PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Wissensmanagement in Projekten
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2001
Ulrich Frank
Silke Schönert
Die Wandlungen innerhalb der organisatorischen und technologischen Rahmenbedingungen von Projekten führen dazu, dass das Thema Wissensmanagement in Projekten immer mehr an Bedeutung gewinnt. Die sich dabei für das Projektmanagement erschließenden Potenziale sind bemerkenswert, ihre Verwirklichung ist jedoch ein komplexes Vorhaben. Zu berücksichtigen sind dabei die mit der Einführung eines Wissensmanagements verbundenen Ziele und die entsprechende Auswahl bzw. Anpassung von Systemen an im Projekt bestehende Bedarfe. Der Weg zum Wissensmanagement kann sicher nicht in einem Schritt vollzogen werden, vielmehr bietet sich dabei eine evolutionäre Vorgehensweise an.
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P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 1 25 1. Einleitung Das Thema Wissensmanagement erfreut sich seit einiger Zeit einer beachtlichen Resonanz. Das ist zunächst erstaunlich, denn die Erkenntnis, dass Wissen von zentraler Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens ist, ist gewiss nicht neu. Dessen ungeachtet gibt es allerdings eine Reihe von Gründen, weshalb betriebliches Wissensmanagement in den nächsten Jahren besondere Aufmerksamkeit verdient: ❏ Der beschleunigte technische Fortschritt und kürzere Produktlebenszyklen erhöhen die Nachfrage nach Wissen über Produkte, technologische Entwicklungen und Verfahrensweisen. ❏ Wachsender Wettbewerbsdruck führt zu einer zunehmenden Kundenorientierung und damit zu einem erhöhten Bedarf an Wissen über Kunden und Märkte. ❏ Die Globalisierung und Internationalisierung der Märkte erfordern ein verstärktes Verständnis der kulturellen Hintergründe und rechtlichen Rahmenbedingungen anderer Länder. ❏ Auf den Arbeitsmärkten verschärft sich der Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter, also um Wissensträger. ❏ Flexible Organisationsformen und eine weit reichende, oft internationale Arbeitsteilung bedürfen eines verstärkten Wissensaustauschs und ermöglichen damit einen stärkeren Zugriff auf unternehmensexterne Wissensbestände; zugleich erhöht sich dadurch der Schutzbedarf unternehmenskritischen Wissens. ❏ Informations- und Kommunikationstechnologien eröffnen neue Möglichkeiten der Verwaltung, Darstellung und Verbreitung von Wissen. Dabei ist auch an das Internet zu denken. Nicht zuletzt unterstreichen die wachsende Verbreitung von Projektorganisationen [1, 11, S. 36] sowie die Organisation ganzer Unternehmen in Projektform („Management by Projects“), wie zum Beispiel im Consultingbereich üblich, die Bedeutung eines leistungsfähigen Wissensmanagements zur Sicherung einer strukturierten Vorgehensweise und zur Generierung von Synergieeffekten. So dürfte es unstrittig sein, dass die Verfügbarkeit von Erfahrungen aus abgeschlossenen Projekten wie auch von Wissen über den jeweiligen Projektgegenstand oder allgemein über Projektmanagement einen wesentlichen Erfolgsfaktor für die wirtschaftliche Durchführung von Projekten darstellt. Trotz der offensichtlichen Bedeutung des Wissensmanagements für das Projektmanagement ist festzustellen, dass die entsprechenden Forschungsbereiche weitgehend unabhängig voneinander behandelt werden. Der Beitrag stellt dar, wie existierende Konzepte und Verfahren des Wissensmanagements sinnvoll für das Projektmanagement genutzt werden können. Darüber hinaus wird erläutert, in welcher Weise Wissensmanagement für den Einsatz in Projekten angepasst werden kann. Ein Blick auf die charakteristischen Eigenschaften von Projekten [3] verdeutlicht die große Bedeutung eines systematischen Umgangs mit Wissen. Gleichzeitig zeigt er spezifische Herausforderungen für das Wissensmanagement in Projekten auf. Zeitliche Begrenzung von Projekten: Der Erfolg eines Projektes wird nicht allein am Projektgegenstand gemessen, sondern ist vielmehr determiniert durch die Einhaltung von zeitlichen, finanziellen und inhaltlichen Vorgaben. Projekte werden demzufolge meist unter Zeitdruck durchgeführt. Die Projektdokumentation wird deshalb häufig auf das erforderliche Minimum reduziert, die notwendigen Schritte zur Erfassung von Wissen unterbleiben. Interdisziplinarität und arbeitsteilige Aufgabenerfüllung: Die Erfüllung der Projektaufgabe wird arbeitsteilig durch meist interdisziplinäre Teams vorgenommen. Da das projektbezogene Wissen fast ausschließlich personengebunden ist, liegt es in Projekten dezentral vor. Demzu- Wissensmanagement in Projekten Status quo und informationstechnologische Unterstützungspotenziale Ulrich Frank, Silke Schönert Die Wandlungen innerhalb der organisatorischen und technologischen Rahmenbedingungen von Projekten führen dazu, dass das Thema Wissensmanagement in Projekten immer mehr an Bedeutung gewinnt. Die sich dabei für das Projektmanagement erschließenden Potenziale sind bemerkenswert, ihre Verwirklichung ist jedoch ein komplexes Vorhaben. Zu berücksichtigen sind dabei die mit der Einführung eines Wissensmanagements verbundenen Ziele und die entsprechende Auswahl bzw. Anpassung von Systemen an im Projekt bestehende Bedarfe. Der Weg zum Wissensmanagement kann sicher nicht in einem Schritt vollzogen werden, vielmehr bietet sich dabei eine evolutionäre Vorgehensweise an. P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 1 26 WISSEN folge kann eine zentrale Instanz die gesamte Wissenserfassung nicht leisten, höchstens als Kontrollinstanz fungieren, um einen gewissen