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PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
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UVK Verlag Tübingen
81
2023
344 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.
Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L www.pm-aktuell.de Projekte für die Gesellschaft Ausgabe 4/ 2023 | 34. Jahrgang Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM3) FÜR IHRE KARRIERE IM PROJEKTMANAGEMENT GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. I www.gpm-ipma.de I weiterbildung@gpm-ipma.de Das GPM Weiterbildungsangebot Das umfassende GPM Weiterbildungsangebot bietet Ihnen den Schlüssel für erfolgreiches Projektmanagement. Besuchen Sie deutschlandweit Lehrgänge und Coachings nach GPM Qualitätsstandards - durchgeführt von erfahrenen Autorisierten Trainingspartnern und Akkreditierten Trainern. Zusätzlich werden Ihnen auch reine Online-Trainings angeboten. Autorisierter Trainingspartner Bei unseren Weiterbildungspartnern finden Sie das passende Angebot. Jetzt Kontakt aufnehmen und beraten lassen! weiterbildung@gpm-ipma.de Unsere Weiterbildungspartner finden Sie hier: www.gpm-ipma.de > Weiterbildung mit Zertifikat > Weiterbildungspartner 1 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Am Tullnaupark 15, 90402 Nürnberg Unter Mitwirkung von Spm - Swiss Project Management Association Flughofstraße 50, CH-8152 Glattbrugg und Projekt Management Austria Palais Schlick, Türkenstraße 27/ 2/ 21, A-1090 Wien Redaktion: Prof. Dr. Steffen Scheurer, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (Chefredakteur) Oliver Steeger, Alfter (Ressort Report) Nadja Saoudi, GPM Nürnberg Dr. Thor Möller, prometicon projects GmbH, Bremen Redaktionsbeirat: Prof. Dr. Peter Thuy (Präsident GPM) Dr. Dieter Butz Axel Graser, Südwestrundfunk / SWR Prof. Dr. Nino Grau, Grauconsult GmbH Prof. Dr. Katrin Hassenstein, Hochschule der Medien Stuttgart Prof. Dr. Claus Hüsselmann, Technische Hochschule Mittelhessen Dr. Ingrid Giel, spm, Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement Brigitte Schaden, pma (Projektmanagement Austria) Prof. Dr. Doris Weßels, Fachhochschule Kiel G 6010 34. Jahrgang, 4/ 2023 ISSN 2941-0878 Verlag: UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5, 72070 Tübingen Telefon: +49 (0)7071 97 97 0 Telefax: +49 (0)7071 97 97 11 www.projektmanagement.digital © 2023 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG, Tübingen Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlages. Namentlich gekennzeichnete Beiträge sowie die Inhalte von Interviews geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion oder des Verlages wieder. Zeitschriftenkoordination: Patrick Sorg eMail: sorg@narr.de Anzeigenverwaltung: Stefanie Richter Telefon: +49 (0) 89 / 120 224 12 eMail: richter@narr.de Erscheinungsweise: 5 Hefte pro Jahr Bezugspreise für Privatpersonen: Einzelheftpreis: EUR 20,- Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 88,- Bezugspreise für Institutionen: Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 198,- Preisänderungen vorbehalten. Der Bezugspreis für Mitglieder der GPM ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Alle Preise zzgl. Versandkosten und inkl. MwSt. Die Kündigung ist sechs Wochen vor Ende eines Kalenderjahres schriftlich an den Verlag zu richten. Sonderausgaben werden zusätzlich berechnet. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift ohne Verschulden des Verlages oder infolge höherer Gewalt entfällt für den Verlag jegliche Lieferpflicht. Umschlagabbildung: © iStock.com/ Prostock-Studio Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird die männliche Form verwendet (generisches Maskulinum). Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter und beinhalten keine Wertung. Impressum 2 Editorial Reportage 3 Interview mit Professor Peter Thuy, Präsident der GPM 7 „Vom Start bis zur Ziellinie: Der Ulmer Einstein-Marathon 14 Lokalprojekte - innovatives Projektmanagement und Sinnstiftung 21 Die Ideen junger Menschen aufgreifen 25 Mehr als Mitfühlen Wissen 30 Zukunftsfähige Projektportfolios 36 „Lessons Learned“ aus „Best Practices“ greift zu kurz 41 Projekte hocheffektiv umsetzen 44 Wittgenstein und das Projektmanagement: Was wir vom Philosophen für die Praxis lernen 49 Methodik zur Auswahl von Datenerfassungstechnologien 54 Digitale Nachweise und europäische Interoperabilität - eine Herausforderung für das Projektmanagement der Zukunft 58 Make it Circular 60 Die Hauptstadtrepräsentanz der GPM wird zur Austauschplattform Kolumne 61 Dabei sein ist alles Aus den DACH-Verbänden 62 GPM intern Die GPM Fach- und Regionalgruppen 64 pma intern 65 Nachruf 66 spm intern 68 Auf ein Wort mit-… Stefan Binkowski 2 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0065 Editorial Editorial Projekte für die Gesellschaft Liebe Leserinnen und Leser, unsere Gesellschaft steht vor großen Herausforderungen. Wenn man einen Eindruck davon erhalten möchte, welche dies sind, dann lohnt sich ein Blick auf Statista. Auf die weltweite Umfrage unter Millennials „Welche der gesellschaftlichen Herausforderungen bereiten Ihnen die größten Sorgen? “ standen 2022 die steigenden Lebenshaltungskosten, der Klimawandel / Umweltschutz, das Gesundheitswesen / Krankheitsprävention, die Arbeitslosigkeit, die Einwanderung sowie die Kriminalität / persönliche Sicherheit im Vordergrund. [1] Weitere Herausforderungen sind die Digitalisierung aller Lebensbereiche, der demografische Wandel, insbesondere in den Industriegesellschaften, das Thema der Ernährungssicherheit und viele weitere Themen mehr. Nicht wenige Berichterstatter sehen die „Gesellschaft unter Druck“. Hierbei geht es um den sozialen Zusammenhalt, um die Integration neu zugewanderter Mitbürger, um Bildung, aber auch um den Erhalt der Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft. Wir stehen vor gewaltigen Aufgaben. Was ist also zu tun? Wie immer hilft: ruhig bleiben und dann Schritt für Schritt Lösungen erarbeiten. Zum Glück haben wir mit dem Projektmanagement eine Methodik, mit der wir einen Großteil der Herausforderungen systematisch angehen können. Wir wollen in diesem Heft zeigen, dass Projekte auf den verschiedensten Gebieten wichtige gesellschaftliche Beiträge leisten können. Lesen Sie zur Einstimmung das Interview mit Peter Thuy, der auf die Bedeutung der Megatrends für die Gesellschaft eingeht, und erklärt, wie Politik und öffentliche Verwaltungen von Projektmanagement profitieren- - und wie Projektmanager beitragen können, die zukünftigen Herausforderungen zu meistern. Zudem blickt er auf sein erstes Jahr als GPM-Präsident zurück Im Beitrag von Birgit Delago und Helmut Klausing erfahren sie, wie mit Projektmanagement das größte jährliche Laufevent in Süddeutschland, der Ulmer Einstein-Marathon, organisiert werden kann. Katja Büchner und Charlotte Bock zeigen, wie das gemeinnützige Unternehmen Lokalprojekte eine innovative Möglichkeit bietet, fachlich qualifizierte Personen aus Wirtschaft und Gesellschaft mit Kommunen und Behörden über die gemeinsame Arbeit an sinnstiftenden Projekten zusammenzubringen. Das Familienunternehmen Trumpf sieht in der Ausbildung junger Menschen eine soziale Verantwortung. Marco Klein und Stefan Oberrieder berichten im Interview mit Oliver Steeger, wie sie junge Menschen mittels Projekte in die Entwicklung des neuen Aus- und Weiterbildungszentrums einbezogen haben und weshalb sich die Ideen der jungen Menschen für ihr Unternehmen lohnen. Im Interview mit Oliver Steeger erklärt Wirtschaftspsychologe Florian Becker, wie gereifte Empathie Zusammenarbeit fördert, weshalb jeder Empathie auch für sich selbst haben sollte-- und welche Rolle Empathie in der Projektarbeit spielt. Jadena Bechtel" Patrick Lehner, Alexander Kock und Hans Georg Gemünden stellen die Ergebnisse der 10. Multiprojektmanagement-Benchmarking-Studie 2022 vor, die sich mit zukunftsfähiger Unternehmensführung beschäftigt und den Fokus insbesondere auf die Bereiche Nachhaltigkeit und Projektleitende legt. In Ihrem Beitrag gehen Klaus Wagenhals und Henrik Hansemann der Frage nach, wie das im agilen Projektmanagement bereits angelegte organisationale Lernen noch weiter verbessert werden kann- - und zwar durch die Nutzung eines modernen Lernbegriffs und die Stärkung der Selbstorganisation. Ergebnisanstatt Aktivitätenfokus ist eines der wichtigsten Prinzipien für hoch effektives Umsetzungsmanagement in Projekten. Timo Achenbach zeigt in seinem Beitrag, wie dies gelingen kann. David Weicht argumentiert mit dem Philosophen Ludwig Wittgenstein und zeigt, dass bessere Projektsprache zu besseren Projektergebnissen führt. Deike Gliem, Sigrid Wenzel, Wibke Kusturica und Christoph Laroque stellen eine Methodik zur Auswahl von Datenerfassungstechnologien für die Digitalisierung der Baustellenlogistik bei kundenindividuellen Anlagenbauprojekten vor. Guido Bacharach beschäftigt sich in seinem Beitrag mit digitalen Nachweisen und deren europäischer Interoperabilität und zeigt die Herausforderung für das Projektmanagement der Zukunft. Zudem beginnen wir in diesem Heft mit der Vorstellung einiger Beiträge vom PM-Forum 2023. Den Start macht Uwe Horstmann mit der Darstellung des Planspiels „Make it Circular“. Auch aus der GPM gibt es noch Interessantes zu berichten. Lesen Sie den Rückblick von Maximilian Hahn zum Frühlingsempfang der Hauptstadtrepräsentanz. Gerne möchte ich Sie auch auf den Bericht von Antonia Zöls zum Online-Vortrag „The Secret to a Successful Agile Transformation“ von Jeff Sutherland, dem Mitentwickler des Scrum-Frameworks hinweisen. Eine traurige Nachricht hat uns aus der Schweiz erreicht. Unser langjähriges Redaktionsbeiratsmitglied Dr. Hans Knöpfel ist verstorben. Wir erinnern in dieser Ausgabe nochmals an ihn und danken ihm für sein unermüdliches und stets mit höchster Expertise verbundenes Eintreten für die Sache des Projektmanagements. Lassen wir uns von der Vielzahl der Herausforderungen nicht schrecken. Packen wir es an! Die notwendige Methodik kennen wir alle: Projektmanagement. Ihr Steffen Scheurer [1] https: / / de.statista.com / statistik / daten / studie / 1 024 399 / umfrage / weltweite-umfrage-unter-millennials-zu-den-gesellschaftlichen-herausforderungen/ 3 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0066 Interview mit Professor Dr. Peter Thuy, Präsident der GPM Steffen Scheurer, Oliver Steeger Klimawandel, Digitalisierung, Demographie, Verkehrswende-- dies sind gesellschaftliche Megatrends. Projektmanager sind gut beraten, diese Megatrends im Blick behalten. Zum einen sind Projekte ein hervorragendes Werkzeug, mit den Herausforderungen der aktuellen Megatrends umzugehen. Zum anderen: Megatrends haben starken Einfluss auf die Projektelandschaft, wie beispielsweise die steigende Zahl von Klimaschutzprojekten zeigt. Im Interview erklärt GPM Präsident Professor Peter Thuy, welche Megatrends für das Projektmanagement von Bedeutung sind, wie Politik und öffentliche Verwaltungen von Projektmanagement profitieren-- und wie Projektmanager beitragen können, die Herausforderungen zu meistern. Herr Professor Thuy, wir haben das erste Mal vor einem Jahr gesprochen, im Juni 2022. Damals haben Sie die Megatrends beschrieben, die für Projektmanagement und die GPM wesentlich sind-- unter anderem der Klimawandel mit der Dekarbonisierung Deutschlands, die Digitalisierung oder die Demographie mit dem einhergehenden Arbeitskräftemangel (siehe „Projektmanagement aktuell“ Heft 4 / 2022, die Redaktion). Hat sich an Ihrer Einschätzung dieser Megatrends seither etwas verändert? Professor Peter Thuy: An meiner Einschätzung zu der Bedeutung der Megatrends hat sich nichts verändert. Ganz im Gegenteil, in den zurückliegenden Monaten haben sich die Megatrends durch ihre exponentielle Entwicklung sogar noch verschärft. Nehmen Sie als Beispiel die Demographie, die Herausforderung einer alternden Gesellschaft. Spätestens Mitte der 1970er Jahre wurde das erste Mal deutlich, dass eine Elterngeneration in unserer Gesellschaft fehlen wird- - und damit Kinder. Die Auswirkungen der sinkenden Geburtenrate waren lange gering. Doch heute spüren wir von Jahr zu Jahr stärker den Mangel an jungen Menschen. Wir spüren, wie sich in der Folge der Arbeitskräftemangel massiv verstärkt, obwohl die Generation der Babyboomer teilweise noch nicht in Rente gegangen ist. Es ist, als ob die Kurve plötzlich abknickt und stark nach unten geht-… Das ist die gefährliche Eigenschaft von exponentiellen Megatrends. Lange spürt man nichts. Dann steigt die Kurve plötzlich stark an, und wir spüren von Jahr zu Jahr massiver die Auswirkungen. Ähnlich ist es bei dem Megatrend der Digitalisierung. Lange haben nur Experten die kleinen Veränderungen erkannt. Jetzt sind wir an einem Kipppunkt. Wir spüren die dramatischen Konsequenzen dieses Trends. Entscheidend ist, dass wir auf die exponentiellen Megatrends früh reagieren müssen, um sie für uns zu gestalten-- und zwar vor dem Kipppunkt, an dem die Kurve nach oben abknickt. Bei der Demographie ist es aus meiner Sicht zu spät. Wir können bestenfalls erreichen, dass die Bevölkerung nicht noch weiter schrumpft. Ähnliches gilt natürlich auch für den Klimawandel. Doch bei der Digitalisierung befinden wir uns vermutlich noch vor diesem Kipppunkt. Wird die Digitalisierung aus Ihrer Sicht unterschätzt? Ich halte sie ebenfalls für eine exponentielle Entwicklung. Und ja, wir haben sie lange Zeit unterschätzt. Sogar politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich einflussreiche Menschen hielten lange ein PDF-Dokument für den Inbegriff der Digitalisierung. Die gute Nachricht ist natürlich: Wir können auf diese Megatrends mit Projekten reagieren und sie für uns gestalten. Es ist nicht so, dass Politik und Gesellschaft blind sind für diese Megatrends. Man hört viel von Projekten, mit denen man reagieren will. Doch mit dem scharfen Blick eines Projektmanagers betrachtet, sind viele Konzepte und Planungen unrealistisch. Es fehlt an Ressourcen. Die Konzepte und Pläne hängen quasi in der Luft. Nehmen Sie den Klimawandel. Die jüngst vorgestellten Regierungspläne greifen tief in das Leben der Menschen ein. Das erzeugt Widerstand. Zudem wird es schwierig, die Vorhaben technisch umzusetzen. Teilen Sie beispielsweise die Zahl der zu ersetzenden Heizungssysteme durch die Zahl der Heizungsinstallateure. Auch bei anderen Vorhaben wird es schwierig. Bis zum Jahr 2030 sollen siebzig Prozent aller zugelassenen Fahrzeuge elektrisch betrieben werden. Selbst, wenn es uns gelänge, so viele E-Autos auf die Straßen zu bringen- - wo ist die Infrastruktur mit Ladestationen und vor allem den Stromleitungen? Dies halte ich für ein Zeichen, dass wir immer noch reagieren statt wirklich zu agieren. Für gutes Agieren brauchen wir Projekte-- und gutes Projektmanagement. Unlängst hat der Bundeskanzler die Zeitenwende angekündigt und 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr zugesagt. Wir brauchen jetzt Projektmanagement, um diese Zusage der Politik herunterzubrechen in Projekte, die etwas bewegen und verbessern, beispielsweise die Luftwaffe stärken. Ich könnte mir ein Project Management Office „Zeitenwende“ vorstellen, das die vielen Projekte konkretisiert. Reportage | Interview mit Professor Dr. Peter Thuy, Präsident der GPM 4 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0066 Im öffentlichen Bereich hören wir häufig von „Projekten“. Es scheint aber einen Unterschied zu geben zwischen dem, was sich Politiker unter Projekten vorstellen-- und dem, was Projektmanager darunter verstehen. Den Eindruck kann ich ein Stück weit bestätigen. Die Schwierigkeit ist: In der politischen Sphäre werden Projekte häufig von ihrer Wirkung her gedacht. Sie werden auf ihren Effekt hin konzipiert. Dabei kommt zu wenig zur Sprache, was Projektmanagement-Fachleute als zwingend erachten: Klare Zieldefinition. Ehrliche Planung und transparente Aufstellung der Mittel, mit denen die Wirkung erreicht werden soll und auch die Kommunikation der Projektziele und -wege. Die Koordination einzelner Projekte in einer Struktur, um den Herausforderungen der Megatrends effektiv begegnen zu können. Als GPM können wir dafür Impulse in die Gesellschaft hineintragen. Bei unserem Gespräch im vergangenen Jahr haben Sie betont, dass aus Ihrer Sicht Projektmanagement kein Selbstzweck ist, sondern „nur“ ein Werkzeug-- wenngleich ein sehr gutes Werkzeug. Dafür bin ich kritisiert worden. Doch ist stehe dazu. Für mich ist Projektmanagement zunächst neutral, ein Werkzeug wie viele andere auch. Man kann aber Gutes bewirken. Die allermeisten Methoden aus dem Projektmanagement sind relativ einfach zu verstehen. Lesen Sie ein Buch über Projektmanagement, erklärt sich vieles von selbst. Dies ist eigentlich ein großer Vorteil. Viele sagen sich: Na logo, genau mit diesen Ansätzen, Methoden und Werkzeugen kommt man im Projekt zum Ziel. Wird aus Ihrer Erfahrung deshalb das Werkzeug Projektmanagement immer noch unterschätzt, vernachlässigt und ignoriert? Vielleicht. Wer Projekte durchführt, muss Projektmanagement mit Disziplin anwenden-- egal, wie selbstverständlich ihm die Methoden erscheinen. Er muss täglich das tun, was in den Büchern und Trainings gelehrt wird. Vor allem: Damit Projektmanagement funktioniert, muss es systematisch in die Organisation aller Beteiligten integriert werden. Nicht nur ein Projektmanager muss seine Denkweise auf die Ansätze und Methodiken ausrichten, sondern auch diejenigen, mit denen oder für die er arbeitet. Manchmal muss sich eine komplette Organisation umorientieren und lernen, Projekte und Projektmanagement zu denken und zu leben. Da kann es Hindernisse geben. Ein Beispiel: Projektteams liegen oft quer zur Hierarchie in der öffentlichen Verwaltung. Inwiefern quer? Ein Projektmanager muss auf Ressourcen zugreifen können, die er benötigt. Er sollte dafür nicht erst beim Hauptabteilungsleiter nachfragen müssen. Eine weitere Schwierigkeit ist: Projektmanager selbst passen nicht richtig zur Organisation einer Verwaltung. Für sie gibt es selten Karrierepfade. Dies scheint mitunter in der Privatwirtschaft nicht anders zu sein. Auch im breiten Mittelstand beklagen Projektmanager den Mangel an Karrierepfaden und Karriereoptionen. In der Verwaltung ist die Situation noch schwieriger für Projektmanager. Betrachten Sie beispielsweise ein Landratsamt, wo Projekte oft von Menschen durchgeführt werden, deren Gehalt aus irgendwelchen zeitlich begrenzt verfügbaren Töpfen finanziert wird. Der Projektleiter plant und steuert das Projekt für vier oder fünf Jahre. Dann muss er ein Nachfolgeprojekt finden. Die Projektmanager hangeln sich von Projekt zu Projekt? Nach meiner Erfahrung beschäftigen sich Projektmanager in der öffentlichen Verwaltung mit spannenden, interessanten und wichtigen Themen. Das machen sie eine Zeit lang. Aber es gibt für sie keine Abteilung, in der sie Karriere machen könnten. Es fehlt an Wegen zurück in die Linie. Wenn diese Projektmanager den Wunsch spüren, im Projektmanagement einen Schritt beruflich vorwärts zu machen- - dann wird es problematisch für sie. Auch dieser Mangel an Karrierepfaden dürfte die Etablierung von Projektmanagement im öffentlichen Bereich ein Stück weit behindern. Dies weiß man übrigens in vielen öffentlichen Verwaltungen. Die Bedeutung von gutem Projektmanagement ist dort längst erkannt. Man ringt derzeit um Lösungen. Es gibt Versuche, Projektmanagement durch spezialisierte Standards in öffentlichen Verwaltungen zu verankern. Der Standard PM Flex, der im Bundesverwaltungsamt entwickelt wurde, ist ein Beispiel dafür. Richtig! Er beruht auf PM Square und ist der IPMA-Welt sehr nahe, also inhaltlich und methodisch ist das nicht weit weg von dem, was wir in der GPM machen. Ein Verband wie die GPM könnte öffentliche Verwaltungen bei der Einführung von Standards unterstützen. Wir sind im öffentlichen Bereich gut vernetzt und speziell zu Standards sind wir mit Behörden auch im Gespräch. Solche Kooperationen würden auch uns in der GPM nutzen. Wir können darüber Projektmanagement gesellschaftlich weiter in die Breite tragen und als Verband künftig noch besser wahrgenommen werden. Es lohnt sich also, dass wir uns mit unserem Know-how und unseren Ehrenamtlichen einklinken. Dies umso mehr, als PMFlex hinreichend Spielraum zur persönlichen Weiterqualifizierung von Projektmanagern in den höheren GPM-Leveln lässt. Das Engagement der GPM richtet sich nicht nur auf die öffentliche Verwaltung, sondern auch auf soziales Engagement. Es gab beispielsweise eine Zusammenarbeit mit der Frauenhauskoordinierung, um die deutschen Frauenhäuser mit Projektmanagement zu unterstützen. Ich darf Sie korrigieren: Diese Zusammenarbeit gibt es nach wie vor. Wir werden sie sogar noch weiter intensivieren-- und zwar auch auf Wunsch der Frauenhauskoordination. Unsere PM-Expertinnen machen dort gute Arbeit und schulen Multiplikatorinnen für Projektmanagement. Die Multiplikatorinnen tragen dann Projektmanagement in ihre Netzwerke und damit in die Breite zu den zahlreichen Frauenhäusern in Deutschland. Weshalb setzen Sie bei den Multiplikatoren an? Durch diese Multiplikatorinnen können wir unsere Ressourcen optimal einsetzen. Die GPM ist zwar eine große Organisation, doch auch unsere Mittel sind endlich. Eine ähnliche Multiplikatoren-Strategie verfolgen wir auch im Bereich der Schulen. 5 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0066 Wir bilden nicht einzelne Lehrer zu Projektmanagern aus, sondern schulen Multiplikatoren, die wiederum Menschen vor Ort schulen und beraten. Damit haben wir in einigen Bundesländern gute Arbeit geleistet und eine große Wirkung erzielt. Welche Kooperationsmodelle gibt es darüber hinaus? Eine etwas anders gelagerte Zusammenarbeit entwickeln wir mit dem gemeinnützigen Unternehmen ”SocialBee”. Das Unternehmen qualifiziert Geflüchtete zu Projektmanagerinnen und integriert sie in den Arbeitsmarkt. Wir unterstützen dieses Unternehmen bei der Zertifizierung. Wir versprechen uns davon auch, bekannter zu werden etwa bei Unternehmen, die die ausgebildeten Geflüchteten übernehmen. Wir sind derzeit zudem mit den Berliner Tafeln im Gespräch und wollen mit ihnen kooperieren. Dies alles sind relativ kleine Organisationen-… Das stimmt. Wir kooperieren bewusst mit kleinen und mittelgroßen Organisationen. Je größer die Organisation unserer Kooperationspartner, desto größer ist der Ressourcenbedarf auch auf unserer Seite. Wir müssen die Unterstützung ja leisten können und zu unserem Wort stehen. Das sehe ich als eine gesunde Selbstbeschränkung. Auffällig ist, dass die GPM derzeit viel mit gemeinnützigen Organisationen kooperiert und soziale Projekte unterstützt. Theoretisch denkbar wären auch Kooperationen mit Bereichen aus der Wirtschaft-… Langsam! Die GPM kooperiert seit jeher stark mit der Wirtschaft-- bis heute. Dies aber findet auf anderen Ebenen statt. Wir unterstützen die Wirtschaft mit Produkten wie Ausbildungen, Schulungen und Zertifizierungen. In der Wirtschaft ist Projektmanagement weit verbreitet. Die Wirtschaft braucht uns gewiss nicht als „Erklärer“, wie Projektmanagement und die Methoden und Werkzeuge funktionieren und welchen Wert sie für ihre Arbeit haben. Bei Unternehmen sind wir deshalb vorwiegend als Vertragspartner unterwegs, und wir unterstützen das Projektmanagement in diesem Bereich ergänzend durch die Arbeit unserer Fachgruppen. Ein anderes Beispiel ist ein neues IPMA-Zertifizierungsangebot speziell für Fachleute in Project Management Offices. Weshalb eine eigene Zertifizierung für Mitarbeiter im PMO? Damit lösen wir ein altes Problem. In PMOs arbeiten häufig sehr erfahrene Projektmanager. Sie konnten bisher aber nicht zertifiziert werden, weil sie selbst keine Projekte mehr leiten. Wir versprechen uns von der PMO Zertifizierung nochmals einen großen Schub-- nicht zuletzt auch für die Bekanntheit der GPM. Allein bei der Hansestadt Hamburg gibt es rund 200 PMOs, und bei Konzernen wie Siemens dürfte die Zahl der PMOs vierstellig sein. Damit erschließen wir eine große Zielgruppe, die wir bisher eher vernachlässigt haben. Vor einem Jahr, bei unserem ersten Gespräch, hatten Sie Ihr Amt als Präsident der GPM gerade angetreten. Mit Rückblick auf Ihr erstes Jahr-- welche Zwischenbilanz ziehen Sie für Ihre Arbeit? Als ich meine Arbeit 2022 begonnen habe, sind mir zwei Dinge schnell aufgefallen. Es gab ein gewisses Konfliktpotenzial in der GPM. Zudem habe ich festgestellt: Von unserer Organisation her lassen wir in der GPM ein gewisses Potenzial liegen und nutzen es nicht. Ich habe mich deshalb im ersten Jahr stark auf das Innenleben der GPM konzentriert und die Organisationsentwicklung vorangetrieben. Als ich zur GPM kam, waren beispielsweise drei Leitungspositionen vakant. Heute haben wir in der hauptamtlichen Organisation wieder alle Abteilungsleiterpositionen besetzt. Zudem haben wir eine Satzungskommission ins Leben gerufen. Projektmanagement-Software PROCESSES Projektportfolio Ressourcenmanagement Multiprojektcontrolling Angebote und Rechnungen Scrum, Kanban, PRINCE2 ® , IPMA, BPMN Anzeige 6 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0066 autonom zu arbeiten: nicht losgelöst vom Ehrenamt, aber organisatorisch unabhängiger davon. Damit bekommen wir mehr Konstanz in die Vereinsarbeit-… …-und können langfristige Ziele besser erreichen? Mit Sicherheit. Gleichzeitig wird die veränderte Satzung engmaschigere Kontrolle und Einflussnahme durch das Ehrenamt ermöglichen. Wir werden einen Aufsichtsrat installieren, der speziell das Präsidium kontrolliert und berät. Laut bisheriger Satzung mangelte es an solchen Mechanismen für Checks and Balances. Sprechen wir anschließend bitte über Strategie und Außenwirkung der GPM. Was sind derzeit die Hauptzielgruppen der GPM? Eine unserer Hauptzielgruppen ist im Augenblick die öffentliche Verwaltung. Wir haben im zurückliegenden Jahr Verbindungen in die Verwaltungen geknüpft und Dialoge gestartet. Eine weitere Zielgruppe sind die Wirtschaft und unsere persönlichen Mitglieder, die wir auf verschiedenen Wegen erreichen wollen. Zudem werden wir uns künftig verstärkt auf Firmenmitglieder konzentrieren. Sie sind wichtige Multiplikatoren und helfen uns, Projektmanagement und unseren Verband weiter bekannt zu machen. Wir wollen die Botschaft in die Breite tragen, dass Projektmanagement als Methode hilft, Herausforderungen noch besser zu meistern. Wir werden mit erfolgreichen Projekten zeigen, was man durch Projektmanagement bewirken kann, wenn man es für ein gutes Ziel einsetzt. Die GPM hat über Jahrzehnte einen unvergleichlichen Wissensschatz gesammelt. Fachgruppen und Special Interest Groups haben Know-how entwickelt. Wie können wir diesen Schatz nutzen? Im Ehrenamt wurde in puncto Know-how sehr viel geleistet und viel Wissen generiert. Doch dieses wertvolle Wissen bleibt leider zu häufig in den Zirkeln der GPM. Aus meiner Sicht müssen wir es deutlich mehr nach außen bringen. Dies würde die Außenwirkung der GPM nochmals stark verbessern- - nämlich als Kompetenzpartner. Konkret: Wir wollen mehr zu einer Austauschplattform für Projektmanagement werden-- sowohl persönlich als auch digital. Wenn unsere Organisation voll handlungsfähig und unsere Infrastruktur entwickelt ist, können wir einen Riesenschritt auf dieses Ziel hin machen. Ressourcenmanagement Projektportfolio-Management Aufwand- & Kosten-Controlling Projektplanung Das System, bei dem die Ressourcenplanung funktioniert www.ressolution.ch Scheuring AG +41 61 853 01 54 info@scheuring.ch Unverbindlich online kennenlernen! Anzeige Eine Satzungskommission arbeitet, wie es der Name sagt, an der Satzung. Weshalb ist aus Ihrer Sicht eine Überarbeitung der GPM Satzung erforderlich? Die bestehende Satzung regelt bestimmte Dinge nicht klar genug. An manchen Punkten ist sie so unglücklich konstruiert, dass sie aus meiner Sicht zum Konflikt einlud. Deshalb haben wir in der Satzungskommission über einige Monate hinweg Verbesserungen erarbeitet, und wir stehen jetzt kurz vor der offiziellen Änderung. Die veränderte Satzung wird beispielsweise dem Hauptamt ermöglichen, ein Stück mehr 7 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0067 „Vom Start bis zur Ziellinie: Der Ulmer Einstein-Marathon-- Das ultimative Sportereignis“ Birgit Delago, Helmut Klausing Der Einstein-Marathon ist mit etwa 18.000 Läufer: innen das größte jährliche Laufevent in Süddeutschland. Das Projektmanagement dafür ist ein echtes Meisterwerk! Mit viel Planungsarbeit, Koordinationstalent und Teamarbeit schafft es das Kernteam des Projekts, ein fantastisches Event auf die Beine zu stellen mit dem Ziel, eine unvergessliche Erfahrung für alle Teilnehmer: innen und Zuschauer: innen zu schaffen und die Region Ulm / Neu-Ulm das ganze Jahr über am Laufen zu halten. Der Ulmer Einstein-Marathon: Es begann am Schwarzen Meer Zwei Studienfreunde haben sich entschieden, im Rahmen des Ulmer Donaufestes einen Flusslauf entlang der Donau vom Schwarzen Meer bis nach Ulm zu meistern. Einer- - Bernd- - war der Läufer, der andere- - Markus- - das Begleitfahrzeug. In einsamen Momenten reifte langsam die Idee für den Ulmer Einstein-Marathon. Und als sich spontan auf der letzten Etappe bis nach Ulm fast 500 Läufer: innen dem Duo anschlossen, war die Entscheidung gefallen. Countdown 364 Tage: Nach dem Event ist vor dem Event Das Projekt „Einstein-Marathon“ für das Jahr 2023 startet noch, bevor das alte Projekt abgeschlossen ist. Während der Laufveranstaltung wird nämlich bereits der nächste Termin zwischen dem Projektleiter Markus Ebner, dem Moderator und der Eventagentur, die für die Musik und die Bühne im Zielbereich verantwortlich ist, abgestimmt. Und schon ein halbes Jahr vorher wurde der Termin mit der Stadt Ulm abgeklärt. Davon später mehr. Noch am Sonntag, nachdem die letzten Läufer: innen die Ziellinie passiert haben, starten die physisch-logistischen Aufräumarbeiten. Städtische Müllabfuhr, ehrenamtliche Helfer: innen an den Versorgungsstellen, Sanitätsdienste und die Polizei räumen gründlich auf, damit das Leben in der Innenstadt von Ulm am Montagmorgen wieder wie gewohnt und ungestört weitergehen kann. In den kommenden zwei Wochen wird auch „digital“ in den Büros aufgeräumt und der wichtige Lessons Learned Workshop durchgeführt. „Was ist in diesem Jahr gut gelaufen? Was sollten wir verändern? “ sind die wichtigen Fragenbereiche, um kontinuierliches Lernen sicherzustellen. Hinterfragt werden insbesondere die Projektplanung, das Risikomanagement, alle Maßnahmen für die Sicherheit der Läufer: innen auf der Strecke, die Logistik, und schließlich das Stakeholdermanagement und die Kommunikation. So wird das Lauf-Event jedes Jahr noch ein bisschen besser und geht im Jahr 2024 in sein 20-jähriges Jubiläum. Wenn das Dankeschön an alle aktiven Unterstützer: innen aus dem Haupt- und Ehrenamt und an die Sponsoren formuliert ist, die abschließenden Kalkulationen und Statistiken erstellt und veröffentlicht sind, wenn die Webseite aktualisiert wurde und die Nachberichte in der Presse und den einschlägigen Medien und Magazinen veröffentlicht worden sind, dann wird auch offiziell das Projektende verkündet. Praktisch zeitgleich findet noch im Oktober das Kickoff- Meeting für das Projekt 2024 statt. Es folgt seit Jahren einem bewährten Phasen- und Meilensteinplan. Reportage | Vom Start bis zur Ziellinie: Der Ulmer Einstein-Marathon 8 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0067 Countdown 300 Tage: Die Kommunikation mit der Stadt und den Läufer: innen beginnt Jetzt folgt die Beantragung der Laufveranstaltung beim Sportverband und bei der Stadt. Die erste Werbemaßnahme ist die Bekanntmachung der Veranstaltung auf der Webseite sowie in verschiedenen Laufkalendern und Laufmagazinen. Die Anmeldung wird eingerichtet. Das bedeutet ab sofort die enge Abstimmung mit einem der wichtigsten Lieferanten: Die Zeitmess-Firma übernimmt eine große Verantwortung und auch gleich mehrere Aufgaben in der Kommunikation mit den Aktiven. Anmeldung, Teilnehmeranmeldedaten, Rechnungsstellungen und Zahlungen, Fragen und Antworten, Startnummernvergabe (in denen die Chips zur Zeitmessung integriert sind), all das ist in einer Hand-- und aus Sicht des Projektteams um Markus Ebner extern vergeben. Rund 70 % aller Teilnehmer: innen laufen nicht für sich selbst, sondern für ihre Firmenteams. Entsprechend gibt es zwei verschiedene Anmeldewege: 1. Die Anmeldung für Einzelstarter, die gleichzeitig mit der Anmeldung die Startgebühr entrichten. 