Abfassen von Aufsätzen. Das heißt: In Forschung und Lehre wird das Schreiben zu einem Prozess, bei dem niemand mehr genau weiß, wie die Texte produziert wurden und wer (oder was) beteiligt war. Mit dieser Disruption verbinden sich grundsätzliche, auch ethische Fragen- - nicht nur in akademischen Kreisen. Offenbar sind viele dieser Fragen noch nicht allgemeingültig beantwortet. Welchen „kulturellen Hintergrund“ haben KI-Systeme? - Die Systeme können nur das wiedergeben, mit dem sie trainiert worden sind. Deshalb orientieren sich die in der westlichen Welt verbreiteten Systeme an westlicher Kultur und westlichen Werten-- mit allen Vorurteilen und „Biases“, die in diesem Kulturkreis existieren. Hinzu kommt: Derzeit ist der Anteil von KI-generierten Texten im Internet gering. Die allermeisten Inhalte von Websites sind von Menschen gemacht. Noch. Das Verhältnis zwischen KI-generiertem und „menschengemachten“ Inhalt wird sich künftig stark verändern. Dann wird KI mit Texten „gefüttert“, die sie selbst produziert hat. Auf lange Sicht könnte KI seine Inhalte immer wieder selbst reproduzieren-- und deshalb möglicherweise ein einseitiges Bild der Welt zeichnen. Oliver Steeger 13 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0003 Ein Blick weit hinaus über das Pro & Contra der Agilität Wie entwickelt sich das Projektmanagement und warum? Steffen Rietz, Lorenz Schneider Für eilige Leser | Projektmanagement und mit ihm die PM-Prozesse, Methoden und Werkzeuge entwickeln sich stetig weiter, in kleinen, kaum spürbaren Schritten oder in großen unübersehbaren Veränderungen. In den letzten Jahren war der Diskurs über das Pro & Contra agiler Vorgehensweisen so allgegenwärtig, dass andere Aspekte nicht immer die notwendige Aufmerksamkeit bekamen. Erkannte Notwendigkeiten der PM-Entwicklung konnten noch nicht in spürbare Fortschritte umgewandelt werden. Einflüsse der Globalisierung und der IT, aber auch die aus der zunehmenden Forderung nach Nachhaltigkeit resultierenden Veränderungen in der Projektarbeit sollen daher genauer betrachtet werden. Ist erst einmal die Sensibilität für relevante Trends beim Projektpersonal geschaffen, rücken ein aktualisiertes Kompetenzprofil und ein erweiterter Methodenkanon in greifbare Nähe. Schlagwörter | PM-Entwicklung, PM-Trends, Globalisierung, Digitalisierung, Nachhaltigkeit Je nach Detaillierungsgrad, Anspruch auf Vollständigkeit und dem persönlichen Erfahrungshorizont der Autoren und Referenten werden mal mehr, mal weniger Trends genannt, die das Projektmanagement beeinflussen-- oft die Top 3 oder Top 10. Nachfolgend geht es weder um ein Ranking, noch um das Füllen einer vorgefertigten Struktur. Es soll lediglich sensibilisiert werden für vernachlässigte Aspekte, Gefahren und neue Möglichkeiten in einem geänderten Projektumfeld. Mit neuen Herausforderungen und unter geänderten Randbedingungen wird sich das Know-how und das Verhalten des Projektpersonals weiterentwickeln müssen. Historische Erfahrungen sind teilweise veraltet, teils aber auch gereift und bestätigt. Sie müssen heute entweder ersetzt, teils auch nur ergänzt oder sogar einfach nur konsequent angewendet werden. Akteure in Projekten mit nennenswerter Größe sollten daher mindestens folgende Aspekte im Blick behalten und sich in der PM- Community einbringen, um gemeinsam Antworten auf die projektprägenden Fragen unserer Zeit zu finden. 1. Die Möglichkeit und Notwendigkeit umfassender Projektplanung sind strittige Ansichten geworden. Sehr lange sind Projekte mit einer intensiven Planungsphase gestartet. Das ist heute nicht mehr unbedingt der Fall, insbesondere nicht bei agilen oder hybriden Arbeitsweisen. Hier wird weit weniger monolithisch in der Projektstartphase geplant. Planungsaspekte ändern ihren Charakter, sind nicht mehr so deutlich sichtbar und werden daher tendenziell unterschätzt. Es kommt hinzu, dass Krisen deutlich zugenommen haben, sogar einander überlagern. Corona, instabile Lieferketten, die Lage in der Ukraine, gehemmte Rohstofflieferungen, allgemeiner Chipmangel, steigende Inflation, allgemeiner Fachkräftemangel- … führen häufig zu einer unzulässigen Vermischung von Projekt- und Krisenmanagement. Während Gerichte bei existenzbedrohenden Unternehmenskrisen den Geschäftsführer durch einen Insolvenzverwalter ersetzen können, werden selten Projektmanager durch Krisenmanager ersetzt. Projektleiter verkürzen einfach den Planungshorizont schrittweise und „fahren auf Sicht“. In großen Produktpaletten- - ob Autos oder Rasenmäher- - werden die wenigen verfügbaren Chips in margenträchtigen Geräten verbaut, während Lieferzusagen im unteren Preissegment nicht mehr terminiert werden. Das nur begrenzt verfügbare Personal (nach eigenen Beobachtungen insbesondere Praktikanten bei vertraglich gebundenen Automobilzulieferern) unterstützt vorrangig den Einkauf bei der Suche nach alternativen Teilen und Baugruppen von alternativen Lieferanten-- typisches Wissen | Wie entwickelt sich das Projektmanagement und warum? 14 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0003 Krisenmanagement. Mit Verweis auf ein krisengeschütteltes dynamisches Umfeld wird oft sogar die mittel- und langfristige Projektplanbarkeit infrage gestellt. Das bedeutet für das Projektmanagement: • Sich von der Planung und der Planbarkeit weitgehend zu verabschieden bedeutet, sich unwissend in eine reaktive Rolle zu begeben. Es sollte wieder ein Bewusstsein für die Notwendigkeit einer angemessen professionellen Initialplanung in allen Projekten geschaffen werden. [1] (Diese Aussage bekommt >95 % Zustimmung aus der Community.) • Strategische Vorteile für das Projekt und darüber hinaus für die Organisation sind nur erreichbar über eine solide Mittel- und Langfristplanung und über Gesamtbetrachtungen. • In der Projektstartphase ist ein das Projektziel und die vorherrschenden Randbedingungen unterstützendes Projekt-Design zu wählen, in dessen Kontext eine in Art und Umfang angemessene Initialplanung stattfindet. Mit der jüngsten Zunahme verfügbarer Projekt-Designs wird diese Aufgabe etwas anspruchsvoller, aber wesentlich wichtiger. [2] 2. Der Trend zur Globalisierung ist ungebrochen, aber nicht mehr alternativlos. ‚Wandel durch Handel‘ lautet lange die Devise, der sich Unternehmen auf der Suche nach billigen Arbeitskräften und neuen Absatzmärkten anschließen. Die 2008 / 09 durch die Investmentbank Lehman Brothers verursachte weltweite Finanzkrise hat diesen Trend nur kurzzeitig unterbrochen. Erst die rasche Verbreitung des SARS COV19-Virus über den ganzen Globus, sowie die Folgen der Abhängigkeit von russischem Gas haben den im Lebensmittelbereich gestarteten Trend zur Rückbesinnung auf regionale Stärken zu einem gesamtwirtschaftlichen Trend werden lassen. Halb Afrika wartet auf Getreidelieferungen aus der Ukraine, die halbe Welt wartet auf Chips aus Taiwan. Fast in Vergessenheit geraten ist die Ever Given (Abbildung 1), die im März 2021 eine „nur“ sechstägige Vollsperrung des Suezkanals verursacht, damit aber einen Rückstau in den Häfen weltweit und einen globalen Containerengpass verursacht, was auch 12-18 Monate nach dem Unglück noch in den Logistikprozessen spürbar ist. Diese zeitlich dicht beieinander liegenden Ereignisse verstärken den Wunsch nach regionaler Leistungserstellung. Verständlich, aber kurzsichtig. Globalisierung & Lokalisierung bilden ebenso ein bi-polares Gleichgewicht wie Zentralisierung & Dezentralisierung oder push & pull. So ist z. B. ein hoher Lagerbestand stets sehr gut (weil er Verfügbarkeit der eingelagerten Materialien sichert) und gleichzeitig sehr schlecht (weil er mit hoher Kapitalbindung einhergeht). Jedes bi-polare Gleichgewicht aus spezifischen Vor- und Nachteilen beider gegensätzlichen Ausprägungen ist stets abzuwägen und situationsspezifisch auszugestalten. Die Grenzen der Globalisierung wurden uns sehr deutlich aufgezeigt und wirken sich auf zahlreiche Projekte aus. Die Chancen der Globalisierung bestehen aber nach wie vor, sodass künftig projektspezifisch ein Maß angemessener Globalisierung gefunden werden muss. Das bedeutet für das Projektmanagement: • Das Maß der Globalisierung und internationalen Kooperation wird zu einem wesentlichen ergebnisoffenen Prüfkriterium und Gestaltungsparameter in jedem größeren Projekt. [1] Diese Aussage bekommt 83 % Zustimmung aus der Community. • Die Erschließung weltweiter Lieferanten- und Kundenmärkte sowie überregionale Arbeitsteilung sind nicht mehr pauschal erstrebenswert, sondern wieder eine offene Frage in einer bi-polaren Charakteristik. Es liegt in der Verantwortung jedes Projektteams, diese Frage für jedes Projekt individuell zu beantworten. • Faktoren wie Produkthaftung, Garantieversprechen, Rahmenverträge mit Wartungsverpflichtungen, Ersatzteillieferungen, Nachschulungen-… usw. schaffen Strukturen weit über die Projektlaufzeit hinaus. Auch wenn die Projektverantwortung eines Teams terminiert endet, so reicht die Projektergebnisverantwortung der Organisation oft weit über die Projektlaufzeit hinaus und ist durch eine zukunftsorientierte Vorteils-/ Nachteils-Abwägungen abzusichern. 3. Nicht funktionierende Lieferketten sind das Ergebnis multikausaler Zusammenhänge Lieferengpässe sind so alt wie die Menschheit und treten trotz zunehmender Industrialisierung und Überproduktion auch heute noch auf. Inzwischen wird das ‚nicht liefern können' er- Abbildung 1: Ever Given im Suezkanal [Corona Borealis ‒ stock.adobe.com] Wissen | Wie entwickelt sich das Projektmanagement und warum? gänzt um das ‚nicht liefern dürfen', d. h. Staaten werden von Deutschland oder der EU mit einem Embargo belegt. Organisationen müssen die Zulässigkeit ihrer Lieferung dann gegen eine dual-use-list prüfen. Durch Konflikte und Krisen wird es um ein Vielfaches komplizierter. Lieferanten müssen u. a. die Weitergabe ihrer Produkte und Leistungen in Drittländer verhindern. Während z. B. nach Russland, Iran und Nordkorea konkrete Ausfuhrbeschränkungen definiert sind, ist z. B. bei Lieferungen nach China und in die Türkei nachzuweisen, dass diese dort verbleiben und nicht durch Weiterleitung indirekt ein Embargo unterlaufen. Es kommt hinzu, dass Anfragen an Behörden und Ämter immer öfter ohne Antwort bleiben. Es gibt kein Ausfuhrverbot, aber auch keine Ausfuhrgenehmigung, sondern einfach keine Antwort, weil Sachbearbeitern das Wissen, die Erfahrung, die Befugnis oder schlicht der Mut fehlt (und sich die Gesetzeslage kurzzyklisch, teilweise mehrfach ändert). Ist dann alles geprüft und freigegeben, wirken teilweise Drohungen (z. B. aus den USA: Unternehmen, die sich an der Fertigstellung von Nord Stream 2 beteiligen, verwirken damit ihre Angebotsfähigkeit in amerikanischen Ausschreibungen.). Sind solche Drohungen erst einmal ausgesprochen, wirken sie unausgesprochen auch in anderen Bereichen. Speditionen mit einem starken US-Geschäft bringen z. B. aus Deutschland auch keine zivilen Produkte mehr nach Russland, solange dies US-amerikanischen Interessen zuwiderläuft. Unabhängig davon wird die Zahlungsabwicklung immer schwieriger, weil einige deutsche Banken ihrer Corporate Governance folgend Geld aus bestimmten Ländern nicht annehmen und nicht weiterleiten. Für potenzielle Empfänger wird insgesamt das Risiko der Nichtbelieferung unkalkulierbar, sodass die Bereitschaft zu umfänglichen Anzahlungen oder gar Vorauskasse nicht mehr gegeben ist. Das ursprüngliche Zuverlässigkeitsversprechen ‚made in Germany‘ funktioniert nur noch sehr bedingt. Das bedeutet für das Projektmanagement: • Wenn der Leistungserbringungsort oder das Lieferziel außerhalb der EU liegt, wird der Planungsaufwand groß und vielschichtig. Längere Projektlaufzeiten und erhöhte Kosten sind zu kalkulieren. (Eine verursachergerechte Kostenverteilung ist häufig nicht möglich.) • Planungs- und Realisierungsphase werden deutlich interdisziplinärer. Technische und kaufmännische Expertise müssen um das Wissen in zahlreichen Rechtsgebieten und um kulturelle, moralische, auch politische Aspekte erweitert werden. Risiko- und Stakeholdermanagement gewinnen an Bedeutung und die Vertragsgestaltung muss um weitere Dimensionen ergänzt werden. Die Zuverlässigkeit und Optimierung von Lieferketten ist damit eine vielschichtige Herausforderung, die nicht allein durch die Projektteams lösbar ist. [1] Diese Aussage bekommt 95 % Zustimmung aus der Community. 4. Auswertung von Big Data und Nutzung von KI werden kritische Erfolgsfaktoren in Großprojekten und im Multiprojektmanagement Lange wurde versucht, implizites (Erfahrungs-)Wissen über unternehmens- oder branchenspezifische Wiki-Tools in expli- … mehr als Technik Finde die passende Lösung für deinen Projektalltag! www.vdi-wissensforum.de/ pm A wie Achtsamkeit bis Z wie (hybride) Zusammenarbeit im Projekt. Bei uns finden Projektmanagement-Einsteiger und Profis die richtige Weiterbildung. © iStock/ Ridofranz Anzeige Wissen | Wie entwickelt sich das Projektmanagement und warum? 16 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0003 zites Wissen zu überführen. Die sehr begrenzten Potentiale sind inzwischen hinlänglich bekannt. Wenn in nahezu allen Bereichen digitalisiert wird, müssen auch automatisch digital gesammelte Erfahrungen sichtbar und nutzbar gemacht werden. Das Erfolgsmodell künftiger Großprojekte und ganzer Projektlandschaften wird sein, große Datenmengen (Big Data) mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) zu analysieren und daraus Entscheidungsunterstützungen für die Zukunft abzuleiten. So wie Unternehmen Daten aus unterschiedlichen Quellen (Bezahlsysteme, Social Media- und Kommunikationsdaten, Systemdatenbanken aus Fahrzeugen oder dem smart Home) über die Zeit und systemübergreifend verbinden und auswerten, so werden wir im Projektmanagement Daten aus Terminplänen, Kostenkalkulationen, Risiko- und Stakeholderanalysen, z. B. aus der Gegenüberstellung von Projektplanungs-, Steuerungs- und Daten der Projektabschlussdokumentation verbinden und noch konsequenter auswerten. KI kann dann Trends und Korrelationen erkennen. Erste Softwaretools sind verfügbar, mit denen KI-basierte Vertragsanalysen durchgeführt werden können. Im Dialog mit der KI können Effektivität und Effizienz im Projektmanagement gesteigert werden durch die Auswahl der ‚richtigen' Projekte in der Akquisitionsphase und deren ‚richtige' Planung und Steuerung in der Realisierungsphase. Sind Angebotsumfang, -termin und -preis in Relation zum historischen Angebotserfolg gesetzt, unter Berücksichtigung von „üblichen“ Änderungsumfängen und Nachforderungen, kann das Folgeprojekte retten bzw. überhaupt erst ermöglichen. Ein großes Anwendungsfeld sind u. a. Inbetriebnahme- und Abnahmephasen in technischen (Groß-) Projekten, bei denen wiederkehrende Problemlagen (deren Zusammenhänge bisher nicht erkannt wurden) zu Verzögerungen und / oder Budgetüberschreitungen führen. Während Audits und Assessments seit langem eine umfangreiche Dokumentation verlangen, werden KI- und Big-Data-Ansätze bald helfen, diese Dokumentation auch sinnvoll zu nutzen. Predictive Maintenance erschließt neue Geschäftsfelder, nicht nur im Aftersales-Bereich. Das bedeutet für das Projektmanagement: • Digitalisierung erfolgt nicht nur in den Projekten, sondern auch konkret im Projektmanagement und geht deutlich über den Einsatz IT-gestützter Planungsumgebungen hinaus. Der Einsatz von KI und der professionelle Umgang mit Big Data wird die Planungsqualität verbessern. • Bei der erfolgreichen Realisierung in Unternehmen kommt es darauf an, gemeinsam mit IT-Experten die vorhandene Datenqualität auf Eignung zu prüfen und diese Projekte zusammen mit unternehmenseigenem technischen und kaufmännischen Projektpersonal umzusetzen. Dafür müssen die relevanten Stakeholder, Data Scientist auf der einen Seite und Projektteam auf der anderen Seite, lernen miteinander zu reden und zusammenzuarbeiten. Die Schnittstelle Datenspezialist/ Projektpersonal wird als kritischer Erfolgsfaktor eingestuft. [7, 10] Erfahrene Anwender müssen die richtigen Fragen stellen, die Systemantworten interpretieren und aus allen identifizierten Korrelationen zurückliegender Projekte die relevanten Kausalitäten extrahieren, um diese in künftige Projektplanungen zu transferieren. • Mit dem aufkommenden Markt für AIaaS-Angebote (Artificial Intelligence as a Service) werden KI-Technologien für Unternehmen einsetzbar, ohne selbst Rechenleistung, Speicherkapazität und Know-how vorzuhalten- - für einige eine deutliche Erleichterung, für andere ein attraktives Geschäftsmodell. • Das Aufsetzen und die Durchführung von Big-Data-Projekten sowie die Nutzung von KI-Systemen ist selbst als Projekt zu verstehen; nach aktuellen Studien leider noch mit hoher Flop-Rate [3]. Lufthansa Industry Solutions, einer Abbildung 2: Prognose zum weltweiten VR-Umsatz [in Mrd. US-$] Quelle: Statista 2022 Abbildung 3: Servitization produzierender Unternehmen [in Anlehnung an 5] Wissen | Wie entwickelt sich das Projektmanagement und warum? 18 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0003 der deutschen Erstanwender dieser Arbeitsweise bestätigt die Notwendigkeit zusätzlichen Know-hows und eines speziellen ProjektDesigns, um ein angemessenes Grundverständnis für KI aufzubauen und dieses gewinnbringend zu nutzen. [4, S. 6] 5. Die Nutzung sog. „moderner Medien“ entwickelt sich von der punktuellen zur flächendeckenden Nutzung Laptop, Tablet, Smartphone und die mit ihnen verbundene mobile Internetverfügbarkeit gestattet Information und Kommunikation in Ton, Bild und Bewegtbild in Echtzeit inkl. sofortiger Interaktion. Als 2010 die Schlichtergespräche der Großbaustelle Stuttgart 21 mit neun Terminen und bis zu jeweils acht Stunden täglich erstmals live im Fernsehen und Internet übertragen werden, war das nicht nur eine stark geänderte Kommunikation, sondern nach Einschätzung des Schlichters Heiner Geissler ein „… großes Demokratieexperiment“; ein Meilenstein im Stakeholder- und Krisenmanagement. Während Telearbeitsplätze vor Corona nur wenigen Mitarbeitern vorbehalten waren, hat inzwischen ein pandemiebedingter Boom der Homeoffice-Tätigkeit eingesetzt. Das hat deutliche organisatorische, noch weit mehr soziale und sogar einige rechtliche Konsequenzen. Die Komplexität des Themas wird darin deutlich, dass sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber immer wieder neue Vor- und Nachteile für das Homeoffice und Präsenzphasen finden und die Diskussion darüber noch anhält. Im Gamingbereich geschaffene virtuelle Umgebungen wurden auf industrielle Anwendungen übertragen, mit der Realität kombiniert und schaffen projektunterstützende IT- Anwendungen im Bereich VR (Virtual Reality), AR (Augmentd Reality) und MR (Mixed Reality). Der Branchenumsatz wird weiter steigen (Abbildung 2). Von den bereits genannten mobilen Endgeräten über Datenbrillen und Headsets bis hin zu Ganzkörperanzügen werden VR-/ AR-/ MR-Tools die Produktentwicklung maßgeblich prägen, auch Fertigungs- und Instandhaltungsprozesse im Maschinen- und Anlagenbau, Inbetriebnahmen und Schulungen, Planungs- und Vertriebsaktivitäten in Bauprojekten usw. Das bedeutet für das Projektmanagement: • Verteiltes Arbeiten und die daraus resultierende Notwendigkeit, Kompetenzen zum Führen virtueller Teams aufzubauen ist nicht mehr auf multinationale Konzerne und dezentralisierte Netzwerke beschränkt, sondern betrifft jedes Projekt bei jedem kleinen Mittelständler. • Auf Shopfloorebene und Baustellen wird seit langem digitalisiert, allerdings nicht durch die Bereitstellung von PCs. Ein Smartphone hat hingegen nahezu jeder. Das positive Image der Hardware und durchgehende Erreichbarkeit nahezu aller Kollegen führt zur Entstehung projektspezifischer Homepages und APPs. (Erste Versionen sind bereits erfolgreich im Einsatz.) • Technologien wie VR / AR / MR sind über den Market Pull zunächst in die Automotive-Entwicklungsprojekte eingezogen, erobern jetzt über den Technology Push das Projektmarketing und erobern bald viele Bereiche der Projektarbeit. Diese Potenziale sind aktiv zu identifizieren und zu nutzen. • Insbesondere ist es wichtig, auf Basis der neuen Medien neue Geschäftsfelder zu erschließen. Für externe Kunden können werthaltige Leistungen generiert werden. Dienstleister können Interaktions- und Partizipationsprozesse professionalisieren; produzierende Unternehmen sogar zusätzliche Deckungsbeiträge erschließen. Service Engineering Projekte zur Servitization (Abbildung 3) können in zunehmend Service-orientierten Gesellschaften das Überleben des Unternehmens sichern und Kunden an das Unternehmen binden. 6. In wesentlichen Teilbereichen des Projektmanagements ist eine Know-how- Vertiefung unumgänglich Projekte werden- - einfach gesagt- - immer mehr und immer größer und werden ihren Anteil am BIP von heute >40 % wohl weiter stetig steigern. [6] Megatrends wie das weltweite Ringen um Nachhaltigkeit oder Digitalisierung, in Deutschland bereitgestellte Megabudgets für Megaprojekte zum Ausbau der Infrastruktur, der Energieversorgung und Verteidigungsbereitschaft weisen den Weg in die Zukunft durch • hohe Investitionsvolumina, • oftmals Realisierung in internationalen Unternehmensverbünden, • Teilweiser Einsatz von „Cutting Edge Technologies“. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist dabei der Einsatz von wissendem und erfahrenem Personal. Den Bedarf der Professionalisierung erkennend hat die IPMA die 4LC-Zertifizierung des Projektpersonals in der ICB4 bereits auf die Domänen Programm- und Portfoliomanagement übertragen. Aber wird das reichen? Ein neunmonatiger GPM-Fortbildungslehrgang zum CPM (Commercial Project Management) ist ein erster Schritt, das Angebot zu erweitern. Das britische RICS (Royal Institution of Chartered Surveyors) besteht seit fast 150 Jahren, trainiert und zertifiziert komplexes Kostenmanagement inkl. dessen Verankerung in professionellem Vertragsmanagement. Angloamerikanische Länder haben Spezialausbildungen im Planning & Scheduling (Siehe: American Association for the Advancement of Cost Engineering) bzw. konkret zum Certified Planning Engineer (Siehe: American Academy of Certified Project Managers) etabliert. PMO-Leiter können sich zum IPMO-Practitioner oder IPMO-Expert (Siehe: Global Project Management Offices USA) ausbilden lassen- - und das sind nur wenige ausgewählte Beispiele. So wie das Ingenieurswesen den Maschinenbau-, Elektro-, Bauingenieur und viele weitere Ingenieure notwendigerweise unterscheidet, ist auch die Frage nach Projektmanagementkenntnissen bald nicht mehr mit Ja oder Nein zu beantworten, sondern mit: „Ich bin Experte für-…“ und dann müssen konkrete Kompetenzfelder benannt werden, von denen allein die ICB schon 29 systematisiert. Das bedeutet für das Projektmanagement: • Projektmanagement muss in den wesentlichen Kompetenzfeldern deutlich umfangreicher und detaillierter vermittelt werden, um zukünftigen Herausforderungen a) in zunehmender Projektanzahl b) mit zunehmender Projektgröße und c) zunehmenden Wechselwirkungen gerecht zu werden. (Im Gegensatz zum Faktenwissen ist interdiszipli- 19 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0003 näres Methoden- und Erfahrungswissen nur sehr bedingt über Google & Wikipedia abzurufen.) • Weil es um beträchtliche Budgets geht, in einigen Klimaschutzprojekten inzwischen um nicht weniger als die Rettung der Erde in der uns bekannten Form, wird die Qualitätssicherung über Art und Umfang der Ausbildung und über rollenbasierte Zertifikate sicherzustellen sein. [1] Diese Aussage bekommt ca. zwei Drittel Zustimmung aus der Community. (Um heute Projektleiter zu sein, genügt diese Vokabel auf der Visitenkarte. Das allein darf langfristig nicht die Eintrittskarte sein.) 7. Nachhaltigkeit steigt in ihrer Bedeutung und ändert ihren Charakter. Der Fokus auf Nachhaltigkeit ist nicht neu. Zu dem ursprünglich ökologischen (Umwelt-)Gedanken ist ein ökonomischer (wirtschaftlichkeits- und standortsichernder) Faktor hinzugekommen und letztlich ein sozialer Anspruch in einer wertegebundenen Interpretation. Die Sichtweise hat dabei nicht grundlegend gewechselt, sondern wurde ergänzt und ist nicht mehr auf die Projektlaufzeit begrenzt. [1] Diese Aussage bekommt ca. 80 % Zustimmung aus der Community. Nachhaltigkeit ist damit zu einem hoch-komplexen Thema geworden, das ganze Studiengänge füllt, von denen die jüngsten Entwicklungen z. B. folgende sind. Mit der Corporate Social Responsibility (CSR) wird auf freiwilliger Basis die soziale und gesellschaftliche Verantwortung von Kapitalgesellschaften adressiert. [8, S. 13]. Betroffene Unternehmen beschreiben grob ihr Geschäftsmodell in den nicht-finanziellen Aspekte der Umwelt- und Sozialbelange inkl. der Achtung von Menschenrechten und der Korruptionsbekämpfung. Neben der ISO 26 000 gilt insbesondere in Deutschland § 289b und 315b HGB. Mit der Environmental Social Governance (ESG) wird der Kreis der Unternehmen, die zukünftig zu ihrer Nachhaltigkeit berichten müssen, erheblich erweitert. Künftig müssen Informationen im Bereich Environmental (Angaben zu den 6 Umweltzielen der EU), Social (Angaben zu gesellschaftlichen Aspekten) und Governance (Angaben zu Aspekten der Unternehmensführung) offengelegt werden. [9] Während CSR darauf abzielt, ein Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen, machen ESG-Kriterien die durchgeführten Maßnahmen messbar. Die 17 Sustainable Development Goals (SDG) der UN sind die Basis, nach der seit 2016 alle Länder daran arbeiten, eine gemeinsame Vision zur Bekämpfung der Armut und Reduzierung von Ungleichheiten in nationale Entwicklungspläne zu überführen. Der Green Deal der Europäischen Kommission soll Europa bis 2050 klimaneutral machen und schon bis 2030 die Treibhausgasemissionen um mindesten 55 % im Vergleich zu 1990 reduzieren. Auf die Nennung zahlreicher weiterer Ansätze auf nationaler und internationaler Ebene soll verzichtet werden. Deutlich wird, dass (a) Nachhaltigkeit inzwischen weit mehr als ein „Öko-Thema“ ist und (b) der ursprüngliche Wunsch sich zu einem konkreten Ziel weiterentwickelt hat, welches durch zahlreiche Gesetzesinitiativen flankiert wird. Das bedeutet für das Projektmanagement: • Das Thema Nachhaltigkeit hat alle Bereiche aller Organisationen erreicht, auch die Projektarbeit. Es ist damit Teil des Verantwortungsumfangs der Projektleitung, die sich vielen Forderungen, allerdings erst wenigen Handreichungen gegenübersieht. Die Bereitstellung von operativem Handwerkszeug für die Projektplanung und -durchführung, aber auch bereits für die richtige Projektauswahl wird Schwerpunkt von Projekten zur Methodenentwicklung sein. • Der Kostenaspekt geht bereits heute weit über den Zertifikatehandel hinaus. Die nachhaltigen Projekte werden langfristig auch die wirtschaftlich sinnvollen sein. Damit ist die Nachhaltigkeit nicht nur in die Unternehmensphilosophie, sondern bald auch in die Kalkulationsschemata der Projekte zu integrieren. • Green Controlling ist heute ein eher selten auftauchendes Stichwort, wird aber zu einem eigenen Tätigkeitfeld heranwachsen, ggf. sogar zu einer Projektrolle. • Zurzeit stehen viele Gesetzesentwürfe, Ziele und Selbstverpflichtungen wenigen punktuellen Umsetzungen gegenüber. Zahlreiche Pilotierungs-, Implementierungs- und Roll out-Projekte werden folgen müssen. In den Vorgehensmodellen zur Projektarbeit werden Aspekte der Nachhaltigkeit ähnlich regelmäßig auftauchen wie das projektbegleitende Risiko- und Qualitätsmanagement. Damit sind sieben wesentliche und offensichtliche Entwicklungstrends benannt- - bei weitem nicht alle- - die teilweise schon eingeleitet, aber größtenteils noch als Herausforderung vor uns liegen. Die Thesen wurden auf dem PM-Forum Digital in einem sehr gut besuchten Vortrag der PM-Community zur Diskussion gestellt und haben überwiegend sehr hohe Zustimmungswerte bekommen. (Siehe Auswertung des Fragebogens gemäß [1]). Und was bedeutet das? Unser Wis- Ressourcenmanagement Projektportfolio-Management Aufwand- & Kosten-Controlling Projektplanung Das System, bei dem die Ressourcenplanung funktioniert www.ressolution.ch Scheuring AG +41 61 853 01 54 info@scheuring.ch Unverbindlich online kennenlernen! Anzeige Wissen | Wie entwickelt sich das Projektmanagement und warum? 