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PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
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UVK Verlag Tübingen
0714
2025
363 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.
Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Unter Mitwirkung von: spm - Swiss Project Management Association und Projekt Management Austria P R OJ E K T M A N A G E M E N T A K T U E L L www.pm-aktuell.de Projektmanagement aus unternehmerischer Perspektive Ausgabe 3/ 2025 | 36. Jahrgang DIE Auszeichnung für Menschen hinter den Projekten im öffentlichen Sektor und ihren Beitrag zu Innovation und Fortschritt. An alle Projektteams aus der öffentlichen Verwaltung und aus staatlichen Institutionen in Deutschland: Jetzt bis 31.08.2025 bewerben! Der ROLAND ist mehr als eine Auszeichnung. Er ist ein Forum. Ein Impuls. Ein sichtbares Zeichen für exzellentes Projektmanagement im Dienst der Gesellschaft. Die Zukunft des öffentlichen Sektors liegt in der Kompetenz, den Wandel professionell zu gestalten. Der Roland wird alle 2 Jahre vergeben und zeichnet Projekte in der öffentlichen Verwaltung aus. Der Name „Roland“ steht für das Erbe von Roland Gutsch, einem Pionier des modernen Projektmanagements in Deutschland und Mitbegründer der GPM. Mit ihm beginnt eine Geschichte, die heute aktueller ist, denn je: Projekte als Treiber von Wandel und als strukturierte Antwort auf komplexe Herausforderungen. Historie ® Mitglied der 1 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 Herausgeber: GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Am Tullnaupark 15, 90402 Nürnberg Unter Mitwirkung von Spm - Swiss Project Management Association Flughofstraße 50, CH-8152 Glattbrugg und Projekt Management Austria Palais Schlick, Türkenstraße 27/ 2/ 21, A-1090 Wien Redaktion: Prof. Dr. Steffen Scheurer, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (Chefredakteur) Oliver Steeger, Alfter (Ressort Report) Dr. Thor Möller, prometicon projects GmbH, Bremen Redaktionsbeirat: Prof. Dr. Peter Thuy (Präsident GPM) Dr. Dieter Butz Axel Graser, Südwestrundfunk / SWR Prof. Dr. Nino Grau, Grauconsult GmbH Prof. Dr. Katrin Hassenstein, Hochschule der Medien Stuttgart Prof. Dr. Claus Hüsselmann, Technische Hochschule Mittelhessen Dr. Ingrid Giel, spm, Schweizerische Gesellschaft für Projektmanagement Brigitte Schaden, pma (Projektmanagement Austria) Prof. Dr. Doris Weßels, Fachhochschule Kiel G 6010 36. Jahrgang, 03/ 2025 ISSN 2941-0878 Verlag: UVK Verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5, 72070 Tübingen Telefon: +49 (0)7071 97 97 0 www.projektmanagement.digital © 2025 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG, Tübingen Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe nur mit Genehmigung des Verlages. Namentlich gekennzeichnete Beiträge sowie die Inhalte von Interviews geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion oder des Verlages wieder. Zeitschriftenkoordination: Patrick Sorg eMail: sorg@narr.de Anzeigenverwaltung: Oliver Solbach eMail: solbach@narr.de Anzeigenverkauf: Stefanie Richter Telefon mobil: +49 171 203 46 63 eMail: richter@narr.de Erscheinungsweise: 5 Hefte pro Jahr Bezugspreise für Privatpersonen: Einzelheftpreis: EUR 20,- Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 96,- Bezugspreise für Institutionen: Jahresbezugspreis (print): EUR 67,- Jahresbezugspreis (print & online): EUR 242,- Preisänderungen vorbehalten. Der Bezugspreis für Mitglieder der GPM ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Alle Preise zzgl. Versandkosten und inkl. MwSt. Die Kündigung ist sechs Wochen vor Ende eines Kalenderjahres schriftlich an den Verlag zu richten. Sonderausgaben werden zusätzlich berechnet. Bei Nichterscheinen der Zeitschrift ohne Verschulden des Verlages oder infolge höherer Gewalt entfällt für den Verlag jegliche Lieferpflicht. Umschlagabbildung: © iStock.com/ mbbirdy Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/ w/ d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter. Impressum 2 Editorial Reportage 4 „Projektmanagement ist bei uns eine strategische Säule“ 10 Ein Projekt hinter fast jedem Magnet Wissen 16 Die Rolle des Top-Managements für eine erfolgreiche Projektarbeit 22 Multiprojektmanagement als Schlüssel zur unternehmerischen Steuerung - Einblicke in die Praxis 30 Der Nutzen professionellen Projektmanagements - eine Betrachtung qualitativer und quantitativer Aspekte 35 Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft 42 Portfolio, Program and Project Management Maturity: Taking a Practical Perspective 47 Projekt-Governance in agilen Settings 53 Stellinger Moor: Resilient & nachhaltig für Hamburgs Klimaziele Berichte aus der GPM 59 Ein Blick in die Zukunft des Projektmanagements 62 Ein Abend im Zeichen der Exzellenz 63 Wenn Olympia soziale Wirkung entfaltet 67 Projektmanagement im Spitzensport - Zwischen Vision und Medaille Rezensionen 69 Modern Project Management: Successful Projects with Plan-based, Agile and Hybrid Approaches Kolumne 72 Der Griff zum Formular erweitert den Horizont Aus den DACH-Verbänden 74 GPM intern 76 pma intern 79 spm intern 80 Auf ein Wort mit-… Maic Alpers 2 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0037 EDITORIAL Projektmanagement aus unternehmerischer Perspektive Liebe Leserinnen und Leser, dieses Heft ist für Sie und für Ihr Top-Management gemacht. Eine Ausnahme. In der Regel versorgen wir exklusiv Sie als Projektmanagerin oder Projektmanager mit Nachrichten, aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und nützlichen Case Studies. Doch dieses Mal betrachten wir Projektmanagement aus der unternehmerischen Perspektive, also aus der Perspektive Ihres Top-Managements. Weshalb? Beginnen wir mit den harten Zahlen. „Projektarbeit“ hat in Deutschland eine unverändert hohe Bedeutung. Der Anteil der Arbeit an der Bruttowertschöpfung in Deutschland, der über Projekte geleistet wird, liegt bei über 30 %. Die Studie „Projektifizierung 2.0“ aus dem Jahr 2023 weist einen Anteil von 34 % aus. [1] Zudem gehen die Befragten davon aus, dass in Zukunft noch mehr Wertschöpfung aus Projekten generiert wird. Projektmanagement ist also längst zur Routine in vielen Unternehmen geworden. Solange Projektmanagement jedoch nur als Lösungsmethodik für einzelne neuartige und komplexe Vorhaben begriffen wird, kann längst nicht das gesamte Potential des Projektmanagements ausgeschöpft werden. Vielmehr muss Projektmanagement als Führungskonzeption verstanden werden. Aus unternehmerischer Perspektive wird nicht mehr nur das einzelne Projekt, sondern das gesamte Projektportfolio und sein Beitrag zur strategischen Entwicklung sowie zur Wertsteigerung des Unternehmens betrachtet. Über die konsequente Steuerung von Projektportfolios kann die Flexibilität und Kundenorientierung des gesamten Unternehmens erhöht werden. Zudem kann die Innovationsfähigkeit forciert werden, der unternehmerische Ressourceneinsatz transparenter gestaltet werden und nicht zuletzt das Management der Unternehmensrisiken verbessert werden. Wir stellen in diesem Heft systematisch die unternehmerische Perspektive auf das Projektmanagement in den Mittelpunkt. Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle Reinhard Wagner , der sowohl die Kontakte zu unseren Interviewpartnern herstellte als auch zahlreiche Fachleute als Autoren gewinnen konnte. Zudem trägt er auch als Mitautor maßgeblich zu den Inhalten dieses Heftes bei. Unabhängig davon, ob Konzernumfeld oder mittelständisches Unternehmen- - unsere Interviewpartner betonen die strategische Bedeutung des Projektmanagements in ihren Unternehmen. Wir starten mit Sascha Meyer (CEO von MOIA, einem Unternehmen des VW-Konzerns) und mit Joachim Hümmler und Maximilian Wuest (Geschäftsführer und Leiter Multi-Projektmanagement von „Magnetbau Schramme“, einem mittelständischen Familienunternehmen). Sie machen an Beispielen deutlich, wie sie Projektmanagement strategisch für ihr Unternehmen einsetzen. Reinhard Wagner und Ingo Cammans , beschreiben die Rolle des Top Managements für eine strategische Gestaltung einer projektorientierten Unternehmensentwicklung. Andreas Vogel , Reinhard Wagner und Clemens Wiegel zeigen, wie die Wechselwirkung von Unternehmens- und Multiprojektsteuerung in der Praxis umgesetzt werden kann. Zu Recht wird von Seiten des Top-Managements immer wieder der Nachweis verlangt, ob sich Investitionen in die Professionalisierung des Projektmanagements überhaupt lohnen. Reinhard Wagner und Adam Galgenmüller geben Antworten auf diese Frage. Sie zeigen, wie eine Betrachtung qualitativer und quantitativer Aspekte im Rahmen eines Business Cases dabei helfen kann, Investitionen in die Professionalisierung des Projekt-, Programm- und Portfoliomanagements zu begründen. In einem weiteren Beitrag gehen die beiden Autoren darauf ein, wie der strategische Mehrwert des KI-Einsatzes im Projektmanagement ermittelt werden kann. Clemens Wiegel und Brian Ponstein erklären in ihrem Beitrag, mit welcher Methodik der Projektmanagementreifegrad bei Rolls-Royce Power Systems gesteigert wird. Bewusst gestaltete und gelebte Projektsteuerung durch die Führungskräfte einer Organisation- - die „Projekt-Governance“- - ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Projektarbeit. Wie die Projekt-Governance bei zunehmend agilen oder hybriden Vorgehensweisen in Projekten an die jeweilige Arbeitsweise angemessen angepasst werden kann, machen Dorothee Feldmüller und Gerhard Ortner zum Thema. Julia Hartenstein und Sibylle Schmidtke erläutern anhand des Projektprogramms „Stellinger Moor“ wie klare Governance-Strukturen, der gezielte Einsatz digitaler Tools und ein effektives Stakeholder- und Teammanagement dazu beitragen, Projekte auch in Krisenzeiten erfolgreich zu steuern. Zusätzlich gibt Sebastian Wieschowski einen Ausblick auf die Fokusthemen des anstehenden 34. IPMA World Congress in Berlin. Zudem berichtet er über einen Vortrag des stellvertretenden Bürgermeisters von Paris, Florentin Letissier , sowie über den 6. Berliner PM Salon der GPM, bei dem es um den Zusammenhang zwischen Projektmanagement und Spitzensport ging. Olympiasiegerin Britta Steffen und Harry Bähr , Leiter des Olympiastützpunkts Berlin diskutierten mit Lukas Jochum . Dieses Heft zeigt eindrucksvoll, dass der volle Mehrwert des Projektmanagements nur dann realisiert werden kann, wenn Projektmanagement aus einer unternehmerischen Perspektive gesehen wird-- also als Führungskonzeption. Welche Rolle dabei das Mindset und die konkrete Unterstützung des Top-Managements spielt, wird in mehreren Beiträgen sehr deutlich. Mein Vorschlag: Reichen Sie dieses Heft an ihr Top- Management weiter und helfen Sie damit die vielleicht noch nicht realisierten Potentiale in ihrem Unternehmen zu heben. Ihr Steffen Scheurer [1] Wald, A.; Schneider, C.; Schoper, Y.; Thuy, P.; Hartmann, C. (2023): Projektifizierung 2.0., UVK-Verlag Tübingen Editorial | Projektmanagement aus unternehmerischer Perspektive 3 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0037 Unsichere Projektgrundlagen machen Entscheidungen teuer. Projektmanagement unternehmerisch gedacht Was kann PLANTA? www.planta.de Interesse? Dann lassen Sie sich von uns persönlich beraten! Projektmanagement braucht mehr als nur Bauchgefühl als nur Bauchgefühl Unternehmen, die erfolgreich bleiben, haben eines gemeinsam: Sie steuern ihre Projekte konsequent - und strategisch. Genau hier macht sich eine ausgereifte Projektmanagement- Kompetenz bezahlt. Projektmanagement ist keine operative Nebensache. Es ist Führungswerkzeug, Entscheidungsgrundlage und Werttreiber in einem. Was zählt: • Klare Prioritäten statt Aktionismus • Reale Kapazitäten statt Wunschdenken • Fundierte Entscheidungen statt Bauchgefühl Professionelles Projektmanagement verbindet Strategie mit Umsetzung und schafft Transparenz genau dort, wo andere längst den Überblick verlieren. Erfolg ist planbar mit dem richtigen System. Eine leistungsstarke Projektmanagement-Software wie PLANTA schafft Transparenz - für bessere Entscheidungen, effizientere Prozesse und mehr unternehmerischem Freiraum. 4 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0038 Wie MOIA-CEO Sascha Meyer durch Projekte Unternehmensziele verfolgt „Projektmanagement ist bei uns eine strategische Säule“ Steffen Scheurer, Oliver Steeger Viele Hamburger kennen MOIA als Verkehrsdienstleister der Zukunft. Das Unternehmen gestaltet städtischen Verkehr effizienter, umweltfreundlicher und flexibler. Das Konzept nennt sich Ridepooling, eine Art geteilter Fahrdienst: Fahrgäste mit ähnlichen Routen werden gemeinsam in einem vollelektrischen, sechssitzigen Kleinbus befördert. Feste Routen oder Fahrpläne gibt es nicht. Ein Algorithmus berechnet in Echtzeit die optimale Route, um mehrere Fahrgäste effizient zu kombinieren. Doch MOIA ist weit mehr als ein Serviceunternehmen, das eine Lücke zwischen Bahnen und Bussen sowie Taxis füllt. Das hochinnovative Unternehmen ist in der Forschung und Entwicklung tätig. Spezialisten in der Hamburger Zentrale befassen sich mit intelligenten Verkehrssystemen und autonomem Fahren. Im Gespräch erklärt CEO Sascha Meyer, wie sein Unternehmen Projektmanagement nutzt, wie er es mit strategischen Zielen verknüpft-- und wie er selbst Projekte unterstützt. Herr Meyer, Projektmanagement spielt eine zentrale Rolle in Ihrem Unternehmen-- nicht nur als Umsetzungsmethodik, sondern auch als Instrument, hochinnovative Unternehmensziele umzusetzen. Wie sehen Sie Projektmanagement als strategischen Hebel für Ihr Unternehmen? Sascha Meyer: Sie haben den Hauptpunkt unseres Unternehmenszwecks benannt: Wir sind ein Innovationsunternehmen. MOIA wurde gegründet, um für Volkswagen die Frage zu beantworten, wie Mobilität zukünftig stattfindet. Fahrzeuge sind bekanntlich das Kernangebot des Konzerns. Daraus ergeben sich Fragen: Welche Rolle spielen Fahrzeuge in der neuen Mobilität? Welche Technologien sind dafür notwendig? In Hamburg haben wir dafür konkret ein Produkt entwickelt, das Ridepooling. Dieses Produkt kennt man gut in Hamburg. Dort halten Sie eine Flotte von 500 elektrisch betriebenen Fahrzeugen vor, die jeden Monat von hunderttausenden Fahrgäste genutzt werden. Die Idee ist: Über die App bestellt man ein Fahrzeug. Ein Algorithmus berechnet, welche Fahrgäste eine ähnliche Route haben. Bis zu 6 Personen werden dann in einem Fahrzeug transportiert. Seit 2023 ist das System Teil des öffentlichen Nahverkehrs. So sind wir vielfach nach außen hin wahrnehmbar. Doch unser zentrales Thema ist das autonome Fahren-- also die gesamte Technologiekette, die notwendig ist, um mit solchen Mobilitätskonzepten wie in Hamburg auch wirtschaftlich eine disruptive Wirkung zu erzielen. So spannend Modelle wie Ridepooling sind-- häufig scheitern sie noch an den Kosten. Werden diese mit autonomem Fahren für den breiten Einsatz interessant? Ja. Das ist einer der Gründe, weshalb wir uns mit dem Thema autonomes Fahren befassen und uns selbst als Innovationsunternehmen sehen. Damit sind wir in der Lage, solche Geschäftsmodelle stärker nach vorne zu bringen. Wir haben sehr Reportage | „Projektmanagement ist bei uns eine strategische Säule“ 5 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0038 schnell verstanden, dass beim autonomen Fahren der Anteil an Partnern, Stakeholdern und Entwicklungs-Beteiligten hoch ist. Dazu zählen auch Stakeholder im politischen oder regionalen Kontext. Es gibt zudem bestimmte politische, rechtliche und technologische Rahmenbedingungen. Entscheidend ist für uns, dass wir nicht nur ein Produkt bauen, das auf einen bestimmten Zweck hin optimiert ist. Wir müssen in unseren Projekten eine vielfältige Stakeholderlandschaft bedienen. Deswegen gehen bei uns Produktentwicklung und Projektmanagement zusammen. Weil Ihre Entwicklungsprojekte letztlich mehr sind als ”nur“ eine agile Produktentwicklung, wie man sie aus der Softwareentwicklung kennt? Das ist ein entscheidender Punkt! Das Umfeld der Projekte ist anders, als man es in einer rein agilen Produktentwicklung vielleicht gerne hätte. Zum Teil haben wir es mit harten Deadlines zu tun, wenn es beispielsweise in den Bereich der Fahrzeugentwicklung geht. Wir entwickeln die Fahrzeuge, die wir im Einsatz haben, zusammen mit Volkswagen. Auch im Bereich autonomes Fahren haben wir harte, letztendlich durch das V-Modell getriebene Projekte, die wir teils bedienen, teils koordinieren müssen. Das heißt, die agile Entwicklung kommt immer wieder mit klassischem Projektmanagement in Berührung. Mit anderen Worten: Sie brauchen Projektmanagement, um in Ihrem Umfeld agieren zu können. Ja. Das ist einer der Gründe, weshalb Projektmanagement bei uns eine strategische Säule ist. Sprechen wir bitte über Ihre Rolle als CEO in diesem komplexen Projekt-Umfeld. Wie setzen Sie Unternehmensziele um? Funktioniert dies durch das Projekt-Portfolio-- also mit Hilfe von Projekt- und Portfoliomanagement? Als Input und Taktgeber agiert bei uns das Projektmanagement. Basierend auf den Zielen des Portfolios oder der Projekte steuern wir die Produktentwicklung an. Wir führen mit unserem Portfoliomanagement eine strategische Planung durch. Wir brechen dabei die Unternehmensziele herunter in Projekte und Projektziele. Das ist top-down-… …-richtig. Und es gibt auf der anderen Seite auch einen Bottom-up-Prozess. Dabei handelt es sich unter anderem um das Reporting. Im Reporting werden Informationen kommuniziert etwa über den Verlauf von Stakeholder-Abstimmungen. Oder Fragen wie: Wo stehen wir mit einzelnen Projekten? Was bedeutet der Status für die Produktentwicklung? Was bedeutet dieser Prozess für Sie? Das Projektportfolio-Management und die einzelnen Programme und Projekte, die wir vorantreiben, geben mir einen Gesamtkompass über die Ressourcen und auch den Wertschöpfungseinsatz, den wir generieren. Können wir in diesem Punkt noch etwas mehr ins Detail gehen? Sie sagten, dass MOIA ist ein hochgradig technologiegetriebenes Unternehmen ist. Wie dynamisch läuft das Management des Projektportfolios ab? Es ist ja kaum vorstellbar, dass man nur einmal im Jahr auf das Projektportfolio schaut. Oder sind sie ständig mit dem Portfolio befasst? Wichtig ist zu wissen: Wir haben eine klare Definition entwickelt, was für uns ein Projekt ist-- und was keines. Viele Unternehmen haben zu viele Projekte-… Ich habe das mal scherzhaft Projektitis genannt. Plötzlich werden Routineaufgaben zum Projekt stilisiert, um Aufmerksamkeit auf Managementebene zu generieren. Deswegen gibt es bei uns einen klaren Filter für das Portfoliomanagement. Es werden nur Projekte aufgenommen, die etwa eine langfristige Auslegung haben, eine komplexe Steuerungslandschaft benötigen, an denen mehr als ein Bereich oder eine Abteilung beteiligt ist oder die eine bestimmte Schwelle beim Budget überschreiten. Praktisch bedeutet dies: In unserem Portfoliomanagement haben wir beispielsweise die wesentlichen Roll-out-Entwicklungsprojekte. Ein solches Projekt ist etwa die Einführung von autonomem Fahren in Hamburg. Dieses Projekt begleitet uns seit drei Jahren; ich rechne damit, dass es auch in den nächsten zwei Jahren in dieser Form ein Teil des Portfolios sein wird. Wir schauen uns unser Projektportfolio im Wesentlichen quartalsweise an. Wir haben zudem ein monatliches Reporting. Wie bilden sich solche Prozesse in Ihrer Organisation ab? Gibt es ein übergeordnetes Steering-Komitee? Wir haben bei uns etwas eingeführt, das wir Entscheidungskreise nennen. Diese Entscheidungskreise sind thematisch gruppiert. Es gibt beispielsweise einen Entscheidungskreis für Produktentwicklung, einen für Strategie oder einen für Business Development und Governance. Bei Volkswagen würde man diese Kreise vielleicht Gremien nennen. Wir haben uns für Begriffe entschieden, die uns weniger vorbesetzt erschienen. Diese Entscheidungskreise sind besetzt mit Entscheidern und Beratern. Sie haben unterschiedliche Stimmrechte. Die Entscheidungen werden bei uns im Konsentprinzip getroffen-… Beim Konsentprinzip geht es darum, dass ein Vorschlag so lange gilt, bis jemand einen begründeten Einwand dagegen hat-- es braucht also keine vollständige Zustimmung, sondern nur das Ausbleiben schwerwiegender Einwände. Wie ist das Projektmanagement in diese Entscheidungskreise integriert? Hat es eine Stimme? Der Leiter unseres Portfoliomanagements ist an den wesentlichen Entscheidungskreisen beteiligt. Er kann also die Entscheidungen mit beeinflussen. Wir haben damit das Thema Projekt und Projektmanagement in unseren Entscheidungskreisen als eine Art „First Class Citizen“ verankert. Eine Ausnahme gilt für den Governance-Kreis, der durch die oberste Leitungsebene besetzt ist. Grundsätzlich gilt aber: Der Leiter des Portfoliomanagements hat bei uns nicht nur eine Bera- Reportage | „Projektmanagement ist bei uns eine strategische Säule“ 6 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0038 tungsfunktion, sondern nimmt an Entscheidungen teil und kann diese beeinflussen. Wie würden Sie Ihre eigene Rolle im Projektmanagement beschreiben? Verstehen Sie sich als Projektsponsor? Ich bin teils Projektsponsor, teils begeisterter Beobachter. Oha! Begeisterter Beobachter. Wie dürfen wir dies verstehen? Einige Projekte benötigen mich nicht als Sponsor. Das sind Projekte wie etwa die Einführung von Exportkontrolle oder das Anstreben einer ISO-Zertifizierung. Die Rolle der Sponsoren delegiere ich bei solchen Projekten an Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bereichen. Aber? Ich möchte auch gut über diese Projekte informiert werden. Unmittelbar Sponsor dagegen bin ich bei Projekten, die direkt einzahlen auf die Unternehmensentwicklung, etwa Roll-Out- Projekte. Bei diesen Projekten sehe ich mich auch ein Stück weit als Advokat. Ich verstehe mich als Impulsgeber für das Projekt. Ich fungiere als Bindeglied für wesentliche politische Entscheidungen. Ich unterstütze diese Projekte, indem ich auf Seiten von Stakeholdern die erforderlichen Rahmenbedingungen schaffe. Ich bin eine Art verlängertes Sprachrohr, um Projektleitern Gehör zu verschaffen, wenn es notwendig ist. Sie nehmen aktiv an den Projekten teil. Wo sind für Sie die Grenzen? Wir geben Projekten die Ziele vor, die sich direkt aus unseren Unternehmenszielen ableiten. Wir sprechen Terminlisten und Rahmenbedingungen ab. Dann ist es Aufgabe des Projektmanagements, gemeinsam mit dem Produktmanagement die Pläne zu erarbeiten, wie wir diese Ziele erreichen. Da ist für mich die Grenze. Ich stehe bereit, um blockierende Faktoren zu entfernen. Oder ich trete als Challenger auf, wenn mir bestimmte Aspekte im Reporting auffallen oder wenn ich bestimmte Entwicklungen nicht nachvollziehen kann. Dann stelle ich Fragen. Aber: Ich respektiere die wesentliche Verantwortung der Projektleiter und Produktmanager. Nach allem, was Sie uns erläutern, hat Ihr Unternehmen ein agiles Organisationsmodell. Allerdings ist Ihr Mutterkonzern Volkswagen nicht dafür bekannt, agile Organisationsstrukturen zu haben. In Ihrer Rolle als CEO haben Sie vermutlich eine Scharnierfunktion zwischen Ihrem Unternehmen und Volkswagen. Unsere Frage: In einem agil aufgestellten Unternehmen kann man selten jede Leistungskennzahl bis ins Letzte durchdeklinieren. Wie liefern Sie die notwendigen Finanzkennziffern? Wir haben intern einen agilen Kontext, das ist richtig. Nach außen hin müssen wir aber im klassisch strukturierten Projektmanagement andocken. Diejenigen, die das Projektportfolio oder einzelne Projekte leiten, haben in diesem Punkt eine Mittlerfunktion. Wir müssen beispielsweise unsere agile Softwareentwicklung im strukturierten Projektmanagement-Kontext begreifbar machen. Aber wir müssen auch von der anderen Seite etwas einfordern: die agilen Rahmenbedingungen, die wir für unsere agile Entwicklungsarbeit brauchen. Beide Seiten gehen aufeinander zu. Wie drückt sich dies in der Praxis aus? Ein Beispiel: Wir haben bei Fahrzeugentwicklungsprogrammen quartalsweise sogenannte „Calibration Days“ mit unseren Partnern. Dort werden die unterschiedlichen Projekte kalibriert. Wir stellen sicher, dass beispielsweise Projektleiter aus verschiedenen Konzernbereichen eine gemeinsame Perspektive entwickeln und auch Anpassungen vornehmen. Also eine Art-- Übersetzungsarbeit? Eine Synchronisierung? Wir sprechen hier bewusst von Kalibrieren. Beim Synchronisieren stellt sich für uns die Frage: Wer führt jetzt wen? Das wäre dann häufig der ingenieursgetriebene, hochstandardisierte Prozess mit seinen Meilensteinen und Freigaben. Unterwirft man sich diesem Prozess, nimmt man jede Form von iterativer Entwicklung aus dem Prozess. Beim Kalibrieren führen dynamische Verhandlungen dazu, dass alle Bedarfe auf den Tisch kommen-- und man nicht einen Ansatz als Taktgeber hat. Nochmals bitte zu den eben erwähnten Finanzkennziffern, die Volkswagen von Ihnen erwartet. Solche Kennzahlen stehen im Zusammenhang mit klassischem Wertsteigerungsmanagement, einer in Konzernen wichtigen Disziplin. Viele Konzerne erwarten diese Art von Performancekennziffern. Wie gehen Sie in Ihrem Unternehmen damit um, dass Sie solche Vorgaben aus dem Konzern von Ihrer Warte aus erfüllen? Wer ist bei Ihnen verantwortlich dafür, solche Zahlen zu liefern? Die Projektmanager? Für diese Kennziffern sind bei uns nicht einzelne Projektmanager oder Produktmanager verantwortlich, sondern die Entscheiderkreise. Die Zahlen etwa zu Umsatz oder zum Tagesgeschäft zu liefern-- das liegt in der Hand dieser Kreise. Wo liegt die Verantwortung der Projekte? Sie liegt bei den Themen Budget und Zieleinhaltung- - aber nicht bei den Performance-Kennziffern. Außerdem: In unseren Zielen und unserem Reporting zum Konzern hin haben wir eine Dreiteilung: Wir haben qualitative Entwicklungsziele im Bereich autonomes Fahren. Wir haben qualitative Entwicklungsziele im Bereich Go-to-market und Unternehmensentwicklung. Und der dritte Teil der Ziele ist rein quantitativ. Es geht also nicht allein um Finanzkennziffern-… …-also nicht nur um quantitative Messgrößen, sondern auch um qualitative? Ja. Als CEO und Top-Führungskraft sind Sie einerseits stark in das Projektmanagement involviert. Andererseits erwarten Sie von Ihren Projektmanagern auch, selbst Führungsverantwortung zu übernehmen. Wie bringen Sie Ihre Projektleiter dazu, diese Verantwortung zu übernehmen? Die Frage nach Führungsverantwortung ist aus meiner Sicht eng mit der Frage verknüpft, womit wir unsere Projektleiterinnen und Projektleiter ausstatten. Diese Ausstattung ist recht klassisch: Ziele, Budgets, Meilensteine- - und teilweise auch Reportage | „Projektmanagement ist bei uns eine strategische Säule“ 7 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0038 eigene Kostenstellen. Besonders bei unseren langlaufenden Projekten haben die Budgets solche eigenen Kostenstellen, und sie werden dann auch von den Projektleitern verwaltet. Das alles ist der Rahmen, in dem Führungsverantwortung wahrgenommen wird. Verstanden! Was nun Ihre Frage betrifft: Wir haben die gesamte Produktentwicklung bei uns als agile Organisation strukturiert. Dies bedeutet: Es gibt bei uns keine direkte Zuordnung von Ressourcen zu einem Projekt- - wie Sie dies etwa in einem eher klassischen Projekt-Setup finden würden. Dies wiederum bedeutet: Bei uns herrscht eher eine laterale Führungsbeziehung vor als die direkte, hierarchische Führung, wie man sie in einer strukturierten Matrixorganisation oder ähnlichen Modellen aufsetzen würde. Unserem Verständnis nach wird eine laterale Führungsbeziehung nicht formell durch Hierarchieunterschiede gebildet-- also etwa zwischen Vorgesetztem und Untergebenen. Laterale Führung kommt quasi von der Seite. Sie findet statt zwischen Personen auf derselben hierarchischen Ebene. Bei der lateralen Führung fehlt deshalb zumeist die disziplinarische Weisungsbefugnis. Ein Beispiel: Eine Projektleiterin ist nicht Vorgesetzte ihres Teams. Sie bringt aber die Teammitglieder durch ihre Expertise, Überzeugungskraft und Kommunikationsfähigkeit dazu, auf ein Projektziel hinzuarbeiten. Projektleiter haben bei uns keinen direkten „Durchgriff“. Es handelt sich immer auch um einen Abgleich und ein Verhandeln. Es ist ein Prozess, in dem der Projektleiter begleitend versucht, die richtigen Rahmenbedingungen herzustellen. Er führt quasi die Verhandlungen unter den Beteiligten, ohne dass er dabei die direkte Möglichkeit zum Durchgriff auf Einzelentscheidungen hat. Nehmen Ihre Mitarbeiterin und Mitarbeiter dies noch als Projektmanagement wahr? Uns ist es gelungen, dass unser Projektmanagement nicht so sehr als Projektmanagement wahrgenommen wird. Die Menschen hier sehen sich in einer agilen Produktentwicklung, nicht Jetzt informieren : https: / / www.mobileuniversity-fernstudium. de/ management/ Leidenschaft fürs Leben. SRH Fernhochschule − The Mobile University Fernstudium Prozess- und Projektmanagement (B.A.) Der Bachelorstudiengang Prozess- und Projektmanagement kombiniert Ihre Praxiserfahrung mit fundiertem Know-how - für smarte Prozesse, agile Projekte und messbare Wirkung. — Flexibel studieren neben Beruf und Familie. — Starten Sie, wann immer Sie möchten. — Studieren Sie online und praxisnah. Anzeige Reportage | „Projektmanagement ist bei uns eine strategische Säule“ 8 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0038 im Projektmanagement. Aber aus Unternehmensperspektive und aus meiner Steuerungssicht sind wir eine Projektorganisation. Wir haben beispielsweise Roll-out-Projekte, Produktentwicklungsprojekte und Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Ihre Kultur und Arbeitsweise werden also unterschiedlich wahrgenommen-- je nach Perspektive auf das Unternehmen? Ja. Man könnte dies vielleicht inkonsequent nennen, weil unterschiedliche Steuerungswelten und Zielsetzungen aufeinandertreffen. Doch wir haben diese Form der Zusammenarbeit tief verankert. Uns ist es gelungen, sie so zu etablieren, dass sie nicht als Konflikt wahrgenommen wird. Wir haben dies auch durch bestimmte Personalentscheidungen unterstützt. Anfangs hatten wir Projektleiter, die Rollout-Projekte stark klassisch getrieben haben, mit Deadlines und eisernen Kundenanforderungen. Damit wurden die Projekte unter Druck gesetzt zu liefern. Diese Kultur lag aber quer zur Produktentwicklung. Durch kulturelle Anpassungen ist es uns gelungen, ein deutlich stärkeres Zusammenspiel zu entwickeln. Wie werden Projektmanager heute bei Ihnen wahrgenommen? Sie werden als unterstützende Hand gesehen. Viele in der Produktentwicklung sind froh, dass sie mit einem Projektleiter zusammenarbeiten können. Er hält der Entwicklung häufig den Rücken frei, zum Beispiel dadurch, dass er die Stakeholderlandschaft klärt. So schaffen wir es eine gute Balance herzustellen zwischen den Projekten und der Produktentwicklung. Wir würden nochmals auf den strategischen Prozess zu sprechen kommen, den Sie eingangs beschrieben haben. Unternehmensziele werden top-down in ein Projektportfolio übersetzt und in Projekten umgesetzt. Das Reporting geschieht dann bottom-up. Nun würde uns eines interessieren: Fließen solche Bottom-up-Erkenntnisse-- also Erkenntnisse aus den Reportings-- wiederum in Ihre strategische Arbeit ein? Beim Strategieprozess unterscheide ich zwei Aspekte. Zum einen gibt es eine sehr langfristige strategische Planung, wie sie bei Volkswagen üblich ist. Ich muss auf die Frage antworten können, was ich für das Jahr 2035 erwarte. In dieser Planung sind beispielsweise Fahrzeugzyklen hinterlegt, werden Entwicklungsannahmen getroffen oder Marktannahmen formuliert. Diese strategische Planung gibt die Leitlinien vor. Sie ist der eine Teil. Den anderen, zweiten Teil nenne ich strategische Rezeption. Da geht es beispielsweise um die Frage, was in unserem Umfeld passiert. Was aus unserem Umfeld könnte einen Einfluss auf unsere Strategie haben? Ich kann mich ja mit meiner Strategie-- also dem ersten Teil-- nicht entkoppeln etwa vom aktuellen politischen Umfeld, der Entwicklungsrealität oder der Marktrealität. Zum Beispiel: Funktioniert unsere Entwicklung? Schaffen wir unsere Meilensteine? Schaffen wir es, die Rahmenbedingungen herzustellen, die wir brauchen? Ein Beispiel: Die Gesetze etwa zum autonomen Fahren sind in Europa sehr unterschiedlich. Sie entwickeln sich sehr dynamisch fort. So etwas müssen wir selbstverständlich berücksichtigen. Alles, was wir langfristig planen, müssen wir nochmals filtern und abgleichen mit den Erkenntnissen etwa aus unseren Projekten. Dafür haben wir den Bereich „Strategic Reception“. Eine Abschlussfrage: Eine Projekt- und Führungskultur, wie sie in Ihrem Unternehmen geschaffen haben, entsteht nicht von allein. Sie wird stark auch von Impulsen geprägt, die von oben kommen, aus dem Top-Management. Wie sehen Sie sich als Vorbild für diese Projektkultur? Zunächst-- was ist mein Verständnis von Kultur? Mein Kulturverständnis richtet sich vor allem auf Kontinuität im täglichen Handeln. Man kann eine Kultur definieren und dann als Schriftstück in einem Rahmen an die Wand hängen. Solange sich die gewünschte Kultur aber nicht in der täglichen Arbeit und den täglichen Entscheidungen wiederfindet-- habe ich keine Kultur geschaffen. Kultur definiert, wie Menschen agieren. Ja. Und deshalb sehe ich mich in dieser Kultur auch als Vorbild bei der Führung-- insbesondere bei der lateralen Führung. Ich will dieses Führungsverständnis hier weiter verankern, auch und vor allem bei unseren Projektmanagern. Ich begreife mich als jemanden, der den Rahmen konstruiert, Ziele vorgibt-- und dann mit Begeisterung hilft, dass die Kolleginnen und Kollegen eigenständig ans Ziel kommen. Das bedeutet für mich aber auch, dass ich beispielsweise Entscheidungen akzeptieren muss, die ich selbst vielleicht anders getroffen hätte. Es geht also darum, in diese Entscheidungen von Projektmanagern nicht einzugreifen? Genau. Nicht einzugreifen. Angelehnt an Erich Kästner: „Sag mal lieber nichts, wer weiß wofür es gut ist“. Dieser Satz hilft mir oft weiter. Ich akzeptiere beispielsweise auch Entscheidungen, die ich selbst vielleicht anders getroffen hätte und freue mich umso mehr, wenn diese gelingen. In diesem Punkt versuche ich auch Rollenbild für Kolleginnen und Kollegen zu sein. Eingangsabbildung: MOIA Sascha Meyer Sascha Meyer Sascha Meyer ist seit August 2022 als CEO der MOIA GmbH tätig. Zuvor wirkte er seit 2017 als Head of Product und ab 2019 als Chief Product Officer maßgeblich an der Einführung von MOIAs vollelektrischem Fahrdienst sowie an der Entwicklung von Strategien und Prozessen für autonomes Fahren mit. Mit dem MOIA Ridepooling-Service verantwortet Meyer eine Flotte von 515 batterieelektrischen Fahrzeugen, die in Hamburg im Einsatz sind. Auf diese Weise trägt er zu Initiativen bei, welche die urbane Mobilität verbessern und dafür sorgen, dass die gemeinschaftliche Nutzung von Verkehrsmitteln für alle Bewohner der Stadt eine realistische Option bleibt. Davor war er mehrere Jahre als Unternehmensberater mit dem Schwerpunkt Digitalisierung in Transport und Logistik bei verschiedenen internationalen Unternehmen tätig. Reportage | „Projektmanagement ist bei uns eine strategische Säule“ 9 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0038 pma.at/ focus Informationen & Anmeldung zur hybriden Veranstaltung: © Karin Maigut Business Case Demokratie: Projektmanagement als Diskurs-Booster Tobias Endler Politikwissenschafter und Amerikanist Warum eine Vision nicht reicht - Zusammenarbeit im Kontext von Wandel und Vielfalt Nina Alice Bauregger Austrian Leadership Academy © Julia Anine Rhinehart © ÖBB-Infrastruktur AG Die Koralmbahn - Erfolgsfaktoren im Projektmanagement Klaus Schneider ÖBB-Infrastruktur AG Trends in der Kommunikation - Redezeit ist Lebenszeit Tatjana Lackner Die Schule des Sprechens GmbH © Manfred Baumann/ Die Schule des Sprechens GmbH pma.at DIALOG STATT KONFRONTATION ’25 M I T P R O J E K T M A N A G E M E N T G E M E I N S A M E L Ö S U N G E N F Ö R D E R N 16. Oktober 2025 Austria Center Vienna/ Online 10 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0039 Ein Mittelständler verbindet erfolgreich Strategie und Projektmanagement Ein Projekt hinter fast jedem Magnet Oliver Steeger Elektromagnete sind hochspezialisierte Helfer in vielen Geräten. Ohne Magnete würden Kaffeeautomaten keine Milch aufschäumen, Gabelstapler nicht fahren oder Medizintechnik-Geräte nicht funktionieren. Auch in der Sicherheitstechnik, Umwelttechnik oder in Energieanlagen sind komplexe Komponenten mit Elektromagneten unverzichtbar. Das mittelständische Unternehmen „Magnetbau Schramme“ (150 Mitarbeiter, zwei Standorte) hat sich darauf spezialisiert, für Kunden technische Lösungen für Magnete zu entwickeln und zu fertigen. In dem Unternehmen geht es beispielsweise um Hubmagnete, Haftmagnete oder Magnetventile. „Wir produzieren für unsere Kunden maßgeschneiderte Serienprodukte zwischen 150 und 500.000 Exemplaren pro Jahr“, erklärt Geschäftsführer Dr. Joachim Hümmler. Also kein Massengeschäft. Der Fokus ruht auf Lösungen für die rund hundert Kunden des Unternehmens, darunter Bosch, Draeger oder WMF. Klein, aber fein- - das gilt auch für das Projektmanagement bei Schramme. Rund 40 Vorhaben für Kunden und interne Projekte hat das Unternehmen auf der Liste. Dr. Joachim Hümmler und Maximilian Wuest (Leiter Multi-Projektmanagement) erklären, wie sie Unternehmensstrategie und Projekte verbinden, wie sie die Projektlandschaft managen-- und wie Vertrieb und Projektleiter eng zusammenarbeiten. Herr Dr. Hümmler, Herr Wuest, Elektromagnete sind in vielen Geräten und Fahrzeugen nicht mehr wegzudenken. Abseits des Massenmarkts haben Sie eine Nische gefunden und entwickeln in Projekten Lösungen für Kunden. Dr. Joachim Hümmler: Das Wort Nische trifft es gut. Wir liefern keine Standardmagnete in hoher Stückzahl. Wir fertigen Sonder-Elektromagnete- - speziell entwickelt für unsere Kunden oder für bestimmte Anwendungsfälle, manchmal auch in geringer Stückzahl. Manche Kunden benötigen alle zwei Jahre mal einige Magnete für einen besonderen Einsatz. Bei uns geht es um kleine bis mittlere Losgrößen mit hoher Fertigungstiefe-- mit der entsprechenden Entwicklung. Sprechen wir über Ihre Projekte. Sie sagten, dass Sie maßgeschneidert entwickeln. Das heißt, der Kunde kommt mit einem Problem-- und Sie helfen ihm, dieses Problem zu lösen. Das Beispiel eines Kaffeeautomaten: Ein Hersteller braucht einen Magnet, um den Milchschlauch zum Aufschäumer abzuklemmen. Sie erarbeiten für diesen Schlauch eine Lösung und produzieren dann auch diese Spezialmagnete. Dr. Joachim Hümmler: Wir entwickeln unsere Lösung auf Basis einer Spezifikation, eines Konzepts oder einer Idee eines Kunden. Wir simulieren viel, um zu sehen, ob unsere Lösungen in der Theorie funktionieren. Ist die Simulation erfolgreich, bauen