Qualitätsstandard zu sichern. Weiterhin folgt aus der Interdisziplinarität eine Heterogenität der Aufgabenträger und insbesondere ihres Informationsbedarfs hinsichtlich des Projektgeschehens. Personelle Fluktuation: Eines der Kernprobleme des Managements von Projekten ist der Umgang mit der Fluktuation der Wissensträger. Diese resultiert zunächst aus der zeitlich begrenzten Existenz der Projektorganisation. Darüber hinaus werden primär Mitarbeiter in Projekten eingesetzt, die über besondere Fähigkeiten und Spezialkenntnisse zur Bearbeitung der Projektaufgaben verfügen. Aufgrund der hohen Personalkosten für diese Mitarbeiter wird seitens der Unternehmung deren Einsatz im Projekt zeitlich limitiert. Es ist daher mit einem hohen Grad an Arbeitsteilung und mit einem baldigen Verlust wichtiger Wissensträger zu rechnen. Neben derartigem Wissen, das z. B. als Gegenstand eines Projektes erarbeitet werden soll, ist auch Wissen zu beachten, das zur Koordination innerhalb des arbeitsteilig organisierten Projektes erforderlich ist. In dieser Hinsicht ist es insbesondere die Aufgabe der Projektleitung, prozessrelevantes Wissen, das zur Verbesserung der Kommunikation und Koordination zwischen den am Projekt beteiligten Gruppen dient, zu erschließen. Einzigartigkeit von Projekten: Projekte werden per definitionem als einzigartige Vorhaben aufgefasst und grenzen sich dadurch zwangsläufig von anderen Projekten ab. Bei strukturierter Vorgehensweise sind jedoch viele Projekte vergleichbar. Es macht also Sinn, vom Einzelfall zu abstrahieren und über die Erfassung von Informationen hinaus gemeinsame Strukturen zu identifizieren und zu klassifizieren, um daraus projektbezogenes Wissens einer höheren Abstraktionsstufe ableiten zu können. Zeitlich begrenzte und unternehmensübergreifende Organisationsstruktur: Projektbezogene Kooperationen bestehen zum Teil nur für die relativ kurze Zeitspanne der Projektdurchführung. Dies ist insbesondere im Falle von virtuellen Projektzusammenschlüssen der Fall. Die Zusammensetzung der Teams kann bei Folgeprojekten abweichen. Dies wirft die Frage auf, wer projektbezogenes Wissen in ähnlichen Projekten verwenden darf, um sich damit gegebenenfalls Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Dem Interesse der Kooperationspartner daran, projektbezogenes Wissen auch nach Projektende nutzen zu können, steht das Bedürfnis nach Schutz erfolgskritischen Wissens einzelner Partner gegenüber. Üblicherweise agieren alle Kooperationspartner virtueller Projektorganisationen nach Projektende wieder unabhängig voneinander. Es sollte deshalb frühzeitig geklärt werden, wer nach Projektende Zugriff auf dieses projektinterne Wissen hat. Im Sinne der der virtuellen Organisationsform zugrunde liegenden Leitidee wäre es gegebenenfalls sinnvoll, allen Kooperationspartnern die fortgesetzte Verwendung des Wissens zu ermöglichen. Tatsächlich kann die Wissensverwahrung jedoch auch an ein Unternehmen gebunden sein, das z. B. im Projekt „Keyplayer“ war oder dem das generierte Wissen eindeutig zugeordnet werden kann. Internationale Projekte: Zusätzlich zu den im vorigen Punkt genannten Aspekten gehen internationale Projekte mit der Verwendung verschiedener Sprachen oder der Einigung auf eine Sprache im Projekt einher. Weiterhin treffen unterschiedliche Landeskulturen aufeinander. Hinsichtlich des Wissensaustauschs kann dies zu verschiedenen Schwierigkeiten führen. Zum einen können sprachliche Abweichungen die Verwertbarkeit von erfasstem Wissen unterminieren. Andererseits kann der Fall eintreten, dass eingestelltes Wissen nur im Landeskontext Sinn stiftend ist. 2. Wissen und Wissensmanagement Um aufzuzeigen, in welcher Weise Wissensmanagement zur Unterstützung der Durchführung von Projekten eingesetzt werden kann, ist zunächst zu klären, was unter Wissen und Wissensmanagement zu verstehen ist. Beginnen wir entgegen der gängigen Vorgehensweise mit dem Kompositum: Wissensmanagement bezeichnet alle Maßnahmen, die auf die systematische Erhebung, Aufbereitung, Verwaltung, Pflege und adressatengerechte Vermittlung von Wissen gerichtet sind. Die Klärung des Begriffs Wissen gestaltet sich deutlich schwieriger. Betrachten wir zunächst einige Aspekte, die mit dem Begriff Wissen in Verbindung gebracht werden. In den Wissenschaften wird Wissen mit Erkenntnis assoziiert und von bloßem Glauben unterschieden. Dabei ist allerdings die nahe liegende Vorstellung, dass Wissen immer wahre Ansichten widerspiegelt, kaum haltbar, wie der Soziologie Luhmann zu bedenken gibt: „Wenn von Wissen die Rede ist, versteht man darunter normalerweise wahres Wissen. Oder für wahr gehaltenes Wissen? Oder auch unwahres Wissen? “ [9, S. 167]. In den Wissenschaften sind denn auch Methoden, die zwischen konkurrierenden Erkenntnisangeboten zu unterscheiden helfen, von zentraler Bedeutung - nur so ist wissenschaftlicher Fortschritt erfassbar. Dabei spielen Begründungsverfahren und die darin verwendeten Wahrheitsbegriffe eine wichtige Rolle. Auch die Sprache, mit der Wissen dargestellt wird, ist hier zu berücksichtigen, da sie die Nachvollziehbarkeit und damit Überprüfbarkeit von Wissen wesentlich bestimmt. Im Zusammenhang mit einem rechnergestützten Wissensmanagement ist hier nicht zuletzt an die alte Frage zu denken, ob sich jedwedes Wissen formal beschreiben lässt und damit einer maschinellen Auswertung zugeführt werden kann. Vor dem Hintergrund der dargestellten Begriffsfragmente schlagen wir eine pragmatische Fassung des Wissensbegriffs vor, die gleichwohl in ihren Grundzügen mit der in den Wissenschaften