20 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0003 Prof. Steffen Rietz Prof. Steffen Rietz ist Studiendekan des MBA-Programms General Management an der Hochschule Offenburg. Projektmanagementerfahrung hat er branchenübergreifend mit dem Schwerpunkt im Semiconductor- und Automotive-Bereich mit internationalem Bezug gesammelt. Er ist heute auch als Coach, Trainer, Assessor, Autor und stark in der Normung engagiert, national beim DIN und international bei der ISO. Prof. Lorenz Schneider Prof. Lorenz Schneider ist Repräsentant für den Hochschulbereich Wirtschaftsingenieurwesen der FOM Hochschule. Viele Jahre hat er in der Umweltbranche das Projektmanagement auf Auftraggeber-Seite verantwortet. Es folgten 20 Jahre Projektentwicklung und -realisierung internationaler Großprojekte. Sein heutiger Schwerpunkt liegt in der Entwicklung des Fachgebietes Commercial Project Management. sen über die optimale arbeitsteilige Organisation von Projekten ist zwar schon sehr alt, auch größtenteils noch richtig, aber inzwischen weitgehend unvollständig. Jeder Projektbeteiligte, egal in welcher Rolle, sollte (1) die Kernthemen künftiger Entwicklung und mögliche Ausprägungen kennen, (2) eine fundierte Meinung dazu haben und (3) die Entwicklung möglichst aktiv mitgestalten. Das hilft den Projekten, auch der eigenen beruflichen Karriere, und nicht zuletzt vielleicht sogar den Standort Deutschland zu stärken. Viel Erfolg! Literatur [1] Rietz, Schneider: Wie entwickelt sich das Projektmanagement und warum? , Expertenerhebung am 10. 11. 2022 auf dem PM-Forum digital (www.pm-forum.de) [2] Timinger, H.: Modernes Projektmanagement in der Praxis: Mit System zum richtigen Vorgehensmodell, Wiley-VCH, 2021 [3] PMI, Playbook for Project Management in Data Science and Artificial Intelligence Projects, November 2020 [4] Lufthansa Industry Solutions, Whitepaper: Artificial Intelligence as a Service (AIaaS), 2022 [5] Cardoso, J. u. a.: Fundamentals of Service Systems, Heidelberg, London, Springer, 2015 [6] GPM/ EBS (Hrsg.): Studie „Makroökonomische Vermessung der Projekttätigkeit in Deutschland“ (10 / 2015) [7] Bakici, T. u.a.: Big Data Adoption in Project Management: Insights From French Organizations. IEEE Transactions on Engineering Management, 2021 [8] Funk, W./ Rossmanith, J.: Rechnungslegung und Controlling im Spannungsfeld der Globalisierung, 3. Aufl., Wiesbaden, Springer, 2017 [9] Europäische Kommission, Richtlinie 2021 / 0104 (COD) vom 21. 04. 2021 [10] Saltz, J. S./ Shamshurin, I.: Big data team process methodologies: A literature review and the identification of key factors for a project's success. In: 2016 IEEE International Conference on Big Data (Big Data) (pp. 2872-2879). IEEE Eingangsabbildung: © iStock.com / Flashvector 21 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0004 Potenzial des KI-gestützten Projektmanagements mit NLP-Modellen Helge F. R. Nuhn, Agnetha Flore, Rüdiger Lang, Alfred Oswald, GPT-3 Für eilige Leser | Die KI-Technologie hat in letzter Zeit bemerkenswerte Fortschritte gemacht und wird in Zukunft verstärkt in Projekten eingesetzt. Wir stellen einen Rahmen vor, der eine Interaktion zwischen Projektteams und KI aufzeigt und dabei die ICB 4-Kompetenzperspektive verwendet. Wir testen State-of-the-art NLP-Modelle. Diese vortrainierten Modelle zeigen eine beachtliche Leistung, wenn es darum geht Fachwissen der Projektmanagementdisziplin wiederzugeben. Schlagwörter | KI-gestütztes Management, Künstliche Intelligenz (KI), Maschinelles Lernen (ML), Natural Language Processing (NLP), KI-Verarbeitung natürlicher Sprache, Projektmanagement Einleitung Die digitale Transformation wird durch das Aufkommen digitaler Technologien vorangetrieben. Künstliche Intelligenz (KI) und Maschinelles Lernen (ML) sind sehr wirksame Hebel in diesem Wandel. KI bezeichnet Computersysteme, die (selbständig) lernen und sich anpassen. ML ist der Teil des Bereichs der Künstlichen Intelligenz, in dem normalerweise große Datenmengen verwendet werden, um KI-Systeme zu trainieren, damit diese lernen, komplexe Aufgaben zu lösen. Zurzeit stellt die Erforschung autonomer KI-Systeme, sogenannter autonomer Agenten, ein bedeutendes Forschungsfeld dar. Autonome Agenten agieren in und mit (Daten-) Umgebungen, welche kognitives, taktisches und strategisches Verständnis sowie schließlich Finesse in der Ausführung von Tätigkeiten erfordern. Auch die KI-Techniken zur maschinellen Übersetzung von Texten, zur Kürzung oder zum Schreiben werblicher Texte auf Grundlage kurzer Textvorgaben haben eine oft mehr als akzeptable Leistung erreicht. Jüngsten Nachrichtenartikeln zufolge könnten große Suchmaschinenanbieter wie Google als Reaktion darauf erwägen, Inhalte in ihrem Ranking-Algorithmus schlechter zu stellen, wenn sie von KI-Modellen erstellt wurden. Trotz dieses hohen Potenzials, das moderne KI-Modelle in sich bergen, ist die wissenschaftliche Erforschung des Übergangs und der entsprechenden Anwendungen solcher Technologien in anderen Disziplinen kaum vorhanden. Dieser Artikel zeigt auf, welchen Einfluss KI-Systeme auf die Gesellschaft haben werden und warum Projektmanagement dringend in den Fokus der zukünftigen KI-Forschung gerückt werden muss. Folgende vier Arbeitshypothesen und verwandte Fragen werden hierzu diskutiert. 1. KI und Projektmanagement aus gesellschaftlicher und organisationaler Sicht Die digitale Transformation wird durch KI-Systeme und Projekte mit KI Bezug maßgeblich geprägt. KI-Systeme haben ein hohes Potenzial, die menschliche Kognition und Kooperation zu unterstützen. Projekte sind ein wichtiges Mittel, um die Zukunft zu gestalten. KI-Systeme werden in fast alle Projektlösungen einfließen und KI wird damit zu einer Kernkompetenz in der Projektarbeit. Gleichzeitig sind die Auswirkungen von KI-Projektlösungen auf Stakeholder, Gesellschaft und Umwelt zu berücksichtigen. 2. Kompetenzen von Projektmanagern und KI- Systemen KI-Algorithmen, -Modelle und -Systeme sind wichtige Ressourcen für das Projektmanagement. KI-Systeme können als funktionale Ressource für jeden Projektmanager oder jedes Projektteammitglied dienen. Die Akzeptanz von KI-Systemen als Projektmanagement-Assistenten wird zunehmen, wenn eine bestimmte Schwelle der Nützlichkeit überschritten wird. Wissen | Potenzial des KI-gestützten Projektmanagements mit NLP-Modellen 22 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0004 Da immer mehr Wissen in KI-Modelle gegossen wird, stellt sich die Frage, welches Kompetenzniveau einem KI-System zugeschrieben werden soll. Dies führt wiederum zu Folgefragen wie: Wie hoch ist die abrufbare „Wissensbasis“, die ein KI-System, beispielsweise ein vortrainiertes großes Sprachmodell, besitzt? 3. Anwendungsfälle für NLP-basierte KI-Systeme im Bereich der Projektmanagementkompetenzen Künstliche Intelligenz kann helfen, Projekte, Projektmanager und Projektteammitglieder entlang der drei PM-Kompetenz- Perspektiven gemäß der IPMA-Kompetenz-Baseline ICB 4.0 zu unterstützen. Die ICB 4.0 unterscheidet drei große Kompetenzbereiche „Perspektive“, „Menschen“ und „Praxis“, die in weitere Kompetenzelemente unterteilt sind. Beispiele für Anwendungsfälle aus den drei Kompetenzbereichen sind die Analyse und der Vergleich von Artefakten, die Ableitung von Zielhierarchien und die Erstellung von Zeitplänen. Text und gesprochenes Wort spielen in allen Anwendungsfällen eine zentrale Rolle und erfordern eine entsprechend kompetente künstliche Intelligenz in der Sprachverarbeitung (d. h. im Natural Language Processing). NLP spielt schon heute in vielen Bereichen eine sehr große Rolle und sollte im Projektmanagement angemessen berücksichtigt werden. 4. Verfügbare moderne NLP-Modelle Fortgeschrittene KI-Systeme können in der Projektarbeit und im Projektmanagement eingesetzt werden, um verschiedene Aufgaben zu erledigen: u. a. Zusammenfassung von Texten wie Anforderungen, Erstellung von Ziel-Hierarchien und Projektstrukturplänen, Auswertungen von Teamsitzungen usw. Um zu solchen fortgeschrittenen KI-Systemen zu gelangen, müssen einige grundlegende Eigenschaften dieser Systeme festgelegt werden. Eine fortgeschrittene NLP-Architektur, die derzeit die meisten anderen KI-Architekturen in einer Reihe von Benchmarks übertrifft, ist GPT-3. GPT-3 ist zwar nicht völlig kostenlos, übertrifft andere KI-Systeme in nahezu allen Anwendungsbereichen erheblich. Es gibt frei lizenzierte andere Modelle, die aber keine vergleichbare Leistungsfähigkeit aufweisen. Es stellt sich die Frage, ob sich dieser Performance-Unterschied verschiedener KI-Systeme auch im Projektmanagement bemerkbar macht. In einem ersten Schritt haben wir überprüft, inwieweit KI-Systeme in der Lage sind potenzielle Prüfungsfragen zum IPMA Kompetenzniveau D kompetent zu beantworten. Ziel, Methode und Messungen des Experiments In unserem Experiment bewerten vier unabhängige Bewerter einen KI-generierten Text mittels eines selbst entwickelten Reifegradmodells. Die Bewerter sind PM-Experten. Wir haben verschiedenen KI-Modellen Fragen als sogenannten „Prompt“ als Eingabe vorgegeben. Die KI-Systeme liefern auf der Basis der eingegebenen Fragen Antworten zurück. Im nächsten Schritt haben die Bewerter unabhängig voneinander die Fragen und die von der KI generierten Antworten gelesen und die Antworten nach dem unten beschriebenen Reifegradmodell bewertet. Die Einschätzung der Reife der Antworten wurden über die vier Bewerter gemittelt und als Gesamteinschätzung pro Frage-Antwort-Paar ermittelt. Hieraus wurde eine Gesamtreife über alle Frage-Antwort-Paare pro KI-Sprachmodell ermittelt. Für die Bewertung wurden sechs Reifegrade definiert: • Stufe 0: Unerkennbare Ausgabe • Stufe 1: Linguistisch akzeptabel • Stufe 2: Linguistisch akzeptabel, Inhalt weit vom Thema entfernt • Stufe 3: Linguistisch akzeptabel, inhaltlich nicht weit vom Thema entfernt • Stufe 4: Sachlich, formal und inhaltlich korrekt • Stufe 5: Annehmbare, überzeugende Antwort, inhaltlich kohärent-- nach klassischer Denkweise • Stufe 6: Annehmbare, überzeugende Antwort, inhaltlich kohärent-- gemäß agilem Mindset. Wir haben drei NLP-KI-System in unserem Experiment verwendet: GPT-NEO, GPT-3 und GPT-NEO mit von uns durchgeführtem, zusätzlichem Training anhand des Texts des PMBoK- Guide Vol. 4. Für das Training von GPT-NEO haben wir eine Textversion des PMBoK-Guide Version 4 verwendet. In einem Pretest haben wir mit einem anderen Fragen-Testkatalog das technische Setup überprüft und das Reifegradmodell evaluiert. Alle Fragen wurden aus dem Deutschen ins Englische übersetzt, um die Kompatibilität mit den NLP-Modellen zu gewährleisten. Der Pretestfragenkatalog umfasste 48 Fragen und war eine Mischung aus Fragen von Wideman und SVR Technologies. Der Haupttestfragenkatalog umfasste 215 Fragen und Antworten und stammte von der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM). Er wurde auf 56 Fragen und Antworten reduziert, sodass alle der in Tabelle 1 abgebildeten Kategorien hinreichend abgedeckt waren. Abbildung 1: Reifegrade für die Verteilung der Qualität von Antworten durch KI Wissen | Potenzial des KI-gestützten Projektmanagements mit NLP-Modellen 23 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0004 6. Ergebnisse und Diskussion GPT-3 erzielte mit deutlichem Abstand die besten Ergebnisse in der Studie, während GPT-NEO mit PMBoK-Inhalten trainiert die schlechtesten Ergebnisse erzielte. Das Training von GPT- NEO hat die Ergebnisse sogar verschlechtert! Die Inter-Rater Reliability wurde als bestenfalls mittelmäßig eingestuft. Allerdings erzeugt Fleiss' Kappa mit zunehmender Anzahl von Bewertungskategorien konservativere Werte. Siehe für die Darstellung der Ergebnisse Tabelle 2. Strategie Ergebnisorientierung Governance, Strukturen und Prozesse Projektdesign Compliance, Standards und Regularien Anforderungen und Ziele Macht und Interessen Leistungsumfang und Lieferobjekte Kultur und Werte Ablauf und Termine Selbstreflexion und Selbstmanagement Organisation, Information und Dokumentation Persönliche Integrität und Verlässlichkeit Qualität Persönliche Kommunikation Kosten und Finanzierung Beziehung und Engagement Ressourcen Führung Beschaffung Teamwork Planung und Steuerung Konflikte und Krisen Chancen und Risiken Vielseitigkeit Stakeholder Verhandlungen Change und Transformation Tabelle 1: ICB 4.0 Kompetenz-Kategorien des Testkatalogs der GPM   (Pre-Test) GPT-NEO GPT-3 GPT-NEO mit PMBOK Training ø Minimum (1.63) 1.29 3.68 0.77 ø Maximum (3.13) 2.20 4.66 1.95 ø Durchschnittswert (2.31) 1.76 4.29 1.34 ø Median (2.24) 1.79 4.25 1.32 ø Standardabweichung (1.50) 0.91 0.98 1.18 Fleiss Kappa (Inter Rater Reliability) (0.24) 0.34 0.29 0.19 (Fair) Fair Fair Poor Tabelle 2: Experimentergebnisse, beste Ergebnisse fett gedruckt Abbildung 2: Boxplot der Bewertungsergebnisse Wissen | Potenzial des KI-gestützten Projektmanagements mit NLP-Modellen 24 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0004 GPT-NEO liefert befriedigende Ergebnisse und GPT-3 produzierten im Allgemeinen eine sehr gute Qualität an Antworten auf Eingabefragen. Die Antworten auf Eingabefragen sind bei GPT-3 konsistent und kohärent innerhalb der Antwort. Praktisch nie traten Gegenfragen, Sonderzeichen oder abrupt endende Sätze auf. Auch offensichtliche Kopien von Texten aus Websites, Blogs, FAQs oder Chats / Foren wurden nicht festgestellt. Diese Fehler traten hingegen bei GPT-NEO häufiger auf. Eingeschränkt durch Limitationen einer kleinen Sample Size sowie der Verwendung eines nur minimal validierten Reifegradmodells lassen sich trotzdem beeindruckende Ergebnisse ablesen. Nahezu 75 % aller Antworten des Modells GPT-3 wurden mit Reifegrad 4 oder besser bewertet. Dies entspricht Antworten, die als inhaltlich richtig eingestuft wurden. Im Allgemeinen dürfte dies das Bestehen eines entsprechenden PM-Wissenstests bedeuten. Fazit In diesem Artikel wird argumentiert, dass KI-Technologien die Gesellschaft, die Wirtschaft und insbesondere das Projektmanagement weiter verändern werden. Es werden mehrere Anwendungsfälle vorgestellt, die in Reichweite einer produktiven Umsetzung sind. Unsere Forschungsfrage konzentrierte sich darauf, wie viel projektmanagementrelevantes Wissen implizit in in großen vortrainierten KI-Sprachmodellen enthalten ist. Die Ergebnisse dieses Experiments haben mehrere Erkenntnisse gebracht. Zum einen sind deutschsprachige Sprachmodelle bzw. Sprachmodelle, die nicht mit englischen Texten vortrainiert sind, recht selten und zudem nicht ansatzweise mit der Leistungsfähigkeit englischer Sprachmodelle vergleichbar. Zum anderen beinhalten moderne englische Sprachmodelle erstaunlich solide Kenntnisse im Bereich des Projektmanagements. Drittens erzeugen die den KI-Sprachmodellen zugrunde liegenden Textkorpora einen großen Unterschied bei der Modellleistung, sodass ein einfaches zusätzliches Training eines Sprachmodells, wie in unserem Fall für GPT-NEO, sogar eine schlechtere Leistungsfähigkeit hervorruft. Die Wechselwirkung zwischen KI-Sprachmodellen und Geschäfts- oder Managementherausforderungen ist ein völlig unerforschtes Gebiet. Für die Zukunft sinnvoll wäre die Erstellung einer umfassenden Forschungsagenda, die alle potenziellen Anwendungsfälle in ihrer Wechselwirkung berücksichtigt. Derzeit gibt es unseres Wissens keine solche KI-Forschungsagenda für das Projektmanagement. Positiv zu vermerken ist das Projekt LEAM (Large European AI Models) des Bundesverband KI, das mit einem deutschsprachigen großen KI-NLP-System u. a. die Grundlage für KI-Assistenz im Projektmanagement legt. 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(2020) The Alignment Problem: Machine Learning and Human Values: ‎ W. W. Norton & Company, kindle edition [6] Fleiss, J. L. (1971) "Measuring nominal scale agreement among many raters." Psychological Bulletin, Vol. 76, No. 5 pp. 378-382 [7] Flore, A. (2020). Reifegradmodell für Smart Grids: Bewertung der Migrationspfade anhand von zwei Fallstudien; https: / / www.shaker.de / de / content / catalogue / index.asp? lang=de&ID=8&ISBN=978- 3-8440-7749-0&search=yes [8] Gao, L., Biderman, S., Black, S., Golding, L., Hoppe, T., Foster, C., Phang, J., He, H., Thite, A., Nabeshima, N., Presser, S., & Leahy, C. (2020). The Pile: An 800GB Dataset of Diverse Text for Language Modeling. arXiv Preprint arXiv: 2101.00027. [9] Ghosh, Arnab, et al. „Interactive Sketch & Fill: Multiclass Sketch-to-Image Translation.“ Interactive Sketch & Fill: Multiclass Sketch-to-Image Translation. 2019. 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Er ist Wirtschaftsinformatiker (TU Darmstadt), promovierte zum Thema temporärer Organisationsformen an der EBS Universität und arbeitet seit 2008 als Unternehmensberater selbständig und für namhafte Unternehmensberatungen, üblicherweise in Digitalisierungsprojekten zum Umgang mit ihren organisationalen Herausforderungen. Anschrift: Wilhelm Büchner Hochschule Hilpertstraße 31 64 295 Darmstadt Internet: www.wb-fernstudium.de eMail: helge.nuhn@wb-fernstudium.de Agnetha Flore Dr.-Ing. Agnetha Flore ist seit April 2020 im Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen tätig und hat dort im Oktober 2021 die Geschäftsführung übernommen; studierte Diplom- Kauffrau und promovierte Wirtschaftsinformatikerin; über 20 Jahre Tätigkeit in der Finanzdienstleistungsbranche; 2017 Zertifizierte Projektmanagerin (GPM); 2019 Zusatzzertifikat Hybrid+; 2019 Dozentin IBS Oldenburg für agiles Projektmanagement, 2019 GPM Fachgruppe Agiles Management und seit 2021 mit in der Fachgruppenleitung tätig. Anschrift: ZDIN Escherweg 2 26 121 Oldenburg Telefon: 0441 / 9722 - 102 eMail: agnetha.flore@zdin.de Rüdiger Lang Rüdiger Lang ist Diplommathematiker der Universität Heidelberg und hat einen Master in Industrial Mathematics der Universität Glasgow. Er arbeitet seit mehr als 20 Jahren in der Beratung und im IT-Management. Diese erfolgte sowohl für den AXA Konzern als auch für die Beratungsgesellschaften Consileon Business Consultancy und Cap Gemini Deutschland. Zusätzlich ist er Member der weltweiten Community https: / / abundance.su.org/ der Singularity Group (su.org), welche die Veränderung der Geschäftsmodelle basierend auf neuen Technologien vorantreibt. Er verfügt über langjährige Erfahrung in der Strategieentwicklung und dem Programm Management. Consileon Business Consultancy Maximilianstrasse 5 76 133 Karlsruhe 0160 / 747 0099 ruediger.lang@consileon.de Alfred Oswald Dr. Alfred Oswald promovierte in Theoretischer Physik an der RWTH Aachen. Er ist Geschäftsführer des IFST-Institute for Social Technologies GmbH, einem Beratungsinstitut für agile und fluide Organisationen. Er ist Mitglied der Leitung der GPM Fachgruppe Agiles Management. Sein Arbeitsgebiet ist das Meistern von Komplexität in Teams und Organisationen durch innovative Modelle und Technologien. Er verfügt über langjährige Erfahrung im Management innovativer und komplexer Projekte sowie in der Transformation von projektorientierten Organisationen in Hochleistungsorganisationen. IFST-- Institute for Social Technolgies GmbH Weissdornweg 12 52 223 Stolberg 02 402 37 091 alfred.oswald@socialtechnologies.de 26 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0005 Eine moderne Technologie braucht moderne Methoden Erfolgreich in ein KI-Projekt starten Judith Armbruster Für eilige Leser | KI als Technologie stellt besondere Anforderungen und Herausforderungen an die Durchführung von Projekten. Dabei sind Digitalisierung und die Verfügbarkeit von Daten technische Randbedingungen, die als Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung dienen. Darüber hinaus stellt die explorative Natur der Projekte die Notwendigkeit zur Vorgehensweise im Rahmen eines iterativen Prozesses. Besonders spannend ist jedoch der Startpunkt, von welchem aus in ein KI-Projekt gestartet wird. Je nach Vorwissen und Kenntnisstand werden hier eher vage Ideen oder konkrete Ziele formuliert. Dabei können drei Stufen in der Herangehensweise unterschieden werden, wobei sich jeweils andere Methoden zur gemeinsamen Weiterarbeit eignen. Es ist elementar die Ideen und Ziele im Projekt zusammenzubringen und zu konkretisieren, um mit modernen Technologien und Methoden einen Mehrwert zu stiften. Schlagwörter | KI-Projekt, Methodenkasten, Projektstart Künstliche Intelligenz (KI) ist als Technologie auf dem Vormarsch und als Begrifflichkeit im Alltag zunehmend präsent. Spätestens seit der Veröffentlichung der KI-Strategie der Bundesregierung ist der Boden für die Auseinandersetzung mit dem Thema bereitet und die nationalen Ziele klar: Im Kontext von KI will Deutschland ein attraktiver Standort mit Gütesiegel für ‚AI made in Germany‘ werden und dabei den Nutzen für die Menschen sowie das Gemeinwohl und die Sicherheit der Systeme in den Fokus stellen [1]. Der Nutzen von KI-Anwendungen ist im Alltag zunehmend spürbar. Auch wenn zahlreiche Verantwortliche in Unternehmen der Meinung sind, dass der Einsatz von KI noch in den Anfängen steckt, so investieren sie doch in den Aufbau ihrer Organisation, Prozesse und Fachwissen [2]. Denn sie sind davon überzeugt, dass der Einsatz von KI notwendig und erfolgskritisch ist und einen Wettbewerbsvorteil für Unternehmen bringt [2,3]. Nicht nur in den Unternehmen, sondern auch bei den Kunden steigt die Akzeptanz für den Einsatz von KI [3]. Entsprechend ist das Interesse an der Auseinandersetzung mit dem Thema KI groß und die Motivatoren sind vielfältig. Dieser Herausforderung gilt es besonders im Rahmen des Projektstartes zu begegnen. Digitalisierung als grundlegende Voraussetzung KI geht eng mit dem Thema Digitalisierung einher, denn Digitalisierung und Konnektivität bieten die Grundlagen für KI und machten dessen Entwicklungen überhaupt erst möglich. In vielen Branchen ist Software nicht mehr aus den Prozessen der Produktion wegzudenken und auch innerhalb von Produkten ist Software zunehmend ein essenzieller Bestandteil. Darüber hinaus gilt KI als Treiber und Ermöglicher für eine nächste Stufe der digitalen Revolution, da durch die erhöhte Verfügbarkeit von Daten gänzlich neue Anwendungsfelder geschaffen werden können [4]. Die Digitalisierung als Basis schafft Möglichkeiten, um digitale Repräsentationen von analogen Informationen sowie auch physischen Objekten und Ereignissen zu schaffen [5]. Unabhängig von Branchen, Aufgabenbereichen und Anwendungsfeldern lassen sich dabei drei große Handlungsfelder unterscheiden: • Nutzung digitaler Geräte • Interne Digitalisierung von Prozessen • Geschäftserfolge durch Digitalisierung Der Einsatz von KI setzt entsprechend darauf auf und setzt eine stabile, vorhandene Basis im Bereich Digitalisierung als Wissen | Erfolgreich in ein KI-Projekt starten 27 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0005 Grundvoraussetzung in den Unternehmen voraus. Mithilfe von KI können interne Prozesse, die bereits digitalisiert wurden, weiterführend optimiert werden und es werden zusätzliche Produkte und Services im Produktportfolio von Unternehmen möglich. Dabei zeichnen sich vielfältige Möglichkeiten zur Anwendung von KI als Technologie ab. KI-Projekte dienen entsprechend dazu, diese möglichen Anwendungsszenarien im Kontext des jeweiligen Unternehmens umzusetzen. Drei Handlungsrichtungen (Abbildung 1) mit jeweils unterschiedlicher Zielrichtung ergeben sich für die Unternehmen. Praktischer Nutzen für Unternehmen und deren Kunden kann dabei unter anderem in folgenden Anwendungsszenarien geschaffen werden [7]: • Inhalte zu erkennen und zu klassifizieren, • Korrelationen zwischen Daten zu erkennen, • Muster in Daten zu erkennen, • Cluster zu erkennen, • Klassifizierungen vorzunehmen, • Prozesse zu optimieren, • neue Daten zu prognostizieren. Das Werkzeug: KI als Technologie KI ist nützlich und schafft Nutzen, doch was ist KI überhaupt? Grundsätzlich ist KI ein weitgefasster Begriff, welcher sämtliche Technologien umfasst, die die Nachahmung der menschlichen Intelligenz zum Ziel haben. Sowohl eher einfache Regeln, Algorithmen oder Automatisierungen, die menschliche Tätigkeiten ersetzen, als auch kompliziertere Anwendung wie bspw. Prognosen, Textanalysen oder Bilderkennungen werden darin eingeschlossen (Abbildung 2). Als ein spezifischeres Teilgebiet der KI umfasst Machine Learning (ML) sämtliche Werkzeuge, Algorithmen und Methoden zur Konzeption, Modellierung und Umsetzung von KI-Lösungen. Weitere spezifische Methoden sind der Einsatz von künstlichen neuronalen Netzen, wobei die Grundidee der Informationsverarbeitung im menschlichen Gehirn nachgeahmt wird, sowie das Deep Learning, eine spezielle Methode der Informationsverarbeitung, bei der neuronale Netze mit großen Datenmengen trainiert werden. Durch diese große Anzahl an Methoden und Werkzeugen wird der Bereich der Softwareentwicklung um schlagkräftige Werkzeuge erweitert. Das Feld möglicher Problemlösungen Abbildung 2: Teilbereiche und Werkzeuge von KI (Eigene Darstellung nach [8]) Abbildung 1: Handlungsräume für Digitalisierung bzw. KI in den Unternehmen Wissen | Erfolgreich in ein KI-Projekt starten 28 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0005 wird stark erweitert und selbst komplexe Probleme können durch neue Lösungswege gelöst werden [9]. Die Herausforderung liegt darin, diese unzähligen Möglichkeiten zum Einsatz von KI auf umsetzbare und wertstiftende Anwendungsfälle in den Unternehmen herunterzubrechen. In KI-Projekten geht es entsprechend um die Anwendung von KI als Werkzeug und die Erarbeitung einer Lösung unter Anwendung von KI. Dafür muss KI als Werkzeug verstanden werden, um einen zielgerichteten Einsatz zu ermöglichen. Um KI-Projekte entsprechend umsetzen zu können, sodass ein Mehrwert für die Unternehmen und deren Kunden entsteht, muss folglich Wissen in den Unternehmen aufgebaut werden. Neue Kompetenzen und passende Ressourcen machen somit den Einsatz von KI erst möglich. Daten als essenzielle Grundlage Daten sind für KI-Projekte eine essenzielle Grundlage. Eine nicht adäquate Datengrundlage zählt zu den meistgenannten Punkten, weshalb KI-Projekte scheitern [10]. Zudem stellt die Datenqualität einen zentralen Faktor für die erfolgreiche Umsetzung eines KI-Projektes dar, um Modelle erfolgreich trainieren und hohe Vorhersagewerte in Modellen erreichen zu können. Deshalb ist die Etablierung einer Datenstrategie eine Aufgabe, die früh und fortwährend im Rahmen von KI- Projekten bearbeitet werden muss [6]. Durch den hohen Stellenwert der Daten im Prozessablauf der Projekte, ändert sich auch die Vorgehensweise von datengetriebenen Entwicklungsprojekten im Vergleich zu klassischen Softwareentwicklungsprojekten. Während im klassischen Fall der Algorithmus ohne Zuhilfenahme einer Datengrundlage vom Menschen entwickelt und auf einen Satz von Eingabedaten angewendet wird, wird im Bereich Machine Learning nur ein sehr allgemeines Modell vorgegeben, das durch Festlegung von Parametern kalibriert wird. Das Modell „lernt“ aus den vorhandenen Daten und passt sein zuvor willkürliches Verhalten an das gewünschte Verhalten an. Mithilfe der Daten wird aus dieser großen Zahl von Ansätzen einer ermittelt, der den Zusammenhang sehr gut darstellt. Durch Ausnutzung der Daten wird ein Algorithmus festgelegt, durch dessen Anwendung eine Entscheidung getroffen wird. Aus technischer Sicht ist es deshalb unausweichlich, als einen der ersten Schritte vorhandene Daten zu bereinigen, aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen und zu strukturieren. Ein agiles Projektvorgehen Neben den technischen Rahmenbedingungen hat auch der methodische Ablauf eines Projektes einen maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung des Projektstarts. Wie jedes andere größere Entwicklungsprojekt bedarf auch ein KI-Projekt einer zugrunde liegenden Struktur, die dafür sorgt, dass Prozesse planbar und Fortschritte messbar werden. Wie bereits beschrieben, ist ein KI-Projekt per se äußerst explorativ, braucht Iteration zur Verbesserung und birgt zahlreiche Unsicherheiten. Ein geeignetes Prozessmodell für die Projektsteuerung muss diese Randbedingungen berücksichtigen und Handlungsweisen vorgeben, die Risiken und Nutzen in Relation setzen. Ein standardisiertes Modell, das im Rahmen von KI-Projekten, genauer im Rahmen von Projekten im Bereich Machine Learning eingesetzt werden kann, ist der CRISP-DM, der Cross- Industry Standard Process for Data Mining (Abbildung 3). Aus der Abbildung wird deutlich, dass der gesamte Prozess und alle Schritte von vorneherein iterativ, das bedeutet kurzzyklisch geplant und mit wiederkehrenden Abläufen