2. Die Anmeldung für Firmenteams. Hier wird die Startgebühr kurz vor der Veranstaltung in Rechnung gestellt. Alle Konditionen müssen zu diesem Zeitpunkt bereits geklärt sein. Änderung nach Beginn der Anmeldung sind nur schwer umzusetzen. Der erste große Meilenstein ist mit der Freischaltung der Online-Anmeldung Anfang Dezember erreicht. Von nun an können sich die Teilnehmer: innen anmelden. Jetzt wird die Homepage angepasst sowie der erste Newsletter verschickt. Auch die Werbemaschine auf Social Media wird in Gang gesetzt. Die am Laufevent teilnehmenden Firmen (mit ihren Firmenteams) werden angeschrieben. Die wichtigen Stakeholder werden über den Termin informiert: Sicherheitsdienst, Deutsches Rotes Kreuz, Polizei, Stadtverwaltung, Münsterpfarrei und Ulm-Messe GmbH. Die Verhandlungen und Vertragsabschlüsse mit den zahlreichen Sponsoren laufen über das ganze Jahr und starten jetzt. Die vertraglichen Vereinbarungen wie Logoplatzierung, Namensnennung, Ausstellungsbereiche und Bannerplanung finden in den einzelnen Teilbereichen ihre Berücksichtigung. Sobald die erste Veröffentlichung erschienen ist, startet auch die Planung und Koordination der etwa 20 Bands. Reportage | Vom Start bis zur Ziellinie: Der Ulmer Einstein-Marathon 9 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0067 Bei einem Rundkurs von gut 20 km bedeutet dies, dass pro Kilometer eine Band platziert wird und falls notwendig mit Strom zu versorgen ist. Ab jetzt wird monatlich mindestens ein Newsletter veröffentlicht, der auf die Veranstaltung hinweist. Ab März erscheint einmal pro Monat eine Sonderseite in der lokalen Zeitung „Südwest Presse“ rund um alle Veranstaltungen der SUN Sportmanagement GmbH. Countdown 270 Tage: Die harte Arbeit startet Spätestens hier ist es wichtig, dass jedes Mitglied des Kernteams den eigenen Verantwortungs- und Aufgabenbereich klar definiert. Diese Art von Projekten mit sehr vielen internen und externen Projektbeteiligten und Stakeholdern kann nur erfolgreich sein, wenn erstens jedes Teammitglied genau weiß, was es zu tun hat und zweitens eine intensive Kommunikation zwischen den Teammitgliedern stattfindet. Die folgenden Bereiche haben sich in den letzten Jahren etabliert und sind Grundlage des Projektstrukturplans: Im Januar werden zum ersten Mal die Helfer: innen angeschrieben und um Mithilfe gebeten. Insgesamt sind am Marathon- Wochenende mehr als 1.000 ehrenamtliche Helfer: innen im Einsatz. Sie werden zum einen aus ca. 20 Vereinen generiert oder es sind Menschen, die sich dem Laufen verbunden fühlen und durch ihren Einsatz zum Gelingen der Veranstaltung beitragen. Parallel wird ab Januar das Design des neuen Laufshirts entworfen. Sobald dieses steht, wird auch dieses intensiv beworben. Auch das Design für ein Helfershirt wird erstellt. Die Helfershirts werden schnell produziert, so dass diese bereits für die erste Veranstaltung im Jahr (den Firmenlauf im Mai) verfügbar sind. Die Teilnehmershirts werden erst nach Meldeschluss produziert, wenn die tatsächlich benötigten Mengen pro Größe feststehen. Das Risikomanagement basiert auf den jahrelangen Erfahrungen des Einstein-Marathon-Projektteams, dabei spiegelt die Risikoanalyse den hohen Stellenwert der Sicherheit für die Läufer: innen (siehe R3, R4 in der Grafik). Seit dem Terroranschlag von 2016 auf dem Berliner Weihnachtsmarkt verlangt die Stadt Ulm für die Bewilligung der Veranstaltung, auch dieses Risiko in die Analyse mit aufzunehmen (siehe R2 in der Grafik). Die Projektleitung übernimmt die Koordination aller Risiko-Maßnahmen und delegiert die konkreten Maßnahmendurchführungen in die einzelnen Arbeitspakete. Seit Jahren fungiert der Projektleiter während der Laufveranstaltung auch als Kommando- und Kommunikationszentrale. Bei ihm laufen alle Informationen zusammen, er hat kontinuierlichen Kontakt sowohl mit der Polizei wie auch mit den Sanitäts-Einsatzkräften. Die folgenden Grafiken zeigen einen Auszug aus der quantitativen Risikoanalyse und die daraus abgeleiteten proaktiven und reaktiven Risiko-Maßnahmen. Reportage | Vom Start bis zur Ziellinie: Der Ulmer Einstein-Marathon 10 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0067 Countdown 200 Tage: Die Strecke wird vermessen und veröffentlicht Ein erstes Treffen mit den Helfer-Häuptlingen, man könnte sie als Teamleiter für Begleitradler, Gepäckmanagement, Organisation der Zugläufer, Streckenposten, Versorgungsstände, Auf- und Abbau, betrachten, findet im März statt. Ihnen wird das aktuelle Konzept präsentiert, Änderungen werden besprochen, Zuständigkeiten geklärt. Alle Helfer: innen arbeiten ehrenamtlich, deshalb werden insbesondere die „Häuptlinge“ immer wieder zu Arbeitsessen eingeladen. Dort werden sie bestens verpflegt und haben Gelegenheit, Netzwerke zu knüpfen. Die Einkaufsplanung für Medaillen, Pokale und Starterbeutel startet auch im März, hier müssen Mengen geschätzt werden, da noch keine echten Meldezahlen vorliegen, aber Bestell- und Lieferfristen berücksichtigt werden müssen. Ebenfalls im März wird die Strecke offiziell vermessen, das ist notwendig, dass die Sieger in internationale Wertungen aufgenommen werden können. Danach wird die Streckenkarte erstellt und auf allen Kanälen veröffentlicht. Die Planung für die Marathonmesse startet spätestens Anfang März. Die Marathonmesse erfüllt drei Zwecke: 1. Ausgabe der Startunterlagen an alle Teilnehmer: innen; 2. Präsentationsplattform für Sport-, Gesundheits-, Bekleidungs- und Ernährungsbranchen rund ums Laufen; 3. Informations- und Networkingmöglichkeit für alle Sportbegeisterten. Das bedeutet Anschreiben der ehemaligen Aussteller, Abstimmung mit der Ulm-Messe GmbH über Preise, Räumlichkeiten, Außen- und Innenbereich, Auf- und Abbauzeiten, Anlieferungsmöglichkeiten, Möblierung, Parkplätze, Müllentsorgung, Nutzung weiterer Hallen für Gepäck-LKWs und zum Warmlaufen, Toiletten-Nutzung, Absperrungen und Gabelstaplerverleih. Im Zielbereich stellen viele Sponsoren ihre Stände für Advertising auf. Auch darüber wird ab März verhandelt. Der komplette Zielbereich umfasst den Zieleinlauf mit Medaillenausgabe und Moderationsbühne, Läuferversorgung, Info-Bereich, DRK-Bereich, Duschen, Massagezelte, zwei Traversen (Gerüstbrücken über die Strecke) sowie die Gepäckausgabe. Rund um das Münster können die Firmenteams ihre Treffpunkte für die Läufer: innen einrichten und dafür Bierbänke und Verpflegung buchen. Die Pläne dafür können im August finalisiert und allen Beteiligten zur Verfügung gestellt werden. Countdown 180 Tage: Die Zeit der Vorbereitungsläufe und Kurse Im April steht die Logistikplanung auf der Agenda: LKWs, Kleintransporter und Gabelstapler für den Gepäcktransport (Start und Ziel sind verschieden), für den Transport der Strecken- und Zielversorgung und für den Transport der Absperrgitter werden geplant und gemietet. Wer ist wofür zuständig, wie erreichbar, was wird wie transportiert, wer ist wann und wo im Einsatz? Für alle Laufbegeisterten startet jetzt das Vorbereitungsprogramm: Monatlich wird ein kostenloser Vorbereitungslauf angeboten: verschiedene Strecken, Zugläufer, Streckenplanung und -beschilderung mit alternativen Streckenlängen. Ein vielfältiges Angebot an Laufkursen durch den ASC Ulm / Neu-Ulm startet. Der ASC Ulm / Neu-Ulm ist ein Verein, der für die Abwicklung des Vorbereitungsprogramms von den Organisatoren des Einstein-Marathons gegründet wurde. Insgesamt werden etwa 50 Kurse mit ca. 800 Teilnehmer: innen durchgeführt. Hier geht es nicht nur um Höchstleistungen, sondern darum, möglichst viele Menschen in der Region zu erreichen und fürs Laufen zu begeistern. Das Kursniveau reicht von Kursen für Einsteiger: innen bis zur Vorbereitung auf die Marathondistanz. Die Vorbereitungskurse dauern bis zum Veranstaltungstag. Oft laufen die Teilnehmer: innen gemeinsam mit den Trainer: innen den Wettkampf. Countdown 30 Tage: Die heiße Phase beginnt Im August ist die Planung der Marathonmesse abgeschlossen. Die Aussteller erhalten einen Messeplan und alle nötigen Infos für den Ausstellungstag. Die Rechnungen für die Aussteller werden gestellt. Auch die Planung für den Münsterplatz steht, alle Beteiligten werden darüber informiert. Ab September geht es ins Detail: Die Beschilderung für alle Einsatzbereiche muss geplant und produziert werden. Alle Straßensperrungen, Umleitungen, Halteverbote und Reportage | Vom Start bis zur Ziellinie: Der Ulmer Einstein-Marathon 11 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0067 Änderungen im ÖPNV werden über die Presse, den Newsletter und die Homepage öffentlich kommuniziert. Die betroffenen Anwohner werden durch Wurfpost direkt informiert. Es ist wichtig, dass alle Vorgaben der Städte Ulm und Neu-Ulm, des Landkreises und des Regierungspräsidiums Tübingen umgesetzt werden. Countdown 23 Tage: Meldeschluss Drei Wochen vor der Veranstaltung ist Meldeschluss. Jetzt heißt es schnell und entschieden zu handeln. Die Startnummern werden vergeben. Auf dieser Basis produziert die Zeitmessfirma die physischen Startnummern mit integriertem Zeitmess-Chip. Alle gemeldeten Firmenteams und Teilnehmer: innen werden über den kompletten Ablauf informiert, Rechnungen für die Firmenteams werden verschickt. Teilnehmershirts werden produziert. Die Helfereinweisung findet in einem Kinosaal statt. Hier gibt es einen Überblick über alle Einsatzbereiche und Zuständigkeiten und einen Bericht zur Planung von Polizei und DRK. Alle Helfer: innen erhalten ihr Helfershirt sowie einen Kino- und Getränkegutschein für diesen Abend. Gleichzeitig läuft die Werbetrommel weiter. Der letzte Newsletter vor der Veranstaltung wird verschickt. Eine Sonderbeilage für die Südwest Presse wird geschrieben und es findet eine große Pressekonferenz statt. Eine große vorbereitende Konferenz mit DRK, Polizei, SHS (Sicherheitsdienst), DING-Verkehrsgesellschaft (ÖPNV), der EBU (Abfallentsorgung) und den Veranstaltern findet im August statt. Hier werden Sicherheit, notärztliche Versorgung, An- und Abreise der Teilnehmer: innen, Veränderungen im öffentlichen Nahverkehr, das Absperrkonzept und die Müllentsorgung beschlossen. Es stehen genügend Absperrgitter der Ulm Messe und aus eigenen Beständen zur Verfügung. Countdown 2 Tage: Freitag, jetzt wird’s ernst Ab 14.00 Uhr wird die Marathonmesse in der Donauhalle aufgebaut. Dort werden die Startunterlagen ausgegeben. Die Verantwortliche aus dem Team ist vor Ort und koordiniert alles. Der Projektleiter ist erreichbar, um Fragen zu klären. Am späten Nachmittag ist auch er vor Ort, um mit den Zuständigen letzte Absprachen zu treffen. Am Abend ist noch ein letztes Mal Zeit, die bevorstehende Messe und den Aufbautag gedanklich durchzugehen. Sind alle richtig instruiert, ist alles da, wo es sein soll, wie wird das Wetter, funktioniert die Technik, wurde wirklich an alles gedacht, sind alle gesund und können problemlos mitwirken? Countdown 1 Tag: Das Event-Wochenende beginnt Um 10.00 Uhr startet die Messe, das Kernteam ist ab 8.00 Uhr vor Ort. Die Messehalle, ursprünglich nur zur Startnummernvergabe gemietet, hat sich in den letzten Jahren zu einer echten Messe entwickelt. Die Sponsoren und andere Aussteller rund um die Themen Sport, Gesundheit, Fitness und Ernährung präsentieren sich und ihre Produkte. Die insgesamt 14 Gepäck-LKWs kommen und werden beschriftet. Wenn alles läuft, fährt die Projektleitung zum Münsterplatz, wo bereits aufgebaut wird. Auch dort können letzte Fragen beantwortet werden. Am Nachmittag kommt der Projektleiter zurück zur Messe, die Presse kommt und hat Fragen an ihn, Begleitfahrzeuge werden angeliefert und eingeparkt. Der Aufbau für den Sonntag wird vorbereitet Um 17.00 Uhr ist die Messe beendet. Die Aufräumarbeiten gehen sofort los. Ein Teil des Equipments muss noch heute in den Zielbereich transportiert werden. Mit dem Info-Team findet ein kurzes Feedback statt-- gibt es Themen, die für morgen entscheidend sind? Haben sich Zwischenfälle ereignet, die auf morgen Einfluss haben könnten? Gab es mit der Anmeldung Probleme, welcher Art auch immer? Wo ist morgen besonderes Augenmerk notwendig? Wenn hier alles klar ist, schaut das Kernteam nochmal auf dem Münsterplatz vorbei. Der Projektleiter stimmt sich ein letztes Mal mit dem Streckenchef ab. Markus Ebner, Projektleiter: „Zu Hause ziehe ich mich zurück und gehe gedanklich den Lauftag morgen in Ruhe durch. Von der Startunterlagenausgabe über den ersten Startschuss, den ersten Zieleinlauf, die Siegerehrung, die Moderation, die Teilnehmerversorgung, die Streckenplanung und -absperrung. Begleitfahrzeuge, Betreuung der Sponsoren, alles geht mir noch einmal durch den Kopf. Ich sortiere meine Gedanken und hoffe, dass ich dann zur Ruhe kommen kann.“ Reportage | Vom Start bis zur Ziellinie: Der Ulmer Einstein-Marathon 12 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0067 Tag 0: Um 8: 45 Uhr fällt der erste Startschuss-- wenn alles nach Plan läuft Ab 6.00 Uhr sind die ersten Mitarbeiter: innen am Info-Schalter und bei der Startunterlagenausgabe. Um 7.00 Uhr öffnen die Tore und die ersten nervösen Läufer: innen erscheinen. Am Nachmeldeschalter kommt langsam Hektik auf, denn die Zeit bis zur letzten Meldung ist begrenzt. Alle Mitarbeiter: innen und Helfer: innen wissen, wo sie gebraucht werden. Der Projektleiter und das Kernteam stehen zur Klärung von Unklarheiten zur Verfügung. Um 8.45 Uhr fällt der erste Startschuss. Wie eine Erlösung- - das Rennen läuft! Markus Ebner bleibt noch bis zum Start der Marathon- und Halbmarathonläufer, macht sich dann auf den Weg zum Münsterplatz. Dort bereitet man sich auf den ersten Zieleinlauf vor. Jetzt muss jeder wissen, wo sein Platz ist. Er schaut bei der Zeitmessfirma vorbei und versichert sich, dass alles problemlos läuft. Der erste Sieger kommt ins Ziel. Die Stimmung auf dem Münsterplatz nimmt an Fahrt auf. Musik, Moderation, Applaus, Freudentränen, auch Enttäuschungen- - momentan ist das Kernteam nur „Zuschauer“ und nur für besondere Fälle im Einsatz. Der Projektleiter Ebner ist vor Ort und als Kommando- und Eskalationszentrale immer erreichbar. Gegen 16.00 Uhr findet eine kurze Pressekonferenz mit ihm statt. Sieger, besondere Vorkommnisse, ein kurzer Bericht von DRK und Polizei sind die Themen. Wenn Markus Ebner danach den Münsterplatz betritt, wird dort bereits abgebaut. Die letzten Läufer: innen sind im Ziel angekommen und schon sind Helfer: innen im Einsatz, die Banner aufzuwickeln, Absperrgitter zur Seite stellen, Pavillons abzubauen und den Müll einzusammeln. Wenn gegen 21.00 Uhr der Münsterplatz wieder friedlich und ruhig ist, trifft sich das Kernteam mit den engsten Helfer: innen noch im Stadion zu einem Abendessen. Sie tauschen ihre Eindrücke aus, feiern die Helden und erzählen, was jeder erlebt hat. Birgit Delago, Mitglied des Kernteams: „Wir haben es geschafft, wieder geht ein erfolgreiches Event zu Ende.“ Den Abschluss des Veranstaltungsjahres bildet das große Helferfest im größten Saal eines Kinos in der Stadt. Alle 1.500 Helfer: innen sind zu Essen und Getränken eingeladen. Das Projektteam bedankt sich namentlich bei allen Vereinen, ehrt besonders fleißige Helfer: innen und verlost Geschenke. Es gibt einen ausgewählten Film für alle. 13 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0067 Birgit Delago Birgit Delago ist seit Juli 2022 für die newTrust GmbH tätig. Die studierte Dipl. Betriebswirtin (BA) und ausgebildete Projektmanagerin (IHK) arbeitet als Trainerin rund um das Thema New Work. Als passionierte Läuferin ist sie seit 2009 feste Mitarbeiterin im Kern-Organisationsteam des Ulmer Einstein-Marathons und trägt Mitverantwortung für die Projektabwicklung dieses Straßenlaufs. Anschrift: newTrust GmbH, Buchenweg 3, 89 284 Pfaffenhofen eMail: birgit.delago@newtrust.de Prof. Dr.-Ing. Helmut Klausing Geschäftsführender Gesellschafter der Klausing und Kollegen GbR. Ehemaliger Präsident der GPM und Vorstand des VDE. In der Vergangenheit Obere Führungskraft bei der Siemens AG und der EADS Deutschland GmbH mit Führungsverantwortung im In- und Ausland. Gründer und Alleingeschäftsführer einer Tochterfirma bei der EADS in Ulm. A wie Achtsamkeit bis Z wie (hybride) Zusammenarbeit im Projekt. Bei uns finden Projektmanagement-Einsteiger und Profis die richtige Weiterbildung. © iStock/ PeopleImages Finde die passende Lösung für deinen Projektalltag www.vdi-wissensforum.de/ pm … mehr als Technik Tag +1: Und schon stehen wir am Anfang der Planung für das kommende Jahr. Die Kommunikation war wieder einmal der Schlüssel zum Erfolg, ebenso das Projektmanagement und die regelmäßigen Meetings, um den Fortschritt zu besprechen und eventuelle Herausforderungen anzugehen. Die Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden, Sponsoren und freiwilligen Helfer: innen war von unschätzbarem Wert. Die Sicherheit der Teilnehmer: innen hatte oberste Priorität. Es wurden Maßnahmen ergriffen, um Verletzungen zu vermeiden und Erste-Hilfe-Stationen entlang der Strecke eingerichtet. Die Gesundheit und das Wohlbefinden aller Beteiligten standen stets im Fokus. Markus Ebner: „Arbeit muss Spaß machen. Wir bewegen etwas in Ulm und Neu-Ulm, die Teilnehmer: innen haben Spaß. Sportliche Erfolge feiern. Gesundheitsbewusstsein.“ Birgit Delago, Mitglied des Kernteams: „Der Einstein-Marathon war ein voller Erfolg! Dank des Projektmanagements konnten wir eine einzigartige Veranstaltung schaffen, die sportliche Herausforderung, Spaß und Gemeinschaftsgefühl vereinte. Wir sind stolz auf das gesamte Team und freuen uns bereits auf die nächste Ausgabe des Einstein-Marathons! “ Anzeige 14 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0068 Lokalprojekte bringt Querwechsler*innen in die Kommunalverwaltung Lokalprojekte-- innovatives Projektmanagement und Sinnstiftung Katja Büchner, Charlotte Bock Für eilige Leser | Die meisten Menschen streben in ihrem beruflichen Alltag nach einem Sinn. Sie wollen ihre praktischen Erfahrungen und ihr Wissen in die Organisation einbringen. Gleiches gilt für den öffentlichen Sektor. Das gemeinnützige Unternehmen Lokalprojekte (LP) bietet nun eine innovative Möglichkeit, fachlich qualifizierte Personen aus Wirtschaft und Gesellschaft mit Kommunen und Behörden über die gemeinsame Arbeit an sinnstiftenden Projekten zusammenzubringen. Welcher Weg zur Gründung von Lokalprojekte geführt hat, wie sich die Idee von Lokalprojekten zu einer eigenen Methode des Projektmanagements entwickelt hat und welche Perspektiven sich aus den ersten Praxiserfahrungen und Projekten für die kommunalen Verwaltung ergeben, davon berichtet dieser Artikel. Schlagwörter | Lokalprojekte, Innovatives Projektmanagement, Sinnstiftung, Onboarding, Personalgewinnung und -bindung Von der Idee zum gemeinnützigen Unternehmen Mitten in der Corona-Pandemie fand im März 2021 der bundesweite Innovationswettbewerb UpdateDeutschland als Online-Hackathon statt. Unter der Schirmherrschaft der Bundesregierung kamen rund 4.000 Bürgerinnen und Bürger, sowie 60 Städte und Gemeinden, Initiativen und Start-ups in einem 48-Stunden-Sprint zusammen, um gemeinsam an Herausforderungen von heute und morgen zu arbeiten. Dieser Wettbewerb war die Geburtsstunde des gemeinnützigen Unternehmens Lokalprojekte. Angesichts des Wandels demografischer Strukturen hatte die Stadt Eschwege gefragt, wie es gelingen könne, den Nachwuchs 2.0 für kommunale Rathäuser zu gewinnen. Schließlich zeichnet sich nach einer Studie des Wirtschaftsprüfungsunternehmens PwC (2022) derzeit ab, dass im Jahr 2030 rund eine Million Fachkräfte im öffentlichen Dienst fehlen werden. Als Lösung zu dieser Herausforderung entwickelte das interdisziplinär aufgestellte Gründungsteam von Lokalprojekte die Idee, Querwechsler*innen für Kommunen zu gewinnen, die aus der Wirtschaft oder Gesellschaft kommen. Sie sollen sich durch die konkrete Arbeit an gemeinsamen Projekten selbst ein Bild von kommunaler Verwaltungsarbeit machen und ihre Expertise direkt vor Ort einbringen können. Ziel von Lokalprojekte ist es, mit Querwechsler*innen und Verwaltungsteams gemeinsam an sinnstiftenden Projekten zu arbeiten, die zum Erhalt und zur Zukunftsfähigkeit der Daseinsvorsorge in Städten und Kommunen beitragen. Doch warum genau Querwechsler*innen in die Verwaltung bringen? Die komplexe und hochdynamische Außenwelt stellt die lokale Ebene der Verwaltungen vor komplizierte Herausforderungen. Dazu zählen beispielsweise die Geschwindigkeit der Digitalisierung, die Integration von zahlreichen Geflüchteten und notwendige Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel. Das Austragen und Lösen von globalen Problemen auf lokaler Ebene spiegelt sich auch in der Vision von Lokalprojekte wider: Lokalprojekte ist davon überzeugt, dass die kommunale Ebene nicht die unterste, sondern die wichtigste Ebene Reportage | Lokalprojekte-- innovatives Projektmanagement und Sinnstiftung 15 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0068 in der effektiven und nachhaltigen Lösung globaler Fragen darstellt. Durch diese vielschichtigen Entwicklungen und komplexen Anforderungen sowie die staatliche Notwendigkeit, nicht nur zu reagieren, sondern auf sie aktiv zu agieren, entstehen neue staatliche Aufgaben. Diese gehen jedoch oft mit neuen Kompetenzanforderungen an Mitarbeitende einher, gerade wenn es um Digitalisierung geht. Hierfür Querwechselnde aus Wirtschaft und Gesellschaft im öffentlichen Sektor einzusetzen, stellt deshalb eine weitere Kernidee von Lokalprojekte dar. Neben neuen Kompetenzen werden in der öffentlichen Verwaltung ebenfalls neue Arbeits- und Herangehensweisen benötigt, um mit der sich so rasant verändernden und entwickelnden Außenwelt Schritt halten zu können. Längst gibt es Think Tanks für privatwirtschaftliche Unternehmen und politische Vereinigungen. Doch wie können neue, richtungsweisende Ideen auf kommunaler Ebene entstehen und Wirkung entfalten? Durch die fachspezifische Expertise, Berufserfahrung in anderen Sektoren und ihren damit einhergehenden verwaltungsexternen Blick, bringen Querwechsler*innen neue Arbeitsmethoden und Ideen mit in den Verwaltungsalltag. Durch den alltäglichen Austausch mit den Verwaltungsteams vor Ort werden hierdurch Innovationen in Kommunen angeregt. Es werden Kompetenzen für Lern- und Veränderungsprozesse gefördert und abteilungsübergreifende Lösungsansätze gefunden. Darüber hinaus bringen Querwechsler*innen ein anderes kulturelles Verständnis von Management und Führung mit, welches für die Gewinnung und Bindung von Talenten nützlich sein kann. Damit Querwechsler*innen und Verwaltungsteams gemeinsam für den Erhalt und die Zukunftsfähigkeit der Daseinsvorsorge in Städten und Gemeinden wirken können, wählt Lokalprojekte die Methode der wirkungsorientierten Steuerung, umgesetzt in spezifischen Projekten. Lokalprojekte als Methode für Projektmanagement Nach Gründung der gemeinnützigen GmbH Lokalprojekte 2021 stellte sich die hessische Stadt Eschwege an der Werra als erste Pilotkommune für die Umsetzung zweier Lokalprojekte zur Verfügung. Eines dieser beiden Projekte stand unter dem Thema „Einführung der E-Akte: Papierlos- - aber Abbildung 1: Das Modell von Lokalprojekte Abbildung 2: So funktioniert ein Lokalprojekt Reportage | Lokalprojekte-- innovatives Projektmanagement und Sinnstiftung 16 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0068 Abbildung 3: Auszug aus den Inhalten der Lernplattform Abbildung 4: Das Bildende Begleitprogramm von Lokalprojekte richtig! “. Hierfür schloss die Stadt Eschwege eine Kooperation mit der Lokalprojekte gGmbH ab. Nach erteiltem Auftrag übernahm das Lokalprojekte-Team die Suche nach einem geeigneten Talent für diese komplexe Digitalisierungsherausforderung. Nach wenigen Wochen war eine passende Person für die Aufgabe des Projekts identifiziert und an die Stadt Eschwege weitergeleitet. Bei der Kommune stieß das Profil der vorgeschlagenen IT-Fachkraft auf Begeisterung. Die für das Projekt „E-Akte“ gefundene IT-Spezialistin war von der Arbeit in der Kommune vor Ort so überzeugt, dass sie nach offiziellem Projektende seit Mai 2022 ihre Arbeit als festangestellte Mitarbeiterin bei der Stadt Eschwege fortführt. Lokalprojekte bietet Kommunen nicht nur Unterstützung bei der Gewinnung von Querwechsler*innen aus Wirtschaft und Gesellschaft, sondern ermöglicht auch die rechtliche Umsetzung der vergüteten, sechsbis zwölfmonatigen Vollzeit- Projektarbeit. Durch eine Arbeitnehmerüberlassung können Querwechsler*innen innerhalb weniger Wochen ihre Arbeit aufnehmen. Ein weiteres Herzstück des Angebots von Lokalprojekte ist das bildende Begleitprogramm. Hier wird ein wechselseitiges Grundverständnis für Kompetenzen, Motivation und Arbeitsweisen im Vergleich zwischen Kommunen und Privatwirtschaft vermittelt und nützliches Handwerkszeug für die Projektarbeit mit auf den Weg gegeben. Zusätzlich stellt Lokalprojekte über eine Lernplattform Lernmodule bereit, mit der sowohl die verantwortlichen Personen aus der Kommune, 2023 12. Oktober 2023 Austria Center Vienna | Online #pmafocus23 Projektmanagement zwischen den „Realitäten” ODE R FAKT pma.at/ focus Informationen & Anmeldung zur hybriden Veranstaltung: © Gianmaria Gava Ingrid Brodnig Wie Unternehmen von Gerüchten und Falschmeldungen betroffen sind - und wie man geschickt reagieren kann. Clemens Maria Schreiner Fakten schaffen. Warum wir nicht immer eine eigene Meinung brauchen.- © Thomas Jantzen/ ORF Kai Erenli Ein Vortrag über gefakte (Tatsachen-)Behauptungen und verifizierte Gerüchte in Projekten. © P.Rösler/ FH des BFI Wien Doris Weßels Die neue Normalität in der Projektarbeit? Navigieren durch den KI-Dschungel von Fakten, Fakes und Fiktion. © FH Kiel Reportage | Lokalprojekte-- innovatives Projektmanagement und Sinnstiftung 18 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0068 die als Pat*innen fungieren, als auch die Querwechsler*innen weiterbildet. Ganz wesentlich ist auch ein weiterer Service von Lokalprojekte: Die oft ambivalenten Denk- und Handlungsmuster von Verwaltung und Privatwirtschaft können zu Moderationsbedarfen führen. Deshalb steht jedem Projekt ein eigener “Buddy” aus dem Lokalprojekte-Team als persönliche*r Begleiter*in für alle Fragen rund um das Projekt zur Seite. Dieser Buddy hat außerdem die Aufgabe, die Effizienz und Effektivität der Projekte über die gesamte Projektlaufzeit im Blick zu behalten. In regelmäßigen Jour fixes tauschen sich alle drei Beteiligten- - Querwechsler*innen, Pat*innen und Buddies- - aus und reflektieren über den bereits zurückgelegten Weg. Ein Lokalprojekt, wie die Stadt Eschwege es erfolgreich umsetzte, kann als eigene Methode des Projektmanagements für die öffentliche Verwaltung dienen. Durch das Miteinander und das bildende Begleitprogramm von Lokalprojekte wird das Verständnis für den öffentlichen Sektor und das Innovationspotenzial in der Kommune gesteigert. Es geht in den einzelnen Projekten nicht nur um das Projektergebnis, sondern auch um die dabei entstehenden Lernprozesse und die persönliche Entwicklung. Indem beispielsweise neue Kollaborationsmethoden für die digitale Zusammenarbeit vorgestellt und gemeinsam ausprobiert werden, können individuelle, verwaltungseigene Lösungen gefunden werden. Die einzelnen Akteur*innen des Projekts tragen damit zu einer „lernenden Verwaltung” bei, in der es darum geht, auch einen Abbildung 5: Der Weg zu Ihrem Lokalprojekt Abbildung 6: Die Alleinstellungsmerkmale der Lokalprojekte gGmbH 19 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0068 • Wie funktioniert gute Kreativität? • Was sind sinnvolle Hilfsmittel und Methoden? • Welche Hebel habe ich zum Steuern? • Wie kann man das Digitalisieren? ISBN: 978-3-74-819328-9 Kontakt für einen Vortrag: dieter.geckler@t-online.de Kreativität bei Menschen, Teams und Organisationen Dieter Geckler • Grußwort von Prof. Reinhard Wagner Gesellschaft f. Projektmanagement (GPM) • Empfehlung in der Deutschen Gesellschaft für Kreativität (DGfK) Anzeige Raum persönlicher Entwicklung zu schaffen. Auf diese Weise verändert sich mit den Projektbeteiligten auch das jeweilige Umfeld innerhalb der Verwaltung, womit ein Veränderungsprozess auf allen Ebenen in Gang gesetzt wird. Wie der Weg von einer Idee bis zu einem Lokalprojekt aussieht, das erläutert Abbildung 5. Personalgewinnung durch Sinnstiftung Seit einigen Jahren wächst bei vielen Menschen der Wunsch danach, Sinn und Wirksamkeit im beruflichen Alltag zu erleben. „Impact“ ist häufig das Schlagwort dafür. Fehlt er, führt das nicht selten zu Motivationsverlust und schließlich Jobwechsel. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass die individuelle Motivation mit einem höheren Entgelt oder Zusatzleistungen wie dem berühmten Bällebad, nicht zurückgeholt werden kann. Mehr geht es darum, einen sichtbar positiven Beitrag zum Gemeinwohl zu erschaffen. Für welche Arbeitgeber entscheiden sich Menschen also, die ihre Zeit, Energie und Erfahrung in eine sinnstiftende Arbeit investieren wollen? Für Arbeitgeber, mit attraktiven, sinnstiftenden Arbeitsinhalten, welche zudem die Möglichkeit bieten, die eigenen Kompetenzen einzubringen. Gerade im öffentlichen Dienst, mit oftmals vielen Vorschriften und Regelungen gar nicht so einfach? Doch! Es gibt Möglichkeiten. Gerade im öffentlichen Dienst. Wirkungsorientierte Projektarbeit ist eine Option, Raum zu schaffen, in dem Mitarbeiter*innen ihre individuellen Kompetenzen einbringen und sinnstiftend tätig werden können. Projektarbeit hilft dabei, fachbereichsübergreifend zusammen zu arbeiten und dadurch einen ganzheitlichen Blick auf die Verwaltung zu bekommen. Das schafft Abwechslung und bringt umfassend betrachtete, frische Lösungen, die ganz nebenbei auch die Effizienz steigern. Der öffentliche Dienst ist häufig mit der Lösung komplexer Herausforderungen beauftragt, die dem gesellschaftlichen Zusammenleben und der Gemeinschaft dienen. Das ist ein nicht zu unterschätzendes Argument, mit dem kommunale Arbeitgeber punkten können. Denn mit seinen eigenen Kompetenzen zum Gemeinwohl beizutragen, kann ganz besonders zu einem Gefühl der Sinnhaftigkeit und Erfüllung führen. In einem Projekt können die Beteiligten außerdem die direkten Auswirkungen ihrer Bemühungen auf die Organisation und die Gemeinschaft sofort erkennen. Eine Win-win-Situation für Mitarbeiter*innen, Verwaltung und Gesellschaft. Wer in den Projektarbeiten den Fokus auf die Erzielung von Wirkung richtet, gelangt von der klassischen Inputorientierung zur Wirkungsorientierung. Vielerorts eine noch ungewohnte Perspektive für die Verwaltung. In der klassischen Planungslogik schaut man zunächst auf den Input in Form von Budgets und Ressourcen und erst am Ende auf das Ergebnis der erbrachten Leistung. Wirkungsorientierung im Gegensatz dazu, nimmt bereits während der Planungsphase die konkrete, zu erreichende Wirkung ins Visier. Die Projektbeteiligten beginnen mit der Frage, wie genau eine Leistung ein gesellschaftliches Problem lösen und damit die gewünschten Auswirkungen auf die Zielgruppe realisieren kann. Für die Projektverantwortlichen entstehen damit ganz neue Fragen, beispielsweise: „Wie kann die gewünschte Wirkung erzielt werden? “ „Welche Leistungen können dazu auf welche Weise beitragen? “ Klingt kompliziert? Sicherlich komplex, vielleicht auch neu. Verwaltungsteams bei der Umsetzung wirkungsorientierter Projekte zu unterstützen, das hat sich Lokalprojekte auf die Fahnen geschrieben. Begeisterung durch Onboarding und Weiterbildung Eine weitere Möglichkeit Sinn und Wirksamkeit in der eigenen Arbeit im öffentlichen Dienst zu sehen und zu leben ist ein strukturiertes Onboarding von querwechselnden Mitarbeiter*innen. Ein genauso vielbemühtes wie falsches Vorurteil gegenüber der Arbeit im öffentlichen Dienst ist, dass Verwaltungsmitarbeiter*innen gern bürokratisch entscheiden und langweilige Büroarbeit machen. Weit verfehlt. Der öffentliche Dienst ist der am breitesten gefächerte Arbeitgeber Deutschlands, nirgendwo sonst sind von der Juristin über den Buchhalter bis zur Umwelttechnikerin so unterschiedliche Berufsfelder gefragt und für die Lösung von komplexen und oftmals drängenden Herausforderungen vor Ort verantwortlich. Allerdings tun sich gerade beruflich abseits des öffentlichen Dienstes erfahrene Quereinsteiger*innen oftmals schwer, die Strukturen der öffentlichen Verwaltung zu verstehen und wirksam zu bedienen. Da geht gerade am Anfang viel Potenzial verloren. Ein Onboarding Programm, wie es Lokalprojekte anbietet, das ganz im Sinne des Verstehens der Logiken und Besonderheiten des öffentlichen Dienstes, der Vernetzung und des gegenseitigen Lernens steht, hilft, die Reportage | Lokalprojekte-- innovatives Projektmanagement und Sinnstiftung 20 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0068 neuen Mitarbeiter*innen gut in das System einzubinden und ihre Kompetenzen wirken zu lassen. Das ist attraktiv und unterstützt bei der Bindung neuer Mitarbeiter*innen. Lokalprojekte hat dabei die Erfahrung gemacht, dass auch die „alten Hasen“ in der Verwaltung viel von den „Neuen“ lernen, gerade wenn man als Pat*in dazu beiträgt, das System leichter zu verstehen. Tatsächlich kommt gerade das Bildungsprogramm auch bei den langjährigen Verwaltungsmitarbeiterinnen gut an, denn manchmal brauchen auch sie eine Erinnerung daran, wie sinnstiftend ihre tägliche Arbeit für das Gemeinwohl ist. Und das begeistert alle Beteiligten nachhaltig. Aktuell in Umsetzung: Förderprogramm „Integrationsmacher: innen“ Ein gutes Beispiel für wirkungsorientierte Projektarbeit ist das neue Stiftungsprojekt „Integrationsmacher: innen“ von Lokalprojekte, gefördert von der Robert Bosch Stiftung. Integrationsmacher*innen-- ein Team aus einer Querwechsler*in und eine*r Pat*in-- setzen ein Projekt um, das der Integration von Geflüchteten und Migrant*innen dient. Insbesondere digitale Lösungen sollen den Alltag für Geflüchtete und Migrant*innen aber auch die Arbeit der Mitarbeiter*innen der Verwaltung vereinfachen und unterstützen. Es gibt bereits viele gute Tools, die etwa ein besseres Matching von Angeboten und Bedarfen im Bereich Arbeit, Wohnen oder Spracherwerb ermöglichen. Zentrale Themen in der Integrationsarbeit sind Wohnen, Arbeit, Sozialkontakte, Behördengänge, Sprache und Gesundheit. Oftmals sind in den Städten, Kommunen und Behörden gute Lösungsansätze bekannt, aber es fehlen Zeit und Personal, diese auch umzusetzen. Genau hier setzt Lokalprojekte mit dem eigenen Programm an. Das interdisziplinäre Team bringt sowohl geeignete Fachleute als auch ein weitreichendes Netzwerk mit, das mit Ideen und bereits vorhanden digitalen Lösungen unterstützt. Derartige Tools in der Verwaltung nutzbar zu machen und echten Mehrwert für alle Beteiligten zu schaffen, das ist der Anspruch dieses Projekts. Die sinnstiftende Wirkung ist damit von vornherein klar, die wirkungsorientierte Projektarbeit gibt den entsprechenden Umsetzungsrahmen. Zusammenfassung und Fazit Die Lokalprojekte gGmbH verfolgt mit der eigenen Idee einen innovativen, ganzheitlichen Ansatz. Sie unterstützt die Zusammenarbeit zwischen privatwirtschaftlichen und kommunalen Akteur*innen im Rahmen von Projekten und ist damit auf mehreren Ebenen wirksam: Zum einen trägt die erfolgreiche Umsetzung der Projekte selbst zur Lösung lokaler und gesamtgesellschaftlicher Herausforderungen bei. Gleichzeitig führt die gemeinsame Arbeit von Personen aus Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung implizit zu Perspektivwechseln, die sowohl die Querwechselnden, als auch die Mitarbeiter*innen innerhalb der Verwaltung bereichern. Denn durch den Blick und die Expertise von außen können Innovationen in der Verwaltung vor Ort angeregt und deren Kompetenzen gestärkt werden. So können Fachexpert*innen für neue Aufgaben gefunden und Projekte anhand des Konzepts von Lokalprojekte wirkungsorientiert umgesetzt werden. Die Alleinstellungsmerkmale des gemeinnützigen Start-ups sind in Abbildung 6 zusammengefasst aufgeführt. Lokalprojekte unterstützt kommunale Verwaltungen darin, nicht nur auf äußere Veränderungen zu reagieren, sondern mit kompetentem Personal zukunftsfähig zu bleiben. Literatur Bernnat, R. et al. (2022). Fachkräftemangel im öffentlichen Sektor. https: / / www.pwc.de/ de/ branchen-und-markte/ oeffent licher-sektor/ pwc-fachkraeftemangel-im-oeffentlichensektor.pdf, Stand: 03. 