verbreiteten Begriffswendung übereinstimmt. Danach wird Wissen durch bestätigte, aber widerlegbare Annahmen über einen Realitätsausschnitt repräsentiert. Die Forderung nach prinzipieller Widerlegbarkeit ist deshalb wichtig, weil nicht widerlegbare Aussagen, also Tautologien („Wenn der Hahn kräht auf dem Mist …„), keinen Informationsgehalt haben. Im Unterschied zu Informationen handelt es sich dabei nicht um Aussagen über singuläre Instanzen, sondern um solche über ganze Klassen - z. B. über alle Projekte einer bestimmten Art. Daten wiederum können von Informationen dadurch abgegrenzt werden, dass sie lediglich durch eine Syntax und eine rudimentäre, formale Bedeutung - die sich z. B. darin äußert, dass für Zahlentypen andere Operationen definiert sind als für Zeichenketten - gekennzeichnet sind. Zusammenfassend ist Wissen damit durch drei Merkmale gekenn- P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 1 27 zeichnet: Abstraktion (von Einzelfällen), Begründung und Originalität - wobei eine objektive Beurteilung dieser Merkmale nur eingeschränkt möglich ist. Das Wissensmanagement umfasst verschiedene Bereiche, deren Zusammensetzung in der Literatur stark variiert. Weggemann sieht die Funktionen des Wissensmanagements darin, das Wissen zu entwickeln (d. h. ermitteln und inventarisieren), das Wissen zu teilen, anzuwenden und zu evaluieren. Probst und Romhardt gehen von der Definition von Wissenszielen aus, die abschließend zur Bewertung der Wissensqualität herangezogen werden können, und ergänzen dies um den Aspekt der Wissensbewahrung [10]. Um die Erfassung, Strukturierung, Verwaltung und Verbreitung von Wissen, das für das Projektmanagement hilfreich ist, in angemessener Weise zu unterstützen, ist eine Reihe von Anforderungen zu berücksichtigen - neben der zentralen Voraussetzung, dass der Umgang mit Wissen qualifizierte und motivierte Mitarbeiter erfordert. 3. Anforderungen des Projektmanagements an das rechnergestützte Wissensmanagement Im Hinblick auf den Einsatz rechnergestützter Wissensmanagementsysteme sind die folgenden Anforderungen zu berücksichtigen: Integration von Wissen und Information: Es ist nicht sinnvoll, Wissen unabhängig von Informationen zu behandeln: Einerseits sind Informationen über Einzelfälle eine wichtige Quelle der Entwicklung von Wissen, andererseits sind sie hilfreich, um Wissen zu vermitteln. Wir werden im Folgenden immer dann von Inhalt sprechen, wenn sowohl Wissen als auch Information gemeint ist. Verschiedene Perspektiven: An Projekten sind Personen beteiligt, deren Aufmerksamkeit sich auf ganz unterschiedliche Aspekte richten kann. Um möglichst viele Projektbeteiligte zu unterstützen, sollte ein System verschiedene Sichten bzw. Perspektiven auf seinen Inhalt bieten. Dabei ist auch darauf zu achten, dass die Inhalte für verschiedene Anwender jeweils in anschaulicher Form präsentiert werden - also beispielsweise auch grafisch. Kontrolle der Integrität: Ein System sollte unsinnige bzw. falsche Eingaben verhindern. Das setzt voraus, dass es die Möglichkeit bietet, entsprechende Integritätsbedingungen zu definieren. Unterstützung und Auswertung der Kommunikation: Der Austausch von Wissen in Projekten erfolgt über Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten. Ein System sollte die Projektbeteiligten bei der Wissensvermittlung unterstützen. In diesem Zusammenhang ist u. a. an Reportgeneratoren zu denken, die eine strukturierte Dokumentation fördern. Auch die automatisierte Dokumentation und Auswertung von Kommunikationsstrukturen und -prozessen stellen wertvolle Erkenntnisse für die Projektorganisation in Aussicht [12, 13]. Assoziative Strukturierung von Wissen: Das ein Projekt betreffende Wissen kann mitunter umfangreich und in vielen unterschiedlichen Dokumenten abgelegt sein. Da die Bedeutung der in einzelnen Dokumenten abgelegten Wissenselemente häufig durch geeignete Assoziationen mit anderen Dokumenten angereichert wird, sollte ein entsprechendes System die Definition und Überwachung von Assoziationen zwischen Dokumenten unterstützen (Abb. 1). 4. Verwendung von Ansätzen des Wissensmanagements für das Projektmanagement Der Erfolg der Einführung eines Wissensmanagements im Unternehmen hängt wesentlich vom Zusammenspiel organisatorischer und technologischer Maßnahmen ab [5]. Auf der einen Seite benötigen die beteiligten Pro- Meilensteinbericht 1/ 2001 Teilprojekt 2 Projekt Alpha Teilprojekt 1 Mitarbeiterinformationen Mitarbeiterinformationen Arbeitspakete Arbeitspakete Arbeitspakete Korrespondenz a Korrespondenz b Korrespondenz c Korrespondenz d Korrespondenz e Korrespondenz f Teilprojekt 3 Teilprojekt 4 Mitarbeiterinformationen Mitarbeiterinformationen Arbeitspakete Kundenkontakte Abb. 1: Beispiel zur assoziativen Organisation von Projektwissen P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 1 28 WISSEN jektmitarbeiter entsprechende Unterstützung des (rechnergestützten) Wissensmanagements in Form von leistungsfähigen Werkzeugen. Auf der anderen Seite kann jedoch nur eine entsprechende Haltung auf allen Hierarchiestufen wegbereitend für eine erfolgreiche Einführung eines Wissensmanagements sein. Organisatorische Ansätze „Wissen ist Macht“ lautete die Devise von zwei Dritteln der durch Kienbaum befragten Mitarbeiter und zeigte damit eines der Haupthindernisse für die Teilung von Wissen. „Keine Zeit“ sei das häufigste Argument gegen die Weitergabe, gefolgt von „gegen meine Interessen“, da Wissen, das man selbst vorhält, einen Vorteil gegenüber Kollegen bedeutet [8]. Daraus folgt, dass die Nutzung