wir Muster auf. Diese Muster testen wir umfassend etwa auf Funktionsfähigkeit oder Lebensdauer. Daran schließt sich das Industrial Engineering an. Wir finden Wege, diese Muster effizient und wirtschaftlich in gewünschter Stückzahl zu fertigen. Nach verschiedenen Freigabeprozessen, abgestimmt mit dem Kunden, produzieren wir diese Magnete. Reportage | Ein Projekt hinter fast jedem Magnet 11 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0039 Verstanden! Kein Elektromagnet ist wie der andere. Jede Lösung durchläuft einen umfangreichen Prozess bei Entwicklung, Simulation und Tests, Industrialisierung und dann Produktion. Solche Projekte erfordern viel Projektmanagement. Vermute ich richtig? Maximilian Wuest: Projektmanagement ist essenziell für unser Unternehmen-- sowohl für die einzelnen Kundenprojekte als auch strategisch. Unsere Projektmanagement-Prozesse haben in unserer Prozesslandschaft eine hohe Bedeutung. Sie stehen auf gleicher Stufe wie Führungsprozesse. Für einen strategischen Ansatz beim Projektmanagement ist es wichtig, Übersicht über die Projektlandschaft zu haben. Dies erfordert, die Projektlandschaft zu ordnen. Ordnung wiederum schafft Transparenz-- letztlich auch für die Unternehmensführung, die Projekte strategisch einsetzt. Meine Frage: Wie strukturieren Sie in Ihrem mittelständischen Unternehmen die Projektlandschaft? Maximilian Wuest: Wir haben unterschiedliche Projektkategorien und Projektarten. Beginnen wir mit den Projektarten. Wir unterscheiden zwischen sieben Arten: Wir haben externe Projekte wie Kundenprojekte. In diese Gruppe gehören Entwicklungsprojekte, Neuentwicklungen, Re-Design oder Änderungen von vorhandenen Produkten. Hinzu kommen als weitere Projektarten beispielsweise Investitionsprojekte, Grundlagenprojekte in der Entwicklung, Projekte zur kontinuierlichen Verbesserung oder auch Reorganisationsprojekte. Darüber hinaus kategorisieren wir die Projekte nach drei Kategorien. Die erste Kategorie nennen wir „PM Heavy“, die zweite „PM Medium“, die dritte „Kategorie 3“. Nach welchen Kriterien ordnen Sie die Projekte diesen Kategorien zu? Dr. Joachim Hümmler: Als Kriterien haben wir das Budgetvolumen, die strategische Bedeutung für das Unternehmen, die Risiken für das Unternehmen, die Kundenanforderungen, den Aufwand und Ressourceneinsatz sowie die zeitliche Dauer. Nach diesen Kriterien entscheiden wir in unserem Steuerungskreis, in welche Kategorie es fällt. Gehen wir bitte ins Detail und starten mit der Kategorie PM Heavy. PM Heavy-Projekte sind, vermute ich, die schwierigste Klasse von Projekten. Dr. Joachim Hümmler: Ja. Für diese Vorhaben betreiben wir viel Projektmanagement-Aufwand. Sie sind komplex und machen sehr sorgfältiges Management nötig. Zum Beispiel haben „PM Heavy-Projekte“ viele Anforderungen- - dies beginnt bei den Normen, die wir berücksichtigen müssen, geht über zu validierende Musterstände und reicht bis zu anspruchsvollen Analysen, die wir zu machen haben. Solche komplexen Anforderungen kommen beispielsweise aus der Automotive-Industrie oder aus der Energiebranche. PM Heavy-Projekte folgen einer sehr strikten Vorgehensweise-- unter Beteiligung unserer Gremien, die etwa Projektanträge genehmigen und bestimmte Entscheidungen fällen. Maximilian Wuest: Einige Projekte folgen dem Projektmanagement beispielsweise aus der Automotive-Branche. Neue Fahrzeuge werden über Jahre nach dem „Reifegrad-Modell“ vom Prototypen bis zum Designmuster entwickelt. In solche Projekte fließt sehr viel Aufwand auch beim Projektmanagement. Ähnlich ist dies bei uns. Dr. Joachim Hümmler: Unseren PM Heavy-Projekten sind dann auch detaillierte Kostenstrukturen hinterlegt. Sie reichen von der Erfassung der Entwicklungskosten bis zu Kosten für Betriebsmittel und Werkzeuge. Wir müssen sicherstellen, dass wir am Ende das Produkt für unsere Kunden auch kostengünstig nach ihren Vorstellungen produzieren können. Ein Beispiel für solch ein Projekt ist beispielsweise die Entwicklung eines Magneten für einen Wasserstoff-Motor, der den Zufluss des Wasserstoffs in den Motor regelt. Wir haben einen kleinen Magneten entwickelt, der den Injektor steuert. Bislang ging das Projekt über drei Jahre, und es wird noch mehr als ein Jahr laufen. Der Fokus ruht auf der Entwicklung Lösungen für die rund hundert Kunden des Unternehmens, darunter Bosch, Draeger oder WMF. Foto: Magnetbau Schramme GmbH & Co. KG Reportage | Ein Projekt hinter fast jedem Magnet 12 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0039 Was ist mit den beiden anderen Kategorien „PM Medium“ und „Kategorie 3“? Sie hätten demzufolge kleinere Kaliber. Dr. Joachim Hümmler: Ein Beispiel für ein PM Medium - Projekt ist die Entwicklung einer neuen Generation von Magneten für ein Beatmungsgerät. Wir machen das Re-Design eines aktuellen Magneten. Das Projekt läuft über eineinhalb Jahre. Die Kundenanforderungen sind überschaubar- - aber nicht zu unterschätzen. Die „Kategorie 3“-Projekte sind demgegenüber recht einfache Projekte. Durch ihre einmalige Aufgabenstellung sind sie laut Definition Projekte, doch sie stellen keine hohen Ansprüche an das Projektmanagement. Beispielsweise hat ein Hersteller von Melkmaschinen uns um Magnete für eine Befestigung gebeten. Er wusste genau, was er brauchte; wir haben den Auftrag lediglich industrialisiert. Wie darf ich mir die Verteilung der Projekte vorstellen? Wie viele Projekte gibt es in jeder Kategorie? Maximilian Wuest: Derzeit führen wir rund 5 PM Heavy-Projekte durch, 15 PM Medium-Projekte und 15 Projekte der Kategorie 3. Eine Projektlandschaft muss strategisch gesteuert werden. Vorhin haben Sie Ihren Steuerungskreis erwähnt. Ich vermute, dass über den Steuerkreis das Top-Management direkt am Projektmanagement beteiligt ist. Dem Steuerkreis würde dann nicht nur die Kategorisierung der Projekte obliegen, sondern auch die strategische Steuerung der Projektlandschaft. Maximilian Wuest: In unserem Steuerkreis ist die Geschäftsführung vertreten. Eine der Aufgaben dieses Gremiums ist es, Projekte zu priorisieren. Wie bei vielen Unternehmen sind auch bei uns die Kapazitäten und Ressourcen nicht endlos. Wir müssen Transparenz darüber haben, welche Projekte bei uns Priorität haben-- und wie unsere Ressourcen ausgelastet sind. Die Priorisierung ist am Ende auch für unsere Projektleiter und Projektmitarbeiter wichtig. Viele Mitarbeiter sind in zwei oder drei Projekten involviert. Legen drei Projekte zugleich einem Spezialisten Aufgaben auf den Tisch-- dann ist klar, welches Projekt und welche Aufgabe Vorrang hat? Maximilian Wuest: Ja. Strategische Steuerung des Unternehmens heißt auch, dass man Übersicht hat nicht nur über den Stand der Projekte, sondern auch über ihre Priorität. Für unsere Projektleiter und Projektmitarbeiter bedeuten klare Prioritäten Orientierung im Arbeitsalltag. Dr. Joachim Hümmler: Angenommen, eine Anfrage trifft bei uns ein. Diese Anfrage gleichen wir ab mit unserer Strategie. In der Strategie ist beschrieben, was wir machen- - und was nicht. Wir verfolgen in unserem Unternehmen ja eine Nischenstrategie. Wir machen das, was die großen Hersteller nicht machen. Beispielsweise kein preisgetriebenes Massengeschäft, sondern spezielle Anfertigung von Magneten. Sie haben für Ihr Unternehmen also eine klare Strategie der Differenzierung, die letztlich auch Einfluss hat auf Ihre Projektlandschaft und Priorisierung. Dr. Joachim Hümmler: Genau! Anhand klarer Kriterien entscheiden wir, ob und wie gut diese Anfrage zu unserer Strategie passt. Aus ihr ergibt sich, ob wir ein Angebot abgeben oder nicht. Daraus ergeben sich auch Hinweise für die Priorität. Entwickelt sich aus einer Anfrage ein Kundenprojekt, nehmen wir es in unsere Multi-Projektliste auf. Maximilian Wuest als Multi-Projektleiter betreut diese Liste. Wir betrachten diese Liste monatlich im Steuerkreis. Gestatten Sie mir bitte eine kurze Zwischenbilanz. Der Steuerkreis ist eine Art Scharnierstück zwischen der Projektlandschaft und der Unternehmensstrategie. Hier werden Projekte klassifiziert und anhand der Unternehmensstrategie priorisiert; der Steuerkreis gestaltet die Projektlandschaft so, dass sie zur Unternehmensstrategie passt. Was mich jetzt interessiert: Wer ist Auftraggeber oder Sponsor der Projekte? Und ist jedes Projekt einem Sponsor zugeordnet? Maximilian Wuest: Bei uns hat jedes Projekt einen Auftraggeber. Auftraggeber sind Führungskräfte aus der Ebene unter der Geschäftsführung. Bei Kundenprojekten kommen die Auftraggeber aus dem Vertrieb. Unsere Projektauftraggeber formulieren beispielsweise die Projektziele, nehmen Meilensteine ab und überwachen den Projektstatus gemeinsam mit dem Steuerkreis. Projektleiter können über ihren Auftraggeber und den Steuerkreis Entscheidungen erwirken. Das ist recht unkompliziert: In der Regel bereiten Projektleiter die zu treffende Entscheidung in zehn Minuten vor. Dann wird zehn Minuten diskutiert-- und die Entscheidung gefällt. Der Steuerkreis tagt alle zwei Wochen; die Entscheidungen kommen also schnell. Welche Entscheidungsfreiheit haben Ihre Projektleiter dabei selbst? Dr. Joachim Hümmler: Solange der Termin, die Qualität und die Kosten im vorgesehenen Rahmen sind und die Ampel auf „grün“ steht, lassen wir die Projektleiter selbst Entscheidungen treffen. Finanzielle Maßnahmen müssen dabei freigegeben werden. Doch unter dem Strich haben unsere Projektleiter viel Freiheit bei der Entscheidung- - nur eben mit Einschränkungen bei Budget und Kosten. Sie erwähnten die Ampel. Was, wenn eine Ampel im Projekt von grün auf gelb oder rot springt? Maximilian Wuest: Eine rote Ampel bedeutet bei uns, dass eine Hauptaktivität im Projekt außer Kontrolle geraten ist und auch nicht mehr korrigiert werden kann. Gelb kann bedeuten, dass es einem Projekt nicht gut geht, dass es beispielsweise nicht wie geplant vorankommt. In solchen Fällen kommt das Projekt auf die Agenda des Steuerkreises. Reportage | Ein Projekt hinter fast jedem Magnet 13 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0039 Projektleiter genießen bei Ihnen recht viel Freiheit. Dies setzt Vertrauen und eine offene Kultur im Unternehmen voraus. Dr. Joachim Hümmler: Wie gesagt, solange die Ampel auf grün steht, freue ich mich- - und lasse unsere Projektleiter selbst entscheiden. Ich vertraue ihnen, dass sie bei Schwierigkeiten die Ampel auf gelb oder rot stellen- - und sich melden und die Probleme im Steuerkreis diskutieren. Dann erwarte ich, dass sie nicht den Steuerkreis fragen, wie sie das Problem lösen sollen-- sondern mit Vorschlägen kommen und auch eine Meinung dazu haben, welcher Vorschlag aus ihrer Sicht am besten ist. Viel Freiheit, aber auch viel Selbstverantwortung und Bereitschaft zur transparenten Kommunikation? Dr. Joachim Hümmler: Eben haben Sie das Stichwort „offene Kultur“ genannt. Dieses sehr offene Klima haben wir hier tatsächlich. Es ist einerseits das Ergebnis unserer Unternehmenskultur. Andererseits spielt aber auch eine Rolle, dass der Großteil unserer Mitarbeiter nicht im Homeoffice arbeitet. Wir haben deshalb sehr kurze Kommunikationswege. Unsere Mitarbeiter laufen sich täglich über den Weg. Dies hilft enorm bei der Kommunikation. Eine offene Kultur schließt auch eine konstruktive Fehlerkultur ein. Wie gehen Sie mit diesem Thema um? Dr. Joachim Hümmler: Brennt es in einem Projekt, sage ich: Geht löschen und unternehmt das, was nötig ist, um die Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen. Ich schätze Selbstständigkeit bei unseren Mitarbeitern. Mit anderen Worten, wer Probleme selbst nicht lösen kann und auch nicht auf den Tisch bringt-- der macht einen Fehler. Dr. Joachim Hümmler: Mit Sicherheit. Mir ist es wichtig, dass die Mitarbeiter von sich aus verantwortungsvoll handeln und Maßnahmen ergreifen, wenn es Schwierigkeiten gibt. Auch dann, wenn sich ihre Maßnahmen hinterher als erfolglos herausstellen sollten? Dr. Joachim Hümmler: Auch dann. Maximilian Wuest: Wenn man die Erfolgsfaktoren im Projektmanagement betrachtet, dann sticht ehrliche und rechtzeitige Kommunikation hervor. Offene Kommunikation einerseits in die Organisation hinein, andererseits auch Richtung Kunden und Lieferanten. Dies wird oft als Schlüssel zum Erfolg bezeichnet-- aus meiner Sicht völlig zurecht. In Kundenprojekten wird bekanntlich für das Unternehmen Geld erwirtschaftet. Ich möchte auf die ökonomische Seite Ihres Projektmanagements zu sprechen kommen: darauf, wie Sie die Wirtschaftlichkeit Ihrer Projekte absichern. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Projekte auch ökonomisch für Sie erfolgreich sind? Etwa, dass die kalkulierten Kosten im Rahmen bleiben? Maximilian Wuest: Der Vertrieb, der Kundenaufträge annimmt, erstellt den Projektkostenplan: zum einen die Kosten für das Projekt selbst, etwa Manntage oder Aufwand für die Validierung, zum anderen auch Kosten für Investitionen, Betriebsmittel und Werkzeuge sowie die Herstellkosten. Unsere Projektleiter haben dann die Aufgabe, die Projekte gemäß Projektkostenplan umzusetzen. Wir beobachten während des Projekts, ob der Kostenplan eingehalten wird. Wie gehen Sie dabei vor? Maximilian Wuest: Wir rechnen den Aufwand hoch. Angenommen, ein Projekt läuft 6 Monate und braucht 600 Manntage, dann wissen wir, dass nach einem halben Jahr 300 Manntage „verbraucht“ sein sollten. Das ist eine lineare Rechnung. In der Theorie! In der Praxis sieht dies oft anders aus. Maximilian Wuest: Manchmal ist der Anfangsaufwand in einem Projekt höher. Dann sind nach 3 Monaten vielleicht schon 400 Manntage verbucht-… Die Montage in der Produktion. Foto: Magnetbau Schramme GmbH & Co. KG Reportage | Ein Projekt hinter fast jedem Magnet 14 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0039 …-dann würde die vorhin erwähnte Ampel auf gelb oder sogar rot springen. Maximilian Wuest: Es sei denn, der Projektleiter hat eine gute Erklärung dafür und erläutert, wie es zu dem Anfangsaufwand kommt. Deswegen gilt bei uns immer der Abgleich mit den Prognosen plus die Einschätzung des Projektleiters. Wir sind im Augenblick dabei, dies noch schärfer zu fassen als wir es bisher getan haben und unser Projektmanagement weiterzuentwickeln. Ich habe verstanden, dass der Projektleiter vom Vertrieb ein vorgegebenes Kostengerüst übernimmt, den Projektkostenplan. Doch möglicherweise hat der Vertrieb eine andere Sichtweise auf die Kosten als ein Projektleiter. Vielleicht kalkuliert er zu optimistisch, um dem Kunden ein gutes Angebot zu machen. Dr. Joachim Hümmler: Wie vorhin gesagt, der Vertrieb ist der Projektauftraggeber. Er muss sich mit dem Projektleiter abstimmen. Hinzu kommt, dass der Auftraggeber das Projekt bis zum Abschluss begleitet. Der Vertrieb plant also nicht und gibt dann ab an die Projektleiter. Er steht während des Projekts in der Verantwortung-- bis zum Ende. Kalkuliert er zur optimistisch, fällt ihm dies früher oder später auf die Füße. Entwickeln sich da nicht Spannungen zwischen Vertrieb und Projektleiter? Maximilian Wuest: Nicht Spannungen, aber eine konstruktive und nützliche Diskussion. Einerseits: Der Vertrieb kann nicht für ein Projekt 100 Manntage kalkulieren, wenn 200 gebraucht werden. Andererseits: Der Projektleiter kann nicht 300 Manntage fordern, um sich beim Aufwand abzusichern; der Vertrieb muss das Projekt ja auch verkaufen können. Die Diskussionen helfen, bei den Projektkosten für beide Seiten zu tragbaren Ergebnissen zu kommen. Eingangs haben wir über Ihre Projektarten gesprochen. Neben den Kundenprojekten haben Sie Ihre Grundlagen-Projekten erwähnt. Dies interessiert mich näher. Die Umsetzung einer Unternehmensstrategie bedeutet nicht nur, die richtigen Projekte mit den richtigen Kunden erfolgreich abzuwickeln-- sondern auch in Know-how zu investieren. In Know-how, das das Unternehmen strategisch weiterbringt. Dabei geht es auch um gezielt ausgewählte Grundlagen- Projekte, die die Strategie unterstützen. Dr. Joachim Hümmler: Dies sehe ich genauso. Unsere Grundlagenprojekte können wir natürlich nicht mit der Intensität bearbeiten, mit der wir unsere Kundenprojekte verfolgen- - mit denen wir ja unser Geld verdienen. Dennoch entscheiden wir uns immer wieder, durch Grundlagen-Projekte neues Knowhow aufzubauen. Zum Beispiel? Dr. Joachim Hümmler: Bei uns laufen derzeit drei Wasserstoff-Projekte für Kunden. Dafür brauchen wir Werkstoffe, die geeignet sind für den Einsatz mit Wasserstoff. Bestimmte Werkstoffe können in dieser Umgebung verspröden. Die Frage ist, welche Werkstoffe sich auf welche Weise für Wasserstoff eignen? Dieser Frage sind wir in einem Grundlagenprojekt nachgegangen. Und? Auf welche Werkstoffe lief es hinaus? Dr. Joachim Hümmler: Edelstahl. Doch der Edelstahl, den wir einsetzen können, muss manchmal magnetisch leitend sein. Und wir müssen ihn verschweißen können-- beispielsweise mit einem Laser. Verändert dann das Schweißen die Struktur des Stahls- - und damit seine magnetischen Eigenschaften? Die Frage ist: Welche Edelstähle und welche Laser eignen sich genau für diesen Einsatz? Maximilian Wuest: Solche Grundlagen-Projekte sind für eine wichtige Wissensquelle. Doch viel Know-how erarbeiten wir uns auch in Kundenprojekten selbst. Nach unserem ersten Wasserstoff-Projekt konnten wir die nächsten schneller und Das Unternehmen produziert Serienprodukte zwischen 150 und 500.000 Exemplaren pro Jahr. Foto: Magnetbau Schramme GmbH & Co. KG Reportage | Ein Projekt hinter fast jedem Magnet 15 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0039 effizienter bearbeiten. Know-how ist sehr wichtig für uns; wir arbeiten ja stark kompetenzorientiert. Auf unserer Website finden Sie deshalb keine Produkte, sondern Ideen und Beispiele. Die Grundlagen-Projekte sind also ein Beispiel dafür, wie Sie mit Projekten ihre strategischen Unternehmensziele umsetzen? Dr. Joachim Hümmler: Natürlich! Wenn wir Kompetenz aufbauen, dann können wir Expertise nachweisen, wenn die Nachfrage kommt. Dies hilft uns am Ende, unsere Nische weiterhin erfolgreich zu besetzen. Haben Sie einen Edelstahl für die Magnete gefunden, die Sie im Wasserstoff einsetzen werden? Dr. Joachim Hümmler: Haben wir! Wir werden die ersten 300 Stück im Juli ausliefern und dann im Laufe der Zeit die Produktion steigern- - vielleicht auf 100.000 bis 150.000 pro Jahr. Das ist keine Großserie im klassischen Sinne, aber für uns eine gute Stückzahl. Weitere Informationen: www.magnetbau-schramme.de Eingangsabbildung: Ein Azubi bei Magnetbau Schramme. Foto: Magnetbau Schramme GmbH & Co. KG Maximilian Wüst Maximilian Wüst ist Wirtschaftsingenieur und seit seinem Berufseinstieg bei der Firma Schramme als Projektmanager tätig. Bereits kurze Zeit nach seinem Einstieg übernahm er die Rolle des Projektleiters und ist heute als Projektleiter sowie Multiprojektmanager tätig. In dieser Funktion verantwortet er die Leitung vielfältiger Projekte in den Bereichen Digitalisierung, Prozessoptimierung und Entwicklung-- vor allem im Automotive-Umfeld nach ISO 9001 und IATF 16 949. Nach seinem Bachelor- und Masterstudium im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen bringt der 29-Jährige eine fundierte Kombination aus technischem Verständnis und betriebswirtschaftlichem Know-how in seine Projekte ein. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in der unternehmensweiten Weiterentwicklung und Schulung von Projektmanagementstandards nach DIN 69 901. Darüber hinaus koordiniert er das Multiprojektmanagement abteilungsübergreifend in allen Unternehmensbereichen. Dr. Joachim Hümmler Dr. Joachim Hümmler hat Maschinenbau an der RWTH Aachen studiert und am Fraunhofer Institut für Produktionstechnologie in Aachen promoviert. Nach verschiedenen Führungspositionen bei der WMF AG in Geislingen und China sowie der Röhm GmbH in Sontheim ist Joachim Hümmler seit 2020 CEO der Magnetbau Schramme GmbH. Unter seiner Leitung hat das Unternehmen bedeutende Fortschritte in der Entwicklung innovativer Magnetbau-Lösungen gemacht und ist damit einer der führenden Anbieter in der Branche. Foto: Magnetbau Schramme GmbH & Co. KG PM und E-Rechnung in einer Lösung Projektportfolio Ressourcenmanagement Multiprojektcontrolling Angebote und Angebote und E-Rechnungen Scrum, Kanban, PRINCE2 ® , IPMA, BPMN Anzeige 16 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0040 Die Rolle des Top-Managements für eine erfolgreiche Projektarbeit Reinhard Wagner, Ingo Cammans Für eilige Leser | Der Umgang mit Projekten ist heute in vielen Unternehmen schon Routine. Ihre strategische Bedeutung nimmt angesichts einer hohen Unsicherheit und Veränderlichkeit der Märkte weiter zu und erfordert ein hohes Engagement des Top-Managements. Es geht dabei um die strategische Ausrichtung einzelner Projekte, des gesamten Projektgeschäfts wie auch der (dynamischen) Fähigkeiten im Unternehmen, strategisch richtig auf Veränderungen reagieren zu können. Dazu zählt auch die organisatorische Aufstellung, die möglichst optimal zu den Anforderungen des Projektgeschäfts passen sollte. Dies darf jedoch nicht nur operativ geschehen, sondern muss strategisch ausgerichtet sein. Schlagwörter | Top-Management, Strategisches Projektmanagement, Governance, Unternehmenssteuerung, Projektgeschäft 1. Herausforderungen und Potenziale der zunehmenden Transformation zum Projektgeschäft („Projektifizierung“) In vielen Unternehmen gehört der Umgang mit Projekten inzwischen zur alltäglichen Routine und ist nichts Außergewöhnliches mehr. Projekte werden für die Entwicklung von Produkten und Services, deren Herstellung und Bereitstellung sowie einer Vielzahl interner Aufgabenstellungen gebraucht. So wird nach einer Studie der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement inzwischen mehr als ein Drittel der Arbeitszeit in der deutschen Wirtschaft in Projekten verbracht, Tendenz steigend [1]. Betrachten wir unterschiedliche Branchen oder Sektoren in der deutschen Wirtschaft, dann hat die Projektifizierung in einigen Bereichen deutlich stärkere Ausmaße angenommen. So werden in der Baubranche und in der Rüstungsindustrie schon mehr als 50 % der Arbeitszeit in Projekten verbracht, in der Beratungsbranche erreicht der Anteil auch schon nahezu die Hälfte. Manche Unternehmen arbeiten schon so stark projektbasiert, dass der überwiegende Anteil der Arbeit in Form von Projekten erledigt wird. Dies hat selbstverständlich Auswirkungen auf das Geschäft, die organisatorischen Prozesse, Strukturen und Kulturen sowie auf das Management und die Unternehmensleitung. Das Top-Management muss sich nicht mehr nur um das operative Management einzelner Projekte kümmern („Management von Projekten“), sondern zunehmend auch um das strategische Management der durch die vielen Projekte erreichten Unternehmensentwicklung („Management durch Projekte“). Denken wir diese Entwicklung konsequent weiter [2], dann geht es um nicht weniger als die Ausgestaltung eines projektorientierten Unternehmens bzw. einer projektorientierten Unternehmensentwicklung (siehe Abbildung 1). Je weiter diese Entwicklung in einem Unternehmen fortgeschritten ist, umso wichtiger ist die aktive Rolle des Top-Managements bei der Gestaltung der Projekte, des Umfeldes für Projektgeschäft und der projektorientierten Unternehmensentwicklung. Dies erfordert einerseits Zeit. Wenn das Projektgeschäft mehr als die Hälfte des Jahresumsatzes ausmacht, dann sollte auch mehr als die Hälfte der Zeit des Top-Managements in diese Gestaltungsaufgabe fließen. Andererseits erfordert dies auch spezifische Kompetenzen des Top-Managements auf dem Gebiet der projektorientierten Gestaltung. Diese ist jedoch nicht immer vorhanden. Es fehlt aus Sicht der Autoren regelmäßig an Verständnis und auch Kompetenz auf Ebene des Top-Managements im Umgang mit Projekten. Projekte werden durch das Top-Management eher als operative Umsetzung der auf oberster Ebene definierten Strategien gesehen und im Verantwortungsbereich von Pro- Wissen | Die Rolle des Top-Managements für eine erfolgreiche Projektarbeit 17 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0040 jektmanagern oder der mittleren Managementebene verortet. Das Gap zwischen der strategischen und operativen Ebene muss dringend überwunden werden, sonst wird eine erfolgreiche Transformation des Unternehmens in Richtung einer zunehmenden Projektorientierung nicht gelingen [3]. Hierzu braucht es die aktive Unterstützung der auf Projektmanagement spezialisierten Einheiten (u. a. Project Management Office, PMO) oder Verantwortlichen (u. a. Leiter Projektmanagement) sowie das Commitment des Top-Managements, sich dieser Gestaltungsaufgabe zu widmen. 2. Die strategische Ausrichtung und Beeinflussung einzelner Projekte In den letzten Jahren hat sich im Top-Management nach und nach die Erkenntnis durchgesetzt, dass Projekte und Programme im Unternehmen nur durch eine pro-aktive und unterstützende Rolle des Top-Managements erfolgreich sein können [4]. Das ist eine positive Entwicklung. Insbesondere bei der Initialisierung von Projekten sollte das Top-Management Verantwortung für die Formulierung klarer Anforderungen übernehmen. Denn bei vielen (internen) Projekten sind Top-Manager häufig selbst in der Rolle eines Projektauftraggebers. Das bedeutet, dass sie die strategischen Ziele in einen Business Case und in entsprechende Projektziele übersetzen müssen. Dies ist besonders wichtig, um eine Abstimmung der strategischen Ebene mit der Projektabwicklung sicherzustellen. Gleichzeitig geben sie dabei den Rahmen für das Projekt vor, was einerseits die Vorgaben des magischen Dreiecks von Terminen, Kosten und inhaltlichen Anforderungen und andererseits strategische Erwartungen wie z. B. ein schnellerer „time-to-market“ oder eine Effizienzsteigerung umfassen kann. Das Projektteam erstellt ein Projektdesign und eine erste Projektplanung mit den Ressourcen-Anforderungen, die der Projektauftraggeber freigeben muss. Je besser der Projektauftraggeber bzw. das Top-Management in diese Phase eines Projektes eingebunden ist, umso besser stellt sich die Ausgangssituation für das Projektteam dar. Bei komplexen Veränderungsprojekten oder Transformationen ergeben sich vollständige Zieldefinitionen häufig erst im Verlauf der Umsetzung. Deshalb muss das Top- Management intensiv in die eigentlich Projektabwicklung mit eingebunden werden, um Entscheidungen „aus der Situation heraus“ treffen zu können [6]. Das Top-Management ist für die Bereitstellung des Umfelds für Projektarbeit gefragt. In Konzernen kann es dazu adäquate, zentrale Richtlinien geben, die dann in den operativen Geschäftsbereichen auf die konkrete Geschäftsausprägung adaptiert werden können. Hierzu sollte es klare Vorgaben aus einer Perspektive der „Project Governance“ geben [7]. Diese Aufgabe verbindet die Corporate Governance eines Unternehmens mit den Richtlinien, Regeln und Vorgaben aus strategischer Perspektive und macht sie als Rahmenwerk für das Projekt und das Projektmanagement verfügbar. Es umfasst neben allgemeinen Vorgaben, wie z. B. einem „Code of Ethics & Professional Conduct,“ organisatorische und prozessuale Vorgaben. Dies umfasst Rollen, Gremien, Entscheidungswege, eine „Delegation of Authority (DoA)“ und anzuwendende Prozesse, Methoden und Tools. Darüber hinaus werden auch Berichtspflichten, Meldewege und Datenformate vorgegeben, um das Projektgeschehen möglichst transparent zu machen. Die Klärung des Project Governance hilft, Missverständnisse zwischen dem Projektteam und der übergeordneten Steuerung zu vermeiden, die typischerweise durch den Projektauftraggeber, einen projektspezifischen Steuerkreis oder einen übergreifenden Projektportfoliosteuerkreis ausgeübt wird. In der Praxis können schon unterschiedliche Ampelfarben erhebliche Diskussionen über den zutreffenden Status eines Projektes auslösen. Auch die Berichtsinhalte, -formate und -frequenzen sind zwischen allen Beteiligten abzustimmen, sonst gehen wichtige Informationen verloren. Hier ist es wichtig, auf eine kontinuierliche Verbesserung des Projektmanagements hinzuwirken und ein organisationales Lernen zu ermöglichen. Schließlich geht es auch um übergreifende Führung des Projektmanagers und des Teams [8].Allerdings geht es nicht nur um die formale Seite der Einbindung des Top-Managements. Was häufig vergessen wird ist die informelle Seite und die Unterstützung des Projektes, die das Top-Management im Projektverlauf zeigen sollte. Ansprechbar bei Fragen oder Problemen im Projekt zu sein, ermunternde Worte oder ein Dankeschön bewirken manchmal wahre Wunder. Gerade in kritischen Situationen, wie z. B. bei einer unerwarteten Kostensteigerung oder wesentlicher Zeitverschiebung im Projekt ist es wichtig, dass Top-Manager aufmerksam sind, sich Zeit für das Projektteam nehmen und eigene Ideen bzw. Lösungsvorschläge einbringen. Das Top- Management verfügt häufig über mehr Erfahrung aus einer strategischen Lösungsperspektive, kann Ressourcen im Unternehmen aktivieren und dabei helfen, entsprechende Entscheidungen mit etwas mehr Abstand vom Tagesgeschäft als die Projektleitung zu treffen. Es geht allerdings auf keinen Fall darum, das Projektteam aus der Verantwortung zu nehmen und selbst als Top-Manager das Projektmanagement zu überneh- Abbildung 1: Entwicklungskontinuum des Projektmanagements [2] Wissen | Die Rolle des Top-Managements für eine erfolgreiche Projektarbeit 18 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0040 men, sondern im Interesse des Unternehmens Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. Selbstverständlich ist das Top-Management in der Rolle als Auftraggeber oder in einem der Entscheidungsgremien auch für die Abnahme von Arbeitsergebnissen, die Freigabe der Planung und wesentliche Steuerungsmaßnahmen, wie z. B. Änderungen, zuständig. 3. Die Gestaltung des Projektgeschäfts durch das Top-Management In vielen Branchen, wie z. B. der Automobilindustrie, hängt der Erfolg eines Unternehmens stark von der Leistungsfähigkeit des Projektgeschäfts ab. Dies kann bei innovativen Firmen die erfolgreiche Erneuerung des Produktportfolios durch Projekte oder Programme sein, oder bei einem Fahrzeughersteller die Skalierung der Fertigungskapazitäten auf internationaler Ebene, um arbeitsteilig und der Nachfrage entsprechend Produkte „just-in-time“ liefern zu können [9]. In Branchen mit einem rapiden Anstieg der Nachfrage, wie z. B. gerade im Bereich von Verteidigungs- oder Energietechnik, muss das Top-Management nicht nur die Abwicklung einzelner Projekte stärken, sondern das gesamte „Projektgeschäft“ strategisch ausrichten. Hierbei wird idealerweise ein dynamischer Projektportfoliomanagementansatz angewendet (siehe Abbildung 2). Alle Projekte mit strategischer Bedeutung für das Unternehmen werden in einem oder mehreren Projektportfolios gebündelt und systematisch geführt. Entscheidend ist, dass die passenden Projekte in Portfolios zusammengeführt werden, deswegen gibt es in Großunternehmen mehrere Portfolios der jeweiligen Geschäftsbereiche, die separat betrachtet werden sollten. Dies kann dann jeweils zentral durch einen „Chief Project Officer“ [10] im Top-Management bzw. in den Geschäftsbereichsleitungen mit Unterstützung eines Corporate PMO erfolgen, oder in einer eigenständigen Projektgesellschaft zusammengeführt werden. Aus den strategischen Zielen werden konkrete Kriterien zur Auswahl und Priorisierung der Projekte für die aktuelle, wie auch zukünftige Perioden abgeleitet [11]. Je dynamischer das interne und externe Umfeld des Projektgeschäfts ist, umso kurzzyklischer fällt die Projektportfolioplanung und -steuerung aus, eine durchaus als „agil“ zu bezeichnende Vorgehensweise.Das Projektgeschäft sollte nicht nur durch die Brille des Projektmanagements betrachtet werden. Strategische Planungs- und Steuerungsfunktionen, wie z. B. das Asset Management oder das Produktmanagement, spielen mit dem Projekt(portfolio)management zusammen. So erfolgt beispielsweise der massive Ausbau der Stromnetze in Deutschland auf Basis gesetzlicher Vorgaben durch privatwirtschaftliche Unternehmen, die derzeit gewaltige Investitionssummen in die Entwicklung ihrer Assets stecken und über das Assetmanagement das Portfolio von Infrastrukturprojekten planen und steuern. Auch in der Verteidigungsindustrie ist durch die Investitionen der Bundesregierung mit einem deutlichen Ausbau des Portfolios an Produkten wie auch Fertigungskapazitäten zu rechnen, die durch Projekte realisiert werden. Neben der Planung einzelner (Groß-)Projekte, werden auch mehrere Projekte zu einem Programm gebündelt und mit einem Programmmanagement auf die strategischen Ziele hin ausgesteuert. Die Großprojektleiter und Programmmanager berichten typischerweise direkt an das Top-Management und erwarten eine kompetente Unterstützung bei Eskalation sowie eine belastbare Priorisierung. Strategische Instrumente, wie z. B. Szenario-Planungstechniken, Roadmapping oder Portfolio-Analysen, lassen sich für die Ausrichtung des Projektgeschäfts sinnvoll nutzen. Das Top-Management wird typischerweise durch ein strategisch positioniertes PMO oder spezifische Stabsfunktionen bei der Planung und Steuerung unterstützt. Alle zusammen müssen sowohl strategische Kompetenzen wie auch Projektmanagement-Kompetenzen mitbringen. Ideal ist häufig eine Besetzung mit Führungskräften, die in der Vergangenheit schon selbst Projekte realisiert und über einige Jahre als Führungskräfte in der Linie gute Verbindungen zum Top-Management aufgebaut haben. Abbildung 2: Dynamische Planung des Projektgeschäfts über einen Portfolioansatz Wissen | Die Rolle des Top-Managements für eine erfolgreiche Projektarbeit 19 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0040 Nicht selten wird die Entwicklung eines spezifischen Projektgeschäfts auch in eigens dafür gegründete Projektgesellschaften oder Joint Ventures überführt. Dort liegt der Fokus stark auf der strategischen Entwicklung entsprechender Projekte. Wird das Projektgeschäft dagegen in einer Matrixorganisation umgesetzt, ergeben sich immer wieder Konflikte zwischen etablierten Fachbereichen mit ihren eigenen Bereichszielen und den Projektzielen in Bereichen der Auslastung, Personalzuordnung, Kosten- und Ergebniszielen und der zeitlichen Auftragserfüllung. Im angelsächsischen Raum beliebte Projektabwicklungsverfahren, wie z. B. die Integrierte Projektabwicklung (IPA) oder die kooperativen Allianzmodelle mit mehreren beteiligten Unternehmen werden in Deutschland bislang nur vereinzelt angewendet [12]. Dies liegt sicherlich auch daran, dass sich das Top-Management hierzulande oft noch wenig mit den rechtlichen, unternehmerischen und abwicklungsseitigen Chancen und Risiken dieser Modelle detailliert auseinandergesetzt hat. 4. Die Gestaltung eines projektorientierten Unternehmens Steigt die Zahl der Projekte in einem Unternehmen, nimmt auch der Druck auf das Top-Management zu, strukturelle und kulturelle Veränderungen vorzunehmen. Denn die organisatorische Logik ändert sich mit zunehmender Projektorientierung (siehe Abbildung 3). Auf dem Prinzip des „Dual Operating Models“ von John Kotter [13] aufbauend verschiebt sich die organisatorische Logik bzw. der „innere Kompass“ von einer an der Routine ausgerichtet Organisation, die stabil und vorhersehbar fast wie ein Uhrwerk funktioniert und auch so geplant und gesteuert wird. Die Organisation ist eher hierarchisch aufgebaut und das Prinzip der Führung basiert auf dem „Command & Control.“ Je mehr Projekte in dieser Organisation abgewickelt werden sollen, umso mehr geht es um Veränderung, Innovation und Agilität. Das Projektgeschäft in diesem eher dynamischen Umfeld baut auf Selbstorganisation, Befähigung und Empowerment auf. Es ist jedoch nicht nur die Führung, die sich deutlich verändert, sondern auch die Fähigkeiten und das Mindset sind anders als in der bisherigen Logik der Linienorganisation. So haben beispielsweise die Betreiber der Stromnetze in Deutschland bisher vor allem den Betrieb und die Instandhaltung im Blick gehabt. Heute sind sie aufgefordert, sehr viele Projekte bis hin zu Megaprojekten umzusetzen. Die organisatorische Logik verschiebt sich deutlich hin zur Projektlogik. Damit das gesamte Unternehmen in diese Projektlogik hinwächst braucht es eine Vielzahl von Entwicklungsmaßnahmen [14], wie z. B. die Entwicklung professioneller Standards für das Management von Projekten, Programmen und Projektportfolios mit abgestimmten Prozessen, Methoden und Tools. Auch eine Reihe von Rollen müssen eingeführt bzw. ausgebaut werden. Dazu zählen neben den klassischen Rollen auch Projektmanagement-Offices (PMOs), die Entscheidungsgremien und Fachfunktionen wie z. B. einen Projekteinkauf, wenn es um großvolumige Beschaffungsaufgaben mit komplexen Ausschreibungen und Vergabeverfahren geht. Technologien und Tools für die Projektabwicklung wie z. B. Planungssoftware, Kollaborationstools und spezielle Applikationen der Künstlichen Intelligenz (KI) für Analyse von Projektdaten und Entscheidungsvorbereitung erfordern spezifische IT-Rollen. Schließlich sind aber auch spezifische Aufgaben des Human Resource (HR) Management für das Projektmanagement nötig. Dazu zählen u. a. ein spezifischer Projektmanagement-Karrierepfad und darauf abgestimmte Qualifikations- und Zertifizierungsmaßnahmen sowie Trainings und Coaching [15]. Hierbei spielen neben den Hard-Facts des Projektmangements die Soft-Facts eine zunehmend wichtige Rolle. All das wird nicht in einem Schritt etabliert werden können, sondern braucht eine abgestimmte Agenda in Zusammenarbeit zwischen dem für Projektmanagement verantwortlichen Manager und dem TopManagement. Die Aufgabe des Top-Managements ist hier vor allem, mit einer klar formulierten Vision, Mission und strategischen Zielen bzw. KPIs die Richtung vorzugeben und die Umsetzung in gleicher Weise pro-aktiv zu begleiten, wie es bei anderen Projekten auch der Fall ist. Hier gibt das Top-Management nicht nur die (strategische) Richtung vor, sondern unterstützt die Veränderung im Unternehmen selbst aktiv als Vorbild und mit begleitendem Change Management [16]. Da nicht nur das Umfeld vieler Unternehmen volatil, unsicher und häufig disruptiv ist, braucht es für diese Unternehmensentwicklung auch eine Fähigkeit zur dynamischen Entwicklung. Hier kommt das „Dynamic Capability Model (DCM)“ zum Einsatz, denn die Fähigkeit zur professionellen Umsetzung von Projekten zählt eindeutig dazu [17]. Teece [18] beschreibt mit dem Begriff der dynamischen Fähigkeiten das Potenzial von Unternehmen, sich an veränderte Bedingungen anzupassen, Chancen zu Abbildung 3: Die Änderung der organisatorischen Logik durch die Projektifizierung Wissen | Die Rolle des Top-Managements für eine erfolgreiche Projektarbeit 20 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0040 nutzen und die Organisation dynamisch anzupassen, indem vorhandene Ressourcen verändert und weiterentwickelt sowie auch zusätzliche Ressourcen integriert werden. Dadurch gelingt es einem Unternehmen besser, sich an die veränderlichen Umweltbedingungen anzupassen und so wichtige Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Das DCM bindet das Top-Management ganz eng in das Geschehen ein. Denn auf Basis einer regelmäßigen Analyse des Umfelds mit den Wettbewerbern, der Nachfrage am Markt und den relevanten Leistungen bzw. Technologien, werden Geschäftschancen identifiziert („Sensing“). Dies fließt in das „Seizing“ ein, bei dem im Zusammenspiel zwischen dem Top- Management und einer (Projekt-)Portfoliorolle die aussichtsreichsten Geschäftschancen angesichts der Unternehmensstrategie, absehbarer Reaktionen des Marktes und seinen Wettbewerbern Projekte gestartet werden, um neue Produkte, Dienstleistungen, Technologien oder Verfahren zu entwickeln, die einen Wettbewerbsvorsprung ermöglichen. Hierfür sind das möglicherweise Anpassungen an der Struktur und Kultur des Unternehmens notwendig, um die Organisation auf ein neues Fähigkeitsniveau zu heben. Häufig sind auch Investitionen in die Infrastruktur, Trainings und andere Unterstützungsmaßnahmen nötig. Ein gutes Beispiel hierfür ist gerade die Einführung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz in der Entwicklung, der Fertigung oder in anderen Unternehmensbereichen. Der Schritt wird im DCM dann „Transforming“ genannt und wird in der Regel durch Projekte oder Programme realisiert. 