04. 2023 Abbildungen 1-6: ©Lokalprojekte gGmbH Eingangsabbildung: © Lokalprojekte gGmbH Katja Büchner Katja Büchner hat einen Masterabschluss in Media Education an der Universität Rostock und einen Ingenieursabschluss für Buch- und Medienproduktion an der HTWK Leipzig. Sie ist aktuell als Dezernentin für Innovation und Partnerschaftsmanagement bei der Bundeswehr tätig, Stadträtin der Stadt Andernach und Mitgründerin der Lokalprojekte gGmbH. Katja@lokalprojekte.de Charlotte Bock Charlotte Bock ist gelernte Wirtschaftswissenschaftlerin und schloss ihren Master of Public Policy mit Spezialisierungen in Social Entrepreneurship und Open Government ab. Beide Themenfelder sind Fokus ihrer wissenschaftlichen Arbeiten und Lehren an zwei Universitäten. Mit mehrjähriger Praxiserfahrung im Bereich Public Private Partnerships ist Charlotte Bock seit Frühjahr 2022 im Team von Lokalprojekte tätig und hat seit März 2023 gemeinsam mit Dr. Christine Prokop-Scheer die Geschäftsführung übernommen. Charlotte@lokalprojekte.de 21 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0069 TRUMPF-Projekt: Zukunftsweisendes Education Center Die Ideen junger Menschen aufgreifen Oliver Steeger Das Hochtechnologieunternehmen TRUMPF investiert in Lernen und Ausbildung. Die Zahl der Auszubildenden und Dualen Studenten soll von derzeit 180 auf 300 steigen. Für das Unternehmen, das mit seinen 16.554 Mitarbeitern auf Werkzeugmaschinen und Lasertechnik spezialisiert ist, ist Ausbildung nicht nur ein Weg aus dem Fachkräftemangel. Das Familienunternehmen sieht darin auch eine soziale Verantwortung. Jüngst hat es sein neues Aus- und Weiterbildungszentrum am Stammsitz Ditzingen eröffnet, ein Projekt, an dessen Ende ein zukunftsweisender, dreistöckiger Neubau stand. Herzstück des neuen „TRUMPF Education Centers” ist eine kleine Smart Factory. Dort werden Auszubildende und Studenten künftig Schlüsseltechnologien und Vernetzungsangebote von TRUMPF hautnah erleben. Das Besondere bei diesem Vorhaben für Aus- und Weiterbildung: Die Auszubildenden haben einige Gebäudeelemente selbst (mit-)entwickelt. In Projekten gestalteten sie beispielsweise Flächen für Kreativität und Kollaboration. Marco Klein (Leiter Aus- und Weiterbildung) sowie Stefan Oberrieder (Leiter technische Ausbildung) berichten, wie sie junge Menschen in die Entwicklung des Aus- und Weiterbildungszentrums einbezogen haben-- und weshalb sich die Ideen der jungen Menschen für ihr Unternehmen lohnen. Im Hochtechnologiebereich ist ständiges Lernen und Weiterlernen unverzichtbar. Im Juli haben Sie Ihr neues Aus- und Weiterbildungszentrum eröffnet-- ein Gebäude, das auch dem Kulturwandel bei jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern folgt. Was hat Sie zu dem Neubau bewogen? Marco Klein: Dafür gab es drei wesentliche Gründe. Erstens, unser Unternehmen ist stark gewachsen. Als ich meine eigene Ausbildung 2006 gestartet habe, waren wir 6.500 Mitarbeiter weltweit. Heute sind wir fast 6.500 Mitarbeiter allein an unserem deutschen Standort. Unsere Ausbildung ist entsprechend mitgewachsen. Wir bilden heute in 17 Bereichen aus, verstärkt im digitalen und IT-Bereich, etwa Cybersicherheit. Die Zahl der Auszubildenden ist gestiegen, und sie wird weiter steigen. Wir brauchten also mehr Platz. Der zweite Grund ist, dass wir mit der Ausbildung junger Menschen unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden wollen-- und dafür brauchen wir das Aus- und Weiterbildungszentrum. Und drittens: Wir stellen uns mit dem Zentrum weiter auf die Anforderungen der Generation Z ein. Für diese Generation ist ein modernes Arbeitsumfeld ausschlaggebend bei der Wahl des Arbeitgebers. Dazu gehört auch ein modernes Aus- und Weiterbildungszentrum, das den Erwartungen, Ideen und Werten junger Menschen gerecht wird. Ein Ausbildungszentrum ist mehr als nur eine Hülle für das Lernen. Das Gebäude mit seinen Möglichkeiten prägt auch die Art und Weise, wie junge Menschen an ihre künftigen beruflichen Aufgaben herangeführt werden. Was ist neu oder anders in ihrem soeben eröffneten Aus- und Weiterbildungszentrum? Marco Klein: Eine Idee war früh klar: Wir wollten einen Ort der Ausbildung für alle Nachwuchskräfte schaffen- - also sowohl für duale Studenten, Auszubildende als auch etwa für Werkstudenten oder Fachkräfte, die hier promovieren. Wir haben uns überlegt: Was braucht es für solch ein Aus- und Weiterbildungszentrum? Da waren Themen wie Technologie. Wir bringen in unserem Bildungszentrum unserem Nachwuchs unsere Technologie nahe-… …-die erwähnte kleine Smart Factory in Ihrem Zentrum, die jetzt Schritt um Schritt ausgebaut wird. Marco Klein: Richtig. Da spielt auch Künstliche Intelligenz hinein. Unser Bestreben war es, nicht nur einzelne Maschinen Reportage | Die Ideen junger Menschen aufgreifen 22 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0069 im Aus- und Weiterbildungszentrum einzusetzen, sondern diese auch zu vernetzen. Unser Unternehmen entwickelt sich zu einem Lösungsanbieter. Wir versorgen unsere Kunden vermehrt mit Services rund um Prozessketten. Unsere Mitarbeiter müssen deshalb die komplette Prozesskette verstehen, nicht nur einzelne Maschinen. Das heißt beispielsweise, dass sich angehende Industriemechaniker oder Mechatroniker mit vernetzten Systemen auseinandersetzen sollten. Stefan Oberrieder: Für unsere Ausbildung hatten wir schon immer einen Maschinenpark. Der Nachwuchs lernt dort beispielsweise das Drehen oder Fräsen. Die Arbeit an einzelnen Maschinen wird weiterhin ein Element in der Ausbildung bleiben. Die Vernetzung kommt jetzt hinzu. Also: Wie gelingt es, die Maschinen, Laser und 3D-Drucker digital stärker zu vernetzen? Wie kann man die Vernetzung vermehrt in Projekten verankern? Mit diesem Hintergrund haben wir uns zum Aufbau einer kleinen Smart Factory im Aus- und Weiterbildungszentrum entschlossen und die Studierenden dabei auch einbezogen. Inwiefern einbezogen? Stefan Oberrieder: Wir bauen in Projekten immer neue Elemente in die Smart Factory ein. Eine unserer dualen Studentinnen schreibt beispielsweise eine Bachelorarbeit über unsere Trackingtechnologie. Es geht darum, bestimmte Materialien während einer Prozesskette nachzuverfolgen. Wir werden mit ihr in einem Projekt diese Technologie in unserer kleinen Smart Factory implementieren. Wir kooperieren also mit unseren Auszubildenden und Studenten, um neue Technologien, an denen bei TRUMPF gerade gearbeitet wird, bei uns in die kleine Smart Factory der Ausbildung hineinzuholen. Manche Studenten halten bei uns Vorträge oder schulen sogar, manchmal sogar für die Weiterbildung unserer Mitarbeiter. Das heißt, das neue Aus- und Weiterbildungszentrum ist mehr als nur ein Schulungszentrum. Es ist ein Ort für Austausch-… Marco Klein: Richtig. Wir wollten in dem Aus- und Weiterbildungszentrum Orte der Begegnung geschaffen, in denen beispielsweise Werkstudenten mit Promovierenden interagieren können. Wir bringen die verschiedenen Gruppen des Nachwuchses zusammen. Wir geben ihnen eine Heimat. Stefan Oberrieder: Als ich meine Ausbildung als Wirtschaftsinformatiker gestartet habe, habe ich an der Hochschule studiert. Parallel habe ich die Ausbildung in unserem Unternehmen durchlaufen. Meine Ausbilder hat dies zwar koordiniert, aber eigentlich wurde ich ausgebildet in den Fachbereichen, die ich durchlaufen habe. Eine Art Heimat, einen Fixpunkt hatte ich nicht, wo ich beispielsweise andere Auszubildende treffen konnte. Das hat sich verändert? Stefan Oberrieder: In dem neuen Aus- und Weiterbildungszentrum können sich unsere dualen Studenten austauschen mit Peers aus der gleichen Altersgruppe oder ähnlichen Studiengängen. Dies ist ein wichtiges Element im modernen Lernverständnis. Im informellen Austausch wird viel Wissen vermittelt, gelernt oder durch Anwendung gefestigt. Deshalb wollen wir im Aus- und Weiterbildungszentrum an bestimmten Orten Auszubildende und Lehrende informell zusammenbringen. Menschen zusammenbringen-- spielt da auch die Erfahrung aus der Pandemie eine Rolle, als persönliche Begegnungen erschwert oder gar unmöglich waren? Marco Klein: Natürlich! Wir wollen Menschen jetzt wieder zusammenholen, um gemeinsam Innovationen zu generieren-- vor Ort und nicht in virtuellen Räumen. Mit unserer Ausbildungsabteilung gehen wir als Vorbild voran. Vorhin haben Sie über die Erwartungen und Bedürfnisse der Generation Z gesprochen. Sie haben für die Entwicklung und den Bau des Aus- und Weiterbildungszentrums Ihren Nachwuchs nicht nur nach ihren Anforderungen befragt-- sondern sie auch durch eigene Projekte mitwirken lassen. Ein Student hat mit vier Kommilitonen beispielsweise ein Konzept für Besprechungsräume entwickelt, das Kollaboration und Kreativität im Arbeitsalltag erleichtern soll. Weshalb hatte diese Mitwirkung einen so hohen Stellenwert in Ihrem Projekt? Stefan Oberrieder: Wir wollten ein Gebäude schaffen, das sich von den anderen Gebäuden bei TRUMPF abhebt. Das Gebäude sollte bewusst anders sein und eine eigene architektonische Handschrift zeigen. Dies war einer der Gründe, die Auszubildenden und Studenten einzubeziehen. Wir suchten Impulse von außen, um das Aus- und Weiterbildungszentrum wirklich neu denken zu können. Impulse von außen? Stefan Oberrieder: Viele bei uns kennen unsere Architektur seit Jahren. Ich bin seit zehn Jahren bei TRUMPF, und ich habe eine gewisse Grundvorstellung, wie bei uns ein Gebäude auszusehen hat. Das ist ein normaler Vorgang. Aber es ist nicht leicht, sich von solchen Grundvorstellungen zu lösen, wenn man völlig neu denken will. Und da ist es sinnvoll, junge Menschen einzubinden-…? Stefan Oberrieder: Junge Menschen, die erst seit einem Jahr oder kürzer bei uns sind. Von ihnen bekommt man völlig neue Impulse. Sie sind noch nicht geprägt von der Denkweise bei TRUMPF, wie Räume optimalerweise auszusehen haben. Sie hätten theoretisch auch eine klassische Stakeholderanalyse durchführen können-- mit Fragen, Interviews und Workshops. So, wie es in vielen Projektmanagement-Lehrbüchern steht. Stefan Oberrieder: Natürlich, diesen Weg hätten wir gehen können. Doch ich denke, dass es besser ist, die künftigen Nutzer durch Partizipation in das Projekt hereinzuholen. Davon profitieren wir am Ende mehr als durch eine Stakeholderanalyse. Wir bekommen einen frischen Blick auf das Projekt: Den Perspektivwechsel, die Kreativität und die Innovation. Marco Klein: Diese Vorgehensweise ist für uns nicht ganz neu. Wir haben beispielsweise mit unseren Auszubildenden einen Lieferanten-Award entwickelt- - um frische Ideen und Impulse zu bekommen. Bei uns ist zudem das Reverse-Mentoring Praxis. Wir bringen beispielsweise Führungskräfte und duale Studenten zusammen. Unser Nachwuchs bringt neue Sichtweisen in die ältere Generation unserer Führungskräfte. Reportage | Die Ideen junger Menschen aufgreifen 23 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0069 Dies hilft unseren Führungskräften letztlich auch, die Haltung der Generationen Y und Z besser zu verstehen. Wie war diese Partizipation konkret gestaltet? Stefan Oberrieder: Wir haben zu Wettbewerben eingeladen. Wir haben einzelne Bereiche in dem Aus- und Weiterbildungszentrum herausgegriffen, beispielsweise die Besprechungsräume. Dann haben wir Vorgaben formuliert, beispielsweise die Vorgabe, dass die Räume so gestaltet sein sollen, dass unsere Azubi-Band dort auch ihre Instrumente versorgen kann. Viele Vorgaben hatten wir nicht. Anschließend haben wir einen mehrwöchigen Wettbewerb ausgeschrieben, in dem Teams unseres Nachwuchses eigene Raumkonzepte entwickeln und einbringen konnten. Die Teams mussten multidisziplinär zusammengesetzt sein, also beispielsweise aus Betriebswirten und Mechatronikern bestehen. Wir wollten eine Vielfalt von Sichtweisen im Team mischen. Und? Wie war die Beteiligung? Am Ende haben fünf oder sechs Teams Konzepte eingereicht und beim Pitch vorgestellt. Am Ende hat eine hochkarätig besetzte Jury über die Konzepte entschieden. Wir haben eines ausgewählt und aus den anderen einige Elemente hinzugenommen. Die Konzepte haben wir dann in die Planung mitgenommen. Natürlich kann man solche Konzepte nicht einszu-eins umsetzen. Das funktioniert nicht immer so, wie man das eigentlich will. Aber das Konzept ist in der Gestaltung der Räume gut wiederzuerkennen. Wo liegen aus Ihrer Sicht die Herausforderungen bei dieser Form der Partizipation? Marco Klein: Man muss damit rechnen, dass sich die jungen Menschen etwas befangen fühlen. Da gab es bei den Teilnehmern eine spürbare Zurückhaltung. Wie frei dürfen sie wirklich denken? Mit welchen Vorschlägen dürfen sie kommen? Darf man alles in die Diskussion einbringen? Zum Beispiel einen Wunsch etwa nach einem Fitness-Center im Aus- und Weiterbildungszentrum? Stefan Oberrieder: Ja, zum Beispiel. Die Studierenden denken von sich aus out-of-the-box. Doch man muss sie dazu bringen, diese Ideen auch zu äußern. Das ist mit Sicherheit eine Herausforderung. Eine weitere Herausforderung ist die Zeit. Diese Projekte laufen quasi nebenher. Azubis und Studierende sind stark eingebunden. Sie verbringen beispielsweise viel Zeit in Fachbereichen, um unsere Technologie dort zu erleben und zu lernen. Das heißt, es kann einfach an Zeit für die Beteiligung fehlen? Stefan Oberrieder: Daraus können sich für den Einzelnen praktische, nachvollziehbare Fragen ergeben: Ist es wichtiger, an einer Präsentation im Fachbereich teilzunehmen- - oder ein paar Stunden in die Gruppenarbeit zu investieren? Wir haben unsere Teams unterstützt, sich die nötige Zeit zu nehmen. Marco Klein: Eine weitere Herausforderung ist, diejenigen zu betreuen, die den Wettbewerb gewonnen haben. Augenblick! Dies verstehe ich nicht ganz. Inwieweit ist dies eine Herausforderung? Marco Klein: Es handelte sich um ein Bauprojekt. Viele Einflussfaktoren spielen eine Rolle. Wie vorhin gesagt, wir konnten die von den Studententeams entwickelten Konzepte nicht eins-zu-eins umsetzen. Trotzdem bringen die Gewinner des Wettbewerbs gewisse Erwartungen mit? Sie wollen Ergebnisse sehen-… Marco Klein: Richtig. Da besteht eine gewisse Erwartungshaltung. Sie erwarten, dass das im Konzept Beschriebene auch umgesetzt wird. Mit dieser Erwartungshaltung muss man umgehen. Man muss erklären können, weshalb am Ende vielleicht nur eine abgespeckte Variante realisiert werden kann. Die Entwicklung von Konzepten in Studententeams setzt auch ein gewisses Maß an Projektmanagement voraus. Haben Sie die Teams vorher mit den Basics des Projektmanagements bekannt gemacht? Stefan Oberrieder: Bei dem Bauprojekt des Aus- und Weiterbildungszentrums haben wir dies frei gehalten. Wir haben den Teams gesagt, sie sollen einfach starten und loslegen. Wir haben dann Hilfe angeboten. Wenn sie Unterstützung brauchten, konnten sie sich diese bei uns holen. Ich möchte mit Ihnen auch über die junge Generation selbst sprechen. Ich höre häufig, dass die Generation Z völlig andere Bedürfnisse, Werte und Haltungen haben als beispielsweise ältere Mitarbeiter. Aus ihrer Erfahrung heraus: Sind Berufsstarter, die jetzt um die zwanzig sind, wirklich so anders und speziell? Stefan Oberrieder: Ich würde dieses „Anderssein“ nicht überbetonen. Manchmal merkt man, dass die junge Generation etwas anders tickt. Sie kennt beispielsweise ihren Wert auf dem Arbeitsmarkt. Junge Berufseinsteiger haben verstanden, dass Nachfrage nach ihnen herrscht. Dies beobachten wir deutlich etwa bei der Rekrutierung und im Bewerbungsprozess. Zudem wird in der jungen Generation viel mehr hinterfragt- - was aber eigentlich nicht neu ist. Das haben wir auch bei der Vorgänger-Generation schon festgestellt. Marco Klein: Ich beobachte generell einen Trend zu mehr „Sesshaftigkeit“ in der Organisation- - und weniger Bewegung. Die junge Generation will nicht unbedingt nach der Ausbildung Karriere machen. Viele wollen zunächst Fuß fassen und sich orientieren. Manchmal ergibt sich dann der Wunsch, nochmals zu studieren oder in der Freiwilligenarbeit sich zu engagieren. Aber kaum jemand möchte durchstarten mit dem, was wir Karriere nennen. Das ist bei der älteren Generation anders? Marco Klein: Bei den Mitarbeitern ab 50 herrscht häufig noch das Mindset vor, dass die junge Generation sehr interessiert sein sollte an Karriere und Aufstieg. Sie sind häufig überrascht, wenn sie den Jüngeren etwa Auslandsaufenthalte mit zusätzlicher Vergütung anbieten-- und die Jüngeren dann ablehnen. Die Jüngeren entgegnen häufig, dass ihnen derzeit anderes wichtig ist als Karriere. Diese Tendenz zur Zu- Reportage | Die Ideen junger Menschen aufgreifen 24 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0069 rückhaltung gegenüber Karriere spüren wir übrigens generell in der Belegschaft. Wir spüren allgemein, dass der Reiz von Führungsrollen geringer geworden ist. Es ist schwierig geworden, zur Führung zu motivieren-- vereinzelt auch bei älteren Mitarbeitern. Wenn sie nicht führen und aufsteigen will-- was sucht die junge Generation stattdessen? Stefan Oberrieder: Wir fragen Bewerber im Gespräch, weshalb sie zu TRUMPF kommen wollen. Wir hören vor allem zwei Gründe: Die Sicherheit des Arbeitsplatzes und die Geborgenheit in einem Familienunternehmen. Es gibt gelegentlich auch junge Menschen, die uns als globales Unternehmen als Chance sehen, ins Ausland zu kommen- - doch die meisten suchen diese Sicherheit und das Gefühl, in einem Familienunternehmen gut aufgehoben zu sein. Angesichts des Fachkräftemangels spielen die Erwartungen von Bewerbern heute für Unternehmen eine große Rolle. Trotzdem möchte ich diesen Punkt auch aus der anderen Perspektive her betrachten. TRUMPF ist ein Hochtechnologieunternehmen. Es hat vermutlich dezidierte Erwartungen an seine jungen Fachkräfte. Welche Kompetenzen und Skills sind für Sie in Ihrer Branche wichtig? Marco Klein: In unserem Kompetenzmanagement haben wir dafür sechs Kompetenzen ermittelt, aus denen wir Skills ableiten. In unserem Verständnis sind Kompetenzen eine Art übergreifendes Cluster, das beispielsweise ein Mindset oder eine Haltung beschreiben kann. Aus diesen Kompetenzen lösen wir Skills-- oder Fähigkeiten-- heraus. Skills konkretisieren also die Kompetenzen. Eine der sechs Kompetenzen, die wir identifiziert haben, nennen wir “collaborate to drive change”. Die Skills, die sich daraus ergeben, ist die beispielsweise Fähigkeit, zielgruppenspezifisch zu kommunizieren und aktiv ein Netzwerk aufzubauen. Wir sind ein großes Unternehmen mit vielen Spezialisten. Es ist gut Menschen zu kennen, die einem im Unternehmen weiterhelfen können. Netzwerken dürfte der jüngeren Generation nicht schwerfallen-… Stefan Oberrieder: Ja und nein. Ich beobachte, dass sich viele junge Menschen damit schwertun, direkt auf andere zuzugehen und sie etwa anzurufen. Sie schreiben lieber E-Mails. Ich halte entgegen, dass die direkte Kommunikation wichtig ist. Bei direkter Kommunikation sieht man das Gesicht anderer und hört ihre Stimme. Daraus ergibt sich eine gute, stabile Verbindung im persönlichen Netzwerk. Nochmals zu den Kompetenzen. Welche weiteren Kompetenzen sind für Sie als Unternehmen im High-Tech-Umfeld wichtig? Marco Klein: Zwei ergänzende Beispiele. Das erste, “Become digitally Proficient”, dreht sich um das Thema Digitalisierung. Da geht es um Skills, Daten zu sammeln, aufzubereiten und mit ihnen zu arbeiten. Dies ist nicht nur für das technische oder das IT-Umfeld wichtig, sondern etwa auch für den kaufmännischen Bereich. Das zweite Beispiel ist die Kompetenz, die sich auf das Lernen richtet. Wie gelingt es dem Einzelnen, ein neues Lernverständnis zu entwickeln? Wie kann er am besten lernen? Welche Bedeutung hat das formelle Lernen- - und auch informelle, dem wir in unserem neuen Aus- und Weiterbildungszentrum Raum geben. Die Methoden des Lehrens und Lernens entwickeln sich bekanntlich schnell weiter. Die Ausbildung hat sich in den vergangenen Jahren verändert-- nicht nur, weil jüngere Generationen neue und veränderte Bedürfnisse mitbringen, sondern weil auch pädagogische Konzepte Fortschritte gemacht haben. Meine Abschlussfrage: Wie stellen Sie sicher, dass Ihr Aus- und Weiterbildungszentrum, das Sie gerade erst bezogen haben, auch noch dem Lernen in zehn oder zwanzig Jahren gerecht wird? Stefan Oberrieder: Durch Flexibilität. Wie unser Aus- und Weiterbildungszentrum gestaltet wird- - dies geschieht nicht auf Basis einer Idee, die wir vor zwei oder drei Jahren hatten. Die Gestaltung und Ausgestaltung gehen immer weiter. Das Unternehmen entwickelt sich ja weiter. Und, wie Sie gesagt haben, auch die Mittel und Wege der Bildung. Was bedeutet diese Flexibilität für Sie praktisch? Stefan Oberrieder: Wir haben viele Räume so gestaltet, dass man sie neuen Bedürfnissen oder Lernformen anpassen kann-- so, wie wir sie es gerade brauchen. Da sind beispielsweise keine Tische fest verschraubt oder Geräte fest verkabelt. Das gilt vielfach auch für Werkstätten: Sie sind so eingerichtet, dass sie jederzeit umgerüstet werden können. Auf den Flächen kann im Grunde alles entstehen und passieren, was dem Lernen und der Ausbildung dient. Diese Offenheit ist vielleicht das Neue an unserem Aus- und Weiterbildungszentrum. Wir glauben, dass wir diese Offenheit brauchen in einer sich schnell verändernden Welt. Eingangsabbildung: © iStock.com/ Chinnapong Marco Klein Marco Klein leitet seit Februar 2023 Global Human Resources Laser Technology. Zuvor war er Leiter des Bereichs HR Services Learning & Growth, wo er unter anderem Talent Programs, Employer Branding & Development und Recruitung verantwortete. Marco klein hat Wirtschaftsinformatik studiert mit Schwerpunkt Business Information Systems und war zuvor unter anderem als Consultant tätig. Foto: TRUMPF SE + Co. KG Stefan Oberrieder Stefan Oberrieder hat 2007 bei TRUMPF Hüttinger eine Ausbildung zum Elektroniker für Geräte und Systeme gemacht. Für das Bachelorstudium Wirtschaftsinformatik hat er TRUMPF verlassen und ist danach wieder zu TRUMPF in die Business IT in Ditzingen zurückgekehrt. 2019 hat er ein halbes Jahr in der TRUMPF Smart Factory in Chicago verbracht. 2020 ist Stefan Oberrieder Leiter der technischen Ausbildung geworden. Foto: TRUMPF SE + Co. KG 25 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0070 Gereifte Empathie-- weshalb wir sie im Projektmanagement brauchen Mehr als Mitfühlen Oliver Steeger Empathie-- der neue Softskill-Trend. Empathie gilt als Schlüsselqualifikation der Arbeit der Zukunft. Ein unerlässliches soziales Schmiermittel für agile, multidisziplinäre und interkulturelle Teams. Doch Vorsicht! Psychologen verstehen unter dem inflationär gebrauchten Buzzword mehr als nur „Mitgefühl“ oder „Nett-Sein“. Sie entwickeln ein anspruchsvolles Bild von Empathie. Im Interview erklärt Wirtschaftspsychologe Professor Florian Becker, wie gereifte Empathie Zusammenarbeit fördert, weshalb jeder Empathie auch für sich selbst haben sollte-- und mit welchen einfachen Fragen jeder prüfen kann, wie empathisch er wirklich ist. Herr Professor Becker, das Schlagwort „Empathie“ hat eine erstaunliche Karriere gemacht. Anfangs war dieses Fremdwort allenfalls Psychologen und Ärzten bekannt. Heute gilt es als soziale Tugend des 21. Jahrhunderts. Im Arbeitsleben wird Empathie gefordert-- nicht nur von Führungskräften, sondern auch von Mitarbeitern etwa in Projektteams. Wie kommt es zu diesem Aufstieg der Empathie? Professor Florian Becker: Nach meiner Beobachtung hängt die Betonung von Empathie mit dem Wandel der Führungskultur zusammen- - und zwar hin zur mitarbeiterorientierten Führung. Dieser Wandel hat wiederum Verbindung zum Fachkräftemangel, zum Wertewandel und den veränderten Bedürfnissen vor allem jüngerer Mitarbeiter. Junge Mitarbeiter wollen empathischere Führung? Ja, das ist ein Punkt. Viele stellen heute die Arbeit nicht mehr in den Mittelpunkt ihres Lebens. Sie bauen die Arbeit gewissermaßen um ihr Leben herum. Sie wollen unter anderem möglichst viel Freizeit; wenn sie arbeiten, soll die Arbeit Spaß machen. Die gegenwärtige Diskussion über die Vier-Tage-Woche deutet ja in diese Richtung. Wir wissen aus Studien, dass vier von zehn Mitarbeitern in Deutschland sofort aufhören würden zu arbeiten, wenn sie dies könnten. Das gilt längst nicht nur für die Jüngeren. Auch unter Babyboomern würde nur einer von zehn so lange arbeiten wollen, bis er das gesetzliche Rentenalter erreicht. 90 Prozent würden früher aufhören. Verstanden. Was aber hat dies mit Empathie zu tun? Offenbar ist es den Unternehmen nicht gelungen zu verstehen, wie Mitarbeiter ticken, was sie antreibt und motiviert. Die Mitarbeiter erwarten, dass Unternehmen und Führungskräfte auf ihre Bedürfnisse reagieren. Dass sie diese Bedürfnisse erkennen, akzeptieren und bei der Gestaltung des Arbeitslebens berücksichtigen. Das gelingt vielen Unternehmen nicht. Unternehmen und Führungskräfte sollen also diese individuellen Bedürfnisse wahrnehmen und sie mit den Erfordernissen der Arbeit ausbalancieren. Also beispielsweise erkennen, wenn jemand mit Arbeit überlastet ist und ihm zu viel zugemutet wird. Überlastung und Burn-out sind wichtig, doch es geht nicht nur darum. Gemäß neuer Studien fühlen sich 17 Prozent der Mitarbeiter tendenziell überlastet. Doch satte 43 Prozent fühlen sich von ihrer Arbeit sogar unterfordert. Sie langweilen sich. Der Anteil der Überforderten und Unterforderten macht zusammen 60 Prozent. Ich finde dies erschreckend aus zwei Gründen. Zum einen laufen Unternehmen im heutigen Fachkräftemangel Gefahr, dass sie Mitarbeiter verlieren. Zum anderen denke ich als Psychologe auch an optimale Arbeitsbedingungen. Aus dem Flow-Modell des Psychologen Mihaly Csikszentmihalyi wissen wir, wie wichtig eine optimale Herausforderung für Mitarbeiter ist-… Reportage | Mehr als Mitfühlen 26 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0070 …-der „sweet spot“ zwischen Unterforderung und Überforderung! Sind Aufgaben weder langweilig noch überlastend-- dann kommen Menschen in eine Art Flow-Zustand, in dem die Arbeit gut von der Hand geht, die volle Leistungsfähigkeit entfaltet wird und man sich glücklich fühlt. Mit einem Wort: Eine optimale Arbeitsbedingung. Viele Führungskräfte nehmen nicht wahr, wenn Mitarbeiter unter der Last ihrer Arbeit leiden -oder sich am Arbeitsplatz langweilen. Sie erkennen nicht, welches Potenzial und welche Erwartungen jemand hat, welche Aufgaben für ihn angemessen sind, was ihn interessiert, was ihn antreibt und wie er sich bei der Arbeit fühlt. Vielleicht sind diese Führungskräfte abgestumpft, vielleicht sind sie mit dem falschen Menschenbild unterwegs-… Unter Empathie versteht man vielfach Mitgefühl. Man sieht, dass es jemanden nicht gutgeht-- und teilt den Kummer. Nun sagen Sie, dass solch ein Verständnis von Empathie trügen kann. Jemand weint, und man weint mit. Jemand freut sich, und man freut sich mit. Natürlich ist auch dies Empathie. Aber sie ist aus wissenschaftlicher Sicht eher unreif und naiv. Mitweinen, wenn jemand weint- - dieses Verhalten zeigt bereits ein Säugling. Das ist ein sympathischer, menschlicher Reflex emotionaler Ansteckung - aber in der Arbeitswelt nicht ausreichend. Sondern? In der Arbeitswelt brauchen wir eine gereifte, reflektierte Empathie. Es geht dabei um mehr als das passive Mitfühlen. Gereifte Empathie hilft uns zu erkennen und zu verstehen, welche Motive und Interessen jemand hat. Was hat er für eine Persönlichkeit? Wie „funktioniert“er? Was hat diese Person für Gewohnheiten? Was ist sie in der Lage zu leisten? Welches Potenzial steckt in dieser Person? Bei dieser reflektierten, gereiften, analytischen Empathie ist es sogar hilfreich, sich ein Stück weit freizumachen von dem reinen Mitfühlen. Es kann sinnvoll sein, Emotionen mit einer gewissen Distanz einzuordnen. Das erinnert mich an die Empathie guter Mediziner. Bei Diagnose und Therapie fühlen sie mit dem Patienten mit-- und halten dennoch innere Distanz zu dem Schmerz und der Angst, die der Patient fühlt. Eher analysieren sie, wie weit sie einen Patienten bei der Therapie fordern dürfen, wo buchstäblich seine Schmerzgrenze liegt. Das ist ein gutes Beispiel für Empathie. Ein erfahrener Arzt kann Patienten „lesen“. Welche Therapie kann er einem Patienten zumuten? Wie weit geht der Patient mit? Wie steht es um dessen Compliance? Nimmt der Patient die verordneten Medikamente? Ein Arzt darf sich dabei nicht oberflächlich am Gefühl orientieren. Vielleicht auch, weil viele Patienten keine Gefühle offen zeigen? Das ist ein wichtiger Punkt, und er gilt auch für Mitarbeiter! Einige Mitarbeiter zeigen Gefühle, andere tun dies nicht. Es gibt introvertierte und extrovertierte Menschen. Will man nur Gefühle teilen, geraten die stillen Introvertierten schnell ins Hintertreffen. Hinzu kommen gesellschaftliche Konventionen. In unserer Kultur wird Frauen eher erlaubt, Gefühle zu zeigen, zu weinen oder vielleicht sogar die Türe zornig hinter sich zuzuschlagen. Männern wird dies eher selten zugestanden. In München am Oktoberfest kann man gut sehen, wie Frauen in den Fahrgeschäften ungehemmt kreischen. Männer müssen cool bleiben, zeigen ein Pokerface. Wenn wir als Führungskraft also nur passiv auf gezeigte Gefühle reagieren, diese miterleben - dann würden wir tendenziell Männer zu wenig beachten. Das sind Stereotypen-… Natürlich handelt es sich um Stereotypen, und wir müssen achtgeben, die Vielfalt menschlichen Verhaltens nicht aus dem Blick zu verlieren. Fakt ist: Es gibt Menschen, die Gefühle wenig oder gar nichts äußern. Es kann sein, dass diese Menschen benachteiligt werden, wenn man ihnen nur mit naiver Empathie begegnet. Dies gilt übrigens auch für interkulturelle Teams. Zum Beispiel ein Team aus Südamerikanern, Japanern und Deutschen: Da könnte es mit einem eher unterentwickelten Verständnis von Empathie schnell zu Problemen kommen. Südamerikaner zeigen kulturell eher ihre Gefühle, Deutsche wenig und Japaner zumeist für uns gar nicht wahrnehmbar. In bestimmten Kulturen lernen schon Kinder, dass sie keine Emotionen zeigen dürfen, schon gar nicht negative. Führungskräfte, die eine naive Idee von Empathie haben, kümmern sich dann in diesem Beispiel zu wenig um die Japaner. Vorhin sprachen Sie von der reflektierten, gereiften, analytischen Empathie. Wie kann ich feststellen, ob ich wirklich in diesem Sinne empathisch bin? Kann man dies messen? Man kann Empathie heute messen. Aber diese Testverfahren brauchen Sie vielleicht gar nicht. Aus meiner Sicht gibt es zwei zentrale Merkmale guter Empathie, und sie können diese gut an sich selbst beobachten. Erstens: Hören Sie anderen zu? Stellen Sie Fragen? Oder unterbrechen Sie andere? Können Sie sich nach einem Gespräch überhaupt daran erinnern, was die andere Person gesagt hat? Wir groß ist Ihr Redeanteil, wie groß der der anderen? Für Bewerbungsgespräche hat man herausgefunden, dass ein zu großer Redeanteil der Führungskraft ungünstig wirkt auf die prognostische Validität des Gesprächs. Sollten Sie also feststellen, dass Sie mehr selbst reden als zuhören, ist damit bereits eine wichtige Erkenntnis gewonnen. Im Internet gibt es viele gute Anleitungen und Regeln, mit denen Sie die Fähigkeit des aktiven Zuhörens entwickeln können. Das zweite zentrale Merkmal für Empathie ist Körpersprache. Meine Körpersprache-- inwiefern? Achten Sie auf die Körpersprache Ihres Gesprächspartners? Nehmen wir an, Sie wollen einem Mitarbeiter eine schwierige Projektaufgabe übertragen. Wie ist die Körpersprache Ihres Mitarbeiters? Öffnet sich die Haltung, lehnt sich der Mitarbeiter nach vorne, beginnen seine Augen zu leuchten? Oder beobachten Sie das Gegenteil: Lehnt sich der Mitarbeiter zurück? Verschränkt er die Arme? Wirkt die Haltung verschlossen? Ich käme nie auf die Idee, jemanden zu fragen, ob er die Aufgabe übernehmen will, solange die Körperhaltung verschlossen und abweisend wirkt - und nicht zu dem passt, wie sich diese Person sich sonst verhält. Reportage | Mehr als Mitfühlen 27 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0070 Man sagt, dass Körpersprache nicht lügt. Wir können vielleicht das kontrollieren, was wir sagen. Ein Stück weit können wir auch unsere Mimik beherrschen. Doch die allermeisten können nicht das kontrollieren, was ihre Körperhaltung ausdrückt, ihre