angelegt sind. Dabei wird berücksichtigt, dass jede Phase andere Phasen beeinflussen kann. Ein starrer Ablauf würde dem explorativen Wesen des Machine Learning widersprechen, das darauf aufbaut, dass der Gewinn von Erkenntnissen fundamentaler Bestandteil der Methodik ist. Stattdessen setzt Abbildung 3: Das Vorgehensmodell des CRISP-DM (Eigene Abbildung nach [8]) Wissen | Erfolgreich in ein KI-Projekt starten 29 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0005 CRISP-DM auf einen ständigen Austausch von Informationen. Einmal getroffene Entscheidungen werden unter Berücksichtigung neu gewonnener Erkenntnisse wiederholt bewertet und unter Umständen angepasst. Gefundene Lösung bzw. Modelle werden im Laufe der Zeit stetig weiter verbessert und an neue Rahmenbedingungen und Daten angepasst. Diese Art des Arbeitens ist auch aus agilen Arbeitsmethoden wie bspw. Scrum bekannt. Sie unterstützen die Notwendigkeit von KI-Projekten zur schnellen Anpassungsfähigkeit und geben gleichzeitig der Offenheit für die Lösungsfindung einen passenden Rahmen. Unterschiedliche Motivatoren KI ist ein spannendes Tätigkeitsfeld. Gerade durch die zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten, die sich aus der technischen Vielfalt ergeben, erwächst auch das Interesse am Thema KI zumeist auch aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens. Je nach Blickwinkel, Kontext und vorhandenem Vor- und Fachwissen gestaltet sich die Motivation und die initiale Fragestellung für das KI-Projekt unterschiedlich. Verschiedene Motivatoren, die in der praktischen Umsetzung einen Startimpuls darstellen können, sind in Tabelle 1 aufgezählt. Diese Motivatoren und Fragestellungen sind ein Anstoß, von dem aus ein Projektteam in die Auseinandersetzung mit dem Thema KI startet. In diesem formulierten Startimpuls wird der individuelle Einstiegspunkt in das Projekt besonders deutlich. Er bringt den jeweiligen Hintergrund und Wissensstand auf den Punkt und zeigt gerade im Thema Digitalisierung auf, wie viel oder wenig Grundlagen vorhanden sind. Zudem zeigt sich in den Fragen auch eine unterschiedliche Tiefe in der Auseinandersetzung und Übertragung des Themas KI auf das eigene Handlungsfeld. Vage Ideen vs. konkrete Ziele Unumgänglich in der Startphase eines Projektes ist also die Weiterentwicklung und Konkretisierung von Projektzielen, da sie die permanente Ausrichtung aller Aufgaben und Entscheidungen im Projekt ermöglichen. Darüber hinaus dient das Ziel der Motivation sowie der Erfolgsmessung. Die Motivatoren, die im vorangegangenen Kapitel vorgestellt wurden, lassen sich in verschiedene Ebenen der Konkretheit im Hinblick auf die Projektziele unterscheiden, wie Abbildung 4 visualisiert. Während beim Startpunkt „Ich möchte bzw. muss digitaler werden“ noch keine klaren Ziele oder Vorstellungen für die grundsätzlichen Anwendungsgebiete oder den Einsatz von Technologie herrscht, sind bei verschiedenen Motivatoren doch schon grobe Ideen und Vorstellungen erkennbar. Ausgehend von einer Maschine, einem Prozess oder vorhandenen Daten lassen sich hierbei Ideen weiterentwickeln. Teilweise sind Ziele auch bereits auf bestimmte umzusetzende Produkte bzw. Services oder Ergänzungen für das bereits angebotene Portfolio konkretisiert. Basierend auf diesen Ausgangspunkten sind im Rahmen des Projektstarts unterschiedliche Vorgehensweisen geeignet. Es gilt, je nach Ausgangssituation für den Start des KI-Projekts die jeweils passenden, nächsten Schritte zu gehen: 1. Keine klaren Ziele und Vorstellungen: Um Ideen für Einsatzmöglichkeiten zu sammeln und basierend auf den vorgestellten Handlungsfeldern Themen zu finden, die einen Abbildung 4: Konkretheit der Ziele für den Einsatz von KI im Rahmen eines KI-Projektes (Eigene Darstellung) Motivation Frage Ich habe eine Maschine. Kann ich damit und mit deren Daten etwas machen? Ich habe einen Prozess. Kann ich diesen mithilfe von KI verbessern? Ich habe Daten. Kann ich darin interessante Muster und Informationen finden? Ich habe eine Idee für ein zusätzliches Produkt / eine Produktergänzung. Kann ich diese mithilfe von KI umsetzen? Welche KI? Ich habe von KI bzw. einem Anwendungsfall von KI gehört. Kann ich das irgendwie in meinem Unternehmen anwenden, um etwas zu verbessern? Kann ich denselben Ansatz verwenden? Ich möchte / muss digitaler werden. Was kann ich tun? Wie kann ich das machen? Tabelle 1: Motivationsfaktoren und Fragen für den Einstieg in das Thema KI Wissen | Erfolgreich in ein KI-Projekt starten 30 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0005 konkreten Mehrwert für Unternehmen stiften, ist es wichtig zunächst KI-Einsatzmöglichkeiten zu explorieren. 2. Grobe Ideen und Vorstellungen: Zur weiteren Konkretisierung und Selektion der vorhandenen Ideen, erfordert es ein nächster Schritt, die Ideen zu evaluieren und zu priorisieren. 3. Konkrete Ziele und festgelegte Maschinen zur Datenerhebung: Ist ein konkreter Anwendungsfall gefunden, der einen Mehrwert bringt, gilt es ein gemeinsames Kontextverständnis aufbauen. Unabhängig von der formulierten Zielstellung ist gleichsam auch die Vision für das Projekt zu erarbeiten. Dies ist gerade für explorative Projekte wichtig, denn nicht nur die Wichtigkeit des Projektes selbst lässt sich dadurch im Rahmen der (strategischen) Handlungsfelder des Unternehmens einordnen, sondern auch die Projektziele selbst können im Rahmen des iterativen Prozesses immer wieder neu ausgerichtet werden. Entsprechend braucht es auch den Schritt zurück und eine Reflexion des Handelns: „Ist es wirklich das Richtige, was wir tun? “ gerade dann, wenn direkt mit konkreten Zielen und Ideen gestartet wird. Rahmenbedingungen für den Projektstart Zusammenfassend wird deutlich, dass sich die Auseinandersetzung mit KI als Technologie lohnt und gleichzeitig spannende und motivierende Projekte ermöglicht. In der Praxis stellen gegebene Rahmenbedingungen, wie bspw. die Markt- und Kundenstruktur, angebotene Produkte und Services, technische Infrastruktur und Prozesse sowie vorhandene Ressourcen, Einschränkungen und Leitplanken für die Umsetzungsmöglichkeiten von KI-Projekten dar. Jedoch stellt die Umsetzung eines KI-Projektes auch Anforderungen an interne Strukturen und Prozesse. Für den Projektstart eines KI-Projektes ergeben sich somit verschiedene Fragestellungen: • Wie hoch ist der Grad der Digitalisierung im Unternehmen? • Welche KI-Kompetenzen gibt es? • Welche Datenquellen und Daten sind verfügbar? • Welche Handlungsfelder für die Anwendung von KI gibt es? • Wie konkret sind die Ziele für die datengetriebene Lösung erdacht und formuliert? Passende Antworten zu finden, ist Teamarbeit. Ein Team mit unterschiedlichen Kompetenzen muss zusammengestellt werden und die Vorarbeit leisten, um letztlich einen Startschuss für die Umsetzung des KI-Projektes machen zu können. Pilotprojekt: Methodenkasten für den Projektstart Je nach Ausgangssituation braucht es ein unterschiedliches Vorgehen. Dieser aufgezeigten Problemstellung widmete sich ein Pilotprojekt von iT Engineering Software Innovations (iTE SI) mit dem Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum Usability, einer Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Förderung der Digitalisierung im Mittelstand. Basierend auf Erfahrungen aus der Projektpraxis im Unternehmen wurden anwendbare Methoden für die drei Einstiegspunkte in Projekte gesucht und evaluiert. Vorhandene Werkzeuge, wie bspw. aus der Arbeit der Kompetenzzentren sowie bekannte wie auch neue Methoden wurden im Rahmen von Workshops ausprobiert und für den Einsatz im Rahmen der Entwicklung passgenauer KI-Lösungen neu kombiniert. Damit ist ein Methodenkasten für die Projektpraxis entstanden, der für die verschiedenen Rahmenbedingungen und Menschen in den Projekten anwendbare Werkzeuge bietet (Abbildung 5) [11]. Im Fokus des Pilotprojektes stand dabei die Situation, groben Ideen und Vorstellungen zu begegnen. Ein offenes und modulares Workshop-Konzept dient dazu, in der Zusammenarbeit mit Kunden ein gemeinsames Verständnis für die Rahmenbedingungen zu schaffen und denkbare KI-Anwendungsbereiche auf Basis von Prozessen, Produkten oder Maschinen des Unternehmens zu evaluieren. Darauf aufbauend werden die Use-Cases anhand von Leitfragen in Bezug auf den Einsatzbereich und -Zweck der darin enthaltenen Maschinen, deren Nutzenden und die technische Infrastruktur analysiert, ähnlich wie in der klassischen Nutzungskontextanalyse. Zusätzlich sollen im Gespräch jedoch auch erste Ideen für die Nutzung der Daten gesammelt sowie eine Risikoanalyse durchgeführt werden. Als Werkzeug für die Vorgehensweise dient dabei ein Canvas, ein vorstrukturiertes Plakat, das den Rahmen für den Dialog mit dem Unternehmen gibt. Dieser Methodenkasten hilft allen Projektbeteiligten dabei, die vorherrschende Situation und den eigenen Standpunkt zu verstehen sowie vorhandene Ideen und Gedanken zu sammeln, gemeinsam aufzubereiten und weiterzuentwickeln. Sie schaffen ein gemeinsames Verständnis der Situation zu erlangen und helfen, einen nächsten Schritt in der Konkretisierung der Projektideen zu erreichen. Bei iTE SI werden diese Methoden nicht nur im Rahmen von Kundenprojekten eingesetzt, sondern finden auch im Rahmen der Produktentwicklung einer eigenen IIoT-Lösung, den IIoT Building Blocks Anwendung. Diese dienen dazu, im industriellen Produktionsumfeld Daten zu erfassen und daraus Mehrwert zu generieren. Abbildung 5: Methodenkasten für den Start eines KI-Projektes (Eigene Darstellung) 31 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0005 Jetzt durchstarten: Take aways KI als Technologie eröffnet gänzlich neue Möglichkeiten für Ergebnisse und Lösungen, die im Rahmen von Projekten entstehen. Dabei fordert der Einsatz der Technologie den Unternehmen und Projektteams einiges ab, denn vorhandene Strukturen und Prozesse müssen auf die Arbeit in explorativen und unsicheren Kontexten ausgerichtet sein. Darüber hinaus bringen KI-Projekte eigene Rahmenbedingungen mit, was auch methodisch ein Umdenken bei den Projektbeteiligten und Stakeholdern in den Unternehmen erfordert. Folgende drei Prinzipien sollen diese neuen Handlungsweisen stützen und dienen damit dem erfolgreichen Start und letztlich auch der Umsetzung eines KI-Projekts. #1: Inspiration durch Vision Da KI-Projekte wie beschrieben in ihrem Charakter eher explorativ sind und damit eine langfristige detailgenaue Planung nicht zielführend ist, ist die Orientierung an einer inspirierenden Vision für das Projekt selbst zielführender, als konkrete Umsetzungsziele zu verfolgen. Die Vision lässt den notwendigen Spielraum, um einen passenden Lösungsweg zu finden, der das gewünschte Ergebnis liefert. Damit wird zudem auch das Projektteam in seiner Kreativität und Problemlösungskompetenz gefordert, was für die Beteiligten äußerst motivierend und begeisternd wirken kann. #2: Erfolg ist ein Prozess In kurzen Iterationen erste Ergebnisse zu produzieren, ist das Ziel agiler Arbeitsmethoden. Diese Denkhaltung ist auch für KI-Projekte wichtig, um der Notwendigkeit zur Exploration passender Lösungsmöglichkeiten sowie der Arbeit mit den Daten eine Struktur zu geben. Kleine Zwischenziele dienen dabei als Anker, um zu überprüfen, ob der Umsetzung der Vision nähergekommen wird. #3: Gemeinsames Lernen Die Umsetzung komplexer Problemstellungen braucht die Zusammenarbeit und das Zusammenwirken verschiedener Menschen mit unterschiedlichen Kompetenzen. Durch die Kombination von technischem Wissen sowie von Geschäfts- und Datenverständnis entsteht ein ganzheitlicher Blick auf das Handlungsfeld. Zudem ist es in sich evolutionär entwickelnden Projekten unabdingbar, in kurzen regelmäßigen Abständen eine Rückschau (auch Retrospektive genannt) durchzuführen. Dadurch wird nicht nur der Prozess der Zusammenarbeit gestärkt, sondern auch für gute Rahmenbedingungen im Miteinander gesorgt. Alles in allem zeigt sich, dass die Anforderungen und der Startpunkt in ein KI-Projekt jeweils individuell sind. Deshalb gilt es zur Unterstützung passende Methoden einzusetzen, um einerseits ein gemeinsames Verständnis aller Projektbeteiligten zu schaffen, andererseits erste Ideen zu konkretisieren, Möglichkeiten zu evaluieren und Ziele zu konkretisieren. Wenn bekannt ist und ein gemeinsames Verständnis im Team aufgebaut ist, was erreicht werden soll und kann, dann ist der KI-Projektstart gelungen und eine wichtige Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung ist gelegt. Literatur [1] Bundesregierung (2022) Nationale Strategie für Künstliche Intelligenz. Abgerufen unter: https: / / www.ki-strategie-deutschland.de / home.html [20. 09. 2022] [2] Adesso (2021) Zum Status von KI in D-A-CH. Pläne-- Prognosen- - Projekte. Abgerufen unter: https: / / ki.adesso. de / ki-de / oeffentliche-downloads / ki-eine-bestandsaufnahme-2021.pdf [19. 09. 2022] [3] Deloitte (2021) KI-Studie 2020: Wie nutzen Unternehmen Künstliche Intelligenz? Abgerufen unter https: / / www2.deloitte.com / de / de / pages / technology-mediaand-telecommunications / articles / ki-studie-2020.html [20. 09. 2022] [4] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, BMVI (2018) Digitalisierung und Künstliche Intelligenz in der Mobilität. Aktionsplan. Abgerufen unter https: / / www. bmvi.de / SharedDocs / DE / Anlage / DG / aktionsplan-ki. pdf? __blob=publicationFile [20. 09. 2022] [5] Luber, Stefan & Nico Litzel (2019) Was ist Digitalisierung? Abgerufen unter https: / / www.bigdata-insider.de / was-istdigitalisierung-a-626 489/ [20. 09. 2022] [6] Thomas LaRock (2020) 6 Tipps für die ersten Schritte in die Welt der KI. Abgerufen unter https: / / www.ip-insider. de / 6-tipps-fuer-die-ersten-schritte-in-die-welt-der-kia-937 585/ [20. 9. 2022] [7] Bitkom e. V. (2022) Das Periodensystem der Künstlichen Intelligenz. Abgerufen unter: https: / / periodensystem-ki. de / Mit-Legosteinen-die-Kuenstliche-Intelligenz-bauen [20. 9. 2022] Bachelor Projekt- & Prozessmanagement Berufsbegleitend & praxisnah 100 % online studieren Staatlicher Hochschulabschluss B.A. Zulassung auch ohne Abitur möglich Karriere-Kick 2023 wings.de/ projektmanagement 97 % Weiterempfehlungen bei FernstudiumCheck.de Sehr gut 4.3/ 5.0 Anzeige Wissen | Erfolgreich in ein KI-Projekt starten Judith Armbruster Judith Armbruster arbeitet als Agile Coachin und Projektmanagerin im Softwareunternehmen iT Engineering Software Innovations (iTE SI). Dabei gestaltet sie die methodische Herangehensweise an Projekte und begleitet sowohl verschiedene Kundenprojekte als auch die Entwicklung der eigenen IoT-Lösung von iTE SI, die IIoT Building Blocks. Judith Armbruster interessiert sich für neue Technologien und agile Herangehensweisen, bestenfalls wird beides im Rahmen von Projekten kombiniert. Ihr Wissen gibt sie im Studiengang „Agiles Projekt- und Transformationsmanagement“ an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen als Dozentin weiter. Foto: Peter Löbel [8] VDMA Software und Digitalisierung (2018) Quick Guide Machine Learning im Maschinen- und Anlagenbau. Abgerufen unter https: / / www.vdma. org / documents / 34 570 / 1 052 572 / Quick-Guide%20 Machine%20Learning%20-KI.pdf / 8021ab42-79a6-5c72c4f6-20b6c49ad54a [21. 9. 2022] [9] Heise online (2019) Von Daten, Rollen und Modellen-- ein Bauplan für KI-Anwendungen. Abgerufen unter: https: / / www.heise.de / hintergrund / Von-Daten-Rollen-und-Modellen-ein-Bauplan-fuer-KI-Anwendungen-4 586 595. html? seite=all [20. 9. 2022] [10] Sylvia Singh (2021) 3 Gründe, warum Machine Learning Projekte scheitern. Abgerufen unter: https: / / www.theinformationlab.de / alle / blog / 3-gruende-warum-machinelearning-projekte-scheitern/ [20. 9. 2022] [11] Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum Usability (2021) KI- Pilotprojekt iT Engineering SI: Ergebnisse und Ausblick. Abgerufen unter: https: / / www.kompetenzzentrum-usability.digital / kos / WNetz? art=News.show&id=1792 [20. 09. 2022] Eingangsabbildung: © Sikov-- stock.adobe.com Dieter Brendt, Olaf Mackowiak Führung in der Technik 1., Auflage 2021, 177 Seiten €[D] 34,90 ISBN 978-3-8169-3467-7 eISBN 978-3-8169-8467-2 Mitarbeitende zielgerichtet und effektiv führen zu können, ist ein Schlüssel für nachhaltigen Unternehmenserfolg. In diesem Buch werden den Leser: innen durch die direkte Ansprache und die Praxisbeispiele von Kolleg: innen in vergleichbaren Situationen Denkanstöße und Tipps geboten, um ihren Führungsstil zu analysieren und darauf aufbauend zu optimieren. Es werden bewährte Maßnahmen und Techniken zur effizienten Gestaltung und Beherrschung der vielfältigen Anforderungen im sich schnell verändernden technischen wie gesellschaftlichen Umfeld vorgeschlagen, die praxisgerecht im Führungsalltag eingesetzt werden können. Anzeige 33 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0006 Auswirkungen von Cloud-First auf IT- Projektportfolios Mona Charlotte Blümke Für eilige Leser | Cloud-Technologien sind einer der größten Treiber in der Weiterentwicklung von Unternehmens-IT. Die damit verbundene Implementierung von Cloud-First-Strategien wirkt sich direkt auf das Management von IT-Projektportfolios aus. Projekte innerhalb bestehender Portfolios müssen auf ihre strategische Passung untersucht und innerhalb des Projektportfolios angemessen gesteuert werden. Weitere Kriterien, die in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden müssen, sind die Dringlichkeit, Wirtschaftlichkeit und der Reifegrad der Projekte sowie Abhängigkeiten zwischen Projekten. Die Bewertung der Projekte anhand dieser Kriterien sollte mit Hilfe einer Nutzwertanalyse erfolgen. Aus ihren Ergebnissen sind Maßnahmen in Hinblick auf die Repriorisierung der Projekte sowie der Projektausrichtung bezüglich des Betriebs von IT-Systemen ableitbar. Schlagwörter | Cloud First, Projektpriorisierung, Projektportfoliomanagement, Nutzwertanalyse, strategische Passung, Cloud-Strategie 1. Cloud-Technologien auf dem Vormarsch 82 % deutscher Unternehmen setzen im Jahr 2022 Cloud- Technologien ein [1]. Sie adressieren damit den steigenden Bedarf an Technologieeffizienz und Agilität zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit [2, 3, 4]. Hierbei müssen oftmals veraltete und komplexe IT-Infrastrukturen neu ausgerichtet werden [5]. Damit verbunden ist die unternehmensweite Anpassung der IT-Strategie. Mittel der Wahl ist hierbei häufig eine Cloud-First-Strategie. 2. Cloud-First Im Rahmen einer „Cloud-First-Strategie“ werden bei der Implementierung neuer Lösungen Cloud-Ansätze priorisiert betrachtet. Ferner werden bestehende Lösungen, wo geschäftsbedingt möglich, in die Cloud migriert [6, 7, 8]. Dieser Ansatz grenzt sich damit von einer „Cloud-Only-Strategie“ ab, bei der Lösungen nicht nur primär, sondern ausschließlich cloudbasiert implementiert und vollständig migriert werden. Im Vergleich dazu bietet eine Cloud-First-Strategie Flexibilität, On-Premise-Lösungen den Vorzug zu geben, wenn diese dauerhaft vorteilhafter sind als cloudbasierte Alternativen [9]. Die Überführung bestehender IT-Landschaften in die Cloud erfolgt üblicherweise nach dem Prinzip der teilweisen, iterativen Neuaufstellung [10]. Daraus ergeben sich im Zuge der Transformation drei Kategorien von IT-Lösungen: • On Premise: Bestehende Anwendungen, bei denen weder eine Migration in die Cloud noch das Ersetzen durch eine neue Cloudlösung möglich bzw. aus unternehmerischer Sicht sinnvoll ist, werden weiterhin On-Premise betrieben. • Cloud Enabled: Anwendungen, die ursprünglich für den On-Premise-Betrieb entwickelt, aber in die Cloud verlagert wurden. Die Ressourcennutzung wird von lokal auf virtuell umgestellt, die zugrundeliegende Architektur bleibt aber gleich. Die Veränderungen in den Betriebsprozessen und die Verwirklichung der Vorteile der Cloud sind begrenzt [12, 13]. • Cloud Native: Anwendungen, die für die Ausführung in einer Cloudumgebung konzipiert wurden und in der Regel als Software as a Service (SaaS) zugekauft werden. Sie ermöglichen es Unternehmen, alle Vorteile der Cloud zu nutzen [12, 13, 14]. Um die notwendigen Maßnahmen in der Transformation von der traditionellen IT-Strategie zu Cloud-First zu identifizieren, ist eine ganzheitliche Betrachtung der IT-Landschaft erforderlich [15, 16]. Die bestehenden IT-Lösungen, die nicht im on- Premise-Betrieb verbleiben, müssen entsprechend Gartner’s Wissen | Auswirkungen von Cloud-First auf IT-Projektportfolios 34 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0006 Fünf-R-Ansatz rehosted („rehost“), umgestaltet („refactor“), überarbeitet („revise“), neu gebaut („rebuild“) oder ersetzt („replaced“) werden. Abbildung 1 stellt dar, in welchen Kategorien von IT-Lösungen diese Maßnahmen jeweils resultieren [17]. Im Hinblick auf das Projektportfoliomanagement hat die Einführung einer Cloud-First-Strategie demnach vielfältige Auswirkungen. In diesem Sinne müssen nicht nur neue Projekte zur Migration bestehender Lösungen in die Cloud geplant, sondern auch bereits laufende IT-Projekte auf Passung innerhalb des neuen strategischen Ansatzes untersucht werden. Gleichzeitig ist zu prüfen, welche laufenden Projekte bereits auf die Zielsetzung der Cloud-First-Strategie einzahlen und folglich priorisiert werden sollten. Darüber hinaus sind diejenigen Projekte zu identifizieren, die, obwohl es sich um die on-Premise-Implementierung oder -Weiterentwicklung von IT-Lösungen handelt, aufgrund betrieblicher Notwendigkeit nicht depriorisiert werden können [18, 19]. Cloud-First-Strategie Betrieb weiterhin on- Premise z.B. aufgrund regulatorischer Vorgaben Unverändert On-Premise Rehost Refactor Revise Rebuild Replace Cloud Enabled Cloud Native Migration der Anwendung wie sie ist in die Cloud Anpassung der Anwendung für bessere Cloud- Eignung vor dem Rehosting Umfassende Modernisierung der Anwendung vor dem Refactoring oder Rehosting Neubauen der Anwendung in der Cloud Ersatz der on-Premise- Anwendung durch eine Cloud- Native- Anwendung Anwendungen innerhalb der bestehenden on-Premise IT-Landschaft On-Premise Entwicklung oder Einkauf von on-Premise-Lösungen z.B. aufgrund regulatorischer Vorgaben Cloud Native Entwicklung oder Einkauf von für die Anwendung in der Cloud konzipierten Anwendungen Neue IT-Anwendungen Abbildung 1: Umgang mit IT-Lösungen bei Einführung einer Cloud-First-Strategie (Quelle: eigene Darstellung) Quelle Bewertungskriterien Strategische Bedeutung / Strategie-Fit Wirtschaftlichkeit Machbarkeit Risiko Dringlichkeit Projektabhängigkeiten Kundenbedürfnisse Regulatorische Anforderungen Mitarbeiterbedürfnisse Stakeholderinteressen Produkt- / Service- / Imageverbesserungen [20] x x x x x x [21] x x x x x x x [22] x x x x x [23] x x x x [24] x x [25] x x x x x x x [26] x x x x x x [27] x x x x [28] x x x x [29] x x x x x x A n z a h l (von 10) 9 9 5 7 5 4 4 2 4 1 1 Tabelle 1: : Literaturanalyse der gängigen Bewertungskriterien für die Projektpriorisierung Wissen | Auswirkungen von Cloud-First auf IT-Projektportfolios 35 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0006 3. Projektneubewertung und -repriorisierung In der Priorisierung von Projekten eines Projektportfolios kommen unterschiedliche Bewertungskriterien zur Anwendung. In der Neubewertung bestehender Projekte im Projektportfolio im Zusammenhang mit einer neuen strategischen Ausrichtung bildet der Strategie-Fit folgerichtig das leitende Kriterium. Weiterhin müssen im Sinne der Sicherstellung des Geschäftserfolgs zusätzliche Kriterien evaluiert werden. Tabelle 1 zeigt die Kriterien auf, die im Rahmen einer Literaturanalyse, die insgesamt zehn Lehrbücher und Artikel aus anerkannten Fachzeitschriften berücksichtigt, identifiziert wurden. Hierbei wurden Synonyme zu einem einzelnen Begriff vereinheitlicht. Es wird im Weiteren angenommen, dass diejenigen Kriterien, die in mindestens 40 % der Veröffentlichungen genannt wurden, aufgrund ihrer in der Praxis erwiesenen Eignung am weitesten verbreitet sind. In Tabelle 2 werden deshalb diese Kriterien tiefergehend in Hinblick auf ihre Relevanz im Kontext der Repriorisierung von Projekten eines bestehenden Projektportfolios bei Einführung einer Cloud-First-Strategie betrachtet. Ergänzt wird hierbei zudem der Reifegrad der Projekte, da im Kontext der Einführung der Cloud-First-Strategie keine Erstbewertung der Projekte erfolgt, auf die in der meisten Literatur Bezug genommen wird. Stattdessen erfolgt eine Neubewertung eines bereits bestehenden Projektportfolios, innerhalb dessen verschiedene Projekte einen unterschiedlich fortgeschrittenen Entwicklungsstand (Reifegrad) haben. Krit. Relevanz vor dem Hintergrund einer Cloud-First-Strategie Strategie-Fit Sehr hoch: Kriterium mit höchsten erwarteten Unterschieden in den Ergebnissen im Vergleich zur vorherigen strategischen Ausrichtung. Ausschlaggebendes Kriterium vor dem Hintergrund der Analyse des Projektportfolios aufgrund einer strategischen Neuausrichtung. Dringlichkeit Hoch: Projekte, die z. B. aufgrund regulatorischer Vorgaben zeitdringlich sind, können nicht depriorisiert, sondern nur ggf. im Sinne der strategischen Neuausrichtung inhaltlich angepasst werden, solange dies die zeitliche Planung nicht maßgeblich beeinträchtigt. Wirtschaftlichkeit Mittel: Es kann angenommen werden, dass ein Projekt nur initiiert wurde, weil es wirtschaftlich von Vorteil ist. Dennoch kann sich die mittel- und langfristige Wirtschaftlichkeit durch die strategische Neuausrichtung verändern. Reifegrad Mittel: Der Reifegrad der Projekte ist zum Zeitpunkt der Analyse des bestehenden, sich über Jahre hinweg entwickelnden Projektportfolios unterschiedlich. Es kann sinnvoll sein, Projekte, die kurz vor der Vollendung stehen, auch dann zu priorisieren, wenn sie nicht auf die Cloud-First-Strategie einzahlen, um von anderen Entwicklungen zu profitieren. Abhängigkeiten Mittel: Projekte können ggf. nicht depriorisiert werden, weil z. B. stark auf die Cloud-First-Strategie einzielende Projekte von ihnen abhängig sind. Mitarbeiterbedürfnisse Gering: Gesamtheitlich kann davon ausgegangen werden, dass Projekte mit hohem Strategie-Fit die Mitarbeiterzufriedenheit fördern, da sie den Unternehmenserfolg bedingen. Risiko Gering: Es kann angenommen werden, dass ein bereits bestehendes Projekt nur initiiert wurde, weil es zur Risikobereitschaft des Unternehmens passt. Es ist keine wesentliche Änderung des Risikos durch die strategische Neuausrichtung zu erwarten. Kundenbedürfnisse Gering: Es kann angenommen werden, dass ein bereits bestehendes Projekt nur initiiert wurde, weil es Kundenbedürfnisse direkt oder indirekt bedient oder von anderer so hoher Relevanz ist, dass die Kundenbedürfnisse keine Rolle spiele (z. B. regulatorisch vorgegeben). Machbarkeit Gering: Es kann angenommen werden, dass ein bestehendes Projekt nur initiiert wurde, weil es machbar ist. Tabelle 2: Relevanz der Bewertungskriterien für die Projektpriorisierung Die Priorisierung von Projekten im Projektportfolio anhand der festgelegten Bewertungskriterien kann sich an verschiedenen Methoden orientieren. Tabelle 3 zeigt auf, welche Methoden in der Literatur für diesen Zweck angeführt werden. Hierbei wurden Synonyme zu einem einzelnen Begriff vereinheitlicht. Es wird im Weiteren angenommen, dass diejenigen Methoden, die in mindestens 40 % der Veröffentlichungen genannt wurden, aufgrund ihrer in der Praxis erwiesenen Eignung am weitesten verbreitet sind. In Tabelle 4 werden diese Methoden näher erläutert. Aus der aus Tabelle 2 hervorgehenden mindestens mittleren Relevanz mehrerer Bewertungskriterien für die Projektpriorisierung vor dem Hintergrund der Einführung einer Cloud- First-Strategie bei Banken wird ersichtlich, dass sich ein- und zweidimensionale Bewertungsmethoden in diesem Zusammenhang nicht anbieten. Folglich stellt die Nutzwertanalyse die beste Methodik für diesen Zweck dar. Gleichzeitig sollten diejenigen Projekte, die aufgrund ihrer z. B. regulatorisch bedingten Erforderlichkeit zwingend im Zeitplan umgesetzt werden müssen, sogenannte „Must-Haves“, vor Anwendung der Nutzwertanalyse identifiziert werden. Solche „Must-Haves“ müssen auch bei insgesamt niedrigem Nutzwert priorisiert werden [22]. Bewertungskriterien mit geringer Priorität müssen in der Nutzwertanalyse im Sinne der Aufwandsreduktion weiter- Wissen | Auswirkungen von Cloud-First auf IT-Projektportfolios 36 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0006 hin nicht berücksichtigt werden, da aufgrund ihrer geringen Relevanz keine nennenswerten Effekte auf den Gesamtnutzwert der Projekte zu erwarten ist. Die für die Priorisierung der Projekte relevanten Bewertungskriterien sind demnach Strategie-Fit, Dringlichkeit, Wirtschaftlichkeit, Reifegrad und Abhängigkeiten. Nach Bestimmung der Muss-Projekte müssen alle anderen Projekte in den Kriterien mit mindestens mittlerer Relevanz vergleichbar bewertet werden [22]. Hierfür ist eine Operationalisierung der Kriterien auf mindestens einer Ordinalskala erforderlich, die für alle Kriterien gleich codiert werden kann. Für das Kriterium Strategie-Fit kann eine solche Operationalisierung z. B. folgendermaßen umgesetzt werden: • 0 = Das Projekt schadet der Umsetzung der Cloud-First- Strategie in mittlerem bis hohem Ausmaß (z. B. die Entwicklung von On-Premise-Anwendungen, die nicht mehr in die Cloud überführt werden können); • 1 = Das Projekt schadet der Umsetzung der Cloud-First- Strategie in geringem Ausmaß (z. B. die Entwicklung von On-Premise-Anwendungen, die ressourcenintensiv in die Cloud überführt werden können); • 2 = kein Einfluss auf die mit der Cloud-First-Strategie verbundenen Ziele (z. B. die Entwicklung von On-Premise-Anwendungen, die ohne signifikanten Aufwand in die Cloud überführt werden können); • 3 = Das Projekt zahlt in geringem Ausmaß positiv auf die Strategie oder die damit verbundenen Ziele ein (z. B. Förderung agiler Managementmethoden); • 4 = Das Projekt zahlt in mittlerem Ausmaß positiv auf die Strategie oder damit verbundenen Ziele ein (z. B. Cloud Enablement); Quelle Bewertungsmethode Nutzwertanalyse Portfoliotechnik Komparative Verfahren Mathematische, multikriterielle Optimierungsmodelle SWOT-Analyse Entscheidungsbäume / -tabellen Wirkungsanalyse Balanced Scorecard Punktbewertungsmethode Simulationsmethoden [21] x x [20] x x [30] x x x [23] x x [25] x x [26] x x x x [31] x x [32] x x x [33] x x [34] x x x x x x Gesamt 9 5 4 1 1 1 2 3 1 1 Tabelle 3: Literaturanalyse der Methoden für die Ermittlung von Projektprioritäten Methode Beschreibung Nutzwertanalyse (mehrdimensional) Alle relevanten Kriterien werden gewichtet und operationalisiert. Die Projekte werden in jedem Kriterium auf der gleichen Skala bewertet und in einer Scoringtabelle dargestellt. Aus den einzelnen Ergebniswerten und der Gewichtung ergibt sich für jedes Projekt ein vergleichbarer Gesamtnutzenwert [21, 30]. Portfoliotechnik (zweidimensional) Die Projekte werden durch die gleichzeitige Betrachtung zweier Hauptkriterien in einer Matrix bewertet [20, 30]. Komparative Verfahren (eindimensional) Paarvergleich: Die Projekte werden eindimensional anhand eines Kriteriums paarweise miteinander verglichen. Die Priorisierung ergibt sich aus der Häufigkeit der Präferenz im Vergleich. Rangordnungsvergleich: Die Projekte werden eindimensional anhand eines Kriteriums in eine Reihenfolge gebracht [30]. ABC-Verfahren: Die Projekte werden anhand eines Kriteriums in drei Kategorien eingeteilt [21, 30]. Tabelle 4: Methoden der Projektpriorisierung Wissen | Auswirkungen von Cloud-First auf IT-Projektportfolios 37 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0006 • 5 = Das Projekt zahlt in hohem Ausmaß positiv auf die Strategie oder damit verbundenen Ziele ein (z. B. Cloud- Nativeness). Nach Definition der Kriterien und ihrer Skalenwerte folgt anhand dieser die Bewertung der bestehenden Projekte des Projektportfolios. Im Rahmen der Nutzwertanalyse werden anschließend die Ergebnisse in den einzelnen Bewertungskriterien gemäß ihrer Gewichtung ermittelt. Die Gewichtung ist aus der Relevanz der Kriterien (siehe Tabelle 2) abzuleiten. Im Ergebnis wird für jedes Projekt ein Nutzwert auf einer Skala von 0 bis 5 ermittelt, der über die Priorisierung der Projekte bestimmt. 