5. Fazit und Ausblick Es wird deutlich, wie stark das Top-Management bei einer zunehmenden Projektifizierung und Veränderlichkeit des Projektgeschäfts gefragt ist, sich proaktiv einzubringen. Es reicht nicht mehr aus, an der Seitenlinie die Projektabwicklung zu beobachten, sondern eine deutlich aktivere Rolle ist einzunehmen. Einerseits um neue Projekte richtig aufzusetzen und in ihrer Umsetzung zu begleiten und das gesamte Projektgeschäft im Unternehmen strategisch zu steuern. Andererseits aber auch, um die Voraussetzungen im Sinne der oben beschriebenen „Dynamic Capabilities“ aufzubauen, damit das Unternehmen durch die Fähigkeit zur wirksamen Umsetzung von Projekten seine Wettbewerbsfähigkeit erhält bzw. weiter ausbaut. Angesichts der anhaltenden Unsicherheit auf den Weltmärkten und vieler weiterer Einflussfaktoren wird das auch in Zukunft wichtig bleiben. Die organisatorische Logik des Unternehmens verschiebt sich zunehmend zu einer „Projektlogik.“ Unternehmen werden deshalb schon als „projektorientiert“ oder sogar „projektbasiert“ beschrieben [19]. Wichtig ist hierfür aber eine starke Rolle des Top-Managements, die diese Entwicklung strategisch vorantreiben sollte [20], um erfolgreich zu bleiben. Literatur [1] Wald, Andreas; Schneider, Christoph; Thuy, Peter (2023): Projektifizierung reloaded: Ergebnisse der zweiten Studie zum Stand der Projektifizierung in Deutschland. In: PRO- JEKTMANAGEMENT AKTUELL, 34 (5). [2] Bea, Franz Xaver; Scheurer, Steffen; Hesselmann, Sabine (2019): Projektmanagement. 3. Auflage. UKV Verlag, München. [3] Wagner, Reinhard (Hrsg.) (2009): Projekt als Strategie- - Strategie als Projekt. Trends, Potenziale, Perspektiven. GPM, Nürnberg. [4] Gleich, Ronald; Wagner, Reinhard; Wald, Andreas; Schneider, Christoph; Görner, Arno (2012): Mit Projekten Unternehmen erfolgreich führen. GPM, Nürnberg [5] Wagner, Reinhard; Bergau, Michael; Schnichels-Fahrbach, Ludger (2017): Die Rolle des Auftraggebers für den Projekterfolg. In: projektMANAGEMENT aktuell 03 / 2017, S. 36-44. [6] Schurig, Sebastian; Wagner, Reinhard (2021): Anforderungen von Transformationen an das Projektmanagement. In: projektMANAGEMENT aktuell 05 / 2021, S. 22-26. [7] Müller, Ralf (2009): Project Governance. Gower, Farnham. [8] Rattay, Günter (2003): Führung von Projektorganisationen. Linde Verlag, Wien. Abbildung 4: Das „Dynamic Capabilities Model“ von Teece [18] Wissen | Die Rolle des Top-Managements für eine erfolgreiche Projektarbeit 21 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0040 [9] Wagner, Reinhard; Erasmus, Jens (2023): Projektmanagement in der Automobilindustrie-- Effizientes Management von Fahrzeugprojekten entlang der Wertschöpfungskette. 6. Auflage. Springer Gabler, Wiesbaden. [10] Rietiker, Stephen (2009): Strategie- und Projektarbeit organisatorisch verbinden. In: Wagner, Reinhard (Hrsg.): Projekt als Strategie-- Strategie als Projekt. Trends, Potenziale, Perspektiven. S. 80-94. GPM, Nürnberg. [11] Lock, Dennis; Wagner Reinhard (Eds.) (2018): Handbook of Project Portfolio Management. Routledge, Abingdon. [12] Budau, Maximilian Rolf-Dieter (2024): Integrierte Projektabwicklung mit Mehrparteien-verträgen- - Untersuchungen zur Wirkung der vertraglichen Gestaltungsoptionen. KIT Scientific Publishing, Karlsruhe. [13] Kotter, John P. (2014): Accelerate: Building Strategic Agility for a Faster-Moving World. Harvard Business Review Press, Boston. [14] Lang, Michael; Wagner, Reinhard (Hrsg.) (2019): Der Weg zum projektorientierten Unternehmen. Hanser, München. [15] Huemann, Martina (2015): Human Resource Management in the Project-Oriented Organization. Towards a Viable System for Project Personnel. Gower, Farnham. [16] Lang, Michael; Wagner, Reinhard (Hrsg.) (2022): Das Change Management Workbook. Veränderungen im Unternehmen erfolgreich gestalten. 2. Auflage. Hanser, München. [17] Winch, Graham; Maytorena-Sanchez, Eunice; Sergeeva, Natalya (2022): Strategic Project Organizing. Oxford University Press, Oxford. [18] Teece, David J. (2018): Business models and dynamic capabilities. Long Range Planning , 51(1), S. 40-49. [19] Lundin, Rolf; Arvidsson, Niklas, Brady, Tim; Ekstedt, Eskil; Midler, Christopher, Sydow, Jörg (2015): Managing and Working in Project Society. Institutional Challenges of Temporary Organizations. Cambridge University Press, Cambridge. [20] Kerzner, Harold; Saladis, Frank P. (2009): What Executives Need to Know About Project Management. Wiley, Hoboken. Eingangsabbildung: © iStock.com/ mustafahacalaki Dr. Reinhard Wagner Dr. Reinhard Wagner hat in knapp 40 Jahren Berufserfahrung selbst viel praktische Erfahrungen im (Multi-) Projektmanagement gesammelt und berät heute Führungskräfte von Industrieunternehmen bei der Professionalisierung ihres Projektgeschäfts. Er ist Geschäftsführer der Projektivisten GmbH und ehemaliger Präsident der GPM sowie der IPMA. Seit vielen Jahren ist er maßgeblich an der Weiterentwicklung der PM-Disziplin beteiligt, national wie international, hat inzwischen mehr als 40 Fachbücher und hunderte Artikel veröffentlicht. Er lehrt als Professor für Projektmanagement im Doctoral Study Program an der Europäischen Universität Alma Mater Europaea sowie der Stellenbosch University, Südafrika. Bozener Str. 1, 86 316 Friedberg Telefon: +49 (0) 1522 29 36 87 1 E-Mail: rw@projektivisten.com Ingo Cammans Ingo Cammans ist nach vielen Jahren im Industrieanlagenbau und diversen Auslandseinsätzen über den Militärfahrzeugbereich der MAN zur Rheinmetall gekommen. Dort war er viele Jahre verantwortlich für das (Multi-) Projektmanagement im Radfahrzeugbereich der Militärfahrzeuge. Er ist seit nunmehr vier Jahren bei der Rheinmetall AG als Principal Project Manager im Bereich Business Excellence zentraler Koordinator für Projektmanagement. Er verfügt über eine A-Level-Zertifizierung nach IPMA. Am Fischweiher 23, 85 229 Markt Indersdorf Telefon: +49 (0) 170 6 343 792 E-Mail: office@cammans.name 22 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0041 Multiprojektmanagement als Schlüssel zur unternehmerischen Steuerung-- Einblicke in die Praxis Andreas Vogel, Reinhard Wagner, Clemens Wiegel Für eilige Leser | Die wachsende Zahl von Projekten erfordert heutzutage eine Professionalisierung des Multiprojektmanagements. Damit werden alle Projekte in einem Verantwortungsbereich auf die Strategie des Unternehmens ausgerichtet. Die Verzahnung zwischen Unternehmens- und Multiprojektsteuerung erfolgt neben strukturellen und prozessualen Ansätzen auch mit einer Vielzahl digitaler Werkzeuge. Eine nachhaltige Verankerung entsprechender Ansätze erfordert jedoch eine Kulturänderung, die Projekten eine strategische Bedeutung zugesteht, um die strategischen Ziele des Unternehmens erreichen zu können. Schlagwörter | Multiprojektmanagement, Projektportfoliomanagement, Unternehmenssteuerung, Erfahrungsaustausch 1. Ausgangssituation, Herausforderungen und Handlungsbedarf Projekte erfreuen sich in Deutschland weiterhin einer hohen Beliebtheit. So nimmt die Anzahl der Projekte in der Wirtschaft immer weiter zu, um anspruchsvolle Aufgaben im Rahmen vordefinierter Termine, Budgets und Anforderungen ins Ziel zu bringen [1]. Auch in anderen Bereichen der Gesellschaft wird zunehmend in Projekten gearbeitet. So werden in der öffentlichen Verwaltung nicht nur auf Ebene des Bundes, sondern über die Länder bis zu den Kommunen immer mehr Projekte umgesetzt. Dies kann im Zusammenhang mit dem Ausbau der Infrastruktur, der Energiewende oder anderen Maßnahmen stehen. Auch in Bereichen wie Kunst, Sport und Kultur werden Projekte zur Realisierung von Veranstaltungen und Aktivitäten genutzt, genauso wie in der Zivilgesellschaft, sei es in Vereinen oder bei Bürgerinitiativen [2]. Dieser Trend, der in der Wissenschaft häufig mit „Projektifizierung“ bezeichnet wird, verursacht deutliche Veränderungen der Organisation hin zu einem projektorientierten Unternehmen, das seine Aktivitäten zunehmend in Form eines Projektes umsetzt [3]. Projektmanagement wird als Führungsinstrument verstanden, mit dem die strategischen Ziele des Unternehmens umgesetzt werden [4]. Hierzu braucht es ein leistungsfähiges Multiprojektmanagement (MPM), das die Vielzahl der Initiativen und Ideen in einer frühen Phase transparent macht und über ein systematisches Projektportfoliomanagement die Auswahl und Priorisierung der Projekte (und Programme) auf Basis der strategischen Ziele sowie der Ressourcenverfügbarkeit ermöglicht. Schließlich müssen die verschiedenen Projekte mit ihren Aktivitäten aufeinander abgestimmt und mit den Abhängigkeiten geplant und gesteuert werden. Ziel ist die richtigen Projekte richtig umzusetzen [5]. Im Folgenden fassen wir wesentliche Erkenntnisse eines MPM-Erfahrungsaustauschkreises zusammen, der sich in den vergangenen zwei Jahren in regelmäßigen Abständen über jeweils 1 ½ Tage bei den beteiligten Unternehmen zusammengefunden hat. Dabei ging es vorrangig um die Ausgestaltung des MPM, also u. a. um strukturelle Fragen, Prozesse und Methoden, dem Projektportfoliomanagement, der Lieferantenintegration sowie einer förderlichen Kultur. Unserer Erfahrung nach wird dem MPM in vielen Unternehmen noch viel zu wenig Beachtung geschenkt. Damit wird viel Potenzial verschenkt, was angesichts der Herausforderungen in der Weltwirtschaft unverständlich ist. Wissen | Multiprojektmanagement als Schlüssel zur unternehmerischen Steuerung 23 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0041 2. Grundlegende Konzepte des Multiprojektmanagements in der Praxis Gemäß DIN 69 909-1 kann Multiprojektmanagement als „organisatorischer und prozessualer Rahmen für das Management mehrerer einzelner Projekte“ [6] definiert werden. Es umfasst also alle Projekte und Programme in einem Unternehmen, einer Organisationseinheit bzw. einer Führungsverantwortung. Letzteres ist besonders wichtig, da es im MPM um wesentliche Entscheidungen geht. Ausgangspunkt für das MPM ist die Strategie des Unternehmens bzw. die Ziele im jeweiligen Verantwortungsbereich. Hieraus lassen sich die internen Initiativen bzw. Projektideen herleiten, oder bei externer Veranlassung bewerten. Zahlt das potenzielle Projekt auf die strategischen Ziele ein, welcher Nutzen kann bei einer erfolgreichen Durchführung des Projekts erzielt werden bzw. lohnen sich die Investitionen für das Unternehmen? In kleineren oder mittleren Unternehmen werden diese Fragen auf Ebene der Geschäftsführung behandelt, ggf. mit Unterstützung eines zentral eingerichteten Projektmanagement-Office (PMO). Bei Konzernen oder größeren Unternehmen wird hierzu ein Projektportfolio eingerichtet, das nach DIN 69 909-1 als die „Zusammenfassung von Projekten und Programmen in einem abgegrenzten Verantwortungsbereich zum Zwecke einer permanenten übergeordneten Planung und Steuerung“ definiert werden kann. Abbildung 1 zeigt, dass es häufig nicht nur ein Projektportfolio im Unternehmen gibt, sondern-- abhängig von Projektinhalten, der Zuordnung von Budgets oder von Verantwortlichkeiten- - mehrere. Es kann Projekte und Programme geben, die nicht eindeutig einem Projektportfolio zugeordnet werden können, so z. B. das Sonderprojekt für eine Betriebsfeier. Ab und zu gibt es jedoch auch ein Teilportfolio innerhalb eines Projektportfolios, wie z. B. das Projektportfolio von Vorentwicklungsprojekten in einem Projektportfolio von Entwicklungsprojekten des Unternehmens. Das Projektportfoliomanagement ist die zentrale Planungs- und Steuerungsinstanz zwischen der strategischen Ebene des Unternehmens und den operativen Projekten und Programmen. Von dort braucht das Projektportfoliomanagement Informationen, von der frühen Phase der Initialisierung bis ans Ende (und noch darüber hinaus), um eine systematische Auswahl, Priorisierung, Planung und Steuerung sicherzustellen. Wie das genau funktioniert, würde den Rahmen des Beitrags sprengen, wir verweisen hier auf die einschlägige Literatur [7, 8]. Das MPM umfasst jedoch auch das Programmmanagement. Nach DIN 69 909-1 kann ein Programm definiert werden als „Menge von Projekten, die miteinander verknüpft sind, ein gemeinsames übergeordnetes Ziel verfolgen und spätestens mit der Erreichung der Zielsetzung enden.“ Im Unterschied zum Projektportfoliomanagement sind das Programm- und auch das Projektmanagement zeitlich befristet und enden mit der Zielerreichung. Beim Programmmanagement geht es um die Abbildung 1: Einordnung von Projekten, Programmen und Projektportfolios [6] Abbildung 2: Steuerungsebenen im Multiprojektmanagement [9] Wissen | Multiprojektmanagement als Schlüssel zur unternehmerischen Steuerung 24 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0041 koordinierte Planung und Steuerung mehrerer Projekte. Diese sind in der Regel miteinander verknüpft. So umfasst beispielsweise ein Programm in der Automobilindustrie nicht nur die Entwicklung des Fahrzeugs mit einer Vielzahl an Modulen und Komponenten, sondern auch die Entwicklung der Produktionsanlagen, die Bereitstellung von Werkzeugen und Betriebsmitteln, die Produktion, Montage und Auslieferung der Fahrzeuge sowie entsprechende After-Sales Services [9]. Auch Veränderungsvorhaben und Transformationen werden häufig in Form von Programmen realisiert. Hier wirken verschiedene Projekte wie Zahnräder ineinander und werden durch ein integratives Programmmanagement in Richtung der Zielsetzung gesteuert [10]. Randbedingungen für das MPM in Form von Projektportfolio- und Programmmanagement ist die Optimierung des Ressourceneinsatzes, der Minimierung von Risiken wie auch die Maximierung von Chancen bzw. der „Benefits.“ Ins Multiprojektmanagement sind verschiedene Rollen bzw. Gremien eingebunden. Neben den Managern für die Projekte und Programme kann es auf Projektportfolioebene auch einen Projektportfoliomanager geben. Einzelne Projekte / Programme können durch ein „Project / Program Office“ (PO) unterstützt werden. Das Projektportfolio wird üblicherweise durch ein „Project Management Office“ unterstützt, dessen Leitung dann häufig formal auch in der Rolle des Projektportfoliomanagers ist. Das MPM integriert über verschiedene Ebenen hinweg die jeweiligen Entscheider in entsprechenden Gremien (siehe Abbildung 2). Diese Steuerungsebenen sollten wie „kommunizierende Röhren“ aufeinander abgestimmt sein und so die Erfüllung aller strategischen Ziele, Key Performance Indicators (KPIs) und Erwartungen der Führungskräfte ermöglichen. 3. Die Wechselwirkung von Unternehmens- und Multiprojektsteuerung Das Multiprojektmanagement stellt also die Verbindung zwischen der strategischen Ebene des Unternehmens und der operativen Ebene der Projekte dar. Es soll die Ausschöpfung der Geschäftspotenziale sicherstellen (siehe Abbildung 3). Dies soll dadurch erreicht werden, dass die richtigen Projekte richtig gemacht werden. Hierfür müssen durch das MPM die richtigen Projekte ausgewählt (Effektivität) und mit Hilfe des Einzelprojektmanagements effizient umgesetzt werden. Das MPM orientiert sich bei der Auswahl der Projekte vor allem an deren strategischem sowie wirtschaftlichen Nutzen und einer optimalen Auslastung der verfügbaren Ressourcen (u. a. Material, Finanzmittel, Personal). Gleichzeitig soll eine Transparenz über die Projektlandschaft hergestellt werden, die für vielfältige Entscheidungen nötig ist. So z. B. für Entscheidungen über den Aufbzw. Ausbau von Ressourcen, die Investition in Kapazitäten oder die Priorisierung bestimmter Projekte aufgrund von Marktveränderungen. Für alle Entscheidungen im MPM braucht es jedoch eindeutig formulierte Ziele mit Key Performance Indicators (KPIs), die von der strategischen Ebene bis auf die Projekte herunter- Abbildung 3: Ausschöpfung der Geschäftspotenziale durch MPM Abbildung 4: Abstimmung der verschiedenen Steuerungsebenen mit der Balanced Scorecard Wissen | Multiprojektmanagement als Schlüssel zur unternehmerischen Steuerung 25 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0041 gebrochen werden müssen [11]. Ein möglicher Ansatz ist die Balanced Scorecard (BSC), die von einer Unternehmensebene, über Bereiche mit einem Projektportfolio und Abteilungen mit Programmen bis auf die Aktivitäten- oder Projektebene detailliert werden kann. Die Ziele werden mit KPIs und entsprechenden Vorgaben sowie Maßnahmen unterlegt. Auf jeder Ebene können so die Managementanforderungen in konkrete Vorgaben verpackt und eine integrierte Planung aufgesetzt werden. Diese kann dann „bottom-up“ für die Nachverfolgung und auch eine synchronisierte Steuerung genutzt werden. Auch ein agilerer Ansatz mit „objectives & key results (OKRs)“ kann hier zur Anwendung kommen. Neben den Zielen gibt es jedoch noch eine Vielzahl weiterer Inputfaktoren für das MPM (siehe Abbildung 5). So stellt beispielsweise die Budgetplanung auf Basis von Jahresscheiben oder in kürzeren Zeitabständen die für die Umsetzung des Projektportfolios zur Verfügung stehenden Finanzmittel bereit. Daneben gibt es in vielen Unternehmen weitere Rahmenbedingungen, wie z. B. die Ressourcenverfügbarkeit oder gesetzliche Verpflichtungen. Darüber hinaus fließen in die Entscheidungsfindung auch vielfältige wirtschaftliche, strategische oder andere Kriterien zur Bewertung ein. So stellt sich häufig die Frage, welche Projekte dem Unternehmen am ehesten einen Wettbewerbsvorsprung sichern. Dies kann in einer Vorschau, mit Szenarien oder auf Basis von Roadmaps (u. a. Technologie-Roadmap) geklärt werden. Schließlich kann die strategische Ebene auch selbst aktiv werden und strategische Initiativen und Programme vorschlagen [12]. Auf der anderen Seite sind die Informationen aus dem MPM bzw. Projektportfolio wertvolle Eingangsgrößen für die strategische Ebene. So können beispielsweise die Lessons Learned aus Projekten, Programmen und dem Portfolio für die Weiterentwicklung der Strategie eines Unternehmens genutzt werden („emergente Strategie“). Auch verschiedene Szenarien des aktuellen bzw. zukünftigen Projektportfolios kann Aufschlüsse über Handlungsoptionen für die strategische Planung geben. Auch Performance, Risiken und Chancen der Projektabwicklung können auf MPM-Ebene ausgewertet und für die Entwicklung der strategischen Position des Unternehmens genutzt werden. Es gilt also eine Vielzahl an Wechselwirkungen zwischen der Unternehmens- und Multiprojektsteuerung auszugestalten. Hier sollte das MPM in einer aktiven Rolle zusammen mit dem Top-Management agieren und die Top-down- Sicht auf das Projektportfolio um eine Bottom-up-Sicht ergänzen. Dies wird in der Praxis schnell komplex, deshalb kommen hier professionelle MPM-Softwaresysteme zum Einsatz. 4. Auswahl und Implementierung einer Multiprojektmanagement-Software Der Computer mitsamt Software zur Planung und Steuerung von Geschäftsprozessen ist aus den allermeisten Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Gerade traditionelle Linien- Aktivitäten wie Materialwirtschaft, Produktion und Einkauf, aber auch Stabs-Tätigkeiten wie Finanz- und Rechnungswesen, Controlling und Personalwirtschaft sind schon seit Jahrzehnten ohne die Verwendung integrierter, digitalisierter Lösungen kaum vorstellbar. Umso naheliegender erscheint es, auch eine integrierte, digitalisierte Lösung für das MPM in Unternehmen zu verwenden. Die Realität sieht jedoch meist anders aus: Nicht selten werden lediglich Tabellenkalkulations- und Präsentations-Programme zum MPM herangezogen-- inklusive selbstgestrickter, teils liebgewonnener Individuallösungen, die sich im Lauf der Jahre verselbständigt haben. Deshalb ist die Einführung eines ganzheitlichen, standardisierten, automatisierten und digitalisierten MPMs in den meisten Fällen nicht nur ein IT-, sondern ein veritables Transformations-Vorhaben und sollte auch dementsprechend angegangen werden. Im Folgenden soll besonders auf die Organisations-, IT-, und Projektmanagement-seitigen Anforderungen eingegangen werden. Denn dieser Klärung der Anforderungen kommt ein besonderer Stellenwert zu. Nur durch eine klare Festlegung entsteht eine saubere Basis für die später folgende Auswahl der IT-Lösung. Die Klärung der Organisations-seitigen Grundanforderungen geht u. a. auf folgende Gesichtspunkte ein: • Welche Geschäftsbereiche sollen abgebildet werden? Der Umfang kann alle Geschäftsbereiche oder einzelne Geschäftsbereiche oder gar spezielle Segmente diverser Geschäftsbereiche einschließen. • Welche geographischen Bereiche sollen abgebildet werden? Der Umfang kann sich global erstrecken, oder lokal eng umgrenzt sein. • Welchem Zweck soll die IT-Lösung dienen? Der Umfang kann Planung, Reporting und / oder Entscheidungsherbeiführung beinhalten. Abbildung 5: Zusammenspiel der strategischen Ebene mit dem Projektportfolio-Management Wissen | Multiprojektmanagement als Schlüssel zur unternehmerischen Steuerung 26 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0041 Die IT- / System-seitigen Grundanforderungen betrachten u. a. die folgenden Aspekte: • Welcher Grad an Individualisierbarkeit wird angestrebt? Der Grad an Individualisierbarkeit kann vom unveränderbaren über ein anpassbares Standard-Tool bis hin zu einem frei programmierbaren Tool zur Abbildung individueller Prozesse reichen. • Welches Level an Integration in die IT-Landschaft soll erreicht werden? Das Level an Integration kann von einer Einzelplatzlösung über eine zentrale Lösung ohne oder mit Anbindung an das ERP bis hin zur Integration in das ERP reichen. • Welches Ausmaß an Automatisierung wird anvisiert? Das Ausmaß an Automatisierung kann von der Generierung von Reports über die Bereitstellung von Dashboards bis hinzu zu KI-seitig getroffenen Entscheidungen reichen. Bei der Klärung der PM-seitigen Grundanforderungen geht es u. a. um folgende Fragen: • Welchem PM Standard soll vorrangig gefolgt werden? Es können gängige Standards wie IPMA oder PMI etc. zugrunde gelegt werden, sowie bewusst oder unbewusst gewählte Mischformen bestehender Standards, oder im jeweiligen Unternehmenskontext etablierte Standards. • Welche PM Kompetenzen sollen abgebildet werden (abhängig vom gewählten PM Standard)? Der Umfang kann sich bspw. bei IPMA ICB 4.0 auf ausgewählte PM Practice Kompetenzen wie z. B. Time, Finance, Resources und Risk and Opportunity beschränken, oder auch auf PM People und PM Perspective Kompetenzen ausgedehnt werden. • Welche Projekt-Kategorien sollen abgebildet werden? Der Umfang kann A-, B- und / oder C-Projekte enthalten. Der Umfang kann auch nicht-kategorisierte, projekthafte Vorhaben enthalten. • Welche Projekt-Arten sollen abgebildet werden? Der Umfang kann bspw. R&D-, IT-, Kunden-, Investitions- und Organisations-Projekte umfassen, oder sich auf einzelne Projektarten beschränken. Der Umfang kann Projekte, Programme und / oder Portfolios beinhalten. Aus der Beantwortung dieser und weiterer Fragen lassen sich Schlüsse in Bezug auf die Nutzergruppen und -anzahl, die Komplexität, sowie Umfang und Tiefgang der IT-Lösung ableiten. Es empfiehlt sich, die sich so ergebenden, vielfältigen und ggf. teils widersprüchlichen Organisations-, IT- und PM-seitigen Anforderungen sorgfältig zu priorisieren, um einen stabilen Rahmen für die Auswahl der IT-Lösung für ein ganzheitliches, standardisiertes, automatisiertes und digitalisiertes (Multi-) Projektmanagement zu schaffen. Das weitere Vorgehen wird mit einem eigenen Beitrag ausführlich dargestellt. 5. Multiprojektmanagement nachhaltig im Unternehmen verankern Unternehmen stehen zunehmend vor Herausforderungen, denen sie mit klassischen Organisationsformen sowie optimiert wiederholbaren Prozessen und statischen Organisationsstrukturen kaum wettbewerbsfähig begegnen können. Beispielhaft seien Herausforderungen genannt, die neben zunehmender Produktkomplexität das gegenwärtige Unternehmensumfeld prägen: • Geringes Wachstum • Unsicherheit durch weltweite Krisen und politische Unwägbarkeiten • Entkopplung der Wirtschaftsräume • Hoch kompetitive Märkte und kurze Entwicklungszeiten mit schnellen Innovationszyklen • Komplexe instabiler werdende Lieferketten • hohe Regulierung & Bürokratie • In Deutschland kommen das seit 2007 fehlende Produktivitätswachstum und der Fachkräftemangel erschwerend hinzu. Dieser Dynamik möchten Unternehmen mit funktionsübergreifender Projektarbeit und agilen Methoden begegnen. Hierbei stellt sich die Aufgabe, die richtigen Projekte zum optimalen Zeitpunkt zu starten und das Portfolio der zahlreichen Projekte zu planen, zu steuern und zu überwachen. Als logische Konsequenz folgt in vielen Unternehmen der Beschluss, Multiprojektmanagement einzuführen. Engagierte und kompetente Projekt Management Offices werden dabei schnell mit zunächst unsichtbaren Hemmnissen konfrontiert. In diesem Zusammenprall einer starken Linienorganisation und schwachen Projekten treten Konflikte und Symptome zu Tage, die sich gegenseitig negativ verstärken können: • Interventionen der Linienorganisation beeinflussen die Projektarbeit durch ihre Machtstellung und (Über-)Steuerung von Prioritäten. • In Folge der Ressourcenengpässe geraten Projekte in Schieflage und erfordern eine Stabilisierung über Task Forces • Die sichtbaren Erfolge von Task Forces überstrahlen das Ansehen gut geführter Projekte und fördern eine „Helden- Kultur“ • Das PMO reagiert mit Regulierung und Vorgaben, wird ggf. als Überwacher statt als Helfer wahrgenommen • Das Ansehen der Projektleiter und -Teams sinkt und damit auch ihre Führungs- und Durchsetzungsfähigkeit. Projekte werden fälschlicherweise als Zusatzaufgabe zur eigentlichen Verantwortung wahrgenommen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die erfolgreiche Einführung von Multiprojektmanagement ist daher die Transformation der Unternehmenskultur. Welche Anstrengungen letztlich zur Implementierung von Multiprojektmanagement in einem Unternehmen erforderlich sind, hängt von der Art seines Geschäfts und seiner Organisationsreife ab. Unternehmen die Projekt- und Lösungsgeschäft über zahlreiche kundenspezifische Projekte abwickeln, werden Multiprojektmanagement generell leichter implementieren, da sie aus der Geschäftsnotwendigkeit heraus bereits ihren Auftragsbestand als Projektportfolio managen. Industrieunternehmen, deren Geschäft eher durch Serienproduktion geprägt ist, weisen tendenziell eine starke Führung entlang der Linienorganisation auf. In diesen Organisationen erfordert die Verankerung von Multiprojektmanagement als transversales Führungsinstrument (d. h. quer zur Linienorganisation) höhere Anstrengungen. Dies liegt in der Reife der Organisation begründet und ihrer Bereitschaft, pluralistische Organisationselemente einzubauen. Frédéric Laloux [13] bietet ein Modell an, um die Reife einer Organisation zu ermitteln. Er skizziert fünf Evolutionsstufen Wissen | Multiprojektmanagement als Schlüssel zur unternehmerischen Steuerung 27 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0041 einer Organisation, die er aufsteigend mit den Farben Rot (Mafia), Bernstein (Armee), Orange (Maschine), Grün (Familie) und Petrol (Ökosysteme) bezeichnet. Die klassischen Wettbewerbsvorteile der meisten Industrieunternehmen basieren auf den Stärken der Evolutionsstufe Orange. Sie sind wie eine Maschine auf Leistung ausgerichtet und zeichnen sich durch Planbarkeit und Innovation aus. Traditionsreiche Unternehmen deren Geschäftsmodell auf professioneller Serienfertigung beruht, schöpfen Ihre Stärke oft aus wiederholbaren Prozessen und stabilen Organigrammen und weisen damit auch bernsteinfarbene Elemente auf. Ein erhöhter Organisationsreifegrad ist jedoch unumgänglich, um in Organisationen Multiprojektmanagement erfolgreich und nachhaltig einzuführen. So sind zum Beispiel auf der grünen Organisationsreife Elemente wie Empowerment und eine werteorientierte Kultur für funktionierendes Multiprojektmanagement erforderlich. Elemente der Evolutionsstufe Petrol wie Ganzheitlichkeit, Sinn und Selbstorganisation bringen den Nutzen von Multiprojektmanagement zur vollen Geltung. Als Folge sind Schulungen und ein Ausrollen von Tools, Methoden, Rollenmodellen und Templates eine notwendige aber keineswegs hinreichende Maßnahme. Die Einführung von Multiprojektmanagement erfordert eine umfassendere Transformation einer Organisation, die mit der- - statt gegen die aktuelle-- Unternehmenskultur arbeitet. Hier hat sich eine zweistufige Transformationsorganisation bewährt: 1. Ein übergreifender Zentralbereich (PM-Excellence) führt die Transformation im Auftrag der obersten Leitung und übernimmt als Kompetenzzentrum die umfassende thematische Verantwortung für: • Transparenz des Projektportfolios, sowie ggf. zentrales Monitoring der unternehmenskritischen Projekte • Kategorisierung der Projekte • Standards, Methoden, Templates • Projektmanagement-Training • Animation von Experten-Netzwerken, Lessons Learned • Projektleiter-Karriere zur Herstellung von Gleichwertigkeit mit der Linien-Karriere Da Projektmanagement sich als geschäftsführender Integrationsprozess auf funktionierende und qualitätsgesicherte Prozesse abstützt, erweist sich eine organisatorische Aufhängung an der Geschäftsführung, COO oder Personalleitung als zweckmäßig. 2. Eine Funktion je Geschäftsbereich steuert als Heimathafen der Projektteams die operative Umsetzung im Geschäftsbereich bzw. den regionalen Einheiten eines Unternehmens: • standardisierte Projektdurchführung • Projektberatung & Coaching In zeitlicher Staffelung erfolgen unter der Aussteuerung durch ein Transformation Management Office nach dem ADKAR®- Modell [14]: 1. Awareness: Ist-Aufnahme und Zielstellung des Multiprojektmanagement 2. Desire: Konzeptionierung und Kommunikation des Transformationsprogramms 3. Knowledge: Rollout der o. g. Dimensionen 4. Ability: Ausbau der IT-Lösungen für Projekt- und Portfoliomanagement 5. Reinforcement: Organisatorische Verankerung des Multiprojektmanagements unter Verschlankung der Gremienstruktur der bisherigen Linienorganisation In der Einführungsphase kommt dem Transformation Management Office die Steuerung der Veränderung zu. Es bindet die obersten Leitungen ein, denn Transformation als Führungsaufgabe ist nicht delegierbar. In jedem Falle sind die Projektziele für die Linienorganisation als gemeinsame transversale Zielsetzung erfolgskritisch. Mit zunehmendem Fortschritt der Transformation kommt die Organisation ihrem Ziel näher: • Die richtigen Projekte zu starten auf Grundlage der Portfoliobewertung • Die Projekte richtig durchzuführen • qualifizierte und zertifizierte Projektteams, die das Projektportfolio mit maximalem Geschäftsnutzen umsetzen Zug um Zug wird die Unternehmenskultur den bewährten Arbeitsweisen in erfolgreichen Projekten folgen. Sie sind geprägt von starken Projekten ggü. der Aufbauorganisation. Die Erreichung der Ziele erfolgt zunehmend über die Projektleiter, wobei diese proaktiv als „CEO des Projektes“ unternehmerisch handeln. Ihre Rolle wird zunehmend geprägt als Führungskraft mit Befugnissen und den erforderlichen Mitteln. In der Zusammenarbeit wird sich zunehmend das Muster der Entscheidungsfindung im Multiprojektmanagement ausprägen: • Die Linienorganisation entscheidet über die Ressourcensteuerung und fachgerechte Umsetzung (Wer / Wie). • Die Projektleitung entscheidet zur Erreichung der Projektziele über Inhalt und Termine (Was / Wann): • Wirtschaftliche Verantwortung • Beauftragung der projektbezogenen Gewerke • Ganzheitliche Überwachung des Projektfortschritts • Auflösen von Zielkonflikten Mit zunehmender Systemreifung in Expertise und Kultur wird das Transformation Management Office weitere Optimierungsschritte gehen, um Struktur, Mensch und PM-Prozess eng zu verweben: a. Vorgaben reduzieren b. Hilfen erweitern c. Vernetzung stärken zum Ausbau der Kompetenzen und zur systematischen Weiterentwicklung. Der Verknüpfung mit wesentlichen Unternehmensfunktionen in der Wertschöpfungskette (Entwicklung, Einkauf, Fertigung- …) sowie Personalwesen kommt wachsende Bedeutung zu. d. übergreifende Ausrichtung des Projektportfolios auf Nutzen und Unternehmensziele 6. Fazit und Ausblick Durch eine zunehmende Projektifizierung der Wirtschaft müssen sich viele Unternehmen nicht nur mit einem professionellen Management einzelner Projekte auseinandersetzen, sondern zunehmend auch mit dem dazugehörigen Multiprojektmanagement. Dieses steuert die vielen Projekte und Programme auf die Realisierung der unternehmerischen Ziele hin. In kleineren und mittleren Betrieben wird das MPM üblicherweise zentral auf Ebene der Geschäftsführung angesiedelt, bei größeren Unternehmen eher dezentral in unterschiedlichen Wissen | Multiprojektmanagement als Schlüssel zur unternehmerischen Steuerung 28 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0041 Bereichen. Auf Basis der Erkenntnisse eines zweijährigen Erfahrungsaustausches mit Industrieunternehmen empfehlen wir die ganzheitliche und schrittweise Ausgestaltung des MPM, um die Projekte und Programme möglichst effektiv und effizient umzusetzen. Dies wird angesichts knapper Ressourcen und Budgets auch in Zukunft notwendig sein, um strategische Herausforderungen erfolgreich bewältigen zu können. Denn bekanntlich machen Projekte Zukunft! Literatur [1] Wald, Andreas; Schneider, Christoph; Thuy, Peter (2023): Projektifizierung reloaded: Ergebnisse der zweiten Studie zum Stand der Projektifizierung in Deutschland. In: PRO- JEKTMANAGEMENT AKTUELL, 34 (5). [2] Wagner, Reinhard (2022): Projektifizierung der Gesellschaft in Deutschland- - Status, Trends und Akteure. In: PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL, 01 / 2022. [3] Lang, Michael; Wagner, Reinhard (Hrsg.) (2019): Der Weg zum projektorientierten Unternehmen. Hanser, München. [4] Gleich, Ronald; Wagner, Reinhard; Wald, Andreas; Schneider, Christoph; Görner, Arno (2012): Mit Projekten Unternehmen erfolgreich führen. GPM, Nürnberg. [5] Wald, Andreas; Wagner, Reinhard; Nuhn, Helge; Schneider, Christoph (2014): Strategieorientierte Multiprojektsteuerung: Herausforderungen und Lösungsansätze. In: PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL, 25 (1). [6] DIN (2013): Multiprojektmanagement- - Management von Projektportfolios, Programmen und Projekten-- Teil 1: Grundlagen. Beuth, Berlin. [7] Lock, Dennis; Wagner Reinhard (Eds.) (2018): Handbook of Project Portfolio Management. Routledge, Abingdon. [8] Hirzel, Matthias; Alter, Wolfgang; Niklas, Cornelia (Hrsg.) (2019): Projektportfolio-Management. Strategisches und operatives Multi-Projektmanagement in der Praxis. 4. Auflage. SpringerGabler, Wiesbaden [9] Wagner, Reinhard; Erasmus, Jens (2023): Projektmanagement in der Automobilindustrie-- Effizientes Management von Fahrzeugprojekten entlang der Wertschöpfungskette. 