Arme und Beine. Ich lege daher jeder Führungskraft ans Herz, mehr auf die Körpersprache zu achten, auf die eigene und die der anderen. Also an einem Seminar für Körpersprache teilnehmen? Seminare sind Einmal-Maßnahmen, wichtiger ist der Alltag. Es kann reichen, jeden Tag auf einen Aspekt der Kommunikation und Körpersprache zu achten. Vermeiden Sie beispielsweise für einen Tag, andere zu häufig zu unterbrechen. Achten Sie an einem anderen Tag auf Ihre eigene offene Körpersprache. Oder versuchen Sie an Ihren Sprecherqualitäten zu arbeiten, also beispielsweise Mitarbeiter so zu loben, dass Ihre konstruktive Rückmeldung sie wirklich ins Herz trifft. Das klingt nach im Grunde einfachen Dingen, die helfen, die eigene Empathie zu verbessern. So ganz einfach ist es nicht! Zur Empathie gehört auch die innere Haltung. Albert Einstein soll einmal gesagt haben, dass es schwieriger ist, eine vorgefasste Meinung zu verändern als ein Atom zu zertrümmern. Vorhin haben Sie das Stichwort „falsches Menschenbild“ genannt. Was wäre solch ein falsches Menschenbild? Nicht wenige Führungskräfte glauben heute immer noch, dass es beim Arbeiten vor allem ums Geld geht. Sie wollen ihre Mitarbeiter allein mit Geld motivieren, also rein monetäre Anreize bieten. Das ist ein sehr unempathisches Menschenbild. Andere Führungskräfte glauben der Redensart, dass Diamanten nur unter hohem Druck entstehen; sie arbeiten viel mit Kontrolle und extrinsischen Anreizen. Beides sind Menschenbilder, die nur sehr begrenzt funktionieren. Weshalb ist das Menschenbild so wichtig für Empathie? Vergleichen Sie Ihr Menschenbild mit einer Landkarte. Diese Karte drückt das aus, was Sie glauben, wie andere „funktionieren“. Mit einem falschen Menschenbild zu führen-- das ist, als wenn sie mit einem Stadtplan von Berlin versuchen sich in München zurechtzufinden und sich wundern, weshalb Sie nicht ans Ziel kommen. Aber das merkt man doch-…! Klar merken Führungskräfte, dass sie mit ihrem Verhalten nicht zum Ziel kommen. Doch statt eine passende Landkarte zu verwenden, versuchen sie „radikaler“, mit der alten voranzukommen. Wer Mitarbeiter nur mit Druck motiviert, wird vielleicht immer mehr Druck ausüben. Es kommt recht selten vor, dass Menschen dann Ihre innere Landkarte in Frage stellen. Die Veränderung des Menschenbilds ist eine der vielleicht schwierigsten Aufgaben in der Entwicklung von Führungskräften. Viele Menschen klammern sich bis zuletzt an ihre Überzeugungen. Der Philosoph Friedrich Nietzsche hat einmal bemerkt: dass Überzeugungen gefährlichere Feinde der Wahrheit sind als Lügen. Jedenfalls sind diese inneren Barrieren große Hindernisse für Empathie. Ich habe allerdings auch beobachtet, dass viele Führungskräfte dieses Problem kennen und eine bessere Landkarte für sich suchen. Sie räumen ein, dass achtzig Prozent ihres Führungsalltags Psychologie ist. Einige haben mir halb im Scherz, halb im Ernst gesagt, sie hätten besser Psychologie studiert. Doch als Psychologe wären sie meist nicht zu ihrer Position gekommen. Wir haben bislang viel über Führungskräfte gesprochen. Ich würde mich gerne auch den Mitarbeitern und Teams zuwenden. Viele Teams werden heute nicht mehr klassisch durch einen Manager geführt. Besonders in agilen Teams organisieren sich die Mitarbeiter selbst und eigenverantwortlich. Sie befinden sich in ständiger Interaktion, definieren ihre Rollen, entwickeln ihre Vorgehensweise, diskutieren und verteilen untereinander Aufgaben, lösen Konflikte und stimmen sich über Fortschritte ab. Wenn immer mehr Teams und Mitarbeiter sich selbst managen-- dann wäre vermutlich auch für sie Empathie wünschenswert? Selbstverständlich. Das sehe ich genauso. Früher war es für einzelne Mitglieder im Team nicht ganz so wichtig, empathisch zu sein; es hat gereicht, wenn die zentrale Führungskraft über diese Fähigkeit verfügt. Doch die modernen Arten der Teamarbeit haben dies verändert. Die neuen Prinzipien von Freiheit, Selbstorganisation und Selbstverantwortung machen Empathie bei allen Beteiligten erforderlich. In vielen Teams arbeiten Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten eng zusammen. Ein Beispiel: Sie müssen erkennen, dass etwa ein introvertierter Kollege bei Besprechungen sich nicht schnell zu Wort meldet - obwohl er vielleicht essenzielle Ideen oder Bedenken ins Gespräch bringen könnte. Bei multidisziplinären und interkulturellen Teams kommt hinzu, dass die Mitglieder aus verschiedenen Fachrichtungen oder Arbeitskulturen stammen. Die Teammitglieder müssen verstehen, welche Bedürfnisse oder Erwartungen sie aus ihrer Fachrichtung oder Kultur mitbringen und aus welcher Perspektive sie auf das gemeinsame Projekt blicken. Bei solche Teams ist der Entwicklungsdruck hinsichtlich der Empathie sehr hoch. Empathie kann dann beispielsweise bedeuten, dass ein Betriebswirt versucht zu verstehen, wie ein Jurist denkt und fühlt. Oft beklagen Betriebswirte, dass von Juristen entworfene Verträge so kompliziert sind, dass sie wirtschaftlich keinen Sinn mehr ergeben. Solche Verträge führen zu einer Verteuerung und Verlängerung des Projekts. Ein Jurist ist häufig bemüht, Entscheidungen aus seiner Sicht wasserdicht zu machen. Diese Sichtweise und dieses Bedürfnis muss man verstehen, bevor man zu einer Lösung kommt. Ein Ausgleich funktioniert nur, wenn jeder die Sicht des anderen einnehmen kann. Reportage | Mehr als Mitfühlen 28 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0070 Unlängst habe ich mit einem interdisziplinär zusammengesetzten Team gesprochen. Es umfasste Spezialisten für Software, Robotik, Psychologie, Ethik und Therapie-- also eine diverse Sammlung von Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Wissenshintergrund, Perspektiven auf das Projekt und Erwartungen. Dieses Team wusste, wie wichtig es für den Projekterfolg ist, die Perspektive der anderen Teammitglieder aktiv zu verstehen. Sich also um das Verständnis zu bemühen. Amerikaner nennen dies häufig “to walk a mile in someone’s shoes”. Genau diesen Rollentausch hat dieses Team in einem Workshop gemacht: Die Mitglieder setzten die Brille von Kollegen auf und betrachteten das Vorhaben aus deren Sicht-- die Programmierer aus der Sicht der Psychologen oder die Psychologen aus Sicht der Robotik-Spezialisten. Das ist ein gutes Beispiel. Ich finde es gut, wenn Teammitglieder aktiv versuchen, wie andere zu denken - und auch vermitteln, wie sie selbst denken. Dies bedeutet dann auch, dass Spezialisten wissen, wann sie andere Spezialisten holen und ihre Sichtweise hören sollten, um Betriebsblindheit vorzubeugen. Kommt es nach Ihrer Einschätzung zu Fehlern in Projekten, wenn dieser aktive Perspektivenwechsel fehlt? Natürlich! Es muss zunächst einmal das Bewusstsein entstehen, dass es die verschiedenen berechtigten Sichtweisen gibt. Das Team soll diese Pluralität der Perspektiven zur Kenntnis nehmen und sie akzeptieren. Wenig empathische Menschen können dies häufig nicht. Sie sehen nicht den Wert, der durch verschiedene Perspektiven ins Projekt hineingebracht wird. Sind ein oder zwei unempathische Mitglieder in solch einem Team, kann es schon zu Problemen und Fehlern kommen. Angenommen, jemand hat überhaupt kein Interesse an der Perspektive des Juristen, also an den rechtlichen Rahmenbedingungen für ein Projekt-- dies kann schon sehr gefährlich werden. Das ist, als wenn ein Autofahrer kein Interesse am Glatteis zeigt-… Wir haben viel über Empathie für andere gesprochen. Eine Frage aus der anderen Perspektive: Wie wichtig es ist, dass Menschen Empathie für sich selbst entwickeln? Ich habe einige Male mit jungen Gründern zu tun gehabt. Einige waren noch keine dreißig, und sie hatten bereits Unternehmen gegründet und ihre erste Million verdient. Bei einigen dieser jungen Gründer entdecke ich eine bestimmte Form der Selbstüberschätzung. Sie sind überzeugt, dass sie gut sind und sie jederzeit wieder solch eine Gründung leisten können. Wobei das Letztere wahrscheinlich schwierig ist-… Genau das ist der Punkt. Einige von Anfang an sehr erfolgreiche junge Gründer denken, dass sie immer wieder erfolgreich sein werden; sie besser sind als alle anderen, es einfach „draufhaben“. Aus diesem Grund bringen sie den Erfolg ihrer bestehenden Gründung häufig in Gefahr-- etwa, weil sie sich leichtfertig mit einem Geschäftspartner zerstreiten. Sie meinen, sie könnten notfalls eine neue Company gründen. Sie sehen nicht, wie schwierig Gründungen generell sind und wie wenige Gründungen überleben. Diese Menschen überschätzen sich. Resultiert solch eine Selbstüberschätzung aus dem Mangel an Empathie für sich selbst? Empathie für sich selbst schließt ein, dass man auch Distanz zu seinen eigenen Meinungen und Vorurteilen entwickelt. Wir haben eben von Menschenbildern gesprochen, von Landkarten. Eine reife innere Haltung setzt voraus, dass man die innere Landkarte, nach der man navigiert, überprüft. Also vorgefasste Meinungen und Überzeugungen konstruktiv infrage stellt. Anderenfalls läuft man immer wieder wie gegen eine Wand- - ohne dass man merkt, dass die Türe einen halben Meter weiter links ist. Also eine Art emphatische Selbsterkenntnis-…? Ja-- wobei diese Selbsterkenntnis meiner Einschätzung nach sehr zentral ist im Arbeitsleben. Bei dieser Selbsterkenntnis spielen auch allgemeine Fragen eine Rolle, zum Beispiel: Welches Potenzial habe ich? Was ist realistisch für mich? Wo liegen meine „blinden Flecken“? Augenblick! Weshalb sollte ich mich beispielsweise nach meinem Potenzial fragen? Viele Menschen schöpfen wenig von ihrem Potenzial aus - aus verschiedenen Gründen. Der tägliche Medienkonsum etwa von Internet, Streamingangeboten, Videogames und Fernsehen liegt im Durchschnitt bei täglich etwas über fünf Stunden. Da bleibt wenig Zeit, das eigene Potenzial zu entdecken und zu entwickeln. Vielfach stehen Menschen aber auch vor inneren Hürden. Sie wissen beispielsweise nicht, wie sie schlechte Gewohnheiten ablegen und gute Gewohnheiten aufbauen können, etwa Selbstdisziplin. Unlängst hat eine Studie an unserer Hochschule stattgefunden zur Frage, was die größten Herausforderungen beim Studium sind. Also beispielsweise Probleme mit Klausuren und Prüfungen, mit dem Lernpensum, mit fachlichen Schwierigkeiten oder der Finanzierung. Doch die größte Herausforderung ist die Prokrastination. Viele Studierende schaffen sich große Probleme damit, dass sie nötige Arbeit zu lange aufschieben und ihre Ziele nicht erreichen. In dieser Umfrage haben siebzig Prozent angegeben: Sie wissen nicht, wie sie sich selbst motivieren können. Ich finde dies erschreckend! Erschreckend ja-- aber was hat dies mit Empathie für sich selbst zu tun? Empathie für sich selbst bedeutet, dass man zunächst einmal offen ist für seine eigenen Emotionen, Bedürfnisse und Träume. Dass man weiß, wie man selbst tickt - und lernt, beispielsweise Prokrastination oder ungesunden Pessimismus zu überwinden. Vielleicht ist diese Empathie sich selbst gegenüber eine Voraussetzung, um empathisch anderen gegenüber zu sein. Eine Voraussetzung-- wie darf ich dies verstehen? Ich habe viel mit Führungskräften zum Thema Mitarbeitermotivation gearbeitet. Dabei habe ich festgestellt, dass sich die Führungskräfte häufig mehr dafür interessieren, wie sie sich selbst motivieren können, als dafür, wie sie andere motivieren. Dies ist ein intuitiv richtiger Schluss! Die Führungskräfte fragen sich: Wie soll ich andere glaubwürdig motivieren, wenn ich selbst nicht motiviert bin? Wie sollen sie bei ande- Reportage | Mehr als Mitfühlen ren ein Feuer für ihre Arbeit entfachen, das in ihnen selbst nicht brennt? Wir haben bislang über Mangel an Empathie gesprochen. Wie sieht das Gegenteil aus-- zu viel Empathie? Kann es sein, dass zu empathische Menschen sich beispielsweise ausnutzen lassen, zu nachgiebig werden oder ihre eigenen Interessen nicht mehr durchsetzen können? Diese Gefahr sehe ich nicht. Es ist wichtig, dass man die Bedürfnisse anderer versteht - aber auch die eigenen. Versteht man sich und andere besser, dann ist es wahrscheinlich, dass man auch gerechtfertigt Grenzen zieht und nein sagt. Man durchschaut ausbeuterische Personen dann besser. Empathisch zu sein heißt also nicht unbedingt „netter“ zu anderen sein zu müssen. Nein, ganz im Gegenteil. Empathie erlaubt klare Linien zu ziehen. Eine Abschlussfrage: Wir haben über die Notwendigkeit von Empathie bei moderner Teamarbeit gesprochen. Sehen Sie in der gereiften, reflektierten Empathie, wie Sie sie beschrieben haben, eine Schlüsselqualifikation für das Arbeitsleben der Zukunft? (lacht) Da fragen Sie natürlich den Psychologen, der dies durch seine Brille sieht. Natürlich! Aus meiner Perspektive ist Empathie eine wichtige Fähigkeit für ein gelungenes Leben. Viele Menschen bleiben unter ihren Möglichkeiten, weil sie sich schwertun, etwa mit Prokrastination umzugehen, pessimistisches Denken zu überwinden oder Grenzen zu ziehen. Sie verwirklichen deshalb nicht ihre Träume. Insofern wäre es schade, wenn wir Empathie nur auf das Arbeitsleben beziehen. Aber Sie haben recht: Im Arbeitsleben wird Empathie immer wichtiger - und ist damit eine Schlüsselqualifikation. Eingangsabbildung: © kovalto1 - stock.adobe.com Prof. Dr. Florian Becker Diplom-Psychologe Prof. Dr. Florian Becker ist Spezialist für Wirtschaftspsychologie und Keynote-Speaker. Er forscht und berät zu Führung, Motivation, Teamarbeit und Positive Psychologie. Nach dem Studium der Psychologie, Betriebswirtschaftslehre und Kommunikationswissenschaften promovierte er über Wirtschaftspsychologie. Er leitete das Marktpsychologische Labor der Universität München (LMU) und führte an der International School of Management (ISM) den Fachbereich Psychology & Management. An der University of Rosenheim leitete er den MBA-Studiengang Management und Führungskompetenz (MBA). Er ist Autor zahlreicher Fachbücher, darunter: „Teamarbeit, Teampsychologie, Teamentwicklung: So führen Sie Teams! “ (Springer, 2016) „Psychologie der Mitarbeiterführung: Wirtschaftspsychologie kompakt für Führungskräfte“, (Springer, 2015) „Mitarbeiter wirksam motivieren: Mitarbeitermotivation mit der Macht der Psychologie“ (Springer, 2018) Foto: Jörg Eberl Anzeige Christoph Zahrnt Projektverträge Ein Leitfaden für Projektmitarbeiter: innen 1. Au age 2023, 302 Seiten €[D] 34,90 ISBN 978-3-7398-3240-1 eISBN 978-3-7398-8240-6 Bei der Arbeit in Projekten hat man auf verschiedene Weise mit dem Vertragsrecht zu tun. Das Buch unterstützt unter anderem dabei, was bei der Erstellung einer Leistungsbeschreibung aus rechtlicher Sicht beachtet werden sollte. Die Leistungsbeschreibung kann den größten Teil eines Vertragsdokuments ausmachen. Der Autor erklärt zudem, was bei der sachgerechten Projektdurchführung in rechtlicher Hinsicht zu beachten ist. Hier spielt insbesondere die Abnahmeprüfung eine zentrale Rolle. 30 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0071 Ergebnisse der 10. MPM-Benchmarking-Studie Zukunftsfähige Projektportfolios-- wie Top- Performer ökonomische, ökologische und soziale Anforderungen in Einklang bringen Jadena Bechtel, Patrick Lehner, Alexander Kock, Hans Georg Gemünden Für eilige Leser | Seit nun fast 20 Jahren beschäftigt sich die Forschungsgruppe Multiprojektmanagement (MPM) mit Erfolgsfaktoren und Best Practices im MPM. Die 10. Multiprojektmanagement-Benchmarking-Studie 2022 befasste sich mit zukunftsfähiger Unternehmensführung und fokussierte hierbei die Bereiche Nachhaltigkeit und Projektleitende. 120 Projektportfolios aus unterschiedlichen Industrien nahmen an der Studie teil und beantworteten Fragen zu ihrem MPM und den Fokusthemen. Die Ergebnisse zeigen, dass Nachhaltigkeitsintegration noch wenig ausgereift im MPM ist. Portfolios, die hier Vorreiter sind, können sich jedoch einen kompetitiven Vorteil sichern. Zudem sind unterstützende Personalmaßnahmen für Projektleitende erfolgsversprechend. Schlagwörter | Projektportfoliomanagement, Multiprojektmanagement, Erfolgsfaktoren, Benchmarking-Studie, Nachhaltigkeit, Projektleitende 1. Einleitung und Studiendesign Investitionen in Projektmanagementkompetenz zahlen sich aus, wie beispielsweise Studien zum kausalen Zusammenhang zwischen Projektmanagementaufwand und finanziellen Projekterfolg belegen [1]. Aber auch auf Projektportfolioebene sind ausgereifte und gut funktionierende Managementprozesse entscheidend. Das Hauptziel ist hier die Bewertung und Auswahl von Projekten, die mit der Strategie einer Organisation übereinstimmen, um kurz- und langfristige Erfolge zu erzielen. Insbesondere muss gutes Projektportfoliomanagement dem ständigen Wandel in Wirtschaft, Gesellschaft, Politik und Umwelt gewachsen sein. Die 10. Multiprojektmanagement-Studie befasst sich deshalb mit dem Fokusthema zukunftsfähige Unternehmensführung und untersucht, wie Unternehmen ihren ökonomischen, ökologischen und sozialen Erfolg durch effektives Projektportfoliomanagement steigern können. Unternehmen, die zukunftsorientiert sind, fokussieren zum einen Nachhaltigkeit. Aufgrund des Drucks, der in den letzten Jahrzehnten von den Behörden, der Öffentlichkeit, den wettbewerbsorientierten Märkten oder anderen Interessengruppen ausgeübt wurde, ist Nachhaltigkeit für Unternehmen von strategischer Bedeutung geworden. Die Studie zeigt, dass die Nachhaltigkeitsintegration bei den teilnehmenden Portfolios bisher wenig ausgeprägt ist. Neben ökologischen Aspekten sind hierbei auch soziale Faktoren von Bedeutung, die Mitarbeitende in den Mittelpunkt stellen und diese langfristig binden wollen. Deshalb lag ein weiterer Fokus der diesjährigen Studie auf den Projektleitenden als ausführende Organe des Projektportfolios. Projektleitende haben durch die operative Planung und Steuerung der Einzelprojekte maßgeblichen Einfluss auf den Portfolioerfolg. Es zeigt sich, dass Personalmaßnahmen einen signifikanten Einfluss auf die Zufriedenheit von Projektleitenden haben. Diese Themen bilden den Rahmen für die Jubiläumsausgabe der MPM Benchmarking Studie, die im Jahr 2022 von der Forschungsgruppe MPM durchgeführt wurde. Die Forschungsgruppe um Professor Kock (TU Darmstadt) und Professor Gemünden (TU Berlin) erforscht seit 20 Jahren Erfolgsfaktoren und Best Practices im MPM. Wissen | Zukunftsfähige Projektportfolios 31 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0071 Die MPM-Studie zeichnet sich durch ihr wissenschaftlich fundiertes Studiendesign aus. Dieses umfasst insbesondere eine sorgfältige Teilnehmerauswahl, validierte Fragenbatterien und ein Mehrinformantendesign. Demnach müssen pro Portfolio die nachfolgenden Informanten ihre Einschätzung abgeben: • Eine Person in einer entscheidenden Position, die Entscheidungen zur Projektauswahl, Verschiebung oder Abbruch treffen (z. B. Geschäftsleitung, Bereichsleitung, Abteilungsleitung). • Eine Person in einer koordinierenden Position, die das Projektportfolio koordiniert (z. B. Portfoliomanagement, PMO-Leitung). • Projektleitende (im Median 3 pro Portfolio), die langjährige Erfahrung besitzen, beurteilen das MPM und ein konkret abgeschlossenes Projekt. In der 10. Studie nahmen insgesamt 120 Projektportfolios von Unternehmen aus den DACH-Regionen sowie Dänemark teil. Im Median beträgt das Jahresbudget der teilnehmenden Projektportfolios 45 Mio. €. Im Median dauert ein repräsentatives Projekt im Portfolio 18 Monate. Des Weiteren arbeiten im Schnitt ca. 4800 Mitarbeiter im zugehörigen Unternehmen des Projektportfolios. Im PMO arbeiten bzw. am MPM beteiligt sind im Schnitt vier Personen-FTE. Darüber hinaus wurden die Portfolios nach ihrem inhaltlichen Schwerpunkt befragt. Der Großteil der teilnehmenden Portfolios siedelt sich im Bereich der IT-/ Orga-Portfolio an (39 %). Die restlichen Portfolios unterteilen sich in F&E-Portfolios (27 %), Misch-Portfolios (19 %) und Invest-/ Bau-Portfolios (16 %). In der Studie sind zudem unterschiedliche Industrien vertreten. Abbildung 1 zeigt die Verteilung der teilnehmenden Projektportfolios nach Branche. 2. Benchmark anhand des Multiprojektmanagement-Performance-Index Der Multiprojektmanagement Performance Index (MPI) ist das zentrale Erfolgsmaß für den Benchmark und setzt sich aus den Dimensionen MPM-Qualität, Projektportfolioerfolg und Geschäftserfolg zusammen (siehe Abbildung 2). • Die MPM-Qualität beschreibt die Güte der Interaktionsprozesse zwischen den im MPM-Prozess beteiligten Akteuren. Sie ist eine Grundvoraussetzung für den Projektportfolioerfolg. • Der Projektportfolioerfolg misst den unmittelbaren Erfolg des Portfolios. Er ist eine wiederum eine Voraussetzung für den Geschäftserfolg. • Der Geschäftserfolg misst den realisierten Nutzen für das Unternehmen/ die Geschäftseinheit und ist das letztliche Ziel erfolgreichen Projektportfoliomanagements. Abbildung 1: Verteilung der Stichprobe nach Branche Abbildung 2: Der MPM-Performance Index Wissen | Zukunftsfähige Projektportfolios 32 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0071 Der MPI als Durchschnitt dieser drei Dimensionen bildet die Basis für den Benchmark. Die Teilnehmenden werden basierend auf dem MPI in drei Gruppen unterteilt (siehe Abbildung 3). Die oberen 20 % mit dem höchsten MPI bilden die Kategorie der Top-Performer, wohingegen die unteren 20 % mit dem niedrigsten MPI zur Gruppe der Low-Performer gehören. Die mittleren 60 % sind die Mid-Performer. Neben dem MPI wurden weitere Eigenschaften und Managementpraktiken des Projektportfolios abgefragt. Wenn sich diese Praktiken zwischen Top- und Low-Performern stark unterscheiden, bezeichnen wir diese als Erfolgsfaktoren: Sie sind die Voraussetzungen, um Erfolg im MPM zu realisieren. Je stärker ein Erfolgsfaktor mit dem MPI zusammenhängt (korreliert) desto relevanter ist dieser für den Erfolg. Folglich sind Erfolgsfaktoren bei Top-Performern hoch ausgeprägt und niedriger bei Low-Performern. Neben den diesjährigen Fokusthemen haben wir erneut traditionelle Erfolgsfaktoren abgefragt, die die Basis für ein erfolgreiches Portfolio bilden und weiterhin bedeutsam sind. Organisationen, die eine klar formulierte Strategie haben, diese intern kommunizieren und mit der Portfoliostrukturierung und -steuerung verknüpfen, gehören zu den Top-Performern. Zusätzlich ist es wichtig, dass der Portfoliomanagementprozess formalisiert ist. Nicht zuletzt muss das höhere Management den Portfolioprozess unterstützen und sich selbst an die aufgestellten Regeln halten. Darüber hinaus gewinnen Agilität und Adaptivität auf Projekt- und Portfolioebene zunehmend an Bedeutung. Wie in der letzten MPM-Studie ist der wichtigste Erfolgsfaktor die Agilität des Projektportfolios sich an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Allerdings lassen sich auch weitere Aspekte des Portfolios flexibel gestalten. Top-Performer halten ihre Strategien flexibel, haben rollierende und kontinuierliche Portfolioplanung und -überwachung in Form eines iterativen Prozesses und wenden agile Praktiken auch auf der Projektportfolio-Ebene an. 3. Nachhaltigkeit im MPM Eine Voraussetzung für zukunftsfähige Unternehmen ist die ganzheitliche Integration von Nachhaltigkeit. Unternehmensnachhaltigkeit hat als oberstes Ziel die Bedürfnisse der Gegenwart zu befriedigen, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Nachhaltigkeit kann wirtschaftliche, ökologische und soziale Aspekte berücksichtigen. Im Einzelprojektmanagement wird Nachhaltigkeit bereits bei der Projektdurchführung berücksichtigt [2]. In der Studie fanden wir allerdings heraus, dass die Nachhaltigkeitsintegration im MPM bisher gering ausgeprägt ist. Abbildung 4 zeigt zwei Diagramme hierzu. Die linke Seite gibt an, wie hoch der Anteil expliziter Nachhaltigkeitsprojekte am Portfoliobudget ist. Es ist zu erkennen, dass dieser Anteil bei ca. 60 % der beteiligten Portfolios nur 10 % oder weniger beträgt. Im rechten Diagramm haben wir gefragt, wie weit Abbildung 3: MPI-Verteilung der teilnehmenden Portfolios Abbildung 4: Stand der Nachhaltigkeitsintegration bei den teilnehmenden Portfolios Wissen | Zukunftsfähige Projektportfolios 33 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0071 die Projektportfolios bei der Umsetzung des Themas Nachhaltigkeit sind. Nur 12,9 % der Befragten gaben an, dass sie Nachhaltigkeit bereits ganzheitlich implementiert haben. Der Großteil der Portfolios (42,6 %) hat aber bereits erste Umsetzungen begonnen. Dieser Trend lässt sich auch bei der Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien erkennen. In Abbildung 5 ist die Anwendung expliziter Nachhaltigkeitskriterien für bestimmte Aspekte im Projektportfolio dargestellt (1 entspricht gar keiner Anwendung, wohingegen 7 einer starken Integration der Kriterien entspricht). Im Mittel sind diese Kriterien eher gering ausgeprägt. Dennoch gibt es Unterschiede zwischen Top- und Low-Performern. Insbesondere bei der Nutzung von Nachhaltigkeitskriterien in der Projekterfolgsmessung ist die Spanne zwischen Top- und Low-Performern stark ausgeprägt. Es zeigt sich also, dass erfolgreiche Unternehmen eher explizite Nachhaltigkeitskriterien im Projektportfoliomanagement anwenden, aber auch bei den Top-Performern ist noch Luft nach oben. Insgesamt zahlt sich die Integration von Nachhaltigkeit aus. Abbildung 6 zeigt die wichtigsten Erfolgsfaktoren im Bereich Nachhaltigkeit. So integrieren Top-Performer Nachhaltigkeitsaspekte aktiv in ihre Strategie und verankern ein Nachhaltigkeitsbewusstsein bei den Mitarbeitenden. Außerdem steht das höhere Management bei Top-Performern zur Nachhaltigkeitsintegration. Darüber hinaus erfassten wir den ökologischen und sozialen Erfolg der Projektportfolios. Ökologischer Erfolg vergleicht die verschiedenen Aspekte eines ökologisch handelnden Unternehmens (wie bspw. Ressourcen- und Emissionsreduzierung) mit dem Wettbewerb. Sozialer Erfolg vergleicht die verschiedenen Aspekte eines sozial handelnden Unternehmens (wie bspw. Förderung von Chancengleichheit, faire Sozialleistungen und eine geringe Fluktuationsrate) mit dem Wettbewerb. Beide Erfolgsmaße korrelieren mit dem MPI, was bedeutet, dass Top-Performer einen höheren ökologischen und sozialen Erfolg haben. Zukünftig stellt sich die Frage, ob die beiden Erfolgsmaße nicht Teil der Erfolgsbestimmung sein sollten. Denn für die meisten Unternehmen ist Nachhaltigkeit schon heute eine notwendige Bedingung aufgrund regulatorischer Zwänge, um in den kommenden Jahren am Markt zu überleben. Allerdings ist die Integration von Nachhaltigkeit häufig mit Spannungen hinsichtlich der bestehenden gewinnorientierten oder wettbewerbsorientierten Praktiken einer Organisation verbunden [3]. Spannungen zwischen Finanz- und Nachhaltigkeitszielen werden traditionell als nachteilig für die Organisation angesehen, da man davon ausgeht, dass sich eine solche Situation negativ auf das Geschäft auswirken würde. In der MPM-Studie haben wir die Entscheidungsträger gefragt, inwieweit sie Spannungen zwischen den strategischen Zielen der Wettbewerbsstrategie bei der gleichzeitigen Einhaltung von Zielen der Nachhaltigkeitsstrategie erleben. Überraschenderweise hat das Vorhandensein dieser Spannungen zunächst keine negativen (oder positiven) Auswirkung auf den MPI (Korrelation fast null) oder den Innovationsgrad des Abbildung 6: Erfolgsfaktoren im Bereich Nachhaltigkeit Abbildung 5: Dimensionen des Erfolgsfaktors Nachhaltigkeitskriterien Wissen | Zukunftsfähige Projektportfolios 34 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0071 Portfolios. Ist die Organisation allerdings unternehmerisch orientiert und zeichnet sich durch eine starke Innovationskultur aus, finden wir sogar einen starken positiven Zusammenhang zwischen den Nachhaltigkeitsspannungen und dem Innovationsgrad des Portfolios. Strategischen Spannungen sind also nicht zwangsläufig schädigend für Projektportfolios, sondern können zu ihrem Vorteil genutzt werden, sofern das richtige Mindset vorhanden ist. Nachhaltigkeit bietet also Potenzial zur Innovation. Eine Integration von Nachhaltigkeit bringt zusätzliche oder völlig neue Anforderungen mit sich, die oft ganz neue Technologien erfordern, um diesen Anforderungen gerecht zu werden und geeignete Lösungen zu finden. Darüber hinaus können diese Innovationen einen kompetitiven Vorteil für Unternehmen schaffen und neue Märkte für nachhaltigkeitsorientierte Kunden eröffnen. Nicht zuletzt lockt eine nachhaltige Orientierung möglicherweise auch neue Mitarbeitende an oder motiviert die vorhandenen Mitarbeitenden intrinsisch, da diese auf wertschöpfende Anreize wertlegen. 4. Förderung von Projektleitenden Zukunftsorientiere Unternehmen integrieren nicht nur Nachhaltigkeit in ihr Projektmanagement, sie zeichnen sich auch durch eine hohe Mitarbeitendenorientierung aus, um langfristig Kompetenz zu erhalten und eine hohe Fluktuation zu vermeiden. Der Fokus auf die Förderung von Individuen und deren langfristige Bindung an das Unternehmen ist in den letzten Jahren noch bedeutender geworden. Projektleitende, die vom Unternehmen gefördert und unterstützt werden, bleiben in ihren Karrierepfaden und wollen allgemein weniger das Unternehmen wechseln [4]. Dies wirkt sich folglich auch positiv auf den sozialen Erfolg von Unternehmen aus. In der 10. Studie zeigte sich, dass Projektleitende von Top- Performer Unternehmen im Durchschnitt zufriedener mit ihrer Arbeit und mit dem Leistungsumfang des PMOs sind (Abbildung 7). Im Vergleich zu Low-Performern, fühlen sich die Projektleitenden bei Top-Performern durch ihr Unternehmen unterstützt und erleben eher einen dienenden Führungsstil durch Vorgesetzte. Abbildung 7: Erfolgsfaktoren zur Unterstützung der Projektleitenden Abbildung 8: Erfolgsfaktoren der Projektleitenden Wissen | Zukunftsfähige Projektportfolios 35 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0071 Für die höhere Zufriedenheit kann es mehrere Ursachen geben. Eine Möglichkeit ist, dass Top-Performer in Personalmaßnahmen investieren, die sich auf die Zufriedenheit auswirken. Abbildung 8 zeigt die verschiedenen Erfolgsfaktoren in Bezug auf Förderungsmaßnahmen bei Projektleitenden. Top-Performer haben klare Karrierepfade für Projektleitende, die mit der Linie vergleichbar und durchlässig sind. Darüber hinaus gibt es ausreichend Fortbildungsmöglichkeiten zur Qualifikation von Projektleitenden. Zudem haben Projektleitende bei Top- Performern informelle Austauschnetzwerke und können über ihre nächste Projektbesetzung mitbestimmen. Grundsätzlich ist die Spanne zwischen Top- und Low-Performern bei diesen Erfolgsfaktoren sehr groß. Diese Faktoren sind also sehr erfolgsrelevant, insbesondere die Karrierepfade mit einer Spanne von 1,6. Dieser Einfluss wird sogar noch stärker, wenn es eine hohe Rollenklarheit im Projektportfoliomanagement gibt und die Projektleitenden bei der Projektbesetzung mitreden dürfen. 5. Fazit und Ausblick Nachhaltigkeit und die Unterstützung von Projektleitenden sind wichtig für den langfristigen Erfolg von Projektportfolios. Unternehmen, die heute schon an diesen Themen arbeiten, sind für zukünftige Herausforderungen gut gewappnet. Die aktuellen Ergebnisse der 10. MPM-Studie zeigen, dass Portfolios erst beginnen, Nachhaltigkeit in ihr Portfolio zu integrieren. Top-Performer verwenden jedoch bereits Nachhaltigkeitskriterien, um den Erfolg ihrer Projekte zu messen. Zudem haben Top-Performer einen höheren sozialen und ökologischen Erfolg. Personalmaßnahmen wie Karrierepfade, um Projektleitende zu fördern, sind bereits wichtige Erfolgsfaktoren im MPM. Weiterhin spielen die traditionellen Erfolgsfaktoren eine wichtige Rolle für den MPI. Diese ermöglichen Portfolios, adaptiv zu bleiben und auf veränderte Rahmenbedingungen schnell zu reagieren. Im Frühjahr 2024 geht es in die 11. Runde der MPM-Studie. Teilnehmende Portfolios erhalten einen umfassenden individuellen Auswertungsbericht, der sowohl die allgemeinen Studienergebnisse als auch einen individuellen Benchmark des MPMs mit Stärken und konkreten Handlungsimplikationen enthält. Sie können sich jedoch auf Anfrage auch noch in diesem Jahr für die 10. MPM-Studie benchmarken lassen und einen individualisierten Abschlussbericht erhalten. Alle Informationen zur Studie und die Möglichkeit der Anmeldung finden Sie auf der Studienhomepage (www.multiprojectmanagement.org). Literatur [1] C. Kaufmann and A. Kock, "Does project management matter? The relationship between project management effort, complexity, and profitability," International Journal of Project Management, vol. 40, no. 6, pp. 624-633, 2022. [2] L. Sabini, D. Muzio, and N. Alderman, "25 years of ‘sustainable projects’. What we know and what the literature says," International Journal of Project Management, vol. 37, no. 6, pp. 820-838, 2019. [3] I.