eines Wissensmanagementsystems nur dann sinnvoll möglich ist, wenn sie mit den persönlichen Zielen der Projektmitarbeiter vereinbar ist. Dabei ist vor allem zu vermitteln, dass das Teilen von Wissen den Projektmitarbeitern nicht Verlust, sondern Gewinn bringt. Zur erfolgreichen Einführung des Wissensmanagements in Projekten muss es als wichtiger Bestandteil der Unternehmenskultur etabliert werden, dessen Sinnhaftigkeit und Nutzen für jeden Projektmitarbeiter einsichtig sind. Als erfolgbestimmend können insgesamt die folgenden Punkte angesehen werden [8], [7]: Einbeziehen der Mitarbeiter in die Gestaltung des Wissensmanagementsystems: Die bedarfsgerechte Konzeption eines Systems ist abhängig von der genauen Kenntnis der Arbeitsabläufe, die durch den Systemeinsatz unterstützt werden sollen. Zum Abgleich der fachlichen Anforderungen ist es demnach sinnvoll, die späteren Nutzer des Systems einzubeziehen. Darüber hinaus ist auch die psychologische Komponente relevant. Nutzer, die an einem Systementwurf partizipierten, sind beim tatsächlichen Einsatz offener und engagierter. Vorbehalte können dadurch zu einem frühen Zeitpunkt ausgeräumt oder vermieden werden. Nutzungsanreize: Die Benutzung des Systems muss für den Anwender Vorteile mit sich bringen. Solche Vorteile ergeben sich z. B. dadurch, dass Arbeitsabläufe beschleunigt werden oder Entscheidungen erleichtert werden. Die folgenden Fragen, deren Beantwortung ein leistungsfähiges System unterstützen sollte, mögen diesen Nutzen illustrieren: ❏ Gibt es eine bewährte Struktur, die man für jedes Projekt anwenden kann? ❏ Gibt es definierte Berichtswege, bzw. welche Instanzen/ Gremien müssen über bestimmte Schritte informiert werden oder ihre Zustimmung erteilen? ❏ Welche Arten von Ressourcen sind bei der Projektplanung zu berücksichtigen? ❏ Welche Maßnahmen gehören in unserem Unternehmen zum Projektcontrolling? ❏ Aus welchen Gründen sind in der Vergangenheit Projekte in unserem Unternehmen gescheitert? ❏ Welche Möglichkeiten bestehen, in einem zz. laufenden Projekt die geplante Restlaufzeit zu verringern? Führungsebene als Vorbild: Bereitschaft zur Offenlegung von Wissen kann sich nur in einer entsprechenden Unternehmenskultur entwickeln. Dazu trägt in erheblichem Maße die von der Führungsebene postulierte und vertretene Leitlinie zum Wissensmangement bei. Eine durch Offenheit und Vertrauen geprägte Unternehmenskultur beginnt primär auf der Führungsebene. Anerkennung der Wissensverteilung: Die Unternehmensführung sollte die Auffassung vertreten, die Wissensverteilung anzuerkennen und zu belohnen. Dazu gehört es zum einen, dass das von Projektmitgliedern zur Verfügung gestellte strukturierte Wissen mit dem Namen des Wissensträgers verknüpft wird, um dessen Kompetenz auf einem bestimmten Gebiet zu dokumentieren. Die Teilnahme am Wissensaustausch kann zudem mit monetären Anreizen bedacht werden, z. B. im Rahmen der jährlichen Leistungsbeurteilung [2]. Vorgesetzte, die demgegenüber das „Information hiding“ dulden oder gar belohnen, begünstigen die Verdeckung von Informationen, um sich zum geeigneten Zeitpunkt einen Vorteil damit zu verschaffen. Flache Hierarchien: Organisationen, die flache Hierarchien und Teamarbeit pflegen, haben insgesamt günstigere Voraussetzungen für den Wissensaustausch, da in hierarchischen Strukturen häufig der Wissensaustausch besonders als Machtverlust, einhergehend mit Status- und Prestigeverlusten, angesehen wird [8]. Kurzfristige Erfolgserlebnisse ermöglichen: Wird die Einführung eines Wissensmanagements schon nach kurzer Zeit als belastend, kompliziert oder fehlerhaft angesehen, kann dies die Bereitschaft zum diesbezüglichen Engagement stark reduzieren. Oft werden auch in dieser Phase nicht wieder ausräumbare Vorbehalte aufgebaut. Stufenweise und evolutionäre Einführung eines Wissensmanagements: Die schrittweise Einführung eines Wissensmanagementsystems kann ein Erfolg versprechender Ansatz sein, der die Projektmitarbeiter unterstützt und fordert, ohne sie zu überfordern. Nicht empfehlenswert ist es, die Wissensteilung unter Zwang zu verlangen. Dies kann durch die Eingabe unvollständiger oder falscher Informationen in das System kontraproduktiv wirken. Informationstechnologische Unterstützung In Projekten besteht ein ausgeprägter Bedarf an aktuellem Wissen, das zudem an verschiedenen Orten verfügbar sein sollte. Es liegt deshalb auf der Hand, dass der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie eine wirkungsvolle Unterstützung des Wissensmanagements in Projekten verspricht. Es ist allerdings nicht offenkundig, welche Leistungsmerkmale entsprechende Unterstützungssysteme aufweisen sollten bzw. wie solche Systeme zu gestalten sind. In der Literatur wie auch am Markt findet sich eine große Bandbreite von Systemen, die unter dem Etikett „Wissensmanagementsystem“ bzw. „Knowledge Management System“ firmieren. Eine entsprechende Recherche im WWW führt zu mehr als 10.000 Treffern. Offenbar spielen dabei in vielen Fällen Marketing-Überlegungen eine wichtigere Rolle als das Bemühen um eine überzeugende konzeptionelle Abgrenzung. Da es noch keine klar erkennbaren Klassen von Wissensmanagementsystemen gibt, betrachten wir im Folgenden prototypische Evolutionsstufen. Im einfachsten Fall präsentiert sich ein Wissensmanage- P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 1 29 mentsystem als eine Menge von Dateien, die von unterschiedlichen Anwendungen, wie z. B. Textverarbeitung, Tabellenkalkulation oder auch Projektmanagement-Software, erstellt werden können. Um eine