6. Auflage. Springer Gabler, Wiesbaden. [10] Schopka, Klaus (2024): Programm-Management zur Steuerung strategischer Vorhaben und Transformationen. Herausforderungen, Methoden, Fallbeispiele. Haufe Group, Freiburg. [11] Rietsch, Jörg (2015): Projektportfolio-Management. Strategische Ausrichtung und Steuerung von Projektlandschaften. Haufe Group, Freiburg. [12] Menz, Markus; Schmid, Torsten; Müller-Stewens, Günter; Lechner, Christoph (2011): Strategische Initiativen und Programme. Unternehmen gezielt transformieren. Gabler Verlag, Wiesbaden. [13] Laloux, Frédéric (2024): Reinventing Organizations. Franz Vahlen, München [14] PROSCI®: www.prosci.com Eingangsabbildung: © chaofann-- stock.adobe.com Andreas Vogel Andreas Vogel hat in 30 Jahren Berufstätigkeit umfangreiche Erfahrung in der Führung von internationalem Projektgeschäft gesammelt. Er leitete als zertifizierter Projekt Direktor komplexe Infrastrukturprojekte und stabilisierte Großprojekte im interkulturellen Kontext. Seine praktischen Erfahrungen im Projektmanagement hat er in diversen Funktionen aller Führungsebenen ergänzt. Bei der Airbus Defence and Space GmbH leitet er als Vice President ein Transformationsprogramm zur Digitalisierung. Seit vielen Jahren beteiligt er sich an der Weiterentwicklung der PM-Disziplin und ist Herausgeber interner Handbücher von Industriekonzernen zum Projektgeschäft. In Siemens verantwortete er den Aufbau eines integrierten Managementsystems für internationales Projektgeschäft inkl. Prozessreifung, Digitalisierung, Kompetenzentwicklung, kultureller Transformation und Portfoliomanagement. Airbus Defence and Space GmbH, Rechliner Strasse, 85 077 Manching Tel.: +49 (0) 172 1085 815 E-Mail: andreas.a.vogel@airbus.com Dr. Reinhard Wagner Dr. Reinhard Wagner hat in knapp 40 Jahren Berufsjahren viel praktische Erfahrungen im (Multi-)Projektmanagement gesammelt und berät heute Führungskräfte von Industrieunternehmen bei der Professionalisierung ihres Projektgeschäfts. Er ist Geschäftsführer der Projektivisten und ehemaliger Präsident der GPM sowie der IPMA. Seit vielen Jahren ist er maßgeblich an der Weiterentwicklung der PM-Disziplin beteiligt, national wie international, hat inzwischen mehr als 40 Fachbücher und hunderte Artikel veröffentlicht. Er lehrt als Professor für Projektmanagement im Doctoral Study Program an der Europäischen Universität Alma Mater Europaea sowie der Stellenbosch University, Südafrika. Bozener Str. 1, 86 316 Friedberg Tel.: +49 (0) 1522 29 36 87 1 E-Mail: rw@projektivisten.com Wissen | Multiprojektmanagement als Schlüssel zur unternehmerischen Steuerung 29 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0041 Clemens Wiegel Clemens Wiegel ist seit mehr als 15 Jahren im Projekt-, Programm- und Portfolio-Management tätig. Dabei hat er die vielfältigen Facetten von Strategie, Produktmanagement, Global Footprint und M&A sowohl in Entscheidungsals auch in Umsetzungs- Vorhaben im interkulturellen Kontext verinnerlicht. Bei Rolls-Royce Power Systems leitet er das globale Portfolio Management komplexer Kundenprojekte im Energie-Sektor. In dieser Rolle ist er Herausgeber des entsprechenden PM Guide und baut aktuell eine ganzheitliche, standardisierte, automatisierte und digitalisierte IT-Lösung für das globale Portfolio- und Projekt-Management auf. Rolls-Royce Power Systems, Maybachplatz 1, 88 045 Friedrichshafen Tel.: +49 (0) 176 1790 1656 E-Mail: Clemens.Wiegel@ps.rolls-royce.com Buchtipp UVK Verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany \ Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ info@narr.de \ www.narr.de Besprechungen gehören unweigerlich zum Berufsleben. Doch wie kann man sie wirksam gestalten. Prof. Dr. Ronny Baierl verrät in diesem Ratgeber, was vor, während und nach einem Meeting zu beachten ist. Er erklärt anschaulich und kompakt, wer an einem Meeting tatsächlich teilnehmen sollte, wie Teilnehmende mit Ablenkung umgehen sollten und was auf ein erfolgreiches Meeting unbedingt folgen muss. Das Buch richtet sich an (Young) Professionals aller Hierarchieebenen, die ihre Meetings künftig wirksamer gestalten möchten. Ronny Baierl Wirksame Meetings Leitfaden für erfolgversprechende Besprechungen 1. Au age 2025, ca. 150 Seiten €[D] 24,90 ISBN 978-3-381-13161-7 eISBN 978-3-381-13162-4 erscheint: 12/ 2025 Anzeige 30 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0042 Der Nutzen professionellen Projektmanagements-- eine Betrachtung qualitativer und quantitativer Aspekte Reinhard Wagner, Adam Galgenmüller Für eilige Leser | In wirtschaftlich schwierigen Zeiten steigt der Druck auf das Projektmanagement, den Nutzen von Projekten und dem eigenen Handeln gegenüber dem Top-Management transparent zu machen. Sonst kann es passieren, dass wichtige Investitionen unterbleiben. Hierfür gilt es den Nutzen von Projekten ganzheitlich zu bewerten. Auch die Erstellung eines Business Cases hilft dabei, den ROI von Investitionen ins Projektmanagement zu ermitteln und Argumente für eine weitere Professionalisierung zu liefern. Darüber hinaus gibt es qualitative Argumente, die in eine Gesamtbetrachtung einfließen sollten. Indikatoren und Messgrößen helfen dabei, den qualitativen und quantitativen Nutzen zu erfassen und mit Hilfe eines strategisch orientierten Projekt-Controllings ganzheitlich zu gestalten. Schlagwörter | Business Case, Nutzen des Projektmanagements, Geschäftswertbeitrag, Mehrwert, ROI 1. Die aktuelle Situation erfordert eine Neujustierung des Projektgeschäfts Angesichts der weiter zunehmenden Bedeutung von Projekten steigt in der Wirtschaft auch der Bedarf an professionellem Projektmanagement. Allerdings nimmt in gleichem Maße auch die Erwartung des Top-Managements an den konkret gelieferten Mehrwert zu. Ist dieser nicht unmittelbar ersichtlich, dann kann es vorkommen, dass die Mittel für Projektmanagement gekürzt und bisher unverzichtbare Unterstützungsleistungen für die Projekte gestoppt werden. So hat eine Studie der GPM zur Projektifizierung in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2023 festgestellt, dass im Vergleich zur Vorgängerstudie im Jahr 2013 mehr als 20 % der befragten Unternehmen ihr etabliertes Project Management Office (PMO) geschlossen haben [1]. Gerade in konjunkturell schwierigen Zeiten häufen sich die Fragen des Top-Managements zur Sinnhaftigkeit und den Wertbeitrag-- Return on Investment (ROI)-- des Projektmanagements mit allen dazugehörigen Unterstützungsleistungen. So werden häufig Schulungsmaßnahmen in der Krise eingespart, die Entwicklung der Projektmanagementstandards, Methoden und Tools auf ein Minimum heruntergefahren bzw. entsprechende Budgets vollständig gekürzt. Ein Problem ist häufig die Unkenntnis des strategischen Mehrwerts von Projekten und deren Management für den Unternehmenserfolg. Ein weiteres Problem ist, dass die für das Projektmanagement zuständigen Manager sich allzu oft auf rein qualitative Aussagen verlassen und wenig quantitative Nutzenargumente vorbringen können. Nur selten wird ein Business Case erstellt oder der ROI des Projektmanagements im Unternehmen berechnet. Dies ist aufwändig und unternehmensspezifisch. Allerdings verspricht die Analyse einen positiven Wertbeitrag abzuliefern [2]. Auch wenn sich nicht der gesamte Nutzen in einer quantitativen Berechnung abbilden lässt, so braucht das Top-Management heutzutage „harte Fakten“, um den Beitrag von Projekten und Projektmanagement auf die unternehmerische Wertschöpfung berechnen zu können [3]. Das Top-Management selbst wird an quantitativen Kennzahlen gemessen und wenn das PMO solche nicht liefern kann, dann droht es eben im Ernstfall „unter die Räder“ zu geraten. Deshalb soll im folgenden Beitrag aufgezeigt werden, wozu Projekte und Projektmanagement im Unternehmen wirklich da sind, wie ein Business Case für das Projektmanagement im Unternehmen aussehen könnte, welcher qualitative Nutzen das Projektmanagement über den ROI hinaus verspricht und welche Indikatoren, Messgrößen und Controlling-Instrumente Wissen | Der Nutzen professionellen Projektmanagements 31 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0042 dabei zum Einsatz kommen können. Nur so lässt sich das Projektgeschäft in Zukunft „sturmfest“ ausrichten. 2. Wozu Projekte und Projektmanagement im Unternehmen wirklich da sind Fragt man in der Praxis, wozu Projekte da sind, dann ist die Antwort scheinbar klar, nämlich die vom Auftraggeber vorgegebenen Projektziele zu erreichen. Darunter verstanden wird dann vor allem die Erbringung des Leistungsumfangs („scope“) des Projekts bzw. der vereinbarten Liefergegenstände („deliverables“) im Rahmen des „magischen Dreiecks“ von Qualität, Kosten und Terminen (siehe Abbildung 1). Am Beispiel der Einführung eines Künstlichen Intelligenz (KI)-Tools ist am Ende des Projektes das Tool installiert und für jeden Anwender im Unternehmen nutzbar. Die KI muss einen vorab definierten Leistungsumfang bieten und innerhalb eines bestimmten Zeitraums und Budgets verfügbar sein. Wird der Liefergegenstand innerhalb des magischen Dreiecks erreicht, dann sprechen wir von „Projektmanagement-Erfolg“, denn das Projektmanagement kümmert sich vorrangig um das Erreichen dieser Projektziele. Was jedoch häufig vergessen wird ist der Zweck bzw. das übergeordnete strategische Ziel des Projekts. Denn ein Projekt ist kein Selbstzweck und muss einen konkreten Wertbeitrag liefern. Am Beispiel der KI ist dies die Erwartung des Top-Managements, dass mit der Anwendung der KI u. a. die Arbeitsprozesse schneller ausgeführt bzw. sogar automatisiert ablaufen und so Personal eingespart bzw. für andere Aufgaben eingeplant werden kann. Die Arbeitsergebnisse werden möglicherweise auch besser und durch die Einbeziehung historischer Daten vollständiger. Dies optimiert die Entscheidungsfindung, die Transparenz und generell die Produktivität im Anwendungsbereich. Der meiste Nutzen („benefits“) stellt sich im Projektgeschäft erst in der Nachprojektphase, also nach Erbringung der Liefergegenstände ein. Nichtsdestotrotz können auch schon während des Projektlebensweges einzelne Nutzenpotentiale erzielt werden, z. B. bei der Auswahl der KI im Projektverlauf die Verbesserung des Know-hows in Bezug auf KI-Tools oder durch die Schulung von Mitarbeitenden im Projekt die Erhöhung der KI-Kompetenz im Unternehmen. Der Auftraggeber eines Projektes ist zuständig, zu Beginn eines Projektes dessen Nutzen bzw. das erwünschte Geschäftsergebnis („Outcome“) zu formulieren und dem Projektteam als Ziel mitzugeben. So wird der Auftraggeber des KI-Einführungsprojektes eine Erwartung an die Einspareffekte (u. a. Zeit, Ressourcen) bzw. die Produktivitätssteigerung durch den Einsatz von KI haben und dies möglichst spezifisch und messbar formulieren. Die Summe des Nutzens, der durch das Projekt entsteht, abzüglich der Investitionssumme kann auch als Projektwertbeitrag („value add“) beschrieben werden. Dieser wird häufig in der Vor-Projektphase in einer ersten Annäherung kalkuliert („Business Case“) und dient dann zur Entscheidung, ob das Projekt gestartet werden soll, oder nicht [4]. Verantwortlich hierfür ist der Projektauftraggeber, der aber das Projektteam bei der Bewertung eng einbinden sollte. Auch hier lässt sich nicht immer alles quantitativ bewerten. So ist am Beispiel des KI-Tools die Frage, wie sich die Einführung auf die strategische Position des Unternehmens auswirken könnte („impact“), also wie sich die Wettbewerbsposition des Unternehmens durch die KI verbessert. Die Einführung des KI-Tools verbessert möglicherweise auch die Attraktivität des Unternehmens bei Nachwuchskräften, die mit modernen Technologien arbeiten wollen. Die Auswirkung von Projekten auf die verschiedenen Stakeholder im Umfeld ist das, was am Ende eine viel realistischere Einschätzung des Erfolgs eines Projektes ermöglicht. Deshalb wird hier vom „Projekterfolg“ gesprochen, der viel umfassender ist als der „Projektmanagementerfolg.“ Mit einem professionellen Projektmanagement soll sichergestellt werden, dass die in der Vor-Projektphase identifizierten und vom Auftraggeber formulierten Projektziele im Rahmen des magischen Dreiecks möglichst effizient erreicht werden. Mit Hilfe eines strategischen Projektbzw. einem übergreifenden Portfoliomanagement soll sichergestellt werden, dass Projekte möglichst effektiv auf die strategischen Ziele einzahlen und ihren vorgesehenen Wertbeitrag abliefern. Damit wird klar, dass Projektmanagement heutzutage unternehmerischer gedacht wird als in der Vergangenheit, wo vor allem der Einsatz von Projektmanagement-Methoden und Tools im Vordergrund stand [5]. 3. Wie ein Business Case für Projektmanagement im Unternehmen aussieht In konjunkturell schwierigen Zeiten muss sich das Projektmanagement genauso wie alle anderen Disziplinen im Unter- Abbildung 1: Wichtige Zusammenhänge zum Nutzen von Projekten und PM Wissen | Der Nutzen professionellen Projektmanagements 32 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0042 nehmen um knappe Budgets bewerben und den ROI transparent machen, der durch das Investment in professionelles Projektmanagement erzielt werden kann [6]. Aus unserer Sicht sind intuitiv vorgebrachte, qualitative Aussagen, wie z. B. „ohne professionelles Projektmanagement können wir die anspruchsvollen Projektziele nicht erreichen,“ nicht mehr ausreichend. Das Top-Management braucht quantitative Argumente, warum weiter ins Projektmanagement investiert werden sollte. Studien zeigen, dass die Investition profitabel ist, aber für jedes Unternehmen individuell berechnet werden muss und dabei die spezifischen Aufwände und Erträge berücksichtigt werden sollten [7]. Im Folgenden soll ein mögliches Schema als Übersicht vorgestellt werden (siehe Abbildung 2). Ein Business Case für das Projektmanagement stellt den einmaligen und laufenden Kosten des Projektmanagements (nicht der Projekte! ) quantitative Einsparungen bzw. den Nutzen gegenüber [8]. So investiert das Unternehmen in die Entwicklung und Einführung eines Standards für Projektmanagement. Dies kann z. B. ein Projektmanagement-Handbuch sein, das neben grundlegenden Definitionen die Projektmanagement-Prozesse, -Methoden und -Werkzeugen auch noch die Rollen mit den Aufgaben, Befugnissen und Verantwortlichkeiten regelt [9]. Neben den Standards muss auch die Governance, die Gremienlandschaft und ggf. ein oder mehrere PMOs aufgebaut und eingeführt werden. Gerade die Einführung ist eine Veränderung, die mit viel Kosten verbunden ist, da in diesem Prozess die Mitarbeitenden aktiv eingebunden werden, um eine hohe Akzeptanz zu erreichen. Projektmanagement erfordert heute eine Vielzahl an digitaler Unterstützung, d. h. Software-Systeme, Applikationen für Kommunikation, Information und Zusammenarbeit. Entsprechende System werden sorgfältig ausgewählt und systematisch in die IT-Landschaft eingeführt, was erfahrungsgemäß aufwändig ist. Schließlich sind alle am Projektmanagement beteiligten Personen initial einzuweisen und zu schulen. Aus den einmaligen Kosten ergeben sich typischerweise auch die laufenden Kosten, die für den Business Case relevant sind. Den Kosten stehen im Business Case direkte und indirekte Einsparungen bzw. ein finanzieller Vorteil gegenüber, der idealerweise die Kosten übersteigen sollte. Dazu zählen als direkte Vorteile vor allem die in den Projekten realisierten Einsparungen, wie z. B. eine Senkung der Non-Conformance Cost (NCC), Effizienzvorteile oder Synergieeffekte, die durch indirekte finanzielle Vorteile bezüglich des Projektumfeldes ergänzt werden. So kann die Kundenzufriedenheit ein größeren Projekt- Volumen ergeben, die Teamzufriedenheit in einer besseren Bindung und reduzierten Kosten für das Recruiting enden bzw. bessere Entscheidungen strategische Vorteile ergeben. Auch hier lassen sich im Einzelfall weitere finanzielle Vorteile erzielen, z. B. durch die Erweiterung der Innovationskraft bzw. des Kompetenzaufbaus durch Projekte. Es besteht also ein enger Zusammenhang zwischen der Investition ins Projektmanagement und dem Erfolg in den Projekten, auch wenn dies im eigenen Unternehmen detailliert analysiert und bewertet werden muss [10]. Hierzu braucht es ein eng auf die Unternehmensstrategie abgestimmtes Kennzahlensystem [11] und Controlling-Mechanismen, die auf Projekt- [12] und Portfolioebene [13] die Kosten-/ Nutzen-Effekte transparent machen. Der ROI ergibt sich dann in einem ausgewählten Zeitraum aus dem Gesamtnutzen abzüglich der Gesamtkosten im Verhältnis zu diesen Gesamtkosten-- Investitionen- - mal Hundert in Prozent. Eine andere Fragestellung lautet, wie lange es dauert, bis die einmaligen Aufwände bzw. Investitionen in das Projektmanagement sich rentiert haben (ggf. mit Zinsen) und das Unternehmen daraus einen positiven Wertbeitrag erwirtschaften kann. 4. Der qualitative Nutzen des Projektmanagements über den ROI hinaus Neben dem quantitativen Nutzen gibt es selbstverständlich weitere, indirekte und nur schwer quantifizierbare Nutzenargumente für das Projektmanagement [14]. Dies reicht von einem Nutzen für die Mitarbeitenden, wie z. B. weniger Stress im Arbeitsalltag durch professionelles Projektmanagement, eine höhere Wirksamkeit, Karrierevorteile durch eine nachweisbare Kompetenz, oder mehr Anerkennung im Unternehmen aufgrund erfolgreicher Projektarbeit. Auch das Projektteam und die Organisation haben einen spürbaren Nutzen, z. B. durch eine verbesserte Kommunikation und das frühzeitige Erkennen von Risiken und Problemen, eine Fokussierung auf die strategischen Ziele und den erwarteten Nutzen im Projektgeschäft, eine erhöhte Motivation und Teamzufriedenheit und die Vermeidung von Überlastung und Chaos. Das Unternehmen profitiert durch eine verbesserte Leistungs- und Anpassungsfähigkeit durch Projekte, die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit nimmt ebenfalls zu. Das Mindset und eine projekt-freundliche Kultur werden im Unternehmen befördert, was zu einer Weiterentwicklung des gesamten Unternehmens in Richtung eines nutzen-orientierten Abbildung 2: Schematischer Business Case für Projektmanagement Wissen | Der Nutzen professionellen Projektmanagements 33 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0042 Projektmanagements führt [15]. Hierzu braucht es neben dem Top-Management alle Führungskräfte und Mitarbeitenden. Denn nur wenn jeder versteht, welchen Mehrwert Projekte und damit zusammenhängend auch das Projektmanagement für das Unternehmen haben und sich dies in konkreten Handlungen niederschlägt, nur dann wird sich eine positive Geschäftsentwicklung einstellen [16]. Insofern ist es wichtig, dass in Weiterbildungsmaßnahmen dieser Zusammenhang deutlich herausgestellt wird und das Top-Management-- in seiner Vorbildfunktion-- dies immer wieder im Unternehmen adressiert und auch aktiv einfordert. In vielen Fällen lässt sich auch der qualitative Nutzen in einen finanziellen Mehrwert umrechnen. Hierzu braucht es jedoch klare Kennzahlen, Messgrößen und entsprechende Verfahren. Unsere Erfahrung in konkreten Anwendungsfällen zeigt, dass zuerst das Bewusstsein für die generellen Zusammenhänge geschärft, alle Nutzenargumente gesammelt und diese dann sukzessive in einen quantitativen Vorteil übersetzt werden sollten. Hierbei helfen Cockpits oder andere visuelle Hilfsmittel [17]. 5. Indikatoren, Messgrößen und Controlling- Instrumente Was uns in der Praxis immer wieder auffällt, dass Indikatoren, Messgrößen und das Controlling vor allem auf die Erfüllung des magischen Dreiecks im Projektgeschäft achten, also ob die Liefergegenstände im Zeit- und Kostenrahmen geliefert werden, oder Abweichungen anfallen. Dabei steckt im Kürzel „KPI“ ja vor allem das Wort „Performance“ bzw. Leistungsfähigkeit. Indikatoren für die Leistungsfähigkeit der Projekte, im Gesamtkontext wie in Abbildung 1 oben aufgezeigt, gibt es hingegen eher selten. Wir plädieren dafür, ein ganzheitliches Kennzahlenkonzept zu entwickeln, das die Leistungsfähigkeit auf den Ebenen der Projekte, Programme und Projektportfolios sowie des jeweiligen Managements betrachtet. So kann der Strategiebeitrag eines IT-Projektes oder -Programmes genauso bewertet werden wie der gesamte Strategiebeitrag eines IT- Projektportfolios [18]. Ändert sich die strategische Ausrichtung eines Unternehmens, so muss das Management auf diesen drei Ebenen nachsteuern und sicherstellen, dass die neuen strategischen Ziele auch erreicht werden. In Abbildung 3 sind beispielhaft Indikatoren mit möglichen Messgrößen aufgeführt. Hier sollte das PMO zusammen mit dem Top-Management eine Auswahl und Priorisierung der Indikatoren vornehmen und diese in einem möglichst zentral geführten Cockpit abbilden. Durch Berichte der zugeordneten Projekte, Programme und Portfolios sowie der PMOs kann der aktuelle Zustand ermittelt, der Fortschritt bewertet und entsprechende Steuerungsmaßnahmen daraus abgeleitet werden. In einem digitalisierten Umfeld kann dies vollständig automatisch, ohne allzu großen Aufwand erfolgen. Selbstverständlich sind weitere Indikatoren und Messgrößen denkbar. Die Literatur bietet hier nur wenig Konkretes [19]. Auf Basis eines strategischen Dialogs zwischen dem Top-Management und den Projektmanagement-Verantwortlichen im Unternehmen lässt sich sicher Klarheit dazu schaffen, wie Projekte und Projektmanagement nutzbringend ausgerichtet werden können und welche Controlling-Instrumente dabei zum Einsatz kommen können [20] 6. Fazit und Ausblick Intuitiv ist allen Projektbeteiligten klar, dass Projekte und Projektmanagement einen positiven Nutzen bzw. Mehrwert stiften. In der Praxis wird dies allerdings nur in den wenigsten Fällen transparent gemacht. Dabei sollten wir uns von der Vorstellung lösen, dass es bei Projekten „nur“ um die Bereitstellung der versprochenen Liefergegenstände im magischen Dreieck von Terminen, Budgets und Qualitätsanforderungen geht. Es wird nämlich schon im Projektverlauf und nach dem Projektende viel Wert geschaffen. Der Nutzen kann teilweise quantitativ und auch qualitativ erfasst und bewertet werden. Erst nach einer Weile ergibt sich dann das wahre Ausmaß des Geschäftswertbeitrages eines Projektes. Auch das Projektmanagement wird heute kritischer denn je vom Top-Management gesehen. Lohnt sich die Investition in ein professionelles Projektmanagement überhaupt bzw. wann amortisieren sich die eingesetzten Investitionsmittel? Mit einem Business Case haben wir eine beispielhafte Rechnung gezeigt, die im Unternehmen dabei helfen kann, Investitionen in die Professionalisierung des Projekt-, Programm- und Portfoliomanagements zu begründen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wird dies wichtig sein, sonst droht die Schließung eines PMOs oder die Streichung aller Maßnahmen zur Weiterentwicklung bzw. Abbildung 3: Mögliche Indikatoren und Messgrößen für das Projektgeschäft Wissen | Der Nutzen professionellen Projektmanagements 34 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0042 -bildung im Projektmanagement. Da nicht alle Nutzenaspekte quantitativ messbar sind, hilft es auch die qualitativen Aspekte transparent aufzulisten, später finanziell zu bewerten bzw. über Indikatoren, Messgrößen und Controlling als Entscheidungsgrundlage für das Top-Management bereitzustellen. Hier gibt es in der Praxis noch großen Nachholbedarf. Literatur [1] Wald, A.; Schneider, C.; Thuy, P. (2023): Projektifizierung reloaded: Ergebnisse der zweiten Studie zum Stand der Projektifizierung in Deutschland. In: PROJEKTMANAGE- MENT AKTUELL, 34(5). [2] Lappe, M.; Spang, K. (2012): Return on Investment (ROI) des Projektmanagements. In: PROJEKTMANAGEMENT AK- TUELL, 22(2), 23-31. [3] Bea, Franz Xaver; Scheurer, Steffen; Hesselmann, Sabine (2019): Projektmanagement. 3. Auflage. UKV Verlag, München. [4] Brandt, T. (2004): Erfolgsmessung im Projektmanagement: Wirkung und Nutzen sicher beurteilen. Symposion Publishing, Düsseldorf. [5] Wagner, R.; Erasmus, J. (2023): Projektmanagement in der Automobilindustrie- - Effizientes Management von Fahrzeugprojekten entlang der Wertschöpfungskette. 6. Auflage. Springer Gabler, Wiesbaden. [6] Thomas, J., Mullaly, M. (2008): Researching the Value of Project Management. Project Management Institute, Newtown Square. [7] Lappe, M., Spang, K. (2014): Investments in project management are profitable: A case study-based analysis of the relationship between the costs and benefits of project management. International Journal of Project Management, 32(4), 603-612. https: / / doi.org/ 10.1016/ j.ijproman.2013.10.005. [8] Ibbs, C. W.; Kwak, Y. H. (2000): Calculating Project Management’s Return on Investment. Project Management Journal , 31(2), 38-47. [9] Lang, M.; Wagner, R. (Hrsg.) (2019): Der Weg zum projektorientierten Unternehmen. Hanser, München. [10] Kaufmann, C.; Kock, A. (2022): Does project management matter? The relationship between project management effort, complexity, and profitability. 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Seit vielen Jahren ist er maßgeblich an der Weiterentwicklung der PM-Disziplin beteiligt und hat inzwischen 42 Fachbücher sowie hunderte Fachartikel veröffentlicht. Er ist Professor für PM und KI in zwei Doctoral Study Programs der Alma Mater Europaea University in Maribor, Slowenien sowie der Stellenbosch University, Südafrika. Bozener Str. 1, 86 316 Friedberg Tel.: +49 (0) 1522 29 36 87 1 E-Mail: rw@projektivisten.com Adam Galgenmüller Adam Galgenmüller ist Senior Consultant und berät Unternehmen zu den Themen Projekt-, Change-, Prozess und Transformationsmanagement aus allen Wirtschaftssektoren. Besonders wichtig bei der Beratung von Unternehmen ist der Mehrwert für den Kunden, worauf der Fokus der Beratungsleistung von Adam Galgenmüller blickt. Dabei bringt er 8 Jahre Projekterfahrung mit- - Vier Jahre davon war er im Konzern bei der Krones AG im Corporate Development aktiv und vier Jahre in einer Managementberatung und hat hier unterschiedliche Positionen innegehabt. Hofstraße 7, 92 272 Freudenberg Tel.: +49 (0) 15 168 1788 07 E-Mail: adamgalge@gmx.de 35 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0043 Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft Adam Galgenmüller, Reinhard Wagner Für eilige Leser | Im Projektgeschäft nimmt der Einsatz von Künstlicher Intelligenz rasant zu. Häufig geschieht dies in der Praxis eher intuitiv und wenig systematisch. Notwendig ist nämlich eine strategische Betrachtung des KI-Einsatzes im Projektgeschäft, die Formulierung strategischer Ziele und die Klärung von Erwartungen hinsichtlich des erwarteten Mehrwerts. Hier hilft die Entwicklung eines Business Cases, der sowohl Investitionskosten als auch qualitative und quantitative Nutzenpotenziale für den spezifischen KI-Einsatz aufzeigt. Um die Potenziale auch wirklich zu heben, muss das Top-Management allerdings eine Reihe von Voraussetzungen schaffen. Schlagwörter | Künstliche Intelligenz, Projektgeschäft, Business Case, Nutzen 1. Ausgangssituation, Herausforderungen und Handlungsbedarf Seit der Einführung von ChatGPT durch OpenAI im November 2022 hält die Künstliche Intelligenz (KI) Einzug in viele Unternehmen der deutschen Wirtschaft. Die unterschiedlichen KI-Anwendungen sind Gesprächsthema auf den meisten Konferenzen, in sozialen Medien und bei einer Vielzahl von innerbetrieblichen Workshops. Die Entwicklung wird in der Literatur als „KI-Revolution“ charakterisiert [1], die gravierende Auswirkungen auf die Arbeitswelt haben wird. Auch die Projekte und das gesamte Projektgeschäft der Unternehmen sind von dieser Entwicklung betroffen [2]. Allerdings ist auch zu beobachten, dass noch wenig Verständnis für die KI-Technologien in den Unternehmen vorhanden ist, was einerseits zu Ängsten vor den Folgen einer zunehmenden Nutzung von KI und den möglichen Verlust des Arbeitsplatzes führt und andererseits häufig zu wenig zielgerichteten Anwendungsaktivitäten führt. In manchen Unternehmen ist der Hype nach dem ersten Ausprobieren von ChatGPT und der strikten Regulierung aufgrund von Sicherheitsbedenken inzwischen wieder abgeflaut. Dies ist schade, denn der Einsatz von KI verspricht ein hohes Nutzenpotenzial. Allerdings sind vor dem Einsatz von KI in der Praxis einige Rahmenbedingungen zu klären [3]. So braucht es unserer Erfahrung nach eine klare Vision, Mission und strategische Ziele mit Key Performance Indicators (KPIs) bzw. einer Operationalisierung in „Objectives & Key Results (OKRs).“ Da die KI in der Regel sicherheitskritische Bereiche des Unternehmens betrifft, wie z. B. Informationssicherheit und Datenschutz, braucht es vor dem Einsatz der KI auch eine KI-Governance, die den Einsatz bestimmter Technologien entsprechend gesetzlichen Vorgaben (z. B. EU AI Act) und sonstiger, meist innerbetrieblicher Richtlinien regelt. Darüber hinaus ist es vor allem nötig, die Einführung von KI-Technologien als Change-Projekt aufzusetzen und zu begleiten. Hier braucht es einen Umsetzungsplan mit einer Reihe von Use Cases, eine Einführung, Trainings und Begleitung der betroffenen Mitarbeiter bei der Nutzung von KI sowie eine systematische Erfolgskontrolle anhand von KPIs und konkreten Nutzwertanalysen. Handlungsbedarf beim Einsatz von KI besteht auch bezüglich der Klärung des zu erwartenden Nutzens. In den sozialen Medien verkürzt sich die Diskussion häufig auf die Frage, wie viele Arbeitsplätze durch den Einsatz von KI verloren gehen. So hat Gartner schon im Jahr 2019 die Prognose gewagt, dass bis ins Jahr 2030 80 % der heutigen Projektmanagement-Aufgaben durch die KI übernommen werden [5]. Dies weckt natürlich Emotionen und Ängste in der Belegschaft und hilft bei der Einführung von KI nicht weiter. Wie bei allen innovativen Technologien wird es auch beim Einsatz von KI zu Veränderungen in der Arbeitswelt kommen, bei der einerseits bestimmte Arbeitsplätze wegfallen und anderseits neue, anspruchsvolle Arbeitsplätze geschaffen werden. Im Folgenden zeigen wir die wichtigsten Nutzenpotenziale der Anwendung von KI-Technologien im Projektgeschäft auf und liefern damit wichtige Im- Wissen | Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft 36 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0043 pulse für die Unternehmensleitung, um ihre Erwartungshaltung vor dem Einsatz von KI zu klären und eine entsprechende Change-Story darauf aufzubauen. 2. Anwendungsmöglichkeiten der KI im Projektgeschäft Die Planung und Steuerung einzelner Projekte und Programme sowie eines übergreifenden Projektportfolios erfolgt schon seit langem mit Softwareprogrammen. Diese umfassen jedoch meist nur eingeschränkte Funktionalitäten, wie z. B. Terminplanung oder Risikomanagement. Die KI eröffnet nun viel weitgehendere Möglichkeiten, bis hin zur kompletten Planung eines neuen Projektes bzw. der Steuerung eines Projektportfolios mit automatisierten Berichten [6]. Die IPMA hat zusammen mit PwC schon vor fünf Jahren einen ersten Überblick über die im Projektgeschäft sinnvollen KI-Anwendungen gegeben [7]. Dabei wurde insbesondere auf das Potenzial von Machine Learning (78 %), Diagnosis / Recommendation Engines / Expert Systems (76 %) und Deep Learning (74 %) zur Verbesserung des Projektmanagements hingewiesen. In einer Studie aus dem letzten Jahr [8] haben dann schon mehr als 50 % der befragten Firmen Erfahrungen mit KI-Anwendungen gesammelt und dabei vor allem Generative AI-Werkzeuge wie ChatGPT, Copilot, Asana, Gemini und Perplexity für die Automatisierung, Datenanalyse und Entscheidungsvorbereitung in Projekten genutzt (siehe Abbildung 1). Der Einsatz von KI-Technologien bietet vielfältige Anwendungsmöglichkeiten über den gesamten Projektlebenszyklus hinweg [9]. So kann die KI in der Anfangsphase eines Projekts dabei helfen, Anforderungen der verschiedenen Stakeholder zu analysieren, konkrete Ziele zu formulieren und potenzielle Risiken frühzeitig zu identifizieren. Durch die Analyse historischer Daten können auch Muster erkannt und Vorhersagen getroffen werden, die eine fundierte Entscheidungsfindung ermöglichen. Während der Definitions- und Planungsphase kann KI zur Optimierung der Ressourcenallokation und zur Erstellung detaillierter Projektpläne eingesetzt werden [10]. Algorithmen können dabei helfen, die besten Strategien zu identifizieren und Engpässe zu vermeiden. In der Durchführungsphase eines Projektes unterstützt die KI das Monitoring und die Steuerung des Projektfortschritts. Echtzeit-Datenanalysen ermöglichen es, den Fortschritt zu überwachen und bei Abweichungen schnell zu reagieren. Automatisierte Systeme können Routineaufgaben übernehmen und so die Effizienz steigern [11]. Auch in der Abschlussphase eines Projekts kann KI wertvolle Dienste leisten. Durch die Auswertung der Projektdaten können wertvolle Erkenntnisse („Lessons Learned“) gewonnen werden, die für zukünftige Projekte nützlich sind. Ein konkretes Beispiel für den Einsatz von KI in der Initialisierungsphase ist die Nutzung von Machine Learning-Algorithmen zur Analyse historischer Projektdaten. Diese Algorithmen sind dem Menschen weit überlegen und können Muster bzw. Trends erkennen, die auf potenzielle Risiken hinweisen. Dadurch werden Projektmanager frühzeitig in die Lage versetzt, Maßnahmen zu ergreifen und Risiken zu verringern. Auch bei der Projektdefinition und -planung kann KI dabei helfen, die Ressourcenallokation zu optimieren. Durch die Analyse von Daten zu Verfügbarkeit und den Fähigkeiten der Teammitglieder können Algorithmen die bestmögliche Zuweisung von Aufgaben und Ressourcen vorschlagen. Dies führt zu einer effizienteren Nutzung der verfügbaren Ressourcen und einer höheren Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt erfolgreich abgeschlossen wird. Bei der Projektsteuerung ermöglichen die Echtzeit-Datenanalysen, den Fortschritt des Projekts kontinuierlich zu überwachen und bei Abweichungen schneller zu reagieren. Automatisierte Systeme können Routineaufgaben übernehmen, wie z. B. die Aktualisierung von Projektplänen oder die Erstellung von Berichten. Dies entlastet die Projektmanager und ermöglicht es ihnen, sich auf strategischere Aufgaben zu konzentrieren. Die Entwicklung von KI-Technologien schreitet rasant voran und eröffnet neue, bislang noch eher unbekannte Anwendungsmöglichkeiten. So können mit Hilfe von KI sogenannte „Smart Contracts“ für die Beteiligten an internationalen Bauprojekten erarbeitet und mit Hilfe von Blockchain-Technologien Abbildung 1: KI-Werkzeuge im Projekteinsatz [8] Wissen | Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft 37 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0043 und Krypto-Währungen abgesichert werden [13]. Ein weiteres Beispiel für die Anwendung von KI im Projektmanagement könnte die Nutzung von „Predictive Analytics“ zur Vorhersage von Projektergebnissen sein. Durch die Analyse von Daten aus vergangenen Projekten können Algorithmen Vorhersagen darüber treffen, wie wahrscheinlich es ist, dass ein aktuelles Projekt erfolgreich abgeschlossen wird. Dies ermöglicht es den Projektmanagern, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um die Erfolgschancen ihres Projektes zu erhöhen. Es ist zu erwarten, dass zukünftige Anwendungen noch tiefere Einblicke und Optimierungsmöglichkeiten bieten werden. Unternehmen sollten sich darauf vorbereiten, diese Technologien zu integrieren und ihre Prozesse mit KI kontinuierlich zu verbessern. Dies betrifft vor allem Wiederholtätigkeiten im Projektgeschäft, die mit Daten abgebildet werden können und keine menschlichen Fähigkeiten erfordern [14]. 3. Business Case-Betrachtungen für den KI-Einsatz im Projektgeschäft Um die anfängliche Euphorie im Umgang mit KI in betriebswirtschaftlich sinnvolle Bahnen zu lenken, sollte ein Business Case entwickelt werden, der alle Investitionskosten zusammen mit dem wirtschaftlichen Nutzen aufführt. Denn nur auf diese Weise lassen sich Entscheidungen zum Einsatz von KI sinnvoll bewerten [15]. Hier eine Übersicht der typischen Investitionen im Zusammenhang mit dem KI-Einsatz: • Kauf oder Lizenzierung von KI-Software • Kosten für Aufbau oder Nutzung von Cloud-Services • Infrastrukturkosten für nötige Datenmanagementsysteme • Kosten für Informationssicherheit, Datenschutz und Compliance • Kosten für Anbindung der KI an Systeme wie z. B. ERP und CRM • Personal- und Infrastrukturkosten für KI-Entwicklungs-/ Kernteams • Kosten für KI-Einführung, -Betreuung und Change Management • Kosten für Schulungen, Pilotanwendungen und KI-use-Cases • Kosten für KI-Beratung, Partnerschaften und Networking Hierbei ist natürlich nur der zusätzliche Aufwand zu berücksichtigen, der durch den Einsatz von KI im Projektgeschäft entsteht. Sind bestimmte Systeme schon vorhanden und müssen nur auf den Einsatz von KI angepasst werden, dann reduzieren sich die Investitionen entsprechend. Gerade bei den Lizenzkosten gibt es eine große Varianz. Denn häufig sind die Kosten für einfache Lizenzen für „jedermann“ deutlich günstiger als Lizenzen für „Experten“. Auch Datenmanagementsysteme, Informationssicherheit, Datenschutz und Compliance sind in den Unternehmen üblicherweise schon vorhanden. Insofern zählen für den Business Case nur die für den KI-Einsatz im Projektgeschäft relevanten Kosten. Dies trifft auch auf Personal- und Infrastrukturkosten zu, die im Zusammenhang mit den KI-Entwicklungs-, Einführungs- und einem Kernteam stehen. Diese sind häufig als Teilzeitstellen ausgelegt und entsprechend sind auch nur die anteiligen Personal- und Infrastrukturkosten anzusetzen. Die Kosten für Einführung, Betreuung und Change Management sowie Schulungen, Pilot-Anwendungen und Use Cases stehen häufig im direkten Zusammenhang eines Einführungsprojekts. Hier stellt sich sicherlich die Frage, wie lange die Dauer eines solchen Projektes ausgelegt sein sollte. Aus unserer Sicht wird sich die Dauer eher in zweistelligen Monatszahlen ausdrücken und bis zur nachhaltigen Verankerung sowie dem Nachweis eines Nutzens gehen. Damit wird auch klar, dass der Einsatz von KI nicht nur eine einmalige Investition ist, sondern laufende Kosten erfordert, um den Reifegrad der KI und ihrer Nutzung kontinuierlich auf ein höheres Niveau zu heben. Dies wird sich am KI-Leitbild und einer entsprechenden Roadmap des Unternehmens orientieren und erfordert einen „langen Atem“. Den KI-Investitionen muss in einem überschaubaren Zeitraum ein entsprechender Nutzen (quantitativ und qualitativ) gegenüberstehen, sonst wird es schwierig werden, eine positive Entscheidung von der Geschäftsleitung zu bekommen. Es wird zwar schnell klar, dass der Einsatz von KI im Projektgeschäft vor allem eine Effizienzsteigerung, Risikominderung und Kostenoptimierung mit sich bringt. Ein überzeugender Business Case muss jedoch konkrete Zahlen und einen überschaubaren Zeithorizont liefern, damit er entscheidungsreif ist.Der folgende quantitative Nutzen lässt sich aus unserer Erfahrung im Projektgeschäft erzielen. Dieser hängt jedoch stark vom KI-Reifegrad des Unternehmens und dem Projektgeschäft ab. So ist z. B. die KI bei einem Projektgeschäft, das auf standardisierte Projektroutinen setzt, deutlich nützlicher als bei einem sehr individuellen und einmaligen Projektgeschäft. Insofern sollte der Nutzen unternehmensspezifisch analysiert und bewertet werden. Der Nutzen des Einsatzes von KI lässt sich auf zwei Ebenen beschreiben, nämlich der Nutzen auf der Ebene der einzelnen Projekte und der Nutzen auf Ebene des Projektportfolios. Der typische Nutzen eines KI-Einsatzes auf Ebene einzelner Projekte kann wie folgt beschrieben werden (siehe Tabelle 1): So haben unsere Analysen zum Verbesserungspotenzial in komplexen EPC-Projekten Einsparungen bis zu 50 % („CAPEX- Halbe“) ergeben, die u. a. durch KI und andere digitale Technologien möglich sind [16]. Wie oben schon beschrieben, sind die Nutzeneffekte jedoch stark abhängig vom Ausmaß der Abbildung 2: Überblick zu ausgewählten Anwendungsmöglichkeiten der KI im Projektgeschäft Wissen | Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft 38 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0043 Routineaufgaben eines Projekts, der Verfügbarkeit historischer Daten und dem Reifegrad der Organisation was das Projektmanagement selbst, als auch die digitale Kompetenz angeht. Die Nutzenpotenziale müssen also projektspezifisch bewertet und dann den Kosten gegenübergestellt werden. Der typische Nutzen eines KI-Einsatzes auf Ebene des gesamten Projektportfolios kann wie in Tabelle 2 beschrieben werden (siehe Tabelle 2). Auch auf Ebene des Projektportfolios sind die Nutzenpotenziale beim KI-Einsatz von einigen Einflussfaktoren abhängig. So spielt hier die Homogenität bzw. Heterogenität eines Portfolios an Projekten (und Programmen) eine Rolle, Vergleichbarkeit und Durchgängigkeit von Daten bzw. den entsprechenden Systemen ist ein Faktor genauso wie abgestimmte Ziele, KPIs und Steuerungslogiken. Unsere Empfehlung ist einen unternehmensspezifischen Business Case aus den obigen Informationen zusammenzustellen, diesen mit verschiedenen Experten zu bewerten und auf diese Weise eine Entscheidungsvorlage vorzubereiten. 