-A. Hengst, P. Jarzabkowski, M. Hoegl, and M. Muethel, "Toward a Process Theory of Making Sustainability Strategies Legitimate in Action," Academy of Management Journal, vol. 63, no. 1, pp. 246-271, 2020. [4] B. Ekrot, J. Rank, A. Kock, and H. G. Gemünden, "Retaining and satisfying project managers-- antecedents and outcomes of project managers’ perceived organizational support," The International Journal of Human Resource Management, vol. 29, no. 12, pp. 1950-1971, 2018. Eingangsabbildung: © iStock.com / Khanchit Khirisutchalual Jadena Bechtel 1 (https: / / orcid.org / 0000-0003-4586-258X), Patrick Lehner 2 , Alexander Kock 1 (https: / / orcid.org / 0000- 0003-2402 - 0340), Hans Georg Gemünden 3 ( https: / / orcid.org / 0000-0001-8270 - 9889) 1 Technische Universität Darmstadt, 2 ZHAW School of Management and Law, 3 Technische Universität Berlin 36 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0072 „Lessons Learned“ aus „Best Practices“ greift zu kurz-- warum Lernen im Projekt anders gestaltet werden muss Klaus Wagenhals, Henrik Hansemann Für eilige Leser | Wir kennen alle die Projektauswertungen auf den letzten Drücker-- oft zum Ende des Projekts nach einem problematischen Ritual und oft mit einem Team, das sich in Auflösung befindet oder schon neue Projekte im Kopf hat. Nun war die Hoffnung-- nicht zuletzt wegen der anderen Vorgehensweise, der größeren Transparenz, der stärkeren Veränderungs-Orientierung-- dass im agilen Projektgeschäft besser, schneller, wirkungsvoller gelernt wird. Nach einigen Jahren Erfahrung und vielen Studien, die nachweisen, dass das nur zum Teil der Fall ist, sind wir klüger. Was läuft also schief? Wie kann das im agilen Konzept angelegte, organisationale Lernen (Senge, 1990) genutzt, „entfesselt“ weiterentwickelt werden? Wir zeigen, wie das vorhandene Potenzial für anders Lernen durch Nutzung eines modernen Lern-Begriffs und die Stärkung der Selbstorganisation gehoben werden kann. Schlagwörter | Agilität, Digitalisierung, organisationales Lernen, Krisen Die Bedeutung von Lernen steigt in diesen (Krisen-)Zeiten-- wird aber gleichzeitig neu definiert Wir beobachten und durchleben in den letzten Jahren massive Veränderungen: Da ist zum einen nicht nur die seit rund 20 Jahren stärker und stärker werdende Agilisierungsbewegung. Auch die weitere Digitalisierung in den Unternehmen und von Projekten, die im Zuge der Pandemie seit 2020 nochmal einen deutlichen Schub bekommen hat, hat mittlerweile sichtbare Folgen in den Bereichen Strategie / Geschäfts-Modelle, Prozesse, Strukturen, Beschäftigung, Zusammenarbeit, Rollen. Und nicht zu vergessen auch in Kultur und Führung. Wir alle wissen: „Veränderung bedeutet lernen, sich anpassen, umgehen mit neuen, anderen Anforderungen“. In allen Veröffentlichungen ist die Rede vom Zusammenwachsen von Arbeiten und Lernen, von der Bedeutung des „Lernens aus Erfahrung“ und aus „Fehlern“. Peter Senge- - einer der Vordenker der „lernenden Organisation“- - postulierte schon in den 90er Jahren, dass Unternehmen in Zukunft nur überleben können, wenn sie bereit sind, sich an den Markt anzupassen und sich gemäß den Herausforderungen zu verändern. Er wies schon damals darauf hin, dass die auf Effizienz getrimmten Organisationen mit ihren standardisierten Prozessen und klassischen Strukturen Lernen eher behindern, statt befördern (vgl. Senge, 1990,Kap. 3). Zwar ist diese Erkenntnis auf diesem allgemeinen Niveau bei den allermeisten Firmen angekommen- - sie wird aber häufig nur teilweise und eher mangelhaft umgesetzt. Wir alle kennen den Druck unseres Arbeitsalltages und wissen, wie stark wir üblicherweise „durchgetaktet“ sind- - wann soll da bitte noch Zeit sein für Erproben und Reflektieren? Wenn gesagt wird „Lernen muss auch nebenher gehen“ oder „Lernen findet doch sowieso statt, wenn wir arbeiten“, dann stimmt das nur bedingt: Erfahrungen machen, ohne darüber zu reflektieren, bringt wenig bis gar keine neuen Erkenntnisse. Auch die Lernkonzepte dahinter spielen eine Rolle: Lange glaubte man, der „Best-practice“-Ansatz sei ein Patent-Rezept für die schnelle Veränderung oder die Kopie des „best way“ von „champions“. Dann hat sich aber herausgestellt, dass das bloße Nachahmen von Praxen anderer Unternehmen nicht so häufig erfolgreich war, als gedacht. Aus guter Praxis können zwar durchaus Anregungen gewonnen werden- - man sollte sich aber der Mühe unterziehen, sich mit den eigenen Prozessen und Strukturen auseinanderzusetzen, Wissen | „Lessons Learned“ aus „Best Practices“ greift zu kurz! 37 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0072 um spezifische Ansatzpunkte zu finden, wo wirkliche Veränderung bewirkt werden kann, passend zur jeweiligen Kultur. Neben der Tatsache, dass Lernen den Raum für Erproben, für Fehler und für die Reflexion braucht, geht es auch darum, über das eigentliche Handeln in der Arbeit zu reden- - also Schleifen für ein konstruktives Feedback einzubauen („das war ja mega“ ist kein Feedback! )- - und die Bereitschaft zu stärken, eigene Fehler zu akzeptieren und dafür die Verantwortung zu übernehmen und die Motivation nicht zu verlieren, neue Anläufe zu probieren / neue Wege zu finden. Ganz wichtig: Auch auf Führungsebene braucht es die Geduld, Fehler von Mitarbeitern auszuhalten, den Mut und die Bereitschaft auch hier mit gutem Beispiel voranzugehen und in Folge die moderierenden Fähigkeiten und Gesprächstechniken, den kritischen Austausch zu fördern und das Selbstbewusstsein zu stärken. Die derzeitigen Krisenzeiten erzeugen bei vielen Menschen Unsicherheit-- ebenso der neu zu lernende Umgang mit neuen Medien, die eingeschränkte „face-to-face“-Begegnung und so weiter. Das wirkt sich natürlich auch auf Lernen aus: Aufgrund der Vielfalt der neuen Anforderungen, des Tempos und der Komplexität der Veränderungen, braucht es heute mehr als zuvor ein „neues“ Lernen. Anders ausgedrückt: es braucht eine steigende Fähigkeit, sich in einer volatilen, widersprüchlichen Welt anpassen zu können, um erfolgreich zu sein. Egal ob Agilisierung, Digitalisierung oder New Work- - wir alle spüren die Herausforderungen, die in der Umsetzung dieser Prozess-Begriffe liegt, reagieren aber unterschiedlich. Die Einen tun so, als ob sie mit dem, was sie in der Schule oder an der Universität gelernt haben, auskommen, die anderen wissen gar nicht, wo sie anfangen sollen und schütten sich zu mit Informationen aus dem Internet oder besuchen viele Community-Meetings und Webinare. Strukturiert man diese Kurzcharakteristik wesentlicher Entwicklungen, lassen sich daraus vier Ebenen des Umbruchs erkennen: 1. Organisationen wissen, dass sie weiterhin viel in Weiterbildung investieren müssen, um den state-of-the-art ihrer Profession/ ihrer Fachlichkeit mindestens zu erhalten. Sie wissen aber auch, dass es dabei nicht nur um Fachlichkeit, sondern auch um andere Kompetenzfelder, wie soziale und personale Kompetenzen gehen muss. 2. Gleichzeitig wurde in den vergangenen Jahren immer deutlicher, dass die herkömmliche Fortbildungskultur mit dem klassischen Seminar als Flaggschiff in vielen Unternehmen längst nicht die Wirkung erzeugt hat, die man sich davon versprochen hatte, weshalb eine deutliche Abkehr zu beobachten ist. Das wird natürlich unterstützt durch die weite Verbreitung elektronischer Hilfsmittel wie Smartphones und Tablets und den tausenden Lern-Apps und Online-Dienstleistungen. 3. Damit steigt die Verantwortung für den Einzelnen und die Teams, sich die Lerninhalte selbst zu wählen und sich „on-the-Job“ die entsprechenden Themen bzw. deren Hintergründe anzueignen oder zumindest Angebote einzuholen, wo man sich günstig in einen Online-Kurs einklinken kann - was sich gut ergänzt mit dem ebenfalls beobachtbaren Trend zum selbstorganisierten Arbeiten (z. B. im agilen Kontext). 4. Dies wiederum bedeutet für Führungspersonen, dass sie zunehmend in die Rolle eines „Lern-Coachs“ hineinwachsen sollten, um ihre Mitarbeiter*innen nicht nur durch die Einrichtung lernförderlicher Strukturen und die Zuteilung entsprechender Aufgaben zu unterstützen, sondern auch- - je nach Kompetenz- und Energie-Level- - bei der Auswahl von passenden Lerninhalten und -Anbietern und bei der Zusammenstellung von Peergroups. Bisherige Lernerfahrungen im Projektkontext Im Projektgeschäft hatte Lernen theoretisch und praktisch immer einen hohen Stellenwert. Die besondere Form der Vorhabens-Bearbeitung forderte das Lernen geradezu heraus- - weshalb es schon früh entsprechende Formate wie Reviews gab, die Lernen ermöglichen und fördern sollten. Teilweise hat das funktioniert und die Erwartungen wurden erfüllt-- obwohl die Verortung des Lernformats am Ende des Projekts mitunter dazu verführte, nur noch abzuhaken, was erreicht worden ist, um sich schnell dem neuen Projekt zuwenden zu können. Teilweise verkamen die Reviews aber auch zu reinen Show- Veranstaltungen, in denen es nur noch darum ging, möglichst „unbefleckt“ rauszukommen. Einige Jahre wurde auch Lernen verwechselt mit Wissens- Sammlung und -Weitergabe-- also gab es zahlreiche Projekte, die sich damit beschäftigten, Wissens-Datenbanken zu erstellen. Erfolgreich waren derartige Initiativen oft nur dann, wenn es gelungen ist, ein kleines Wiki mit Begriffsklärungen und Situationsschilderungen mit Lösungsalternativen aufzubauen. Es stellte sich dann immer wieder die Frage, wie man den Lernprozess im Projekt besser organisieren kann, wie man die Menschen stärker dazu motiviert bekommt, sich über ihre Erfahrungen auszutauschen und diese auch weiterzugeben; bei der Standardisierung gab‘s dann aber häufig Grenzen. Wissen | „Lessons Learned“ aus „Best Practices“ greift zu kurz! 38 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0072 Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass es hier einer Neu- Definition und eines innovativen Vorgehens bedarf. Gleichzeitig sind im Zuge von Corona digitale Tools in unseren Berufsalltag etabliert worden, die nicht nur für den Austausch nützlich sind, sondern eben auch für das Lernen in Projekten. Was braucht es also, wenn man traditionelle Vorgehensweisen verlassen und die Lern-Potenziale wirklich heben will? Wir greifen dafür natürlich die Anregungen aus der agilen Praxis der letzten Jahre auf und die Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften und anderen einschlägigen Disziplinen. Bestandteil der agilen Konzepte ist bekanntermaßen das inkrementelle Abarbeiten der Aufgaben aus den User-Stories; dies und die zunehmende Durchdringung dieser Aufgaben durch Elektronik erfordert ständiges experimentieren- - was Fehler machen einschließt- -, nachsteuern oder verändern und damit eben Lernen provoziert. Dies zeigt den hohen Stellenwert, den Lernen in diesem Kontext bekommt, was sich nicht nur in den agilen Werten und Prinzipien wiederfindet, sondern auch in der Einführung eines neben den klassischen Reviews zweiten Lern-Formats: der Retrospektive. Dazu kommt, dass sich die weitere Digitalisierung-- nicht erst seit der Corona-Pandemie mit ihrem massiven Homeoffice-Schub- - auch in einer zunehmenden Verlagerung der Projektarbeit auf elektronische Austauschplattformen und in die Cloud ausdrückt, was ebenfalls neue Anforderungen generiert und angepasste Lernaktivitäten nach sich zieht. Allerdings zeigen Studien (z. B. die jährlich von Komus u. a. für die GPM durchgeführte Studie „QuoVadis agile? “, 2020), dass diese Möglichkeiten oft nicht genügend genutzt werden, weil auch im agilen Projektalltag Stress herrscht und die Bedeutung der Kultur für eine erfolgreiche Umsetzung des Konzepts agilen Arbeitens geringgeschätzt oder gar nicht erkannt wird. Leider ist davon dann auch das kritische Hinterfragen des in den Reviews und Retrospektiven verfolgten Lern-Konzepts betroffen: es findet-- außer über den Hinweis auf die Nutzung elektronischer Medien kaum statt. Insofern ist es uns hier wichtig, kurz einige grundlegende Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften und der Psychologie sowie der Medien- und Erwachsenenpädagogik zu referieren. Wir wollen damit verdeutlichen, dass ohne die Berücksichtigung dieser Erkenntnisse keine wirkliche Innovation beim Lernen in und aus Projekten erreicht werden kann. Neue und alte Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften und anderen Disziplinen zu „Lernen“: • Wir Menschen sind tatsächlich lebenslang in der Lage zu lernen und unser Gehirn passt sich ständig neuen Anforderungen an. • Das Gehirn ist für das langfristige Lernen geschaffen („es tut nichts lieber“ (Spitzer, 2003)). • Am besten lernen wir, wenn Neues erprobt wird durch Handeln (action-learning, Eigen-Projekte, u. a.)-- allerdings braucht es Wiederholungen und Feedback-- auch auf der „Meta-Ebene“. Insofern ist „verzögertes“ oder „Voraus“- Lernen ungünstig. • Je mehr Erfahrung, desto mehr können neue Erkenntnisse mit bereits vorhandenem Wissen verknüpft werden-- man hat eine „Einordnungs-Folie“; für unbekannte Situationen/ Krisen braucht es einen B-Plan und selbstsicheres Erproben neuer Wege. • Lernen ist eng mit allen Sinnen verbunden- - also ist die vielerorts noch anzutreffende Wissensvermittlung (Behaltens-Quote liegt bei ca. 12 %) Zeitverschwendung; insbesondere der emotionalen Bewertung von Informationen kommt zentrale Bedeutung zu. • Lernen bleibt ein sozialer Akt (Hüther, Singer u. a.)-- aber er verändert sich durch den Einsatz digitaler Medien (wie z. B. Twitter u. ä.) teilweise gravierend. • Selbstorganisiertes Lernen muss gelernt werden und braucht passende mediale Unterstützung-- sonst erzeugt es Stress. • Viele hilfreiche und flexibel einsatzbare Tools harren der Anwendung in der Projektarbeit-- die Anstrengung ist, sich parallel zum Arbeitsprozess didaktisch hilfreiche Lerndesigns je nach Bedürfnis auszudenken und die Lernpfade dann gemeinsam zu begehen und sich die dazu nötigen Kompetenzen „on-the-fly“ anzueignen • Lernen geht dann besser, wenn wir belohnt werden, wenn an unsere Kompetenzen geglaubt wird. Es macht Sinn, sich vor diesem Hintergrund und mit Bezug auf modernes Projektmanagement (PM) wie dem agilen Ansatz erneut mit folgender Frage auseinanderzusetzen: Wie nutzen Teams die Möglichkeiten im Projektablauf, gemachte Erfahrungen so gemeinsam zu reflektieren, dass sowohl das aktuelle als auch zukünftige Projekte und nicht zuletzt die Organisation davon profitieren können? Und zwar im Sinne von KVP und Verbesserung der Performance der Projektbeteiligten sowie im Sinne des Change des gesamten Unternehmens. Wenn sich nun-- wie wir das derzeit erleben-- die Notwendigkeit abzeichnet, Arbeiten und Lernen sehr viel schneller und konkreter auf die momentane Aufgabensituation und Rollenübernahme zu beziehen, und beides viel enger zusammenzubinden als dies bisher der Fall war, dann muss sich sowohl der Rahmen von Lernprozessen als auch das dazugehörige Konzept inkl. Methodik-Didaktik ändern. Und dies unter Berücksichtigung des organisationalen und beziehungsmäßigen Umfeldes jedes Projekts. In diesem Sinne sollten schleunigst die Potenziale von Reviews, Retrospektiven und anderen Zusammenarbeits- und Reflexions-Formate gehoben werden, um so die Projekt- und damit auch die Lern-Praxis entscheidend zu erneuern und im Sinne des Change zu nutzen. Erste Schlussfolgerungen für anders Lernen Es braucht eine nützliche Lernumgebung für „anders Lernen“ in Projekten Viele Unternehmen haben mittlerweile die Zeichen der Zeit verstanden und bemühen sich sehr, neue Lernformate wie working-out-loud oder lego serious play und andere innovative Methoden einzuführen. Lernen wird damit aus der Ecke „das ist ja wie in der Schule“ herausgerissen und als selbstverständlicher Bestandteil der Arbeit etabliert. Auch die Mitarbeiter*innen haben verstanden, dass sie nicht nur warten können, bis jemand etwas für sie und ihre Entwicklung tut, sondern dass sie auch eine Verantwortung dafür haben und sich ebenfalls darum bemühen müssen, sich weiterzuentwickeln. Ausdruck eines wachsenden Bewusstseins in diese Richtung dürften die zahlreichen Austausch- und Lern- Communities, die sich in den letzten Jahren gegründet haben, sein. Für besonders wertvoll halten wir die Tatsache, dass einerseits vielerlei Lern-Formate, die aus den Sozialwissen- Wissen | „Lessons Learned“ aus „Best Practices“ greift zu kurz! 39 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0072 schaften bekannt sind (wie z. B. kollegiale Beratung), auch im Projektgeschäft rasch um sich greifen, andererseits aber auch Erfahrungen mit neuen Lernformaten ausgetauscht und deren Wirkung auf das Projekt und den Lernfortschritt der Menschen kritisch diskutiert werden. Dazu gehört z. B. die Debatte über die Integration von Lernen in die Leistungsbewertung, die Klärung der neuen Rollenanforderung an die PL / PM bzw. den SM oder den PO oder das PMO „Lern-Coach“ oder „Mentor“ für die Team-Mitglieder zu sein. Wie häufig stehen der Umsetzung jedoch leider Glaubenssätze, die das lebenslange Lernen in Frage stellen, entgegen oder Kulturen, die jeden Fehler monieren und nach wie vor auf Schuldzuweisung setzen und von Misstrauen und Unwirksamkeitsunterstellungen geprägt sind. Wenn letzteres der Fall ist, dann sollten betroffene Firmen in der Tat mit der oft relativ abgehobenen Werte-Diskussion den Lernanspruch verbinden und die dazu nützlichen Rahmenbedingungen (genügend Raum für Experimente, für die Erprobung neuer Lösungen, neuer Wege usw.) für die Reflexion klären und vereinbaren. Ein nächster Schritt-- mit einer etwas weiteren Perspektive- - wäre die Verknüpfung des Lernens im Projekt/ aus dem Projekt mit der Optimierung der Projekte Richtung „Excellence“ und Richtung „weniger ist mehr“ und damit ggf. mit laufenden oder geplanten Change-Prozessen mit dem Ziel die Anpassungsfähigkeit von Prozessen, Strukturen, Kulturen und damit auch Menschen zu erhöhen. Fördernde Lernformate einsetzen und entwickeln Eine schon alte Erkenntnis, aber gerade in der Kompetenzforschung nochmal neu untermauert, ist die Tatsache, dass nötige Kompetenzen und dazu passende Werte am besten bei der Bewältigung von realen Herausforderungen in agilen Arbeitsprozessen selbstorganisiert durch die Mitarbeiter aufgebaut werden können (vgl. Erpenbeck et. al. 2017, Reinmann 2017). Insbesondere im agilen Kontext ist die Entwicklung einer gemeinsamen Vision, eines gemeinsamen Entwicklungsverständnisses im Team, aber auch im Austausch mit der Führungsebene mit Konkretisierung auf die Bewältigung realer Herausforderungen sowie der Team-Performance gerichtet, sinnvoll. Dazu ist die Visualisierung aller relevanten Informationen hilfreich. Zudem sollten die Anforderungen an die Kompetenz im Team unter Einbeziehung der jeweiligen Führungsebene(n) und der aktuellen Bedürfnisse sowie des Entwicklungsstands definiert werden. Während der selbstorganisierten Bewältigung aktueller Herausforderungen im Arbeitsprozess sollte die Entwicklungs- Journey („Lern-Landkarte“) immer wieder durch regelmäßige Reflexion und Feedback daraufhin überprüft werden, inwieweit sie noch den Bedürfnissen der Team-Mitglieder sowie des Projekts entspricht, und wo von den Führungspersonen (z. B. Scrum Master oder Projektleiter oder durch die Personalabteilung) unterstützt werden kann. Das Format Daily Stand-up, in dem das Team sich synchronisiert und relevante Informationen austauscht- - sollte ebenso auf seine Lernpotenziale reflektiert werden wie die Retrospektive, wo sowohl die Zusammenarbeit, die Team- Entwicklung, als auch die persönliche Entwicklung zentrales Thema sind. Gerade hierin liegen nach unseren Erfahrungen die größten Entwicklungschancen, weil eine gut funktionierende Retrospektive ein wichtiger Anker für den Umbau der Kultur in Richtung „agil“ darstellt. Das Review schließlich hat eine andere Ausrichtung: Dort geht es um den Austausch nach den Sprints von Arbeitsergebnissen und Lösungsvorschlägen- - u. E. sollte dort aber eine Runde zur Kommunikation und zum fachlichen Lernen mit Blick auf die fachlichen und methodischen Kompetenzen integriert werden. Pilotprojekte und -Teilprojekte können ebenfalls ein wichtiges Lernformat darstellen, weil dort schnell Ergebnisse und Erfahrungen im Rahmen von praktischen Projektaufgaben in der Praxis sichtbar gemacht und mit „positivem“ Feedback gestärkt oder mit „negativem“ Feedback und weiteren Lern- Schleifen zum nachhaltigen Musterwechsel genutzt werden können. Dabei können auch unterschiedliche Methoden angewandt und überprüft werden- - u. a. auch angeregt durch das PMO. In allen vier Formaten können auch Feedback-Prozesse mit Anwendern, externen Experten oder auch Entwicklungspartnern sowie natürlich Kunden und anderen Stakeholdern integriert werden. Methodisch-didaktisch Lernen „on-the-job“- - der Kern moderner Lernkultur Grundsätzlich sollte klar sein, dass es im Projektzusammenhang wesentlich wirkungsvoller ist, wenn „on-the-job“ im Projektablauf anhand konkreter Beispiele im Rahmen obiger Formate und darüber hinaus gelernt wird; dabei steht folgender Dreischritt im Zentrum: 1. Machen / Erproben- - wo sinnvoll ergänzt durch einen kurzen Planungsschritt vor dem „Machen“. 2. Reflektieren, auch mit „anderen Brillen“ schauen (gemeinsam im Team), und dann noch mal oder neu probieren. 3. Auswerten, vorläufig fixieren, aber dabei flexibel genug bleiben für weitere Veränderungen. Später dann in eine neue Routine überführen. Wir setzen uns mit diesem Drei-Schritt explizit von dem PDCA-Zyklus von Deming, der im PM eine hohe Anerkennung genießt, ab. Und wichtig: Reflexion wird nach unserer Wahrnehmung häufig verwechselt mit „Nachdenken“ oder „Grübeln“. Es geht dabei aber vielmehr darum, sich darüber klar zu werden, welche Erfahrungen man mit welchem Handeln, welchen Vorannahmen usw. gemacht hat, und wie man das nächste Mal besser wird, sein Verhalten ändern kann- - und auch sollte. Dazu braucht es Selbstbewusstsein, Verantwortungsübernahme für das eigene Handeln, Einsicht zur Selbstwirksamkeit, Bereitschaft zu lernen und neue Wege zu gehen, verbunden mit konstruktivem Feedback und einer Offenheit für Kritik, denn hierin liegen die besten Chancen zur Verbesserung. Abschließend kann gesagt werden, dass das Lernen im Projekt wichtiger wird denn je. Denn moderne Projekte stehen unter einem immer größer werdenden Zeit- und Erfolgsdruck. Die Dauer eines Projekts wird kürzer, die Erwartungen der Stakeholder immer größer, die politischen Einflüsse immer spürbarer. Und wenn man noch Aspekte wie Nachhaltigkeit, Energie, Klima und Umwelt mit einbezieht, werden die Projekte auch immer wichtiger für die nachfolgenden Generationen. Daher kann es nicht nur eine Empfehlung sein, die Lern- und Verbesserungsprozesse zu überarbeiten, zu er- Wissen | „Lessons Learned“ aus „Best Practices“ greift zu kurz! neuern und dabei auch neue Wege zu gehen, um den immer volatiler und gewichtigeren Rahmenbedingungen moderner und künftiger Projektlandschaften noch gerecht zu werden-- es ist aus unserer Sicht sogar eine Pflicht, dies zu tun. Und besser heute als morgen. Eingangsabbildung: © iStock.com / BeritK Dr. Klaus Wagenhals Dr. Klaus Wagenhals, metisleadership, gelernter Industrie-Soziologe und Organisations-Psychologe, hat einige Jahre in Projekten in unterschiedlichen Rollen gearbeitet, war dann 10 Jahre Geschäftsführer einer mittelständischen Beratungsfirma und ist seit 1998 freier Berater mit den Schwerpunkten Begleitung von Change-Prozessen in Richtung „agil“, Optimierung von Projekten Richtung „excellence“ sowie Unterstützung von Führungspersonen vorwiegend im mittleren Management. 2007 gründete er zusammen mit KollegInnen das Netzwerk metisleadership. Dr. Wagenhals hat sich in zahlreichen Disziplinen und Methoden weitergebildet und engagiert sich sowohl als Autor und Speaker als auch ehrenamtlich z. B. für die Gesellschaft für Projektmanagement, für die Wirtschaftspsychologen Rhein-Main u. a. Henrik Hansemann Henrik Hansemann, geb. 1972 in Heidelberg, ist von Haus aus Diplom-Geograph. Er konnte umfassende Erfahrungen im Healthcare-Sektor in der Öffentlichkeitsarbeit und später als Leiter der Vorstands-Geschäftsstelle des Uniklinikums Heidelberg sammeln. Nach einem Abstecher als Head of Communications eines deutschen Stromwechselportals wechselte er als Senior Project Manager zur Ludwigshafener Firma Project Solutions GmbH. Dort betreute er vor allem Kunden im Medtech-Umfeld bei komplexen Projekten. Heute ist er Geschäftsführer der Firma, die sich unter ihm nicht nur im Umfeld Medtech / Pharma, sondern auch zunehmend in der Metropolregion Rhein-Neckar, vor allem mit Fokus auf dortige Maßnahmen zum grünen Wasserstoff, engagiert. Max L. J. Wolf Projektarbeit bei kleineren und mittleren Vorhaben Orientierung schaffen für die Praxis mit dem Projektmanagement-Kompass! expertverlag.de Anzeige 41 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0073 So meiden Sie die Aktivitätenfalle Projekte hocheffektiv umsetzen Für eilige Leser | Die Umsetzung von Veränderungsvorhaben gelangt früher oder später an einen kritischen Punkt: wenn zu viele Aktivitäten-- meist aus Aktionismus-- auf einmal gestartet werden. Es entsteht ein Dickicht an Aufgaben, an deren Erledigung man unter allen Umständen festhält. Keiner hinterfragt mehr, ob diese Aufgaben überhaupt auf die Zielerreichung einzahlen, oder ob es nicht einen besseren, sprich schnelleren Weg gibt. Die Lösung: Ergebnisorientierung! Ergebnisanstatt Aktivitätenfokus ist eines der wichtigsten Prinzipien für hocheffektives Umsetzungsmanagement. Schlagwörter | Umsetzungsmanagement, Ergebnisorientierung, Effektivität, Strategie, Veränderung, Management In die Aktivitätenfalle getappt Mittelständische Spediteure sind Macher- - ist einmal etwas beschlossen, soll auch schnell gehandelt werden. Und das ist grundsätzlich auch gut so. Schnell wird dann ein Masterplan geschmiedet, in dem Aktivitäten festgelegt, Besprechungen einberufen und To-do-Listen geführt werden. Genau an diesem Punkt entscheidet sich das Wohl oder Wehe der meisten Projekte. Wo das große Risiko liegt, veranschaulicht folgendes Beispiel: Nach einigen Jahren der Ergebnisstagnation rief ein Spediteur ein umfangreiches Strategieprojekt ins Leben. „Wir wollen zur erfolgreichsten Spedition in unserer Region werden”, so das ehrgeizige Ziel. Kurz darauf fand ein Meeting mit allen Führungskräften und Bereichsleitern statt und es wurden entscheidende Maßnahmen beschlossen: Der Vertrieb wird ausgebaut und ausgiebig geschult, das CRM-System professionalisiert, die Digitalisierung vorangetrieben. Dazu wird ein Digitalisierungsmanager eingestellt, da diesbezüglich zu wenig Know-how in der Spedition vorhanden ist. Um den Service zu verbessern, bekam zudem der Serviceleiter grünes Licht zur Aufstockung seiner Mannschaft. „Ärmel hochkrempeln und loslegen“, lautete das Motto. Nach anfänglich erfolgsversprechenden Wochen geriet das Strategieprojekt ins Stocken. Der Vertrieb akquirierte verschiedene Kunden aus ganz diversen Branchen mit ganz unterschiedlichen Anforderungen. Der Umsatz stieg schnell. Jedoch musste Spezialequipment für die Disposition angeschafft werden, um diese Kunden zu bedienen. Das teure Equipment wurde von der Disposition meistens jedoch für Standardgeschäfte eingesetzt, einfach weil es da war. Hauptsache, der Mangel an Auflieger war erst einmal behoben. Der Service wurde, nicht wie geplant um zwei, sondern um vier Personen aufgestockt, um alle Wünsche der neuen Kunden beantworten zu können. Und die Digitalisierung stockte, weil der Verantwortliche keine Klarheit darüber hatte, was genau er überhaupt digitalisieren sollte und er keine Unterstützung aus den einzelnen Unternehmensbereichen erfuhr. Die Folge von all dem: Insgesamt verschlechterte sich das Speditionsergebnis sogar. Was war passiert? Das Unternehmen war in die Aktivitätenfalle getappt. Die Folgen der Aktivitäten-Orientierung Stellt man bei einem größeren Veränderungsprojekt die Maßnahmen in den Vordergrund, besteht die Gefahr, unversehens in die Aktivitätenfalle zu geraten: Wenn wir A machen, hat das B zur Folge und wenn wir dann C veranlassen, folgt daraus D. Bei komplexen Projekten wie beispielsweise einer Strategieumsetzung oder eines Ergebnisoptimierungsprojektes ist diese auf Aktivitäten fokussierte Denkrichtung fatal. Wer sagt denn, dass eine Serviceaufstockung zu mehr wahrnehmbarem Nutzen aufseiten der Kunden oder mehr Vertriebspersonal zu mehr Umsatz führt? Möglicherweise reicht die bestehende Vertriebsmannschaft aus, jedoch liegen keine ausreichend fundierten Preiskalkulationen vor. Oder die Kunden bevorzugen digitale Serviceprodukte, anstatt bei jeder Nachfrage zum Telefonhörer zu greifen. Wissen | Projekte hocheffektiv umsetzen 42 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0073 Der sofortige Beschluss von Maßnahmen beim Start eines größeren komplexen Projektes hat meist unerwünschte Folgen: • Wir betreiben großen Aufwand für das Erledigen und Nachverfolgen von To-do-Listen ohne wirklich zu wissen, ob wir damit dem Ziel überhaupt näherkommen. Denn den Fortschritt auf dem Weg zum Ziel messen wir in der Regel gar nicht. Auf die Idee, Ziele vielleicht auf anderem Weg zu erreichen, kommen wir erst gar nicht, weil die To-dos in unserem Fokus sind und nicht das Ziel. • Das Erledigen von To-do-Listen besprechen wir in der Regel in unsäglich langen Projektmeetings, in denen es vor allem um Rechtfertigungen und Schuldzuweisungen geht, warum etwas noch nicht erledigt wurde und wer daran schuld ist. • Die zu erledigende Aufgabenliste wird immer länger, und nach einiger Zeit fehlt beim Projektverantwortlichen schlicht der Überblick, wer was überhaupt tun soll und wozu. Das Projekt verliert seine Struktur, es zerfällt wie ein Stück Apfel auf dem Komposthaufen. Der Ausweg: klar differenzierte Ergebnisdenke Erst Grübeln, dann dübeln, heißt die goldene Handwerkerregel. Bitte nicht falsch verstehen. Es geht nicht darum, komplexe Projekte in allen Einzelheiten durchzuplanen. Denn es kommt später ohnehin immer anders als man denkt. Vielmehr geht es um folgendes: Bevor Maßnahmen beschlossen werden, sollte zunächst ganz konkret der Zustand beschrieben werden, wie die Spedition aussieht, wenn das Projekt beendet ist. „Zustand“ bedeutet, sich glasklar vor Augen zu halten, WAS dann anders ist und WOZU. Was werden wir in unserem Unternehmen tatsächlich verändert haben und wozu hat diese Veränderung geführt? Niemals(! ) darf es im Anfangsstadium eines Vorhabens um das Wie, d. h. um Maßnahmen oder To-dos gehen. Denn wie bereits erwähnt kommt es einzig und allein darauf an, das Ergebnis zu realisieren. Die Aufgaben sind nur Mittel zum Zweck. Wenn sich im Projektverlauf zeigt, dass eine Maßnahme nicht wie gewünscht zum Ziel führt, lässt man sie fallen und findet einen anderen Weg. Das Ziel jedoch verliert man auf diese Weise nie aus den Augen. Und ganz nebenbei: Die Geschäftsführer müssen die To-dos nicht festlegen. Besteht Klarheit über das Ziel und ist es hochattraktiv, sind Mitarbeiter / innen engagiert und klug genug, den Weg dorthin zu finden. Erinnern Sie sich noch an das Praxisbeispiel? Vertriebsschulung, Ausbau CRM-System, Einstellung eines Digitalisierungsmanagers sowie Serviceaufstockung: Alle diese Aktivitäten wurden initiiert, ohne dass überhaupt ein Zielzustand beschrieben wurde. Das Unternehmen hielt an ihnen fest, obwohl sie auf die Zielerreichung wenig bis gar nicht eingezahlt haben. Besser wäre es gewesen, Zielzustände zu beschreiben, etwa nach folgendem Muster: • „Wir haben die Vertriebsperformance, gemessen an der Anzahl der Anfragen sowie der Trefferquote (Anzahl der Aufträge im Verhältnis zu Anzahl Anfragen) um X Prozent gesteigert (Was). Daraus hat sich ein Umsatzplus von X Euro (Wozu) ergeben.“ • „Wir haben von fünf unserer 20 Top-Kunden das Feedback erhalten, dass sich unsere Servicequalität im Vergleich zum letzten Jahr verdoppelt hat (Was). Dadurch können wir Preiserhöhungen von X Prozent problemlos umsetzen (Wozu).