4. Maßnahmen der Portfoliosteuerung Anhand der Nutzwerte sowie der Einzelergebnisse der Kriterienbewertung der Projekte müssen konkrete Maßnahmen zur zielorientierten Projektportfoliosteuerung im Einklang mit der Cloud-First-Strategie abgeleitet werden. Tabelle 5 stellt Leitlinien für die Maßnahmenableitung dar. Bewertungsergebnis Maßnahme Muss-Projekte Höchste Priorisierungen. Die Reihenfolge der Priorisierung innerhalb der Muss- Projekte wird über den Nutzwert bestimmt. Projekte mit hohem Nutzwert Werden in der Portfoliosteuerung priorisiert behandelt. Projekte mit mittlerem Nutzwert Werden in der Portfoliosteuerung mit mittlerer Priorität behandelt. Projekte mit niedrigem Nutzwert aufgrund eines niedrigen Strategie-Fits bei teilweise mittleren bis hohen Ergebnissen in den anderen Kriterien (auch Muss- Projekte) Einleitung von Maßnahmen zur Erhöhung des Strategie-Fits. Diese wird über die Anpassung der Projektausrichtung im Einklang mit Gartner’s Fünf R in Hinblick auf die Ziel-IT der Projekte erreicht. Bei Implementierung eines Cloud-Native- Ansatzes kann dabei der Strategie-Fit am stärksten erhöht werden. Die Implementierung eines Cloud-Enablement-Ansatzes trägt ebenfalls, aber in weniger starkem Ausmaß, zur Erhöhung des Strategie-Fits bei. Das richtige „R“ sollte mittels einer Kosten-Nutzen-Analyse bestimmt werden. Projekte mit niedrigem Nutzwert und niedrigen Ergebnissen in allen anderen Kriterien (außer Muss-Projekte) Einstellung oder Depriorisierung der Projekte. Tabelle 5: Maßnahmen der Projektportfoliosteuerung 5. Fazit Zusammenfassend wird ersichtlich, dass die Bewertung der Kriterien Strategie-Fit, Dringlichkeit, Wirtschaftlichkeit und der Reifegrad von Projekten sowie Abhängigkeiten zwischen Projekten im Rahmen einer Nutzwertanalyse objektive Maßstäbe für die Repriorisierung der Projekte eines bestehenden Projektportfolios vor dem Hintergrund der Einführung einer Cloud-First-Strategie bietet. Aus diesen lassen sich zudem klare Maßnahmen ableiten, die die erfolgreiche Implementierung der Strategie unterstützen. Projekte mit hohem Nutzwert sollten in diesem Zusammenhang grundsätzlich priorisiert werden. Projekte mit niedrigem Nutzwert sollten abgebrochen, depriorisiert oder ihr Nutzwert durch eine Neuausrichtung des Projektes im Sinne der Cloud-First-Strategie mithilfe von Gartner’s Fünf R erhöht werden. Hierfür sollte eine Untersuchung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses von rehosting, refactoring, revising, rebuilding oder replacement Maßnahmen erfolgen. 6. Literatur [1]: Statista: Nutzung von Cloud Computing in deutschen Unternehmen bis 2020. 2021, Stand: 30. September 2022 [2] Sternkopf, Christian: Legacy-Modernisierung: So bringen Banken ihre IT auf die Überholspur. 2019, Stand: 10. September 2022 [3]: Nicoletti, Bernardo: Cloud Computing in Financial Services. 1. Auflage, Palgrave Macmillan, Basingstoke, 2013 [4] Yoo, Christopher S.: Cloud Computing: Architectural and Policy Implications. In: Review of Industrial Organization Ausgabe 31 / 2011, S. 405-421 [5] Freudenstein, Gero / Zies, Ingolf / Busche, Sebastian: Der ewige Kampf der Banken mit der Legacy-IT. 2019, Stand: 16. April 2022 [6]: Amazon Web Services Institute: Cloud First Playbook for Asia Pacific (APAC). 2019, Stand: 16. Juli 2022. [7] Intervision: What Does It Mean to Be Cloud First? 2022, Stand: 16. Juli 2022 [8] Lau, Grace: Codemotion. 2022, Stand: 16. Juli 2022 [9] ManageIT: Cloud-firststatt Cloud-only-Strategie. Die Cloud ist kein Zauberstab. 2020, Stand: 16. Juli 2020 [10]: McKinsey: The cloud transformation engine. 2022, Stand: 30. September 2022 [11] Tozzi, Chris: Explore cloud-native vs. cloud-based vs. cloud-enabled apps. 2020, Stand: 16. Juli 2022. [12] Henneberger, Matthias: Von „Cloud Enabling“ zu „Cloud Native“: Wie Cloud Computing die Unternehmens-IT verändert. In: Wirtschaftsinformatik & Management Ausgabe 8 / 2016, S. 8-18 [13]: Solarwinds Papertrail: Cloud-Based, Cloud-Native, and Cloud-Enabled Applications- - What’s the Difference? 2021, Stand: 16. Juli 2022 [14]: Gannon, Dennis / Barga, Roger / Sundaresan, Neel: Cloud-Native Applications. In: IEEEexplore Ausgabe 4 / 2017, S. 16-21 [15]: Accenture: Cloud First Digital Transformation. 2019, Stand: 16. Juli 2022 Wissen | Auswirkungen von Cloud-First auf IT-Projektportfolios 38 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0006 [16]: Briggs, Berry / Kassner, Eduardo: Enterprise Cloud Strategy. 2017, Stand: 16. Juli 2022 [17]: Watson, Richard: Cloud applications: Five migration tips from Gartner. 2011, Stand: 16. Juli [18]: Violino, Bob: So hat Ihre Cloud-first-Strategie Erfolg. 2022, Stand: 25. Juli 2022 [19]: Pwc: Jeder erfolgversprechende Weg in die Cloud beginnt bei der Strategie. 2021, Stand: 11. August 2022 [20]: Tiemeyer, Ernst: IT-Projektportfoliomanagement- - Konzepte und praktische Lösungen. In: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik Ausgabe 45 / 2008, S. 43-52 [21]: Dechange, Andre: Projektmanagement schnell erfasst. In: Kröger, Detlef (Reihenhrsg.): Wirtschaft- - Schnell erfasst. 1. 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Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0007 Supportmodell für den ERP-Rollout bei der DÜRR DENTAL SE Claire Lutsch, Ralf Durst, Peter Preuss Für eilige Leser | Die DÜRR DENTAL SE rollt seit 2017 ihr ERP-System auf die Niederlassungen aus. Um einen guten Anwendersupport gewährleisten zu können, wurde ein Supportmodell entwickelt, mit dem die Niederlassungen nach einem Go-Live so betreut werden, dass sie das notwendige Know-how erlangen, um möglichst viele Probleme eigenständig lösen zu können. In diesem Beitrag werden die Phasen dieses Supportmodells, die Rollen und Verantwortlichkeiten sowie die Kommunikationswege in der Support-Phase vorgestellt. Schlagwörter | ERP-Rollout, Supportmodell, Rollen, Verantwortlichkeiten, Knowhow-Transfer 1. Einleitung Bei einem ERP-Einführungsprojekt gibt es viele Herausforderungen, denen man versucht, mit einem guten Projektmanagement bestmöglich zu begegnen. Ist das ERP-System aber erst einmal erfolgreich eingeführt, wird häufig ein abschließender Lessons-Learned-Workshop gemacht und das Projektteam vom Projekt abgezogen. Dabei beginnen dann an vielen Stellen die Nacharbeiten. Die Anwender müssen bei der täglichen Arbeit mit der neuen Anwendung unterstützt werden, und es sind häufig noch Systemanpassungen notwendig. In dieser Situation befand sich auch die DÜRR DENTAL SE, die seit dem Jahr 2017 ihr ERP-System auf die Niederlassungen ausrollt. Daher wurde ein Supportmodell entwickelt, mit dem die Niederlassungen auch nach dem Rollout weiterhin begleitet werden und so das notwendige Know-how erlangen, um eine Vielzahl möglich auftretender Probleme selbst lösen zu können. 2. ERP-Rollout bei DÜRR DENTAL Bei der DÜRR DENTAL handelt es sich um eine Unternehmensgruppe der Dentalindustrie, die insgesamt über 1.300 Mitarbeiter beschäftigt. In 2021 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von mehr als 325 Millionen Euro. Seit 2017 wird in den Niederlassungen der Unternehmensgruppe das ERP-System IFS10 ausgerollt. Bei jedem Rollout werden die einzelnen Projektphasen nach dem klassischen Wasserfall-Modell durchlaufen. In der Vergangenheit standen nach einem Go-Live zwar die ERP-Grundfunktionalitäten zur Verfügung. Es zeigte sich jedoch wiederholt, dass ein Großteil der Anwender nicht alle Grundfunktionalitäten kennt bzw. nutzt und diese User aus dem ursprünglichen Projektteam heraus umfangreicher unterstützt werden mussten. Für diesen weiteren Support fehlten im Unternehmen eine Zielsetzung, klare Prozessabläufe sowie die notwendigen Rollen und Verantwortlichkeiten. Im Alltag bedienten die Anwender sich eines Ticketsystems, um Probleme zu melden. Eigenständig waren sie nicht in der Lage, hier Lösungsansätze zu finden bzw. ihre eigene Arbeit und Produktivität zu verbessern. Im Headquarter in Bietigheim-Bissingen standen ihnen zwar ERP-Prozessspezialisten zur Verfügung. Die Generalisten in den Niederlassungen waren aber häufig mit deren Wissensvermittlung überfordert. Ein weiteres Problem war der immer größer werdende Supportaufwand in der Zentrale. In Abbildung 1 ist die Anzahl der in das ERP-System integrierten Niederlassungen in einer roten Linie dargestellt; eine blaue Linie zeigt die Anzahl der ERP-Rollouts. 3. Supportmodell der DÜRR DENTAL SE Um die beschriebenen Herausforderungen nach einer Produktivsetzung bewältigen zu können, hat DÜRR DENTAL ein Supportmodell entwickelt. Ein erster Ansatz, hier ebenfalls auf die klassische Projektvorgehensweise aus der ERP-Einführung zurückzugreifen, wurde aufgrund fehlender Effizienz verworfen. Daher entschied sich das Unternehmen für einen hybriden Projektmanagement-Ansatz, dessen Phasen, Rollen- Wissen | Supportmodell für den ERP-Rollout bei der DÜRR DENTAL SE 40 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0007 konzept und Kommunikationswege im Folgenden näher betrachtet werden sollen. 3.1 Phasen des Supportmodells Den Startpunkt des Supports bildet der Go-Live des Systems in der entsprechenden Niederlassung. Der Support ist dann unterteilt in eine Hypercarephase, die etwa zwei bis vier Wochen in Anspruch nimmt, sowie eine dreibis sechsmonatige Optimierungsphase. Dem folgt der Regelbetrieb. Die Hypercarephase fordert eine hohe Betreuungsintensität und wird mit einem Lessons-Learned-Workshop abgeschlossen. In diesem in der Regel professionell moderierten Workshop kommen IT-Projektleiter, ERP-Anwender und Key- User sowohl aus dem Headquarter als auch der jeweiligen Niederlassung zusammen. Ziel des Workshops ist es, ein umfassendes Feedback von Anwendern und Key-Usern zu deren Erfahrungen aus der Hypercarephase zu bekommen. Diese Erkenntnisse sind essenziell für mögliche Verbesserungen und bilden die Grundlage für die anschließende Optimierungsphase. In der Optimierungsphase wird das Continual-Improvement-Modell der ITIL 4 angewendet. Zusätzlich werden alle zwei Monate Retrospektiven durchgeführt. Teilnehmer dieser Veranstaltung sind der IT-Projektleiter und die Key-User. In den Retrospektiven wird der aktuelle Supportprozess kritisch bewertet. Außerdem überprüfen die Teilnehmer die aktuellen ERP-Prozesse in ihrer Niederlassung, benennen bestehende Pain Points und identifizieren etwaigen Schulungsbedarf. Die Lessons-Learned-Veranstaltungen und die Retrospektiven dienen also dazu, den Supportprozess kontinuierlich zu optimieren. 3.2 Rollen und Verantwortlichkeiten des Supportmodells Das ursprüngliche Team, das mit der Projekteinführung beauftragt war, wird nach dem Go-Live in ein koordiniertes Key- User-Netzwerk überführt. Dies trägt essenziell zur Umsetzung relationaler Governance bei, die die sozialen Beziehungen der Teammitglieder stärkt. Innerhalb dieses Netzwerks wird zwischen Key-Usern des Headquarters und Key-Usern der Niederlassung unterschieden. Mit jedem ERP-Rollout erweitert sich das Netzwerk um die Key-User der neu angebundenen Niederlassung. Die Key-User in der Niederlassung sind verantwortlich für die ERP-Standardabläufe in ihrer jeweiligen Niederlassung, und sie können daher insbesondere fachspezifischen First-Level-Support leisten. Die Key-User des Headquarters verfügen über fundiertes Wissen zu Geschäftsprozessen und zum ERP-System. Sie organisieren Anwenderschulungen in den Niederlassungen und sind verantwortlich für den First-Level-Support. Gemeinsam sind die beiden Key- User-Gruppen für das Incident Management verantwortlich. Das Know-how der Key-User in den Niederlassungen gilt es durch intensive Schulungen zu stärken, dass sie eine Vielzahl der anfallenden Problemstellungen eigenständig lösen können. Sollte dies nicht der Fall sein, können sie ein IT-Service-Desk-Ticket erstellen. Dieses in der Regel komplexe Problem wird dann von einem IT-Applikationsspezialisten im Headquarter bearbeitet (Second-Level-Support). Die Key- User der Zentrale decken auch das Problem Management ab und sind verantwortlich für Prozessänderungen und Systemerweiterungen. Abbildung 2: Phasen des Supportmodells Abbildung 1: ERP-Rollouts bei den DÜRR DENTAL Niederlassungen Wissen | Supportmodell für den ERP-Rollout bei der DÜRR DENTAL SE 41 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0007 Während der Hypercare-Phase findet eine offizielle Verantwortungsübergabe vom IT-Projektleiter an einen Brückenkopf statt. Dieser betreut und vernetzt die Key-User in der Optimierungsphase. Zudem konsolidiert er Änderungsanforderungen und optimiert die ERP-Prozesse in den Niederlassungen. Gemeinsam mit den IT-Applikationsspezialisten können die auf diese Weise angestoßenen Änderungen in einem Folgeschritt umgesetzt werden. Der Brückenkopf hat somit auch die Verantwortung für das Change Enablement in der Optimierungsphase. Ist auch die Optimierungsphase beendet, gilt die ERP-Implementierung als abgeschlossen. Dieser Zeitpunkt ist durch einen offiziellen Projektabschlusstermin gekennzeichnet. In Abbildung 3 werden die Rollen, deren Verantwortlichkeiten und die Vernetzung in der Support Phase gezeigt. Mitarbeiter, die dem Support-Team angehören möchten, sollten langfristiges Interesse an den ERP-Abläufen des Unternehmens zeigen, weshalb der Einsatz externer Mitarbeiter kritisch hinterfragt werden sollte. 3.3 Kommunikationswege in der Supportphase Im Key-User-Netzwerk ist eine effiziente und reibungslose Kommunikation von großer Bedeutung. Je mehr Key-User miteinander in Kontakt sind, desto besser kann der langfristige Supportaufwand bewältigt werden. Besonders wichtig ist eine gute Vernetzung der Key-User verschiedener Niederlassungen, da sie in der täglichen Anwendung mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind. Für die Key-User richtet der Brückenkopf einen Gruppenchat in MS Teams ein, in dem sich die Key-User unterschiedlicher Niederlassungen austauschen können. Durch die Vernetzung der Key-User verschiedener Standorte bewegt sich der Austausch während des Supports weg von einem sternförmigen und hin zu einem vermaschten Kommunikationsnetzwerk. So kann der Arbeitsaufwand der Key-User im Headquarter reduziert werden, während die Key- User der Niederlassungen gleichzeitig eigenständig neues Wissen generieren und damit ihre eigene Produktivität verbessern. In der Supportphase gibt es außerdem zweiwöchige Regeltermine, an denen die Key-User im Headquarter teilnehmen. Diese werden ergänzt um Regeltermine für die Key-User in den Niederlassungen. Dabei tauschen sich die fachspezifischen Key-User unterschiedlicher Niederlassungen mit dem Key-User des Headquarters aus. Da die Key-User des Headquarters auch die Schulungen der Key-User in den Niederlassungen durchgeführt haben, sind sie für deren Problemstellungen bereits sensibilisiert. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass in den genannten Meetings vor allem Fragen zu allgemeinen ERP-Prozessabläufen und -Funktionen adressiert werden. Diese werden von den Key-Usern in einem FAQ gesammelt und allen Mitarbeitern im Intranet zur Verfügung gestellt. Hierbei gilt: Je anwenderfreundlicher diese Dokumentation ist, desto hilfreicher ist sie bei der Problemlösung. 4. Resümee In ERP-Einführungsprojekten wird dem Support nach einem Go- Live häufig zu wenig Beachtung geschenkt. Dabei gilt eine gute Supportstrategie als ein wichtiges Mittel, um die Arbeitsweise mit dem ERP-System signifikant zu steigern. Deshalb hat die DÜRR DENTAL SE ein Supportmodell entwickelt, das u. a. die Rollen und Abläufe während des Supports nach einem ERP-Rollout auf eine Niederlassung klar regelt. Sich daraus ergebende positive Effekte sind eine gesteigerte Lösungskompetenz und ein besserer Umgang mit dem System bei den Anwendern in den Niederlassungen sowie ein geringerer Arbeitsaufwand bei den Key-Usern im Headquarter. Eingangsabbildung: © iStock.com / INDU BACHKHETI Abbildung 3: Rollenkonzept des Supportmodells Claire Lutsch Claire Lutsch ist System Managerin im Bereich IT Business Applications bei der DÜRR DENTAL SE. Ralf Durst Ralf Durst ist Leiter Konzern IT bei der DÜRR DENTAL SE. Prof. Dr. Peter Preuss Prof. Dr. Peter Preuss lehrt Wirtschaftsinformatik an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Stuttgart. Parallel zu seiner Lehrtätigkeit ist Peter Preuss geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung People Consolidated GmbH. 42 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0008 Vereinfachte Genehmigungsverfahren allein sind kein Allheilmittel. Erfolgreiche Projektrealisierung braucht „Change by Design“! Infrastruktur- und Großbauprojekte erfolgreich planen und steuern Thomas Gläßer und Uwe Gehrmann Für eilige Leser | Infrastruktur- und Großbauprojekte in Deutschland werden nicht von selbst zur Erfolgsgeschichte, wie nicht zuletzt BER und Stuttgart 21 belegen. Geld, Qualität oder Zeit, eine der Dimensionen gerät oftmals unter die Räder. Die Folge: das Projekt entwickelt sich zum Desaster. Beinahe reflexartig ertönt der Ruf nach der Politik, die z. B. durch vereinfachte Genehmigungsverfahren alle Probleme scheinbar lösen kann. Aber ist die Antwort auf die Frage nach dem „Warum“ so einfach? Wir meinen „nein“. Es kommt vor allem auf die Projektbeteiligten außerhalb der Politik an, die oft nicht so aufgestellt sind, wie solche Projekte es erfordern. „Change by Design, das „Hexagon des Projekterfolges“ und ein richtiger Aufsatz des Projektes ab der ersten Minute können dazu beitragen, Projekte zukünftig deutlich erfolgreicher zu realisieren. Schlagwörter | Projektmanagement, Change by Design, Hexagon des Projekterfolges, kritische Erfolgsfaktoren, gemeinsames Projektverständnis, Genehmigungsverfahren, Expertenwissen auf Zeit, Best Practise Die Diskussionen um Nachhaltigkeit und die notwendige Energiewende, aktuell verstärkt durch die geopolitischen Entwicklungen ausgehend von Russland, haben für jeden einzelnen Bürger spürbar werden lassen, wie dringend wir neue Infrastrukturen und Produktionsstätten benötigen, um uns den bevorstehenden Herausforderungen erfolgreich stellen zu können. Und so finden wir uns mit einer Vielzahl von Großprojekten konfrontiert, wie wir sie bislang kaum gesehen haben. Neben verkehrlichen Großprojekten auf der Straße und der Schiene kommen weitere Themen erheblichen Ausmaßes hinzu. Stromautobahnen, LNG-Terminals und Wasserstoff-Fabriken als Enabler der Energiewende und zur Sicherstellung der Versorgung mit Energie, aber auch die Rüstungsindustrie und die Bundeswehr mit Blick auf das Sondervermögen des Bundestages in Höhe von 100 Mrd. Euro. Allerorts werden die Rufe nach einer schnellen Realisierung dieser Vorhaben laut-- allein hadern wir oftmals mit der Umsetzung. Und hier ist es zu kurz gesprungen, die Verantwortlichkeit nur in Richtung der Politik und Verwaltungen zu schieben und zum Beispiel im Bereich komplexer Genehmigungsverfahren zu suchen. Nein, gerade auch die mit der Realisierung solcher Projekte beauftragten Unternehmen, auftraggeberwie auftragnehmerseitig, sind gefordert, Voraussetzungen zu schaffen, die eine erfolgreiche Projektrealisation in den relevanten drei Dimensionen- - Zeit, Qualität und Finanzen- - ab der ersten Minute ermöglichen. Doch was sind diese Voraussetzungen, die ein Projekt von Beginn an erfolgreich machen? Ist der Ruf nach derartigen Voraussetzungen nicht eher alter Wein in neuen Schläuchen? Wie Projekte erfolgreich gestaltet werden, meinen wir doch vor dem Hintergrund jahrzehntelanger Erfahrung zu wissen, oder? Die Autoren haben vor dem Hintergrund ihrer Erfahrung, oftmals als Brandwehr erst dann zu Projekten dazu gerufen zu werden, wenn sie nicht mehr plangemäß laufen, bisherige Ansätze weiterentwickelt und auf die aktuelle Projektpraxis angepasst. Es geht also nicht darum, das Rad neu zu erfinden. Vielmehr geht es darum, aktuelle Entwicklungen, wie beispielsweise Agilität und Digitalisierung, zu nutzen, um Projekte erfolgreich zu realisieren. Dabei meint Digitalisierung nicht allein die Berücksichtigung digitaler Techniken, sondern vielmehr einen unternehmensweiten Wandel im Mindset der Beteiligten. Doch schauen wir zunächst einmal auf die Ursachen, die Projekte am Erfolg hindern: Wissen | Infrastruktur- und Großbauprojekte erfolgreich planen und steuern 43 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0008 Drei Ursachen, warum Projekte nicht plangemäß verlaufen Als prägende Ursachen für Misserfolge bei Infrastruktur- und Großbauprojekten lassen sich, neben weiteren, deutlich weniger bedeutenden Gründen, ausmachen: 1. Keine bzw. mindestens nicht ausreichende Verständigung über die Projektziele 2. Unzureichendes Projektverständnis (Projekt bedeutet nicht Linie, sondern „Unternehmertum” im Projekt) 3. Gesetzliche Rahmenbedingungen wie z. B. Genehmigungsverfahren Infrastruktur-Großprojekte sind oftmals durch eine Vielzahl von Stakeholdern und eine hohe Komplexität geprägt. Die Menge der Stakeholder ergibt sich schon aus der Vielzahl der an einem solchen Großprojekt Beteiligten, sowohl vonseiten der Bedarfsträger bzw. Auftraggeber als auch bzgl. der an der Umsetzung des Projekts beteiligten Unternehmen, der Auftragnehmer. Die Komplexität beschreibt die sogenannte „Stacey-Matrix“, die in einem Quadrantensystem grafisch den Zusammenhang zwischen einer Genauigkeit, mit der das Ziel eines Projektes definiert ist, sowie einer Lösung, wie das Projektziel erreicht werden kann, darstellt. Sind sowohl das Ziel des Projekts unklar wie auch die Lösung zur Projektumsetzung unbekannt, sprechen wir von einem Projekt mit hohem Komplexitätsgrad. So legt ein Blick auf ein Projekt der Energiewende Deutschlands offen, dass die Anforderungen an die Art der Energieübertragung (Freileitung vs. erdgebundenes Kabel) zum Zeitpunkt des Projektbeginns ebenso wenig festgelegt waren, wie ein Teil der möglichen Technologien zur Realisierung des Projekts unbekannt war. Fragen nach der thermischen Belastung des Umfeldes eines solchen Erdkabels sowie an dessen optimale Verlegetiefe spiegeln hier nur einzelne Aspekte wider, die in ihrem Zusammentreffen mit einem unklaren Zielbild dann in Summe zu einem hohen Grad an Komplexität führen. Auch eine weitere Dimension, die auf die Synchronisation der individuellen Zielbilder der Projektbeteiligten abzielt, darf nicht unbeachtet bleiben. Gelingt es nicht, bereits ab der ersten Phase einer Angebotsaufforderung für ein solches Projekt, die Projektanforderungen klar zu beschreiben, kann ein Angebot zur Realisierung dieses Projektvorhabens kaum passgenau sein. Hier genau setzt die Systematik von „Change by Design“ an, in dem von vornherein, möglichst schon mit der Ausschreibung und ihrer Systematik, ein Projekt so aufgesetzt wird, dass erfolgsfördernde Faktoren in den Vordergrund gestellt, erfolgshindernde dagegen möglichst eliminiert werden. Diese Diskrepanz zwischen den Projektbeteiligten hinsichtlich des Zielbildes setzt sich so über den Vertrag bis hin zum Projektverlauf in der Realisierung fort. Hier ist anzuraten, dass die beteiligten Vertragsparteien Prinzipien agilen Projektmanagements zu Rate ziehen und in einem agilen, iterativen Prozess immer wieder die Anforderungslage, die sich im Rahmen eines Projekts mit mehrjähriger Laufzeit nicht nur verändern kann, sondern erfahrungsgemäß auch wird, gegen die Lösungsansätze zu spiegeln. Hierbei wird ein gemeinsames Zielbild entwickelt und gemeinschaftlich verabschiedet. Spätere Veränderungen im Anforderungsprofil werden dann ebenso gemeinschaftlich im Rahmen des Zielbilds berücksichtigt, so dass Raum für eine notwendige Projektkultur und -identität entsteht, in der nicht vorrangige Auftragnehmer und Auftraggeber in einem Abhängigkeitsverhältnis miteinander umgehen, sondern Projektpartner gemeinschaftlich an der unbedingten Zielerreichung arbeiten. Darüber hinaus ist es für die Projektpartner zwingend notwendig, sich eindeutig darüber zu verständigen, was im Rahmen des Vertrags zur Projektumsetzung „in scope“ ist. Ebenso muss gemeinschaftlich festgelegt werden, was „out of scope“ liegt. Immer wieder stellen wir fest, dass bei den beteiligten Partnern das Verständnis darüber, was ein Projekt im Kern charakterisiert bzw. ausmacht, nur in unzureichender Form vorhanden ist. So steht häufig die Vermeidung von Risiken im Vordergrund. Dabei kommt es vielmehr auf ein angemessenes Management von Risiken an. Die Ursache für die Ablehnung von Risiken ist oftmals in der Unternehmensgenetik der Beteiligten angelegt. So ist zum Beispiel für den Betreiber kritischer Infrastrukturen eine Null-Fehler-Politik die Maxime seines Handelns- - schließlich kann jeder