übersichtliche Ablage zu unterstützen, können dabei die Strukturierungsmöglichkeiten des jeweiligen Dateiverwaltungssystems verwendet werden, indem etwa ein Verzeichnisbaum angelegt wird, dessen Knoten Kategorien von Dokumenten zugeordnet werden. Gleichzeitig können für diese Kategorien verschiedenen Nutzergruppen Zugriffsrechte zugeordnet werden. Der Nutzen eines solchen einfachen Systems für das Projektmanagement hängt also wesentlich von der Wahl der Kategorien und ihrer disziplinierten Verwendung ab. Abb. 2 zeigt ein Beispiel für Dokumentkategorien, wie sie für das Wissensmanagement in Projekten eingesetzt werden können. Die Nutzung des in den Dokumenten abgelegten Wissens hängt darüber hinaus von den jeweils verfügbaren Retrievalverfahren ab. Während eine Volltext-Recherche durchaus hilfreich sein kann, sind Rechercheverfahren, die zusätzlich auf Thesauri zurückgreifen, wesentlich leistungsfähiger. Aber auch dann bleiben die Teile der Dokumente, die nicht textuell repräsentiert sind, i. d. R. unberücksichtigt. Der Vorteil dieser ersten Evolutionsstufe von Wissensmanagementsystemen zur Unterstützung des Projektmanagements liegt im Wesentlichen in ihrer einfachen und robusten technischen Basis. Zu ihrer Realisierung kann auf Standardanwendungen zurückgegriffen werden. Die Nachteile einer solchen Lösung sind allerdings nicht zu übersehen: Obwohl der Inhalt der Dokumente von zentraler Bedeutung ist, bietet das System keine Möglichkeit, unsinnige oder unangemessene Eingaben auszuschließen bzw. den Benutzer bei der Darstellung seiner Projekterfahrungen zu unterstützen. Ein erster Schritt, um die Erfassung von Inhalten wirksamer anzuleiten, ist darin zu sehen, Dokumenttypen einzuführen. Ein Dokumenttyp wird durch eine Struktur festgelegt, deren Elemente entweder obligatorisch oder optional sind. Auf diese Weise wird natürlich nicht nur die Erfassung, sondern auch die Wiederver- Projekte Pl ä ne Controlling Erfahrungen Korrespondenz BW L Technologie F ü hrung "Lessons Learnt" Organisation/ Strukturierung Projektdurchf ü hrung Termine/ Aufw ä nde/ Kosten Plan/ Ist- Vergleiche Soll/ Ist- Vergleiche Plan/ Plan- Vergleiche Abb. 2: Mögliche Kategorien zur Ablage von Dokumenten über Projekte P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 1 30 WISSEN wendung von Inhalten unterstützt. Tabelle 1 zeigt beispielhaft die Struktur eines Dokuments zur Erfassung von Lektionen, die in einem Projekt gelernt wurden. Im einfachsten Fall kann für die Elemente einer solchen Struktur nicht angegeben werden, welchen Wertemengen die Elemente jeweils zugeordnet sind. Diese Einschränkung gilt z. B. für XML-Dokumenttypen. Damit werden offensichtliche Falscheingaben, etwa die Verwendung einer Zeichenkette zur Beschreibung einer Kostengröße, von dem System, das entsprechende Dokumente verwaltet, nicht erkannt. Leistungsfähigere Ansätze zur Spezifikation von Dokumenttypen erlauben es, die Elemente einer Dokumentstruktur durch Datentypen zu kennzeichnen. Hier ist z. B. an Dokumentverwaltungssysteme wie Lotus Notes zu denken. Auch solche Ansätze bleiben unbefriedigend, wenn nicht die Identität der Objekte, die von Symbolen repräsentiert wird, überprüft wird - also z. B. die Personen oder Gruppen, die als mögliche Interessenten angegeben werden. Da zur Dokumentation von Projekten i. d. R. mehrere Dokumente verwendet werden, die aufeinander verweisen, wäre es wünschenswert, dass entsprechende Systeme die referentielle Integrität der verwalteten Dokumente garantieren: Solange ein Dokument von einem anderen referenziert wird, darf es nicht gelöscht werden. Bedauerlicherweise weisen die meisten Dokumentverwaltungssysteme dieses Leistungsmerkmal nicht auf. Es bleibt darauf hinzuweisen, dass diese Evolutionsstufe natürlich mit der ersten kombiniert werden kann. Ein umfassendes Beispiel dazu findet sich in [4]. Systeme zur Verwaltung von Dokumenten können zudem kombiniert werden mit solchen Systemen, die es erlauben, zwischen Dokumenten Assoziationen zu definieren. Auf diese Weise lassen sich die Beziehungen zwischen den korrespondierenden Wissenselementen nachbilden, wodurch das Verstehen der entsprechenden Inhalte u. U. erheblich erleichtert wird. Einen ersten Ansatz dazu bietet die Software „Personal Brain“ (www.thebrain.com), die eine assoziative Organisation von Wissenselementen in Form multimedialer Dokumente unterstützt. Dabei wird die Analogie zum menschlichen Lernen betont. Wenn strukturierte Dokumente mit Hilfe entsprechender Dokumentverwaltungssysteme in disziplinierter Weise verwendet werden, stellen sie eine pragmatische Grundlage für das projektbegleitende Wissensmanagement dar. Dabei kann allerdings nicht übersehen werden, dass sie eine Reihe von Schwächen aufweisen, die alle darauf zurückzuführen sind, dass es sich dabei um ein generelles Software-Werkzeug handelt, das lediglich durch Konventionen, die von den Benutzern festgelegt werden, für den Einsatz in Projekten angepasst wird. So bieten solche Systeme i. d. R. keine Möglichkeiten, spezielle Integritätsbedingungen auszudrücken. Eine einfache Bedingung dieser Art wäre z. B., dass die Gesamtprojektlaufzeit mindestens genauso groß sein muss wie die eines beliebigen Teilprojekts. Auch können von solch generellen Systemen keine spezifischen Präsentationsformen erwartet werden. Hier ist etwa an grafische Darstellungen von Prozessen oder Organisationsstrukturen zu denken. Ebenso bieten Dokumentverwaltungssysteme keine spezifische Funktionalität, die für das Wissensmanagement in Projekten von Nutzen wäre, also z. B. die