“ Die Maßnahmen, die dazu notwendig sind, ergeben sich dann in der Umsetzung und werden optimalerweise vom operativen Umsetzungsteam eigenverantwortlich festgelegt und gegebenenfalls verändert. Auch wenn anfänglich zunächst einmal gegrübelt anstatt gedübelt wurde, werden Sie feststellen, dass Sie und Ihr Team auf diese Weise (a) zunächst konkret vor Augen haben, was mit dem Vorhaben überhaupt erreicht werden soll und (b) viel effektiver zu diesem Zustand gelangen als mit der üblichen Abarbeitung von To-do-Listen. Best Practice: Eine Zielbildstory schreiben Sind Sie bereit für den ersten Schritt auf dem Weg zu einer hocheffektiven Strategieumsetzung? Dann nehmen Sie sich das beste Werkzeug zur Hand, das es dafür gibt: Ein leeres Blatt Papier. Schreiben Sie und Ihre Mitstreiter auf zwei bis maximal drei Seiten eine sogenannte Zielbildstory: Ein Blick auf die Gegenwart aus Sicht der Zukunft. Sie könnte beispielsweise folgendermaßen beginnen: „Wir befinden uns im Dezember des Jahres 2025 und blicken zurück auf unser Veränderungsvorhaben 2022. Wir beschreiben die damalige Abbildung 1: Unterscheidung zwischen Aktivitäten- und Ergebnisorientierung Wissen | Projekte hocheffektiv umsetzen Situation, den Weg, den wir seither genommen haben, sowie unseren heutigen Zustand-…“ Schreiben Sie auf jeden Fall einen Fließtext, keine Stichworte. Dies zwingt zu logischem und präzisem Denken. Das Wichtigste dabei ist jedoch: Schreiben Sie niemals(! ) über beschlossene Maßnahmen oder schon unternommene Aktivitäten, sondern ausschließlich WAS in Ihrer Organisation anders ist und WOZU. Ein hervorragender Start in ergebnisorientiertes und damit hochwirksames Umsetzungsmanagement. „Von der grauen Maus zum Platzhirsch in der Region XY“, lautete die Zielbildstory in unserem Best Practice Beispiel. Darin beschrieben die Autoren unter anderem die Entwicklung zu einem der Service orientiertesten Dienstleister nach dem Vorbild von „Amazon“, bei dem Kunden Frachtpreisinformationen in Sekundenschnelle erhalten und Informationen über Transporte jederzeit in Echtzeit möglich sind. Die Produktion auf dem Betriebsgelände gleicht einer Flughafenorganisation und für Lkw-Fahrer ist man als Arbeitgeber so attraktiv, dass die Fluktuation auf drei Prozent sinkt. Die gesamte Story wurde mit Beispielen und Belegen für den unternehmerischen Nutzen untermauert. In keinem Satz jedoch wurde beschrieben, mit welchen Maßnahmen dies erreicht wird. Diese ergaben sich später im Verlauf der Strategieumsetzung und wurden vom gesamten Team eigenständig entweder forciert oder fallengelassen, je nachdem, ob es damit einen Fortschritt zur Zielerreichung feststellte. Die Zielbildstory erwies sich als „Motivations-Magnet“: Die Mitarbeiter sahen eine vorstellbare und attraktive Zukunft vor sich, die zu vollem Einsatz inspirierte. Sie engagierten sich für das Projekt nicht, weil sie es mussten, sondern weil sie es wollten. Dadurch kam es auch nicht zu Endlos-Projektbesprechungen, in denen ungeordnet Aufgaben an die Teilnehmer verteilt und deren Erledigung nachgehalten werden musste. Nach vielen zäh und langatmig durchgeführten Projekten in der Vergangenheit hat das Unternehmen so erstmalig ein großes Vorhaben wirklich hocheffektiv umgesetzt-- in diesem Fall mit doppelter Geschwindigkeit. Eingangsabbildung: © iStock.com / ipopba Timo Achenbach Timo Achenbach, Geschäftsführer Unternehmensberatung „Die Speditions-Berater“. Seit sieben Jahren begleitet der Autor mittelständische Organisationen (in der Regel Speditions- und Logistikbetriebe) bei der Umsetzung von Strategien und Ergebnisoptimierungen. ta@die-speditions-berater.de https: / / die-speditions-berater.de Foto: TransportController GmbH Die neue Buch-Reihe aus der Kooperation von UVK und der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Die Reihe behandelt insbesondere neue Fachthemen und neue Herangehensweisen in der Projektmanagementpraxis. Dabei steht der konkrete Nutzen für die praktische Anwendung im Vordergrund. Leser: innen dürfen sich sowohl auf einen Wissenszuwachs als auch Tipps für den Praxisalltag freuen. Bestellen Sie unter www.uvk.de . Projektmanagement neu denken Anzeige 44 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0074 Wittgenstein und das Projektmanagement: Was wir vom Philosophen für die Praxis lernen David Weicht Für eilige Leser | Was lernen Projektmanager: innen vom Philosophen Wittgenstein für die Praxis? Der Artikel beleuchtet einen Satz aus dem Meisterwerk Tractatus logico-philosophicus des Philosophen Ludwig Wittgenstein und argumentiert für die Bedeutung einer geteilten Projektsprache, die alle Stakeholder verstehen und leben. Hierbei helfen Glossare, der bewusste Einsatz wertvoller Sprache sowie das schnelle und klar dokumentierte Onboarding neuer Stakeholder. Wittgenstein lehrt uns, dass bessere Projektsprache zu besseren Projektergebnissen führt. Schlagwörter | Projektmanagement, Philosophie, Sprache, Psychologie, Change Management, Unternehmenskultur, Praxistipps. Im Bombengewitter des Ersten Weltkriegs schrieb der österreichische Philosoph Ludwig Wittgenstein sein Meisterwerk mit dem kryptischen Titel »Tractatus logico-philosophicus«. Es wurde 1921 veröffentlicht und beeinflusst seither Denker, Künstler und Macher. Im Tractatus fragt Wittgenstein, was Sprache ist und zerbricht sie auf ihre Elemente. Für ihn ist Sprache unser Denkinstrument, das wir jedoch oft falsch einsetzen. Wenn wir über die Welt philosophieren und sie mit der Wissenschaft entdecken, nutzen wir unsere Sprache. Wittgenstein wollte eine einheitliche, formale Logiksprache schaffen, die das Philosophieren und das Forschen erst ermöglichen sollte. Inspiration für Ordnungsverliebte und Projektmanager: innen. Trotz der Kürze fassen selbst hartgesottene Philosoph: innen das Werk schwer im Ganzen. Ganz zu schweigen von Laien wie mir. Doch beim Anblick der klaren Struktur des Buches-- die Gedanken sind nummerierte, hierarchisch gegliederte Sätze- - schlägt jedes Herz schneller, das Aufbau und Ordnung liebt. Diese Klarheit erlaubt, Wittgensteins Aussagen einzeln aus dem Werk zu picken und sich von ihrer Stärke faszinieren zu lassen. Auch wenn Wittgensteins Ideen im hohen theoretischen Kontext leben, ziehe ich Essenzielles fürs praktische Projektmanagement heraus. Drei Sätze aus dem Tractatus schätze ich besonders, die ich mithilfe von Erkenntnissen der Wissenschaft, Normen globaler Projektmanagementstandards und persönlichen Praxiserfahrungen in jeweils einem Artikel untersuche. Was lernen wir aus Wittgensteins ausgeklügeltem Werk für das praktische Projektmanagement? „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“ (Wittgenstein, 1963, S. 89.) Spricht Wittgenstein von der Welt, meint er mehr als die Erde, auf der wir uns physisch befinden. Die Welt ist alles, was unseren Sinnen erscheint und alle dazugehörigen Gedanken. Ein Projekt sind gebündelte Gedanken, die demnach eine Welt bilden. Die Grenzen dieser Welt erschaffen wir mit Sprache. Idealerweise arbeiten alle Projektteilnehmer an einer Welt. Wir verstehen andere und andere uns aber nur, wenn wir die Wissen | Wittgenstein und das Projektmanagement 45 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0074 gleiche Sprache sprechen. Das ist die im Projekt herrschende Amtssprache (Lingua Franca). Das sind Begriffe, über deren Bedeutung sich alle Projektteilnehmer einig sind (Shared Language). Das sind Redewendungen, die wir unbewusst ins Team einbringen, täglich nutzen und die fortleben, selbst wenn der Erfinder das Unternehmen längst verlassen hat (Shared Culture). Gleiches gilt für Neue, die das Projekt und die Teamkultur durch eine geteilte Sprache-- häufig in Lichtgeschwindigkeit-- lernen müssen. Ich denke an meinen ehemaligen PM-Meister, der an meinem ersten Arbeitstag meine endlosen Fragen zu den in der Agentur herrschenden Abkürzungen abgewinkt hatte. „Zu viele, um sich alle zu merken“, und ich gab berechtigterweise auf. Fremde Sprache, fremde Welt. Überhaupt betrifft Wittgensteins Aussage Wissen, das uns fremd ist: Fachsimpeln Experten, verstehen wir sie nur so weit unser Wissen über ihr Gebiet reicht. Unsere Welt ist somit begrenzt. Das gleicht einer Auslandsreise, deren Landessprache wir unfähig sind. Grenzen definieren Projekte. Dabei ist es mehr als der Umfang (Scope), der Projekte begrenzt. Wir denken an das Projektdreieck, dass wir Projektmanager: innen mit dem Scope an den Ecken Kosten und Zeit in Grenzen halten und damit die zentral stehende Qualität formen. Lasst uns Wittgensteins Idee ins Extrem ziehen. So können wir sagen, dass Qualität, die aus dem Zusammenspiel des Projektdreiecks wächst, durch Sprache entsteht. Je besser die Sprache, desto besser die Projektqualität. Zur Verbesserung der Projektsprache existiert kein Allheilmittel, aber einige Techniken. Darunter ein praktisches Hilfsmittel, das selbst dem wissensscheuen Mittelalter bekannt war: Glossare. Glossare als Sprachbasis in Projekten. Ein Glossar ist ein Wörterverzeichnis mit Erklärungen der darin aufgeführten Begriffe und bezieht sich auf einen bestimmten Wissensbereich. (Vgl. Duden, 2023) Das sind beispielsweise Wörter eines Buches, die als Anhang in einem alphabetischen Glossar erklärt werden. Das sind technische Begriffe eines Handbuchs. Das sind Abkürzungen, die wir nervraubend vergessen. Das sind wichtige Begriffe unseres Projektes. Die Ziele eines Glossars sind, Konzepte einfach verständlich zu machen, ihr Vokabular zu lernen und Kommunikation zu erleichtern. (Vgl. Morgan, 2000) Form, Farbe und Umfang des Glossars obliegt uns Projektmanager: innen. Das reicht von einer Handvoll Begriffen in einem Briefing für eine Minikampagne, bis hin zu einem breiten Markenglossar, das die Basis unserer Welt bildet. In Anbetracht der etlichen Aufgaben als Projektmanager: innen lautet das pragmatische Mantra entsprechend „So wenig wie möglich, so viel wie nötig“. Ein Glossar lebt und wächst an einem für alle Stakeholder zugänglichen Ort, bestenfalls im Projektplan selbst. Je mehr wir lernen, desto reicher erleben wir unsere Welt. Neue Begriffe notieren wir konform im Glossar. Vage Wörter werden redefiniert. Wir tragen Begriffe aus vergangenen Projekten in neue Welten, die wir mit Stakeholdern kreieren. Die Stärke unseres Glossars bedeutet die Stärke unseres Projektes. Vom philosophischen Ross Wittgenstein auf den knorrigen Besenstiel eines popeligen Glossars? Wirkung von Glossaren auf den Projekterfolg-- von der Malariabekämpfung hin zu Fremdsprachen. Die Wissenschaft bestätigt es jedenfalls. Eine Studie im Rahmen der Non-Profit-Organisation Target Malaria untersuchte den Einsatz von Glossaren im Hinblick auf die Steigerung der Projektergebnisse. Die Resultate zeigen, dass der Einsatz eines gemeinsam gepflegten und gelebten Glossars, positiv auf den Projekterfolg wirkt. So erhöhte das Glossar die Projektbeteiligung bei den Stakeholdern. Da keine neue Sprache erfunden werden musste, konnten komplexe Konzepte mit bestehenden, den Stakeholdern verständlichen Wörtern aus dem Glossar erklärt werden. Neue Begriffe, die im Laufe des Projektes geschaffen wurden, fanden Einzug ins Glossar. Die Wiederverwendung der Begriffe sparte Zeit und machte die Stakeholder schlauer. Forscher der Universität Las Palmas untersuchten den Einfluss von Glossaren auf die Wirksamkeit des Lernens fremdsprachiger Fachbegriffe. Die Ergebnisse zeigen, dass gemeinsam erarbeitete Glossare autonomes und kollaboratives Lernen vereinen. Glossare helfen Stakeholdern, ihr Wissen einzubringen und zu vertiefen. (Vgl. García-Sánchez & Luján- García, 2020, S. 202) Auch Projektmanagementstandards plädieren für den Einsatz von Glossaren-- sie basieren schließlich selbst auf ihnen. Ein Beispiel für ein ausgewogenes Glossar ist der deutsche Standard DIN 69 901 mit fünf bis hundertfünfzig Begriffen. (Vgl. Grau, 2013, S. 14) Die Norm ISO / TC 258 enthält sogar ein separates Dokument mit standardisierten Begriffen. (Vgl. ISO, 2011) Das Project Management Body of Knowledge sieht Glossare als wesentlichen Teil des Communications Management Plans. (Vgl. Edition, 2018, S. 304) Und im Scrum gehören Definitionen von Entry, Ready und Done in jedes Projektglossar. (Vgl. Schwaber & Sutherland, 2020) Glossare in der Praxis-- Fluch oder Segen? Definitiv ein Segen- - diese Erfahrung mache ich zumindest in der Praxis. Beispielsweise betreute ich die Website einer internationalen Automarke. Das Projekt war mit einer breiten Palette von Stakeholdern gespickt, darunter viele Freelancer, die im Wochenrhythmus wechselten und entsprechend fix aufsatteln mussten. Auch wenn wir mit Scrum einen agilen Projektansatz verfolgt hatten, brachen Lücken auf, die auf einer fehlenden, geteilten Projektsprache basierten. Zwar wusste jeder, dass die Website eine Navigation hatte. Jedoch bestand diese aus drei Teilen, die jeder im Team anders nannte. „Wir reden über die Navigation“, sagte der Kunde. „Welche der drei Navigationen? “, fragte die Konzepterin berechtigterweise konkreter. Speziell hektischer Projektstress macht uns dumm und sprachfaul. Das macht eine dokumentierte, konstante Sprache essenziell. Wissen | Wittgenstein und das Projektmanagement 46 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0074 Da ich das Projekt geerbt hatte und überhäuft mit fremden Konzepten war, musste ich erst mal den Überblick gewinnen und schrieb im Stillen ein Glossar. So baute ich-- wenn auch erst mal nur meine-- Welt. Die Begriffe aus meinem Glossar nutzte ich in den User Stories. Später klebte ich das Glossar in die Tickets. Als das Glossar meine Notizen überwucherte, errichtete ich eine Confluence-Seite und teilte den Link mit den Stakeholdern. Unklare Begriffe habe ich mir von Experten erklären lassen. Als internationales Team sprachen wir Englisch. Plötzlich sprudelten selbst wortkarge Entwickler vor Erklärfreude. Wir sprechen eine Fremdsprache besser, wenn wir von etwas reden, das wir lieben. Frag einen Experten, dir einen Begriff aus seiner Welt zu erklären-- er holt dich notfalls mit Händen und Füßen ab. Das Team übernahm das Glossar. Hier und da schärften wir Definitionen. Endlich sprachen wir eine Sprache. Nun ging es in Meetings um die „Hauptnavigation“ oder die „Subnavigation“. Da wir parallel an einem Design-System gearbeitet hatten, verheirateten wir das Glossar mit der dazugehörigen Komponentenbibliothek. Aber auch Begriffe, die unabhängig von den Deliverables unsere Welt formten, wurden vereinheitlicht, im Glossar gepflegt und verbesserten unsere Kommunikation. Glossare helfen, Projektbegriffe zu definieren, zu sammeln und Stakeholdern praktisch bereitzustellen. Ein Glossar als Wörterbuch unserer Welt, als Konzeptinventar unseres Projektes, das wir mit dem magischen Werkzeug Sprache in Grenzen halten. Gemeinsame Sprache, gemeinsame Welt. Um Projektgrenzen zu definieren, bedarf es natürlich mehr als ein Glossar. Weitaus wichtiger ist unsere Anwendung der Sprache. Klingt simpel, doch wir kennen die Tücken der Sprachfaulheit. Wenn wir unsere Welt durch unsere Sprache begrenzen, so gilt dies auch für unsere Mitmenschen- - in diesem Falle die Stakeholder unserer Projekte. Mit unserer Sprache bringen wir Menschen in unsere Welt, laufen aber auch Gefahr, sie auszugrenzen. Unsere Sprache wirkt so unweigerlich auf unser Denken und Wohlbefinden. Besonders interdisziplinäre Teams stehen vor der Herausforderung, Wissen unter instabilen Bedingungen schaffen zu müssen. Treffen zahlreiche Köpfe aus unterschiedlichen Zweigen und Wissensstufen aufeinander, bedarf es einer gemeinsamen Sprache zur erfolgreichen Kollaboration. (Vgl. Butler et al., 2021, S. 2) Denken wir in einer gemeinsamen Sprache, sehen wir bestenfalls eine gemeinsame Welt- - wenn auch eine verzerrte Welt, die wir durch persönlichen Filter wie Vorurteile, Wissensstand oder Erfahrungen individuell erleben. Auch hier zeigt die Wissenschaft den positiven Einfluss einer Shared Language auf das Projektmanagement. Eine Studie der ETH Zürich zeigte, dass Verständnis und Anwendung einer gemeinsamen Sprache zu besserer Kollaboration, höherer Qualität und höherer Jobzufriedenheit unter Mitarbeitern führte. (Vgl. Stühlinger et al., 2019, S. 7) Anderweitig untersuchte Corvello das Nutzungsverhalten akademischer Forscher in wissenschaftlichen Sozialen Medien. Er fand heraus, dass eine geteilte Sprache und der Nutzen von Wissen positiv aufeinander wirken. Verständliche Sprache können wir einfacher in unser bestehendes Wissen integrieren. Damit nutzen wir erlangtes Wissen mit größerer Wahrscheinlichkeit. (Vgl. Corvello et al., 2020, S. 11) Und wenn wir ohnehin die gleiche Sprache sprechen, fällt es uns leichter, Wissen mit anderen zu teilen. Geteilte Sprache und das Teilen von Wissen gehen Hand in Hand und schaffen Vertrauen. (Vgl. Corvello et al., 2020, S. 5) Das ist gerade bei frischen Teams wichtig, deren Mitglieder erstmals zusammenarbeiten. Eine gemeinsame Sprache ist ein unabdingbarer Indikator für den Projekterfolg. Das Gute: Menschen, die über einen Zeitraum zusammenarbeiten, schaffen zwangsläufig eine geteilte Sprache. Und Menschen, die eine Sprache teilen, kollaborieren auch wahrscheinlicher in der Zukunft wieder. Gleiche Sprachen ziehen sich an und schaffen Chancen für neue Ideen, gute Projekte und positives Wohlbefinden. (Vgl. Stark et al., 2020, S. 446) Der bewusste Einsatz von Sprache fördert also das Teamengagement. Die Sprache muss aber auch gelernt und gesprochen werden. So wie wir eine Fremdsprache besser lernen, wenn wir reisen oder verliebt sind, lernen wir eine geteilte Sprache, indem wir Sozialisieren. In einer der Effizienz verfallenen Welt scheuen wir uns leider zu oft, an der Kaffeemaschine zu plaudern oder mit Stakeholdern, die man sonst meidet, eine Mittagspause zu genießen. Damit gehen die Chancen des Sprechens und des größeren Projekterfolgs verloren. (Vgl. Martin, 2022, S. 11) Wertvolle Sprache-- Projektmanager: innen im Sprachgarten. Wir sollten daher Wert auf unsere Sprache legen. Das gilt natürlich für eine respektvolle Sprache, schließlich sind wir Menschen. Aber auch technische und projektbezogene Begriffe sollten wir eindeutig nutzen. Besonders wenn uns der Projektalltag entgegenschießt, sollten wir Wörter bewusst wählen. Wortakrobatiken kosten Platz (in Zeichenlänge) und Zeit (in Geld), also wählen wir allgemein verständliche, kurze Wörter. Als Projektmanager: innen ist es unsere Aufgabe, Stakeholder mit Informationen zu versorgen, wann immer und in welcher Form sie benötigt werden. (Vgl. Edition, 2018, S. 292) Abgesehen von projektspezifischen Wörtern holen wir Stakeholder mit einfacher Sprache ab. Wir nutzen unsere geteilte Sprache bewusst, um Grenzen zu definieren. Worüber reden wir, wenn wir über X reden und worüber reden wir nicht? Genauso erweitern wir Grenzen. Wörter und Redewendungen entstehen im Projektverlauf, variieren, bekommen neue Bedeutungen. Als gute Projektmanager: innen nutzen wir bestehende Sprache und kultivieren neue Sprache. Sprachgärtner: innen sozusagen. Was wunderbar zu Wittgenstein passt, der neben seiner Professur in Cambridge Gärtner und Architekt war. Bei letzterem musste er den Bauleiter in den Wahnsinn getrieben haben-- die Decke lag ihm zu niedrig und musste im Nachhinein um drei Zentimeter höher gelegt werden. Onboarding: Willkommen in unserer Welt. Unser Garten steht- - die Welt existiert. Plötzlich klingelt es. Am Tor zu unserem Projektgarten steht ein neuer Stakeholder. Oft ein neues Mitglied im operativen Team. Es obliegt Wissen | Wittgenstein und das Projektmanagement 47 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0074 uns Projektmanager: innen, Neuankömmlinge in unsere Welt einzuführen. Wie helfen wir Neuen, Grenzen zu überschreiten und sich in unserer Welt zurechtzufinden? Blicken wir zurück: Wir besitzen ein Glossar, eine geteilte Projektsprache. Dazu weitere Dokumente, die Teil unseres Projektplanes sind-- die Karte unserer Welt, das Wörterbuch. Alles, was dazugehört. Neue ins kalte Wasser zu werfen und zu hoffen, dass sie von selbst schwimmen, kostet. Unternehmen verlieren Unsummen, weil Mitarbeiter ihren Job missverstehen. Dazu gehören sowohl Frustrationen der neuen Mitarbeiter als auch bestehender Experten. (Vgl. Liu et al., 2018, S. 52 083.) Wir Projektmanager: innen kennen die Herausforderungen des Tagesgeschäftes. Uns fehlt immer Zeit. Den Unternehmen fehlen oft Prozesse und Wissensträger. Auch wenn wir unser Flugzeug im Flug bauen, sollte jeder Passagier- - wie bei üblichen Flugreisen schließlich auch-- ein gutes Onboarding genießen. Folgen Sie bitte den Anweisungen des Bordpersonals. Onboarding ist ein Prozess, um neuen Mitarbeitern den Einstieg in die Unternehmenskultur, in die Arbeitsstelle und in die Projektwelt zu erleichtern. Ziel des Onboardings ist, Neuankömmlinge schnell und bestmöglich in den Job zu integrieren. (Vgl. T. Y. Gura et al., 2022, S. 359) Schließlich zahlen Unternehmen hohe Preise, indem sie Mitarbeiter rekrutieren, trainieren und-- besonders in Zeiten hohen Personalwechsels-- pflegen. Müssen regelmäßig viele Neue gleichzeitig an Bord gebracht werden, ist ein durchdachtes Onboarding höchst essentiell. (Vgl. T. Y. Gura et al., 2022, S. 358) Forscher der Universität Heidelberg untersuchten den Einfluss von Faktoren, welche die Transaktionskosten eines Projektes senken. Transaktionskosten sind Kosten, die wir zahlen, um eine Dienstleistung oder ein Produkt zu erwerben. Das können Kreditkartengebühren beim Bezahlen der Ware, aber auch die Zeit selbst sein, die wir benötigen, um Neues zu lernen. Die Studie ergab, dass das schnelle Onboarding aller Stakeholder ein kostensenkender Faktor ist. Onboarding hat einen positiven Einfluss auf den Projekterfolg, indem es Transaktionskosten senkt. (Vgl. Schulze et al., 2021, S. 6) Gutes Onboarding zeichnet sich durch drei Faktoren aus: Im Unternehmen existieren Dokumente und definierte Prozesse zum Onboarding; Mentor: innen und Neuankömmlinge kommunizieren produktiv und Mentor: innen besitzen professionelle Kompetenz. (Vgl. T. Y. Gura et al., 2022, S. 371) Reiseführer: innen auf Weltenwegen. Hier glänzt der Wert guter Mentor: innen. Kundige Reiseführer: innen, die uns in neue Welten leiten. Sie beraten, formen die Umstände, damit Mitarbeiter sich entwickeln und wachsen können. (Vgl. T. Y. Gura et al., 2022, S. 361) Zu den wichtigsten Eigenschaften guter Mentor: innen zählen vor allem Geselligkeit und Freundlichkeit, Toleranz und Geduld sowie eine innere Ruhe und emotionale Reife, die sich in Selbstvertrauen und Beherrschung in Stresssituationen widerspiegelt. (Vgl. T. Y. Gura et al., 2022, S. 369) Auch der Projektmanagementstandard des PMI plädiert für gutes Onboarding. Pläne, Prozesse und Wissen des Unternehmens sind Teil der Organizational Process Assets, deren Einführung im Communications Management Plan angedacht ist und durch die konstante Schaffung neuen Wissens des Knowledge Managements gefüttert wird. (Vgl. Edition, 2018, S. 58) Praxisnah empfiehlt das PMI auch ein Buddy System. Persönliche Pat: innen führen neue Mitarbeiter: innen in die Teamkultur ein, stehen bei Fragen zur Seite und helfen, wenn die Last des Neuen erdrückt. Auch hier ist ein formal dokumentierter Onboarding-Prozess relevant. Ein guter Buddy spornt Neue an, Wissen mit dem Team zu teilen. Und mit jedem Neuankömmling hat das Onboarding die Chance auf Feedback und damit auf Verbesserung, womit wir wieder bei der agilen Philosophie landen. (Vgl. Cooper, 2014) Von der Atomphysik bis zum Projektmanagement-- die Fallen und Gemeinsamkeiten des Onboardings. Die Tiefe des Onboardings variiert nur mit der Projektgröße. Letztlich ist jedes Onboarding gleich. Vom Hobbyprojekt bis zu hyperkomplexen Projekten wie dem Teilchenbeschleuniger im Forschungsinstitut CERN. Die Atomphysiker verwalten mit überschaubaren Mitteln eine begehrte Ressource und lösen dies unter anderem mithilfe eines klaren Onboardings. (Vgl. David et al., 2019, S. 1) Zwar liege ich weit weg vom Atomphysiker, fühlte mich aber an meinem ersten Agenturtag von tausenden Informationen genauso überwältigt- - als wäre ich durch einen Teilchenbeschleuniger gejagt worden. Glücklicherweise halfen mir zum einen eine Broschüre der Agentur, gespickt mit Überlebenstipps für die ersten Wochen, zum anderen eine detaillierte Präsentation mit zeitnahen Informationen wie Projekten der Agentur und einem Kundenüberblick. Zudem kümmerte sich mein Chef bestens, mich Schritt für Schritt in die neue Welt zu leiten. Doch auch als Profis kennen wir die Probleme des Neueinstiegs. Dazu zählen Festangestellte genauso wie Freelancer, wobei ich oft miterlebe, dass letzteren seltener die Hand zum Einstieg gereicht wird. Auch wenn freie Mitarbeiter Schnellaufsprünge gewohnt sind, bedarf es dennoch Dokumente, einem Ansprechpartner für Fragen und natürlich auch der eigenen Muße des neuen Mitarbeiters, sich ins Onboarding einzulesen und das Gelernte anzuwenden. Wie üblich lauern die Täter hinter den Barrikaden fehlender Zeit. Dazu halblose Dokumente mit alten Informationen, für die sich niemand zuständig fühlt und für die wahrscheinlich niemand verantwortlich berufen wurde. Aus praktischer Sicht verständlich und schade. Hier ist Raum zur Verbesserung. Wenn wir Projektmanager: innen unseren Fokus ein wenig, so gut es geht, vom täglichen Projektgeschäft aufs Onboarding legen, erhöhen wir auf Dauer die Qualität des Projektes. Hierbei sprechen wir neben dem Projektumfang, der Zeit und der Ressourcen, auch von allen Stakeholdern, einschließlich uns selbst. Die Grenzen meiner Sprache bedeuten also die Qualität meiner Welt als Projektmanager: in? Exakt-- mit einem klaren und schnellen Onboarding aller Stakeholder sowie einer geteilten Sprache, die auf einem für alle Projektteilnehmer verständlichen, transparenten Glossar beruht. Wittgensteins Satz „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“ bringt Klarheit in unsere Projekte. Er kreiert Verbindungen und geteilte Erfolge, gemeinsame Welten, über die wir gerne sprechen und in die wir andere gerne mitnehmen. Wissen | Wittgenstein und das Projektmanagement 48 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0074 Literatur Butler, E. P., Bliss-Ketchum, L. L., de Rivera, C. E., Dissanayake, S. T. M., Hardy, C. L., Horn, D. A., Huffine, B., Temple, A. M., Vermeulen, M. E. & Wallace, H. (2022). Habitat, geophysical, and eco-social connectivity: benefits of resilient socio-ecological landscapes. Landscape Ecology, 37, 1-29. https: / / doi.org / 10.1007 / s10 980-021-01 339y Cooper, J. & Wight, J. (2014). 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Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0075 Digitalisierung der Baustellenlogistik Methodik zur Auswahl von Datenerfassungstechnologien Deike Gliem, Sigrid Wenzel, Wibke Kusturica, Christoph Laroque Für eilige Leser | Die erfolgreiche Inbetriebnahme kundenindividueller Anlagen ist nur durch ein effektives und effizientes Projektmanagement möglich. Für die Planung und Steuerung dieser Projekte benötigt das Projektmanagement Status-Meldungen zu logistischen Ist-Prozessen zur und auf der Baustelle, die im Maschinen- und Anlagenbau selten rechtzeitig in der benötigten Qualität und Quantität vorliegen. Zur Verbesserung der Datenverfügbarkeit ist eine Methodik entwickelt worden, die für konkrete Anwendungsfälle geeignete Technologien zur (teil-)automatischen Datenerfassung vorschlägt. Ein Technologie- und Kriterienkatalog sowie eine umfassende Technologiebewertung schaffen die Wissensbasis für das Identifizieren geeigneter Technologien mit Hilfe eines Anforderungsprofils. Die Methodik wird in Form einer Demonstrationsplattform instanziiert und zur Unterstützung im Projektmanagement bereitgestellt. Schlagwörter | Logistik, Datenerfassung, Baustellenbetrieb, Methodik, Technologieauswahl, Digitalisierung, Maschinen- und Anlagenbau 1. Einleitung Für den kundenindividuellen Anlagenbau ist die Herstellung von Unikaten und Kleinserien nach dem Baustellenprinzip an individuellen Standorten charakteristisch, sodass er durch ein klassisches Projektgeschäft geprägt ist (vgl. [1]). Für die Anlagenplanung, -realisierung und -inbetriebnahme beim Kunden ist ergo ein individuelles Projektmanagement unter Berücksichtigung systemtechnischer und konstruktiver Randbedingungen, lokaler Standortgegebenheiten, organisatorischer Projektvorgaben sowie damit verbundenen logistischen Restriktionen erforderlich (vgl. [2]). Während der Projektdurchführung ist das Projektmanagement in der Rolle der Projektsteuerung und des mitlaufenden Projektcontrollings auf aktuelle Rückmeldungen von der Baustelle zu logistischen Prozessen angewiesen. Die Datenerfassung erfolgt im Anlagenbau heute jedoch häufig noch manuell, analog und im Nachgang kumuliert, wodurch Änderungen verspätet auffallen und hohe Kosten verursachen können. Für eine höhere Planungssicherheit sind (teil-)automatisch erzeugte und systematisiert abgelegte Status-Rückmeldungen auf der Baustelle zweckmäßig, um diese bei Bedarf in den betrieblichen Informationssystemen, wie z. B. Enterprise Resource Planning (ERP) Systemen, verarbeiten zu können. Zur Auswahl geeigneter Erfassungstechnologien für diese Rückmeldungen auf der Baustelle wird im Rahmen des Forschungsprojektes „dataject.log- - Entwicklung eines semantischen Modells zur Beschreibung eines Digitalen Schattens der Logistikprozesse im Maschinen- und Anlagenbau zur Verwendung im Projektmanagement“ (siehe dazu [3]) eine Methodik entwickelt, die nachfolgend vorgestellt wird. 2. Entwicklung der Methodik zur Technologieauswahl 2.1 Technologiekatalog Basierend auf einer umfassenden Literaturrecherche, die sich an dem Vorgehensmodell nach Fink [4] orientiert, werden Technologien zur manuellen und (teil-)automatischen Datenerfassung für den Baustellenbetrieb im Maschinen- und Anlagenbau über Steckbriefe mit einer kurzen Technologiebeschreibung, den Vor- und Nachteilen sowie den typischen Einsatzorten charakterisiert; die Summe aller Steckbriefe Wissen | Methodik zur Auswahl von Datenerfassungstechnologien 50 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0075 bildet einen sogenannten Technologiekatalog (siehe Abb. 1). Neben der Betrachtung von Technologien zur manuellen und (teil-)automatischen Datenerfassung, wie beispielsweise Handbzw. Laserscanner oder Radio-Frequency Identification (RFID) Lesegeräte, sind auch vor- und nachgelagerte Technologien zur Datenidentifikation, wie Barcodes oder RFID-Transponder, und zur Datenübertragung, wie Bluetooth oder das mobile Datennetz Long Term Evolution (LTE), berücksichtigt worden (zu den Technologien siehe z. B. [5-7]). Die Kombination aus geeigneten und in Verbindung untereinander einsetzbaren Identifikations-, Erfassungs- und Übertragungstechnologien stellt eine Technologiekette für die Erfassung von Daten zu logistischen Prozessen auf der Baustelle dar. Insgesamt liegen bisher 330 technisch sinnvolle, anhand der Literatur identifizierte Technologieketten vor. Mit Hilfe einer Technologiebewertung können für konkrete Anwendungsfälle, z. B. Tracking von Arbeits(hilfs-)mitteln, geeignete Technologieketten identifiziert werden. 2.2 Kriterienkatalog Da sich die Anforderungen an die Technologien für die jeweiligen Anwendungen unterscheiden, müssen für die Anforderungsbeschreibungen Bewertungskriterien entwickelt werden, anhand derer eine Technologiebewertung aus Sicht der Anwendung vorgenommen werden kann. Insgesamt 54 Bewertungskriterien werden literaturbasiert identifiziert und liegen mit einer eindeutigen Definition in einem Kriterienkatalog vor. Der Kriterienkatalog hat folgende Struktur: Technologieunabhängige Kriterien (d. h. Kriterien, die unabhängig davon sind, ob es sich um eine Datenidentifikations-, Datenerfassungs- oder Datenübertragungstechnologie handelt) sind als „Allgemeine Kriterien“ gekennzeichnet, die übrigen Kriterien gelten jeweils für eine der Technologiekategorien. Für eine bessere Übersichtlichkeit sind die Bewertungskriterien gruppiert und in einem Ishikawa-Diagramm (vgl. z. B. [8]) zusammengefasst worden (siehe Abb. 2). Im Rahmen einer von Mai bis Juli 2022 mit Expert: innen aus dem Projektbegleitenden Ausschuss zum Forschungsprojekt durchgeführten zweistufigen Delphi-Studie (vgl. z. B. [9]) werden die identifizierten Bewertungskriterien hinsichtlich ihrer Relevanz für den Maschinen- und Anlagenbau geprüft. Die Auswertung zeigt, dass 44 der 54 identifizierten Kriterien für den Maschinen- und Anlagenbau relevant sind (relevant- = Bewertung „hoch“ oder „mittel“, nicht relevant- = Bewertung „niedrig“ oder „irrelevant“). Um bei der Bewertung die Komplexität überschaubar zu halten, werden für das weitere Vorgehen im Projekt von den 44 relevanten Bewertungskriterien nur die 17 mit einer Bewertung von „hoch“ berücksichtigt: elf allgemeine Kriterien (wie z. B. Verfügbarkeit; Nutzungsdauer), zwei Kriterien für Datenidentifikationstechnologien (Zugänglichkeit; Granularität), zwei Kriterien für Datenerfassungstechnologien (Robustheit gegen Schäden; Abbildung 1: Technologiekatalog Abbildung 2: Kriterien zur Bewertung von Datenidentifikations-, Datenerfassungs- oder Datenübertragungstechnologien Wissen | Methodik zur Auswahl von Datenerfassungstechnologien 51 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0075 Leseabstand) und zwei Kriterien für Datenübertragungstechnologien (Übertragungsgeschwindigkeit; Reichweite). Damit eine strukturierte Technologiebewertung vorgenommen werden kann, werden den 17 Bewertungskriterien konkrete Ausprägungen zugewiesen. Dabei werden nominale Ausprägungen, die keiner Rangordnung unterliegen (z. B. Standardisierungen wie die Global Location Number (GLN) oder die Global Trade Item Number (GTIN)) und ordinale Ausprägungen (z. B. Lebensdauer in Jahren oder Verfügbarkeit in %) unterschieden (vgl. z. B. [10]), wobei Letztere in eine Reihenfolge gebracht werden können, z. B. von einer kurzlebigen (< 1 Jahr) bis sehr langlebigen (> 10 Jahre) Nutzungsdauer oder von sehr geringer (< 60 %) bis sehr hoher (> 95 %) Verfügbarkeit. Da ordinale Ausprägungen in einer aufsteigenden Reihenfolge vorliegen, werden im späteren Auswahlprozess Technologien, die den gesetzten Erwartungswert aus einem Anwendungsfall übersteigen und somit bessere Eigenschaften haben als notwendig, ebenfalls berücksichtigt, d. h., bei einer gewünschten Nutzungsdauer von beispielsweise drei Jahren werden Technologien, die eine deutlich höhere Nutzungsdauer haben, nicht ausgeschlossen. 2.3 Technologiebewertung Die im Technologiekatalog beschriebenen Datenidentifikations-, Datenerfassungs- und Datenübertragungstechnologien werden unter Berücksichtigung der ermittelten anwendungsbezogenen Kriterien bewertet. Die Technologiebewertung erfolgt literaturgestützt; so wird z. B. der Datenerfassungstechnologie Global Positioning System (GPS)-Sensor laut Literatur eine hohe Verfügbarkeit bestätigt (vgl. z. B. [11]) oder der Datenerfassungstechnologie Handscanner eine geringe Reichweite zugesprochen (vgl. z. B. [5]). Eine Technologie ist erst dann vollständig bewertet, wenn alle ihr zugeordneten Kriterien bewertet sind. Die Bewertung wird initial für alle Technologien aus dem Technologiekatalog einmalig vorgenommen; die Ergebnisse liegen in Form einer Technologiematrix vor. Neue Technologien können in den Katalog aufgenommen werden; für sie ist allerdings eine ergänzende Technologiebewertung durchzuführen. 2.4 Methodik zur Technologieauswahl Mit dem Technologiekatalog und den bewerteten Technologien besteht die Möglichkeit, geeignete Technologien zur Datenidentifikation, -erfassung und -übertragung sowie ganze Technologieketten für konkrete Anwendungsfälle zu filtern. Die Methodik mit ihren einzelnen Komponenten ist in Abb. 3 zusammenfassend dargestellt. In der Methodik wird zwischen vorbereitenden Vorgängen, Verarbeitungsvorgängen und anwendungsbezogenen Vorgängen unterschieden. Vorbereitende Vorgänge beruhen auf geleisteten Forschungsarbeiten und umfassen Bewertungskriterien mit ihren Ausprägungen sowie bewertete Technologien aus dem Technologiekatalog und identifizierte Technologieketten. Die Verarbeitungsvorgänge stellen eine Verknüpfung zwischen der Anwendung und der erstellten Wissensbasis dar, um auf Anfragen aus der Anwendung mit einer Rückgabe antworten zu können. Anwendungsbezogene Vorgänge gliedern sich in das Ausfüllen eines Anforderungsprofils (1), dem Filterprozess selbst (2) und der Ergebnisausgabe (3); diese Vorgänge werden immer in derselben Reihenfolge durchgeführt. 