Fehler mitunter lebensbedrohlichen Konsequenzen bedeuten. Jegliche Risiken werden dementsprechend frühestmöglich eliminiert. Angemessenes Projektverständnis bedeutet für uns, Risiken zu managen. Der Versuch, Risiken auszuschließen, hindert ein Projekt erheblich in seiner Fertigstellung. Die Akzeptanz, dass Risiken im Zuge eines Projektes nicht auszuschließen sind, sondern vielmehr bewertet und gemanagt werden müssen, bedingen eine vollständig andere Sichtweise, entsprechend auch eine andere Kultur des Umgangs der Projektpartner miteinander. Nicht ein Schuldiger wird gesucht, es bieten sich viele kluge Köpfe zur Lösungsentwicklung an, wenn ein mögliches Risiko eintritt. Auch hier lassen sich Querverweise bereits zur Ausschreibungsphase ziehen. Ist die Ausschreibung von vornherein darauf angelegt, dass die Auftragnehmer nur durch ein konsequentes Nachtragsmanagement eine eigene Margenerwartung treffen, ist ein allzu intensives Contracts & Claims-Management die Folge. Die Beteiligten lenken ihre Energie auf formaljuristische Auseinandersetzungen, anstatt die notwendige Energie in den Projekterfolg zu investieren. Im Kontakt mit Beteiligten erfolgreich realisierter Großprojekte ist deren Credo regelmäßig „Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation“. Findet diese Kommunikation nicht statt, kommunizieren die Beteiligten nicht regelmäßig und transparent, sondern handeln eher gemäß der Redewendung „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ lässt sich ein weiterer Faktor für unzureichendes Projektverständnis nur allzu leicht ausmachen. Es braucht eine offene, an der Sache ausgerichtete, wertschätzende und kontinuierliche Kommunikation untereinander. So entsteht eine Atmosphäre, in der die konstruktive Auseinandersetzung den Umgang mit projektbedingten Herausforderungen und die Basis des Projekterfolges bildet. Als ein weiteres Merkmal eines guten Projektverständnisses haben wir darüber hinaus Transparenz und Orientierung entlang einer Projekt-Roadmap identifiziert. Alle Projektpartner müssen in jeder Phase des Projektes darüber orientiert sein, welche Schritte der Projektablauf vorsieht und verstehen, was die wesentlichen Meilensteine und kritischen Erfolgsfaktoren des Projektes sind. So können Sie sicherstellen, dass einzelne Projektschritte nicht losgelöst vom Projektganzen vollzogen werden, und demzufolge auf die gleiche Zielerreichung einzahlen. Dabei ist die Roadmap keinesfalls Wissen | Infrastruktur- und Großbauprojekte erfolgreich planen und steuern 44 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0008 statisch bzw. entlang der Wasserfallmethodik anzulegen. Wir empfehlen nachdrücklich Agilität und iteratives Vorgehen, um Planung und sich davon abweichend entwickelnde Projektrealitäten eng zu synchronisieren. Natürlich müssen wir auch die Bedeutung gesetzlicher Rahmenbedingungen, z. B. im Rahmen von Genehmigungsprozessen, betrachten. Angefangen bei der DSGVO über gesetzliche Vorgaben in Planung und Genehmigung bis hin zu abschließenden Abnahmen-- wir befinden uns in Deutschland, bezogen auf Regulierung, auf einem deutlich hohen Niveau. Was auf der einen Seite als Errungenschaft gefeiert werden kann, weil wir so den Schutz des Individuums und auch die Stabilität und Sicherheit im anschließenden Betrieb des Projektvorhabens sicherstellen, lastet andererseits wie ein Mühlstein um den Hals der Beteiligten. Nicht, dass wir uns missverständlich ausdrücken-- wir plädieren weder für erhebliche Einschränkung all dieser Errungenschaften noch gar für deren Aussetzung. Was aber wieder mehr in den Fokus rücken muss, ist, dass uns an manchen Stellen die Pragmatik abgeht, Projekte nicht nur sicher, sondern auch in vertretbarem Zeit- und Kostenrahmen zu realisieren. Ein aktuelles Beispiel bietet die Autobahnbrücke im Verlauf der Bundesautobahn 45, besser bekannt als Sauerlandlinie, bei Lüdenscheid. Diese Brücke, die auf Grund als sicherheitsrelevant einzustufender Mängel zum Schutz von Leib und Leben Anfang Dezember 2021 voll gesperrt wurde. Die Fertigstellung des Neubaus wird unter Beachtung aktueller Regelwerke mit acht bis zehn Jahren vorhergesagt. Maßgeblicher Faktor für die Länge des Neubauzeitraumes sind eben gesetzliche Rahmenbedingungen, zu denen unter anderem die Umweltverträglichkeitsprüfung zählt. Rückbau wie Neubau könnten in wesentlich kürzerer Zeit bewerkstelligt werden. Schon wird der Ruf nach Sonderregelungen für dieses Nadelöhr deutscher Mobilität laut. Diese sollen laut Bundesverkehrsministerium aber nicht eingeräumt werden. Umweltschützer haben für den Fall, dass die Politik auf die notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung verzichten wolle, bereits den Klageweg ausdrücklich nicht ausgeschlossen. So vergeht Monat um Monat damit, Fristen einzuhalten oder auszuschöpfen, anstatt mit Augenmaß angepasste Regelungen und Vorgehensweisen zu schaffen, die den Verkehr wieder zum Fließen bringen. Erfolgreiche Projektsteuerung und ihre Voraussetzungen Da wir nun die drei wesentlichen Faktoren als Ursache für Misserfolge bei Infrastruktur-Großprojekten dargestellt haben, soll unser Augenmerk nun den Faktoren und Voraussetzungen gelten, die ursächlich für den Erfolg solcher Projekte stehen, die also eine erfolgreiche Projektsteuerung ausmachen. Es steht außer Frage, dass es über die Stufen von Planung, Genehmigung und Bau mit ihren vielen Unterpositionen eine Menge konzeptioneller, strategischer und technischer Erfolgsfaktoren im Zuge der Projektrealisation bestehen. Alle stellen Einflussfaktoren für die drei genannten Dimensionen Zeit, Qualität und Finanzen dar. Ebenso klar ist, dass wir an dieser Stelle auch nicht den Pfad der Tugend verlassen wollen, der am Ende die Sicherheit von Infrastruktur- und Großbauprojekten gefährdet. Dennoch ist im Folgenden ein Faktor aufzuzeigen, der tatsächlich alle anderen Faktoren an Bedeutung überlagert. Infrastruktur- und Großbauprojekte werden von Menschen realisiert. Und so ist für uns der Faktor „Mensch“ ein wesentlicher Schlüsselfaktor, der in der Lage ist, den Unterschied zwischen erfolgreichen und nicht erfolgreichen Projekten auszumachen. Lassen Sie uns einmal den Blick in den Rückspiegel werfen und einen Vergleich zu einem der Mega-Projekte deutscher und internationaler Automobilgeschichte ziehen: Die Fusion des deutschen Autobauers Daimler mit dem amerikanischen Automobilhersteller Chrysler. Gefeiert als „Hochzeit im Himmel“ wurde die Traum-Ehe kaum zwei Jahre später geschieden. Doch was war der Grund? War es die fehlende Flexibilität und Geschwindigkeit in der Produktentwicklung der Schwaben? War es die vermeintlich allzu starke Kostenorientierung, die aus Detroit über den Ozean schwappte und aus Sicht der Deutschen die Qualität der Amerikaner nachhaltig negativ beeinflusste? War es die deutsche Angst vor einer Dominanz der US-Amerikanischen Automobilherstellers oder die Sorge der Amerikaner vor einer Germanisierung? Heute wissen wir, dass all diese Faktoren Wirkung gezeigt haben. Wir wissen aber auch: Zwischen den Unternehmen tobte ein Kampf der Kulturen und es waren Manager wie Jürgen Schrempp und Dieter Zetsche auf Seiten der Stuttgarter oder Thomas Stallkamp als Chrysler Manager, die das Scheitern des weltweit drittgrößten Autokonzerns begründeten. Und vom Top-Management in die Organisationen geschaut, waren es Menschen, die sich, die ihre Vorstellungen und ihre Kulturen nicht miteinander synchronisiert bekamen. So kann es nicht verwundern, dass rund ein Jahr nach der Fusion dementsprechend schon mehr als zwei Handvoll Topmanager das Unternehmen verlassen hatten. Menschen- - nicht mehr und nicht weniger! „Culture eats strategy for breakfast”, so hat es Peter Drucker, der bekannte Pionier der modernen Managementlehre, formuliert. Kultur und Miteinander werden von Menschen gemacht und geprägt. Gerade in einem Umfeld vieler Beteiligter, einem Multi-Stakeholder-Environment, geht es vorrangig darum, dass die Menschen eine Kultur gestalten, in der Vertrauen wachsen kann, in der Menschen Verantwortung übernehmen und Transparenz schaffen, nicht aus Angst vor Sanktionierung (ver-)schweigen. Eine Kultur, in der Leistungsbereitschaft über jeden einzelnen Beteiligten gelebt wird und so alle gemeinsam nach dem unbedingten Projekterfolg streben. Die Wirkung des Faktors „Mensch“ ist aus unserer Sicht von derartiger Bedeutung, dass wir eindeutig empfehlen, an die Spitze von Großprojektorganisationen nicht den besten Fachmann zu stellen, sondern den wirkungsvollsten Leader! Natürlich darf dies nicht dazu führen, dass Fachkompetenz in den Hintergrund gerät. Es geht uns um die Spitze von Organisationen, die dann wiederum ein Team von höchster Fachkompetenz um sich installieren muss. Dass dabei nicht immer nur auf Mitarbeiter, die sich bereits an Bord der beteiligten Unternehmen befinden, geschaut werden kann, ist für uns beinahe systemimmanent. Zu spezifisch sind Detailanforderungen, als dass jedes noch so große Unternehmen es sich leisten könnte, all diese Kompetenzen in sich zu vereinen. Daher, so zeigt es die Erfahrung der Autoren ebenso wie die Vielzahl ihrer Gesprächspartner, ist es wichtig, frühzeitig Erfahrung und Expertenwissen in das Vorhaben einzubinden. Immer stärker reservieren eine steigende Zahl von Unternehmen vorausschauend Budgets für den punktuellen Einsatz hochspezialisierter Experten auf Wissen | Infrastruktur- und Großbauprojekte erfolgreich planen und steuern 45 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0008 Zeit- - und gestalten auf diese Weise das eigene Management schlanker. Experten, die • vor dem Hintergrund der jeweils spezifischen Projektanforderungen, vergleichbare Projekte bereits erfolgreich gemanagt haben, • über größte Leadership-Kompetenzen und / oder • das notwendige Fachwissen im Detail verfügen sowie • Lücken schließen bzw. passgenau ergänzen, wo die eigene Organisation diese nicht auszufüllen vermag. Lösungsansätze Wie also können wir zukünftig zu einem höheren Maß sicherstellen, dass Infrastruktur- und Großbauprojekte nicht mehr notwendigerweise in einem Debakel enden? Kann dies überhaupt gelingen, nachdem wir im Verlauf unserer Ausführungen drei sehr unterschiedliche, aber allesamt wesentliche Kriterien identifiziert haben, die negativ auf eine erfolgreiche Projektumsetzung wirken? Reicht es aus, lediglich gesetzliche Grundlagen zu verschlanken und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen? Die ersten beiden Fragen müssen wir eindeutig bejahen, wenngleich die Lösung sicherlich mehrschichtig aufgebaut ist. Die Frage in Bezug auf verschlankte gesetzliche Grundlagen und beschleunigte Genehmigungsprozesse hingegen verneinen wir. Denn es wird nicht ausreichen, nur eine Stellschraube in einem System zu adjustieren und dann darauf zu hoffen, dass das System alle weiteren Stellschrauben einem Automatismus gleich nachzieht und so zum Erfolg führen wird. Wenn es aber gelingt, die genannten Faktoren gemäß ihrer Bedeutung von der ersten Sekunde eines Vorhabens im Sinne unserer Ausführungen zu gestalten, wenn Projektorganisationen sich konsequent und iterativ mit sich durchaus verändernden Anforderungen eines Projektes wie auch auftretenden Problemstellungen auseinandersetzen und nicht das Problem fokussieren, sondern vielmehr die Lösung in den Vordergrund stellen, dann wird der Erfolg deutlich machbarer! Hier möchten wir auf das von uns entwickelte „Atreus Hexagon des Projekterfolges“ hinweisen, dass die Dimensionen „Verantwortung, Risiko, Führung / Kommunikation, People, Werkzeuge und Zielbild beinhaltet (siehe Abbildung 1). Bei diesen sechs kritischen Faktoren und der Beantwortung der im Rahmen des Hexagons aufgezeigten Fragestellungen handelt es sich um die entscheidenden Erfolgsfaktoren, die die Projektpartner bei der erfolgreichen Planung und Bau von Infrastruktur- und Großbauprojekten entscheidend unterstützen. Fassen wir abschließend die entscheidenden Lösungsansätze noch einmal zusammen: • Ganzheitlicher Projektansatz Ein Projektvorhaben darf weder isoliert in seinen Einzelschritten betrachtet werden, noch darf die Betrachtungsperspektive eine statische sein. Die Entwicklungen in der Informationstech-nologie bzw. in der Digitalisierung zeigen deutlich, welch erfolgssteigernden Charakter agile Projektmanagementmethodiken haben. Deren Berücksichtigung ist, dies können wir aus eigener Erfahrung bestätigen, bei Infrastruktur-Großprojekten nicht nur möglich, sondern dringend notwendig. Verhindern Sie das Entstehen von Silos innerhalb eines Projektes- - Transparenz und eine klare Projektroadmap sind Treiber des Projekterfolges. Eine solche Roadmap basiert auf einer eindeutigen und klaren Leistungsbeschreibung, die zwischen den Projektbeteiligten abgestimmt sein muss. Interpretations-Spielräume sind der Anfang vom Ende des Projekterfolges! Eines Erfolges, der nicht nur auf Planung und Technik, sondern vielmehr auch Faktoren wie den Standort, an dem das Projekt zu liefern ist (landesspezifische Rechtsgrundlagen), die Organisation der Projektbeteiligten oder die Geschäftsprozesse fußt. Das „Hexagon des Projekterfolges“ gibt gezielte Hinweise auf die Schlüsselfaktoren für einen ganzheitlichen Projektansatz! • „Mut“ frühzeitig Erfahrung und Expertenwissen einzubinden Abbildung 1: Atreus Hexagon des Projekterfolges Wissen | Infrastruktur- und Großbauprojekte erfolgreich planen und steuern 46 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0008 Blinde Flecken in der eigenen Organisation sind keine Seltenheit. Identifizieren Sie diese bereits vor Projektbeginn, akzeptieren Sie diese und berücksichtigen Sie sie als Faktor für Projekterfolg schon in der Budgetplanung! • Cross-Industry-Best-Practise Erfolg ist keine Einbahnstraße, kein Herrschaftswissen! Lange Zeit haben wir darauf beharrt, dass Projekte eine tiefe, konsequente Branchenerfahrung benötigen. Dass es sich hierbei um eine eklatante Fehleinschätzung handelt, mit der wertvolle Erfahrungen anderer Branchen und Industriesektoren ungenutzt verpufft, sollten wir heute berücksichtigen. Natürlich ist Expertise in Branche, Technologien etc. unabdingbar. Aber sie stellt kein Ausschließlichkeitskriterium dar! Heute ist derjenige am Markt erfolgreich, der Kundenbedürfnisse erkennt und bedient. Technologie ist dabei ein Kriterium, längst aber nicht mehr der Schlüssel zum Erfolg! • Steering Boards sichern Objektivität Wir alle kennen dieses diffuse Gefühl, dass ein Projekt scheinbar nicht richtig läuft. Nennen wir es Instinkt, nennen wir es Erfahrung. Allein, ohne objektive und von allen Beteiligten akzeptierte Kriterien für die Bewertung des Projektfortschritts zu vereinbaren und diese zu messen und zu bewerten, fehlen uns die Fakten für gezielte Kurskorrekturen. Für beteiligte Parteien ist dies schwer, denn es könnte sogar bedeuten, eigene Unzulänglichkeiten einzugestehen. Die Objektivität gemeinschaftlich besetzter Gremien, angereichert um einen externen Dritten, kann helfen, einseitige Gefühlslagen zu normieren und einzuordnen. In der Rolle eines unbeteiligten Moderators oder Ratgebers mit ausgewiesener Erfahrung, z. B. in Steering Boards, trägt dieser dazu bei, festgefahrene Projektsituationen aufzulösen oder, bei konsequenter Berücksichtigung eines „Change by Design“-Ansatzes von der ersten Sekunde eines Projektes Grundlagen für den Erfolg zu schaffen und Projektmisserfolge bestenfalls bereits vor Entstehen zu verhindern. Eingangsabbildung: © iStock.com / Smileus Beide Autoren blicken in ihren mehr als zwanzigjährigen Karrieren auf geschäftsführende Stationen in deutschen High-Tech- und ITbzw. Industriekonzernen wie Siemens oder der Deutschen Telekom, aber auch dem Mittelstand zurück. Zu den Kompetenzfeldern der Autoren zählen ebenso Transformationsbzw. Changeprozesse, die organisationale Entwicklung, Innovationsmanagement, Digitalisierung und Restrukturierung wie auch die interimistische oder dauerhafte Besetzung von Top-Management-Positionen. Beide Autoren sind in ihren Laufbahnen an Infrastruktur-Großprojekte unterschiedlicher Art beteiligt gewesen, so zuletzt beide in einem Projekt der Energiewende Deutschlands. Thomas Gläßer Thomas Gläßer ist Direktor und Leiter der Solution Group Infrastruktur- Großprojekte der Atreus GmbH. Uwe Gehrmann Uwe Gehrmann, ebenfalls Atreus GmbH, ist Partner und Mitglied des Executive Boards des Unternehmens. 47 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0009 Bericht zur D-A-CH Forschungswerkstatt 15. und 16. September 2022 «Projektdesign» Martina Huemann, Yvonne Schoper, Katrin Reschwamm Einleitung Zum zweiten Mal fand die D-A-CH Forschungswerkstatt 2022 in der Schweiz statt, nach Luzern in 2017 dieses Mal am 15. und 16. September im Kulturpark in Zürich. Nachdem die Forschungswerkstatt 2021 erfolgreich virtuell durchgeführt wurde zum Thema «Designing Projects», fand erstmals seit 2019 ein physisches Treffen mit 55 Teilnehmenden statt. Die Forschungswerkstatt ist eine gemeinsame Veranstaltung der drei deutschsprachigen IPMA® Vertretungen, pma-- Projekt Management Austria, GPM- - Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement und spm- - Swiss Project Management Association und existiert in der jetzigen Form seit 2014. Federführend in 2022 war der spm unter Leitung von Katrin Reschwamm, die in enger Zusammenarbeit mit Martina Huemann (pma) sowie Yvonne Schoper (GPM), die Werkstatt organisiert hat. Bei der halbtägigen Online-Konferenz im Mai 2021 befassten sich die Teilnehmenden erstmals mit dem wichtigen ICB4 Kompetenzelement «Projektdesign» [1]. Da das Thema sehr umfangreich ist und virtuell nur angerissen werden konnte, brauchte es keine lange Entscheidung, um «Projektdesign» [2] nochmals in den Fokus der Forschungswerkstatt 2022 zu setzen. Das umfangreiche Programm bot die Möglichkeit, Projektdesign mit verschiedenen Ansätzen kennenzulernen, besser zu verstehen und anzuwenden. Die drei Organisatorinnen begrüßten die Teilnehmenden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die sowohl aus Wissenschaft und Lehre als auch aus der Unternehmenspraxis stammen. Üblicherweise ist es ein Mix an bekannten und neuen Gesichtern. Erfreulich war die diesmalige Teilnahme von einigen Young Crew Mitgliedern aus den drei Schwesterverbänden. In der Veranstaltung setzten wir uns mit ausgewählten Gestaltungselementen auseinander, diese beinhalteten: • Einbezug von End-UserInnen für ein nachhaltiges Produktdesign • Gestaltung von Projekten als Soziale Systeme • Arbeitsmethoden für Wissens- und Technologietransfer • Organisatorisches Design von Projekten • Auswahl und Gestaltung von Projektvorgehensmodellen Einbezug von End-UserInnen für ein nachhaltiges Produktdesign Den Auftakt machte die Keynote von Mona Chirie Mijthab, Dozentin an der Zürcher Hochschule für Gestaltung und Kunst (ZHdK) und gleichzeitig Sozialunternehmerin. Mona gründete Mosan (www.mosan.ch), ein soziales Unternehmen, das die Lebensbedingungen in einkommensschwachen Gemeinden in Guatemala mit Zugang zu sicheren sanitären Einrichtungen verbessert. In ihrer Keynote stellte Mona das ganzheitliche Mosan-System vor, wie aus Abfällen wertvolle Rohstoffe für die regenerative Landwirtschaft werden. Mona begeisterte die Teilnehmenden mit ihrem Vortrag, der uns die Lebensbedingungen sowie zahlreiche Personen mit ihren alltäglichen Herausforderungen des «Toilettierens» näherbrachte. Wir denken darüber nicht nach, da es für uns selbstverständlich ist, aber in vielen Ländern auf der Erde ist der Zugang zu sauberen und geschützten Sanitäranlagen eine Herausforderung, besonders für Frauen kann dies gefährlich werden. Mona ließ uns an ihren partizipativen Methoden, um die lokale Bevölkerung in den Designprozess einzubeziehen, teilhaben. Das Mosan-System selbst besteht aus der Mosan- Toilette ohne Wasser und Chemikalien, dem Abholen der Exkremente, der Umwandlung mittels Pyrolyse in Biokohle sowie der Nutzung der Holzkohle-ähnlichen Substanz als Dünger zum Anbau von Lebensmitteln. Die Teilnehmenden hatten die Möglichkeit das Endprodukt sogar in Augenschein zu nehmen. Keynote Mona Mijthab, ZHdK (links) sowie Anknüpfung an 2021 Martina Huemann, pma (rechts), Fotos 1+ 2 Katrin Reschwamm, spm GPM intern | «Projektdesign» 48 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0009 Das vorgestellte Projekt war ein hervorragendes Beispiel für die explizite Gestaltung und der gelungene Einbezug der End-UserInnen in einem Produktentwicklungsprojekt-- in diesem Fall einer Toilette-- und die Kraft, die mit Projekten verbunden ist, positive und nachhaltige Veränderung zu schaffen [3]. Gestaltung von Projekten aus systemischer Sicht In einem Impulsvortrag mit anschließendem Workshop stellten Tina Lochmann, Reinhard Kühn und Michael Boxheimer, allesamt ehrenamtlich aktiv bei der GPM und dort im Leitungskreis der Fachgruppe «Systemisches Projektmanagement und Changemanagement», die Gestaltung von Projekten aus systemischer Sicht dar. Sie führten uns in das «Projektdesign aus systemischer Perspektive» ein. Im Vorfeld hatten die Teilnehmenden bereits die entsprechende Broschüre erhalten, die von der GPM Fachgruppe «Systemisches Projektmanagement und Changemanagement» im November 2020 veröffentlicht wurde [4]. Im Vortrag wurden Elemente der wesentlichen systemischen Konzepte wie Autopoiese, Kybernetik (2. Ordnung), Kommunikation (Systemtheorie), radikaler Konstruktivismus und der Bezug zum Projektdesign vorgestellt. Auch Sozialisation, Sprache, Artikulation und Körpersprache sowie Kultur haben eine wichtige Rolle und Einfluss in einem sozialen System. Im anschließenden Workshop «Projektdesign aus systemischer Perspektive» wurden einige ausgewählte Arbeitsmethoden zur Gestaltung der Zusammenarbeit erlebbar gemacht und inhaltlich zum Thema Projektdesign weiterbearbeitet. Der Einstieg in den Workshop wurde mit Neurokunstkarten, die als Denkwerkzeuge dienen, gestaltet. Mit diesen Karten lassen sich auf kreative Art und Weise Analogien zu relevanten Fragen herstellen. Trigger-Tool heißt dieses Werkzeug und es ermöglicht, den Fokus weg von äußeren Bedeutungen hin zu den innewohnenden Qualitäten zu verschieben. Die Teilnehmenden bearbeiteten die Frage: «Welche Qualitäten bringst du in das Projekt-Team ein? » Dazu konnten Sie eine Karte aus vielen verschiedenen Motiven auswählen, die ihrer Meinung nach diese innere Qualität am besten zum Ausdruck bringt. Im Partner-Interview wurden dann die Betrachtungen und Interpretationen ausgetauscht. Dadurch entstand ein unglaublich intensiver und persönlicher Austausch, der alle Teilnehmenden im höchsten Maße beeindruckt hat. Zuhören und verstehen wollen-- ein Grundsatz für das Projektdesign, kam hier in seiner vollen Stärke zum Ausdruck. Im weiteren Workshop-Verlauf identifizierten die Teilnehmenden dann die Treiber des Erfolgs in Projekten aus drei verschiedenen Perspektiven. Diese bestanden aus der Sicht des Projektmanagements und seinen Anforderungen selbst, aus der fachlichen Sicht und aus Sicht der Entscheidungen und Entscheidungsprozesse innerhalb und für das Projekt. Hieraus entstanden dann wertvolle Ergebnisse, die insgesamt auf die Verbesserung von Kommunikation und Zusammenarbeit einzahlen und die unterschiedlichen Bedürfnisse von Auftraggeber, Management und Projektgruppe in besonderer Weise Vorstellung Workshop durch Katrin Reschwamm mit Michael Boxheimer, Tina Lochmann, Reinhard Kühn (von links nach rechts), Foto 3: Christoph Lehnert, YC GPM Kunstkarten sowie Teilnehmende in der Workshop-Diskussion, Fotos 4+5: Reinhard Kühn, GPM GPM intern | «Projektdesign» 49 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0009 berücksichtigen. Die systemische Brille war hierfür außerordentlich bereichernd und für viele der Teilnehmende überraschend und neu. Toller Workshop, kreativ, inspirierend und voll mit tiefergehenden Einsichten. Arbeitsmethoden für Wissens- und Technologietransfer Astrid Björnsen, Leiterin Forschungsprogramm «Extremereignisse» an der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft stellte ihre Toolbox für Wissens- und Technologietransfer vor [5]. Diese wurde für Forschungskonsortien der Schweizer Energieforschung im Rahmen des Förderprogramm SWEET des Schweizer Bundes entwickelt [6]. Im anschließenden Workshop konnten die Teilnehmenden mehr über Wissens- und Technologietransfer in Projekten erfahren, die Toolbox kennen lernen und ausprobieren. Die Toolbox enthält 30 Karten mit Kurzbeschreibungen von Arbeitsmethoden, die in der Projektarbeit zum Einsatz kommen können. Anhand von Kriterien (z. B. Gruppengröße, Zielsetzung, Arbeitszeit) können sich Projektmanagende Anregungen zu Arbeitsmethoden holen, um Kommunikation, Wissens- und Technologietransfer in Projektteams und mit Stakeholdern besser zu unterstützen. Die Auseinandersetzung mit der Toolbox hat nicht nur die Aufmerksamkeit für das Thema Wissens- und Technologietransfer erhöht, sondern auch aufgezeigt, dass Wissenstransfer nicht der letzte Schritt in einem Projekt sein soll, sondern schon früh im Projekt berücksichtigt werden sollte und mit einer Vielzahl von Arbeitsmethoden in der gesamten Projektlaufzeit kreativ unterstützt werden kann. Das Designen des Arbeitsmethodeneinsatzes stellt einen wichtigen Bestandteil in jedem Projekt dar und sichert insbesondere durch den frühzeitigen Einbezug verschiedener Stakeholder einen erfolgreichen Wissens- und Technologietransfer. Auswahl und Gestaltung des passenden Projektvorgehensmodells Zum späteren Nachmittag ging es noch mehr ins «doing». Zuerst stellten Yvonne Schoper, Claus Hüsselmann, Dagmar Silvius-Zuchi und Gilbert Silvius fünf Vorgehensmodelle für Projekte vor. Diese beschreiben wie Projektarbeit und die Leistungserbringung strukturiert wird und basieren auf teils recht unterschiedlichen Prinzipien: • Sequenziell (oder im Englischen predictive): Arbeitsabläufe erfolgen aufeinander aufbauend, hintereinander, die Projektergebnisse liegen am Projektende vor. • Agil (oder im Englischen adaptive), Arbeitsabläufe sind iterativ und inkrementell, d. h. nach jedem Zyklus (1-4 Wochen) entsteht ein für den Kunden bereits nutzbringendes Produkt. • Parallel: Arbeitsabläufe erfolgen weitestgehend gleichzeitig und synchronisiert, was eine intensive Planung erfordert. • Lean: Arbeitsabläufe werden effizient gestaltet, nicht notwendige Projektmanagement-Elemente werden weggelassen und der Fokus liegt auf wertorientierten Elementen. • Hybrid: Eine Kombination aus zwei oder mehreren Projektvorgehensmodellen. Im Anschluss wurden die Teilnehmenden in zehn Gruppen eingeteilt, wobei jeweils zwei Gruppen am gleichen Vorgehensmodell arbeiteten und Argumente für dessen Einsatz finden sollten. Die Fragestellungen für den Nachmittag waren: • Welche Organisationsform eignet sich für das Vorhaben? Ein Großprojekt? Ein Programm? • Argumente für das Design des komplexen Projektes nach sequenziellen/ agilen/ hybriden/ leanen oder parallelen Vorgehensmodell? • Welches Vorgehensmodell eignet sich am besten für dieses Fallprojekt? • Warum eignet sich das jeweilige Vorgehensmodell? Warum eignen sich eines oder mehrere Vorgehensmodelle nicht? Großprojekt oder Programm? Spannend war für alle Teilnehmenden, dass bereits die erste Frage nach der bestgeeigneten Organisationsform für dieses Projektvorhaben intensive Diskussionen in den einzelnen Gruppen hervorrief, da hier unter anderem kulturelle Unterschiede zwischen den Schwesterverbänden Deutschland, Schweiz und Österreich sichtbar wurden, die uns bislang nicht bewusst waren. Es ging um die Diskussion, ob es sich WTT-Toolbox, Foto 6 von [4] GPM intern | «Projektdesign» 50 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0009 bei dem Vorhaben um ein Großprojekt oder ein Programm handelt. Die Meinung mancher österreichischer TeilnehmerInnen war, dass es sich eher um ein Programm handelt, während die VertreterInnen aus Deutschland und der Schweiz für die Organisationsform des Großprojektes mit mehreren Teilprojekten plädierten. In der Diskussion zeigte sich, dass bei pma in Österreich die Projektrolle „TeilprojektleiterIn“ eher nicht verwendet wird, in der Praxis in Österreich der Begriff Teilprojekt, bzw. die Rolle TeilprojektleiterIn aber durchaus vorkommt. Es bleibt die Frage, wie schwer oder leicht es daher in Organisationen ist, die richtige Organisationsform für ein Vorhaben auszuwählen- - wissend das mit dieser Frage eine wesentliche Basis für das organisatorische Projektdesign geschaffen wird. Auswahl und explizite Gestaltung des Projektvorgehens Nach jeder Runde, die zuerst in der Kleingruppe diskutiert wurde, gab es einen intensiven Austausch im Plenum. Nach der zweiten Runde kristallisierte sich jedoch dann das hybride Vorgehensmodell als das am meisten favorisierte Modell für das Fallprojekt heraus, obwohl in der ersten Runde noch alle fünf Vorgehensmodelle von den Gruppen argumentiert wurden. Für die Auswahl eines passenden Projektvorgehensmodell gibt es bereits unterschiedliche Methoden. Während der Forschungswerkstatt wurden zwei vorgestellt. Claus Hüsselmann, Professor an der TH Mittelhessen zeigte in seinem Vortrag «Anwendung und Evaluation von Agilometer & Co.» wie Elemente des Lean Manufacturing bzw. Lean Management auf die Praxis des Projektmanagement angewendet werden können. Mit seinem Team hat er das «Agilometer» entwickelt, das die Einschätzung ermöglicht, ob ein Projekt eher traditionell plangetrieben oder agil durchgeführt werden sollte. Anhand verschiedener Kriterien, die in den drei Merkmalsgruppen Projekt (fachlich), Team (organisatorisch) sowie Unternehmen (kulturell) gruppiert sind, wird dabei bewertet, welche Voraussetzungen gegeben sind [7]. Dr. Dagmar Silvius-Zuchi, Beraterin und Gründerin von enable2change und Gilbert Silvius, Projektmanagement Experte und Dozent an verschiedenen Hochschuleinrichtungen, stellten den Kriterienkatalog vor, wie in Abbildung 1 gezeigt [8]. Die Matrix stellt eine Entscheidungshilfe für die Gestaltung der Projektvorgehensweise dar und beruht auf produktbezogenen, organisations- und teambezogenen Kriterien. Abbildung 1: Kriterien-Matrix zur Auswahl und Gestaltung eines Projektvorgehensmodell [8] Diskussion der ersten Ergebnisse moderiert von Gilbert Silvius und Yvonne Schoper (stehend), Foto 7: Katrin Reschwamm, spm GPM intern | «Projektdesign» 51 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0009 Abendveranstaltung: Technologietransfer erleben Nach einem intensiven ersten Tag hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, vor dem gemeinsamen Abendessen, an einer Quartiers-Führung teilzunehmen. Trotz Regen fanden sich drei Gruppen, die sich auf den Weg machten. Der Kulturpark befindet sich in Zürich-West, welches einst ein Industrie- und Arbeiterquartier war. Hier wurden einst Schiffe in der Maschinenfabrik Escher-Wyss gebaut. Heute betreibt das Schauspielhaus Zürich im «Schiffbau» drei Bühnen. Neben dem Schiffbau gab es Abstecher in den Technopark und ins Puls 5. Der Technopark wurde 1993 eröffnet und bringt Akteure aus Wissenschaft, Technologie und Wirtschaft zusammen und sieht sich als «führende Adresse» für Technologietransfer. Womit wir den Bogen zum Workshop gespannt haben. Über 250 Unternehmen, vor allem innovative Jungunternehmen, sind dort angesiedelt und können ein flexibles Raumangebot nutzen und sich austauschen. Das Puls 5 ist die alte umgestaltete Escher Wyss Giessereihalle, welche von einer Gebäudestruktur ummantelt wurde, so dass Wohnungen und Ladengeschäfte geschaffen werden konnten. Die alten Fabriken sind weg und haben Platz gemacht für Kultur, Kunst, Gastronomie und Shopping. Speziell, in den letzten zehn Jahren hat sich das Viertel sehr stark verändert. Aufgrund der begrenzten Zeit und des widrigen Wetters konnten wir nur einen kleinen Einblick in dieses spannende und lebendige Viertel bekommen. Bei Wein, Tavolata im Molino und interessanten Gesprächen klang der Abend des ersten Forschungswerkstatt-Tages aus. Projektorganisation, Planung und Führung Der Vormittag des zweiten Tages führte die Gruppenarbeiten vom Vortag fort. Wiederum in kleineren Gruppen wurden die folgenden Fragestellungen bearbeitet: • Welche Auswirkungen hat das jeweils spezifische Vorgehensmodell auf das Design der Projektorganisation (Rollen, Kompetenzen, Kommunikation)? • Welche Auswirkungen hat das Design auf die Projektkultur und den Führungsstil? • Welche Auswirkungen hat das Vorgehensmodell auf die Projektplanung (z. B. die PM Methoden wie Projektstrukturplan, Terminplanung, Budget, Risikomanagement, Stakeholderanalyse etc.)