Ermittlung von Schwachstellen in Projekten oder die Suche nach gemeinsamen Mustern in verschiedenen Erfahrungsberichten. Die skizzierten Schwächen von Dokumentverwaltungssystemen ließen sich zum Teil durch den Einsatz gängiger Projektmanagementsysteme beheben. Insofern scheint eine Integration beider Systemarten vielversprechend. Erste Ansätze dazu ergeben sich durch die Integration von Workflow-Management-Systemen und Projektmanagementsystemen. So lässt sich mit Hilfe von Workflow-Management-Systemen festlegen, welche Dokumenttypen an welchen Stellen eines Projektes bearbeitet werden müssen. Eine solche Integration bleibt allerdings oberflächlich, weil die Inhalte der Dokumente und die des Projektmanagementsystems nach wie vor unabhängig voneinander gepflegt werden. Eine engere Integration erfordert ein gemeinsames Schema. Dazu werden Begriffe, die den zu integrierenden Systemen gemein sind, z. B. in einem Datenbankschema, definiert. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass ein Projektplan, der von einem Projektmanagementsystem verwaltet wird, innerhalb des integrierten Systems dem gleichen Projekt zugeordnet ist wie ein Dokument über „Lessons Learnt“. Gleichzeitig erlaubt ein Schema die Festlegung von Integritätsbedingungen. Im Hinblick auf den wirtschaftlichen Einsatz solcher Systeme wäre es wünschenswert, wenn sie neben dem Schema auch weiteres wiederverwendbares Wissen beinhalteten. Dabei ist etwa an Referenzpläne für bestimmte Projektarten zu denken. Systeme, die eine hohe Integration von Wissensmanagement und Projektmanagement bieten, sind zz. am Markt noch nicht verfügbar. Abb. 3 zeigt die Architektur eines prototypischen Systems. Die oberste Schicht des Systems („Ontologieschicht“) enthält ein Schema der zentralen Begriffe. Hier ist z. B. festgelegt, wie ein Projekt allgemein zu strukturieren ist, wie eine Organisationseinheit zu beschreiben ist etc. Diese Schicht repräsentiert also allgemeines Wissen über Projekte. In der darunter liegenden Schicht können auf dieser Grundlage branchen- oder auch unternehmensspezifische Erweiterungen vorgenommen werden. Die unterste Schicht dient der Beschreibung einzelner Projekte. Hier werden nicht nur die Repräsentationen verwaltet, die von Projektmanagementsystemen bekannt sind, sondern auch Dokumente, die struktu- Strukturelement Datentyp Erstellt am Datum Erstellt von String Interessenten String Relevanz <hoch, mittel, gering> Darstellung String Begründung String Vergleichbar mit String Weiteres Vorgehen String Tabelle 1: Mögliche Struktur eines Dokumenttyps „Lessons Learnt“ P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 1 31 rierte Erfahrungen in einzelnen Projekten beschreiben. Ein Anwender wählt die Schicht, die der von ihm gewünschten Abstraktion am ehesten entspricht. Ein System, das auf dieser Architektur basiert, erfüllt weitgehend alle Anforderungen, die wir eingangs formuliert haben. Im Hinblick auf die Unterstützung der Koordination von dezentralen Projekten, die u. U. mit internationaler Beteiligung durchgeführt werden, ist an folgende Ergänzungen zu denken: Die Kommunikation und die mangelnde Transparenz darüber, wer Wissen wann benötigt oder Wissen vorhält, stellen innerhalb dieser Projekte das häufigste Konfliktpotenzial dar, da der persönliche Austausch nur sehr eingeschränkt erfolgen kann. Die Mitarbeiter kennen sich nur selten persönlich und wissen mitunter nicht, wer konkret mit welcher Aufgabe beschäftigt ist. Daraus resultiert, dass auch Experten nur schwer identifiziert werden können. Ein erster Ansatzpunkt ist darin zu sehen, Transparenz über das im Unternehmen vorhandene Wissen herzustellen. Weiterhin ist es sinnvoll, aktiv Wissensangebote machen zu können und gleichzeitig die Möglichkeit zu haben, Wissensnachfragen zu generieren [13]. Zur Befriedigung der Anforderungen, die aus der internationalen Zusammensetzung von Projektteams resultieren, ist insbesondere auch auf die sprachlichen Differenzen abzustellen. Hier kann ein multilingualer Thesaurus hinsichtlich der internationalen Nutzung unterstützend wirken. Dabei wird zum Beispiel nach Eingabe eines deutschen Begriffs auf Wunsch gleichzeitig auch nach Synonymen, Oberbegriffen und verwandten Begriffen automatisch mehrsprachig recherchiert. 5. Die Integration von Wissensmanagement und Projektmanagement als evolutionärer Prozess Auch wenn ein elaboriertes Wissensmanagement, das durch leistungsfähige IuK-Technologien unterstützt wird, eine erhebliche Verbesserung der Effizienz des Projektmanagements in Aussicht stellt, wird es in vielen Fällen nicht angemessen sein, gleich zu Beginn die bestmögliche Lösung anzustreben. Das liegt weniger daran, dass eine solche Lösung i. d. R. mit erheblichen Investitionen verbunden ist. Vielmehr ist hier vor allem an Kompetenzen und Einstellungen der Mitarbeiter zu denken, die für die Erfassung, Bewertung und Nutzung von Wissen von elementarer Bedeutung sind. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass jenseits individueller Fähigkeiten der jeweiligen Organisationskultur eine Schlüsselrolle zukommt: Nur wenn es gelingt, ein hinreichendes Teambewusstsein zu entwickeln, sind die Barrieren, die der Preisgabe eigenen Wissens und der Nutzung fremden Wissens im Weg stehen, zu überwinden. Die Entwicklung einer solchen Kultur erfordert Zeit. Aus diesem Grund bietet es sich an, die Anreicherung des Projektmanagements mit Wissensmanagement als einen evolutionären Prozess zu betrachten. Die folgenden vier prototypischen Phasen dienen dazu, diesen Umstand in vereinfachter Weise zu verdeutlichen (Abb. 4). Der Einstieg in diesen Prozess erfolgt in Abhängigkeit von den Voraussetzungen, die ein Unternehmen bereits erfüllt. Ähnliches gilt für das Durchlaufen der Phasen, das mehr oder weniger rasch geschehen kann. Die erste Phase „Informationsmanagement im Projekt“ Netzplan Ausgewählte Objekte Darstellung der Inhalte für den Benutzer Ein Projekt besteht aus null bis vielen Aufgaben. Eine Aufgabe benutzt null bis viele Ressourcen. Eine oder mehrere Organisationseinheiten sind f ü r ein Projekt verantwortlich. Software-Entwicklung ... Jedem Projekt ist genau ein Projektleiter zugeordnet ... Wenn ein Projekt l ä nger als maxDauer l ä uft, ist eine Ausnahme zu generieren. ... Dieses Projekt begann am 20.05.2001. Sein gegenw ä rtiger Zustand ... Peter Berger ist Projektleiter. Die weiteren ..... "erkl ä rt durch" "konkretisiert durch" Projekt 1 Projekt 3 ... Projekt 2 "Software-Entwicklung" "Produktgestaltung" Organisationseinheit Aufgabe Ressource Projekt "Wissen" "Information" Ontologieschicht Dom ä nenschicht Projektschicht Aufgabenstrukturplan Pr ä sentationsschicht Editoren Viewer Abb. 3: Architektur eines „Project Memory and Management System“ (in Anlehnung an [6, S. 338 ]) P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 1 32 WISSEN verdeutlicht den notwendigen Status quo in Projekten. Sie setzt eine systematische Erfassung von Einzelinformationen im Projekt voraus und ist damit wegbereitend für ein strukturiertes Informationsmanagement. Dazu gehört weiterhin, dass im Sinne eines Berichtswesens festgehalten wird, wer wann in welcher Form und mit welchem inhaltlichen Anspruch Berichte benötigt. Klassischerweise wird dies in Form von Berichtsplänen vorbereitet. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dies in graphischer Form vorzunehmen. Die strukturierte Projektdokumentation ist eine Verdichtung der gesammelten Einzelinformationen und meist für externe Zwecke ausgelegt. Adressaten sind üblicherweise die Projektauftraggeber. Hier wäre ein wünschenswerter Schritt, die Projektdokumentation auch auf interne Zwecke im Sinne von „Was haben wir in diesem Projekt gelernt? “ auszurichten. Dies fokussiert auch die zweite Phase des Vorgehensmodells, indem systematisch abgeschlossene Projekte analysiert werden, um daraus Erkenntnisse zu gewinnen, die sinnvoll bei Folgeprojekten eingesetzt werden können. Es handelt sich dabei um eine Ex-ante-Betrachtung von Projekten, die die bereits erwähnten „Lessons Learnt“ hervorbringt. Ein Resultat kann auch die Generierung von Projektphasentemplates sein - z. B. in Form einer standardisierten Vorgehensweise beim Projektstart (Skizzieren der Projektidee, gemeinsame Festlegung von Sach- und Formalzielen anhand von Formularen), falls Erfolg versprechende Muster in den betrachteten Projekten erkannt wurden. Die dritte Stufe der evolutionären Vorgehensweise impliziert den Einsatz eines Wissensmanagementsystems, an dessen Konzeption die Mitarbeiter idealerweise partizipiert haben, in laufenden Projekten, um die strukturierte Erfassung von Projektwissen zu unterstützen. Dazu ist im Vorhinein festzulegen, welche Ziele überhaupt mit dem ermittelten Wissen verfolgt werden sollen, um auch eine zielgerechte Wissenserfassung und -bewertung zu ermöglichen. Wichtig ist dabei, die Ziele aller Nutzer eines Systems im Auge zu behalten. Die kooperative Konzeption und Nutzung eines solchen Systems können Wegbereiter sein für die Entstehung einer Wissenskultur im Projekt oder darüber hinaus im gesamten (projektorientierten) Unternehmen. Die Entstehung einer Wissenskultur ist die höchste Stufe des Vorgehensmodells und bezeichnet einen Zustand, in dem sich organisatorische und technologische Unterstützungsmaßnahmen in ausgewogener Weise ergänzen. Darüber hinaus haben die Nutzer die Sinnhaftigkeit des Wissensmanagementsystems erkannt und persönliche Vorteile identifiziert. 6. Abschließende Bemerkungen Der Hinweis auf die Bedeutung der Erfassung und Wiederverwendung von Wissen ist aus der Sicht eines professionellen Projektmanagements nicht neu. Mit der Betonung des Wissensmanagements in Projekten ist also gewiss kein Paradigmenwechsel des Projektmanagements zu erwarten. Es wäre allerdings falsch, Wissensmanagement deshalb als eine Modeerscheinung mit kurzer Verweildauer abzutun. Im Hinblick auf ein leistungsfähiges Projektmanagement ist es u. E. angemessener, Wissensmanagement als Chance und als Herausforderung zu betrachten. Wissensmanagement ist eine Chance, weil die große Resonanz, die dieses Thema seit einiger Zeit erfährt, zu einer Reihe von Konzepten und (Software-)Werkzeugen geführt hat, deren Nutzung eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Projekten in Aussicht stellt. Gleichzeitig ist Wissensmanagement mit der Herausforderung verbunden, vorhandene Konzepte und Technologien an die spezifischen Anforderungen konkreter Projekte anzupassen. Dabei ist Offenheit gegenüber neuen Formen der Unterstützung des Wissensmanagements wichtig, um den individuellen Bedarfen das bestmögliche Unterstützungsangebot gegenüberstellen zu können. Gleichzeitig empfiehlt sich eine kritische Distanz gegenüber den mitunter wenig seriösen Verlautbarungen von Anbietern einschlägiger „Wissenstechnologien“. Ein wichtiger Grundsatz bei der Einführung eines Wissensmanagementsystems ist sicher das evolutionäre Vorgehen bei der Einführung. Nur dadurch kann Vorsorge getroffen werden, dass Unternehmen und Mitarbeiter langfristig den größtmöglichen Nutzen aus der Unterstützung ziehen und die Systemgestaltung an