3. Anwendung der Methodik zur Technologieauswahl 3.1 Identifikation geeigneter Technologien Für die 17 identifizierten Bewertungskriterien liegen konkrete Ausprägungen vor, die über ein Anforderungsprofil abgefragt werden können. Hierzu besteht die Möglichkeit, gegebene Anforderungen aus einem konkreten Anwendungsfall zu präzisieren; dabei müssen nicht alle Kriterien festgelegt werden. Die Auswahl von Technologieketten erfolgt über einen Filterprozess, mit dem die für den Anwendungsfall geeigneten Technologieketten ausgewiesen werden, die alle angegebenen Anforderungen erfüllen. Im Nachgang können Änderungen an dem ausgefüllten Anforderungsprofil vorgenommen und der Filterprozess wiederholt werden. Für den Einsatz im Maschinen- und Anlagenbau ist die Methodik mittels Microsoft Excel ® in eine ausführbare Anwen- Abbildung 3: Methodik zur Technologieauswahl Wissen | Methodik zur Auswahl von Datenerfassungstechnologien 52 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0075 dung überführt worden. Diese umfasst zunächst den Technologie- und Kriterienkatalog einschließlich aller Ausprägungen sowie die Technologiebewertung, die als Wissensbasis fungiert. Außerdem steht ein Anforderungsprofil zur Verfügung (siehe Abb. 4), in dem über ein Dropdown-Menü Anforderungen ausgewählt werden können. Diese sind analog zu dem Kriterienkatalog in die Bereiche Allgemein (blau), Identifikationstechnologie (grün), Erfassungstechnologie (orange) und Übertragungstechnologie (gelb) strukturiert. Möchte das Projektmanagement für einen konkreten Anwendungsfall, wie das Tracking von Arbeits(hilfs-)mitteln, die Fortschrittskontrolle, die Ermittlung von Arbeits-/ Prozesszeiten oder die lokale Ortung von Bauteilen, eine Technologie zur (teil-)automatischen Datenerfassung einsetzen, ist das Anforderungsprofil je nach Bedarf auszufüllen. Wenn für ein Kriterium keine konkrete Ausprägung ausgewählt wird, gilt automatisch das Kriterium „keine Angabe“, d. h., dieses Kriterium wird nicht im Filterprozess berücksichtigt. Als Ergebnis werden alle Technologieketten ausgegeben, die die gewählten Anforderungen erfüllen bzw. diese übertreffen. In Abhängigkeit der Rigorosität der Anforderungen an die Technologien variiert die Anzahl der als Ergebnis ausgegebenen Technologieketten. Das Tracking von Arbeitsmitteln (hier: LKW) zur Verfolgung einer Anlieferung zur Baustelle stellt beispielsweise einen Anwendungsfall dar, für den nach dem anwendungsfallspezifischen Ausfüllen des Anforderungsprofils geeignete Technologieketten vorgeschlagen werden, die den aktuellen Standort des LKWs erfassen. Hierbei kann der Fall auftreten, dass alle vorgeschlagenen Technologieketten dieselbe Datenerfassungstechnologie, hier einen GPS-Sensor, beinhalten und nur die Übertragungstechnologie variiert. Die Auswahl der konkreten Technologiekette liegt im Ermessen der Anwender: innen. Nach ersten Testläufen zur Anwendung der Methodik ist aufgefallen, dass die 17 betrachteten Bewertungskriterien nicht immer zufriedenstellende Ergebnisse liefern. Daher werden die Bewertungskriterien um drei Hilfskriterien ergänzt, die Abbildung 4: Anforderungsprofil in einer ausführbaren Anwendung (Auszug) auch bei der Technologiebewertung berücksichtigt werden: örtliche Flexibilität (Ausprägungen: mobil, ortsfest), Datenübertragungsart (Ausprägung: kabelgebunden, nicht kabelgebunden) und Umgebung (Ausprägung: indoor, outdoor). 3.2 Nutzen der Methodik Die entwickelte Methodik stellt ein Werkzeug dar, das für konkrete Anwendungsfälle Datenidentifikations-, Datenerfassungs- und Datenübertragungstechnologien vorschlägt. Das Projektmanagement erhält mit der Methodik einen schnellen Zugang zu geeigneten Lösungen für eine manuelle und (teil-) automatische Datenerfassung von logistischen Prozessen zur und auf der Baustelle. Mit dem Einsatz einer solchen anwendungsbedarfsbezogenen Technologiekette steigt die Datenverfügbarkeit und somit auch die Prozesstransparenz bei der Projektsteuerung. Das Projektmanagement erhält auf Basis der dann verfügbaren Daten eine bessere Übersicht zu den aktuellen Prozessen auf der Baustelle. Projekte lassen sich sicherer steuern, da die Ist-Zustände auf der Baustelle echtzeitnah abrufbar werden und ein frühzeitiges Eingreifen bei Abweichungen zur ursprünglichen Planung möglich wird. Insgesamt nimmt das Projektrisiko aufgrund der erhöhten Transparenz ab, da die Planung von Zeiten, Kosten und Ressourcen unter Einsatz der Technologien datenbasiert erfolgen kann. Die Methodik ist flexibel erweiterbar. Zum einen können stets neue Technologien im Katalog angelegt und zu technisch sinnvollen Technologieketten verknüpft werden; somit erweitert sich das Auswahlspektrum an Technologien für die Baustelle. Zum anderen können neue Bewertungskriterien ergänzt werden, die für einzelne Anwendungsfälle von besonderer Relevanz sind; hierbei ist jedoch eine nachträgliche Bewertung aller Technologien vorzunehmen. 3.3 Evaluation der Methodik Die im März 2023 durch drei Expert: innen aus dem Projektbegleitenden Ausschuss zum Forschungsprojekt vorgenommene Evaluation der Methodik gliedert sich in zwei Teile: Methodik als Artefakt (Teil 1) und Anwendung der Methodik (Teil 2). Für die Evaluation des 1. Teils (Artefakt) werden Durchgängigkeit, Transparenz und Nachvollziehbarkeit, Vollständigkeit, Richtigkeit, Nützlichkeit sowie Flexibilität und Erweiterbarkeit bewertet. Die Evaluation des 2. Teils (Anwendung) erfolgt anhand der Kriterien Zeitaufwand, Zufriedenheit, Praktikabilität und Qualität der Ergebnisse. Während „Durchgängigkeit“ und „Nützlichkeit“ der Methodik (Teil 1) grundsätzlich gesehen werden, sind „Transparenz und Nachvollziehbarkeit“ aufgrund der sehr umfangreichen Technologiematrix nur bedingt positiv bewertet worden. Die „Vollständigkeit“ des Technologie- und Kriterienkatalogs und die „Richtigkeit“ der Technologiebewertung konnten von den Expert: innen nicht einzeln geprüft werden. „Flexibilität und Erweiterbarkeit“ der Methodik werden gesehen, der Aufwand für die Erweiterung sei jedoch hoch. Der Zeitaufwand für die Anwendung der Methodik (Teil 2) wird als gering angesehen, Zufriedenheit und Praktikabilität werden positiv bewertet. Die Qualität der Ergebnisse wurde überwiegend mit „hoch“ bewertet. Insgesamt spricht die gute Bewertung der Anwendung für eine praktikable Einsatzfähigkeit der Methodik im Unternehmen bei gleichzeitig niedrigschwelliger Einstiegshürde. Bestehende Anmerkungen der Expert: innen zur Verbesserung der Methodik sind nach der Evaluation umgesetzt worden. So werden als Ergebnis ausgewiesene Technologien mit einem Technologiesteckbrief verlinkt, um ein Einlesen in Wissen | Methodik zur Auswahl von Datenerfassungstechnologien 53 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0075 die vorgeschlagenen Technologien ohne große Aufwände zu ermöglichen. Außerdem werden ausgefüllte Anforderungsprofile und ausgewählte Technologieketten als Profile gespeichert. Wird eine Technologiekette nach Anwendung der Methodik in der Praxis umgesetzt, hat das Projektmanagement die Möglichkeit, diese Technologiekette als „Technologieschablone“ zu kennzeichnen, wenn sich ihre Einsatzfähigkeit in einem Praxistest bewährt hat. So kann zur Technologiekette das Anforderungsprofil erneut eingesehen und ein konkreter Anwendungsfall hinterlegt werden. Mit dieser Funktionalität fließen Projekterfahrungen in die Auswahl ein und es kann langfristig eine breitere Wissensbasis aufgebaut werden. 4. Zusammenfassung und Ausblick Die im Rahmen des Forschungsprojektes entwickelte und zunächst in Microsoft Excel ® umgesetzte Methodik unterstützt bei der Identifikation und Auswahl geeigneter Technologien zur Datenerfassung logistischer Prozesse zur und auf der Baustelle. Im Verlauf des Forschungsprojektes wurde die Methodik in eine Demonstrationsplattform integriert, die neben der beschriebenen Technologieauswahl weitere Funktionen, wie z. B. die Erfassung von Logistikdaten auf der Baustelle mit Hilfe ausgewählter Technologieketten sowie den Abruf von Logistikdaten für das Projektmanagement, über ein semantisches Modell bereitstellt. Somit sind anwendungsspezifische Digitale Schatten von Logistikprozessen auf der Baustelle umsetzbar. Aktuelle Forschungsergebnisse und Informationen zum Projektbegleitenden Ausschuss sind abrufbar unter https: / / dataject.de. Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Forschungsprojektes „dataject.log- - Entwicklung eines semantischen Modells zur Beschreibung eines Digitalen Schattens der Logistikprozesse im Maschinen- und Anlagenbau zur Verwendung im Projektmanagement“, das unter der IGF-Vorhaben-Nummer 21 755 der Bundesvereinigung Logistik (BVL) geführt und über die Allianz industrieller Forschung (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert wird. Literaturverzeichnis [1] Heidmann, R.: Windenergie und Logistik. Losgröße 1: Logistikmanagement im Maschinen- und Anlagenbau mit geringen Losgrößen. Beuth Verlag, Berlin 2015 [2] Wenzel, S.; Laroque, C.: Methodik für ein simulationsgestütztes logistikintegriertes Projektmanagement im Anlagenbau. In: Dangelmaier, W.; Laroque, C.; Klaas, A. (Hrsg.): Simulation in Produktion und Logistik. Entscheidungsunterstützung von der Planung bis zur Steuerung. HNI-Verlagsschriftenreihe, Paderborn 2013 [3] dataject.log: Webseite des Forschungsprojektes dataject. log: Entwicklung eines semantischen Modells zur Beschreibung eines Digitalen Schattens der Logistikprozesse im Maschinen- und Anlagenbau zur Verwendung im Projektmanagement“. URL: www.dataject.de, Zugriff am 22. 05. 2023 [4] Fink, A.: Conducting research literature reviews. From the internet to paper. 5. Auflage. SAGE Publications Inc, Los Angeles 2019 [5] Hippenmeyer, H.; Moosmann, T.: Automatische Identifikation für Industrie 4.0. Springer Vieweg, Berlin 2016 [6] ten Hompel, M.; Büchter, H.; Franzke, U.: Identifikationssysteme und Automatisierung. Springer, Berlin 2008 [7] Sauter, M.: Grundkurs Mobile Kommunikationssysteme. UMTS, HSDPA und LTE, GSM, GPRS und Wireless LAN. 4. Auflage. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden 2011 [8] Ishikawa, K.: What is total quality control? The japanese way. Translated by David J. Lu. 6. Auflage. Prentice-Hall, Englewood Cliffs, New Jersey 1985 [9] Häder, M.: Empirische Sozialforschung. Eine Einführung. 3. Auflage. Springer, Wiesbaden 2015 [10] Guckelsberger, U.; Unger, F.: Statistik in der Betriebswirtschaftslehre. Springer, Wiesbaden 2013 [11] Schelewsky, M.; Jonuschat, H.; Bock, B.; Stephan, K.: Smartphones unterstützen die Mobilitätsforschung. Neue Einblicke in das Mobilitätsverhalten durch Wege-Tracking. Springer Vieweg, Wiesbaden 2014 Eingangsabbildung: © iStock.com / ipopba Deike Gliem Deike Gliem, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Kassel, Fachgebiet Produktionsorganisation und Fabrikplanung deike.gliem@uni-kassel.de Univ.-Prof. Dr.-Ing. Sigrid Wenzel Univ.-Prof. Dr.-Ing. Sigrid Wenzel, Leiterin des Fachgebietes Produktionsorganisation und Fabrikplanung im Institut Produktionstechnik und Logistik an der Universität Kassel s.wenzel@uni-kassel.de Universität Kassel Fachgebiet Produktionsorganisation und Fabrikplanung Kurt-Wolters-Straße 3 34 125 Kassel Wibke Kusturica Wibke Kusturica, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut Management und Information der Westsächsischen Hochschule Zwickau wibke.kusturica@fh-zwickau.de Prof. Dr. Christoph Laroque Prof. Dr. Christoph Laroque, Professur Business Analytics am Institut Management und Information der Westsächsischen Hochschule Zwickau christoph.laroque@fh-zwickau.de Westsächsische Hochschule Zwickau Fakultät Wirtschaftswissenschaften Kornmarkt 1 08 056 Zwickau 54 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0076 Digitale Nachweise und europäische Interoperabilität-- eine Herausforderung für das Projektmanagement der Zukunft Guido Bacharach Für eilige Leser | Wie einfach wäre es, Zeugnisse und andere Nachweise digital zu erhalten und verarbeiten zu können! Im Rahmen der Digitalisierung im öffentlichen Dienst wird dieser Traum in einigen deutschen wie auch europäischen Projekten soeben realisiert. Doch der Einsatz einer solchen digitalen Technik bedingt auch Changeprojekte im rechtlichen und organisatorischen Umfeld-- und das gleich für ein nationales wie internationales Umfeld verschiedenster Rechts- und Organisationssysteme. Ein komplexes System von bedingten Änderungen, die eine große Herausforderungen im Multiprojektmanagement in der nahen Zukunft darstellen werden. Interoperabilität, gerade bei digitalen Nachweisen, ist ein momentan heißes Thema im europäischen Umfeld und könnte eine Lösung für diese Aufgabe sein. Der Artikel beschreibt beispielhafte Projekte, aktuelle Initiativen und mögliche zukünftige Entwicklungen. Schlagwörter | Digitalisierung, öffentlicher Dienst, OZG, Digital-Nachweise, europäische Projekte, Standardisierung, Interoperabilität, Multiprojektmanagement Digitalisierung und OZG Auch wenn die Digitalisierung ein Hype-Thema ist, wird von Mitarbeiten des öffentlichen Dienstes oftmals die Frage gestellt, welchen Nutzen diese Digitalisierung für die jeweilige Behörde hat. Tatsächlich muss man sagen, dass der Nutzen für die jeweilige Behörde selbst in vielen Fällen nur schwer zu finden ist. Oft haben prozessuale und organisatorische Verbesserungen einen weitaus größeren Effekt auf Effizienz und Effektivität des Arbeitens im öffentlichen Dienst, ja sind häufig erst Voraussetzung für eine Digitalisierung. Auch ist zu bedenken, dass im öffentlichen Dienst, anders als oft in der Privatwirtschaft, die Teilhabe auch digital nicht affiner Nutzer gewährleistet sein muss. So müssen Behörden bei der Digitalisierung von Prozessen damit rechnen, zusätzlich zum „neuen“ digitalen auch weiterhin den „alten“ analogen parallel unterstützen zu müssen. Tatsächlich ist ein unmittelbarer Nutzen bei einer Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen hauptsächlich für den Nutzer, den Bürger zu sehen. Daher ist es kein Wunder, dass das im Jahr 2017 in Kraft getretene ”Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen- - Onlinezugangsgesetz (OZG)“ Bund und Länder verpflichtete, ihre Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Dieses Gesetz bot dem öffentlichen Dienst eine Motivation, zumindest bürgerseitig seine Prozesse zu digitalisieren. Wir haben inzwischen Mitte 2023 und das OZG ist in weiten Teilen als gescheitert zu betrachten. Die Gründe sind vielfältig und haben, wie so oft, auch schwerpunktmäßig in einem fehlenden Projektmanagement zu suchen. Wie so oft wurde ein Gesetz als ausreichend betrachtet, eine grundlegende Veränderung in Bund, Ländern und Kommunen zu bewirken. Der Bund hatte nach einiger Zeit einen Weg gefunden, für einige seiner Leuchtturmprojekte ein Programmmanagement zu betreiben. So ist es kein Wunder, dass der Bund einige Erfolge im Bereich OZG zu verzeichnen hatte. Länder und speziell Kommunen wurden in weiten Feldern mit ihren oft begrenzten Kapazitäten allein gelassen- - mit entsprechend fehlendem Erfolg. Inzwischen wird über einen Neustart von OZG, genannt OZG 2.0, diskutiert. OGZ 2.0 soll sich nach aktuellem Stand der Diskussion wohl auf bestimmte Verwaltungsleistungen und -Prozesse konzentrieren und bei diesen den gesamten Wissen | Digitale Nachweise und europäische Interoperabilität 55 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0076 Prozess von Endpunkt zu Endpunkt (also nicht nur den Teil, mit dem der Bürger in Kontakt kommt) digitalisieren. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Ansatz zu mehr Erfolg führen wird. Digitale Nachweise Ein Beispiel für die Digitalisierung im öffentlichen Dienst sind die Digitalen Nachweise. Jeder, der schon einmal mit einem Zeugnis oder einem Zertifikat versucht hat, sich zu bewerben oder auszuweisen, kennt das Problem des analogen Dokumentes und damit die Vorteile, die eine Digitalisierung mit sich bringt: Analoge Nachweise müssen entweder im zertifizierten Original oder als beglaubigte Kopie vorgezeigt werden, evtl. Abweichungen zu vorher gemachten Angaben müssen aufwendig nachgeprüft und plausibilisiert werden. Solche Nachweise digitalisiert, digital signiert und mit Maschinen verarbeitbaren Daten versehen, würden den Prozess z. B. bei der Bewerbung um einen Studienplatz oder Immatrikulation an einer Hochschule bei gleicher oder sogar erhöhter Sicherheit deutlich beschleunigen und vereinfachen. Die technische Umsetzung ist dabei nicht das Problem und existiert schon länger in verschiedenen Ausfertigungen. Grundsätzlich werden digitale, möglichst maschinenlesbare und -verarbeitbare Daten (z. B. im Bildungsbereich in den Datenstandard-Formaten ELMO, ELM oder Open Batch) in digitale „Briefumschläge“ gelegt, die Informationen wie Holder (analog gleich „Absender“) und Issuer (der Aussteller des Digitalen Nachweises) tragen. Die Formate, in denen diese Briefumschläge ausgestaltet sind, können von einfachem signierten PDF bis zur Verifiable Credential sein und auf verschiedensten Infrastrukturen laufen. Damit können Institutionen Digitale Nachweise ausstellen, die Inhaber / Holder dieser Digitalen Nachweise digital (z. B. in einer digitalen Brieftasche, „Wallet“) speichern und bei Bedarf für z. B. Bewerbungen Personen und Organisationen digital zur Verfügung stellen, die diese ebenfalls voll digital prüfen und die darin enthaltenen Daten verarbeiten können (siehe Abbildung 1). Darauf basierend gibt es unterschiedliche Organisationen, Projekte und Initiativen, die sich mit dem Thema Digitale Nachweise beschäftigen. In Deutschland hat sich das „Netzwerk Digitale Nachweise“ (https: / / www.linkedin.com / company / netzwerkdigitale-nachweise/ ) gebildet, das sich zur Aufgabe gemacht hat, mit diesem Thema beschäftigte Personen und Organisationen zusammenzubringen, um Informationen auszutauschen und Doppelarbeit zu verhindern. In diesem Umfeld haben sich in Deutschland z. B. im Bildungsumfeld die Projekte des Landes NRW (DIGIZ NRW, https: / / www.digiz. nrw/ , Digitalisierung von Abiturzeugnissen) und der IHK München und Oberbayern entwickelt. Im europäischen Ausland sind die Projekte zur Digitalisierung von Nachweisen noch vielfältiger. Allein im Bildungsbereich können dort die schon produktiv genutzten Lösungen • EMREX (https: / / emrex.eu/ ) • Erasmus-Without-Paper (EWP, ein Teil der European- Student-Card-Initiative, https: / / erasmusplus.ec.europa. eu / europeanstudent-card-initiative / ewp) • Europass (https: / / europa.eu / europass / de) genannt werden. Weitere in der Zukunft für die europäische Digitalisierung von Nachweisen wichtige Projekte sind: • European-Blockchain-Service-Infrastructure (EBSI, https: / / ec.europa.eu / digital-buildingblocks / wikis / display / EBSI / Home) • Single-Digital-Gateway (SDG, https: / / single-marketeconomy.ec.europa.eu / singlemarket / single-digital-gateway_en) • Das von der Europäischen Union geförderte Projekt DC4EU (https: / / www.dc4eu.eu/ ) Herausforderung: Multiprojektmanagement und Interoperabilität Aus der Perspektive der Zielsetzung, Nachweise zu digitalisieren, scheint die Vielzahl der Projekte zu diesem Zweck positiv zu sein. Das sieht aber schon dann anders aus, wenn man bedenkt, dass die obigen Projekte nur eine Auswahl der für den Autor relevantesten und wichtigsten Projekte in diesem Bereich sind. Noch immer werden Fördertöpfe im nationalen und europäischen Umfeld bereitgestellt, die salopp gesagt dazu auffordern, im Bereich der Digitalen Nachweise, Abbildung 1. Technische Lösung Digitaler Nachweise Wissen | Digitale Nachweise und europäische Interoperabilität 56 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0076 aber auch in anderen Bereichen, das Rad noch einmal zu erfinden. Dabei gibt es selten tragfähige Pläne, diese Lösungen fähig zu machen, mit anderen Systemen zusammen arbeiten zu können („Interoperabilität“). Oft ist es auch so, dass die Aktivitäten des Dissemination-Parts dieser Projekte es nicht schaffen, das Produkt produktiv „auf die Straße“ zu bringen. Damit werden seit Jahren durch diese Projekte, auch aber nicht nur im Bereich der digitalen Nachweise im Bildungswesen, immer mehr Projekte, Systeme und Standards mit folgenden Eigenschaften produziert: Wenige davon werden jemals produktiv eingesetzt. Die meisten nutzen unterschiedliche und nicht kompatible Transport- und Prüfmechanismen. Auch die genutzten Datenformate sind unterschiedlich. Die wenigen Formate, die es zu einem gewissen Status eines de-facto-Standards gebracht haben, sind: • ELMO • European Learning Model (ELM) • Open Badges • SDG / OOTS-Evidences • Nationale Standards (z. B. in Deutschland XBildung) Wie schon erwähnt, das sind aber nicht die einzigen Datenformate, die genutzt werden. Und es werden wohl auch nicht die letzten sein. Dies alles führt zu einer hohen Komplexität. Wer diese Lösungen nutzen möchte, muss sich entweder in der Wahl seiner Systeme und Standards stark beschränken, oder eine Möglichkeit suchen, innerhalb des von ihm genutzten Ökosystems eine interoperable Landschaft zu schaffen. Das ist aber nicht so einfach. Wird in diesem Zusammenhang von der Interoperabilität der Systeme und Standards eines Ökosystems gesprochen, wird häufig nur die rein technische Interoperabilität bedacht. Die allein ist schon schwer zu garantieren, sieht man aber weiter, inwieweit das Zusammenspiel dieser Komponenten auch in semantischer, organisatorischer oder rechtlicher Sicht zueinander passen, wird klar, vor welcher Herausforderung ein Projektmanagement bei Implementation und Betrieb eines solchen heterogenen Umfelds steht (siehe Abbildung 2). Tatsächlich entsteht für die Implementation und auch Betrieb dieser Lösungen eine exponentielle Komplexität durch: • Verschiedene Systeme • Mit jeweils verschiedenen Standards • In verschiedenen Ländern • Mit Interoperabilitätsherausforderungen auf 4 verschiedenen Ebenen (technisch, semantisch, organisatorisch und rechtlich) • Cross-border über Landesgrenzen hinweg Diese Komplexität ist für Menschen kaum mehr fassbar. Sie verstärkt sich dadurch, dass Implementation und gleichzeitige Veränderungen durch verschiedene Releasezyklen asynchron laufen können. Lösungsansätze Es stellt sich die Frage: Wie kann diese Komplexität, diese Herausforderung an ein „Hyper“-Multiprojektmanagement begegnet werden? In der heutigen Zeit, in der uns täglich neue Lösungen der Künstlichen Intelligenz mit unerwarteter Leistungsfähigkeit überraschen, ist eine naheliegende Option, die Antwort in der Unterstützung durch KI zu suchen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass in Zukunft die KI das Projektmanagement revolutionieren wird. Die Lösung unseres Problems wird die KI jedoch nicht bringen können. Es geht hierbei nicht nur um die koordinative Bewältigung der Komplexität, sondern auch um einen Zeitfaktor, neue Lösungen zu schaffen und speziell inkl. Mitarbeiterschulung einzuführen. Der Mensch, der zumindest in der Rolle des Nutzers weiter gebraucht werden wird, wird hier stets der Engpass sein, den eine noch so gute KI nicht wird beheben können. Eine andere, wahrscheinlich bessere Lösung wäre es, die Komplexität dieses Ökosystems drastisch durch Standardisierung zu reduzieren. Ansätze wären: • Standardisierung der Lösungsvielfalt durch Auswahl bewährter Systeme und Vermeidung von Entwicklung unnötiger, neuer Systeme. • Weitere Standardisierung der Datenformate und Schnittstellen, falls mehrere de-facto-Standards schon existieren ggf. durch Nutzung von Brückenkonstrukten und Konvertern. • Optimal wäre es, auch eine Standardisierung im semantischen, organisatorischen und rechtlichen Bereich über Ländergrenzen hinweg anzustreben. • Bei der öffentlichen Förderung darauf achten, dass nicht Projekte gefördert werden, die das Rad erneut erfinden, Abbildung 2. Herausforderung: Implementation auf verschiedenen Ebenen Wissen | Digitale Nachweise und europäische Interoperabilität 57 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0076 sondern bestehende Lösungen und Standards zu einem interoperablen Ökosystem integrieren. Es gibt inzwischen gerade im europäischen Rahmen einige vielversprechende Ergebnisse zu diesem Thema: • Es gibt nun ein Europäisches Gesetz zur Sicherung von Interoperabilität (https: / / ec.europa.eu / commission / presscorner / detail/ %20en / ip_22_6907). • Die Datenformate ELMO (genutzt von den Lösungen zum Austausch von Digitalen Nachweisen EMREX und EWP) und ELM (genutzt von der Lösung Europass) sind 100 % semantisch äquivalent gemacht worden. Konverter zwischen den beiden Datenstandards werden im europäischen Projekt DC4EU entwickelt werden. • Dies und weitere Entwicklungen führen zu einem interoperablen Ökosystem (siehe Abbildung 3). • Europäische Arbeitsgruppen zur Interoperabilität (z. B. Arbeitsgruppen des European Digital Education Hubs, https: / / education.ec.europa.eu / focus-topics / digital-education / action-plan / action-14-european-digital-education-hub). Die Herausforderungen sind groß, es gibt einige Ansätze zur Lösung. Und eines ist klar: Die entstehende Komplexität in der Projektlandschaft lässt sich national und international nur noch mit konsequenter Standardisierung und Interoperabilität bewältigen. Eingangsabbildung: © iStock.com / Sergey Nivens Abbildung 3. Interoperables Ökosystem nach Gottlieb / Bacharach Guido Bacharach Guido Bacharach, ehemaliger Leiter der Stabsstelle Strategie und Digitalisierung in der Stiftung für Hochschulzulassung, hat langjährige Erfahrungen in internationalen Projektlandschaften, ist in der GPM Leiter der GPM Fachgruppe Critical Chain Projektmanagement, Inhaber von Lehraufträgen im Projektmanagement, Leiter der VOICE Gruppe Alternativen, Berater im EMREX Executive Committee, Co-Gründer des Netzwerks Digitale Nachweise und ist in mehreren nationalen und internationalen Projekten zur Digitalisierung der Verwaltung tätig. https: / / orcid.org / 0000-0002-7945 - 9118 58 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0077 Zirkuläre Geschäftsmodelle kennenlernen und im eigenen Unternehmen spielerisch entdecken. Make it Circular Uwe Horstmann Nachhaltigkeit wird immer mehr zu einem Strategiethema bei allen Unternehmen. Die Zeit, einen Nachhaltigkeitsbeauftragten zu benennen und damit das Thema in eine Stabsstelle zu delegieren, scheint endgültig vorbei. Die Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit ändern sich nicht zuletzt durch das Lieferketten-Sorgfaltspflichtgesetz (LkSG) dramatisch. [1] Sind aktuell etwa 500 Unternehmen in Deutschland berichtspflichtig, werden es in Kürze bereits mehr als 15.000 Unternehmen sein. Es ist unschwer vorher zu sagen, dass dann auch noch kleinere Firmen in ihrer Rolle als Zulieferer aussagefähig zur Nachhaltigkeit sein müssen. Es ist also prinzipiell jedem Unternehmen zu empfehlen, sich mit den Themen der Nachhaltigkeit zu beschäftigen und das eigene Geschäftsmodell in dieser Beziehung auf den Prüfstand zu stellen. Von der CEID (Circular Economy Initiative) wurden 22 Geschäftsmodellmuster mit 43 Geschäftsmodellvarianten entwickelt, die Nachhaltigkeit beinhalten. [2] Damit Unternehmen, die keine eigene Strategieabteilung besitzen, sich über die eigene Position und über Möglichkeiten der Anpassung ihrer Strategie mehr Klarheit verschaffen können, wurde in einem Projekt, dass von Dr. Susanne Kadner von acatech (Deutsche Akademie der Technikwissenschaften) und Rebecca Tauer vom WWF geleitet wurde, im Rahmen der Circular Economy Initiative Deutschland (CEID) von November 2021 bis Januar 2023 ein Planspiel entwickelt. Dieses Projekt wurde durch die Bundesstiftung Umwelt DBU gefördert. Uwe Horstmann, Birgit Körschner und Lucia Körschner hatten während des PM Forums 2023 in Köln die Gelegenheit das Planspiel vor zu stellen. Es trägt den Titel „Make it Circular“. [3] Das Planspiel zielt darauf, möglichst viele deutsche Unternehmen dazu zu bewegen, sich mit der Circular Economy auseinander zu setzen und eigene zirkuläre Geschäftsmodelle zu entwickeln. Mit der Hilfe des Strategiespiels sollen Unternehmen sich selbständig über zirkuläre Geschäftsmodelle informieren, ihr bisheriges Geschäftsmodell auf den Prüfstand stellen und möglichst zirkuläre Lösungen für ihr Unternehmen entwickeln. Das Strategiespiel steht allen Unternehmen im freien Download zur Verfügung und wird mit einer Gruppengröße von fünf-- acht Personen gespielt. Die Spielmaterialien sind: • Ein Folienset zur Einführung in das Thema Kreislaufwirtschaft • 106 Spielkarten in fünf Kategorien • Eine Spielanleitung • Ein Spielfeld • Begleitende Unterlagen • Ein Moderationsleitfaden Das Konzept des Workshops besteht aus fünf Modulen. Die Vorbereitung sollte man mit etwa zwei Tagen veranschlagen und die Durchführung aller fünf Module mit 1,5 bis zwei Tagen. Beim PM-Forum konnten die Module 1 und 2, die ein Kennenlernen des Planspiels und des Themas beinhalten, durchgespielt werden. Hierbei wird als Beispiel ein Hersteller von Fernsehgeräten angenommen. Es gibt fünf Spielkarten-Kategorien: Von den insgesamt neun Runden werden im Modul 2 die ersten sieben Runden durchgespielt. Im Zuge des Planspiels und bei der Einführung wurde intensiv über die Abfallhierarchie und das damit verbunden 9 R Framework nach Kirchner diskutiert: [4] R0 Refuse: Der Produktnutzen kann auch anderweitig erfüllt werden. R1 Rethink: Die Nutzungsintensität eines Produktes wird erhöht. R2 Reduce: Weniger Materialeinsatz für gleiche Nutzenerzeugung R3 Reuse: Unverändert am Dritte verkaufen R4 Repair: Wieder nutzbar machen R5 Refurbish: Reparieren und in den aktuellen Technikstand versetzen R6 Remanufacture: Noch intakte Teile in neue Produkte integrieren Wissen | Make it Circular 59 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0077 R7 Repurpose: Produktkomponenten in völlig anderes Produkt einbauen. Neuer Nutzen R8 Recycle: „Downcycling“ hoher Rezyklatanteil-= Messwert R9 Recover: Müllverbrennung (nicht mehr zirkuläre Wertschöpfung) Eine weitere wichtige Erkenntnis war die Bedeutung des Servicegrades für die Nachhaltigkeit. Das Beispiel des Fernsehgeräteherstellers diente zur Veranschaulichung: Das einstimmige Feedback der Teilnehmenden war sehr positiv. Die Grundlagen der Kreislaufwirtschaft konnten erkannt werden, die Methodik des Planspiels war sauber und nachvollziehbar. Ein absolut wichtiger Ansatz des Planspiels ist die Empfehlung zu einer partizipativen Durchführung. Teilnehmende aus allen betroffenen Bereichen und Hierarchieebenen sollten eingebunden werden. Spätestens an dieser Stelle wird klar, dass Nachhaltigkeit und damit die Beurteilung zirkulärer Geschäftsmodelle zum grundlegenden Strategiethema werden muss. Literatur [1] https: / / www.bmas.de/ DE/ Service/ Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/ Gesetz-Unternehmerische-Sorgfaltspflichten- Lieferketten/ gesetz-unternehmerische-sorgfaltspflichten-lieferketten.html (Stand: 8. 08. 2023) [2] https: / / www.acatech.de / publikation / zirkulaere-geschaeftsmodelle-barrieren-ueberwinden-potenziale-freisetzen/ (Stand: 8. 08. 2023) [3] https: / / www.circular-economy-initiative.de / make-it-circular-zirkulaere-geschaeftsmodelle-im-unternehmen-spielerisch-kennenlernen (Stand: 8. 08. 2023) [ 4 ]   h t t p s : / / w w w. u m w e l t b u n d e s a m t . d e / s i t e s / d e fault / files / medien / 1410 / publikationen / 2020_10_23_ leitlinie_kreislaufwirtschaft_englisch_bf.pdf (Stand: 8. 08. 2023) 60 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0078 Rückblick auf den Frühlingsempfang in Berlin Die Hauptstadtrepräsentanz der GPM wird zur Austauschplattform Maximilian Hahn Noch schien das Wetter im Frühling 2023 wechselhaft-- zwischen Sonne und Regen empfing die Hauptstadtrepräsentanz der GPM Ende April in ihren Räumlichkeiten in Berlin-Mitte zahlreiche Gäste aus dem Ehrenamt der GPM, der Wissenschaft, der Politik und der öffentlichen Verwaltung zu ihrem Frühlingsempfang. Auch wenn das Wetter sich nicht von seiner besten Seite zeigte, so konnte der Empfang als ein Netzwerktreffen für frische Ideen in den Köpfen und einen fruchtbaren Austausch der Teilnehmenden sorgen. Prof. Dr. Peter Thuy, Präsident der GPM, eröffnete den Abend mit einem Grußwort, in welchem er die Bedeutung von effektivem Projektmanagement angesichts der zahlreichen Krisen und schnellen Veränderungen unserer Zeit betonte. Zur Gestaltung positiven Wandels sei Projektmanagement ein unverzichtbares Werkzeug, welches ebenso den Umgang mit neuartigen Herausforderungen ermöglicht, so Prof. Dr. Thuy. Im Anschluss begrüßte auch der Regionalgruppenleiter Berlin-Brandenburg der GPM, Eiko Feuerhak, die anwesenden Gäste und skizzierte die Arbeit der Regionalgruppe und stellte das Leitungsteam vor. Begleitet wurde der Abend von einem inhaltlichen Impuls- - Tine Fuchs, Abteilungsleiterin für Stadtentwicklung, Bauen & Wohnen beim Zentralen Immobilien Ausschuss e. V. sprach über das Thema „Klimagerechter und bezahlbarer Wohnungsbau“. Der ZIA e. V. ist der Spitzenverband der deutschen Immobilienwirtschaft und dient als deren ordnungs- und wirtschaftspolitische Interessenvertretung. In ihrer Keynote fokussierte Frau Fuchs die aktuell angespannten Rahmenbedingungen für die Bauprojektentwicklung in Deutschland, welche primär direkte Folgen der gesamtwirtschaftlichen Lage sind. Es zeige sich, dass die Bauinvestitionen rückläufig sind und zudem Materialknappheit und Fachkräftemangel die Situation in der Branche verschärfe. Gleichzeitig herrsche aber das höchste Wohnungsdefizit seit 20 Jahren, so Fuchs. Im Laufe ihrer Keynote identifizierte sie fünf relevante Handlungsfelder, um den aktuellen Problemen zu begegnen und so eine Bau-, Investitions- und Innovationsoffensive zu ermöglichen. Diese sind ein klimagerechter und ressourcenschonender Wohnungsbau, eine Begrenzung der Baukosten, eine nachhaltige Bodenpolitik und Baulandmobilisierung, eine Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsphasen sowie eine vertiefte öffentliche Förderung. Der ZIA engagiert sich zudem im Bündnis „Bezahlbarer Wohnraum“, in welchem Akteure aller föderalen Ebenen neben Spitzenverbänden an gemeinsamen Lösungen für die aktuellen Herausforderungen im Bereich des Bauens & Wohnens arbeiten. Das Bündnis hat bereits ein Maßnahmenpaket ausgearbeitet, welches aus 187 Einzelmaßnahmen besteht und die akuten Probleme adressiert. Die Keynote verdeutlichte das Potenzial, welches ein zielgerichtetes und effektives Projektmanagement auch in dieser Branche besitzt und weiter entfalten muss, um so die konkrete Lebenssituation von Menschen zu verbessern und Deutschland zu einem Land der gelingenden Projekte zu machen. Insgesamt gestaltete sich der Abend als ein spannender und fruchtbarer Austausch zwischen allen Anwesenden aus den verschiedensten Fachrichtungen und Bereichen. Der Frühlingsempfang galt als ein Auftakt für viele weitere Veranstaltungen in der Hauptstadtrepräsentanz der GPM, welche themenbezogen in regelmäßigen Abständen stattfinden sollen. Mit der Etablierung der Hauptstadtrepräsentanz als eine zentrale Veranstaltungsplattform soll der Austausch- und Netzwerkgedanke der GPM vertieft und ausgebaut werden. Der Frühlingsempfang war somit ein voller Netzwerkerfolg! 