? Passend zum gewählten Projektdesign und Vorgehensmodell sind Rollen und Führung sowie Projektmanagement Methodeneinsatz zu gestalten. Beispielsweise bei agilen Projektvorgehen wird Selbstorganisation, geteilte Führung im Team und Leadership passend sein. In hybriden Vorgehensmodellen muss das Zusammenspiel der produktbezogenen Projektrollen und der etablierten Projektrollen (z. B. Product Owner und ProjektauftraggeberIn, Srum Master und ProjektmanagerIn) explizit gestaltet werden Architektur als Designelement Nach Abschluss der Fallbearbeitung folgte mit Lunchpaketen im Gepäck ein weiteres Highlight: eine Führung durch die Zürcher Hochschule der Künste. Eine ehemalige Milchfabrik wurde zum Bildungs- und Kulturzentrum- - ein in seinen Dimensionen europaweit einzigartiges Projekt. Alle Disziplinen (Fine Arts, Musik, Tanz, Theater, Film, Design, Kulturanalyse und Vermittlung) sind unter einem Dach vereint. Willkommen wurden wir in zwei zeitversetzten Gruppen von Florence Balthasar, Leiterin der Geschäftsstelle Internationales sowie Student Valérian Bitschnau. Sie gaben uns Einblicke in die durchlässige Architektur des Gebäudes mit der als öffentlicher Raum konzipierten Eingangshalle sowie kaskadenartigen Treppenanlagen, die u. a. für Aufführungen genutzt werden. Ein sehr inspirierender Ort, der das Thema Design sehr greifbar veranschaulichte. Abschluss Reflexion Im letzten Teil der Forschungswerkstatt kam die Fishbowl-Methode zum Einsatz. Martina Huemann, pma, lud jeweils vier Teilnehmende auf die Bühne ein, um ihre neuen Erkenntnisse, Aha-Momente oder kritischen Aspekte zu teilen. Allen Feedbacks gemeinsam war, dass das Format sowie der Wechsel aus Vorträgen und dem «Doing», also sich aktiv in Workshops mit der jeweiligen Thematik auseinanderzusetzen, sehr geschätzt wurde. Ausschnitt Teilergebnis sowie Gruppenarbeiten, Foto 8+9: Yvonne Schoper, GPM GPM intern | «Projektdesign» 52 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0009 Fazit Es gelang in dieser abwechslungsreichen interaktiven Veranstaltung gemeinsam, das Designen von Projekten zu erforschen und erlebbar zu machen. Hier fassen wir zentrale Erkenntnisse zusammen und skizzieren einige Fragen, die entstanden sind. Alles ist ein Projekt? Projekte kommen zur Umsetzung von Investitionen von Vorhaben bzw. anders ausgedrückt zur Durchführung von Entwicklungen und Change zum Einsatz. Dabei stellen Projekte eine mögliche Organisationsform zur Umsetzung dar. Die erste und grundlegende Frage, die zu klären ist, wie soll der Change umgesetzt werden, ist eine Arbeitsgruppe ausreichend, oder braucht es ein Großprojekt? Soll das Großprojekt eher hierarchisch in Teilprojekten abgewickelt werden oder braucht es eine Projektekette oder eine Programmorganisation, um erfolgreich zu sein? «Projekt Design» gehört zur Kernkompetenz der Projektmanagenden Was darf es denn sein? Sequenziell, agil, parallel oder doch lieber hybrid? Es gibt eine Vielzahl von Projektvorgehensweisen. Es war interessant zu erleben, dass die einzelnen Gruppen sehr überzeugende Argumente für den Einsatz des jeweiligen Ansatzes fanden, schließlich aber alle Gruppen für das spezifische Fallbeispiel mit einem hybriden Vorgehensmodell endeten, um das «Beste» aus allen unterschiedlichen Welten zu kombinieren. Aus diesem im Workshop gezeigten Verhalten könnte man schlussfolgern, dass Projektmanagende, wenn sie von einem spezifischen Vorgehensmodell überzeugt sind und die jeweiligen Methoden und Techniken dieses Vorgehensmodells gut kennen, diese beim Design für das jeweilige Projekt, entsprechend argumentieren und anwenden werden. Projektmanagende brauchen Wissen und Erfahrung um Projekte zu gestalten, sie müssen Organisationsdesign, Rollen und Methoden zu den unterschiedlichen Vorgehensmodellen kennen. Nur dann können sie die jeweiligen Vor- und Nachteile adäquat berücksichtigen und ein Projekt so aufsetzen, dass es Wert schafft. Was ist ein Product Owner und wann kann ich diesen einsetzen? Wo überschneiden sich die Aufgaben eines Product Owners mit den Aufgaben einer Projektmanagerin oder eines Projektauftraggebers und wie gehen wir in dem konkreten Projekt damit um? Braucht es in einem hybriden Projekt einen Projektstrukturplan? Wie unterscheidet bzw. ergänzt sich dieser von einem Product Backlog ab, ohne Parallel-Dokumentation zu schaffen? Welches Projekt Mindset braucht es und soll geführt werden? Viele Fragen, die abhängig von der gewählten Vorgehensweise im Projekt zu beantworten und im Projektdesign zu berücksichtigen sind. Spannungsfeld zwischen Standardisierung und Gestaltungsspielraum In der Praxis haben Projektmanagende oftmals keine Möglichkeit, vorgegebene Unternehmensstandards auf die Anwendung in einem spezifischen Projekt zu hinterfragen. Wie viel Standardisierung ist angemessen und wie viel Gestaltungsspielraum ist notwendig? Forschungsbedarf Es zeigt sich ein neues spannendes Forschungsfeld, nämlich besser zu verstehen, wie wichtig ein maßgeschneidertes Projektdesign für den Projekterfolg ist, wie Unternehmen Projektmanagende und den Projektteams diesen Spielraum geben können und wie Projektmanagende ihre Projekte erfolgreich designen und wie sie im Designen besser unterstützt werden können Nach der D-A-CH Forschungswerkstatt ist vor der D-A-CH Forschungswerkstatt. Wir freuen uns auf die nächste Ausgabe 2023 in Deutschland und werden das spannende Thema fortsetzen. Literatur [1] GPM: International Comptence Baseline für Projektmanagement, Version 4.0/ Deutsche Fassung, 1. Auflage, GPM 2017 [2] Huemann, Martina / Schoper, Yvonne / Reschwamm, Katrin: Project Design, in Huemann, Martina und Turner Reflexion am Ende des 2. Tages, Fishbowl mit Martina Huemenn (stehend), Foto: Katrin Reschwamm, spm GPM intern | «Projektdesign» 53 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0009 Rodney, Handbook of Project Management, 6th edition, Routledge, 2023, in press [3] Mijthab, Mona / Anisie, Raluca / Crespo, Omar: Mosan: Combining Circularity and Participatory Design to Address Sanitation in Low-Income Communities. Circ.Econ. Sust. 1, 2021, S. 1165-1191 [4] Boxheimer, Michael: Systemisches Projektmanagement, GPM, 2020 [5] https: / / www.wsl.ch / de / metanavigation / services-undprodukte / forschungsinstrumente / wtt-toolbox.html [6] Björnsen, Astrid / Roschewitz, Anna: Reframing Knowledge & Technology Transfer for Swiss Energy Research, Swiss Federal Office of Energy SFOE, 2021 [7] Hüsselmann, Claus / Dönges, Sandro / Karpf, Stefan: Zielgerichtete Adaption des Projektmanagements- - Verschwendung vermeiden und Wertschöpfung erhöhen durch Projekttypisierung, WI-[Reports]- - Arbeitspapiere Wirtschaftsingenieurwesen; 007, Fachbereich 14 der THM, 2019 [8] Silvius-Zuchi, Dagmar / Silvius, Gilbert: Predictive, adaptive and hybrid project approaches, in Huemann, Martina and Turner Rodney, Handbook of Project Management, 6th edition, 2023, in press Statements von Teilnehmenden Das Thema "Projektdesign" hat zu sehr spannenden Diskussionen geführt und war nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich top aktuell. Es hat sich in diversen Gesprächen erneut gezeigt, dass die Grenzen zwischen den Vorgehensmodellen oftmals verschwimmen. «Für mich hat sich gezeigt, dass es bei klassischen, agilen oder hybriden Methodiken weniger um das Projekt selbst geht, sondern mehr um die Anpassungsfähigkeit des Projektteams an die Rahmenbedingungen. Der Projektkontext gibt die Rahmenbedingungen für das Projektmanagement vor-- Nicht der oder die Projektleiter*in. Daraus resultiert für mich auch, dass wir nicht länger von klassischem Projektmanagement oder agilem Projektmanagement sprechen sollten. Projektleiter*innen sollten sich der Methoden bedienen, die im jeweiligen Projektkontext am besten anwendbar oder der Zielerreichung förderlich sind und ihre Kompetenz nicht in eine agile oder klassische Schublade stecken.» Peter Massatsch, WienIT GmbH «Verschiedene Aspekte von «Design» in Bezug zu Projektdesign zu setzen fand ich sehr inspirierend! » Nicole Gerber, ZHAW «Für mich war die D-A-CH-Forschungswerkstatt ein inspirierender Austausch von Fachleuten, der mir nicht zuletzt auch wieder verdeutlicht hat, wie vielschichtig und perspektivisch die Sicht auf das Thema Projektdesign sein kann. Gleichzeitig wurde aber auch klar, dass in diesem wichtigen Thema selbst unter den Experten noch „Luft nach oben“ ist.» Claus Hüsselmann, TH Mittelhessen «Ich finde es toll, dass es keine einzige „richtige“ Lösung zum Methodeneinsatz gibt. Sei es Wasserfall oder (Teil-)Parallelisierung oder V-Modell oder agile Formen. Die Methoden müssen den Menschen, der Situation und dem Zweck passen. Deswegen freue ich mich sehr auf weitere Experimente und Erkenntnisse.» Inna Schafheutle, FWTM GmbH & Co. KG «Wie immer war die Forschungswerkstatt sehr spannend und der Austausch mit den Kollegen der D-A-CH Region sehr bereichernd. Sehr augenöffnend war, dass sogar wir Projektmanager nicht alle das gleiche unter ein und demselben Begriff verstehen und wir auch in der PM Community Begrifflichkeiten abgleichen sollten bevor wir sie verwenden! Nicht nur in unseren Projekten oder mit Projektstakeholdern.» Iris Hauck- Rameis, IHR Projekt-- Mein Service Dr. Yvonne Schoper ist Professorin für Internationales Projektmanagement an der HTW Berlin Hochschule für Technik und Wirtschaft. In den vergangenen 10 Jahren hatte sie mehrere Funktionen im Vorstand und Präsidialrat der GPM inne, seit 2021 ist sie Vizepräsidentin bei der IPMA. Ihre Forschungsinteressen sind die Projektifizierung der Wirtschaft und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft und interkulturelles Projektmanagement. ao. Univ-Prof. Dr. Martina Huemann ist Vorstandsmitglied von projekt management austria und Professorin an der Wirtschaftsuniversität Wien, wo sie die Project Management Group und den Professional MBA «Strategic Project Management» leitet. Für ihre umfangreichen Publikationen erhielt sie 2015 den IPMA Research Award. Sie ist Editor-in Chief des «International Journal of Project Management» und Founding-Editor-in-Chief der neuen Fachzeitschrift «Project Leadership and Society». In Forschung, Lehre und Beratung lebt und unterstützt sie Co-Creation zwischen Wissenschaft und Praxis. Katrin Reschwamm ist seit April 2021 Forschungsmanagerin bei EU GrantsAccess an der ETH Zürich und unterstützt Forschende sowie Firmen bei der Akquise von europäischen Forschungsgeldern. Darüber hinaus ist sie in diversen Netzwerken und Verbänden u.a. Vorstandsmitglied spm- - Swiss Project Management Association sowie seit 20 Jahren in der GPM - Dt. Gesellschaft für Projektmanagement. Vor ihrer Tätigkeit an der ETH stand Katrin 10 Jahre als Managing Director der EUrelations AG vor, wo sie viele EU geförderte Projekte koordiniert und unterstützt hat. 54 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0010 Ein Rückblick auf zwei einzigartige Veranstaltungstage mit der PM-Community Das PM Forum Digital 2022 Antonia Zöls Für rund 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer öffneten sich am 10. und 11. November die digitalen Tore zum Livestream des PM Forum Digital in Leipzigs Kunstquartier WESTWERK. In trendiger Loft-Atmosphäre bot der zweite Teil des Neuen PM Forum 2022 ein hochkarätiges Speaker-Lineup sowie den perfekten Rahmen für digitale Netzwerkmöglichkeiten und intelligentes Entertainment. Die GPM blickt zurück auf zwei gelungene Tage mit der PM-Community. Wandel begleiten. Perspektiven eröffnen. Verantwortung leben. Dafür stand das PM Forum Digital 2022- - das digitale GPM Highlight Event. Nach gelungener Präsenzveranstaltung vergangenen Sommer in Leipzig begrüßte das Neue PM Forum die PM-Community diesmal auf einer eigens gestalteten virtuellen Event Plattform. In insgesamt sechs Themen-Streams erwartete die Teilnehmenden geballtes PM-Wissen rund um aktuelle Methoden, Trends und Entwicklungen des Projektmanagements. Absolutes Highlight des großartigen Fachprogramms- - vier hochkarätige Impuls Speaker zeigten auf, wie Projekte und insbesondere Projektmanagement den Wandel begleiten und unsere Welt in Zukunft ein kleines bisschen besser machen können. Die perfekte Kulisse für das digitale Highlight Event bot ein realer Coworking-Space im Leipziger Kunstquartier WEST- WERK, aus dem die unterschiedlichen Programmpunkte live übertragen wurden. Gewohnt charmant und authentisch führte Ralf Schmitt, beliebter Moderator des PM Forum, durch die digitale Veranstaltung. An zwei halben Tagen freuten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über einen gelungenen Mix aus impulsgebenden Vorträgen, frei wählbaren Themensessions, interaktiven PM-Debatten und einem außergewöhnlichen musikalischen Rahmenprogramm mit Pianist und Impro-Musiker Stephan Ziron. GPM Präsident Prof. Dr. Peter Thuy im Interview mit Moderator Ralf Schmitt GPM intern | Das PM Forum Digital 2022 55 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0010 Das Neue PM Forum Übersetzt in das „Neue Jetzt“ präsentierte sich das 38. PM Forum 2022 in einem neuen innovativen Format. Anders als in den Jahren zuvor hat das Neue PM Forum seinen gewohnten Veranstaltungsort Nürnberg verlassen und wird zukünftig gleich zwei Mal im Jahr stattfinden. Im Sommer als Präsenzveranstaltung mit jährlich wechselndem Standort und im Herbst als rein digitale Veranstaltung. Damit bietet die GPM ihrer Community das Beste aus zwei Welten- - live und digital-- in verschiedenen Formaten zu unterschiedlichen Jahreszeiten. Das Neue PM Forum ist insgesamt schlanker und nachhaltiger geworden. Mit diesem neuen niederschwelligen und gemeinwohlorientierten Format erleichtert die GPM nicht nur jungen Menschen den Zugang zur Teilnahme, sondern leistet auch einen wertvollen Beitrag zu nachhaltigem Eventmanagement und steht zukunftsweisend für Veranstaltungen unserer Zeit. Für GPM Präsident Prof. Dr. Peter Thuy hat das innovative Veranstaltungskonzept insbesondere für den gesellschaftlichen Auftrag der GPM eine hohe Bedeutung: „Das Neue PM Forum trägt wichtige Aspekte der herausfordernden Themen unserer Zeit nach außen und bietet durch das neue Veranstaltungskonzept einen barrierefreien und alltagstauglichen Zugang für möglichst viele Menschen.“ Durch die Kombination aus einer Präsenzveranstaltung im Sommer- - mit dem Fokus auf Workshops und Networking- - und einer digitalen Veranstaltung mit Fachvorträgen und Praxisbeispielen im Herbst, würden die Vorteile beider Formate optimal ausgeschöpft, so Thuy weiter. Dass die GPM, die mit mehr als 300 Veranstaltungen im Jahr eine der bedeutendsten Veranstalterinnen im Projektmanagement ist, mit der Neukonzeption des PM Forum ganz auf der Höhe der Zeit liegt, wird auch durch die hohe Zahl der Teilnehmenden und das durchweg positive Feedback bestätigt. Highlights Tag 1 Mit ihrem Impulsvortrag „Game Changer: Projektdesign im Projekt Zukunft“ eröffnete Prof. Dr. Tanja Kessel von der TU Braunschweig den ersten Programm-Tag. Die Leiterin der Fachgruppe Bau & Infrastruktur lieferte spannende Fakten zu den Herausforderungen des deutschen Verkehrsnetzes und erklärte, woher das Gefühl kommt, ständig im Stau zu stehen. Für die Infrastruktur-Expertin ist dies keine Überraschung. Die Gesamtlänge aller Staus in Deutschland reicht mit 1,4 Millionen Kilometern auch im Jahr 2022 ganze 35,5mal um die Erde. Die Teilnehmenden erhielten neben eindrucksvollen Einblicken in das Projekt Verkehrswende sowie das Projekt Zukunft auch einen begründet optimistischen Blick auf Partnerschaften zwischen öffentlicher Hand, Forschung und Wirtschaft. Unter dem Eindruck dieses starken ersten Impulses teilten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Anschluss in die unterschiedlichen Streams der drei Vortragsrunden des ersten Tages auf. Die Vielfalt der Themen reichte von bekannten bis neuen Ansätzen des agilen PM, über Transformation und Zusammenarbeit bis hin zu Veränderungen des Projektmanagements in Gegenwart und Zukunft. Zwischen den einzelnen Programmpunkten hatte die Community die Möglichkeit, virtuelle Themenräume zu besuchen, um sich auszutauschen und zu vernetzen. Zum abschließenden Impulsvortrag schaltete sich Tobias Krüger- - Reformer der Otto-Group und Gründer von Hello. Beta- - live aus Hamburg auf die digitale Bühne. In seinem Vortrag lieferte er einen Überblick über die tatsächlichen externen und internen Herausforderungen der digitalen Transformation. Warum in Zukunft nur noch die Unternehmen erfolgreich sein können, die den Menschen in den Fokus des eigenen Handelns stellen und wo der junge CEO bereits dem Dalai Lama über den Weg lief, das erfuhren die Teilnehmenden in seinem kurzweiligen Impulsvortrag „Adapt or Die-- Unchain the potential of your Corporate Culture“. Zum Abschluss nahmen sich Moderator Ralf Schmitt und Stephan Ziron den wirklich großen PM-Debatten an. Beim gemütlichen Tresentalk stimmte die PM-Community über unterschiedlichste Themen ab und ließ den ereignisreichen Tag mit einem Glas Gin und lockerem Plausch ausklingen. Highlights Tag 2 Einer starken Vision „Wasser für alle- - alle für Wasser“ gehörte der Auftakt des zweiten Tages des PM Forum Digital mit dem inspirierenden Impulsvortrag von Carolin Stüdemann, geschäftsführende Vorständin des Viva con Agua de Tresentalk mit Ralf Schmitt und Stephan Ziron GPM intern | Das PM Forum Digital 2022 Markus Thomas Münter Wettbewerb und Unternehmensstrategie für Management und Consulting 1., Auflage 2022, 317 Seiten €[D] 29,90 ISBN 978-3-7398-3192-3 eISBN 978-3-7398-8192-8 Wettbewerb richtig analysieren und überlegene Strategien entwickeln! Wettbewerb verändert Marktanteile und Erfolg von Unternehmen immer schneller. Welche Auswirkungen hat das auf die Unternehmensstrategie? Strategie findet jenseits der Powerpoint-Folien statt - Markus Thomas Münter zeigt, wie sich die Markstrukturen durch Wettbewerb verändern und wie Unternehmen ihre spezifischen Fähigkeiten erfolgreich einsetzen können. Ein spannender Einstieg für alle, die ökonomische Zusammenhänge in Studium und Beruf schnell und anwendungsorientiert verstehen wollen. Anzeige St. Pauli e. V. Getreu seiner Vision setzt sich das internationale Netzwerk aus Menschen und Organisationen weltweit mit unterschiedlichsten Projekten für den Zugang zu sauberem Trinkwasser, Hygieneeinrichtungen und sanitäre Grundversorgung ein. Besonders spannend für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer: Wie schafft es ein relativ junger Verein, seine inzwischen rund 15 (Schwerpunkt-)Projekte parallel und außerhalb Europas zu steuern? Der Schlüssel: Exploratives Arbeiten sowie ein Handlungsrahmen, der agiles Arbeiten und hohe Eigenverantwortung ermöglicht. Auch der zweite Tag bot abwechslungsreiche Sessions mit jeweils drei parallelen Streams zu Themen rund um die neue Welt des Projektmanagements, Methoden und Techniken im Projektgeschäft sowie neueste Erkenntnisse aus den Bereichen Führung, Diversität, Resilienz, Konflikte und Krisen. Fachliche Programmpunkte wechselten sich dabei konsequent mit unterhaltsamen Parts, wie interaktiven Stimmungsabfragen, Livemusik und der ein oder anderen Live-Überraschung ab. So gab etwa Moderator Ralf Schmitt gemeinsam mit Pianist Stephan Ziron passend zum 11.11. um 11 Uhr 11 seine vermutlich erste Büttenrede zum Besten. Der Schlussakkord gehörte Björn Jahncke, der fast 20 Jahre Erfahrung als Projektmanager und Teamleiter in der Digitalisierung des Betriebs von Airlines und Flughäfen mitbrachte. In seinem Vortrag „Interne Netzwerke und ihr Impact auf die Diversität der Lufthansa Group“ veranschaulichte der Luftfahrtprofi, wie es die Mitarbeitenden der Lufthansa geschafft haben, sich für ein verantwortungsvolles und besseres Miteinander sowie bessere Karrierechancen in Netzwerken zu organisieren. Nach der offiziellen Verabschiedung im digitalen Plenum mit Moderator Ralf Schmitt und Projektleiter Matthias Friedrich folgte die krönende musikalische Abrundung des PM Forum Digital 2022. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer genossen eine letzte musikalische Performance von Stephan Ziron, bevor sich die PM-Community nach zwei ereignisreichen Tagen, geprägt von inspirierenden Vorträgen und intensivem Austausch, in das Wochenende verabschiedete. Die GPM bedankt sich bei allen Teilnehmenden sowie den Referierenden, dem ehrenamtlichen Programmkomitee, der Projektleitung und allen weiteren Beteiligten, die ein rundum gelungenes Event, sowohl digital als auch in Präsenz, ermöglicht haben. Freuen Sie sich bereits jetzt mit uns auf das Neue PM Forum 2023, wenn Köln am 15. und 16. Juni zum wohl bedeutendsten Treffpunkt der PM-Community wird. Impuls-Speakerin Carolin Stüdemann, Viva con Agua de St. Pauli e. V. 57 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0011 Mit Projekten Deutschlands Zukunft gestalten Rückblick auf den Zukunftskongress 2022 Maximilian Hahn (Politischer Referent seit 2021), René Mittelstädt (Sprecher Public Affairs seit 2022) Der Zukunftskongress „Staat & Verwaltung“ ist für die GPM seit mehreren Jahren einer der wichtigsten Termine im Kalender. Der von der Wegweiser Media & Conferences GmbH ausgerichtete Fachkongress steht unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums des Innern und für Heimat und fokussiert relevante Themen im Kontext Staatsmodernisierung sowie Digitalisierung. Die GPM beteiligt sich seit jeher als Hauptpartnerin und kann so deutliche Akzente auf der Agenda des Kongresses setzen- - denn Projektmanagement ist ein Schlüssel zur Lösung und Umsetzung großer Zukunftsaufgaben auf allen staatlichen Ebenen. Der Zukunftskongress 2022 zeigte, dass der Bedarf an professionellen Projektmanagement im Zuge des Klimawandels, der Corona-Pandemie aber auch des Ukraine-Kriegs in der Verwaltung groß ist und Best-Practices als Leuchttürme eine große Strahlkraft besitzen. Nach der pandemiebedingten Pause von Präsenz-Veranstaltungen konnte der Zukunftskongress 2022 wieder in einem gewohnten Rahmen im Schatten des Berliner Fernsehturms stattfinden. Mit rund 2.000 Teilnehmenden aus Politik, Öffentlicher Verwaltung und Wirtschaft, 425 Referierenden sowie 141 Programmpunkten konnten im Berliner BCC viele wichtige Impulse gesetzt werden. Die GPM fokussierte am ersten Kongresstag mit ihrem Projekt-Governance-Forum die allgemeinen Rahmenbedingungen für Projekte und Projektmanagement im Kontext der Verwaltungsdigitalisierung. Dazu kamen im Zuge des Forums mehrere hochrangige Vertreterinnen und Vertreter von der Kommunal-, Landes- und Bundesebene zusammen, u. a. Christoph Verenkotte (Präsident des Bundesverwaltungsamts), Dr. Ralf Kleindiek (Chief Digital Officer des Landes Berlin) und Dr. Beate Ginzel (Referatsleiterin „Digitale Stadt“, Stadt Leipzig). Initiiert wurde das Forum mit einem Impuls von Christian Pfromm (Chief Digital Officer Hamburg) und Felix Scholz (Bereichsleiter bei der Hamburg Port Authority), welche die Digitalstrategie der Freien und Hansestadt Hamburg vorstellten. Anhand der Digitalstrategie skizzierten die Impulsgeber, wie es gelingen kann die Transformationspotenziale der Digitalisierung im Sinne einer bestmöglichen Lebensqualität und Teilhabe auszuschöpfen. Hierfür zogen sie als Leuchtturmprojekt die Digitalisierung des Planens und Bauens in Hamburg durch das Building Information Modelling (BIM) heran. Die Hansestadt hat in diesem Kontext ein Programm- und Projektmanagement etabliert, um alle Digitalisierungsaktivitäten in diesem Bereich zu harmonisieren. Die Teilnehmenden des Forums diskutierten die Rahmenbedingungen für Digitalisierungsprojekte in der öffentlichen Verwaltung. V.l.n.r.: Christian Pfromm, Dr. Beate Ginzel, Dr. Ralf Kleindiek, Christoph Verenkotte, Norman Heydenreich GPM intern | Rückblick auf den Zukunftskongress 2022 58 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0011 In der anschließenden Diskussionsrunde, welche von Norman Heydenreich (Hauptstadtrepräsentant der GPM von 2013 bis 2017) moderiert wurde, berichteten die Teilnehmenden von verschiedenen Erfahrungen aus ihren Häusern. Dr. Ralf Kleindiek unterstrich, dass eine erfolgreiche Digitalisierung der Verwaltung eng mit dem Thema Kulturwandel verknüpft sei. Unter diesen Umständen plädierte der Chief Digital Officer von Berlin für Change Agents in jeder Behörde und für Führungskräfte, die eine Fehlerkultur leben und als Lernkultur verstehen. Dies sei Grundlage, um optimale Rahmenbedingungen für Digitalisierungsprojekte zu schaffen. Daran anknüpfend illustrierte Dr. Beate Ginzel die Arbeit des Referats Digitale Stadt, welches fach- und sektorübergreifende Digitalisierungsprojekte in der Stadt Leipzig anstößt und umsetzt. Auch Christoph Verenkotte berichtete, wie sich das BVA im Zuge der Digitalisierung und Projektisierung aufstellt und welche Rolle es dabei für die Bundesverwaltung spielt. Am zweiten Kongresstag setzte die GPM den Schwerpunkt auf das kommunale Projektmanagement. In Kooperation mit der KGSt tauschten sich in einem Best-Practice-Dialog zum Thema „Kommunen können Projekte“ Dr. Ulrich Keilmann (Direktor, Hessischer Rechnungshof) und Hendrik Ewens (Referent Organisations- und Informationsmanagement, KGSt) zu den speziellen Herausforderungen und Bedürfnissen von Kommunen im Bereich des Projektmanagements aus. Kommunales Projektmanagement zeichne sich insbesondere durch einmalige Aufgaben, wie z. B. dem Bau von Impfzentren, der Unterbringung von Geflüchteten oder auch bei der Umsetzung des OZG aus, so Ewens. In diesem Zuge warb Ewens dafür, für den Anfang einfache Projektstrukturen in den Kommunen zu errichten und zudem die internen PM- Kompetenzen auszubauen. Beide Referenten betonten zudem die Relevanz der interkommunalen Zusammenarbeit im Sinne eines Erfahrungsaustausches. „Nicht jede Kommune muss das Rad neu erfinden“, so Dr. Keilmann. Essenziell sei einerseits eine Skalierbarkeit von Projektstrukturen je nach Größe der Kommune, andererseits auch ein einheitliches Vorgehen durch Leitfäden im Bereich Projektmanagement und Digitalisierung. Felix Scholz (Hamburg Port Authority) erläutert das Vorgehen der Stadt Hamburg im Bereich der Digitalisierung des Planens und Bauen Dr. Ulrich Keilmann (Hessischer Rechnungshof), l. und Hendrik Ewens (KGSt), r. tauschen sich unter Moderation von Norman Heydenreich zu kommunalem PM aus GPM intern | Rückblick auf den Zukunftskongress 2022 Ulrich Engelmann, Martin Baumann Zielführend moderieren Kompetenzen - Methoden - Wege zum Gesprächserfolg 1., Auflage 2022, 438 Seiten €[D] 34,90 ISBN 978-3-8252-5689-0 eISBN 978-3-8385-5689-5 In der Teamarbeit wird Moderation zum Erfolgsfaktor, der jedoch häufig unterschätzt wird. Ausgehend vom persönlichen Kompetenzniveau verknüpft dieses Buch Grundlagen und Methoden zu Wegen, um Ihre persönliche Entwicklung individuell zu begleiten: Einsteiger: innen finden hilfreiche Checklisten und Basistechniken für ihre ersten Moderationen, Fortgeschrittene wertvolle Praxistipps und Methoden für den Ausbau ihrer Moderationskompetenz. Profis schließlich genießen eine raffinierte Aussicht auf weniger bekannte Techniken und neue Anwendungen. Weiterführende Exkurse zum Meeting-Management und zur Online-Moderation runden den Anwendungshorizont ab. Ob in Beruf, Studium oder Ehrenamt - derart ausgestattet gelingen Ihre eigene sowie die Entwicklung Ihres Teams durch zielführende Moderation. Anzeige Zum Abschluss veranstaltete die GPM am letzten Tag des Zukunftskongresses in Zusammenarbeit mit dem Bundesverwaltungsamt eine interaktive Praxiswerkstatt zu dem Thema „PMO: So geht mehr Handlungssouveränität in Projekten“. An einzelnen „Markständen“ konnten sich die Teilnehmenden zum Thema Projektmanagement-Offices informieren und dabei erfahren, dass die Einführung eines PMO einen direkten Einfluss auf den Organisationserfolg hat. Die Teilnehmenden erhielten dabei Input von Vertreterinnen und Vertretern des Bundesverwaltungsamtes, der Beschaffungsbehörde der Bundeswehr (BAAINBw) und der Hamburg Port Authority und konnten individuelle Fragen zu den PM-Herausforderungen in ihren Organisationen stellen. Parallel zum Hauptprogramm standen Hauptamtliche und ehrenamtlich Aktive am GPM Infostand Interessierten Rede und Antwort. So konnten nicht nur Inhalte vertieft werden, sondern auch neue Kontakte geknüpft werden. Auch in diesem Jahr wird sich die GPM wieder als Hauptpartnerin beim 9. Zukunftskongress Staat & Verwaltung beteiligen, der vom 19. -21. 