4. Weitere, eher qualitative Nutzenargumente des KI-Einsatzes Neben dem rein quantitativen Nutzen des KI-Einsatzes im Projektgeschäft gibt es eine Vielzahl an Nutzenargumenten, die nur schwer (monetär) einzuschätzen sind, jedoch als qualitativer Nutzen auch in Entscheidungen einfließen sollten. Dazu zählen u. a. die folgenden Punkte: • Bessere Entscheidungsqualität durch datenbasierte, objektive Bewertungen und Vorhersagen. Damit können Führungskräfte schneller und fundierter entscheiden (weniger Bauchgefühl, mehr Faktenbasis). • Frühzeitige Risikowahrnehmung durch unverzerrte und objektivere Erkennung von Risiken, Mustern und Szenarien. Damit stehen Frühwarnsysteme zur Verfügung, die das proaktive Handeln im Projektgeschäft verbessern. • Steigerung der Innovationsfähigkeit durch Entlastung der Menschen von Routineaufgaben und Schaffung von Freiräumen für kreative, wertschöpfende Arbeit. Die KI kann auch auf ein weitaus größeres Netzwerk an Know-how und Ideen zurückgreifen. • Höhere Mitarbeiterzufriedenheit durch die Verfügbarkeit moderner (KI-)Technologien, die Verringerung einer Über- Tabelle 1: Typischer Nutzen des KI-Einsatzes für Projekte Tabelle 2: Typischer Nutzen des KI-Einsatzes für das Projektportfolio Wissen | Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft 39 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0043 lastung durch administrative Aufgaben und die Schaffung von kreativen Freiräumen bzw. einer verbesserten Work-Life-Balance. • Verbesserung der Kundenbeziehungen durch verlässlichere Projektergebnisse, eine höhere Transparenz im Projektverlauf mit einer offenen Kommunikation über den Status im Projekt sowie eine kontinuierliche Verbesserung der Zusammenarbeit. • Erhöhte Anpassungsfähigkeit (Agilität) durch eine KI-gestützte Aufbereitung aktueller Entwicklungen am Markt, beim Kunden bzw. in der Technologie sowie Vorschläge für dynamische Projektanpassungen. • Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch eine bessere strategische Ausrichtung des Projektgeschäfts und die (emergente) Entwicklung der Strategie auf Basis von Daten zu Produkten, Dienstleistungen, Prozessen und Technologien. • Schaffung einer „lernenden Organisation“ die einen KI-gestützten Kreislauf ermöglicht, bei dem Projekte Daten liefern, die KI daraus lernt, Maßnahmen zur Optimierung künftiger Projekte vorschlägt und bei neuen Projekten einbringt. • Förderung einer datengetriebenen Unternehmenskultur durch den Einsatz von KI, durch die sich ein neuer, moderner Umgang mit Daten und Fakten im gesamten Unternehmen entwickelt. • Verbesserung der digitalen Kompetenz der Mitarbeitenden durch den alltäglichen Umgang mit KI-Technologien, die zu einer persönlichen Auseinandersetzung und einem individuellen Lernprozess führen. KI macht das Projektgeschäft nicht nur effizienter, sondern auch intelligenter, agiler und menschlicher. Besonders in komplexen, dynamischen Umfeldern ist dieser qualitative Nutzen entscheidend für nachhaltigen Erfolg. Der Einsatz von KI im Projektgeschäft wird also zum strategischen Wettbewerbsfaktor [17] und erweitert das unternehmensweite Know-how um ein Vielfaches [18]. 5. Die Voraussetzungen für einen nutzenstiftenden Einsatz der KI Für den Einsatz von KI im Projektgeschäft sind eine Reihe von Voraussetzungen zu schaffen, die grob in technologische, organisatorische und kulturelle Aspekte eingeteilt werden können [19]. So braucht es z. B. eine Durchgängigkeit von Datensystemen, eine Einheitlichkeit der Datenformate und eine hohe Qualität der Eingangsdaten, sonst kann eine KI nicht zur Wirkung kommen. Unsere Erfahrung zeigt, dass hier vieles im Argen liegt. Geschichtlich gewachsene IT-Landschaften, Softwareapplikationen und uneinheitliche Datenformate stehen einer KI-Anwendung im Weg. Softwaresysteme sind nicht aufeinander abgestimmt und müssen teils händisch übergeben werden. Hier braucht es eine, auf die IT- und KI-Strategie abgestimmte IT-System- und Datenarchitektur. Darüber hinaus sind Rechenleistung und Cloud-Kapazitäten auf die KI-Anwendungen auszurichten. Sind z. B. komplexe Trainingsmodelle im Einsatz, dann braucht es entsprechende Rechnerleistungen, die über die heutigen Anforderungen ohne KI weit hinausgehen und Hochleistungsrechner erfordern. Auch organisatorische Aspekte, wie z. B. eine klare Zielsetzung bzw. ein Zukunftsbild des KI-Einsatzes im Projektgeschäft zählen zu den Voraussetzungen. Sie sollen den Mitarbeitenden Orientierung und Sicherheit geben und im Alltag als Leitfaden für den KI-Einsatz dienen. Auch eine KI-Governance ist notwendig, die „Do´s und Dont´s“ regeln und den KI-Einsatz nach den gesetzlichen sowie unternehmensspezifischen Richtlinien ausrichten. Hierzu zählen neben der Informationssicherheit und dem Datenschutz auch ethische Standards, die zu beachten sind. Schließlich wird das Top Management durch den KI-Einsatz deutlich stärker in das Geschehen mit einbezogen [20]. Damit müssen die Anforderungen bzw. Erwartungen der strategischen Ebene viel enger in das Projektgeschäft integriert und durch ein entsprechendes Reporting abgedeckt werden. Das Top Management initiiert üblicherweise auch erste Projekte zur Einführung von KI und zur Entwicklung dezidierter Use Cases [21]. Diese müssen sich an der Strategie ausrichten und haben typischerweise den CEO oder CIO als Auftraggeber [22]. Das Top-Management ist auch gefragt, wenn es um die Schaffung individueller und kultureller Voraussetzungen für den KI-Einsatz im Projektgeschäft geht. Hierzu zählt sicherlich die klare Kommunikation der strategischen Notwendigkeit und Ziele des KI-Einsatzes, die Einbindung der Betroffenen in die Ausgestaltung der KI-Lösungen und erste Use Cases sowie Training- und Coaching-Maßnahmen. Hier empfehlen wir die Nutzung der im Change Management beschriebenen Verfahren und Werkzeuge [23]. Dies hat sicher auch zum Ziel, die Akzeptanz digitaler Technologien im Allgemeinen und von KI- Anwendungen im Speziellen zu fördern. Hierzu ist es sicherlich auch notwendig, die mit der KI häufig verbundenen Ängste eines Arbeitsplatzverlustes abzubauen. Abbildung 3: KI-Framework als Voraussetzung für den Einsatz von KI im Projektgeschäft Wissen | Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft 40 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0043 6. Fazit und Ausblick Die KI hält derzeit massiv Einzug in die deutsche Wirtschaft. Mit dem Einsatz von KI ist häufig die Erwartung verbunden, dass hohe Effizienzgewinne zu erzielen sind. In der Praxis erfolgt die Anwendung von KI jedoch noch wenig zielgerichtet und systematisch auf den wirklichen Nutzen ausgerichtet. Hierzu sollte sich die Unternehmensleitung Gedanken machen, wie ihre strategischen Ziele bzw. ein KI-Leitbild aussehen und welche Erwartungen sie hinsichtlich des konkreten Nutzens hat. Auch wenn die Literatur [24, 25] den generellen Nutzen herausstellt, muss jedes Unternehmen einen Business Case mit den einmaligen und laufenden Kosten sowie dem qualitativen und quantitativen Nutzen erstellen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Unser Beitrag liefert hierfür wichtige Impulse. Sicherlich wird der Einsatz von KI in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen. Insofern sind Erfahrungsberichte, ein Austausch von Praktiken, Ansätzen und Methoden sinnvoll. Wir stehen für einen Erfahrungsaustausch gerne zur Verfügung. Literatur [1] Groß, M.; Staff, J. 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(2020): Influence of artificial intelligence (AI) on firm performance: the business value of AI-based transformation projects. Business Process Management Journal , 26(7), 1893-1924. https: / / doi.org/ 10.1108/ BPMJ-10-2019-0411. Eingangsabbildung: © iStock.com/ koto_feja Wissen | Der Nutzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz im Projektgeschäft 41 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0043 Adam Galgenmüller Adam Galgenmüller ist Senior Consultant und berät Unternehmen zu den Themen Projekt-, Change-, Prozess und Transformationsmanagement aus allen Wirtschaftssektoren. Besonders wichtig bei der Beratung von Unternehmen ist der Mehrwert für den Kunden, worauf der Fokus der Beratungsleistung von Adam Galgenmüller blickt. Dabei bringt er 8 Jahre Projekterfahrung mit-- Vier Jahre davon war er im Konzern bei der Krones AG im Corporate Development aktiv und vier Jahre in einer Managementberatung und hat hier unterschiedliche Positionen innegehabt. Hofstraße 7, 92 272 Freudenberg Tel.: +49 (0) 15 168 1788 07 E-Mail: adamgalge@gmx.de Dr. Reinhard Wagner Dr. Reinhard Wagner hat 40 Jahre Berufserfahrung und berät Führungskräfte in der Wirtschaft bei der Professionalisierung ihres Projektgeschäfts. Er ist Geschäftsführer der Projektivisten GmbH und ehemaliger Präsident der GPM sowie der IPMA. Seit vielen Jahren ist er maßgeblich an der Weiterentwicklung der PM-Disziplin beteiligt und hat inzwischen 42 Fachbücher sowie hunderte Fachartikel veröffentlicht. Er ist Professor für PM und KI in zwei Doctoral Study Programs der Alma Mater Europaea University, Maribor sowie der Stellenbosch University, Südafrika. Bozener Str. 1, 86 316 Friedberg Tel.: +49 (0) 1522 29 36 87 1 E-Mail: rw@projektivisten.com Buchtipp Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany \ Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ info@narr.de \ www.narr.de Während KI bahnbrechende Möglichkeiten bietet, bringt sie auch komplexe Herausforderungen mit sich. Von ethischen Bedenken bis hin zu Fragen der Datenschutz- und Sicherheitsrisiken stehen Unternehmen vor vielfältigen Aufgaben bei der Integration dieser Technologien. Dieses Buch widmet sich genau diesen Herausforderungen und bietet einen umfassenden Einblick in die Anwendung von KI in der Unternehmenspraxis sowie praktische Ansätze zur Bewältigung der damit verbundenen Hürden. Es untersucht die Schlüsselaspekte der KI-Integration, von der Strategieentwicklung bis zur operativen Umsetzung, und präsentiert Fallstudien erfolgreicher Implementierungen, um Leser: innen einen fundierten Leitfaden für die Bewältigung der KI-Herausforderungen in ihrem eigenen unternehmerischen Umfeld zu bieten. Roman Simschek, Dominik Danz KI-Herausforderungen für Unternehmen Prozesse, Geschäftsmodelle, Verantwortung 1. Au age 2025, 186 Seiten €[D] 24,90 ISBN 978-3-8252-6368-3 eISBN 978-3-8385-6368-8 Anzeige 42 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0044 Portfolio, Program and Project Management Maturity: Taking a Practical Perspective Clemens Wiegel, Brian Ponstein For Impatient Readers | The importance of customer solution projects in business of Power Systems, a Division of Rolls-Royce plc, has significantly increased over the past years. While the overall portfolio performance in this so-called Project Systems Business (PSB) is more than satisfying, certain programs and projects stood out across Rolls-Royce Power Systems’ Hubs and numerous Sales & Service Centers (S&SC). To understand variances, an approach was set up, assessing Portfolio, Program and Portfolio Management (PPPM) maturity along six dimensions. This PPPM Maturity Diagnostics allowed analyzing the as-is maturity via two angles: on individual S&SC level when focusing the respective outcome along all six dimensions, and on collective Dimension-level when looking at the six dimensions one-by-one. The resulting PPPM Maturity Report did not only show gaps towards the to-be maturity but also included actions on both, S&SC and Hub level, intended to lift portfolio performance to the next level. Keywords | Project Portfolio Management, Portfolio Performance, Corporate Management, IPMA Delta 1. Situation, Challenges and Need for Action ‘Why do certain programs and projects in the portfolio perform better than others, and how can we increase their share and weight? ’ This is the basic question every Portfolio Manager is confronted with in his day-to-day work. And it was exactly this basic question that we asked ourselves when we looked at our portfolio of complex customer solution projects back in 2023 . Such projects, internally known as Project Systems Business (PSB), are nothing new to Rolls- Royce Power Systems. However, as Rolls-Royce Power Systems has taken a strategic decision to transform from an engine manufacturer delivering standardized loose engines with limited customization towards a provider of highly customized and integrated systems, sold as a Solution, the PSB volume, complexity as well as contribution to the financial success and hence PSB importance has significantly increased in the recent past. This is particularly true for Rolls-Royce Power Systems’ Business Unit Stationary Power Solutions: The strategy to drive differentiation and profitable growth through a focused expansion of the solution offering is being implemented via Rolls-Royce & Rolls-Royce Power Systems at a Glance Rolls-Royce and Rolls-Royce Power Systems at a Glance Rolls-Royce develops and delivers complex power and propulsion solutions for safety-critical applications in the air, at sea and on land. The company operates via three Divisions: Civil Aerospace, Defence and Power Systems. Within Rolls-Royce Power Systems, the Business Unit Stationary Power Solutions serves various end customer segments in Power Generation and Oil & Gas industries via its 4 Hubs, more than 30 own Sales & Service Centers along with more than 420 independent Sales & Service Partners in 1,200 locations in 175 countries worldwide. In 2024, Rolls-Royce Power Systems generated a Revenue of 4.271 bn GBP at an Operating Margin of 13.1 % through its around 10,350 employees globally and is growing / recruiting. Rolls-Royce: www.rolls-royce.com Rolls-Royce Power Systems: www.mtu-solutions.com/ eu/ en.html Wissen | Portfolio, Program and Project Management Maturity 43 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0044 a system strategy and translated into a roadmap. According to this roadmap and in line with positive market dynamics notably for Data Centers but also in other areas that require reliable energy solutions (see reference project below), overall business is expected to grow- - and PSB is expected to grow even above-average, already now surpassing billions of GBP in annual revenue. As mentioned earlier, PSB with its specific technical and contractual risks, is nothing new to Power Systems. Consequently, a Portfolio, Program and Project Management (PPPM) framework consisting of methods, processes, standards and guidelines exists and is globally binding for the organization and the teams involved in programs and projects. This framework aims at minimizing risk. Nonetheless, the above-average growth in PSB might still be associated with an increasing risk to the portfolio as complex customer projects are being acquired and executed by more remote parts of the organization, notably in Sales & Service Centers (S&SC) that are performing PSB less frequently, sometimes even for the first time at all. Hence, for the purpose of continued improvement and with the best intention to lift portfolio performance to the next level, we have formulated the working hypothesis that ‘PPPM maturity is low in S&SCs’. To verify or falsify our working hypothesis, we have developed and applied the ‘PPPM Maturity Diagnostics’ inside Power Systems, summarized results in the ‘PPPM Maturity Report’ and presented those results within Power Systems. This article gives insights into main aspects & features of the approach, points out selected, anonymized outcomes, discusses limits and finally concludes with a brief outlook. 2. Main Aspect & Features of the PPPM Maturity Diagnostics In contrast to certain scientific research, the basic orientation towards the PPPM Maturity Diagnostics was not driven by the interest to develop the perfect, generic method itself. It was rather driven by the target to create the PPPM Maturity Report and hence is subject to a high level of pragmatism: Getting comparable results via a tailormade PPPM Maturity Diagnostics in very limited time with limited resources for discussion of actions and taking decisions with upper management. It is important to understand this main aspect before looking at the features of the approach, as it largely differs from other, more in-depth approaches such as IPMA Delta. This also explains why not all, more than 30 S&SCs have been included, but just those 15 which at the time of the analysis were assumed to be relevant for PSB in BU Stationary. At a glance, the PPPM Maturity Diagnostics is centered around a number of features: • Structured questionnaire as a consistent basis for all interviews. Basis of the PPPM Maturity Diagnostics was a structured questionnaire with open questions that were created and cross-checked by a team of experienced project managers. The intention was to limit questions ‘outside the questionnaire’ to not dilute results. At the same time it has to be noted that not all interviewees were native English speakers so at times rewording for clarification of the question was needed. • Limited number of dimensions and all weighted equally. The structured questionnaire included questions in six dimensions: Organization & Governance, Processes & Roles, Tools & Metrics, People & KnowHow, Culture & Collaboration, and Product & Scope. Certain other dimensions like Vision & Strategy or Roadmap & Targets were intentionally not part of the interview. • Maximum five questions per dimension, all weighted equally within their dimension. Each dimension touched in the structured questionnaire contains minimum three to maximum five questions. All questions within one dimension were weighted equally. Hence, it was consciously accepted that questions in a dimension with three questions have a higher weight compared to questions in a dimension with five questions. • One neutral / ‘non-PMO-branded’ interviewer. The interviewer, being an experienced Senior Project Manager not related directly to the Project Management Office (PMO) and hence considered neutral, was interviewing one to three interviewees per S&SC within a period of four weeks on the basis of the structured questionnaire. Each interview took 90 to 120 minutes and was documented. All interviews per S&SC were weighted equally, irrespectively of rank or tenure of the interviewees. • Rating on basis of answer per question on a scale 0 (“poor”) to 5 (“perfect”). The neutral interviewer was giving a rating to each answer per question on a scale from 0 (“poor”) to 5 (“perfect”). • Creation of generic PPPM Maturity Levels for S&SCs. Based on this rating and scale, three generic maturity levels were developed for the S&SCs: ‘low’, with combined Rolls-Royce Power Systems has delivered a mtu microgrid solution for the energy supply of a logistics park in the UK. It supplies efficient, climate-friendly electricity and heat and supports the local grid. The energy system includes three mtu Combined Heat & Power units, two mtu Energy- Pack battery containers, two mtu emergency generators and the complete microgrid control system. Information on Microgrid Project for Logistics Park in Biggleswade / UK: www.mtu-solutions.com/ content/ dam/ mtu/ technical-article/ 2025/ a-powerful-combination/ mtu- 05756_Use%20Cases_Biggleswade.pdf/ _jcr_content/ renditions/ original./ mtu-05756_Use%20Cases_Biggleswade. pdf Wissen | Portfolio, Program and Project Management Maturity 44 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0044 rating from 0 to 10, ‘mid with combined rating from 11 to 15, and ‘high’ combined rating from 15 to 30. These levels can also be used to estimate the gap between as-is and to-be PPPM maturity. • Validation of outcome incl. overall grade through S&SC. The interviewer summarized the results per S&SC and shared the outcome incl. the overall grade to the interviewees in the respective S&SC for validation, asking for consent to share the overall outcome with others S&SCs. Subsequently, the validated results were shared with the PMO. Due to the chosen design of the PPPM Maturity Diagnostics, the PMO was able to further analyze the as-is PPPM Maturity via two angles: on individual S&SC level when focusing the respective outcomes along all six dimensions, and on collective Dimension level when looking at the six dimensions one-byone. 3. Selected Outcomes of the PPPM Maturity Report As described above, the PPPM Maturity Diagnostics gave insights via two angles: on individual S&SC level, and as a byproduct, on collective Dimension level. To generate the PPPM Maturity Report, those insights were combined with recent facts & figures, i.e. the number of PSB in the recent past and the assumed relevance of PSB in the near future. While detailed outcomes for understandable reasons cannot be shared with the broader public, selected outcomes on individual and collective levels include the following elements: • Individual S&SC level: With focus on the individual S&SC level, it was observed that two S&SCs reached a high and four a medium PPPM maturity level ‘as-is’. It was mainly those S&SCs that performed more PSB in the past, and also had such plans for the near future. Among those showing a low PPPM Maturity level, three explained that they follow a different business model, i.e. that they would engage exter- Visualization 1: PPPM Maturity Diagnostics at a Glance Chart 1: Individual / S&SC Dimension View Wissen | Portfolio, Program and Project Management Maturity 45 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0044 nal system integrators taking over the riskier PSB scope. However, there we also some S&SCs with low PPPPM Maturity that have described keen interest to (further) engage into PSB. In particular for those S&SCs, a dedicated Maturation Roadmap along with a proper Execution Model is necessary to minimize the gap between the as-is and the to-be PPPM Maturity. • Collective Dimension level: Taking a closer look at the collective Dimension level, certain differences in the values were observed: While Culture & Collaboration consistently has shown high values, e.g. Tools & Metrics has shown much lower values. The low value in Tools & Metrics is underlining the need for a holistic, standardized, automated and digitalized PPPM IT solution. Overall, the PPPM Maturity Report based on the PPPM Maturity Diagnostics allowed Rolls-Royce Power Systems to better understand main aspects of portfolio performance on both, individual S&SC as well as on collective Dimension level, and to derive appropriate action to further lift portfolio performance. Our working hypothesis that ‘PPPM maturity is low in S&SCs’, (fortunately) could not be verified: The majority of S&SCs keen in pursuing PSB were on high or mid PPPM maturity levels, underlining the need and sense of a more differentiated assessment and evaluation. 4. Selected Limits of PPPM Maturity Diagnostics and Report As mentioned above, the PPPM Maturity Diagnostics and Report allowed to better understand main aspects of portfolio performance and to derive appropriate action. Still, both PPPM Maturity Diagnostics and PPPM Maturity Report have certain limitations that should not be ignored. Selected limits of the PPPM Maturity Diagnostics include the following, mainly driven by the high level of pragmatism that was applied: • Only 15 of more than 30 S&SCs were included in the assessment, • None of the hubs was included in the assessment, • The short questionnaire and the short duration did not allow going into details. Selected limits of the PPPM Maturity Report include the following: • PPPM Maturity Levels have only been created after rating of PPPM Maturity Diagnostics had happened, • PPPM Maturity Report might include a wrong interpretation of answers, Overall, there are other methods like IPMA Delta that apply a much more holistic framework and at the same time look much more into details, taking into consideration various facets of organization, projects and individuals. Moreover, PPPM Maturity Diagnostics and Report have not been repeated. A potential progress made on the Maturation Roadmap cannot yet be proven. 5. Conclusion & Next Steps Despite of the key limits, Rolls-Royce Power Systems has been able to understand better the status quo of individual S&SCs. Key measures have been initiated and show first results. Overall financial performance measured by Operating Profit has been increased from 10.4 % in 2023 to 13.1 % in 2024, also driven by performance in PSB. Longer term measures need to be consequently implemented. Literature [1] Rolls-Royce Holdings plc (27. 02. 2025): 2024 Full Year Results [2] Lang, Michael; Wagner, Reinhard (Hrsg.) (2019): Der Weg zum projektorientierten Unternehmen. Hanser, München. [3] Lock, Dennis; Wagner Reinhard (Eds.) (2018): Handbook of Project Portfolio Management. Routledge, Abingdon. Eingangsabbildung: © iStock.com/ MicroStockHub Weitere Abbildungen: copyright Rolls-Royce Power Systems Chart 2: Collective Dimension view Wissen | Portfolio, Program and Project Management Maturity 46 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0044 Clemens Wiegel Clemens Wiegel is involved in project, program and portfolio management since more than 15 years. During this period, he has dived into Strategy, Product Management, Global Footprint and M&A in both, decision as well as implementation in intercultural context. Within Rolls-Royce Power Systems he leads the global Portfolio Management of complex customer project in the energy sector. In this role, he is editor of the corresponding PM Guide and currently is setting up a holistic, standardized, automated and digitalized IT solution for the global Portfolio- und Project Management. Rolls-Royce Power Systems, Maybachplatz 1, 88 045 Friedrichshafen, Germany Tel.: +49 (0) 176 1790 1656 E-Mail: Clemens.Wiegel@ps.rolls-royce.com Brian Ponstein Brian Ponstein has been in the power generation and backup power market for more than 15 years. As Sr. Product Manager, he is responsible for the company’s product management for North and South America. He has also worked overseas in Germany supporting the global power generation market from both a sales and engineering perspective. Brian continues to challenge himself by leading multiple project teams simultaneously to develop new product offerings under the mtu brand. He has written several articles and is an author for the 5th edition of the “EGSA Onsite Power Generation.” Rolls-Royce Power Systems, 100 Power Drive, Mankato, MN 56 001, USA Tel.: +1 507 995 8533 E-Mail: Brian.Ponstein@ps.rolls-royce.com Buchtipp Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany \ Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ info@narr.de \ www.narr.de Die rasch voranschreitende Digitalisierung und der damit verbundene tiefgreifende Kulturwandel erfordern dringend ethische Re exionen und mehr gesellschaftliche Gestaltung. In dieser Einführung werden wichtige Grundbegriffe und normative Leitideen geklärt. Im ersten Teil Digitale Medienethik geht es um Probleme wie Fake News, Emotionalisierung und Hassrede in Online-Medien. Dies führt zur Frage, ob das Internet die Demokratie eher fördert oder gefährdet. Der zweite Teil KI- Ethik re ektiert die Gefahren von Data zierung und Big-Data-Analysen, z. B. Diskriminierung oder Verlust von Freiheit. Zudem wird beleuchtet, wie der vermehrte Einsatz von Robotern unser Leben und unser Menschenbild verändert. Gegeben wird ein kritisch abwägender Überblick über das hochkomplexe aktuelle Themenfeld mit klarer Struktur und vielen Übersichten. Dagmar Fenner Digitale Ethik Eine Einführung 1. Au age 2025, 588 Seiten €[D] 32,00 ISBN 978-3-8252-6281-5 eISBN 978-3-8385-6281-0 Anzeige 47 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0045 Ergebnisse einer Befragung zur Praxis Projekt-Governance in agilen Settings Dorothee Feldmüller, Andreas Nachbagauer, Gerhard Ortner, Fritz Stallinger Für eilige Leser | In diesem Beitrag berichten wir von einer Studie, die wir im Frühjahr 2024 in der D-A-CH Region durchgeführt haben. Wie wird in der Praxis mit dem Trend zu agilen Vorgehensweisen bei der Governance umgegangen? Unsere Ergebnisse zeigen, dass Agilität-- vor allem in der Governance-- bei den von uns befragten Organisationen noch nicht sehr verbreitet ist. Einzelprojekte sind prinzipiell agiler aufgesetzt als die Governance-Ebenen. Je projektnäher Entscheidungen gefällt werden, desto agiler ist das Vorgehen, während die Integration agiler Prinzipien in höheren Management- und Governance-Ebenen langsamer verläuft. Schlagwörter | Projekt(-Portfolio)-Governance, Projekt-/ Portfoliomanagement, Agilität, Agile Transformation, Lenkungsausschuss Motivation Projekt-Governance ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Projektarbeit. Die seit Jahren zu beobachtende Transformation zu agilen oder hybriden Ansätzen erfordert auch ein angepasstes Vorgehen in der Governance. Zu Theorie und Praxis der Projekt-Governance in agilen Settings wurde bis jetzt noch nicht viel Forschungsarbeit geleistet. Vor einiger Zeit haben wir Handlungsempfehlungen zur daran angepassten Gestaltung der Projekt-Governance beschrieben [1]. Jetzt interessiert uns die gelebte Praxis, darum haben wir im Frühjahr 2024 zur Teilnahme an einer Studie aufgerufen: Wie wird in der Praxis mit dem Trend zu agilen Vorgehensweisen bei der Governance umgegangen? Hintergrund der Studie Für unsere Studie haben wir drei Steuerungsebenen unterschieden, um zu überprüfen, inwieweit unterschiedliche Governance-Ansätze für die Projektarbeit zu beobachten sind: 1. Management des Einzelprojektes: Wird eher plangesteuert oder eher agil gearbeitet? Ist der Projektinhalt mit einem immateriellen Produkt wie z. B. Software-Entwicklung befasst oder mit einem materiellen Produkt? Ebenso haben wir nach der Bedeutung von Regulierungen und weiteren Kernaspekten von einzelnen Projekten gefragt. Strenggenommen ist das Einzelprojekt-Management keine primäre Governance-Aufgabe, sondern Projektmanagement-Aufgabe, muss aber in der Governance jedes Projektes von den Führungskräften mitverantwortet werden. 2. Bei der Governance einzelner Projekte geht es um die Steuerungsarbeit, die typischerweise in Lenkungsausschüssen von Projekten geleistet wird, oft auch Steering Committee genannt. Wir sprechen im Folgenden von einem Governance-Gremium. Unabhängig vom Einzelprojekt-Management kann hier eher plangesteuert oder eher agil gearbeitet werden. 3. Unter Projektportfolio-Governance verstehen wir eine unternehmensweite Steuerung und Koordination aller Projekte, in der Regel durch dafür eingerichtete Gremien und Prozesse. Im Unterschied zu den anderen beiden Ebenen ist diese „höchste“ Ebene der Governance permanent, während die beiden anderen Ebenen nur für die Dauer eines Projektes bestehen. Auch für die Projektportfolio-Governance haben wir die Frage gestellt, ob eher plangesteuert oder eher agil gearbeitet wird, sowie weitere Kernaspekte der Projektportfolio-Governance untersucht. In einer ersten Literaturübersicht fassen Lappi et al. [2] 2017 bestehende Projekt-Governance-Praktiken in agilen Projekten im Kontext von Informationssystemen und der Softwareent- Wissen | Projekt-Governance in agilen Settings 48 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0045 wicklung in einem sechsdimensionalen Rahmen zusammen. Darauf aufbauend identifizieren Taborda & Mohammed [3] vier Jahre später in ihrer Übersichtsarbeit sieben Dimensionen, in denen sich planbasierte und agile Governance unterscheiden (vgl. Abbildung 1). Der Artikel zeigt, dass die Einführung agiler Prinzipien auf höheren Governance-Ebenen bisher nur bedingt erfolgreich ist, da diese eher auf schnelle Anpassung und informelle Zusammenarbeit ausgerichtet sind. Planbasierte Governance- Ansätze basieren auf festen Vorgaben und strikten Prozessen, während agile Prinzipien von Unsicherheit und Veränderungen ausgehen und auf Vertrauen und Autonomie der Teams setzen. Viele Unternehmen sehen die Transformation hin zu einer agilen Organisation heute als Chance, um sich besser auf den globalen Wettbewerb einzustellen. Viele davon machen aber auch die Erfahrung, dass eine solche Veränderung in der Praxis oft auf den verschiedenen Ebenen der eigenen Organisation in unterschiedlicher Geschwindigkeit abläuft und an den Schnittstellen dabei immer wieder Reibungsverluste auftreten. Beschreibung der Studie und der Studienteilnehmenden Die zentrale Themenstellung unserer Studie ist die Projekt- Governance im Zeitalter der agilen Transformation: Wie wird diese in der Praxis wirklich gelebt? Wie weit co-existieren plangesteuerte und agile Ansätze in Organisationen- - auch auf unterschiedlichen Governance-Ebenen? Mit Blick auf die vier Dimensionen Strategische Ausrichtung, Führungsstil, Managementebene sowie kaufmännische und Compliance-Aspekte von Taborda & Mohammed [3] stellten wir uns die Fragen: Ist die Governance der Projekte, in denen agil gearbeitet wird, auch agil ausgeprägt? Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es zwischen Einzelprojekt-Management, Governance einzelner Projekte und der Governance eines Portfolios? Dazu führten wir eine Online-Umfrage mit Unterstützung von GPM, pma und spm im ersten Halbjahr 2024 durch. Auch „nicht-agile“ Praktikerinnen und Praktiker waren zur Teilnahme aufgerufen. Es gab zwölf Fragen zum Einzelprojektmanagement, fünf zur Einzelprojekt-Governance, sieben zur Portfolio-Governance, sowie sieben zum Unternehmen und drei Fragen zur Person, wobei nicht alle Dimensionen nach Taborda & Mohammed auf allen drei Ebenen abgefragt wurden. Die Antwortskalen umfassten regelmäßig sechs Antwortmöglichkeiten von einem Extrem („vollständig“, „rein“ etc.) über die Antwortoptionen „mehrheitlich“ und „eher“ hin zum anderen Extrem. Für den Vergleich von Gruppen wurde der t-Test (sig: p<0,05) verwendet. Insgesamt wurden 77 Fragebögen vollständig und weitere 92 teilweise beantwortet. 38 % stammen aus Deutschland, 48 % aus Österreich und 12 % aus der Schweiz. 3 % gaben einen Standort außerhalb der D-A-CH Region an. Die Teilnehmenden der nicht repräsentativen Befragung haben im Durchschnitt 21 Jahre Erfahrungen mit Projekt-, Programm- oder Portfoliomanagement. Sie arbeiten dabei vorwiegend in der Projektleitung (48 %), in PMOs (14 %) oder als Programmmanagende (9 %). Nur ein kleiner Anteil ist als Portfoliomanagende (5 %), in einem Lenkungsgremium (4 %), als Auftraggeber (3 %) oder einfaches Projektmitglied (3 %) tätig. 14 % gaben eine sonstige Tätigkeit an. Die Anzahl der Projekte in den Organisationen streut stark: Es sind sowohl Unternehmen mit weniger als 20 gleichzeitigen Projekten vertreten als auch solche mit über 500 Projekten. Dabei überwiegen Projekte mit interner Auftraggeberschaft (75 %) die Projekte mit externen Auftraggebern (25 %) deutlich. Die betrachteten Projekte dauerten im Schnitt 23 Monate. Die Unternehmen, aus denen die Projekte stammen, sind vor allem groß und sehr groß: 43 % haben über 2000, weitere 13 % zwischen 1000-2000 Beschäftigte, 26 % geben einen Jahresumsatz über 1 Mrd. € an, weitere 12 % setzen zwischen 500 Mio. und 1. Mrd. € um. 27 % der Antwortenden sind im Bereich Information und Kommunikation tätig, 19 % bei Finanz- und Versicherungsdienstleistern, 16 % im produzierenden Gewerbe, 13 % in der öffentlichen Verwaltung, 5 % bei Gesundheit und Soziales und 4 % in der Energie-, Wasser- und Abfallwirtschaft. 91 % der teilnehmenden Unternehmen bestehen bereits seit über 20 Jahren. 