61 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0079 Jens Köhler Priesberg betritt verwirrt das Büro von Ehrlich, der die ganze Zeit mit einer App auf seinem Smartphone kämpft. „Ich bin seit kurzem Teil eines Projekts und habe den Eindruck, die Teammitglieder unterhalten sich munter über die Inhalte“, legt Priesberg los. Ehrlich wundert sich über die banale Aussage seines Kollegen und fragt ihn: „Ja, was sollen sie denn sonst machen? Über das schlechte Herbstwetter reden? “ Er schaut aus dem Fenster und wirkt missmutig, da es seit Tagen regnet. Priesberg reagiert pikiert: „Das meine ich nicht. Ich habe den Eindruck, dass ihnen nicht mehr klar ist, wofür sie das alles machen. Man ist einfach dabei und redet mit.“ Ehrlich ahnt den Punkt: „So nach dem Motto: ‚Dabei sein ist alles.‘“ „Schön, dass du mich endlich wahrnimmst“, antwortet Priesberg. „Ich komme mir in dem Projekt nämlich seltsam vor: Keiner scheint sich an mir zu stören. Es geht um viele Schnittstellen zwischen Datenbanken zur Eliminierung von analogen Abläufen.“ Ehrlich fragt: „Was ist denn deine Rolle? Wer hat dich denn in das Projekt geschickt? “ Priesberg antwortet: „Ich soll bald die Leitung übernehmen. Weil es fachlich passt. So hat es der Lenkungskreis entschieden.“ „Was würdest du denn am liebsten tun? “, fragt Ehrlich. „Am liebsten würde ich erstmal eine Bestandsaufnahme machen und schauen, wer die Auftraggeber sind, was der Zeithorizont ist und was es kosten wird“, antwortet Priesberg spontan. „Warum machst du das dann nicht? “, fragt Ehrlich. „Na ja, das ist einfach. Wenn ich jetzt alles hinterfrage, dann denken die Kollegen doch, ich hätte keine Ahnung. Das tut meiner Autorität als zukünftiger Projektleiter nicht gut“, denkt Priesberg laut nach. „Du bist unverbraucht und kennst die ganzen Details nicht. Das ist doch das beste Argument, dein Projekt einer Revision zu unterziehen. Schon auf der nächsten Sitzung würde ich genau das machen“, insistiert Ehrlich. Priesberg überlegt: „Vielleicht hat jeder Angst, als inkompetent angesehen zu werden und keiner fragt daher, weshalb man das Projekt macht.“ Ehrlich fasst zusammen: „Gewöhnung an die Inhalte und Verlust des Bezuges. Das kommt leider sehr häufig vor. Ich behaupte, dass in einer Organisation einer bestimmten Größe diese Geisterprojekte als emergente Phänomene auftauchen.“ Priesberg rätselt: „Meinst du damit, dass in großen Organisationen projektähnliche Gebilde aus dem Nichts, ohne Auftraggeber entstehen können? “ Ehrlich grinst: „Ja, genau das meine ich. Eine Fragestellung steht im Raum, Leute interessieren sich dafür, aber jeder, der die Leitung freiwillig übernimmt, wird früher oder später ein Problem haben.“ „Weil er auch die Verantwortung für Dinge übernimmt, die er nicht beeinflussen kann wie die Ressourcen aus einer anderen Abteilung, die plötzlich auch ‚mitmachen‘ will? “, fragt Priesberg, der jetzt voll dabei ist. „Ja, ganz genau. Plötzlich ist da etwas, was als Projekt angesehen wird und liefert Dinge ab, die am Ende mit hoher Wahrscheinlichkeit so keiner haben will. So etwas kann bei deinem Projekt auch passieren“, ergänzt Ehrlich. „Also ist es geradezu zwingend, dass ich mein Projekt einer Revision unterziehe. Und nach den Regeln spiele, die dann erarbeitet werden“, betont Priesberg. „Um es konkret zu machen: Auftraggeber und Auftrag kennen, Stakeholder benennen, Budget und Zeit festlegen“, will Ehrlich abschließen. Priesberg wirkt etwas enttäuscht: „Das ist aber sehr ‚Old School‘. Wenn wir sonst über das Thema sprechen, dann betrachten wir das doch aus dem systemischen Blickwinkel.“ „Aber das haben wir doch“, widerspricht Ehrlich und fährt fort: „Der Ordnungsparameter, der das Verhalten ‚dabei sein ist alles‘ ermöglicht, den können wir ruhig ‚Wartezeit‘ nennen.“ Priesberg überlegt: „Warum ist das so? “ Ehrlich antwortet: „Ganz einfach: Weil es in Organisationen möglich ist. Niemand ist zu einhundert Prozent ausgelastet. Organisationen erzeugen Wartezeiten, da man auf Entscheidungen, oder auch benötigtes Material oder was weiß ich warten muss. Jeder hat noch etwas Zeit, sich in Geisterprojekten zu verlieren. Und diese bilden einen Schutzraum, niemand fragt nach, man trifft sich gerne.“ Priesberg fasst zusammen: „Also muss jeder ein Gespür für solche Projekte entwickeln und darf sich nicht scheuen, nach dem Sinn und Zweck zu fragen.“ „Ganz genau. Ein Weckruf wird nicht schaden. Und darüber hinaus kann nur so der Erfolg, nämlich zufriedene Auftraggeber, erreicht werden. Und das macht viel mehr Spaß, als sich an Details festzuklammern“, schließt Ehrlich. Eingangsabbildung: © iStock.com / Comeback Images Kolumne Dabei sein ist alles Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch-- Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben. Jens Köhler Dr. Jens Köhler, BASF SE, fokussiert sich auf die Digitalisierung in Forschung und Entwicklung. Sein Spezialgebiet ist die Regulation sozialer Komplexität zur Effizienz- und Effektivitätssteigerung von Projektteams. Anschrift: BASF SE, RGQ / IM, 67 056 Ludwigshafen, eMail: Jens.Koehler@basf.com 62 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0080 Aus den DACH-Verbänden | GPM intern Die GPM Fach- und Regionalgruppen Neue Firmenmitglieder stellen sich vor-… Firma Hauptgeschäftsgebiet PM-Aufgaben und -Bedeutung Erwartungen an die GPM Stadtwerke München GmbH (SWM) www.swm.de Manuel Broll, broll.manuel@swm.de Die Stadtwerke München (SWM) versorgen als kommunaler Energieexperte die Landeshauptstadt München sicher und klimaschonend mit Energie (Strom, Erdgas, Fernwärme, Fernkälte) und mit quellfrischem Trinkwasser. Ihre Verkehrstochter MVG verantwortet zudem die umwelt- und stadtverträgliche Mobilität mit U-Bahn, Bus und Tram sowie mit neuen innovativen Mobilitätslösungen. Erfolgreiche Projektarbeit trägt wesentlich zum Erreichen der Konzernstrategie und somit zum Unternehmenserfolg bei. Nur mit einem starken Projektmanagement können wir alle anstehenden Herausforderungen und zukunftsweisenden Vorhaben, insbesondere der Energie-, Wärme- und Mobilitätswende, meistern. Durch das Netzwerken erhoffen wir uns einen regen Erfahrungsaustausch und eine Erhöhung unseres Bekanntheitsgrades für die Gewinnung von qualifizierten Fachkräften. WISAG Gebäudetechnik Holding GmbH & Co. KG https: / / www.wisag.de/ Nadja Lehmann, Projektleiterin Service Design, nadja.lehmann@wisag.de Die WISAG Gebäudetechnik ist Ihr Spezialist für ganzheitliches technisches Gebäudemanagement. Als herstellerunabhängiger Komplett-Dienstleister stellen wir seit über drei Jahrzehnten sicher, dass alle technischen Einrichtungen in den Gebäuden unserer Kunden zuverlässig arbeiten. Unsere kundenzentrierten Projekte tragen im Wesentlichen zur kontinuierlichen Verbesserung unserer Serviceleistungen sowie unserer Prozesse bei. Gemäß unserer strategischen Ausrichtung werden zudem künftig Digitalisierungsprojekte stärker in den Fokus gerückt. Über die GPM möchten wir unser Netzwerk ausbauen, unser Know-how hinsichtlich neuer Möglichkeiten und Methoden im Projektmanagement erweitern und Erfahrungswerte teilen. Natuvion GmbH www.natuvion.com Nadine Stimmer, nadine. stimmer@natuvion.com Natuvion ist ein digitales Umzugsunternehmen. Es transportiert keine Tische, Aktenschränke oder Stühle. Natuvion bewegt geschäftskritische Daten und Prozesse von einer technologischen Plattform in eine andere- - reibungslos und kostensparend. Das ermöglicht Natuvion-Kunden, Daten und Prozesse immer auf den modernsten und innovativsten Plattformen zu nutzen. Erfolgsentscheidend für diese typischerweise sehr komplexen Migrationsprojekte: Ein professionelles Projektmanagement. Mit klassischen wie auch agilen PM-Methoden strukturiert, koordiniert und steuert das Natuvion Projektmanagement-Team sämtliche Natuvion-Projekte und stellt damit nachhaltigen Projekterfolg sicher. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Standardisierung des Vorgehens und der Tools. Als Teil der GPM freuen wir uns auf viele Informationen rund um das PM und auf das Netzwerk mit anderen PM-Expertinnen und -Experten sowie die Nutzung der Schulungs- Discounts. Die derzeit 39 Regionalsowie 38 Fachgruppen der GPM bieten eine Plattform zum branchenübergreifenden Networking und Erfahrungsaustausch. Sie leisten damit wichtige fachliche Basisarbeit innerhalb des Vereins. Die Regional- und Fachgruppen bieten darüber hinaus ein breites Angebot von in der Regel kostenlosen Veranstaltungen zum Projektmanagement. Weitere Informationen und Ansprechpartner der einzelnen GPM Fach- und Regionalgruppen finden Sie auf der GPM Website unter: www.gpm-ipma.de / know_how / fachgruppen.html bzw. www.gpm-ipma.de / ueber_uns / regionen.html GPM intern Jetzt online lesen in unserer neuen eLibrary www.pmaktuell.de Der Online-Zugriff ist in den Leistungen für GPM Mitglieder inbegriffen. Noch kein GPM Mitglied? Schreiben Sie uns unter mitglieder@gpm-ipma.de. Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L Anzeige Hallesche Wasser und Stadtwirtschaft GmbH www.hws-halle.de Maria Wagner, maria.wagner@hws-halle.de Die HWS sorgt tagtäglich für die zuverlässige Versorgung mit Trinkwasser sowie eine fach- und umweltgerechte Entsorgung von Abwässern. Weiter hat die HWS mit Hilfe von modernster Technik und optimaler Logistik zur Aufgabe, der Kundschaft adäquate und somit kostengünstige sowie umweltverträgliche Lösungen zur Entsorgung von Abfällen sowie zur Reinigung von Straßen, Gehwegen und Plätzen zu bieten. Das Projektmanagement befasst sich mit der Identifikation und der Bewertung von Ideen. Es unterstützt den kontinuierlichen Verbesserungsprozess, indem es mit den Fachbereichen Maßnahmen erstellt und diese systematisch umsetzt. Am Ende steht die Erfolgskontrolle dieser Umsetzung. Mit dem Effizienz- und Effektivitätsprogramm „HWS Impuls“ werden Projekte identifiziert und umgesetzt, um die strategischen Ziele zu erreichen. Informationen über aktuelle Entwicklungen im Projektmanagement erhalten und das Netzwerk erweitern. 64 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0081 Ein Hoch auf 50 Jahre pma! Zahlreiche Mitglieder und Wegbegleiter*innen feierten feierten bei einem stimmungsvollen Fest in Wien 50 Jahre pma. ©pma / L. Schedl Aus den DACH-Verbänden | pma intern 1973 als ‚Verein zur Förderung von Netzplantechnik‘ gegründet, hat sich Projekt Management Austria- - pma-- zur führenden Projektmanagement-Vereinigung in Österreich entwickelt. Bereits in den frühen 60er-Jahren trafen sich an der Technischen Universität in Wien engagierte Menschen, um das Thema Projektmanagement voranzutreiben. Sie organisierten 1967 den ersten IPMA® Weltkongress in Wien und gründeten am 18. Mai 1973 den ‘Verein zur Förderung von Netzplantechnik‘, aus dem später Projekt Management Austria (pma) entstand. Heute gilt pma mit rund 1.300 Mitgliedern als größte Projektmanagement-Vereinigung Österreich. 20 Jahre pma focus, 15 Jahre pma young crew pma wollte nicht nur das Interesse der Praktiker*innen wecken, sondern vor allem Innovation fördern und eine Vorreiterrolle wahrnehmen. Das ist bis heute so geblieben: Jedes Jahr im Oktober findet in Wien der pma focus, Österreichs größter Projektmanagement-Kongress statt. Aktuelle Themen, Vortragende aus Forschung und Praxis, Workshops und Österreichs größte Projektmanagement-Messe machen den Fachkongress zur nationalen Leitveranstaltung für Projektmanager*innen. So wie der pma focus gehört auch die Förderung des Nachwuchses zu einer wichtigen Aufgabe von Projekt Management Austria. Seit 15 Jahren unterstützt die pma young crew junge Projektmanager*innen bei ihrem Karrierestart, organisiert Workshops und bietet Einblicke in den Berufsalltag. Join the network! Im Rahmen der pma awards holt Projekt Management Austria jedes Jahr erfolgreiche Projektmanager*innen und Projektteams vor den Vorhang und verleiht die Auszeichnung für exzellentes Projektmanagement. In festlicher Atmosphäre werden die pma Awards an Einzelpersonen und Projektteams vergeben. pma Mitglied vor den Vorhang Fleck Elektroinstallationen GmbH 1100 Wien, Wienerbergstraße 25b www.fleck.at Hauptgeschäftsgebiet Fleck realisiert außergewöhnliche Projekte im Bereich Energie-, Nachrichten- und Automatisierungstechnik. Das Unternehmen ist seit 1974 Jahren erfolgreich tätig, seit 1996 ISO-9001 zertifiziert und hat ausgezeichnete Referenzen in 49 Ländern. PM-Aufgaben und Bedeutung Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg. Auf diesem Weg ist Projektmanagement bei Fleck wichtiges Transportmittel in die Zukunft und Werkzeug für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Optimale Kommunikation und Interessenvernetzung von der Vorprojektphase bis zu Lessons Learned sind dabei zentrale Erfolgselemente. 65 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0082 Nachruf für Hans Knöpfel Peter Thuy, Präsident der GPM In tiefer Trauer nehmen wir Abschied von Dr. Hans Knöpfel, einem herausragenden Mitglied unserer Gemeinschaft und einer führenden Persönlichkeit in der Projektmanagement- Welt. Er verstarb am 18. Juli nach einem erfüllten Leben im Alter von 81 Jahren. Hans Knöpfel war nicht nur ein langjähriges und geschätztes Mitglied der GPM, sondern diente auch als Redaktionsbeirat unserer Mitgliederzeitschrift PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL. Mit großer Leidenschaft und Hingabe leistete er einen wertvollen Beitrag, die Qualität und Reichweite dieser Publikation zu steigern, und trug wesentlich dazu bei, das Bewusstsein für das Projektmanagement in Deutschland und darüber hinaus zu fördern. Als Experte in seinem Fachbereich vertrat Dr. Knöpfel in der IPMA mit großem Sachverstand das Produkt IPMA-Delta, für das er verantwortlich zeichnete. Mit seiner präzisen Arbeit und seinem tiefen Verständnis half er dabei, IPMA-Delta als Branchenstandard zu entwickeln und bekannt zu machen. Seine Kollegen schätzten ihn nicht nur für seine Professionalität, sondern auch für seine menschlichen Qualitäten. Hans war ein stets korrekter, freundlicher und liebenswürdiger Zeitgenosse. Sein Humor und seine Bereitschaft, anderen zu helfen, brachten ihm auch in der GPM große Achtung ein. Seine Präsenz bei Konferenzen und Veranstaltungen war stets ein Zeichen von Inspiration und Ermutigung für viele. Unsere Gedanken und unser Mitgefühl gelten seiner Familie und seinen Freunden in dieser schwierigen Zeit. Dr. Hans Knöpfel hinterlässt eine große Lücke, sein Vermächtnis wird jedoch in seiner Arbeit und im Gedenken all jener weiterleben, die das Privileg hatten, ihn zu kennen. Erinnerungen von Weggefährten an Dr. Hans Knöpfel Heinz Schelle Mitte Mai dieses Jahres hatte ich Hans zum letzten Mal gesehen. Er war von der Schweiz den langen Weg nach Garmisch- Partenkirchen mit dem Auto gefahren, um an einer Sitzung des Redaktionsbeirats unserer Zeitschrift teilzunehmen. Er erwähnte kurz gesundheitliche Beschwerden, aber es klang nicht dramatisch. Umso betroffener waren meine Frau und ich als wir jetzt von seinem Tod hörten. Ich kannte ihn seit 1979, als er in meine Heimat Garmisch- Partenkirchen kam, um am 6. Internet- (später IPMA-)Weltkongress mitzuwirken. Seitdem war Hans für mich die personifizierte Schweizer Zuverlässigkeit, immer da, wenn man ihn brauchte und brennend für unsere gemeinsame Sache. Er war ein überaus kooperativer Vertreter der Schweiz in der IPMA-Familie. Bald waren wir mit ihm und seiner Frau Ruth befreundet und freuten uns auf jedes Forum, das das Ehepaar besuchte und auf dem wir uns trafen. Hans war nicht nur eine Koryphäe auf seinem Gebiet, sondern auch ein liebenswerter und humorvoller Kollege. Wir trauern mit seiner Frau und seiner Familie. Prof. Dr. Heinz Schelle und Ehefrau Traudl, Ehrenvorsitzender GPM Hasso Reschke Dr. Hans Knöpfel-- ohne ihn wäre die IPMA nicht das, was sie heute ist. Hans Knöpfel war einer von der frühen Stunde. Als Projektmanagement noch eine „Geheimwissenschaft“ war und nur wenige es kannten, einordnen und nutzen konnten, war Hans schon mit Herz und Hand aktiv. 1979 auf dem 6. Internet- Kongress in Garmisch-Partenkirchen schon mit einem Vortrag vertreten, in Vorbereitungs- und Gestaltungsgremien aktiv und immer bemüht, mit schweizerischer Ruhe die Linie in den Wogen der Praxis zu halten. Sein Engagement galt der nationalen Gesellschaft spm in der Schweiz gleichermaßen wie der internationalen Gemeinschaft IPMA. Wo immer eine Aktivität der IPMA stattfand: Hans war da und strahlte Kompetenz und Ruhe aus. Viele Funktionen in spm und IPMA hat er bekleidet und mit „schweizerischer“ Verlässlichkeit ausgeführt. Er war „immer im Dienst“, ob 1985 in Kairo vor den Pyramiden von Gizeh oder 2015 in Panama City bei der 50 Jahrfeier der IPMA. Wie er immer „da“ war und es jetzt nicht mehr sein kann, hinterlässt er die größtmögliche Lücke, überall. Wir sind ihm für alles, was er für das Projektmanagement und die IPMA getan hat, außerordentlich dankbar, und dies stets auf eine menschlich angenehme und korrekte Art. So werden wir ihn in Erinnerung halten, als engagierten, hartnäckigen, verlässlichen, fairen Premium Player im internationalen Projektmanagement und als guten, ehrlichen und zuverlässigen Freund über viele Jahre. Hasso Reschke, Weggefährte seit mehr als 40 Jahren Gisela und Klaus Pannenbäcker Hans Knöpfel war im Denken und Handeln ein gradliniger Schweizer. Ich traf ihn das erste Mal zusammen mit unserem GPM-Gründer Roland Gutsch. Es war eine Runde der INTER- NET, wo sich die Schweiz, Deutschland und Österreich trafen, um gemeinsame Ziele für ein einheitliches Management von Projekten zu finden und als eine neue Lehre für die Wirtschaft zu entwickeln. Die Teilnehmer in der Runde vertraten jeweils unterschiedliche Branchen und erkannten bald, dass Planung und die Einhaltung von Terminen ein kunterbuntes Bild abgaben. Daraus ergab sich der Wunsch die jeweils auftretenden Schwierigkeiten einheitlicher zu gestalten. Zudem lernten die Teilnehmer schnell: „Ich weiß, dass ich auch nichts Perfektes anbieten kann. Lass mich zuhören und von den anderen lernen.“ Das war der Moment für Hans Knöpfel. Ohne große Gesten, nicht laut oder schnell redend, sondern gut und verständlich vorgetragen konnte er die IN- TERNET-Runde oft von seinen Gedanken überzeugen. Aus den DACH-Verbänden | Nachruf für Hans Knöpfel 66 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0082 In der gemütlichen Runde zeigte er mit freundlichem Gesicht seine Wertschätzung aller Teilnehmer. Er lachte gern und sprach dabei oft Schweizerdeutsch. Hans Knöpfel erkannte bald, dass die Anerkennung des Projektmanagements nur durch international gültige Zertifizierungen sowie durch überzeugendes Lehren und faire Prüfungen zu erreichen ist. So reiste er in fast jedes Land auf dieser Erde und war als der PM-Prophet der IPMA bekannt. Mein letztes Treffen hatte ich mit ihm 2015 in Panama auf dem 50-Jahre-Jubiläum der IPMA. Zum Jahreswechsel tauschten wir seit 2002 Weihnachtsgrüße mit einem jährlichen Rückblick auf die IPMA und auf unsere Familien aus. Mit diesen Grüßen erinnern sich die Familien sowie die Mitglieder der spm und der IPMA an Dr. Hans Knöpfel. Aus den DACH-Verbänden | spm intern Wir trauern um Dr. Hans Knöpfel Wir trauern um unser spm-Gründungs- und Ehrenmitglied, unser langjähriges spm-Vorstandsmitglied und ehemaligen spm-Präsidenten Dr. Hans Knöpfel, der am 18. Juli im Alter von 81 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit friedlich zu Hause verstorben ist. Im Gedenken Mit Hans haben wir einen lieben Freund verloren, der sich seit Jahrzehnten mit grosser Erfahrung und aussergewöhnlicher Motivation für das Projektmanagement eingesetzt hat. Wir werden Hans als einen mutigen Menschen in Erinnerung behalten, voller Engagement in dem, was er tat und teilte, sensibel für die Vielfalt der Kulturen und Menschen und als einen Humanisten, der das Leben liebte. Wir haben viel von ihm gelernt und werden ihn schmerzlich vermissen. Wir werden Hans stets ein ehrendes Andenken bewahren. (Ingrid Giel, spm-Präsidentin) Mit Hans hat uns ein liebevoller und herzlicher Mensch, ein ausgewiesener Fachmann und Experte, ein kritischer und engagierter Gestalter aber auch ein fördernder und fordernder Mentor, Coach und Begleiter verlassen. Sein Wirken und Schaffen hat prägende Spuren hinterlassen. Mit grossem Respekt und höchster Achtung danke ich dir, lieber Hans, für die gemeinsame Zeit, für alles, was ich von dir lernen durfte und für deine freundschaftliche Kollegialität. In Trauer und ewigem Andenken wünsche ich dir Ruhe und Frieden. Daniel Baumann (ehemaliger spm-Präsident) Es wird im spm eine einzigartige Persönlichkeit fehlen. Auch ich werde Hans sehr vermissen. Michèle Sacchet (Office spm) Lieber Hans Mit einem schweren Herzen verabschiede ich mich von dir. Deine Begeisterung und Fröhlichkeit waren ansteckend, und es war eine Freude an deiner Seite im spm Vorstand mitzuarbeiten. Weisst du noch, als wir die Welt zum Expertenseminar nach Zürich gebracht haben? Deine Hingabe und Engagement werden mir fehlen. Du hast eine positive Aus den DACH-Verbänden | Wir trauern um Dr. Hans Knöpfel 67 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0083 Spur in meinem Leben hinterlassen, und ich bin dankbar für die Zeit, die wir gemeinsam verbringen durften. Ruhe in Frieden, lieber Hans. In stiller Dankbarkeit. Beat Dietziker (langjährige Projektleiter spm Frühjahrstagung) Ruhe in Frieden, lieber Hans Hans Knöpfel war ein äusserst liebenswürdiger Mensch. Er hat seine Mitmenschen stets mit grösstem Anstand und Respekt behandelt. Er hat seine Contenance selbst dann nicht verloren, wenn er verbal heftig oder gar unfair attackiert wurde. In der Geschäftsstelle des VZPM in Glattbrugg war er stets ein gern gesehener Gast. Sein Engagement für die Sache des Projektmanagements auf mehreren Ebenen und über viele Jahre hinweg sucht seinesgleichen. Ich erinnere mich gerne an einige Telefonate mit ihm zurück, in welchen wir mitten in der Nacht gemeinsam nach Lösungen für anstehende Probleme gesucht hatten. Kein Aufwand war ihm zu gross. Bewundert habe ich insbesondere seine Präzision im sprachlichen Ausdruck sowie seine Fähigkeit, einen Text in Normqualität und konsistenzfrei zu verfassen. Seine Ziele verfolgte er mit Ausdauer und Beharrlichkeit. Sein Lächeln und seinen zufriedenen Gesichtsausdruck werde ich nie vergessen. So werde ich ihn in Erinnerung behalten. Jean-Pierre Widmann (Geschäftsführer VZPM) Mit schwerem Herzen nehmen wir Abschied von dir. Wir werden deine Herzlichkeit und deine stets zuvorkommende Art für immer in Erinnerung behalten. Wir werden dich im Team vermissen. Denn deine unermüdliche Hilfsbereitschaft und deine fortwährende Liebe für das Detail haben uns in all den Jahren tief beeindruckt. In stiller Trauer und tiefem Respekt. Dalibor Cron und das VZPM Scheme Committee Deine Herzlichkeit und menschliche Wärme haben mich ebenso beeindruckt wie dein unermüdlicher und wertvoller Einsatz für die Sache, lieber Hans. Der Abschied von dir tut weh. Heinz Scheuring (CEO Scheuring AG) Hans hat mich zertifiziert und somit den Grundstein für viele tolle Erfahrungen und Freundschaften im spm und VZPM gelegt. Ich werde ihn immer in Erinnerung behalten. Jan Weisert (Senior Project Manager) Ich werde Hans immer als engagierten und fröhlichen Vorstandskollegen in Erinnerung behalten. Sein Lächeln in jeder Situation wird mich weiterhin begleiten. Danke für alles, Hans! Yvonne Voss (spm Vorstand) Ich erinnere mich an die Zusammenarbeit mit Hans Anfang der Achtziger-Jahre, zusammen mit Jürg Brandenberger. Unsere Vereinigung hiess "Internet". An einer Vorstandssitzung wurde ein Brief eines amerikanischen Anwaltes vorgelesen, dass wir den Namen ändern müssen, weil "Internet" geschützt wurde und ein grosses neues Netzwerk mit diesem Namen entstehen soll. Wir haben uns sehr lange nicht mehr gesehen, aber ich bedanke mich für viele gute Gespräche damals-… Danke Hans! Thierry B. Burgherr (ARTéMAN GmbH) Schön, dass wir bei der Frühjahrstagung noch miteinander lachen und feiern durften. Diese Erinnerung bleibt! Hans Sichtweise wird uns bei der nächsten Retraite fehlen. Hans wird uns fehlen. Anne-Kathrin Bolender (spm Vorstand) Lieber Hans Ein letzter stiller Gruss. Deine Lehre und die wertvollen Gespräche mit Dir haben mich ein Berufsleben lang begleitet und mir oft die Richtung vorgegeben. Mit Dank und grossem Respekt vor Deinem unermüdlichen Engagement werde ich Dich in Erinnerung behalten. Hansruedi Müller (BALIOX AG) Sehr, sehr traurig. Danke Hans, für deine Passion fürs Projektmanagement und deinen unermüdlichen Einsatz im Fördern von jüngeren Kollegen. Ich habe sehr viel durch dich gelernt und profitiert. Ruhe in Frieden. Hansjürg Rhyner (Die Schweizerische Post) Das ist sehr traurig. Hans war ein sehr geschätzter Kollege in der IPMA und beim VZPM. Ich habe sehr viel von ihm lernen können. Seine wertschätzende und menschliche Art sowie seine fachliche Kompetenz haben einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen. Ruhe in Frieden. Martin Bialas (Diventis GmbH) 68 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 34. Jahrgang · 04/ 2023 DOI 10.24053/ PM-2023-0084 Martina Peuser Wie sind Sie zum Projektmanagement gekommen? Wie die Jungfrau zum Kind. Direkt nach dem Studium wechselte ich als Softwareentwickler in ein Start-up mit 12 Mitarbeitenden. Nach den ersten Kundenterminen waren die Kunden so begeistert, dass sie das Projekt nur machen wollten, wenn ich auch das Projektmanagement übernehme. Falls Sie kein Projektmanager geworden wären-- was stattdessen? Über kurz oder lang wäre ich aufgrund meiner Historie im Umgang mit Menschen sowie meiner Affinität zur Technik immer in eine moderierende Rolle gerutscht, also Vermittler zwischen Fachbereich und Technik. Welches Projekt hat Sie besonders geprägt oder war für Sie besonders wichtig? In dem Start-up übernahm ich gleichzeitig die Projektleitung und die Softwareentwicklung. Diese Zeit war sehr prägend, da ich aus mehreren Perspektiven lernte, wie überhaupt ein Projekt funktioniert. In meinen ersten internationalen Projekten während meiner Tätigkeit für ein großes deutsches Handelsunternehmen lernte ich viel über Stakeholdermanagement, interkulturelle Herausforderungen sowie unternehmenspolitische Aspekte von Projekten, einschließlich der Entscheidungsvorbereitung. Was zeichnet Sie als Projektmanager besonders aus? Ich habe sowohl in der Softwareentwicklung als auch im Handel gearbeitet und habe so unterschiedlichste Perspektiven kennengelernt. Daher kann ich zwischen technisch orientierten Menschen, Fachbereichen und Management übersetzen und vermitteln. Darüber hinaus bin ich in der Lage, komplexe Dinge so einfach darzustellen, dass sie alle Beteiligten verstehen. Das behaupten zumindest die Beteiligten. Was motiviert Sie, in Projekten zu arbeiten und diese zu leiten? Mich motiviert es immer wieder, wenn man es trotz anfänglicher Skepsis schafft, Dinge zu ändern und am Schluss positives Feedback erhält. Stillstand ist Rückschritt-- dieser Satz ist für mich sehr wichtig. Ich mag Herausforderungen. Und ich mag es aktiv Veränderungen zu begleiten und die Menschen mitzunehmen, die von der Veränderung „betroffen“ sind. Welche Tipps haben Sie für den Projektmanagement-Nachwuchs? Seid Euch bewusst, dass Ihr mit Menschen arbeitet! Ihr solltet daher lernen, wie man mit verschiedene Wertevorstellungen oder Kulturen umgeht und diese mit dem eigentlichen Ziel des Projekts in Einklang bringt. Stakeholdermanagement ist aus meiner Sicht eine Kerndisziplin. Welche Eigenschaften schätzen Sie an Projektmanager*innen am meisten? Menschlichkeit und Kommunikation. Sie verfolgen die Projektziele, aber vergessen die Menschen im Projekt nicht. Problemlösungsmentalität ist auch wichtig. Und der Wille, etwas zu bewegen und das gesamte Team dorthin zu bringen. Welche Trends sehen Sie im Projektmanagement? Das kann ich natürlich nur für IT-Projekte beantworten. Aus meiner Sicht löst sich die klassische Trennung zwischen IT und Fachbereich sukzessive auf, d.h. die Fachbereiche werden fester Bestandteil des Projektteams. Dies spiegelt sich teilweise auch schon in den Organisationsstrukturen wider, wo es mehr und mehr interdisziplinäre Teams gibt. Eine Entwicklung, die ich persönlich sehr schätze. Bedeutet aber auch, dass der Projektmanager noch mehr kommunikative und moderierende Fähigkeiten mitbringen muss. Was geben Sie den Lesern mit auf den Weg? Als ehemaliger Reiseleiter und Animateur habe ich gelernt, mit unterschiedlichen Menschen zu arbeiten und zu kommunizieren, auch in unterschiedlichen Kulturen. Am Ende ist das Projektmanagement damit vergleichbar. Im Projekt geht es darum, Menschen mit Aufgaben und auch Veränderungen zu konfrontieren, um ein Ziel zu erreichen. Dazu müssen dann alle gemeinsam in einer Richtung arbeiten- - vom Top-Management bis zum Arbeiter. Aus meiner Sicht ist der Umgang mit den Menschen essenziell. Auf ein Wort mit-… Stefan Binkowski, Vice President Retail & Wholesale Advisory für Mittel & Osteuropa bei der SAP Zur Person | Stefan Binkowski verantwortet sowohl interne Projekte im Kontext Business Development als auch Kundenprojekte zur Analyse und Umsetzung von Omni- Channel Strategien. Prof. Dr. Martina Peuser ist Professorin mit den Schwerpunkten Projektmanagement und Organisation, Unternehmensberaterin und Keynote Speakerin. Als Entwicklerin des Multi Top Performance Radar (MTPR ©) begleitet sie Unternehmen bei der Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit zu agilen und absolut kundenorientierten Marktführern. In ihrer Kolumne gibt sie spannende Kurzeinblicke in Lebensläufe und Gedanken von im Projekt tätigen Personen. www.junfermann.de - Wir liefern versandkostenfrei! Boris Pigorsch Freundschaft mit dem inneren Kritiker schließen Mit Online-Material Herausgegeben von Frauke Niehues und Ghita Benaguid Als „innerer Kritiker“ wird der innere Anteil bezeichnet, mit dem wir uns heftig kritisieren, antreiben, stark anpassen und zur Perfektion bringen wollen. Auch wenn der innere Kritiker oft eine gute Intention hat, kann er für starke Erschöpfung, ein Gefühl von Getriebensein und manchmal auch Depressionen, Angststörungen oder psychosomatische Beschwerden mitverantwortlich sein. Der richtige Umgang mit dem inneren Kritiker ist daher unerlässlich für die Selbstfürsorge. In diesem Kartenset werden Übungen und Impulse vorgestellt, um • den inneren Kritiker und seine Hintergründe besser zu verstehen, • eine gesunde Distanz zu ihm aufzubauen, • durch Achtsamkeit Ruhe und Regeneration zu erfahren sowie • ein hilfreiches Mindset aufzubauen, das vor zu starker Selbstkritik schützt. Vom Autor gesprochene Trancen helfen, tiefer zu entspannen sowie mehr Leichtigkeit und Wohlwollen mit sich selbst zu entwickeln. So lernen Sie Stück für Stück, fürsorglicher mit sich selbst umzugehen und Ihren (belastenden) Themen mit gesunder Distanz zu begegnen. Kartenset, 100 Karten, E-Book inside • € (D) 37,00 • ISBN 978-3-7495-0372-8 • Auch als E-Book erhältlich K o m p e t e n z! B o x Persönlichkeitsentwicklung Aus der Kompetenz! Box-Kartensetreihe ist bereits das Kartenset Impacttechniken von Frauke Niehues erschienen. Frauke Niehues Impacttechniken Herausgegeben von Frauke Niehues und Ghita Benaguid Kartenset, 130 Karten, E-Book inside • € (D) 50,00 ISBN 978-3-7495-0344-5 • Auch als E-Book erhältlich K o m p e t e n z! B o x Therapie & Beratung Mit der All-in-One-Software von PLANTA haben Sie alle Funktionen, die Sie für erfolgreiches Projektmanagement brauchen, in einem System. Ob klassische, agile oder hybride PM-Methode, ob Projekt oder Portfolio, Sie sind für alle Projektsituationen gerüstet. Präzise Planungsfeatures für Termine, Kosten, Ressourcen und Fortschritte sorgen dafür, dass Sie nicht nur weniger Zeit benötigen, um Projekte zu managen, sondern Ihre Projekte auch schneller zum Abschluss bringen. 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