06. 2023 abermals in der Bundeshauptstadt stattfinden wird. Zu seinem zehnjährigen Jubiläum wird sich der Kongress erstmalig in einem neuen Gewand zeigen und an den Berliner Westhafen in das WECC Westhafen Event & Convention Center ziehen. Mit dem Wechsel der Location soll ein neuartiger Raum für Austausch und Begegnung zu den großen Modernisierungsaufgaben unserer Gesellschaft geschaffen werden. Es wird neue spannende Formate geben, doch eines wird gleichbleiben- - die hohe Relevanz der Themen für unseren Staat und seine Verwaltung. Mitarbeitende der GPM aus der Hauptstadtrepräsentanz Berlin und der Hauptgeschäftsstelle Nürnberg am GPM-Stand. v.l.n.r.: Nadia Saoudi, Antonija Radivojevic, Maximilian Hahn, Sarah Khayati, René Mittelstädt, Sabine Kapsammer, Virginia Müller 60 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0012 Sich beruflich und persönlich weiterentwickeln, an Sichtbarkeit gewinnen und Wissen teilen-- mit dem Mentoring-Programm der GPM Im Fokus dieser Ausgabe: Mentee Jan Landgraf und Mentor Klaus Hetterich Das GPM Mentoring-Programm Seit knapp zwei Jahren teilen Mentorinnen und Mentoren ihre Erfahrungen und ihr Wissen im Rahmen des Mentoring-Programms der GPM. Dadurch unterstützen sie nicht nur aktiv Young Professionals, sondern profitieren in vieler Hinsicht auch selbst von diesen wertvollen Partnerschaften. In der Interview-Reihe „Nachgefragt“ geben ausgewählte Mentoring-Paare seither persönliche Einblicke in das Programm. Zum Abschluss des Jahres 2022 berichten Jan Landgraf und Klaus Hetterich über ihr erfolgreiches berufliches Tandem, aus dem sich-- wie bei so vielen Matches-- eine Freundschaft entwickelte. Mentee Jan Landgraf im Interview Herr Landgraf, was möchten Sie den Leserinnen und Lesern über sich erzählen? Jan Landgraf: Ich bin Jan Landgraf, 36 Jahre alt und arbeite als IT Delivery Manager bei einem großen Automobilhersteller. Gerade habe ich mein berufsbegleitendes Masterstudium in Data Science an der Hochschule Aalen erfolgreich beendet. Die Dreifachbelastung neben Beruf und Familie war kräftezehrend, aber mein großes Interesse an Daten und deren Auswertung hat mich auch diese Herausforderung meistern lassen. Da ich in Niedersachsen geboren bin und aktuell in München wohne, gehe ich in meiner Freizeit gerne in die Natur. In den Bergen kann ich mich beim Wandern oder Gravelbiken so richtig auspowern. Seit wann und weshalb sind Sie GPM Mitglied und wie wurden Sie auf den Verband aufmerksam? Ich war 2015 in der technischen Entwicklung eines Automobilherstellers tätig und habe dort ein Vorentwicklungsprojekt übernommen. Im Verlauf der Funktionsentwicklung bin ich immer mehr in Berührung mit Projektmanagement gekommen und habe ein großes Interesse an den einzelnen Themengebieten des PM entwickelt. Im Rahmen meiner IPMA Level-C Zertifizierung durch meinen Arbeitgeber, habe ich eine einjährige Schnuppermitgliedschaft bei der GPM abgeschlossen. Mittlerweile bin ich bereits seit vier Jahren GPM Mitglied und erhalte somit regelmäßig für mich und meinen Beruf relevante Informationen und Angebote rund um das Projektmanagement. Seit wann sind Sie Mentee im Rahmen des GPM Mentoring-Programms und mit welchen Erwartungen und Zielen sind Sie in diese Partnerschaft gegangen? Seit Anfang 2021 bin ich als Mentee Teil des GPM Mentoring- Programms. Zum einen hatte ich die Erwartung, Tipps von einer erfahrenen Projektmanagerin oder einem erfahrenen Projektmanager zu bekommen und zum anderen auch meine eigenen Erfahrungen mit meiner Mentorin bzw. meinem Mentor teilen zu können. Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt? Oder haben sich Ihre Erwartungen und Ziele verändert? Meine Erwartungen haben sich definitiv erfüllt. Ich würde sogar sagen, mehr als erfüllt. Am Anfang hatte ich eher den beruflichen Kontext im Fokus, aber für die eigene Persönlichkeitsentwicklung haben wir uns auch über meine private Situ- Nachgefragt-- die Interview-Reihe der GPM GPM intern | GPM-Mentoring 61 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0012 ation ausgetauscht. Klaus hat mich auf diesem Weg begleitet und durch eine systemische Aufstellung Hilfe gegeben. Wie würden Sie Ihre Partnerschaft beschreiben? Es war eine sehr vertrauensvolle und wertschätzende Zusammenarbeit mit Klaus. Obwohl das Programm im Dezember 2021 zu Ende ging, stehen wir weiterhin in Kontakt. Würden Sie das Mentoring-Programm weiterempfehlen und wenn ja, warum? Ja, auf jeden Fall. Das Mentoring-Programm ist ein guter Wegweiser, sowohl für die berufliche als auch für die persönliche Entwicklung. Mentor Klaus Hetterich im Interview Herr Hetterich, was möchten Sie den Leserinnen und Lesern über sich erzählen? Klaus Hetterich: Mein Name ist Klaus Hetterich und ich bin 59 Jahre alt. In meiner über 30-jährigen Karriere als Unternehmer und Manager habe ich einen breiten Erfahrungsschatz im operativen Business und der Führung von Menschen in unterschiedlichen Branchen und Unternehmensformen aufgebaut. In meiner beruflichen Laufbahn habe ich als gesamtverantwortlicher Projektleiter bereits zahlreiche komplexe Projekte mit sehr heterogenen Teams zum Erfolg geführt. Auch privat stelle ich mich beim Mountainbiking, Bergwandern, Skifahren oder Hochsee-Segeln vor immer neue Herausforderungen. Neben meiner Begeisterung für Sport in der Natur bin ich außerdem leidenschaftlicher Live-Musiker und spiele Gitarre sowie Trompete und Flügelhorn. Seit wann und weshalb sind Sie GPM Mitglied und wie wurden Sie auf den Verband aufmerksam? Ich bin seit 15 Jahren Mitglied bei der GPM. 2007 legte ich aufgrund einer Empfehlung eine IPMA Projektmanagement- Zertifizierung bei der GPM ab und wurde so auf den Verband aufmerksam. Die Angebote und Interessensvertretung der GPM sowie meine klare Positionierung zum Thema PM haben mich schließlich von einer Mitgliedschaft überzeugt. Seit wann sind Sie Mentor im Rahmen des GPM Mentoring-Programms und mit welchen Zielen und Erwartungen sind Sie in diese Partnerschaft gegangen? Seit Anfang 2021 nehme ich am Mentoring-Programm teil. Ziel für mich ist es, mein Wissen und meine Erfahrungen an jüngere Kolleginnen und Kollegen weitergeben zu können. Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt oder haben sich Ihre Erwartungen und Ziele verändert? Ja, meine Erwartungen an das Programm haben sich absolut erfüllt! Was wollten Sie Ihrem Mentee unbedingt mit auf den Weg geben? Ein wichtiger Aspekt war die Persönlichkeitsentwicklung, sowohl im beruflichen Kontext als auch als Person insgesamt. Dazu zählen für mich unter anderem eine gute Kommunikationsebene, ein Wertesystem, soziale und persönliche Kompetenzen sowie die Entwicklung von Resilienz. Hier kommt meine Zusatzausbildung als systemischer Coach zum Tragen. Ich bringe auch systemische Ansätze und Systemaufstellungen in das Mentoring ein und erschließe dadurch ganz neue Einblicke für die Mentees. Ist Ihnen das gelungen? Ich denke ja. Nach einem Jahr Mentoring spricht das positive Feedback meines Mentees für sich. Wie würden Sie Ihre Partnerschaft beschreiben? Es war eine sehr angenehme Zusammenarbeit auf Augenhöhe, geprägt von gegenseitigem Vertrauen und Respekt. Wir bleiben auch weiterhin in Kontakt, auch wenn das Mentoring im Dezember 2021 abgeschlossen wurde. Würden Sie das Mentoren-Programm weiterempfehlen und wenn ja, warum? Ja, denn es ist in jedem Fall eine persönliche Bereicherung und eine Chance zur persönlichen Weiterentwicklung, sowohl für Mentee als auch für Mentorin und Mentor! Werden Sie auch anderen Mentees zur Verfügung stehen? Sobald ich wieder freie Kapazitäten habe, werde ich gerne weitere Mentees unterstützen. 62 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0013 GPM Baumspende-- Gemeinsam den Wald der Zukunft gestalten Antonia Zöls Zur Ehrung ihrer langjährigen Vereinsmitglieder hat die GPM in Kooperation mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald eine eigene Baumspendenaktion ins Leben gerufen. Damit setzt sich die GPM aktiv dafür ein, die Lebensquelle Wald auch für zukünftige Generationen zu schützen und zu bewahren. Im Rahmen der Jubiläen 2022 konnten insgesamt 236 Bäume im Hofoldinger Forst ihre Wurzeln schlagen. Der Wald ist ein vielseitiges und komplexes Ökosystem, das von verschiedenen Faktoren bedroht ist. Klimaveränderungen, Dürreperioden, Waldbrände und die rasante Ausbreitung von Insekten haben unseren Wäldern die letzten Jahre stark zugesetzt. Der Wald ist einer der ersten Verlierer der globalen Erderwärmung und gleichzeitig sowohl global als auch lokal unsere größte Chance im Kampf gegen den Klimawandel. Bäume binden in großen Mengen Kohlendioxid (CO2) und produzieren wertvollen Sauerstoff bei der Fotosynthese. Damit nehmen sie einen entscheidenden Einfluss auf die regionale Sauberkeit der Luft sowie die Umgebungstemperatur. Umgekehrt hat das Klima Auswirkungen auf die Wälder, die sich je nach Artenvielfalt und Aufbau besser oder schlechter an die veränderten Umweltbedingungen anpassen können. Die Aufforstung von geschädigten Waldflächen ist ein notwendiger Schritt, um die heimischen Wälder fit für den Klimawandel zu machen, die Artenvielfalt zu fördern und neue Wälder für eine langfristig verbesserte Boden-, Luft- und Wasserqualität entstehen zu lassen. Wie GPM Mitglieder Bäume wachsen lassen Nachhaltiges Handeln und der Schutz unserer Ökosysteme bilden wichtige Säulen im gesellschaftlichen Engagement der GPM. Deshalb ist das Fokusthema Nachhaltigkeit mit ihren Dimensionen Ökologie, Ökonomie und soziale Gerechtigkeit mittlerweile fest im strategischen Überbau und dem Leitbild der GPM verankert. Um dieser Verantwortung gegenüber ihren Mitgliedern, der Umwelt und der Gesellschaft gerecht zu werden, hat die GPM im Rahmen der Jubiläen ihrer langjährigen Mitglieder eine eigene Baumspendenaktion zur Aufforstung einheimischer Wälder ins Leben gerufen. In Kooperation mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) verpflichtet sich die GPM dazu, von nun an mindestens einmal jährlich für jedes Mitglied mit rundem Jubiläum einen Baum für bayrische Wälder zu spenden. Damit setzt die GPM nicht nur ein Zeichen für Nachhaltigkeit und Umweltschutz, sondern auch ein Zeichen der Wertschätzung für ihre langjährigen Mitglieder, deren anhaltende Treue und persönliches Engagement das Herzstück der Vereinstätigkeit bilden. Anlässlich der Mitglieder-Jubiläen 2022 durften bisher insgesamt 236 Setzlinge im Hofoldinger Forst bei München Wurzeln schlagen. GPM Präsident Prof. Dr. Peter Thuy war im Januar selbst vor Ort, um den Nachwuchs für den Wald in die Erde zu bringen. GPM Präsident Prof. Dr. Peter Thuy bei der Baumpflanzaktion im Münchner Wald GPM intern | GPM Baumspende 63 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0013 Für die Stadt München erfüllt der Hofoldinger Forst eine wichtige Funktion für frische Luft und sauberes Trinkwasser, bietet Pflanzen und Tieren Lebensraum und schafft einen beliebten Rückzugs- und Erholungsort für die Bevölkerung. Fehlende Niederschläge, heiße Sommer, Sturm- und Schneebruchschäden sowie der sich ausbreitende Borkenkäfer haben in den vergangenen Jahren massive Schäden hinterlassen und zu vielen abgestorbenen Bäumen geführt. Deshalb setzt sich die SDW Landesverband Bayern e. V. mit Hochdruck dafür ein, das Waldgebiet auf den fortschreitenden Klimawandel vorzubereiten. Baum ist nicht gleich Baum Paul Killguß, M.Sc. Forst- und Holzwissenschaftler und Waldpädagoge sieht in den gespendeten Bäumen einen erheblichen Gewinn für den Erhalt des Grüngürtels der Stadt: „Die gespendeten Weißtannen können den Hofoldinger Forst ideal ergänzen und eine wichtige Rolle für die Artenvielfalt einnehmen.“ Die Tanne ist ein wahrer Überlebenskünstler, da sie sich gut an die neue Bodenbeschaffenheit durch den Klimawandel anpassen kann. Das massenhafte Absterben der Fichten durch Wassermangel und den gefräßigen Borkenkäfer erzwingt den Einsatz alternativer Baumarten. Denn ein Mischwald ist viel widerstandsfähiger als ein reiner Fichtenforst. Tannen können sich dank ihrer Pfahlwurzel tief im Boden verankern und sind so besser vor den Auswirkungen starker Stürme gewappnet. Bis die eingepflanzten Setzlinge zu stattlichen Bäumen werden, ist jedoch Geduld gefragt. In 60 Jahren werden die Weißtannen voraussichtlich eine Höhe von 25 Metern erreicht haben. Umso wichtiger ist es, unsere Wälder schnellstmöglich mit heimischen und klimastabilen Baumsorten für die Zukunft auf die Beine zu helfen. Dafür setzt sich die SDW auch außerhalb des Waldes, mit vielfältigen Projekten für den Wald- und Naturschutz ein: „Mit unserer Arbeit wollen wir die Gesellschaft dafür sensibilisieren, was gerade in unseren Wäldern passiert und möglichst viele Menschen motivieren, sich selbst zu engagieren. Das fängt schon bei unseren kleinsten Unterstützerinnen und Unterstützern an. Mit unserer Stiftung haben wir im letzten Jahr unser erstes eigenes Schulbuch für die 1. und 2. Klasse veröffentlicht. Ziel des Projektes ist es, Teile des Unterrichts in den Wald zu verlagern, um Schulbildung, handlungsaber auch kompetenzorientiert zu fördern“, so Killguß. Gemeinsam Zukunft gestalten Als gemeinnütziger Fachverband möchte die GPM ihre gesellschaftliche Verantwortung für eine intakte Umwelt und eine lebenswerte Welt auch in das Vereinsleben hineintragen. Die Unterstützung und das tatkräftige Engagement ihrer Mitglieder ermöglicht es der GPM ihre Energie dorthin zu lenken, wo die größte Wirkung für zukünftige Generationen erzielt werden kann. Die GPM Baumspende ist ein Ausdruck der Wertschätzung und des Dankes, die bei allen ein gutes Gefühl hinterlässt. Die GPM ehrt folgende Mitglieder für ihre langjährige, treue Mitgliedschaft: Ehrungen vierzig Jahre Mitgliedschaft: Horst Röser Prof. Dr. Dr. h.c. Martin Schieg Ehrungen dreißig Jahre Mitgliedschaft: Guido Bacharach Reiner Ferken Ulrich Klein Alfred Schölles Michael Buchert Ehrungen zwanzig Jahre Mitgliedschaft: Jörg Ruff Dr. Frank Edelkraut Hans-Peter Köster Dieter Eschlbeck Bärbel Wilgermein Peter Pürckhauer Roland Straube Helmut Schneider Dr. Jörg Passenberg Katrin Reschwamm Weißtannen-Setzling für den Hofoldinger Forst Paul Killguß, Mitarbeiter SDW Landesverband Bayern e. V. GPS Koordinaten der GPM Baumbestände GPM intern | GPM Baumspende 64 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0013 Dr. Conor John Fitzsimons Stephan Argens Stefan Fischer Reiner Horstmeyer Wirtschaftsbau Günther Grassmann Horst Feldmann Elmar Sänger Heiko Teper Peter Schuster VS Consulting Team GmbH Thost Projektmanagement GmbH Ehrungen zehn Jahre Mitgliedschaft: Werner Nagiller Henrik Trettin Sabine Gruber Ursula Stöckli Joachim Helfert Ingrid Mage Dr. Gerd Collignon Uwe Bieneck Frank Fell-Bosenbeck Nick Thomsen Florian Leimeister Heidrun Schneider Matthias Rohde Frank Baumeister Stefan Walter Hans Jürgen Huber Fabian Friz Sabine Kapsammer Marcus Ott Claudia Hans Stefan Holzhauser Dr. Andreas Burkhardt Martina Baehr Volker Böschen Antje Schröter Dr. rer. nat. Markus Hamann Frank Behrend Konstantin Dirbanis Jan Schubert Daniel Meier Dirk Effler Wolfgang Evers Lea Thomas Smith Gennadi Oreper Mehrschad Zaeri Esfahani Kerstin Brill Kathrin Boden Alfred Hennerici Ann Kristin Falkenhain Dr. Uwe Haass Cord Herrmann Ilona Holderbaum Thomas Lemke Dr. Kristina Bieber Christian Weberpals Jan Vandebeulque Leonhard Limburg Jacqueline Maaß Andreas Stengel Joachim Krieger Bilfinger GreyLogix GmbH Braincourt GmbH microTOOL GmbH ONEPOINT Projects GmbH Höcker Project Managers GmbH Maxpert GmbH on management consultants GmbH gkv informatik GbR Südwestrundfunk BRITA GmbH 65 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0014 Heinz Schelle Brunnermeier, M. K.: Die Resiliente Gesellschaft. Wie wir künftige Krisen besser meistern können. Aufbau-Verlag Berlin 2021, ISBN 978-3-351-03925-7, 336 S. Preis 24,00 Euro Der Autor ist deutscher Ökonom, lehrt aber an der Princeton University in den USA. Der ehemalige Leiter des Ifo-Instituts in München, Hans-Werner Sinn, bezeichnet ihn als „als einen der großen Finanzökonomen unserer Zeit“ und sagt „sein Buch sollte jeder gelesen haben, der sich an der gesellschaftlichen Debatte über den richtigen Kurs der Politik in einer verworrenen Zeit beteiligen möchte“. Ähnlich äußern sich zwei Nobelpreisträger für Wirtschaft. Worum geht es? Der Niederbayer Brunnermeier zeigt am Beispiel der Coronakrise, wie man nach ihrer Überwindung für die ganze Gesellschaft oder ein einzelnes Land wieder mehr Resilienz aufbauen kann und wie uns eine resiliente Fiskal-, Geld- und Klimapolitik auf kommende Herausforderungen vorbereiten kann. Unter Resilienz-- ein zentraler Begriff im Buch- - versteht er dabei die Fähigkeit eines Individuums, aber auch einer Gesellschaft oder eines Landes sich nach einem Schock wieder zu erholen, „zurück zu federn“ wie er es auch nennt und bezieht sich dabei immer wieder auf die Fabel von Jean de La Fontaine (deutsch: Eiche und Schilfrohr), in der sich der starke Baum und das im Wind schwankende Rohr darüber streiten, welcher von ihnen der Stärkere ist. Keine Frage natürlich: das biegsame Rohr, das sich auch nach schweren Stürmen wieder aufrichtet. Basierend auf einem furchteinflößenden Literaturverzeichnis von rund 40 Seiten mit etwa 240 Veröffentlichungen entwickelt der Autor seine Strategie am Beispiel Pandemie, wobei er dafür plädiert, auch bei anderen Krisen, etwa einer Finanzkrise oder der jetzigen Energiekrise so vorzugehen. Was hat das alles mit Projektmanagement besser mit Pogrammmanagement zu tun? Auch wenn der Nationalökonom den Zusammenhang nicht explizit herstellt, so ist der doch leicht einzusehen. Die vielen Aktivitäten, die formuliert werden, lassen sich unschwer als Arbeitspakete eines Programms definieren, an deren Ausführung häufig eine Fülle von Institutionen als Akteure bzw. Stakeholder beteiligt sind, die miteinander kommunizieren und die koordiniert werden müssen, um das Programmziel zu erreichen. Bislang kann ich bei derartigen, sehr komplexen Aufgaben eines Landes, etwa bei der Energiewende in der Bundesrepublik, verstanden als Übergang von der nicht-nachhaltigen Nutzung von fossilen Energieträgern sowie der Kernenergie zu einer nachhaltigen Energieversorgung mittels erneuerbarer Energie, derartige Ansätze beim besten Willen nicht erkennen. Brunnermeier verknüpft die einzelnen Arbeitspakete nicht, aber auch das dürfte nicht allzu schwierig sein. In der Disziplin Projektmanagement sind seit Jahren die entsprechenden Instrumente und Konzepte für erfolgreiches Programmmanagement entwickelt worden. In der GPM ist die Notwendigkeit seit langem erkannt worden und es sind viele werbende Veranstaltungen für die staatlichen Entscheidungsträger durchgeführt worden. Wenn ich das richtig sehe, ist allerdings auch der Widerstand gewaltig. Nach nunmehr 53 Jahren Bemühungen, das Führungskonzept Projektbzw. Programmmanagement auch für die Öffentliche Hand nutzbar zu machen, ist mir jeglicher Optimismus abhandengekommen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass nicht nur die Bayerische Staatsregierung, sondern auch andere Regierungen, immer noch, wie es in dem Stück „Der Münchner im Himmel“ heißt, auf die göttliche Eingebung warten. Lesen Sie das Buch trotzdem. Es zeigt uns, was das Führungskonzept, für das wir alle kämpfen, zu leisten im Stande wäre, wenn, ja wenn-… *Ähnliche Konzepte für politische und soziale Programme hat W. Schallehn entwickelt. Siehe dazu „Das Erdmännchen: Projekt. Drei Fundamentalblöcke für globale Weltverbesserer: Konsenskultur-Entwicklungspsychologie-Projektmanagement“. Leipzig 2007: Rezension H. Schelle, Das Erdmännchenprojekt, Projektmanagement aktuell, Heft 3 / 2008, S. 52. Eingangsabbildung: © iStock.com / nicolamargaret Buchbesprechung Die Resiliente Gesellschaft 66 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0015 Kolumne Einmal im Kreis gelaufen-- oder der Weg ist das Ziel Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch- - Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM- Alltag geben. Jens Köhler Ehrlich und Priesberg machen einen Zwischenstopp auf einer Dienstfahrt. Sie halten an einem Parkplatz, der in einen Wald führt. Sie folgen dem großen Wanderweg, der sich allmählich in viele Pfade verästelt. Priesberg prescht auf einem der Pfade eifrig voran. „Komisch, ich habe das Gefühl, dass wir hier schon mal entlang gegangen sind“, stellt Priesberg nach einiger Zeit erstaunt fest. Ehrlich überlegt: „Das kann gut möglich sein, lass‘ uns doch mal den nächsten großen Pfad versuchen, der parallel zum Hauptweg liegen könnte.“ Nach weiterer Zeit erfolglosen Navigierens kramt Ehrlich sein Smartphone hervor, bevor er feststellt: „Kein Empfang. Eine Karte haben wir auch nicht und die Wegweiser geben für mich erstmal keinen Sinn.“ „Auf gut Deutsch-- wir haben uns verlaufen“, stellt Priesberg fest und fährt fort: „Da sind wir doch in Projekten viel besser: Da haben wir stets ein Ziel, nämlich den Weg.“ Ehrlich ist nun sehr verwundert über den mangelnden gedanklichen Transfer seines Kollegen und stichelt: „Soso-- Der Weg ist das Ziel. So wie hier.“ Priesberg widerspricht: „Bis jetzt haben meine Projekte immer ein Ziel erreicht, vielleicht auch nicht das ambitionierte Ausgangsziel.“ Ehrlich sieht eine Bank und setzt sich darauf: „Deswegen verwenden wir auch agile Methoden: Man setzt sich zusammen, formuliert die Anforderungen und einen Sprint später sind sie umgesetzt.“ „Ganz genau. Deswegen sind agile Methoden so flexibel“, ergänzt Priesberg. „Einen Punkt für dich im Bullshit-Bingo. Ich will auch einen machen: Einige Zeit später kommt jemand und formuliert eine Anforderung, die den vorangehenden widerspricht. Und schwupp wird sie auch umgesetzt. Für den einen Sprint ist das richtig, aber insgesamt hat man nichts erreicht, außer die anderen Kunden zu verärgern. Ihre Wünsche sind nun nicht mehr implementiert“, erläutert Ehrlich. Er fährt fort: „‚Wir bauen auf und reißen nieder und haben Arbeit immer wieder‘. Jetzt habe ich auch einen Punkt gemacht.“ Priesberg überlegt: „Unsere Diskussion ist festgefahren, genau wie unser Spaziergang.“ Ehrlich gratuliert: „Bewusstes Unwissen ist der erste Schritt zur Lösung. Vielleicht sollten wir ganz von vorne anfangen: Woher kommt die Aussage ‚der Weg ist das Ziel‘? “ Priesberg grübelt ein wenig: „Irgendwie erinnert mich das an die Schule. Dort war man doch auch schon froh, wenn Schüler eine Aufgabe nur zum Teil geschafft haben. Vielleicht ist ‚der Weg ist das Ziel‘ das pädagogische Element in Projekten, um Beteiligte nicht zu entmutigen.“ Ehrlich ergänzt: „Tja, und am Ende zählen dann doch die Noten, um einen bestimmten Abschluss zu erlangen. Das bringt mich auf folgenden Gedanken: Wer ‚der Weg ist das Ziel‘ als Parole herausgibt, der schafft sich zwei Ziele, anstatt lediglich eines erreichen zu müssen.“ Priesberg stutzt: „Wie das denn? “ Ehrlich fällt ihm ins Wort: „Na folgendermaßen: Schau dir unseren Spaziergang an- - was müssen wir als Erstes angehen? “ Priesberg erwidert: „Wir müssen auf den richtigen Weg zurückfinden.“ Ehrlich amüsiert sich über die unbewusst doppeldeutig formulierte Antwort seines Kollegen und lässt nicht locker: „Was ist danach der nächste Schritt? “ Priesberg winkt ab: „Ja, ich habe es nun verstanden, wir können erst dann das ursprüngliche Ziel erreichen.“ Ehrlich hakt nach: „Und was ist hier und jetzt das Ziel? “ Priesberg erwidert spitz: „Hatten wir denn eines formuliert, bevor wir in den Wald gegangen sind? “ „Ich schon“, antwortet Ehrlich, „nämlich etwas Luft schnappen-- bevor wir dann wieder zurück in die Firma fahren.“ Priesberg überlegt: „Ich wollte ins Freie, da ich bei deiner Fahrweise Kopfweh bekomme.“ „Prima. Ein wunderschöner Zielkonflikt. Er hat uns so richtig vor Augen geführt, was passiert, wenn der Weg im Vordergrund steht und nicht das Ziel“, fasst Ehrlich zusammen. Langsam setzt ein kräftiger Landregen ein und es wird deutlich kälter. Priesberg ist wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen: „Lass es mich mal abstrakt so festhalten: Es ist erstaunlich, wie uns die Schlagworte ‚agil‘, ‚Weg ist das Ziel‘ etc. fehlleiten können.