64 % der befragten Organisationen verfügen über eine unternehmensweite Koordination aller Projekte im Rahmen eigener Prozesse oder Gremien zum Management des Projektportfolios, weitere rund 18 % koordinieren ihr Projektportfolio im Rahmen der allgemeinen Unternehmensführung. Ebenfalls 18 % geben an, über keine unternehmensweite Steuerung zu verfügen. Eine unternehmensweite Koordination findet sich dabei eher beim produzierenden Gewerbe und in der Finanz- Abbildung 1: Dimensionen planbasierter und agiler Governance nach Taborda & Mohammed Wissen | Projekt-Governance in agilen Settings 49 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0045 und Versicherungsbranche, im Bereich Information und Kommunikation ist dies dagegen weniger verbreitet. Ergebnisse zu den Steuerungsebenen In einem ersten Schritt haben wir uns die Verbreitung agiler oder planbasierter Praktiken auf jeder der drei Ebenen angesehen und in einem zweiten Schritt diese Verteilungen verglichen. Betrachtet man einzelne Dimensionen der Agilität, so zeigen sich auf den drei Ebenen unterschiedliche Ausprägungen (vgl. Abbildung 2). Einzelprojekt-Management Den Erwartungen von Taborda & Mohammed [3] zu Technologie und Industrie entsprechend werden Projekte mit immateriellen Ergebnissen eher agil ausgeführt, dies spiegelt sich auch in den Auswertungen zur Branche des Unternehmens (v. a. Information und Kommunikation, Finanzen und Versicherungen) wider. Die Zusammenarbeit in Projekten wird in Hinblick auf Vertrauen und Beziehungen agil gestaltet, dabei besteht auch eine Autonomie beim Führungsstil und der Projektkultur, insbesondere bei selbständigen Unternehmen. Bei Lösungswegen im Projekt und der Arbeitsweise halten sich selbstorganisierte und situative Vorgehensweise in etwa die Waage mit plangesteuerten und vorausbestimmten. Besonders auffällig ist, dass der Projektnutzen fast durchgängig als vorausbestimmt bewertet wird. Governance einzelner Projekte Auf der Projekt-Governance-Ebene sind der Führungsstil und die Kultur durch das Management bestimmt- - das ja häufig mit dieser Ebene zumindest teilweise zusammenfällt. Interessanterweise steigt die Autonomie des Führungsstiles mit der Unternehmensgröße, hier kommt es zu einer verstärkten Trennung zwischen dem (Top-)Management und der Projekt- Governance. Sehr deutlich sind die Unterschiede der Ebenen bei Kultur und Führungsstil: Während diese auf den Governance-Ebenen durch das Management bestimmt werden, sind sie auf Projektebene autonomer. Trotz planbasiertem Gesamtbild auf der Projekt-Governance-Ebene fällt die häufige Regelung der Zusammenarbeit über Vertrauen und Beziehungen auf- - dies läuft dem sonst eher top-down getriebenen und planorientierten Verhältnissen auf dieser Ebene entgegen und spricht für eine Autonomie nach innen. Dennoch ist die Zusammenarbeit in der Projekt-Governance deutlich mehr durch Richtlinien und Verträge gesteuert als in Projekten, vor allem, wenn Projekte in einem Konzernumfeld abgewickelt werden. Der Literatur zufolge stehen selbstorganisierte Kultur und Führungsstil ebenso wie eine Zusammenarbeit über Vertrauen für Agilität, die Projekte sind daher agiler als die Steuerungsebene darüber. Umgekehrt ist dies allerdings beim Projektnutzen: Dieser ist im Projekt langfristiger im Voraus bestimmt als auf Projekt-Governance-Ebene und widerspricht daher der Annahme in der Literatur. Hier kommt es verstärkt, wenngleich weiter auf niedrigem Niveau, zu kurzfristigen und iterativen Vorgehensweisen auf der Governance-Ebene. Die Agilität nimmt allerdings für größere Unternehmen und Konzernteile ab. Projektportfolio Governance Die Projektportfolio-Ebene weist Ähnlichkeiten mit der Projekt- Governance-Ebene bei der Arbeitsweise sowie Führungsstil und Kultur auf. Im Vergleich zeigt sich also, dass die Arbeitsweise im Projekt eher selbstorganisiert und damit agiler ist, während sie auf der Projekt-Governance und der Projektportfolio-Governance-Ebene eher plangesteuert ist, wobei es keine wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Governance- Ebenen gibt. Auffällig ist, dass für die Mehrheit der Projekte die Lenkung tatsächlich auf Projektebene geschieht. Zudem zeigt sich: Wenn es eine Projekt-Governance-Ebene im Unternehmen gibt- - das gilt nicht für alle befragten Organisationen- - dann dominiert dennoch eine Lenkung der Projekte auf Projekt-Ebene, die Portfolio-Ebene spielt dabei weniger eine Rolle. Beides würde für eine agile Vorgehensweise sprechen. Abbildung 2: Vergleich der Steuerungsebenen Wissen | Projekt-Governance in agilen Settings 50 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0045 Anderseits wird die Mehrheit der Projekte top-down priorisiert und ausgewählt. Dabei werden etwa gleich viele Projekte aus dem Tagesgeschäft heraus ausgewählt und priorisiert wie aus der Strategie abgeleitet. Die Projektportfolio-Ebene ist also vor allem für Auswahl und Priorisierung zuständig, die Abwicklung selbst wird aber dann an die Projekte übergeben. Die Unterscheidung zwischen agil und planbasiert verläuft damit nicht alleine entlang der Ebenen, sondern auch entlang der Projektphasen: Die Governance in der Projekt-Vorphase auf Portfolio-Ebene ist planbasierter als die spätere Abwicklung auf der Ebene des Projektes. Im produzierenden Gewerbe sowie bei Finanzen und Versicherungen ist das Portfoliogremium eher durch das Management bestimmt, in den Branchen Information und Kommunikation sowie im Öffentlichen Dienst eher selbstorganisiert. Während allerdings mehr Umsatz zu größerer Autonomie der Arbeitsweise auf Projekt-Governance-Ebene führt, nimmt der Einfluss des Managements auf den Führungsstil und die Kultur im Portfoliogremium zu. Größe führt damit zu einer stärkeren Entfremdung dieser beiden Ebenen. Agile Ansätze auf Unternehmens- oder Bereichsebene- - skalierte agile Ansätze, die im Großen institutionalisiert sind-- gewinnen zunehmend an Bedeutung. Auch bei unseren Teilnehmenden spielen skalierte Ansätze bereits eine Rolle, sind aber noch eine Minderheit: Nur 23 % setzen diese auf der Portfolio-Ebene ein, 58 % verneinten die Frage, der Rest gab keine Antwort. Agile Projekte gleich agile Governance? Eine der Ausgangsfragen unserer Untersuchung lautete: Wird in Unternehmen, die in ihren Projekten vorwiegend agil arbeiten, auch auf den Ebenen der Governance einzelner Projekte sowie der Projektportfolio-Governance agiler gesteuert als bei Unternehmen, die in Projekten planbasiert vorgehen? Dazu wurde zunächst aus den Fragen, die die Agilität auf Einzelebene messen, eine Skala gebildet und diese entlang des mittleren Wertes (Median) in zwei gleich große Gruppen geteilt. Sodann wurden die Mittelwerte dieser Gruppen für die Fragen in den beiden anderen Steuerungsebenen verglichen und auf signifikante Abweichungen überprüft (vgl. Abbildung 3). In Unternehmen, in denen auf der Ebene der Einzelprojekte agil gearbeitet wird, sind der Führungsstil und die Kultur im Governance-Gremium eher selbstorganisiert, die Zusammenarbeit wird vorwiegend über Vertrauen und Beziehungen geregelt. Geringe Unterschiede zwischen planbasiert und agil zeigen sich jedoch bei der Frage, ob die Arbeitsweise plangesteuert oder selbstorganisiert ist. Kein signifikanter Unterschied besteht bei der Kurz- oder Langfristigkeit der Nutzenfestlegung. Je „näher“ also die Steuerung dem Projekt ist, desto eher entsprechen die Vorgehensweisen der Projekt-Governance jenem im Projekt, während bei der Nutzenfestlegung verstärkt Vorgaben aus der Portfolio-Ebene greifen. Für die Governance des Projektportfolios dagegen gibt es in keinem der befragten Bereiche einen Zusammenhang mit dem Agilitätsgrad der Projekte. Diese scheint daher tatsächlich vom Alltagsgeschehen im Projekt abgekoppelt zu sein. Ein differenziertes Bild zeigt sich, wenn die beiden übergeordneten Governance-Ebenen, also Projekt- und Projektportfolio-Governance, miteinander verglichen werden (vgl. Abbildung 3). Dabei wurde in einem analogen Verfahren zu oben zwischen agilen und planbasierten Governance-Gremien für typische Projekte unterschieden: Hier zeigen sich bei allen relevanten Fragen deutliche und signifikante Zusammenhänge zwischen den Governance-Ebenen: Agilität im Projekt-Governance-Gremium spiegelt so agiles Vorgehen im Portfolio wider. Besonders deutlich ist die Ähnlichkeit bei Führungsstil und Kultur sowie bei der Festlegung der Arbeitsweise. Diese Befunde bestätigen die schon weiter oben getroffene Einschätzung: Die oberen Ebenen sind von der tatsächlichen Ausführungsebene im Hinblick auf planbasierte oder agile Elemente einerseits deutlich abgekoppelt, andererseits sind sie planbasierter aufgestellt als die Projekte selbst- - das gilt vor allem für das Projektportfolio. Die Vorgehensweisen auf den beiden Governance-Ebenen gleichen einander eher, wobei Abbildung 3: Vergleich planbasierte vs. agile Projekte Wissen | Projekt-Governance in agilen Settings 51 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0045 strategisch orientierte Steuerungsmaßnahmen planbasierter abgewickelt werden als projektnahe Entscheidungen. Umgang mit Anforderungsänderungen Bei häufigen Anforderungsänderungen sollte- - so lauten verbreitete Empfehlungen- - eher ein agiles Vorgehen gewählt werden. In unserer Studie zeigt sich jedoch ein anderes Bild: Anforderungsänderungen sind häufig (74 % „häufig“ gegenüber 26 % „selten“). Dabei ist der Grad der Agilität von der Häufigkeit der Neuerungen unabhängig: Auch die überwiegende Mehrheit der Projekte mit plangesteuertem Vorgehen muss oft mit Anforderungsänderungen umgehen, selbst wenn diese eigentlich nicht vorgesehen sind. Das Projekt-Governance-Gremium für ein typisches Projekt sollte um die Problematik von Anforderungsänderungen wissen, initiiert diese allerdings regelmäßig selbst: 58 % der Befragten gaben an, dass Neuerungen häufig von der Projekt- Steuerung ausgehen. Auch hier wieder sind Anforderungsänderungen unabhängig von der Agilität auf Projekt-Ebene. Ob allerdings die Herausforderung häufiger Anforderungsänderungen überraschend und daher ohne Einfluss auf die Wahl des Vorgehens oder bekannt und daher bewusst gesteuert gewesen ist, dazu können wir keine Aussage treffen. Zusammenfassung und Ausblick Agile Vorgehensweisen, so zumindest der erste medial vermittelte Eindruck, sind im Vormarsch und dominieren die Diskussion im Projektmanagement. Überraschend ist demgegenüber die doch eher geringe Verbreitung von Agilität bei den von uns befragten Organisationen. Dabei sind Einzelprojekte prinzipiell agiler aufgesetzt als die beiden Governance-Ebenen, und je projektnäher Entscheidungen gefällt werden, desto agiler ist das Geschehen. Unsere Interpretation ist, dass die agile Transformation in der ganzen Organisation und auf allen Ebenen noch Zeit benötigt, sowie dass es möglicherweise an praktischen Instrumenten für agile Governance fehlt wie etwa: • selbstorganisierende Zusammensetzung des Governance- Gremiums, • dem Daily im Projekt entsprechende kurze Steh-Meetings des Governance-Gremiums, • Visualisierungsunterstützung durch Kanban-Boards o. ä., • in Sprint-/ Release-Review integrierte Sitzungen, d. h. „zum Team gehend“, • veränderte Reporting-Gepflogenheiten-- weg von umfangreichen schriftlichen Ausarbeitungen hin zu kompakten (vielleicht KI gestützten) Dashboard-Lösungen, • wertorientierte Priorisierung. Einige der von Taborda & Mohammed [3] identifizierten Kernaspekte konnten von uns in der Praxis bestätigt werden: Immaterielle Produkte werden eher mit agilen Vorgehensweisen erarbeitet, Führungsstil und Kultur sowie die Regelung der Zusammenarbeit entsprechen in ihrer Ausprägung der gewählten plangesteuerten bzw. agilen Vorgehensweise. Die Ergebnisse können auch als Momentaufnahme eines Transformationsprozesses von Organisationen hin zu agileren Unternehmensformen interpretiert werden, wo auf den unteren Ebenen (in den Projekten) agile Methoden und Prinzipien zuerst implementiert wurden, die Durchdringung anderer Ebenen mit diesen Grundsätzen und Werten aber viel langsamer von statten geht. Daraus ergeben sich dann an den Schnittstellen die Reibungsflächen, die man immer wieder in Unternehmen beobachten kann, wenn stärker planbasiertes Vorgehen auf den Managementebenen auf agile Teams bei der Projektumsetzung stößt. Vielleicht fehlen aber auch gerade für große Unternehmen, die notwendigerweise über mehrere Hierarchieebenen hinweg gesteuert werden müssen, neue Management- und Organisationskonzepte, die ein agileres top-down Steuern begünstigen. Scaled Agile Frameworks sind hier ein Ansatzpunkt, sie eignen sich aber nicht für alle Organisationen und Settings. Die Ergebnisse entsprechen an vielen Stellen unseren eigenen praktischen Erfahrungen. Neben der in dieser Arbeit genannten Literatur, ist die Fachgruppe „PM goes Boardroom“, zu der außer zwei der Autoren auch Praktiker aus großen Unternehmen gehören, eine wesentliche empirische Quelle. Wir danken allen Mitgliedern der Fachgruppe für den bereichernden Austausch und besonders Christian Rudischer für die Mitarbeit bei der empirischen Erhebung. Abbildung 4: Vergleich planbasierte vs. agile Projekt-Governance Wissen | Projekt-Governance in agilen Settings 52 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0045 Literatur [1] Feldmüller, D.; Ortner, G.: Projekt-Governance von klassisch bis agil. In: projektMANAGEMENT aktuell 02 / 2024, Nürnberg 2024, S. 39-44. [2] Lappi, T., Karvonen, T., Lwakatare, L. E., Aaltonen, K., & Kuvaja, P. (2018). Toward an Improved Understanding of Agile Project Governance: A Systematic Literature Review. Project Management Journal, 49(6), 39-63. https: / / doi. org/ 10.1177/ 8756972818803482 [3] Taborda, L. J.; Mohammed, M.: Exploring Agile Project Governance. Anzam Conference, Perth 2021. Eingangsabbildung: © iStock.com/ AndreyPopov Fritz Stallinger Fritz Stallinger ist Fachbereichsleiter für Multiprojekt- und Integriertes Management im Masterstudiengang PM und Organisation an der FH des BFI Wien. Er lehrt und forscht an der Schnittstelle von Projekt-, Prozess- und Qualitätsmanagement in projektorientierten Unternehmen und Projektmanagementkompetenzen in der Digitalen Transformation. Anschrift: FH des BFI Wien, Wohlmutstr. 22, A-1020 Wien E-Mail: fritz.stallinger@fh-vie.ac.at Prof. (FH) Andreas Nachbagauer Prof. (FH) Andreas Nachbagauer ist Fachbereichsleiter für Management und wissenschaftliche Methoden sowie stv. Leiter der Projektmanagement-Studiengänge an der FH des BFI Wien. Anschrift: FH des BFI Wien, Wohlmutstr. 22, A-1020 Wien E-Mail: andreas.nachbagauer@fh-vie.ac.at ORCID: https: / / orcid.org/ 0000-0002-1978-9983 Prof. (FH) Dr. Gerhard Ortner Prof. (FH) Dr. Gerhard Ortner ist Fachbereichsleiter für Projektmanagement in den Masterstudiengängen PM & Organisation sowie PM & Data Analytics an der FH des BFI Wien. U.a. arbeitet er derzeit auch im ISO Technical Committee 258 an der Weiterentwicklung internationaler PM-Normen mit. Anschrift: FH des BFI Wien, Wohlmutstr. 22, A-1020 Wien E-Mail: gerhard.ortner@fh-vie.ac.at Prof. Dr. rer. nat. Dorothee Feldmüller Prof. Dr. rer. nat. Dorothee Feldmüller ist Professorin für Wirtschaftsinformatik am Campus Velbert / Heiligenhaus der Hochschule Bochum. Zuvor war sie lange Jahre tätig als IT-Projektleiterin und Beraterin. Seit 2004 ist sie aktiv bei der GPM. Anschrift: Hochschule Bochum Campus Velbert / Heiligenhaus, Kettwiger Str. 20, 42 579 Heiligenhaus, Tel. +49 2056 5848 - 16 721 E-Mail: d.feldmueller@gpm-ipma.de 53 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0046 Stellinger Moor: Resilient & nachhaltig für Hamburgs Klimaziele Sibylle Schmidtke, Julia Hartenstein Für eilige Leser | Das Programm „Stellinger Moor“ realisiert auf einem ehemaligen Klärwerksgelände einen klimaneutralen Gewerbehof, der ökologische, wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeitsziele integriert. Die größten Herausforderungen: vielfältige Stakeholder-Interessen, komplexe Abstimmungsprozesse sowie die pandemiebedingte Umstellung auf digitale Zusammenarbeit. Durch standardisierte Prozesse, eine stringente Governance und klare Rollenverteilungen wurde eine stabile Grundlage für die Programmsteuerung geschaffen. Gleichzeitig ermöglichten dynamische Stakeholder-Interaktionen, und regelmäßige Retrospektiven eine flexible Anpassung an unvorhergesehene Entwicklungen. Durch diese Kombination sicherte das Programm den Projekt-Erfolg und wird zum Vorbild für resiliente städtische Infrastrukturprogramme. Schlagwörter | Resilienz im Programmmanagement, Nachhaltige Stadtentwicklung, Stakeholdermanagement, Governance-Strukturen, Krisenbewältigung, Flexibilität, Digitale Transformation, Klimaneutrale Infrastrukturprojekte Nachhaltige Zukunft gestalten Hamburg hat sich viel vorgenommen: Bis 2045 will die Hansestadt klimaneutral sein-- eine ambitionierte Zielmarke, die durch Programme wie das „Stellinger Moor“ greifbar wird. Auf einem 5 Hektar großen Gelände eines ehemaligen Klärwerks entsteht ein Gewerbehof für Unternehmen der kritischen Infrastruktur, der Technologien wie Photovoltaikanlagen und Gründächer mit einer zukunftsweisenden Energieversorgung durch ein modernes Abfallverwertungszentrum vereint. An der Umsetzung beteiligt sind die Hamburger Stadtentwässerung AöR (HSE), die vhh.mobility|Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH (vhh), Hamburger Energienetze GmbH (HNE) und die Stadtreinigung Hamburg AöR (SRH). Die Verwirklichung der Programm-Ziele wird durch die Beteiligung des Bezirks Altona und der städtischen Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA), der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM), der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW), der Behörde für Inneres und Sport (BIS) und der Finanzbehörde (FB) unterstützt. Gemeinsam verfolgen die städtischen Versorger höchstmögliche Flächeneffizienz, Flexibilität und Synergienutzung sowie eine nachhaltige und langfristige Entwicklung des Standortes und positionieren sich somit als innovationstreibende Unternehmen. So ist im Konzept für die zukünftig bis zu 2000 Beschäftigten am Standort ein attraktives Arbeitsumfeld vorgesehen: Ein Busshuttle sorgt für eine hervorragende Mobilitätsanbindung, KITA und Click und Collect Stationen erleichtern die Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit und eine moderne Anlagenplanung mit vielen Grünflächen bietet eine hohe Aufenthaltsqualität. Für das Gewerbegebiet Schnackenburgallee bietet die Entwicklung des Gewerbehofs die Chance einen Entwicklungskern für innovative Unternehmen zu bilden. Das „Stellinger Moor“ stärkt somit die Identität Hamburgs als Vorreiter nachhaltiger Stadtentwicklung und schafft zahlreiche Vorteile für Stakeholder. Zur Umsetzung wurde gemäß des Projektmanagementhandbuchs der Freien und Hansestadt Hamburg eine Programmorganisation geschaffen, die sich an den Standards der DIN 69 901 (Regelwerk für Begriffe, Prozesse und Methoden im Projektmanagement) orientiert. Jedes beteiligte Unternehmen hat hierzu eine Projektleitung ernannt und in das Programm entsandt. Als weitere Grundlage der Planung dienen die DIN 18 205 (Strukturierte Bedarfsplanung im Bauwesen), Wissen | Stellinger Moor: Resilient & nachhaltig für Hamburgs Klimaziele 54 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0046 die Leistungsphasen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) und die DIN69 909 (Multiprojektmanagement). Erwartete und unerwartete Herausforderungen Das „Stellinger Moor“ ist in drei Abschnitte unterteilt: die Entwicklung, die Realisierung und der Betrieb. Die Realisierung steht im Mittelpunkt unserer Betrachtung. Dieser Abschnitt dient dazu, die in der Entwicklung erarbeiteten Ziele in umsetzbare Maßnahmen zu übersetzen. Dazu gehört die komplexe Koordination zwischen allen Beteiligten, die Klärung von Flächennutzungen und die Einführung moderner Technologien. Die Realisierung Stellinger Moor (RSM) begann 2022, inmitten der anhaltenden Pandemie. Persönliche Treffen waren kaum oder gar nicht möglich. Wurden vereinzelte Meetings und Lenkungsgruppen in Präsenz abgehalten, waren aufgrund von Abstandsregelungen Räume erforderlich, in denen bis zu 30 Personen untergebracht werden konnten. Die Entscheidungswege verlängerten sich und die Unsicherheit über die Zukunft blieb bestehen. Erwartungsgemäß, aber ebenso herausfordernd wie die Veränderungen durch Covid-19, waren die komplexen Spannungsfelder des Programms. Abgesehen von der schieren Größe des Unterfangens und der politischen Bedeutung, die mit entsprechendem Interesse verfolgt wurde, galt es die Interessen aller Programmbeteiligten zu harmonisieren. Denn in RSM stimmen sich vier städtische Unternehmen der Daseinsvorsorge untereinander ab, die jeweils ihre unterschiedlichen Perspektiven, Gesellschaftsformen, Unternehmensumfelder, Arbeitsweisen und Anforderungen an ihre Betriebssicherheit einbringen. Programm-Erfolg durch Resilienz Viele Aspekte, die das Programm vorangebracht und die Meilensteine gesichert haben, lassen sich rückblickend im Diskurs rund um Resilienz im Projektmanagement verorten. Um diese Resilienz fördernden Elemente greifbar zu machen, bietet sich-- besonders für Hamburg-- ein Bild an: Ein den Stürmen trotzendes Segelboot. Ein widerstandsfähiger Rumpf bildet die solide Basis, ohne die jedes Schiff und Projekt in Seenot gerät. Die flexibel ausrichtbaren Segel stehen für die Fähigkeit, sich an Veränderungen anzupassen und agil zu reagieren. Ein zu starres Vorgehen kann gefährlich sein, während eine geschickte Steuerung selbst starke Winde nutzen kann. Nicht zu vergessen sind die Menschen auf diesem Schiff und ihr Umgang miteinander. Nur wenn die Crew gut zusammenarbeitet, kann das Schiff sein Ziel erreichen. Der Kapitän und die Steuerleute-- die Programmleitung und das Programmbüro-- tragen Sorge für die Zusammenarbeit und den richtigen Kurs, indem sie regelmäßig die Situation evaluieren und das große Ganze im Blick behalten. Sicherheit durch eine solide Basis Der Rumpf unseres sturmfesten Segelschiffes und Projekterfolges bildet der Projektmanagementstandard angelehnt an DIN 69 901, den die Stadt Hamburg bei großen Vorhaben vorgibt, der HOAI und den Vorgaben für kostenstabiles Bauen, um ein paar Beispiele zu nennen. Mit diesem Rahmen wurde im ersten Programm-Abschnitt eine klare Struktur für die turbulente Realisierungsphase aufgebaut. Dieser stabile Rahmen-- dieser stabile Rumpf-- überstand die größten Stürme: die pandemiebedingten Umwälzungen in der Arbeitswelt und die zeitweise Erhöhung der Mannschaftskapazität, die in Zeiten von Übergaben auf das Doppelte anwuchs. Trotz notwendiger Umstellungen konnte auf viel Bestehendes aufgebaut und mit Ruhe auf die Unsicherheit reagiert werden. Im Nachhinein ist eines offensichtlich: Resilienz entsteht nicht erst in der Krise-- sie wird durch konsequente Strukturen im Normalbetrieb vorbereitet. Transparente Struktur Um sicherzustellen, dass alle Beteiligten ein gemeinsames Verständnis von Prozessen, Meilensteinen und Berichtspflichten hatten, wurde ein integriertes Programmhandbuch erstellt. Dieses Handbuch trug dazu bei, die Kommunikation und Zusammenarbeit zu vereinheitlichen. Mit der Einführung eines effektiven Dokumentenmanagements wurde eine durchdachte Ablage- und Dokumentationsstrategie erarbeitet und umgesetzt. Die Ablage bietet den Stakeholdern unterschiedliche Absprungs-Ebenen zu Informationen, um den verschiedenen Nutzungsvorlieben entgegenzukommen. Diese sorgte dafür, dass Informationen- - auch während der Pandemie- - für alle schnell, einfach und zielgruppenorientiert zugänglich waren, was die Transparenz und Effizienz im Projektverlauf deutlich steigerte. Zugleich erwies sich die Pandemie als Booster für die digitale Zusammenarbeit. Durch die Möglichkeit, digital zu arbeiten, konnten Projektmeetings stattfinden, die sonst aufgrund der örtlich getrennten Gegebenheiten nicht realisierbar gewesen wären. Dies erleichterte insbesondere die Zusammenarbeit mit verteilten Teams und eröffnete neue Wege für eine effizientere, standortunabhängige Kommunikation. Praxis-Tipp: Integrieren Sie bewährte PM-Standards frühzeitig, um Stabilität in Krisenzeiten zu sichern. Orientieren Sie sich an branchenspezifischen Richtlinien und schaffen Sie eine transparente Governance-Struktur. Wissen | Stellinger Moor: Resilient & nachhaltig für Hamburgs Klimaziele 55 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0046 Die frühe Implementierung dieser Standards bedeutete, dass trotz der externen Schocks durch Corona keine grundlegenden Strukturen hinterfragt oder erst entwickelt werden mussten-- das Programm war bereits in einem stabilen Rahmen organisiert. Klare Rollen- und Aufgabenverteilung Mit einem interdisziplinären Team aus rund 40 Beteiligten aus vier städtischen Unternehmen und externen Dienstleistern, die ohne Weisungsbefugnis des Programmleiters zu führen sind, hätte das Programm ohne eine klare Rollenverteilung schnell ins Chaos abgleiten können. Doch durch eine strukturierte Verteilung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten blieben die Arbeitsprozesse auch unter erschwerten Bedingungen effektiv: Programmmitarbeiter: Innen > Projektleitung > Programmleitung / Programmbüro> (erweiterte) Lenkungsgruppe Die übergeordnete Steuerung des Programms obliegt der Programmleitung, die durch das Programmbüro bestehend aus zwei externen Programmmanagern unterstützt wird. Für ein effizientes Entscheidungsmanagement in diesem komplexen Umfeld wurden zwei unterschiedlich besetzte Lenkungsgruppen etabliert, um auf strategischer Ebene effektiv entscheidende Weichenstellungen vorzunehmen. Entscheidungen, die ausschließlich die Umsetzung der vereinbarten Ziele betreffen, werden auf Ebene der Geschäftsführungen der am Programm beteiligten Unternehmen getroffen. Entscheidungen, die hingegen einen Einfluss auf die vereinbarten Programmziele des Gesamtvorhabens selbst haben- - insbesondere hinsichtlich Leistungen, Kosten und Terminen- - werden in einer großen Runde mit Vertretern aller Stakeholdergruppen getroffen. Einzelprojekte, wie eine Machbarkeitsprüfung für eine unternehmensübergreifende Nutzung von Ladeinfrastruktur für E-Busse und Müllfahrzeuge oder den gemeinsamen Bau von Photovoltaikanlagen, wurden in unternehmensübergreifenden Arbeitsgruppen bearbeitet. Die Ergebnissicherung in Richtung Programmebene wurde durch regelmäßige Jours fixes der Arbeitsgruppenverantwortlichen sichergestellt. Diese Gruppen arbeiteten auch während der Covid-19-Pandemie eigenständig und handlungsfähig, wodurch die Projekte erfolgreich vorangetrieben wurden. Diese klare Aufgabenverteilung sorgte dafür, dass die Pandemie nicht zu unkontrollierter Unsicherheit führte- - jeder wusste, welche Verantwortlichkeiten bestehen und an wen er sich wenden konnte. Feste Meeting-Strukturen Ein weiterer stabilisierender Faktor ist die Meeting-Kultur, die auch während der Pandemie konsequent beibehalten wurde. Die wesentlichen Austauschformate sind regelmäßige Jours fixes, die alle zwei Wochen mit einer festen Agenda stattfinden. Während der Pandemie wurden diese digital abgehalten. Nach Wegfall der Kontakteinschränkungen wurde das digitale Format überwiegend beibehalten, da es für das Programmteam eine große Zeitersparnis und Flexibilität in der Folge einer Vermeidung von Reisezeiten darstellt, die der Arbeit im Programm und den übrigen Verpflichtungen zugutekam. Um die Vorteile von Präsenztreffen zu nutzen, wird inzwischen etwa jeder 3. Jour fixe in Präsenz durchgeführt. In den Wochen ohne Jours fixes finden kurze digitale Statusmeetings zur Aktualisierung der wesentlichen Arbeitspakete statt, um den nötigen Informationsfluss sicherzustellen. Praxis-Tipp: Erstellen Sie ein integriertes Programmhandbuch und eine leicht zugängliche Dokumentenablage mit strukturierten Absprungpunkten für unterschiedliche Nutzergruppen. Praxis-Tipp: Definieren Sie Rollen und Eskalationswege klar und stellen Sie regelmäßig sicher, dass sie verstanden, überprüft und bei Bedarf nachgeschärft werden. Wissen | Stellinger Moor: Resilient & nachhaltig für Hamburgs Klimaziele 56 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0046 Treffen der unternehmensübergreifend, gezielt nach fachlichen Kompetenzen zusammengestellten Arbeitsgruppen konnten durch den Einsatz von digitalen Tools flexibel durchgeführt werden, wodurch verhindert wurde, dass wichtige Projekte ins Stocken gerieten. Zusätzliche feste Terminserien waren, die im sechs-Wochen-Turnus stattfindenden Planungstreffen, welche die komplexen Belange der beteiligten öffentlichen Unternehmen thematisierten, sowie zweiwöchentliche Treffen der Arbeitsgruppe Wirtschaftlichkeit, welche sich mit verschiedenen Themen der Programmleitung auseinandersetzte. Nachdem die Kontaktbeschränkungen aufgehoben wurden, konnte der persönliche, informelle Austausch der Programmbeteiligten aufgenommen werden. Treffen in denen auch und vor allem Themen abseits des Programms besprochen wurden, stärkten das Wir-Gefühl, das durch einen Zuwachs an Vertrauen und Freude in der Zusammenarbeit Wirkung zeigte. Ob ein spontanes Abendessen oder Feierabendgetränk in einer kleinen Gruppe nach einer Besprechung oder ein vom Programmbüro geplanter Besuch in voller Besetzung auf dem Weihnachtsmarkt- - die Erfahrung zeigt, dass das Team von diesem Austausch profitiert. Die Meeting-Struktur sorgte für eine doppelte Stabilität: Zum einen ermöglichte sie Planungssicherheit, da klare Ankerpunkte für Entscheidungen gesetzt wurden- - auch in unsicheren Zeiten. Zum anderen gewährleistete sie eine verlässliche Kommunikation, sodass zu Zeiten von Kontaktbeschränkungen, Homeoffice und räumlicher Distanz regelmäßige Abstimmungen stattfanden und Informationsverluste minimiert wurden. Digitale Tools in der Remote-Zusammenarbeit Als die Pandemie das Programmteam kurzfristig zwang, die Zusammenarbeit vollständig auf digitale Arbeitsumgebung umzustellen, wurden digitale Tools zum stützenden Mast der Remote-Zusammenarbeit. Besonders hilfreich waren dabei Microsoft Teams, das Videokonferenzen ermöglichte und als zentrale Kommunikationsplattform diente; Microsoft Planner, das für Transparenz bei der Aufgabenverteilung und den Deadlines sorgte; sowie Miro, ein interaktives Whiteboard, das Workshops und kreative Prozesse unterstützte. Diese Tools halfen, die räumliche Distanz zu überwinden und eine effiziente Zusammenarbeit sicherzustellen. Da die Tools für viele Teammitglieder neu waren und eine gewisse Einarbeitung erforderten, beanspruchte die Umstellung Zeit und Geduld. Die Programmmanager waren gefragt, besonders aufmerksam auf die Bedürfnisse und Motivationslevel der Teammitglieder einzugehen, um sicherzustellen, dass alle mit den neuen Arbeitsweisen gut zurechtkamen. Die Bereitschaft, neue Arbeitsweisen auszuprobieren, zu vermitteln und das Vorgehen immer wieder den sich verändernden Umstände anzupassen, war entscheidend, um die Umstellung erfolgreich zu gestalten. Flexibilität als Erfolgsfaktor Während eine klare Struktur dem Programm „Stellinger Moor“ Stabilität und Orientierung gab, war es die gezielte Flexibilität in der Zusammenarbeit, die das Programm widerstandsfähig und dynamisch hielt. Gerade in komplexen Umfeldern mit vielen Beteiligten, vielfältigen Interessen und den unvorhergesehenen Herausforderungen der Corona-Epidemie musste die Zusammenarbeit bewusst gestaltet werden, um Motivation, Effektivität und Effizienz langfristig zu sichern. Flexibilität bedeutete in diesem Programm das Vermögen, innerhalb eines klar definierten Rahmens auf Veränderungen zu reagieren. Insbesondere zwei Faktoren spielten dabei eine zentrale Rolle: ein durchdachtes Stakeholdermanagement und ein konsequent reflektiertes Teammanagement. Passgenaue Kommunikation Die Vielzahl an Stakeholdern im Programm „Stellinger Moor“ machte es notwendig, Kommunikationswege flexibel zu gestalten und situativ anzupassen. Ein starres Schema hätte hier nicht funktioniert. Stattdessen wurden Formate flexibel angepasst: Mal waren es offizielle Präsentationen mit Entscheidungsträgern, mal informelle Gespräche mit Fachabteilungen, in denen mögliche Konflikte frühzeitig identifiziert und entschärft werden konnten. Von großer Hilfe war im Stakeholdermanagement die Pflege eines strukturierten Soziogramms. Hierin wurden die Netzwerke zwischen den Akteuren sichtbar und halfen dabei, Einfluss und Beziehungen zu analysieren. Ergänzt wurden sie durch DiSG-Profile und bevorzugte Kommunikations- und Arbeitsweisen und Informationsbedarfe, die eine individuelle Anpassung der Kommunikation ermöglichten. Die zusätzliche Zeit, die in die Aufbereitung der Inhalte floss, diente dazu, den in vielen Bereichen tätigen Programmbeteiligten den Einstieg in die Themen zu erleichterten und einen klaren Fokus auf das Stellinger Moor zu setzten. Umgang mit Konflikten Flexibilität erforderte auch der Umgang mit Konflikten. Unterschiedliche Interessen- - etwa zur Flächenvergabe oder zur Finanzierung einzelner Maßnahmen-- führten zu Spannungen zwischen den beteiligten Organisationen. Der wesentliche Ansatz der Konfliktbewältigung war es, Synergien, statt Differenzen in den Mittelpunkt zu stellen. Von zentraler Bedeutung war, dass Konflikte, egal ob sie von außen oder innen ins Programm hineingetragen wurden, zeitnah angesprochen wurden. Es wurde darauf geachtet, genug Zeit für diesen Austausch zu bieten und den Fokus vom Problem auf die Lösung und persönliche Wirksamkeit zu lenken. Fragen, die genutzt wurden, um dies zu tun waren: „Was nehme ich aus dem Termin mit? Was macht das mit dir? Was Praxis-Tipp: Legen Sie Regeltermine nach Informations- und Entscheidungsbedarf fest. Sorgen Sie für klare Agenden, dokumentierte Ergebnisse, effizientes Timeboxing und Raum für informellen Austausch. Praxis-Tipp: Setzen Sie auf benutzerfreundliche, synchronisierte Kollaborationstools und schulen Sie Ihr Team kontinuierlich. Bleiben Sie offen für Anpassungen, um Arbeitsweisen zu optimieren. Praxis-Tipp: Entwickeln Sie eine zielgruppengerechte Stakeholder-Kommunikation, um Konflikte frühzeitig zu entschärfen und den Fokus auf gemeinsame Ziele zu lenken. Wissen | Stellinger Moor: Resilient & nachhaltig für Hamburgs Klimaziele 57 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0046 kann ich tun, um das Ergebnis zu verändern? “ Ebenso wichtig wie die Zeit, die diesen Themen eingeräumt wurden, war es auch, die Zeit zu begrenzen. Hierzu hat sich ein striktes Time Boxing bewährt. Die Basis für die gemeinsame Ausrichtung und Offenheit wurde in einem Workshop zu Beginn der Realisierungsphase gelegt. Die neue Phase brachte viele Wechsel im Programmteam mit sich. Dadurch war es erforderlich, die gemeinsamen gesetzten Ziele aufzuarbeiten und Streitpunkte im Gesamtzusammenhang des Programms zu betrachten. Hier bewirkten die simplen Fragen „Wer will das Projekt? Wo können die wesentlichen Synergien gehoben werden? Was sind konkrete Vorteile für Unternehmen und Mitarbeiter? “ ein Umdenken. Als das finale Programm mit seinen Möglichkeiten für die Mitarbeiter im Gespräch konkret wurde, stieg die Motivation und die Zusammenarbeit erhielt einen spürbaren Schub. Workshops zur Priorisierung von Maßnahmen und der Aktualisierung von Risikoregistern, erwiesen sich als weitere wertvolle Möglichkeiten die unterschiedlichen Sichtweisen auf das Programm zu verdeutlichen und auf die Programmziele auszurichten. Reflexion und Motivation als treibende Kräfte Das Programmteam arbeitete unter anspruchsvollen Bedingungen-- aufgrund der Komplexität des Programms als auch wegen der Unsicherheiten durch die Pandemie. Hier setzten der Programmleiter und das Programmbüro auf regelmäßige Reflexionsrunden, um die Teamarbeit immer wieder neu zu justieren. Anstatt auf starre Prozesse zu setzen, wurde aktiv hinterfragt, welche Arbeitsweisen funktionieren und wo Anpassungen nötig waren. Das „Programm-Thermometer“ wurde genutzt, um in kurzen Feedbackrunden die Stimmung im Team zu messen und Blockaden frühzeitig zu erkennen. Regelmäßige Retrospektiven dienten hingegen dazu tiefer nachzuforschen, wie die Zusammenarbeit wahrgenommen wurde und wo Verbesserungspotenziale liegen. Während bei den Methoden klassische Ansätze variiert wurden, lag die Besonderheit darin, das gemeinsame Lernen und Optimieren in verhältnismäßig kurzen Intervallen anzugehen. Anstatt nur zum Abschluss eines Programms oder größerer Programmphasen wurde circa alle sechs Monate eine Retrospektive durchgeführt. Auch innerhalb des Programmbüros wurde regelmäßig reflektiert, wie ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess vorangetrieben werden kann. Diskutiert wurde etwa, wie das Programmbüro die Kommunikation verbessern kann, um alle Beteiligten mit ihrer spezifischen Expertise miteinzubinden. Es wurde sich auch dazu verständigt, Vorgehen auszuprobieren, die keine Best Practices darstellten, aber vom Team favorisiert wurden. Denn die Motivation des Programmteams in der anspruchsvollen Gemengelage sicherzustellen, hatte höchste Priorität. Doch wie sieht es eigentlich mit der Motivation des Programmleiters und des Programmbüros aus? Im Sinne der Resilienz hilft es, wenn diese mit den persönlichen Werten verknüpft sind. Die Motivation der RSM-Steuerer gründet in der außergewöhnlichen Herausforderung, die das Programm darstellt, in der Freude an strategischem Arbeiten, und auch darin an einem Vorhaben mitzuwirken, das Hamburg in eine nachhaltige Zukunft führt. Fazit und Ausblick Resilienz im Programmmanagement bedeutet nicht, Stürme zu vermeiden, sondern mit ihnen umzugehen- - und genau das hat das Programm in der Realisierung Stellinger Moor bewiesen. Der stabile Rumpf aus klaren Strukturen, Standards und Prozessen sorgte für Verlässlichkeit, während die flexibel ausrichtbaren Segel es ermöglichten, auf unerwartete Winde wie die Pandemie und vielfältige Interessenlagen zu reagieren, die sich aus der schieren Zahl an Stakeholdern mit eigenen Bedürfnissen ergeben, einerseits eine neue Version für die Stadt zu realisieren und andererseits nicht zu stark in bestehende und funktionierende Prozesse der Stadtwirtschaft einzugreifen. Entscheidend war auch die Crew: Die enge Zusammenarbeit im Team, der regelmäßige Austausch mit Stakeholdern und die Bereitschaft, aus Herausforderungen zu lernen, hielten das Programm auf Kurs. Noch ist die Reise nicht zu Ende-- die Realisierung soll bis 2031 abgeschlossen sein und mit dem anschließenden Betrieb stehen weitere Anpassungen und neue Herausforderungen an. Doch die Erkenntnisse aus der Realisierung zeigen, dass „Stellinger Moor“ nicht nur ein ambitioniertes Grundstücksentwicklungsprojekt ist, sondern auch ein Lehrstück für resilientes Management. Wer langfristig erfolgreich sein will, sollte nicht auf ruhige See hoffen- - sondern sein Schiff so bauen, dass es jedem Sturm standhält und den Wind für sich nutzt. Eingangsabbildung: Architekturvisualisierung des Gewerbehofs Stellinger Moor, Gestaltung: Spengler Wiescholek Architektur Stadtplanung / Ando Yoo Landschaftsarchitektur / GGR Verkehrsplanung / WTM Beratung Tragwerk Praxis-Tipp: Integrieren Sie regelmäßige Retrospektiven und nutzen Sie gezielte Feedback-Methoden, um Prozesse iterativ zu verbessern. Praxis-Tipp: Fördern Sie eine offene Konfliktkultur mit festen Gesprächszeiten. Nutzen Sie Timeboxing und lösungsorientierte Fragen, um zielführende Entscheidungen zu ermöglichen. Wissen | Stellinger Moor: Resilient & nachhaltig für Hamburgs Klimaziele 58 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0046 Julia Hartenstein Julia Hartenstein ist Projektmanagerin bei House of PM. Sie bringt tiefes Methodenverständnis und klare Strukturen in Interimseinsätze, Beratung und Trainings ein- - stets gepaart mit kreativen Lösungen und klarer Kommunikation. eMail: j.hartenstein@hopm.eu Internet: www.house-of-pm.eu Sibylle Schmidtke Sibylle Schmidtke, Managing Director bei House of PM, ist eine erfahrene Führungskraft und Projektmanagement-Expertin. Sie fördert Vertrauen und Innovation und steuert komplexe Projekte effizient-- mit Fokus auf Digitalisierung und KI. eMail: s.schmidtke@hopm.eu Internet: www.house-of-pm.eu Die neue Buch-Reihe aus der Kooperation von UVK und der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. Die Reihe behandelt insbesondere neue Fachthemen und neue Herangehensweisen in der Projektmanagementpraxis. Dabei steht der konkrete Nutzen für die praktische Anwendung im Vordergrund. Leser: innen dürfen sich sowohl auf einen Wissenszuwachs als auch Tipps für den Praxisalltag freuen. Bestellen Sie unter www.uvk.de . Projektmanagement neu denken Anzeige 59 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0047 Fokusthemen des 34. IPMA World Congress Ein Blick in die Zukunft des Projektmanagements Sebastian Wieschowski Dieser Überblick der wichtigsten Themen des 34. IPMA World Congress beleuchtet zentrale Trends, die das Projektmanagement der Zukunft prägen: Methodenintegration, technologische Transformation, nachhaltige Innovation und krisenfeste Steuerung. Ein Ausblick, der zugleich Orientierung und Einladung zum Weiterdenken ist-- nicht nur für Projektmanager, sondern für alle, die Veränderung aktiv gestalten wollen. Projektmanagement steht an einem Wendepunkt: Globale Krisen, technologische Umbrüche und gesellschaftliche Erwartungen fordern nicht nur neue Kompetenzen, sondern auch ein grundsätzliches Umdenken. Die Zeiten starrer Methoden und einseitiger Ansätze sind vorbei-- gefragt sind flexible, integrative und zukunftsorientierte Konzepte. Ob agile Sprints, klassische Planung oder hybride Modelle: Die Methodenlandschaft im Projektmanagement wird zunehmend vielfältiger. Gleichzeitig eröffnen Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und der Ruf nach nachhaltiger Entwicklung neue Spielräume-- und neue Verantwortungen. Die folgenden vier Trends werden das Projektmanagement künftig prägen-- und damit auch eine zentrale Rolle beim 34. IPMA World Congress einnehmen. 