“ Ehrlich klopft ihm auf die Schulter: „Für unser Beispiel vorhin würde ich es so formulieren: Auch im agilen gibt es ein Projektziel und es ist Aufgabe des Produkteigners, es nicht aus den Augen zu verlieren. Solltest du jetzt Mitstreiter haben, denen der Weg wichtiger als das Ziel ist-…“ „…dann lade ich sie zu einem Waldspaziergang mit uns ein“, schließt Priesberg ab, bevor beide beginnen, den Parkplatz zu suchen. Eingangsabbildung: © iStock.com / Comeback Images Jens Köhler Dr. Jens Köhler, BASF SE, fokussiert sich auf die Digitalisierung in Forschung und Entwicklung. Anschrift: BASF SE, RGQ / IM, 67 056 Ludwigshafen, eMail: Jens.Koehler@basf.com 67 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0016 Aus den DACH-Verbänden | IPMA intern Neues aus der IPMA Seit einigen Jahren hat die IPMA internationale Special Interest Groups (SIGs) ins Leben gerufen, die einige der weltweit dringendsten Herausforderungen zu lösen zum Inhalt ihrer Arbeit haben. Die IPMA hat zur Zeit 12 aktive SIGs: • Artificial Intelligence, • Business Agility, • Diversity, Equity and Inclusion, • Energy, • Healthcare, • Environmental, Social, and Governance (ESG), • Innovation & Change, • Megaprojects, • PMO, • Smarter Cities, • Smarter Rural, • Smarter Universities Die IPMA Special Interest Groups bestehen aus Menschen, die ein gemeinsames Anliegen oder eine Leidenschaft teilen und dieses Thema gemeinsam voranbringen bringen wollen. Gemeinsames voneinander lernen ist dabei ein Ziel, sowie neue Standards zu entwickeln, und Ergebnisse zu publizieren, die zur Verbesserung der Prozesse in den einzelnen Branchen oder Bereichen beitragen. Die Ziele der IPMA SIG's sind: • Eine Möglichkeit für alle IPMA-Mitglieder aus allen Member Associations zu schaffen sich zu vernetzen; • Unterstützung der Mitgliedsverbände mit einem neuen Standard; • Förderung von neuen Partnerschaften innerhalb der IPMA (global und lokal); • Einbindung von Mitgliedern und wichtigen Nicht-Mitgliedern wie Branchenexperten. Die Arbeitsweise der SIGs ist ein gemeinsames Verständnis für das jeweilige Thema zu entwickeln durch die Entwicklung neuer Ansätze, innovativer Praktiken und Werkzeuge zum Nutzen der Projektmanagement-AnwenderInnen. Die SIGs arbeiten gemeinnützig auf ehrenamtlicher Basis. Die SIG Mitglieder organisieren Veranstaltungen, Events und Diskussionsrunden und bauen dabei Beziehungen auf und bringen neue Netzwerke auf dem Weg. Jede SIG konzentriert sich auf einen spezifischen Bereich. Mitglieder können Neulinge oder Experten auf dem Gebiet sein, die zur Umsetzung konkreter Ergebnisse in diesen Schwerpunktbereich beitragen. Die IPMA SIGs bieten allen IPMA Mitgliedern in den 71 Member Associations der IPMA weltweit und Branchenexperten die Möglichkeit, sich auszutauschen und einige der weltweit dringendsten Herausforderungen zu lösen. Arbeitsweise der IPMA SIGs: • Situationsanalyse; • internationale Erfahrungen sammeln, wie Menschen in anderen Ländern vorgehen; • Entwickeln von gemeinsamen Problemlösungen und best practices aus den einzelnen Ländern; • gemeinsame Problemlösungsstrategien entwickeln; • Key Assets und neue Fähigkeiten entwickeln; • Diskussionen über aktuelle Entwicklungen; • gegenseitige vor Ort Besuche und Benchmarking; • Wissenszuordnung und Identifizierung von Wissenslücken; • Projektdokumentation. Die SIGs arbeiten mit den folgenden Parametern: • Unterstützung der IPMA-Ziele, • Unterstützung internationaler Veranstaltungen, • Entwicklung von neuen Normen und Standards, • monatliche Treffen / Veranstaltungen (virtuell oder F2F), • min. 1 Webinar pro Jahr, • Live-Veranstaltungen wie Interviews, Diskussionsgruppen, Meetups, Konferenzen, • Ergebnispublikation wie z. B. Berichte, White Paper, Fallstudien, Studien, Blogs, verbreitet über IPMA-Netzwerke und Medien. Die IPMA betreibt nur eine begrenzte Anzahl von SIGs und tritt dabei nicht mit lokalen, in der GPM, pma oder spm ansässigen Fachgruppen in Konkurrenz. Die IPMA SIGs werden wie folgt administriert: • Die SIG-Leitung bildet einen Lenkungsausschuss, • SIGs arbeiten mit einer einjährigen Charta, die jedes Jahr erneuert wird, abhängig von dem jeweiligen Fortschritt, • IPMA SIGs arbeiten unabhängig von den Member Associations, jedoch in Koordination und Zusammenarbeit mit den Member Associations, • gemeinsame Veranstaltungen und Gelegenheiten zwischen SIGs und den Member Associations werden gefördert und erwartet. SIG-Lenkungsausschuss (Steering Committee) • Das Steering Committee richtet alle SIGs auf die IPMA Ziele aus. • Das Steering Committee besteht aus allen SIG-Sprechern unter der Leitung des VP Professional Development. SIG-Sprecher • Jede SIG hat einen Leiter, der eine respektierte Führungspersönlichkeit ist. • Die SIG-Leiter treiben die SIG voran und motivieren die Mitglieder zum Engagement. Aus den DACH-Verbänden | Neues aus der IPMA Jetzt online lesen in unserer neuen eLibrary www.pmaktuell.de Der Online-Zugriff ist in den Leistungen für GPM Mitglieder inbegriffen. Noch kein GPM Mitglied? Schreiben Sie uns unter mitglieder@gpm-ipma.de. Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L Anzeige SIG-Unterstützung • Die IPMA unterstützt mit einer Mitarbeiterin die logistische Administration der SIGs. Wenn Sie Interesse an der Mitarbeit in einer der IPMA SIGs haben, dann bewerben Sie sich mit Hilfe des Formulars auf der IPMA Webseite: https: / / sig.ipma.world/ . Prof. Dr. Yvonnne Schoper Prof. Dr. Yvonnne Schoper ist Professorin an der HTW Berlin mit dem Schwerpunkt Internationales Projektmanagement und Vice President Membership & Young Crew der IPMA. Ihre Forschungsinteressen sind die Projektifizierung der Wirtschaft und der Einfluss der Kultur auf das Projektmanagement. eMail: yvonne.schoper@HTW-Berlin.de ORCID: 0000-0002-7731 - 5081 69 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0017 Aus den DACH-Verbänden | GPM intern Die GPM Fach- und Regionalgruppen Die derzeit 39 Regionalsowie 38 Fachgruppen der GPM bieten eine Plattform zum branchenübergreifenden Networking und Erfahrungsaustausch. Sie leisten damit wichtige fachliche Basisarbeit innerhalb des Vereins. Die Regional- und Fachgruppen bieten darüber hinaus ein breites Angebot von in der Regel kostenlosen Veranstaltungen zum Projektmanagement. Weitere Informationen und Ansprechpartner der einzelnen GPM Fach- und Regionalgruppen finden Sie auf der GPM Website unter: www.gpm-ipma.de / know_how / fachgruppen.html bzw. www.gpm-ipma.de / ueber_uns / regionen.html Neue Firmenmitglieder stellen sich vor-… Firma Hauptgeschäftsgebiet PM-Aufgaben und -Bedeutung Erwartungen an die GPM Solvatis Consult GmbH Co. KG www.solvatis.de Andreas Gerads, agerads@solvatis.de Solvatis mit Sitz in Köln ist seit über 21 Jahren als IT-Beratungsunternehmen für führende Unternehmen aus den Branchen Telekommunikation, Logistik, Transport, Automotive und Utilities etabliert. Solvatis steht für Erfolg in anspruchsvollen und komplexen IT-Projekten. Erstklassiges Projektmanagement ist eine unserer Kernleistungen, wenn es darum geht die vielfältigen IT-Projekte unserer Kundinnen und Kunden erfolgreich ins Ziel zu führen. Wir hoffen auf ein aktives Netzwerk und interessante Fortbildungen- - das Team der Solvatis freut sich jedenfalls bereits auf den Erfahrungsaustausch mit der GPM Community! Mate Solutions mate-solutions.de Simon Volmer, simon@mate-solutions.de Die Mate Solutions beschäftigt sich mit Cloud Migrationen, RPA & Operational Excellence. Geht es also darum, eine Anwendungslandschaft in die Cloud zu migrieren, eine Machbarkeitsstudie für RPA im eigenen Unternehmen durchzuführen oder die Betriebsstabilität einer kritischen Anwendung zu sichern, ist die Mate Solutions der richtige Partner für die Planung und Durchführung. Die Mate Solutions passiert bei den Kundinnen und Kunden, weshalb auch nur dort Projektmanagement passiert. Hier zeigt sich, dass Projektmanagement ohne technische Tiefe entgegen vieler Lehrbuchmeinungen oft ineffektiv ist, wenn es um technische Projekte mit hohem Lieferdruck oder wandelbarem Scope geht. Wir sind gespannt auf das neue Netzwerk und interessante Zertifizierungen. SIEVERS-SNC Computer & Software GmbH & Co. KG www.sievers-group.com Andre Herkenhoff, hallo@sievers-group.com Als Full-Managed-Service-Dienstleister bietet die SIEVERS-GROUP ganzheitliche IT-Architekturen zur strategischen Unternehmensführung von betriebswirtschaftlicher Software über Infrastrukturlösungen bis zu Telekommunikationssystemen. Ziel des IT-Providers: Kundinnen und Kunden beim Übergang hin zu digitalen Geschäftsmodellen, Cloud-Technologien und neuen Formen der Zusammenarbeit bestmöglich zu unterstützen. Eines unserer zentralen Anliegen ist es, durch ein strukturiertes, gesteuertes und dokumentiertes Projektmanagement eine professionelle und damit sorgenfreie Umsetzung der Projektaufträge für unsere Kundinnen und Kunden sicherzustellen. Um einen hohen Standard zu gewährleisten, sind unsere Projektleiterinnen und Projektleiter mindestens IPMA-zertifiziert und verfügen zusätzlich über langjährige Erfahrung in der IT-Branche. Seit Ende 2022 ist die SIEVERS-GROUP zudem offiziell nach ISO 21 500 und ISO 21 502 zertifiziert. Wir sehen in der GPM eine Plattform für den fachspezifischen Wissenstransfer, den branchenübergreifenden Erfahrungsaustausch und ein inspirierendes Networking in der (über-) regionalen PM- Community. IPMA/ GPM/ pma/ spm | GPM intern Die neue Buch-Reihe aus der Kooperation von UVK und der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Die Reihe behandelt insbesondere neue Fachthemen und neue Herangehensweisen in der Projektmanagementpraxis. Dabei steht der konkrete Nutzen für die praktische Anwendung im Vordergrund. Leser und Leserinnen dürfen sich demnach sowohl auf einen Wissenszuwachs als auch Tipps für den Praxisalltag freuen. Band 1 und 2 sind jetzt erschienen! Alle Bände der Reihe in Print oder eBook und mehr Informationen finden Sie unter www.uvk.de Projektmanagement neu denken Anzeige WIKA Alexander Wiegand SE & Co. KG www.wika.de Daniel Heintz, Daniel.Heintz@wika.com WIKA ist weltweit führend in der Druck-, Temperatur-, Füllstands- und Durchflussmesstechnik mit einem Jahresumsatz von ca. 1 Milliarde Euro. In diesen Bereichen sind wir in führenden Projekten weltweiter Ansprechpartner. Auf Basis unserer hochwertigen Messtechnik-Komponenten entwickeln wir gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden umfassende Lösungen. Wir verfügen über ein breit aufgestelltes Projektteam mit erfahrenen und qualifizierten Projektmitarbeitenden, um die komplexen Aufgabenstellungen im Global Project Business vollumfänglich und fristgerecht umsetzen zu können. In der GPM sehen wir eine kompetente Partnerin, die uns in der weiteren Entwicklung unserer Projektorganisation unterstützt. 71 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0018 Aus den DACH-Verbänden | GPM intern Regionalkonferenz zu Commercial Project Management Am 19. April 2023 findet in München die Regionalkonferenz der GPM, Fachgruppe CPM zum Commercial Project Management (CPM) statt. Vertreter von Unternehmen im süddeutschen Raum, die als Auftragnehmer für nationale und internationale Projekte im Anlagenbau und der Infrastruktur arbeiten, sind zur Tagung herzlich eingeladen. Erfahrungen aus der Praxis werden aufgezeigt, Gestaltungsmöglichkeiten präsentiert und diskutiert, ein fachlicher Gedankenaustausch initiiert. Bei CPM geht es um die nicht-technische Seite von nationalen und internationalen Kundenprojekten, also im Wesentlichen um die vertragliche und kaufmännische Auftragsanbahnung und -bearbeitung. Typische Aufgaben finden sich z. B. in: Vertrags- und Claim Management, Risikomanagement, Kalkulationen, Finanzierung, Steuern und Abgaben, Unterauftragnehmer-Management, Versicherungen, Abnahmen usw. Das Schaubild gibt einen Überblick über die Aufgaben im CPM. Die Tagung findet in den Räumen der renommierten Firma Giesecke + Devrient (G+D) in München statt. Die Fachgruppe CPM freut sich, dass G+D durch ihre großzügige Unterstützung die Tagung möglich gemacht hat und bedankt sich herzlich dafür. Diese Tagung beleuchtet erstmals das Themen- und Aufgabengebiet CPM als notwendige und wichtige Ergänzung zum (technisch orientierten) Projektmanagement. Sie soll verdeutlichen, dass der Erfolg von Kundenprojekten sowohl ein Verdienst qualifizierter Technik und Projektbearbeitung wie auch kompetenten Umgangs mit der Gesamtheit nichttechnischer Fragen ist. Der Projekterfolg hat seine Quellen auf beiden Seiten. Zum Zeitpunkt der Drucklegung waren noch nicht alle Details der Tagung bekannt. Aktuelle Informationen sowie die Möglichkeit der Anmeldung finden Interessenten jedoch jederzeit auf der Website der FG CPM: https: / / www.gpm-ipma.de / netzwerk / facharbeit / commercial-project-management Prof. Dr. Hasso Reschke Mitglied FG CPM Aufgaben- und Verantwortungsübersicht für CPMgr. Quelle: Oleniczak, 2019 72 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0019 Aus den DACH-Verbänden | pma intern Ein Hoch auf 50 Jahre pma! Vom Verein zur Förderung der Netzplantechnik in den 70ern bis zur heute größten Projektmanagement-Vereinigung in Österreich. Ein Gespräch über pma Meilensteine mit Brigitte Schaden, Günther Lauer und Arkad Kuhnle. Günther Lauer © pma / L. Schedl Brigitte Schaden © pma / L. Schedl Arkad Kuhnle © pma / L. Schedl Ein Blick zurück „Zu Beginn ging es im Projektmanagement darum, Prozesse zu verkürzen, weniger Geld auszugeben und alle Expertisen einzubinden, die notwendig waren“, sagt pma Präsidentin Brigitte Schaden. „Große Meilensteine markierten Stakeholder- Management und Kontext; und Sozialkompetenzen gewinnen immer mehr an Bedeutung. Was mich freut, ist, dass es uns als pma gelungen ist, mit Ausbildungsanbietern ausgewogen zu kooperieren. Wir haben pma geöffnet und darauf geachtet, dass wir uns an den IPMA® Standards ausrichten und nicht an persönlichen Sichtweisen. Was das Morgen anbelangt, sehe ich Artificial Intelligence (AI) als wichtige Entwicklung an. Damit einhergehen zusätzliche Projektrisiken, die wir im heurigen pma focus unter dem Titel „Fakt oder Fake“ behandeln werden. Die Gegenwart „Agilität ist mittlerweile im Projektmanagement angekommen“, sagt pma Vorstandvorsitzender Günther Lauer. Projekte müssen in viel kürzeren Zeiten umgesetzt werden, und so haben auch neue Modelle und Methoden Einzug gehalten. Wir erleben heute, dass sich die Komplexität sowohl in den Projekten als auch im Projektmanagement erhöht hat. Man baut selten auf der grünen Wiese, sondern meist in etwas Vorhandenem. Das reicht von der Umweltverträglichkeit bis hin zu IT-Sicherheitssystemen. Wenn ich auf die vergangenen 30 Jahre zurückblicke, liegen die Probleme, die wir in Projekten haben, großteils immer noch in der Kommunikation. Daher gehören Social Skills zu den wichtigsten Fähigkeiten von Projekt-, Programm- und Portfoliomanager*innen. Die Zukunft „Wenn ich mich mit der Zukunft des Projektmanagements beschäftige, denke ich an Blockchain und wie man diese Technik nutzen könnte“, so pma Vorstand Arkad Kuhnle. „Mich bewegen beispielsweise die CryptoWiener, das Künstlerkollektiv, das Räume aus Pixel erschafft. Darüber hinaus geht es um den Einfluss von Artificial Intelligence. Heute sind unsere Teams gewohnt, mit Suchmaschinen wie Google umzugehen, morgen müssen wir vorbereitet sein, AI wie zum Beispiel ChatGPT zu nützen. Für mich sind heute ausreichend Wissen, Methoden und Unterstützung im Projektmanagement vorhanden, sei es klassisch oder agil, aus dem ich als Projektmanager*in wählen kann. Es ist alles da, es muss nur angewendet werden! “ pma Mitglied vor den Vorhang Evoloso Organisationssoftware & Consulting GmbH Eggenberger Allee 49, 8020 Graz Kontakt: Werner Juwan, Mail: sales@pm-smart.com www.pm-smart.com / de Hauptgeschäftsgebiet: Evoloso bietet mit der PM SW pm-smart eine umfassende, praxisorientierte, leicht erlernbare, skalierbare Projektmanagement Software an und unterstützt den Prozess Projektmanagement konsequent angelehnt an die Vorgaben der IPMA Richtlinien. PM-Aufgaben und Bedeutung: Das Produkt pm-smart ist eine hybride, Multi-PM SW. Das Tool bietet folgende Module: Einzel-, Multiprojekt-, Programm- und Ressourcenmanagement sowie ein Projektmitarbeiterportal mit Zeiterfassung und ein Portal für Führungskräfte. Einsatzfelder: Innovations-, Investitions-, Kundenprojekte Anlagenbau und OE / IT Projekte. 73 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0020 Aus den DACH-Verbänden | spm intern spm. 40 Jahre Vielfalt (Bild spm) «Established 1983» könnte das Motto des anbrechenden Jahres für den spm lauten. Das vierzigjährige Bestehen eines Fachverbands ist an sich schon etwas Bemerkenswertes. Umso mehr, wenn das Vereinsleben floriert, während manch anderer Verein den Schwund an Mitgliedern und Engagement beklagt. Auch könnte ein solches Jubiläum Gelegenheit bieten, auf die reichhaltige Vereinsgeschichte zurückzublicken. Viel hat sich entwickelt, seit sich eine Gruppe von Projektmanagement-Enthusiasten am 10. Februar 1983 zusammenfand und die Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement gründete. Am augenscheinlichsten ist wohl, dass die Zahl der Mitglieder und Veranstaltungsteilnehmenden über die Jahre kontinuierlich anstieg. Dieses Netzwerk ermöglichte unter anderem die Entwicklung von Zertifizierungen, Bildungsinitiativen und eines umfangreichen Veranstaltungsportfolios. Es gibt jedoch auch Werte, welche seit den Anfängen Bestand haben. So war insbesondere die umfassende Förderung des Projektmanagements in der Schweiz bereits bei der Gründung die oberste Zielsetzung unseres spm-- daran hat sich bis heute nichts geändert. Nach 40 Jahren bleibt das Ziel dasselbe und ist ungebrochen aktuell. Aus diesem Grund wollen wir zu diesem runden Geburtstag nicht in der Historie schwelgen. Vielmehr wollen wir diese Gelegenheit nutzen die mannigfaltigen Initiativen, Veranstaltungen, Angebote und insbesondere die Menschen in unserem Netzwerk hochzuhalten, die den spm wie er heute ist, erst ermöglichen. So steht das Jubiläumsjahr ganz unter dem Leitsatz «spm. 40 Jahre Vielfalt». Wir begehen dieses Jahr mit einem vollgefüllten Veranstaltungskalender, in dem zwischen spm. talks, kritischen Diskussionen bei spm.debatte, Betriebsbesuchen mit spm.unterwegs und gemütlichem Networking beim spm.stammtisch in Zürich, Bern und Basel für jedes Bedürfnis etwas geboten wird. Zu unserer beliebten Frühjahrstagung kommt neu im Herbst die Unkonferenz PM-Camp in Zürich. Für Interessierte, die selbst aktiv werden möchten und sich zu Fachthemen austauschen wollen, bieten unsere Fachgruppen von Agilität über Projektmanagement in der Forschung bis zum Mittwochdenken ein Netzwerk für neue Kontakte und Impulse. Den Höhepunkt unserer Feierlichkeiten bildet im Anschluss an die Frühjahrstagung 2023 unser Jubiläumsfest am 6. Juni, bei dem wir mit unseren Mitgliedern und Gästen auf 40 Jahre Vielfalt anstossen dürfen. Wir freuen uns auf viele weitere Jahre Projektmanagement in aller Vielfalt! Lucia Nievergelt 74 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0021 Er hat das Projektmanagement geprägt-- und das Projektmanagement ihn Zum Tode von Manfred Saynisch Nach der Ingenieurschule trat Manfred Saynisch 1965 in die Junkers Flugzeug- und Motorenwerke, München ein und machte die ersten Erfahrungen mit Netzplantechnik. Nachdem unter seiner Mitarbeit HEOS-1 als erster Satellit Deutschlands auf den Weg gebracht war, sollte die Luft- und Raumfahrt noch lange sein Leben prägen. Zu Recht stolz war er nicht nur auf seinen Beitrag im ARIANE-Programm zur Entwicklung einer Trägerrakete, sondern auch auf die in dem Zusammenhang weiterentwickelten und publizierten Erkenntnisse zum Projekt-, Änderungs- und Konfigurationsmanagement. Über das interdisziplinäre System Engineering wurde sein breites und vielseitiges Interesse geweckt, wurde das interdisziplinäre Denken zu einer Lebensphilosophie. So erarbeitete er zunächst die Zeit-Kosten-Integration, die Produktzentrierung des Projektmanagements wie auch die Projektorientierung ganzer Unternehmen. Die Arbeiten fanden Anerkennung in nationalen und internationalen Auszeichnungen-- mehrfach auch durch die IPMA, auch schon zu Zeiten, als diese sich noch INTERNET nannte. Insbesondere die systemisch-evolutionären Ansätze griffen tief in sein Leben ein und prägten sein Verständnis des Lebens und der Gesellschaft. Wesentlich beeinflusst wurde seine Denk- und Arbeitsweise durch Prof. Ervin László (u. a. Mitbegründer des Club of Rome) und Prof. Heinz von Foerster (u. a. Katalysator einer neuen Kybernetik und Erkenntnistheorie). Der Kongress zur Selbstorganisation und Zukunft des PM 1994 gipfelte in einem Dämmerstundengespräch „Praktiker fragen-- die Meister antworten“, zu dem er die international maßgeblichen Professoren Paul Watzlawick, Ernst von Glasersfeld, auch Ervin László und Heinz von Foerster nach Heidelberg einlud und das er selbst moderierte. Seine Forschungen zum PM 1. und 2. Ordnung mündeten in eigene Projekte, die er im Forschungsprogramm „Neue Wege im Projektmanagement“ zusammenfasste. Ihre Ergebnisse 1996-2000 erschienen 2002 in dem umfangreichen gleichnamigen Werk. Mit dem IPMA Research Award in Krakau und dem ICCPM Research Prize in Brisbane erhielt er weitere Anerkennung. Die von ihm gegründete „Manfred Saynisch-Stiftung für Projektmanagement“ organisiert sich aktuell neu und wird in seinem Namen und ihm zu Ehren fortgeführt. „Ich kann in Zusammenhängen denken. Komplexe Systeme machen mir keine Angst“, war seine Art zu denken. Sie hat ihn bis zum letzten Tag begleitet. Manfred Saynisch-- Experte, Förderer und Forscher im Projektmanagement-- hier 2018 in der Philharmonie in München (Foto: priv.) Manfred Saynisch (* 14. 09. 1936 ✞ 21. 12. 2022) • 1975 Mitglied im DIN-Normungsausschuss zum Projektmanagement • 1979 Gründungsmitglied der GPM • 1989, 1998, 2004 Ehrenurkunde der GPM für erfolgreiche Methodenentwicklung und aktive Facharbeit • 1990-2013 Redaktionsbeirat der Projektmanagement Aktuell • 2002 Verleihung der Ehrenmitgliedschaft der GPM • 2002 Publikation „Neue Wege im Projektmanagement, Ergebnisse 1996-2000“ • 2004-2007 Mitglied des Kuratoriums der GPM • 2006 Gründung der Manfred Saynisch Stiftung für Projektmanagement • 2007 IPMA Research Award und GPM-Ehrenmedaille für die Gründung und langjährige Leitung des Forschungsprogramms „Neue Wege im Projektmanagement“ • 2010 ICCPM Research Prize (für „Mastering complex projects by radical re-thinking of project management”) • 2011 Project Management Journal Paper of the Year Award by PMI (für: “Mastering Complexity and Changes in Projects, Economy of Society via Project Management Second Order”) • Referent und Autor (139 Veröffentlichungen) uvk.de Damit Sie mit Ihrem Team schneller ans Ziel kommen! 76 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 01/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0022 Auf ein Wort mit-… Andreas Schunke, Aufsichtsrat bei der österreichischen Knorr- Bremse GmbH Von Martina Peuser Zur Person | Dr.-Ing. Andreas Schunke ist Aufsichtsrat bei der österreichischen Knorr-Bremse GmbH und unterstützt mit seiner Firma „product-ING“ beratend Projekte mit strategischem Produktfokus. Sein Karrierepfad führte ihn über Stationen in der Kraftstoff- Betankungstechnik in den weltweiten Bahnmarkt, zuletzt als Geschäftsführer der Knorr-Bremse IFE. Wie sind Sie zum Projektmanagement gekommen? Ich bin eigentlich kein Projektmanager, führe aber strategische Produktentwicklungen. Für solche Aufgaben bekommen wir jetzt unter dem Stichwort „agil“ anerkannte Methoden, die uns weiterhelfen. An welchem Projekt arbeiten Sie gerade? An der Entwicklung eines neuartigen automatischen Türsystems für Eisenbahnen auf der Basis von Linearmotortechnik. Zurzeit sind wir in der Markteinführung. Gelten in Ihrem Bereich bestimmte Standards und Methoden? Für die Validierung werden klassische Methoden verwendet. Allerdings testen wir das Produkt bis zu seiner Zerstörung. Aus den Versagensmechanismen leiten wir dann weitere Optimierungsschleifen ab. Bei der Produktentwicklung selbst ist die Balance zwischen schöpferischer Freiheit und stringenter Ergebnisorientierung entscheidend. Für wirklich neue Ansätze braucht es meist mehrere parallele Pfade. Erfolgskritisch sind die Zeitpunkte, zu denen ausgewählt wird und das Projekt auf den vielversprechendsten Pfad zurückgeführt wird. Welche historischen Projekte bewundern Sie am meisten? In meiner Branche war das Ende der 1960er Jahre die Entwicklung des heute noch aktuellen Hub-Spindelantriebs für Bustüren. Ich hatte das Glück, den Erfinder noch persönlich kennenlernen zu dürfen. Was wäre Ihr Traumprojekt? Das aktuelle ist schon sehr nahe dran. Was zeichnet Sie als Projektmanager besonders aus? Marktkenntnis, technische Breite und Tiefe bis in die Kosten hinein und Entscheidungsfreude. In Summe geht es doch darum, ein „Geschäft“ zu verstehen und dafür etwas Besseres zu schaffen. Was motiviert Sie, in Projekten zu arbeiten und Projekte zu leiten? In eine Bahn zu steigen und dabei etwas zu erleben, woran ich schöpferisch mitgewirkt habe. Welche Tipps haben Sie für den Projektmanagement-Nachwuchs? Methoden sind das eine. Das ganze Geschäft und vor allem die handelnden Menschen zu verstehen, ist das andere. Wesentliche Erfolgsfaktoren sind die Menschen, die nicht selbst am Projekt beteiligt sind, aber ebenso begeistert werden müssen. Welche Eigenschaften schätzen Sie an Projektmanager*innen am meisten? Projektmanagement ist aus meiner Sicht eine wertvolle Zusatzqualifikation für Menschen, die „ihr Geschäft“ verstehen und dabei Projekte stringent führen müssen. Welche Trends sehen Sie im Projektmanagement? Eine Abkehr von der Methodenfixiertheit hin zum Handeln und ein „agilerer“ Einsatz von unterschiedlichen Methoden im Sinne eines Werkzeugkoffers. Was wollen Sie den Lesern mit auf den Weg geben? Jedes Projekt hat seine Zitterphase. Ohne Stehvermögen und auch etwas Sturheit kommt man nicht über diesen Punkt und damit nicht zum Erfolg. Prof. Dr. Martina Peuser ist Professorin mit den Schwerpunkten Projektmanagement und Organisation, Unternehmensberaterin und Keynote Speakerin. Als Entwicklerin des Multi Top Performance Radar (MTPR ©) begleitet sie Unternehmen bei der Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit zu agilen und absolut kundenorientierten Marktführern. In ihrer Kolumne gibt sie spannende Kurzeinblicke in Lebensläufe und Gedanken von im Projekt tätigen Personen. PM Forum Köln Zwei halbe Tage: Kreative Workshops und aktives Netzwerken PM Forum Digital Zwei halbe Tage: Impulsgebende Vorträge und inspirierende Praxisbeispiele www.junfermann.de - Wir liefern versandkostenfrei! Frauke Niehues Impacttechniken Kompetenz! Box • Therapie und Beratung Impacttechniken aktivieren Emotionen und beziehen die Sinne in den Lernprozess mit ein. Sie helfen, kreative Lösungen zu finden, und wirken besonders tiefgreifend, umfassend und nachhaltig. Ressourcen- und lösungsorientiert können sie komplexe Konzepte begreifbar machen, die Wurzeln von Emotionen und Verhalten erreichen und festgefahrene kognitive Konzepte verändern. Impacttechniken sind schnell ein- und umsetzbar und mit allen Therapie- und Beratungsrichtungen kombinierbar. Dieses Kartenset bietet 105 Techniken zur Lösung häufiger Herausforderungen im Veränderungsprozess sowie Themen wie Selbstwert, Emotionsregulation, Selbstmanagement u. v. m. Eine digitale Version der Karten und multimediale Zusatzmaterialien wie Videos, Audios und Handouts unterstützen den wirkungsvollen Einsatz im Präsenz- und Onlinesetting. Vielfältige Materialien: • 105 Impacttechniken auf 122 Karten in stabiler Box • 25 Videos • 14 Handouts • 3 Audiodateien • Booklet mit dem fachlichen Hintergrund Dieses Kartenset bildet den Auftakt zur Kartenset-Reihe Kompetenz! Box zu psychotherapeutischen Techniken und Ansätzen, herausgegeben von Frauke Niehues und Ghita Benaguid . Print + E-Book • € (D) 50,00 • ISBN 978-3-7495-0344-5 Direkt zum Shop! Vom Kleinunternehmer über den Mittelstand bis hin zu weltweit agierenden Konzernen: Mit Projektron BCS und Projektron BCS.start bieten wir Ihnen die passende Lösung. Für klassische, agile oder hybride Projekte. 1. Platz Process Solution Award 2022 Prozessorientierte Reorganisation Prozessoptimierung Projektmanagement- Software auswerten koordinieren planen projektron.de BCS im dunklen Modus