1. Agiles, hybrides und klassisches Projektmanagement-- Best of beider Welten? Agil oder klassisch? Lange galten diese Projektmanagement- Philosophien als unvereinbar. Heute zeigt sich: Beide Ansätze haben ihre Stärken-- und in hybriden Modellen werden sie zunehmend kombiniert. Doch was zeichnet die jeweiligen Methoden aus? Und warum setzt sich der Hybrid-Ansatz immer stärker durch? Traditionell versus agil: Zwei Welten Klassisches Projektmanagement-- oft als Wasserfall-Modell bezeichnet- - setzt auf ausführliche Planung, klare Phasen und feste Termine. Es hat sich besonders im Bauwesen oder bei stabilen Großprojekten bewährt. Agiles Projektmanagement hingegen unterteilt Vorhaben in kurze Zyklen und liefert Ergebnisse iterativ. Methoden wie Scrum ermöglichen kontinuierliche Anpassungen und starkes Kundenfeedback-- ideal für dynamische Branchen wie die Softwareentwicklung. Kurz gesagt: Klassisches Projektmanagement bietet Kontrolle und Planbarkeit, während agiles Projektmanagement durch Flexibilität und schnelle Reaktion besticht. Hybride Modelle auf dem Vormarsch Hybrides Projektmanagement verbindet das Beste aus beiden Welten. Häufig werden Planungsphasen traditionell gestaltet, während die Umsetzung agil erfolgt-- so entsteht ein Rahmen, der sowohl Struktur als auch Anpassungsfähigkeit ermöglicht. Bereits die Studie „Status Quo Agile“ aus dem Jahr 2017 zeigte, dass 73 % der Befragten durch agile Methoden Verbesserungen bei Ergebnissen und Effizienz wahrgenommen haben. Interessant: Fast drei Viertel der Teilnehmenden gaben an, agile Methoden erst seit weniger als vier Jahren zu nutzen-- ein Hinweis auf die rasante Verbreitung agiler Ansätze. Warum hybride Modelle überzeugen Die zunehmende Komplexität von Projekten und unsichere Rahmenbedingungen machen flexible Lösungen notwendig. Hybride Modelle erlauben schnelle Reaktionen auf Veränderungen, ohne die organisatorische Stabilität zu gefährden. Auch große Unternehmen wie IBM und Microsoft berichten von positiven Erfahrungen: Effizientere Projektabläufe und zufriedenere Teams nach Einführung hybrider Ansätze. Berichte aus der GPM | Ein Blick in die Zukunft des Projektmanagements 60 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0047 Hybrides Projektmanagement entwickelt sich damit vom Trend zum neuen Standard. Es kombiniert Planungsdisziplin mit Agilität-- und macht Projekte robuster gegenüber externen Einflüssen. Ein klarer Wettbewerbsvorteil. Diese Fragen stehen auf dem 34 . IPMA World Congress u. a. im Fokus: • Wie können Unternehmen erfolgreich hybride Projektmanagement-Modelle implementieren, ohne dass sie in Widersprüche zwischen agilen und klassischen Methoden geraten? • Welche Kriterien bestimmen, wann ein rein klassischer, ein rein agiler oder ein hybrider Ansatz am besten geeignet ist? • Welche neuen Kompetenzen brauchen Projektmanager, um in hybriden Umgebungen effizient zu arbeiten? 2. Digitalisierung und KI im Projektmanagement-- Der digitale Projektassistent Vom digitalen Gantt-Chart bis zum KI-Chatbot: Moderne Technologien revolutionieren das Projektmanagement. Cloud-Plattformen, Echtzeit-Dashboards und Künstliche Intelligenz (KI) machen die Projektarbeit effizienter. Digitale Tools als Basis Ob Team-Chat, Online-Kanban oder Video-Meeting- - digitale Werkzeuge sind im Projektalltag unverzichtbar. Sie ermöglichen verteilten Teams reibungslose Zusammenarbeit. Heute arbeiten rund 61 % der Projektmanager remote. Projektmanagement-Software liefert zudem jederzeit aktuelle Daten zu Zeitplan, Budget oder Risiken und unterstützt Entscheidungen auf Faktenbasis. KI als Gamechanger KI hebt die Digitalisierung im Projektmanagement auf ein neues Niveau. Sie automatisiert Routineaufgaben, durchforstet große Datenmengen und hilft mit Prognosen bei Planung und Steuerung. So können KI-Systeme versteckte Projektrisiken früh erkennen oder Pläne dynamisch anpassen. Intelligente Assistenten wie Chat GPT verfassen bereits Protokolle und Statusberichte. Trotzdem bleibt menschliche Kontrolle unverzichtbar. Die Vorteile liegen auf der Hand: KI-Tools sparen Zeit, reduzieren Fehler und liefern Einblicke, die manuell kaum zu gewinnen wären. Doch es gibt Hürden. Ohne hochwertige Daten stößt jede KI an Grenzen. Außerdem zögern viele Unternehmen, sensible Projektdaten an Algorithmen zu übergeben- - Datenschutz und Vertrauen sind entscheidend. Auch müssen Projektteams neue Fähigkeiten im Umgang mit KI entwickeln, um das Potenzial voll auszuschöpfen. Ausblick Die Entwicklung steckt noch in den Anfängen. Laut Gartner werden bis 2030 etwa 80 % der heutigen Projektmanagement- Aufgaben von KI übernommen. Projektmanager können sich dann stärker auf Führungsaufgaben, kreative Lösungen und Stakeholder-Management fokussieren. Klar ist: Wer diese Technologien clever nutzt, verschafft sich einen Vorsprung. Diese Fragen stehen auf dem 34 . IPMA World Congress u. a. im Fokus: • Welche konkreten Aufgaben kann KI heute im Projektmanagement übernehmen, und wo sind noch klare Grenzen menschlicher Entscheidungsfähigkeit nötig? • Wie können Unternehmen die digitale Transformation im Projektmanagement beschleunigen, ohne bestehende Prozesse und Teams zu überfordern? • Welche ethischen und sicherheitsrelevanten Herausforderungen entstehen durch den Einsatz von KI in sensiblen Projektbereichen? 3. Nachhaltigkeit, Innovation und Trends im Projektmanagement-- Projekte grün und kreativ gestalten Nachhaltigkeitsdruck und technologischer Wandel fordern das Projektmanagement heraus. Unternehmen setzen auf nachhaltige Praktiken und innovative Ansätze, um Projekte zukunftsfähig zu machen. Nachhaltigkeit ist zu einem zentralen Erfolgsfaktor geworden-- und Innovation treibt den Wandel. Nachhaltigkeit als neuer Standard „Nachhaltigkeit ist mehr als ein Trend-- sie wird zu einer festen Anforderung in der Projektlandschaft“. Projekte müssen heute neben wirtschaftlichen Zielen auch ökologischen und sozialen Mehrwert liefern. Kreislaufwirtschaft gewinnt an Bedeutung: Vorhaben, die Recycling fördern und Abfall minimieren, haben Priorität. Getrieben wird dieser Wandel durch den Druck von Stakeholdern und Regulatoren. Innovation als Erfolgsfaktor Nachhaltigkeit und Innovation gehen Hand in Hand. Nachhaltige Projekte erfordern oft neue Lösungen-- und genau dadurch entsteht Innovation. Studien zeigen, dass nachhaltige Projekte häufig besonders innovative Ergebnisse hervorbringen. Der Einsatz moderner, umweltfreundlicher Technologien macht Projekte nicht nur grüner, sondern auch effizienter und robuster. Zudem hat sich agiles Arbeiten längst branchenübergreifend etabliert, und kreative Methoden wie Design Thinking gewinnen an Bedeutung. Auch eine offene Fehlerkultur fördert die Innovationskraft im Team. Nachhaltigkeit und Innovation sind keine Gegensätze, sondern ergänzen sich. Wer Projekte konsequent nachhaltig und kreativ umsetzt, steigert Verantwortungsbewusstsein und Wettbewerbsfähigkeit. Dieses Zusammenspiel wird zum Erfolgsfaktor der Zukunft. Diese Fragen stehen auf dem 34 . IPMA World Congress u. a. im Fokus: • Wie lässt sich der Erfolg nachhaltiger Projektmanagement- Praktiken messen, und welche KPI s sind dabei entscheidend? • Welche Rolle spielt die Kreislaufwirtschaft im Projektmanagement, und wie können Unternehmen diese Prinzipien effizient umsetzen? • Wie lassen sich Innovationskultur und nachhaltige Entwicklung innerhalb eines Unternehmens verbinden, um langfristige Wettbewerbsvorteile zu schaffen? Berichte aus der GPM | Ein Blick in die Zukunft des Projektmanagements 61 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0047 4. Transformation und Krisenmanagement im Projektmanagement-- Navigieren in unsicheren Zeiten Ob digitale Disruption, neue Marktanforderungen oder globale Krisen: Unternehmen stehen unter ständigem Veränderungsdruck. Projektmanagement rückt ins Zentrum, denn Projekte sind die Vehikel für Veränderungen. Wandel als Daueraufgabe Viele Firmen müssen sich laufend transformieren- - durch Digitalisierung oder strategische Neuausrichtung. Doch solche Vorhaben sind komplex: Rund 70 % großer Transformationen scheitern laut Studien. Umso wichtiger sind klare Ziele, die Einbindung der Mitarbeiter und eine flexible Steuerung des Wandels. Krisenmanagement: Vorbereitung zahlt sich aus Krisen treten oft plötzlich auf-- von Pandemien über Lieferengpässe bis zu Cyberangriffen. Resilienz gilt als unverzichtbar-- proaktives Risikomanagement und Szenarioplanung helfen, Herausforderungen früh zu erkennen und flexibel zu reagieren. Wer Notfallpläne parat hat, kann im Ernstfall schneller handeln. Ebenso wichtig ist offene Kommunikation: Stakeholder sollten transparent informiert werden, um Vertrauen zu bewahren. Die COVID-19-Pandemie zeigte, dass agile Unternehmen besser durch Unsicherheit navigieren. Bewährte Ansätze für Transformation und Krisenmanagement Was kann man tun, um Projektmanagement in Krisenfällen optimal zu nutzen? Zuallererst: Ein Risikomanagement und eine Szenarioplanung, um Störfälle zu antizipieren und Reaktionsoptionen vorzubereiten. Dazu kommt eine transparente Kommunikation-- das heißt: Alle Stakeholder offen informieren, um Vertrauen zu erhalten. Essenziell ist auch ein flexibles Vorgehen- - so kann man mit agilen Methoden den Kurs bei Bedarf rasch anpassen. Projektmanagement passt sich unsicheren Zeiten an, indem Wandlungsfähigkeit zur Routine wird. Transformation ist kein einmaliges Ereignis, sondern ein fortlaufender Prozess. In Krisen entscheidet Vorbereitung und Anpassungsfähigkeit, ob ein Unternehmen gestärkt oder geschwächt daraus hervorgeht. Diese Fragen stehen auf dem 34 . IPMA World Congress u. a. im Fokus: • Welche konkreten Strategien helfen Projektmanagern, Transformationen erfolgreich zu steuern, wenn sich Rahmenbedingungen kurzfristig ändern? • Wie kann ein effektives Risikomanagement die Resilienz von Projekten gegenüber unvorhergesehenen Krisen erhöhen? • Welche langfristigen Lehren hat die COVID - 19 -Pandemie für das Krisenmanagement in Projekten hinterlassen, und welche Best Practices haben sich bewährt? • Welche Kompetenzen braucht es, um Projekte in einer sich verändernden Welt erfolgreich zu steuern? • Wie können digitale Technologien, agile Methoden und nachhaltige Strategien sinnvoll kombiniert werden? • Welche Rolle spielt Projektmanagement in gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Transformationsprozessen? Eingangsabbildung: © iStock.com/ EvgeniyShkolenko Kommentar von Prof. Dr. Peter Thuy zum World Congress Die Welt befindet sich in einem stetigen Wandel-- technologische Innovationen, gesellschaftliche Transformationen und wirtschaftliche Herausforderungen prägen unseren Alltag. Mehr denn je sind Unternehmen, Institutionen und ganze Gesellschaften darauf angewiesen, Veränderungen gezielt zu steuern und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Projektmanagement ist dabei der Schlüssel, um Komplexität zu bewältigen und Fortschritt aktiv zu gestalten. Der IPMA World Congress 2025 in Berlin bietet eine einzigartige Plattform, um aktuelle Trends, bewährte Methoden und visionäre Ansätze des Projektmanagements zu diskutieren. Als das weltweit führende Forum seiner Art bringt der Kongress Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zusammen, um Wissen zu teilen und innovative Lösungen zu entwickeln. Unter dem Leitmotiv „Shaping the Future in Project Management“ stehen in diesem Jahr zentrale Fragen im Fokus: • Welche Kompetenzen braucht es, um Projekte in einer sich verändernden Welt erfolgreich zu steuern? • Wie können digitale Technologien, agile Methoden und nachhaltige Strategien sinnvoll kombiniert werden? • Welche Rolle spielt Projektmanagement in gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Transformationsprozessen? Die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) lädt Sie herzlich ein, den IPMA World Congress 2025 als Impulsgeber zu nutzen-- sei es durch eine Teilnahme, durch den Austausch mit führenden Köpfen der Branche oder durch eine aktive Mitgestaltung der Zukunft des Projektmanagements. Lassen Sie uns gemeinsam den nächsten Schritt gehen. Denn eines steht fest: Die Zukunft wird in Projekten gestaltet. Prof. Dr. Peter Thuy Präsident der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. 62 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0048 IPMA Global Award Gala Dinner 2025 Ein Abend im Zeichen der Exzellenz Das IPMA Global Award Gala Dinner bildet den feierlichen Abschluss des 34. IPMA World Congress und steht ganz im Zeichen der herausragenden Leistungen im Projektmanagement. In festlichem Ambiente werden die Preisträger der IPMA Global Awards geehrt, die in verschiedenen Kategorien exzellente Projekte und Forschungsergebnisse präsentieren. Die Verleihung der Awards wird professionell moderiert von AC Coppens, die für ihre Expertise in der Leitung internationaler Veranstaltungen bekannt ist. Im Jahr 2025 feiert die International Project Management Association (IPMA) ihr 60-jähriges Bestehen. Dieses Jubiläum wird während des Gala Dinners mit besonderen Programmpunkten gewürdigt, die die Geschichte und die Zukunft des Projektmanagements beleuchten. Freuen Sie sich auf inspirierende Rückblicke und Ausblicke, die die Entwicklung der IPMA und des Berufsstands reflektieren. Die Awards: Das Treffen der Besten im Projektmanagement Die IPMA Global Awards zählen zu den renommiertesten Auszeichnungen im internationalen Projektmanagement. Sie würdigen herausragende Leistungen von Einzelpersonen, Teams und Organisationen, die durch exzellente Projektarbeit Maßstäbe setzen. Die Awards werden in verschiedenen Kategorien vergeben, darunter IT / Telekommunikation, Bauwesen / Infrastruktur, Change Management, Produktentwicklung, Marketing sowie soziale und regionale Projekte. Die Gäste: Ein erlesenes Netzwerk Ein besonderes Highlight ist der „Winner’s Club“- - ein exklusives Forum für Finalisten und Preisträger der IPMA Global Awards. Dieses Netzwerk bietet eine Plattform für den Austausch von Erfahrungen, Best Practices und Benchmarking im Bereich Projektmanagement. Mitglieder des Winner’s Club profitieren von der Möglichkeit, sich international zu vernetzen und ihre Expertise weiterzuentwickeln. Die Teilnahme am Gala Dinner ermöglicht es den Gästen, die Preisträger persönlich kennenzulernen und sich mit führenden Köpfen der Branche auszutauschen. Dies macht die Veranstaltung zu einem unverzichtbaren Treffpunkt für alle, die Exzellenz im Projektmanagement erleben und feiern möchten. Das Rahmenprogramm: Kulinarischer Genuss auf höchstem Niveau Genießen Sie ein erlesenes Drei-Gänge-Menü mit vegetarischen und veganen Optionen, das von renommierten Köchen zubereitet wird. Zwischen den Gängen bietet sich die Gelegenheit, mit internationalen Fach- und Führungskräften aus der Projektmanagement-Community ins Gespräch zu kommen und wertvolle Kontakte zu knüpfen. Der Abend bietet somit nicht nur kulinarische Höhepunkte, sondern auch erstklassige Networking-Möglichkeiten. Die Location: AXICA-- Architektur trifft Geschichte Das Gala Dinner findet im AXICA Kongress- und Tagungszentrum statt, einem architektonischen Meisterwerk von Frank O. Gehry. Das Gebäude, gelegen am Pariser Platz direkt neben dem Brandenburger Tor, beeindruckt durch seine einzigartige Kombination aus klassischer Fassade und futuristischem Innenraum. Der lichtdurchflutete Innenhof mit seiner skulpturalen Gestaltung bietet den perfekten Rahmen für eine Veranstaltung, die Exzellenz und Innovation feiert. Hinweis: Tickets für das Gala Dinner sind separat oder im Kombiticket mit dem IPMA World Congress erhältlich. Bitte beachten Sie, dass die Plätze begrenzt sind und eine frühzeitige Buchung empfohlen wird. Eingangsabbildung: © iStock.com/ Hiraman 63 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0049 Wie Paris 2024 den Projektgedanken neu interpretierte Wenn Olympia soziale Wirkung entfaltet GPM Fachgruppe für bürgerschaftliches Engagement Für eilige Leser | Wer hätte gedacht, dass es ausgerechnet ein globales Megaevent wie die Olympischen Spiele sein würde, das hunderten kleinen Sozialunternehmen in einer europäischen Millionenstadt neue wirtschaftliche Perspektiven eröffnete? Die Stadt Paris hat mit den Olympischen und Paralympischen Spielen 2024 ein ambitioniertes Projekt gestartet-- eines, das nicht auf neue Weltrekorde im Medaillenspiegel zielte, sondern auf gesellschaftliche Wirkung im lokalen Maßstab: Die Einbindung von Unternehmen aus der Sozial- und Solidarwirtschaft in die Organisation der Spiele. Diese Herangehensweise war nicht nur ein ethischer Akt-- sie war ein Projekt im besten Sinne: strategisch geplant, mit klaren Zielen versehen und unter intensiver Einbindung aller Stakeholder umgesetzt. Schlagwörter | Budget, Wertschöpfung, SDG, Umwelt, Transformation, Nachhaltigkeit Kontext: Eine Veranstaltung mit Weitblick Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Projektmanagement meets Sustainable Development Goals (SDG)“ der Fachgruppe Projektmanagement für bürgerschaftliches Engagement stellte der stellvertretende Bürgermeister von Paris, Florentin Letissier, am 15. Mai 2025 das Leuchtturmprojekt ESS 2024 vor. Der Vortrag war eingebettet in ein Online-Format der Fachgruppe, das regelmäßig Projekte beleuchtet, die konkrete Beiträge zur Umsetzung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele leisten. ESS 2024- - benannt nach den französischen Begriffen „Économie Sociale et Solidaire“- - zielte darauf ab, kleine und mittelgroße Sozialunternehmen aktiv an der wirtschaftlichen Umsetzung der Olympischen Spiele zu beteiligen. Ein bemerkenswerter Ansatz, der viele Herausforderungen des klassischen Projektmanagements berührt: Governance, Stakeholder-Kommunikation, Ressourcensteuerung, Nachhaltigkeit und Wirkungsmessung. Olympia ohne Gigantismus: Die Budgetfrage als Ausgangspunkt Ein zentrales Ziel des Pariser Olympiaprojekts bestand darin, die öffentlichen Haushalte zu entlasten. Nur rund vier Prozent des Gesamtbudgets wurden durch staatliche Mittel oder kommunale Gelder gedeckt-- ein Bruch mit der bisherigen Praxis vieler Austragungsorte. Die Hauptfinanzierung kam von Ticketverkäufen, Sponsoren, dem IOC sowie privaten Investoren. Dieses Finanzierungsmodell war kein Zufall, sondern politische Bedingung: Die Stadt Paris erklärte ihre Zustimmung zur Austragung der Spiele von vornherein abhängig von der Maßgabe, dass der Steuerzahler nicht übermäßig belastet würde. „Wir wollten keine Spiele, die nur auf Prestige und monumentale Neubauten ausgerichtet sind“, erklärte Letissier-- und spielte damit auch auf Negativbeispiele wie Rio oder London an, deren Budgets sich im Nachhinein massiv erhöht hatten. Ein neues Verständnis von lokaler Wertschöpfung Besonders innovativ war die Idee, die Spiele als ökonomische Chance für lokale und soziale Unternehmen zu begreifen. Unter Federführung der Stadt Paris und in enger Zusammenarbeit mit der renommierten Organisation Les Canaux wurde das Projekt ESS 2024 ins Leben gerufen. Es fungierte als Brücke zwischen kleinen Anbietern und den komplexen Strukturen eines Megaprojekts. Insgesamt wurden 6.000 Unternehmen beraten, von denen sich 500 erfolgreich mit ihren Leistungen oder Produkten an den Spielen beteiligen konnten-- sei es im Catering, in der Reinigung, im Veranstaltungsservice oder in der Herstellung von Ausstattungen. Das Besondere daran: Viele dieser Unternehmen beschäftigten Geflüchtete, Menschen mit Behinderungen oder Perso- Berichte aus der GPM | Wenn Olympia soziale Wirkung entfaltet 64 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0049 nen in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Die Stadt Paris akzeptierte bewusst, dass solche Leistungen im Vergleich zu klassischen Anbieterstrukturen teurer waren-- und sah dies als Investition in soziale Kohäsion. Zwei Welten, ein Ziel: Brücken zwischen Giganten und Graswurzelinitiativen Ein wiederkehrendes Thema in Letissiers Vortrag war die Notwendigkeit, unterschiedliche Akteure miteinander ins Gespräch zu bringen. Großunternehmen- - etwa internationale Sponsoren oder Logistikkonzerne- - sprechen eine andere Sprache als kleine Initiativen aus der Nachbarschaft. Dennoch gelang es durch regelmäßige Treffen, Coaching und gezielte Informationsvermittlung, gemeinsame Lösungen zu entwickeln. Beispielhaft nannte Letissier die Zusammenarbeit von Sodexo mit kleinen Essensanbietern aus Paris. Diese lieferten an einzelnen Tagen Desserts oder spezielle Gerichte, um den kulinarischen Teil des Athletendorfs zu bereichern. Diese Partnerschaften waren keine Selbstverständlichkeit: Sie mussten in Einklang mit dem europäischen Vergaberecht gestaltet werden. Das bedeutete unter anderem, dass öffentliche Ausschreibungen fair und transparent blieben-- aber auch, dass es erlaubt war, durch sogenannte „sourcing“-Gespräche kleine Firmen gezielt auf Ausschreibungen aufmerksam zu machen. Nachhaltigkeit konkret: Infrastruktur, Umwelt und soziale Indikatoren Ein weiterer zentraler Aspekt des Pariser Modells war die Vermeidung unnötiger Neubauten. Rund 80 % der genutzten Infrastruktur existierten bereits- - darunter Sporthallen, Schwimmbäder und Veranstaltungsorte. Dort, wo neue Gebäude notwendig waren, wurde auf ökologische Materialien und lokale Lieferketten geachtet. So entstand im Norden von Paris ein neues Sportzentrum für Basketball mit Baustoffen aus der Region-- errichtet von Arbeitern, die größtenteils aus benachteiligten Verhältnissen stammten, darunter Geflüchtete. Auch Umweltindikatoren wurden streng überwacht: CO₂- Bilanzen, Materialherkunft, Energieverbrauch- - alles wurde dokumentiert und in regelmäßigen Abständen überprüft. Die Stadt Paris verzichtete auf Sponsoren aus der fossilen Energiebranche, um Greenwashing vorzubeugen-- eine Entscheidung, die in Frankreich öffentlich kontrovers diskutiert wurde. Paralympics auf Augenhöhe: Inklusive Infrastruktur und Kommunikation Die Gleichbehandlung der Olympischen und Paralympischen Spiele war ein weiterer Meilenstein. Die Stadt Paris investierte gezielt in barrierefreie Mobilität- - etwa durch die Umrüstung von Buslinien mit Rollstuhlplattformen. In einer Stadt mit mittelalterlicher Straßenstruktur wie Paris war das eine besondere Herausforderung. Letissier betonte, dass die Spiele eine willkommene Gelegenheit boten, um bestehende Barrieren abzubauen-- mit nachhaltiger Wirkung. Zwischen den beiden Events- - die Olympischen Spiele im August, die Paralympics im September-- organisierte die Stadt spezielle Kommunikationskampagnen, um auf das Thema Inklusion aufmerksam zu machen. Auch hier diente das Großereignis als Katalysator für langfristige Verbesserungen. Projekt ESS 2024: Vom Pilotprojekt zum Modell? ESS 2024 wurde von der Organisation Les Canaux koordiniert, die mit Unterstützung der Stadt Paris öffentliche Mittel erhielt, um Sozialunternehmen zu beraten und zu vernetzen. Die Plattform agierte als zentrale Schnittstelle zwischen Ausschreibungsstellen, Konzernen und kleinen Anbietern. Sie unterstützte diese bei der Antragstellung, Qualifikation und bei der Entwicklung gemeinsamer Angebote. Diese institutionelle Unterstützung war entscheidend für den Erfolg: Ohne Vermittlung und kontinuierliche Kommunikation wären viele Kooperationen nicht zustande gekommen. Die Daten sprechen für sich: Über 500 Firmen erzielten durch ihre Beteiligung direkte wirtschaftliche Vorteile-- mit sozialem Mehrwert. Für Letissier und seine Mitstreiter war das nicht nur ein Erfolg in Zahlen, sondern ein Beweis dafür, dass Projektmanagement im Sinne der Nachhaltigkeitsziele konkrete gesellschaftliche Transformationen anstoßen kann. Was bleibt-- und was sich übertragen lässt Auch wenn Florentin Letissier betonte, dass jedes Land und jede Stadt eigene Herausforderungen hat-- insbesondere mit Blick auf Los Angeles 2028-- , sieht er im Pariser Modell einen Impulsgeber. Besonders die gezielte Verbindung von Nachhaltigkeit, sozialem Unternehmertum und Großereignissen könne Vorbildcharakter entfalten. Zugleich warnt er vor zu viel Euphorie: Ob die Kooperationen zwischen Groß und Klein über die Spiele hinaus Bestand haben, sei noch offen. Die Stadt Paris will dieses Momentum jedoch nutzen, um auch in anderen Projekten stärker auf lokale Wertschöpfung und soziale Kriterien zu setzen. Lessons Learned: Projektmanagement mit sozialem Anspruch Florentin Letissier beschreibt das Pariser Olympia-Projekt nicht nur als Verwaltungsakt oder politisches Vorhaben- - sondern als eine tiefgreifende Projektarbeit mit hohem Transformationspotenzial. Die langfristige Vorbereitung, die intensive Koordination zahlreicher Stakeholder und die Fähigkeit, Konflikte produktiv zu bearbeiten, seien wesentliche Erfolgsfaktoren gewesen. Als besonders prägend schilderte er die emotionalen Momente zu Beginn der Spiele, wenn sich die Mühen von Jahren in konkretem Erfolg zeigten. Einige Mitglieder des Projektteams hätten Tränen in den Augen gehabt- - nicht wegen sportlicher Leistungen, sondern weil ihr sozial orientiertes Vorhaben Realität geworden war. Diese Rückschau verweist auf eine wesentliche Lektion für das Projektmanagement: Wenn Ziele klar benannt, Werte bewusst gelebt und Stakeholder ernst genommen werden, kann auch ein strukturell anspruchsvolles Projekt gesellschaftliche Wirkung entfalten. Spannungsfeld zwischen Vision und Realität Trotz der positiven Bilanz war Letissier in seinem Vortrag nicht unkritisch. Er sprach offen über die Schwierigkeiten in der Berichte aus der GPM | Wenn Olympia soziale Wirkung entfaltet 65 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0049 Zusammenarbeit mit großen Unternehmen, über kulturelle Unterschiede zwischen wirtschaftlichen Logiken und sozialwirtschaftlichen Zielsetzungen sowie über die Unsicherheit, ob das erreichte Niveau langfristig gehalten werden kann. Denn während große Konzerne über eigene Ressourcen, Kommunikationsabteilungen und juristische Expertise verfügen, benötigen kleine Sozialunternehmen oft weiterhin öffentliche Unterstützung, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die zentrale Frage lautete daher: Wie kann man sicherstellen, dass solche Partnerschaften nicht nur punktuell bei Großevents funktionieren, sondern zu dauerhaften Strukturen führen? Letissiers Antwort: durch institutionelle Begleitung, politische Unterstützung und rechtliche Klarheit. Die Stadt Paris beabsichtigt, die gemachten Erfahrungen auf andere Projekte der Stadtentwicklung und Kreislaufwirtschaft zu übertragen. Rechtlicher Rahmen: Zwischen EU-Vergaberecht und lokalem Handlungsspielraum Ein oft diskutiertes Thema bei sozial orientierter Projektvergabe ist das Spannungsfeld zwischen öffentlicher Transparenz und gezielter Unterstützung benachteiligter Anbieter. Florentin Letissier betonte, dass sämtliche Schritte im Rahmen von ESS 2024 mit dem EU-Vergaberecht konform waren. Das bedeutet: öffentliche Ausschreibungen, klare Kriterien, faire Wettbewerbsbedingungen. Zugleich sei es zulässig- - und wichtig- - , durch sogenanntes „Sourcing“ kleine Anbieter proaktiv über Ausschreibungen zu informieren. Dies sei keine Bevorzugung, sondern eine Form von Chancengleichheit: „Wir haben nicht gesagt: Ihr müsst diese kleinen Firmen beauftragen. Aber wir haben die Großen informiert, dass es diese kleinen Firmen gibt.“ Auch die Bildung von Bietergemeinschaften zwischen großen und kleinen Anbietern sei rechtlich möglich und wurde bewusst gefördert. Damit können kleinere Unternehmen, die allein keine komplexen Leistungen stemmen könnten, gemeinsam mit einem starken Partner auftreten. Mehr als ein Projekt: ESS 2024 als strategische Intervention Aus Sicht des Projektmanagements war ESS 2024 kein Nebenprojekt, sondern ein zentraler strategischer Baustein der Spiele. Es vereinte Elemente aus klassischem Projektmanagement-- Zeitpläne, Ziele, Meilensteine-- mit den Anforderungen transformativer Projekte im Sinne der SDGs. Besonders auffällig: der Umgang mit Zielkonflikten. Die Stadt Paris war bereit, bei bestimmten Leistungen bewusst höhere Kosten in Kauf zu nehmen, wenn dadurch soziale Wirkung erzielt werden konnte. Das erforderte mutige Entscheidungen auf Leitungsebene, aber auch eine neue Kultur der Wirkungsmessung. Neben ökologischen Kennzahlen wie CO₂-Bilanzen oder Energieverbrauch wurden soziale Indikatoren erhoben: Wer arbeitete an den Projekten? Wie viele Geflüchtete oder Menschen mit Behinderung waren beteiligt? Welche Qualifikationen wurden geschaffen oder anerkannt? Diese Indikatoren wurden nicht nur erhoben, sondern auch öffentlich kommuniziert-- ein wichtiger Schritt zur Legitimation. Ein Modell für andere Städte? Chancen und Grenzen Ob sich das Pariser Modell auf andere Metropolen übertragen lässt, bleibt offen. Letissier verwies in seinem Vortrag auf strukturelle Unterschiede etwa in Kalifornien, wo Los Angeles die Olympischen Spiele 2028 austrägt. Dort seien etwa die Probleme mit Wasserknappheit und Waldbränden völlig anders gelagert als in Europa. Dennoch könne Paris als Impulsgeber dienen- - nicht im Sinne einer Blaupause, aber als Beispiel für eine konsequente Ausrichtung an gesellschaftlichem Mehrwert. Wichtig sei dabei, dass die Umsetzung nicht „top-down“ erfolgt, sondern kooperativ-- unter Einbindung lokaler Akteure, flankiert von staatlicher Unterstützung und begleitet von projektbezogenem Coaching. Auch dürfe man nicht dem Irrtum verfallen, dass soziale Wirkung sich automatisch aus guter Absicht ergibt: Ohne gezielte Steuerung, klare Indikatoren und Monitoring droht der soziale Anspruch in Symbolpolitik zu verfallen. Die Relevanz für das Projektmanagement in Deutschland Was können Projektmanagerinnen und Projektmanager in Deutschland aus diesem Beispiel lernen? Drei Aspekte erscheinen besonders relevant: 1. Stakeholder ernst nehmen: Projektarbeit, insbesondere im öffentlichen Raum, muss die Realität vielfältiger Interessen abbilden-- und den Mut haben, mit widersprüchlichen Zielen umzugehen. 2. Soziale Wirkung als Zielgröße definieren: Klassische Erfolgskriterien wie Termine, Budget und Qualität sollten durch Kriterien wie Teilhabe, lokale Wertschöpfung oder ökologische Bilanz ergänzt werden. 3. Langfristigkeit denken: Auch wenn Projekte formal enden, können ihre Strukturen weiterwirken-- sofern frühzeitig an Anschlussfähigkeit gedacht wird. Für die Fachgruppe „Projektmanagement für bürgerschaftliches Engagement“ ist ESS 2024 damit ein Vorzeigeprojekt im Sinne der SDGs-- und ein hervorragendes Beispiel dafür, wie gesellschaftlich relevante Projektarbeit heute aussehen kann. Fazit: Wenn Großprojekte lokale Wirkung entfalten Die Olympischen Spiele in Paris 2024 waren in vielerlei Hinsicht ein Testfall: für soziale Innovationsfähigkeit, für nachhaltige Vergabepraxis und für integratives Projektmanagement. ESS 2024 hat gezeigt, dass es möglich ist, eine der größten Veranstaltungen der Welt so zu gestalten, dass lokale Unternehmen profitieren, ökologische Standards eingehalten und inklusive Prozesse gestärkt werden. Florentin Letissiers Vortrag war mehr als eine Fallstudie-- es war ein Plädoyer für eine neue Projektkultur: Eine Kultur, die nicht nur technische Prozesse optimiert, sondern auch gesellschaftlichen Wandel gestaltet. Und das ist-- gerade in Zeiten globaler Umbrüche-- vielleicht die wichtigste Aufgabe des Projektmanagements im 21. Jahrhundert. Berichte aus der GPM | Wenn Olympia soziale Wirkung entfaltet 66 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0049 Über den Referenten Florentin Letissier, geboren am 3. Dezember 1986 in Nantes, ist ein französischer Politiker und Mitglied von Europe Écologie Les Verts (EELV). Seit Juli 2020 ist er Beigeordneter der Bürgermeisterin von Paris mit Zuständigkeit für die Bereiche Soziale und Solidarische Ökonomie, Kreislaufwirtschaft sowie die Umsetzung der Zero-waste-Strategie. Zuvor war er bereits seit 2014 als stellvertretender Bürgermeister im 14. Arrondissement tätig, wo er sich unter anderem für Umweltprojekte und soziale Initiativen engagierte. Über die Fachgruppe Die GPM Fachgruppe für bürgerschaftliches Engagement möchte mit ihren Aktivitäten die Wirksamkeit des bürgerschaftlichen Engagements verbessern sowie einen Beitrag zur Umsetzung der 17 Sustainable Development Goals (SDGs) leisten. Wir wollen mit Projektmanagement bei der vollständigen, rechtzeitigen und wirtschaftlich vertretbaren Umsetzung dieser Ziele unterstützen. Unsere Zielgruppen sind Non-Profit-Organisationen bzw. NGOs, welche soziale Projekte oder Vorhaben der technischen Zusammenarbeit durchführen sowie Kirchen, Sportvereine oder Vereine der Zivilgesellschaft, die kommunale Einrichtungen unterstützen oder sogar ersetzen. Weitere Informationen: https: / / www.gpm-ipma.de/ netzwerk/ facharbeit/ projektmanagement-fuer-buergerschaftliches-engagement Eingangsabbildung: © iStock.com/ HJBC 67 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0050 Projektmanagement im Spitzensport-- Zwischen Vision und Medaille Sebastian Wieschowski Wenn es um Höchstleistungen geht, denken viele zuerst an große Sportarenen, Olympiamedaillen und den unermüdlichen Einsatz von Athletinnen und Athleten. Was dabei oft übersehen wird: Hinter dem Erfolg auf der Ziellinie steht nicht nur Talent oder Trainingsdisziplin-- es stehen Planung, Struktur und Präzision. Kurz: Projektmanagement. Der 6. Berliner PM Salon der GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. bot im Mai 2025 die Gelegenheit, genau diesen Aspekt zu beleuchten. Unter dem Titel „Von der Vision zur Medaille- - hinter den Kulissen des Spitzensports“ diskutierten prominente Gäste wie Olympiasiegerin Britta Steffen, Dr. Harry Bähr, Leiter des Olympiastützpunkts Berlin, und Lukas Jochum von der GPM, wie Projektmanagement zum zentralen Erfolgsfaktor im Leistungssport geworden ist. Der folgende Beitrag nimmt die Inhalte und Impulse des Abends auf und erweitert sie um relevante Grundlagen des Projektmanagements. Ziel ist es, zu zeigen: Projektmanagement ist kein abstraktes Fachgebiet- - es ist ein Denk- und Handlungssystem, das Spitzenleistungen ermöglicht, auch und gerade im Sport. 1. Der Spitzensport als Projekt: Ziel, Zeit, Einzigartigkeit Im klassischen Projektverständnis- - etwa gemäß IPMA oder DIN-Normen- - handelt es sich bei einem Projekt um ein einmaliges Vorhaben, das zielgerichtet, zeitlich begrenzt und ressourcengebunden ist. Diese Merkmale finden sich im Leistungssport in nahezu idealtypischer Weise wieder. Ein Olympischer Wettkampf etwa ist ein in hohem Maße einmaliges Vorhaben: Es gibt nur eine Chance auf die Goldmedaille. Die Zielsetzung ist glasklar-- Sieg oder persönliche Bestleistung. Die Zeitbegrenzung ist ebenso strikt: Die Vorbereitung auf ein Event ist in Perioden und Zyklen unterteilt, mit präzisem Countdown bis zum Wettkampftag. Hinzu kommt ein hohes Maß an Komplexität-- von Trainingssteuerung über Ernährung und Regeneration bis zur medialen Kommunikation. Diese Konstellation macht deutlich: Spitzensport ist Projektarbeit im Hochleistungsmodus. Der Weg zur Medaille ist kein Zufallsprodukt-- sondern Ergebnis eines strategischen Managements, das viele Parallelen zur Projektpraxis in Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor aufweist. 2. Der Olympiastützpunkt als Projektorganisation Dr. Harry Bähr, seit 2009 Leiter des Olympiastützpunkts Berlin, gab im PM Salon Einblick in die Arbeit seiner Organisation- - und ließ keinen Zweifel daran, dass diese strukturell wie funktional einer professionellen Projektorganisation entspricht. Sein Credo: „Spitzenleistung ist kein Sprint, sondern ein System-- mit klarer Struktur, Planung, Iteration und permanenter Verbesserung.“ Der Olympiastützpunkt arbeitet mit einem langfristig angelegten Konzept des „Langfristigen Leistungsaufbaus“, das in Phasen strukturiert ist- - vergleichbar mit dem klassischen Projektphasenmodell. Jeder Abschnitt- - Aufbau, Stabilisierung, Hochleistung- - bringt eigene Ziele, Methoden, Meilensteine und Herausforderungen mit sich. Athletinnen und Athleten durchlaufen diese Phasen mit individuell zugeschnittenen Maßnahmen- - ein Vorgehen, das in der Sprache des Projektmanagements als Tailoring bekannt ist. Zudem ist der Olympiastützpunkt eine Multi-Projektumgebung: Er betreut gleichzeitig Dutzende Sportlerinnen und Sportler, jeweils mit eigenen Zielen, Zeitplänen und Unterstützungsbedarfen. Bähr fungiert dabei als eine Art Portfolio- Manager, der übergeordnete Ressourcen wie Trainingsteams, medizinisches Fachpersonal, Ernährungsexpertinnen und -experten sowie psychologische Betreuung effizient koordiniert. Die einzelnen Sportlerprojekte beeinflussen sich gegenseitig; Berichte aus der GPM | Projektmanagement im Spitzensport-- Zwischen Vision und Medaille 68 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0050 Abhängigkeiten und Synergien müssen identifiziert und gesteuert werden. 3. Stakeholder, Risiken, Ressourcen-- PM pur im Alltag der Athletinnen und Athleten Im klassischen Projektmanagement zählen Stakeholderanalyse, Risikomanagement und Ressourcensteuerung zu den Kernelementen der Planung. Diese Prinzipien lassen sich im Spitzensport 1: 1 wiederfinden. Stakeholderanalyse: Im Umfeld von Leistungssporttreibenden findet sich eine Vielzahl an beteiligten Personen- - etwa Trainerinnen und Trainer, Angehörige, Fördernde, Medienschaffende und Funktionstragende. Deren Erwartungen und Einflüsse sind stets zu berücksichtigen. Der Umgang mit Medien kann beispielsweise zur Förderung der Reputation beitragen oder ihr schaden-- und nicht selten wirkt er sich auf den mentalen Zustand der Athletinnen und Athleten aus. Risikomanagement: Verletzungen, Fehlstarts, Formtiefs, psychische Belastungen-- das Spektrum möglicher Störungen ist groß. Ein effektives Risikomanagement im Sport identifiziert diese Faktoren frühzeitig und entwickelt Präventions- und Interventionsstrategien. Hier zeigt sich die Nähe zu klassischen Risikoanalysen mit Eintrittswahrscheinlichkeiten und Schadenspotenzialen. Ressourcensteuerung: Zeit, physische Belastbarkeit, Finanzierung- - all diese Ressourcen sind limitiert. Gerade vor dem Hintergrund begrenzter Fördermittel (durchschnittlich 300 bis 800 Euro monatlich über die Deutsche Sporthilfe) ist es entscheidend, Prioritäten zu setzen. Projektmanagement- Methoden helfen, den Ressourceneinsatz zu optimieren-- etwa durch Priorisierung von Maßnahmen, Vermeidung von Verschwendung (Lean Thinking) oder durch gezielte Investitionen in Schlüsselbereiche. 4. Die mentale Dimension: Britta Steffen und das Projekt „Ich“ Eine besonders bewegende Perspektive lieferte Britta Steffen. Die Doppelolympiasiegerin blickte zurück auf ihre Karriere- - und auf das, was jenseits von Technik, Taktik und Training zählt: das mentale Gleichgewicht. „Ich war lange das Sensibelchen des Schwimmsports“, sagte sie mit einem Lächeln- - und beschrieb eindrücklich, wie sie erst über mentale Selbstreflexion und gezieltes Mindset-Coaching zur Weltklasse fand. Diese persönliche Transformation ist ein Paradebeispiel für Change Management im Projektkontext- - nicht nur auf Organisationsebene, sondern im Individuum selbst. In gewisser Weise hat Britta Steffen ein Projekt aus sich selbst gemacht: Zieldefinition, Ressourcensteuerung, Iteration, Evaluierung. Sie arbeitete dabei mit mentalen Techniken, Visualisierungen und partizipativen Trainingsansätzen- - ein bewusster Bruch mit autoritären Trainingskulturen. Ihr Ansatz zeigt, wie moderne Führung und Selbstführung zusammenspielen-- und wie zentral Soft Skills im Projektmanagement sind. 5. Die Perspektive der GPM Den Bogen zum Projektmanagement schlug schließlich Lukas Jochum, Abteilungsleiter Präsidialbüro und PMO der GPM. In seinem prägnanten Beitrag erklärte er: „Ein olympischer Wettkampf ist ein klassisches Projekt: Ziel- - Sieg. Zeitraum- - begrenzt. Meilensteine- - klar definiert. Ergebnis- - nicht wiederholbar.“ Damit werde das Projektverständnis greifbar und erfahrbar-- weit über Büros und Konferenzräume hinaus. Besonders treffend war sein Vergleich des Olympiastützpunkts mit einem Project Management Office (PMO): Auch hier gehe es um die strukturierte Begleitung vieler Projekte, deren Erfolg voneinander abhängig ist. Ein gutes PMO stellt Methodenwissen, Ressourcen und Steuerungsinstrumente bereit-- genauso wie ein Stützpunkt die Sportlerinnen und Sportler mit Dienstleistungen unterstützt. Sein Fazit: Projektmanagement ist eine Führungskompetenz, keine rein technische Disziplin. Und: Der Leistungssport zeigt eindrucksvoll, wie man mit Projektstrukturen außergewöhnliche Ergebnisse erzielen kann-- trotz Unsicherheit, Druck und ständigem Wandel. 6. Fazit: Was Projektmanagement vom Sport lernen kann-- und umgekehrt Der Berliner PM Salon hat nicht nur inspirierende Geschichten erzählt-- er hat ein Plädoyer gehalten: für die Anwendung von Projektmanagement dort, wo es bislang nicht explizit so benannt wurde. Der Spitzensport zeigt, dass Projekte nicht immer mit Whiteboards und Gantt-Diagrammen beginnen müssen-- manchmal startet ein Projekt mit dem ersten Sprung ins Wasser. Gleichzeitig liefert der Sport wertvolle Impulse für die Projektwirtschaft: • Klarheit im Zielbild • Fokus auf kontinuierliche Verbesserung • Hohe Eigenverantwortung und Teamorientierung • Reflexion und mentale Resilienz als Erfolgsfaktor Für die GPM ist das mehr als eine Erkenntnis-- es ist Auftrag. Denn wie es im Leitbild heißt: „Projekte machen Zukunft“. Und wenn wir Sport und Projektmanagement zusammendenken, eröffnen sich neue Möglichkeiten, diese Zukunft aktiv und strukturiert zu gestalten. Eingangsabbildung: © iStock.com / cmcderm1 69 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0051 Buchbesprechung Modern Project Management: Successful Projects with Plan-based, Agile and Hybrid Approaches Harald Wehnes Timinger, Holger: Modern Project Management: Successful Projects with Plan-based, Agile and Hybrid Approaches. Wiley-VCH Weinheim 2025, ISBN 978-3 527 530 588, 592 Seiten, ca. EUR 43,99 Das Buch „Modernes Projektmanagement: Mit traditionellem, agilem und hybridem Vorgehen zum Erfolg“ als deutschsprachiges Lehrwerk ist längst etabliert und sowohl an Hochschulen als auch bei Praktikern weit verbreitet. Umso mehr freut es mich, dass die aktuelle Auflage nun auch in englischer Sprache vorliegt und damit einem internationalen Publikum zugänglich ist. Inhaltlich orientiert sich das Buch an der deutschen Fassung und führt breit und fundiert in aktuelle Vorgehensmodelle ein. Holger Timinger gelingt es dabei, die Vielfalt an traditionellen, planbasierten, agilen und hybriden Vorgehensmodellen aufzuzeigen und ihre jeweiligen Stärken und Schwächen samt typischer Einsatzgebiete zu beleuchten. Herr Timinger hat die Übersetzung auch zur weiteren Aktualisierung genutzt, sodass alle referenzierten Standards auf dem neuesten Stand sind. Das Buch gliedert sich in die Kapitel „Standards and Norms“, „Process Models“, „Plan-based Project Management“, „Agile Project Management“, „Hybrid Project Management“, „Leadership“, „Interfaces of Hybrid Projects to Programs and Portfolios“ und die bewährte Toolbox mit vielen Steckbriefen zu Methoden des Projektmanagements. Bemerkenswert finde ich, mit welcher Souveränität und Selbstverständlichkeit traditionelle und agile Prozesse und Methoden behandelt werden. Ausgangspunkt ist immer ein zu lösendes Problem in einem bestimmten Kontext. Mithilfe der vorgestellten Analysetechniken lässt sich das dazu passende Projektmanagement auswählen und das Tailoring vornehmen. Durch den roten Faden und die didaktische Aufmachung wer- Rezension | Modern Project Management 70 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0051 den auch Anfänger schnell von den Grundlagen der Planung bis zu komplexen Themen des Critical Chain Project Managements und skalierter Scrum Frameworks herangeführt. Jedes Kapitel beginnt mit einer fundierten Einführung. Schnellleser werden die hervorgehobenen Tipps und Tricks zu schätzen wissen. Für Praktiker gibt es zu jedem Kapitel viele Fallstudien und Übungsaufgaben. Nach der Vorstellung der Projektmanagementgrundlagen, werden übergreifende Themen aus dem Bereich Führung, Programm- und Portfoliomanagement behandelt, um einen umfassenden Kontext für erfolgreiches Projektmanagement zu schaffen. Abgerundet wird das Werk durch ein umfangreiches Glossar und die Lösungen zu allen Fallstudien und Übungen. Ein Highlight bleibt für mich auch in der englischen Übersetzung der Werkzeugkasten, der hier natürlich Toolbox heißt. Viele Methoden werden hier auf jeweils einer Seite zusammen mit möglichen Einsatzgebieten und Abhängigkeiten von anderen Methoden vorgestellt. Fazit Ich kann das Buch allen empfehlen, die ein englischsprachiges Projektmanagement-Lehrbuch suchen, das umfassend in die Welt traditionellen, agilen und hybriden Arbeitens einführt und dabei jede Menge Beispiele, Praxistipps und Übungen bietet. Lehrende und Referenten, die sowohl deutschsprachige als auch englischsprachige Kurse anbieten, werden es schätzen, dass es nun ein Lehrwerk für beide Sprachen gibt, ohne dass der Kursaufbau geändert werden muss. Eingangsabbildung: © iStock.com/ nicolamargaret Rezension | Modern Project Management 71 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0051 uvk.de 72 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0052 Jens Köhler Priesberg betritt das Büro von Ehrlich. „Ich habe einige Kollegen, mit denen ich überhaupt nicht zusammenarbeiten kann. Wenn ich sie sehe, würde ich am liebsten weglaufen.“ Ehrlich rollt mit seinem Bürostuhl rückwärts nach hinten, dreht seinen Stuhl um neunzig Grad und greift mit einer eingeübten Handbewegung in ein hinter ihm liegendes Fach. Flink holt er ein Formular heraus. ‚Meldeschein für Beherbergungsstätten‘ steht in der Kopfzeile. Priesberg antwortet irritiert: „Soll ich jetzt diese Kollegen mit mir in einem Hotel einquartieren? Eines dieser Wohlfühlseminare? “ Er beginnt, sich in Rage zu reden. Ehrlich grinst. „Wieder mal reingefallen. Das Formular ist Mittel zum Zweck. Wichtig war meine Handbewegung. Komm‘, probiere es gleich mal aus.“ Priesberg reißt seinen Mund auf und erinnert Ehrlich irgendwie an den Schrei von Munch. Er setzt sich auf den Stuhl von Ehrlich und ahmt die Bewegung nach. Dabei rollt er zögerlich nach hinten und schafft es im zweiten Anlauf, nach einem Formular zu greifen. ‚Passierschein A 38‘ steht darauf. Seine Gesichtsmuskulatur beginnt sich zu entspannen. „Wie fühlt sich die Handbewegung an? “ fragt Ehrlich, der sich an der Verwirrtheit seines Kollegen sichtlich erfreut. „Irgendwie entspannend. Durch die Monotonie der Bewegung ist mein Kopf leer“, antwortet Priesberg. „Ich habe dich am Anfang also der Situation ausgesetzt, die du empfindest, wenn einer deiner ‚Spezls‘ was von dir will, richtig? “, versucht Ehrlich den Gemütszustand seines Kollegen zu erfassen. „So kann man es ausdrücken“, entgegnet Priesberg. „Szenenwechsel. Stell‘ dir vor, du gehst auf das Amt, weil du beispielsweise einen neuen Personalausweis oder was auch immer benötigst. Der Mensch hinter der Schranke ist per Gesetz verpflichtet, jeden zu bedienen, egal um wen es sich handelt. Zumindest beim ersten Schritt, den Griff zum Formular“, doziert Ehrlich und fragt weiter: „Wie nimmst du gewöhnlich die Arbeitsatmosphäre auf dem Amt wahr? “ „Sofern ich das beurteilen kann, ruhig und unspektakulär. Kalendersprüche hängen an den Wänden oder ein Radio säuselt leise vor sich hin. Und ja, der Griff zum Formular ist tatsächlich der erste Schritt. Und diese Bewegung soll ich im Geiste durchführen, nehme ich an“, erwidert Priesberg. „Ja. Es hat zwei Aspekte: Du siehst in deinem Gegenüber, auch wenn es sich nicht um deinen besten Freund handelt, jemanden, der ein Anliegen hat und zu Recht gehört werden will. Und zweitens hast du eine Chance, ruhiger zu werden, so wie du es eben selbst erlebt hast“, erläutert Ehrlich. „Und nach dem Griff? Dann ist die Welt heile“, versucht Priesberg zu provozieren. „Das kommt jetzt auf dich an“, erläutert Ehrlich und fährt fort: „Ist doch schon lustig, dass wir eine Amtsstube simulieren. Passt so gar nicht zu uns.“ Er wartet auf die Reaktion seines Kollegen. „Stimmt“, Priesberg muss lachen. Ehrlich hakt ein: „Und genau da sind wir beim Punkt: Wenn du über die Handbewegung lachen kannst, dann übertrage das doch auf dein Gegenüber.“ „Also sollte ich in solchen Situationen immer laut lachen? Die halten mich doch dann bald für bekloppt. Damit hätte ich meine Situation nur verschlechtert“, äußert sich Priesberg nachdenklich. „Natürlich nicht laut lachen. Aber in dich hinein reicht schon. Dein Gegenüber spürt, dass du entspannt bist. Das Zauberwort heißt hier: ‚Nicht in Resonanz gehen‘“, beruhigt Ehrlich seinen Kollegen. „Also übertrage oder verstärke ich bei Resonanz meine Abneigung auf mein Gegenüber? Der nimmt es dann auf und reagiert ebenso mit Abweisung. Und schon haben wir beide das Gefühl, dass wir nicht miteinander können.“ Priesberg denkt weiter laut: „Und jetzt kommt die Amtsstube, die Arbeit. Das Formular muss ausgefüllt werden, Stempel sausen auf das Papier, die obligatorische Bearbeitungsgebühr wird gezahlt und eine Sache ist erledigt. In diesem Mindset komme ich mit meinen ungeliebten Kollegen wirklich in den Arbeitsmodus.“ Nun schaut Ehrlich irritiert. Priesberg fragt: „Stimmt was nicht, habe ich jetzt wieder etwas nicht verstanden? “ Er holt schnell ein neues Formular aus dem Schrank und hört Ehrlich in der Ruhe einer Amtsperson zu. „Du denkst schon daran, dass wir uns auf dem Wege zur Digitalisierung befinden? Ich meine nur deine Begeisterung für Stempel ….“ Ehrlich prustet schließlich los: „Ich wollte schauen, ob du den Griff zum Formular wirklich beherrschst.“ ‚Ausgeherlaubnis‘ steht auf dem Formular. „Bitte hier stempeln, damit ich aus deinem Büro darf“, lacht Priesberg. Eingangsabbildung: © iStock.com/ Comeback Images Kolumne Der Griff zum Formular erweitert den Horizont Jens Köhler Dr. Jens Köhler, BASF SE, fokussiert sich auf die Digitalisierung in Forschung und Entwicklung. eMail: Jens.Koehler@basf.com Die Kolumne „Ehrlich und Priesberg“ möchte mit unterhaltsamen Dialogen rund um das Thema „Mensch - Kommunikation, Verhalten, Entscheidungen“ Denkanstöße für den PM-Alltag geben. 73 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0052 UVK Verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany \ Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ info@narr.de \ www.narr.de BOOK RECOMMENDATION For years, advocates of professional project work have stressed the growing shift towards project-oriented work structures. This has now become a reality in the daily routines of many employees and managers. Consequently, strong project management skills are becoming increasingly vital to business success. Following the ve project management phases of DIN 69901: 2009 and supplemented by chapters on cross-phase competencies and agile methods, this book offers a clear and professionally sound presentation of the modernised ICB 4.0 framework (effective from January 1, 2024). Its structured content, illustrated by a consistent project example, not only guides readers but also ensures they are well-prepared to meet the IPMA ICB 4.0 examination requirements. This book equips anyone seeking to engage in professional project management with the knowledge and tools needed to successfully apply current best practices. Marcus Schulz, Tinka Meier Project Management A Practical Guideline for Today’s Project Managers 3 rd edition 2025, 258 p. €[D] 44,99 ISBN 978-3-381-13481-6 eISBN 978-3-381-13482-3 74 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0053 Aus den DACH-Verbänden | GPM intern Ehrenamtlich in die Zukunft: Impulse und Begegnungen bei der 17. GPM Aktiv Vom 23. bis 24. Mai 2025 trafen sich rund 90 ehrenamtlich Engagierte in Frankfurt zur 17. GPM Aktiv. Unter dem Motto „Ehrenamtlich in die Zukunft“ stand die Veranstaltung ganz im Zeichen des freiwilligen Engagements, das die GPM nachhaltig prägt. Irmtraud Behrens (AdR) und Dr. Martin Stauch (AfF) begrüßten die Teilnehmenden herzlich und dankten dem Programmkomitee, insbesondere Projektleiterin Anne Ramerth, für ihren engagierten Einsatz bei der Organisation der Veranstaltung. Prof. Dr. Peter Thuy eröffnete die Veranstaltung offiziell. In seiner Ansprache betonte er, dass die GPM im Kern vom ehrenamtlichen Engagement getragen wird, während das Hauptamt unterstützend begleitet. Er verwies auf aktuelle Studien, die einen Rückgang des klassischen Ehrenamts erkennen lassen. Gleichzeitig wird deutlich, dass viele junge Menschen weiterhin engagiert mitwirken möchten- - vorausgesetzt, die Bedingungen stimmen. Mit einem zuversichtlichen Ausblick wünschte er den Teilnehmenden vergnügliche und erfolgreiche Tage. Im Anschluss folgte die Keynote von Stephan Mellinghoff mit dem Titel „Ehrenamtlich in die Zukunft“. Er ging der Frage nach, wie sich Engagement verändert und was es braucht, um das Ehrenamt auch künftig attraktiv zu gestalten. Motivation entsteht, wenn Freude, persönliche Entwicklung und ein sinnstiftender Zweck zusammenkommen. Wer sich engagiert, möchte nicht nur geben, sondern auch etwas zurückbekommen- - etwa Gemeinschaft, Anerkennung oder neue Perspektiven. Damit Menschen sich für ein Ehrenamt entscheiden, braucht es überzeugende Inhalte, eine klare Rollenverteilung und eine Ansprache, die emotional berührt. Diese Gedanken vertieften die Teilnehmenden in den anschließenden Gruppenarbeiten zum Thema „Wie begeistern wir für das Ehrenamt in der GPM? “. Die Teilnehmenden entwickelten Pitches, mit denen sich das Ehrenamt bei der GPM überzeugend vermitteln lässt. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie persönliche Mehrwerte konkret formuliert und mögliche Hürden realistisch benannt werden können. Die Pitches wurden in Kleingruppen präsentiert und gegenseitig reflektiert-- mit dem Ziel, alltagstaugliche und wirkungsvolle Ansätze für die Praxis zu entwickeln. Die Abendveranstaltung bot mit einer Schifffahrt auf dem Main einen stimmungsvollen Rahmen für Austausch und Begegnung. Nach einem Welcome Drink und einem entspannten Get-together begann die Fahrt auf dem Main mit Blick auf die Skyline Frankfurts. Bei Spezialitäten der regionalen Küche entstanden angeregte Gespräche und neue Gelegenheiten zum Netzwerken. Zu späterer Stunde lud Dr. Michael Sölter dazu ein, gemeinsam den Nachthimmel und eine vorbeiziehende Raumsonde zu betrachten- - ein gelungener Ausklang eines produktiven und inspirierenden Tages. Der Workshop „Blick in die Zukunft“ mit LEGO® SERI- OUS PLAY® eröffnete den zweiten Tag der GPM Aktiv. Mit Hilfe von Klemmbausteinen reflektierten die Teilnehmenden spielerisch und intuitiv ihr Ehrenamt und kamen über Modelle und Metaphern ins Gespräch. Sie tauschten sich darüber aus, wie ihr Ehrenamt aktuell aussieht, was andere zum Mitmachen motiviert und wie neue Talente gut integriert werden können. Dabei wurde deutlich: Talente entfalten sich dort, wo Verantwortung geteilt, Wissen sichtbar gemacht und persönliche Entwicklung ermöglicht wird. Frisch gestärkt ging es nach dem Mittagessen in die Open Spaces. In insgesamt 13 Sessions standen offene und praxisnahe Fragestellungen im Mittelpunkt. Diskutiert wurden unter anderem Themen wie „Intelligente Projektassistenz“ , „Auf Aus den DACH-Verbänden | GPM intern | Die GPM Fach- und Regionalgruppen 75 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 35. Jahrgang · 05/ 2024 DOI 10.24053/ PM-2025-0054 gaben in Regionalgruppen-- Synergien in der GPM “ und „Wie geht die GPM mit Blick auf agile Managementtools vor? “ . Auch gesellschaftlich relevante Aspekte wie „ PM für alle- - Barrieren abbauen, Teilhabe vermöglichen“ und „Community Manager / Marktplatz etablieren“ wurden intensiv besprochen. Die offene Struktur der Sessions ermöglichte es, eigene Themen einzubringen, voneinander zu lernen und gemeinsam Ideen weiterzuentwickeln-- nicht nur mit Blick auf das Ehrenamt, sondern auch in Bezug auf übergreifende Fragen rund um Projektmanagement, Zusammenarbeit und Community Building. Im weiteren Verlauf wurden die Ergebnisse der Open Spaces in einem Gallery Walk präsentiert. Die Teilnehmenden konnten sich über die Vielfalt der Beiträge informieren und Gespräche führen. Den Abschluss der 17. GPM Aktiv 2025 bildete ein gemeinsamer Ausklang bei Kaffee und Kuchen. In herzlicher Atmosphäre wurde diskutiert, gelacht und genetzwerkt-- mit vielen vertrauten und neuen Gesichtern. Die zwei Tage machten deutlich, wie viel Potenzial und Energie im Ehrenamt steckt und wie wichtig es ist, diese Ressource zu fördern, mit Freude zu gestalten und durch persönliche Begegnung zu stärken. Aus den DACH-Verbänden | GPM intern Die GPM Fach- und Regionalgruppen Die derzeit 39 Regionalsowie 31 Fachgruppen der GPM bieten eine Plattform zum branchenübergreifenden Networking und Erfahrungsaustausch. Sie leisten damit wichtige fachliche Basisarbeit innerhalb des Vereins. Die Regional- und Fachgruppen bieten darüber hinaus ein breites Angebot von in der Regel kostenlosen Veranstaltungen zum Projektmanagement. Weitere Informationen und Ansprechpartner der einzelnen GPM Fach- und Regionalgruppen finden Sie auf der GPM Website unter: www.gpm-ipma.de/ know_how/ fachgruppen.html bzw. www.gpm-ipma.de/ ueber_uns/ regionen.html Die Fach- und Regionalgruppen stellen sich vor-- in dieser Ausgabe: „GPM Regionalgruppe Kiel“ Mit ihrer Gründung im Jahr 2006 gehört die GPM Region Kiel zu den jüngsten im Norden Deutschlands und repräsentiert bis heute das Land Schleswig-Holstein für die GPM. Das Einzugsgebiet der Kieler Regionalgruppe erstreckt sich derzeit von Flensburg über Lübeck bis nach Hamburg. Mitglieder unserer Region profitieren von einem starken Netzwerk. Wir möchten Projektmanagement in der Region bekannter machen, Mitglieder interdisziplinär vernetzen und durch spannende Einblicke inspirieren. Mehr über unsere Veranstaltungen: https: / / www. gpm-ipma.de/ netzwerk/ regionalarbeit/ kiel Neue Firmenmitglieder stellen sich vor-… Firma Hauptgeschäftsgebiet PM-Aufgaben und -Bedeutung Erwartungen an die GPM Mark Tittes www.tittes-unternehmensberatung.de Mark Tittes info@tittes-unternehmensberatung.de Mark Tittes-- Unternehmensberatung ist spezialisiert auf die strategische und operative Steuerung unternehmensweiter Transformationsprojekte mit Schwerpunkten in den Bereichen ERP, BI, integrierte Finanzplanung, Controlling und kompetenzbasiertes Projektmanagement. Projektmanagement steuert transformationskritische Vorhaben durch klare Zielausrichtung, laterale Führung, aktives Stakeholder-Management und den Aufbau wirksamer Governancesowie Steuerungsstrukturen. Erwartet werden praxisnahe Impulse und Orientierung zur Anwendung kompetenzbasierter Projektmanagementstandards in komplexen Transformationsprojekten. 76 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0055 Aus den DACH-Verbänden | pma intern „Wissen sichtbar machen“-- die pma KnowledgeWORLD Projekt Management Austria (pma) hat mit der KnowledgeWORLD ein digitales Wissensmanagement-System aufgebaut. pma Präsidentin Brigitte Schaden gibt Einblicke in dieses Best-Practice-Modell. Frau Schaden, was war der Anlass für die pma KnowledgeWORLD? In einer Wissensgesellschaft wie der unseren ist es entscheidend, vorhandenes Wissen nicht nur zu dokumentieren, sondern auch sinnvoll zugänglich und nutzbar zu machen. Bei pma haben wir erkannt, dass wir unser internes Wissen systematischer managen müssen-- vor allem, um es langfristig zu sichern, weiterzugeben und gezielt weiterzuentwickeln. Wie sind Sie dabei vorgegangen? Wir haben uns für einen strukturierten Prozess entschieden-- den sogenannten „Wissensfaktor5“. Dieser unterteilt den Weg zur digitalen Wissenswelt in fünf definierte Phasen. Jede Phase hat ihren Zweck, baut auf der vorherigen auf und sorgt dafür, dass am Ende ein wirklich tragfähiges Wissensmanagement entsteht. Können Sie die fünf Phasen kurz vorstellen? Gestartet haben wir mit dem digi SCAN: Hier analysierten wir, welches Wissen für uns wirklich kritisch ist. Darauf folgte der digi PLAN: Dabei ging es um die maßgeschneiderte Strategie: Welche Wissensarten wollen wir digital erfassen, wer ist verantwortlich und wie strukturieren wir das Wissen? In Phase 3, dem digi TOOL, ging es an die Auswahl und Einrichtung des passenden Tools. Bei pma fiel die Wahl auf Confluence-- eine Plattform, die flexibel anpassbar ist und teamorientiertes Arbeiten ermöglicht. Mit Phase 4, digi ACT, beginnt die eigentliche Arbeit: Wissen wird dokumentiert, visualisiert und sinnvoll aufbereitet. Es entstehen Module wie der „KnowledgeSTORE“ (Wissens-Wiki), „KnowledgePractices“ (Best Practices und Lessons Learned) und die „KnowledgeFACTORY“ (Expert*innenwissen). Mit dem digi CHECK prüfen wir: Wird das Wissen genutzt? Haben wir unsere Ziele erreicht? Wo müssen wir nachschärfen? Diese Phase sorgt dafür, dass sich das System weiterentwickeln kann. Wie profitieren die Mitarbeitenden davon? Sie haben heute schnellen Zugriff auf zentrale Informationen, können von gesammelten Erfahrungen profitieren und neue Ideen gezielt einbringen. Gleichzeitig reduziert sich das Risiko von Wissensverlust, etwa bei einem Wechsel im Team. Auch neue Mitarbeitende finden sich dank der klaren Struktur schneller zurecht. Welche Rolle spielt dabei die Unternehmenskultur? Eine ganz zentrale! Denn selbst das beste Tool nützt nichts, wenn niemand es nutzt. Wir fördern eine Kultur des Teilens, des Mitgestaltens- - und sehen Wissen als gemeinsame Ressource. Das war ein Kulturwandel, der begleitet werden musste-- aber er lohnt sich. Weitere Beiträge zur KnowledgeWORLD finden Sie im PMA Blog, Stichwort Wissensmanagement: www.pma.at/ blog Mitglied vor den Vorhang CANCOM Austria AG Wienerbergstraße 53 1120 Wien www.cancom.at Hauptgeschäftsgebiet Als führender Digital Business Provider begleitet CANCOM Unternehmen, Organisationen und den öffentlichen Sektor in die digitale Zukunft. Das Leistungs- und Lösungsspektrum umfasst sowohl klassische Systemhaus-IT-Lösungen als auch datenbasierte Digital Solutions, Managed Services sowie Cloud Dienste. PM-Aufgabe und Bedeutung Projektmanagement bei CANCOM Austria verbindet technologische Exzellenz mit präziser Umsetzung. Komplexe IT- und Cloud-Projekte werden effizient gesteuert-- von Architektur bis Go-Live. So realisieren wir innovative Lösungen, die den digitalen Wandel unserer Kunden vorantreiben. pma Präsidentin Brigitte Schaden © pma / L. Schedl 77 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0056 spm.Frühjahrstagung 2025 Geschichte trifft Zukunft-- Projekte im Wandel Esin Kocer-- Projektleiterin und spm-Mitglied Wir leben im Zeitalter der Informationsgesellschaft- - ständig sind wir von einer Flut an Informationen umgeben. Doch wie gelingt es uns, aus dieser Masse sinnvolles Wissen zu generieren? Wie stellen wir sicher, dass keine wertvollen Erkenntnisse verloren gehen, sondern die Geschichte mit ihren wichtigen Informationen erfasst und weitergegeben wird? Bevor wir tiefer in die Kernbotschaft der diesjährigen spm. Frühjahrstagung eintauchen- - „Geschichte trifft Zukunft“ - lohnt es sich, einen Moment innezuhalten: Wie verstehen wir eigentlich Geschichte? Warum ist sie so bedeutsam? Ein Beispiel, das mich persönlich inspiriert: der Podcast „Geschichten aus der Geschichte“ von zwei Historikern. Er stillt meinen nostalgischen Wissensdurst und regt zum Nachdenken an: Wiederholt sich Geschichte wirklich? Oder können wir aus der Vergangenheit echte „Lessons Learned“ ziehen? Allzu oft verschwinden Projekterkenntnisse nach dem Abschluss in Protokollen-- selten werden sie wirklich weitergetragen. Dabei liegt genau darin ein großer Schatz. Mike Fuhrman, der Keynote-Speaker der Frühjahrstagung, beschäftigt sich mit der Frage, wie Geschichte in all ihren Facetten erfasst werden kann-- insbesondere jene Elemente, die schwer greifbar sind: Emotionen, persönliche Erfahrungen, implizites Wissen. Seine berührende Geschichte über seine Großeltern zeigt eindrücklich, wie wichtig es ist, auch das nur schwer in Worte zu Fassende als Teil unseres kollektiven Wissens zu bewahren. Er macht deutlich: Es reicht nicht aus, lediglich Daten und Fakten zu dokumentieren. Es braucht ein Bewusstsein dafür, dass auch emotionale und implizite Erfahrungen systematisch erfasst und in das Wissensmanagement integriert werden- - sowohl individuell als auch organisatorisch. Der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Jay Barney betont in seinem Konzept der Resource-Based View, dass zentrale Ressourcen eines Unternehmens oft nicht einfach kopierbar sind, weil sie unter „unique historical conditions“ entstanden sind. Sie entwickeln sich über Jahre hinweg und stellen einen unschätzbaren Wettbewerbsvorteil dar. Doch dieser Vorteil bleibt nur erhalten, wenn solche Erfahrungsschätze bewusst gepflegt und weitergetragen werden- - gerade in Zeiten des Wandels, in denen Wissensträger das Unternehmen verlassen könnten. Heute stehen uns durch technologische Fortschritte zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung. Diese Technologien helfen uns, Wissen zu erfassen, zu strukturieren und zugänglich zu machen. Entscheidend ist jedoch: Es braucht ein klares Bewusstsein, eine Verankerung in den Prozessen sowie eine Kultur der Transparenz und des Vertrauens, um das Teilen und Bewahren von Wissen nachhaltig zu ermöglichen. Mit dieser Haltung und einem bewussten Umgang mit Wissens- und Projektmanagement realisieren Unternehmen wie Swisscom, SBB, EWZ eindrucksvolle Vorhaben. Invariant Lab unterstützt solche Unternehmen mit KI-Know-how und digitalen Tools-- inklusive wertvoller Sicherheitsaspekte, über die wir im Rahmen der Tagung spannende Einblicke vom Geschäftsführer Marc Fischer erhalten durften. Stefanie Possert und ihr Team nahmen uns mit auf eine Zeitreise und zeigten, wie sie den Eurovision Song Contest 2025 in Basel digital für das Broadcasting vorbereitet haben. Dabei wurde klar: Ohne die gezielte Weitergabe von Erfahrungen aus früheren Projekten wäre die erfolgreiche Umsetzung eines derart großen Events in einem sportlich getakteten Zeitplan kaum möglich gewesen. Ein weiteres Beispiel: Halbtax Plus, ein innovatives Ticketing-Produkt der SBB. Grégoire Ramuz, Leiter Digital Solutions für Mobilitätskunden, erklärte, wie aus den Erfahrungen der Covid-Zeit ein völlig neues Mobilitätsverständnis entstand. Was früher undenkbar war-- etwa Homeoffice-- ist heute Alltag. Damit verändert sich auch die Nachfrage nach Mobilitätslösungen. Halbtax Plus ist eine direkte Antwort auf diesen Wandel-- ein Beispiel dafür, wie die Geschichte die Zukunft beeinflusst. Auch auf kritische Ereignisse blickten wir zurück: Der Eisenbahnunfall im Gotthard-Basistunnel 2023 und die darauffolgenden Reparatur- und Infrastrukturprojekte zeigten im Vortrag von Gianluca Fontana, wie Erkenntnisse aus der Vergangenheit-- als Lessons Learned-- systematisch in die Planung und Umsetzung neuer Lösungen einfließen. All diese Beiträge haben uns gezeigt: Geschichte und Zukunft sind keine Gegensätze- - sie sind eng miteinander verknüpft. Sie helfen uns, den Weg der Veränderung zu gestalten. So kommen wir zurück zu unserer ursprünglichen Frage: Wie gelingt es uns, aus der Informationsflut sinnvolles Wissen zu generieren? Wie verhindern wir, dass wertvolle Erkenntnisse verloren gehen? André Huber, der Brainman der Tagung, brachte es auf den Punkt: Es kommt nicht darauf an, alles zu registrieren, was um uns herum geschieht-- sondern gezielt jene Informationen aufzunehmen, die uns unseren Zielen näherbringen. Fokus ist entscheidend. Es ist also durchaus sinnvoll, wenn der berühmte Affe im Video gar nicht bemerkt wurde-- solange wir auf das Wesentliche achten. Fazit: Die Etablierung eines wirksamen Wissensmanagements, verankert in prozessorientierten Strukturen, gestützt durch Technologien wie Künstliche Intelligenz- - all das ist heute keine Zukunftsmusik mehr, sondern Realität für moderne Projektmanager: innen. Aktuelle spm Veranstaltungen siehe: https: / / spm.ch/ veranstaltungen/ 78 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0057 Aus den DACH-Verbänden | spm intern Mit spm.unterwegs am 26. 05. 2025 zum Zürcher Hochwasserentlastungsstollen Thalwil FG IAbau mit spm.unterwegs Die von Beat Dietziker jeweils umsichtig organisierten Exkursionen sind ein fester Bestandteil des spm-Jahresprogramms und ziehen jeweils 15-30 Mitglieder und Gäste mit ganz unterschiedlichem beruflichem Hintergrund an. Für die kleine Gruppe der Baufachleute ist dies eine gute Gelegenheit, für das klassische Projektmanagement im Werkvertragsverhältnis zu werben. Am 26. Mai konnten wir das Wasserfallmodell wortwörtlich erleben: Mit kurzem Bustransfer ging es vom S-Bahnhof Langnau-Gattikon die Sihl aufwärts zur Baustelle des Einlaufbauwerks für den neuen Sihlentlastungsstollen. Er soll ab 2026 das dicht besiedelte Sihltal und die Stadt Zürich vor Überschwemmungen durch Hochwasser mit einer statistischen Wiederkehrperiode von 500 Jahren schützen. Sonst stünde der wichtigste Knotenpunkt des Schweizer Bahnnetzes unter Wasser wie im Jahr 2002 der Hauptbahnhof Dresden. Wie Dr. Matthias Oplatka, Sektionschef des kantonalen Amtes für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) zu Beginn ausführte, wird aber nicht zuletzt wegen Klimaerwärmung damit gerechnet, dass der gewaltige Stollen mit 6,60 m Radius ca. alle 8 Jahren wird „anspringen“ müssen, um bis zu 2 / 3 der erwarteten 600 m 3 / s in den Zürichsee umzuleiten und dadurch die Hochwasserwelle in der Limmat zu puffern. Dieser Trick wurde in der Schweizer Wasserbaugeschichte bereits mehrmals mit Erfolg angewendet, so bei der Umleitung der Kander in den Thunersee 1711-1714 und der Aare in den Bielersee in der 1. Juragewässerkorrektion 1868-1891. In einer umfangreichen Variantenstudie mit Risikoabschätzung nach der „Delphi-Methode“ diskutierte ein hochkarätiges Expertengremium in vielen Sitzungen das Für und Wider sensorgestützter Hochwasserschutzmaßnahmen, bevor man sich für die teure, aber robuste Stollenlösung entschied. Zusätzlich müssen in der Stadt Zürich die Lichtraumprofile unter einigen Brücken vergrößert werden, um den Abfluss sicherzustellen. In einem zweiten Vortrag berichtete Dr. J.-Martin Hohberg als Sachbearbeiter der projektierenden IUB Engineering AG von den Annahmen und Sensitivitätsstudien der hydraulischen und geotechnischen Berechnungen zum Einlaufbauwerk, zum tübbingverkleideten Stollen und zum Tosbauwerk in Thalwil. In physischen Modellen wurden an der Versuchsanstalt für Wasserbau (VAW) der ETH Zürich der Einlauf und die Energievernichtung beim Abbremsen der Wassergeschwindigkeit von 50 km / h auf 15 km / h in der unter Wasser liegenden Einlauftrompete in den Zürichsee validiert, da ein Probelauf bei Abnahme wegen des seltenen Ereignisses nicht möglich ist. Deswegen wurden vom Baudepartement des Kt. Zürich auch mehrere gute Animationsfilme produziert, um der Bevölkerung das Großprojekt zu erklären, vgl. https: / / www.zh.ch / de / planen-bauen / wasserbau / wasserbauprojekte / entlastungsstollen-sihl-zuerichsee.html. Nach den Vorträgen führte Herr Adrian Stucki als Gesamtprojektleiter des AWEL die Teilnehmenden mit festem Schuhwerk, Helm und Warnweste über die feierabendliche Baustelle des Einlaufbauwerks, wo im Schutz einer hohen Spundwand 12 m unter dem Grundwasserspiegel die Betonierarbeiten im Übergang zum bereits fertigen Stollen zu sehen waren. Am Wochenende des 23. -24. 08. 2025 werden dann an einem Festanlass auch das Tosbauwerk und der Stollen für die Bevölkerung zu besichtigen sein. Ingrid Giel (Präsidentin) und Martin Hohberg (FG-Leiter Infrastruktur- & Anlagenbau) 79 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0057 All you can read Alles zusammen zum Superpreis: Die Papierausgabe in hochwertigem Druck, das ePaper zum Blättern am Bildschirm und auf dem Smartphone, dazu alle bisher erschienenen Ausgaben im elektronischen Archiv - so haben Sie Ihre Fachzeitschrift für den urbanen Wandel immer und überall griffbereit. AboPlus: Print + ePaper + Archiv abo@narr.de expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG expert verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Foto von Jon Tyson auf Unsplash 80 PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL · 36. Jahrgang · 03/ 2025 DOI 10.24053/ PM-2025-0058 Martina Peuser Wie sind Sie zum Projektmanagement gekommen? Durch ein Vollzeit-Projekt „Krankenkassenfusion“. Insbesondere der Umfang (> 100 beteiligte Mitarbeiter, Dauer-= 2 Jahre) und die vielen Fachlichkeiten, die in eine Software gegossen werden mussten, haben mich zum Vollzeit-Projektleiter gemacht. Falls Sie kein / e Projektmanager*in geworden wären-- was stattdessen? Entwickler von Datawarehouse-Anwendungen und fachlichen Sichten auf Krankenkassendaten. Welches Projekt hat Sie besonders geprägt oder war für Sie besonders wichtig? Ich habe viele Krankenkassenfusionen begleitet. Meine fachlichen Kenntnisse aus der Krankenversicherung und Erfahrungen in der Softwareentwicklung konnte ich gut einbringen und habe von Partnern viel gelernt. An welchem Projekt arbeiten Sie gerade? Die Einführung eines Berichtswesens und Backend-Entwicklung auf SAP-Basis inklusive der Befähigung der kundeneigenen Mitarbeiter durch Training on the Job ist mein derzeit einziges Projekt. Gleichzeitig unterstütze ich unsere acht Projektleiter in ihren über 40 Projekten. Gelten in Ihrem Bereich bestimmte Standards und Methoden? Die Projekte laufen bei uns nach Prince2, manchmal „teilagil“. Wichtig sind Standards zur Collaboration (Confluence und JIRA) und unser Berichtswesen. Unsere Kunden bekommen das gleiche Vorgehen für alle Ihre Projekte. Was wäre Ihr Traumprojekt? Kein Traumprojekt, aber ich würde gerne mal eine Zeit mit dem Projektteam in einer Villa mit Pool oder am Meer arbeiten. Was zeichnet Sie als Projektmanager besonders aus? Verbindlichkeit, Ehrlichkeit, Treue sind meine Lieblingseigenschaften. Was motiviert Sie, in Projekten zu arbeiten und Projekte zu leiten? Gemeinsames kreatives Arbeiten an Zielen mit unterschiedlichsten Menschen. Welche Tipps haben Sie für den Projektmanagement-Nachwuchs? Seid mutig, bleibt authentisch, bringt Eure Ideen hervor, schaut Euch die guten Dinge von anderen ab und passt das auf Euren Stil an. Welche Eigenschaften schätzen Sie an Projektmanagern*innen am meisten? Ehrlichkeit und Offenheit. Es ergibt sich meist ein guter Zusammenhalt mit Kunden im Projekt, wenn man Dinge nicht verheimlicht oder verdreht. Was ist für Sie als Projektmanager das größte Glück? Das Bier danach! Der Projektabschluss mit zufriedenen Kunden und Kollegen hält lange nach. Was ist für Sie das größte Unglück im Projektmanagement? Wenn Dinge nicht wie geplant funktionieren. Es ist nicht schön, dem Kunden die negativen Nachrichten zu überbringen, weil man ungern enttäuschen will. Welche Trends sehen Sie im Projektmanagement? Wir beschäftigen uns mit KI, Automatisierung und Nachhaltigkeit. Wir haben ein internes Projekt Optimierung Geschäftsprozesse aufgesetzt. Auch die Arbeit der Projektmanager werden wir dazu auf den Prüfstand bringen. Was geben Sie den Lesern mit auf den Weg? Lassen Sie uns von anderen Lernen, egal wie viel Erfahrung wir „alten Hasen“ haben. Veränderung gehört zum Job und zum Leben dazu. Wir können nur gewinnen. Auf ein Wort mit-… Maic Alpers Zur Person | Maic Alpers ist 54 Jahre alt, Krankenkassenbetriebswirt und als stv. Geschäftsbereichsleiter Design & Solution bei der Mobil ISC GmbH insbesondere für die Bereiche Projektmanagement, Produktmanagement und IT-Architektur zuständig. Prof. Dr. Martina Peuser ist Professorin für Projektmanagement und Organisation sowie Beraterin für Effizienz in Führung, Strukturen und abteilungsübergreifender Zusammenarbeit. In ihrer Kolumne gibt sie Einblicke in die Erfahrungen von Menschen im Projektumfeld. Weitere Bücher, Audios, Informationen und Bestellmöglichkeit auf www.junfermann.de Sandra Brauer (Hrsg.) 37 systemische Methoden für Beratung, Coaching, Therapie Welche sind die Lieblingsmethoden systemisch arbeitender Coaches, Berater: innen und Therapeut: innen? Sandra Brauer, Gründerin des Systemischen Netzwerks, stellte ihren Kolleginnen und Kollegen genau diese Frage. Aus den Antworten wählte sie 37 Methoden aus, die in diesem Buch jeweils anhand eines Beispiels vorgestellt werden. Diese Sammlung bietet bewährte und innovative Methoden aus der Praxis für die Praxis. Die vielfältigen Techniken eignen sich für unterschiedliche Einsatzbereiche. Die Inhalte sind kurz, prägnant und übersichtlich präsentiert, sodass sie schnell erfasst und angewendet werden können. Dank ihrer Praxistauglichkeit sind diese Methoden ideal für alle systemisch arbeitenden Fachkräfte, die nach praktischen Werkzeugen suchen, um ihre Arbeit noch eŽektiver zu gestalten. 176 Seiten, kartoniert, E-Book inside • € (D) 30,00 • ISBN 978-3-7495-0641-5 • Auch als E-Book erhältlich B e wä h rte To o l s f ü r s Co a c h i n g NEU! Sandra Brauer Werte-Karten Reflexion - Klärung - Veränderung Kartenset, 80 Karten + Booklet • € (D) 38,00 ISBN 978-3-7495-0252-3 Martina Angela Friedl Systemisches Coaching 160 S., kart., E-Book inside • € (D) 22,00 ISBN 978-3-7495-0353-7 • Auch als E-Book erhältlich Monika Feichtinger & Miriam Wunder Selbstwirksamkeit stärken Wie Coaches ihre Klient: innen befähigen und beflügeln 224 S., kart., E-Book inside • € (D) 32,00 ISBN 978-3-7495-0593-7 • Auch als E-Book erhältlich Der IPMA World Congress 2025 ist DAS Event des Jahres: Top-Speaker aus aller Welt, jede Menge Inspiration und Networking auf höchstem Niveau. Berlin wird zum Hotspot des Projektmanagements - Seien auch Sie dabei! GLOBALES NETWORKING TRIFFT ZUKUNFTSTRENDS UND THEMENVIELFALT HABEN SIE SCHON IHR TICKET FÜR DEN 34. IPMA WORLD CONGRESS ? worldcongress-ipma.com ® Mitglied der EVENT DES JAHRES PROJEKTMANAGEMENT 17.-19. SEPTEMBER 2025 IN BERLIN ... UND FÜR AUSTAUSCH, IMPULSE UND INTERNATIONALE ZUSAMMENARBEIT! Denn die GPM bringt die Welt des Projektmanagements nach Berlin: Beim IPMA World Congress 2025 gestalten wir gemeinsam die Zukunft des Projektmanagements. Erleben Sie inspirierende Ideen, neue Impulse und ein starkes Netzwerk - vom 17. bis 19. September 2025 in Berlin.