die individuellen Anforderungen angepasst werden kann. Der Nutzen seitens der Unternehmen wird insbesondere in der qualitativ ausgereifteren Projektdurchführung liegen, da der Rückgriff auf vorhandenes Wissen möglich ist und somit die Zeitspanne, die zur Erarbeitung des Wissens nötig wäre, entfällt. Auf diese Weise werden letztlich eine Kostenreduktion sowie eine höhere Qualität der Projektergebnisse gefördert. Für Mitarbeiter wird der Einstieg in ein lau- Informationsmanagement im Projekt Wissensgenerierung anhand von Referenzprojekten strukturierte Wissensgenerierung in aktuellen Projekten Wissenskultur strukturiertes Berichtswesen strukturierte Projektdokumentation Ex-ante-Betrachtung von Projekten Generierung von "Projekt- Templates" "lessons learnt" Definition von Wissenszielen dezentrale Wissenserfassung Anwendung von "best practices" Einbeziehung aller Hierarchiestufen organisatorische und technologische Ma ß nahmen sind etabliert Offenheit und Vertrauen als Leitlinie • • • • • • • • • • • Abb. 4: Skizze eines Vorgehensmodells P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 1 33 fendes Projekt erleichtert, da inhaltliches und methodisches Wissen explizit und transparent vorliegt. Dies kann auf der Mitarbeiterseite zu einer höheren Zufriedenheit führen, indem Unsicherheiten entgegengewirkt wird. Schließlich läge das für die Aufgabenerfüllung notwendige Wissen vielfach bereits vor. Hinsichtlich der Anwendung des Projektwissens eröffnen sich nicht nur Potenziale in laufenden Projekten, sondern dieser Punkt ist insbesondere für Folgeprojekte relevant. Neben den genannten Vorteilen für Unternehmen und Projektmitarbeiter sind Unternehmen mit einem projektbezogenen Wissensmanagement natürlich auch interessante Partner für eine Kooperation im Rahmen virtueller Organisationsformen. Gerade die Kooperation mehrerer Unternehmen zeigt nachhaltig den Nutzen einer strukturierten Projektdurchführung und -dokumentation, da sie zu einer deutlichen Verringerung von Reibungsverlusten an den zwischenbetrieblichen Schnittstellen beitragen. Unserer Einschätzung nach werden Unternehmen, die im Rahmen ihrer Projekte eine methodische Vorgehensweise bei der Planung und Durchführung von Projekten insbesondere auch auf dem Gebiet des Projektinformationsmanagements verfolgen, früher oder später die Potenziale des Wissensmanagements erkennen. ■ Literatur [1] Balck, H.: Projects as a Form of Change. In: Gareis, R. (Hrsg.): Handbook of Management by Projects. Manz, 1990, S. 22-28 [2] Bergmann, K.: Die Bausteine des Wissensmanagements. In: Report Wissensmanagement. Symposion, 1999 [3] Birker, K.: Projektmanagement. Cornelsen, 1995 [4] Blessing, D./ Riempp, G.: Structuring Business Engineering Knowledge - Reference Solution and Application. Erscheint in: Proceedings des International Symposium on Information Systems and Engineering. Las Vegas 2001 [5] Böhmann, T./ Krcmar H.: Werkzeuge für das Wissensmanagement. In: Report Wissensmanagement. Symposion, 1999 [6] Frank, U./ Fraunholz, B./ Schauer, H.: A Multi Layer Architecture for Integrated Project Memory and Management Systems. In: Khoshrow-Pour, M. (Hrsg.): Managing Information Technology in a Global Economy. Proceedings of the 2001 Information Resources Management Association International Conference, Toronto, Ontario, Canada. Idea Group Publishing, Hershey, London et al. 2001, S. 336-340 [7] Jost, A.: Computer Aided Selling im Pharma-Kundenmanagement. DUV, 1998. [8] Lange, F.: Wissensmanagement in der Investitionsgüterindustrie. Kienbaum Management Consultants, Düsseldorf, 1999 [9] Luhmann, N.: Die Wissenschaft der Gesellschaft. 2. Auflage, Suhrkamp Taschenbuch, Frankfurt/ M. 1994 [10] Probst, G./ Romhardt, K.: Bausteine des Wissensmanagements. In: Wieselhuber (Hrsg.): Lernende Organisation. Gabler, 1997 [11] Reichwald, R./ Möslein, K./ Sachenbacher, H./ Englberger, H./ Oldenburg, S.: Telekooperation. Springer, 1998 [12] Schönert, S./ Hampe, J. F.: Communication based knowledge management in virtual projects. In: Proceedings des International Symposium on Information Systems and Engineering. Las Vegas 2001 (in Vorbereitung) [13] Schönert, S.: Kommunikationsbasiertes Wissensmanagement in Projekten. In: Tagungsband zur 5. Internationalen Tagung Wirtschaftsinformatik. Augsburg 2001 (in Vorbereitung) Schlagwörter Projektmanagement, Vorgehensmodell, Wissensmanagement, Wissensmanagementsystem Autor Prof. Dr. Ulrich Frank ist Professor für Wirtschaftsinformatik am Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik der Universität Koblenz-Landau. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die konzeptionelle Unternehmensmodellierung und das betriebliche Wissensmanagement. Anschrift Universität Koblenz-Landau Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik Rheinau 1 D-56075 Koblenz Tel.: 02 61/ 2 87 25 20 Fax: 02 61/ 2 87 25 21 E-Mail: ulrich.frank@uni-koblenz.de Autorin Dipl.-Inform. Silke Schönert ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig am Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik der Universität Koblenz-Landau. Neben Lehre und Forschung ist insbesondere die Leitung des Kooperationsprojektes CCIRP (Communication Center Initiative Rheinland-Pfalz) des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau sowie des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Gesundheit und der Universität Koblenz-Landau ihr Aufgabenschwerpunkt (http: / / www.unikoblenz.de/ ~ccirp). Anschrift Universität Koblenz-Landau Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik Rheinau 1 D-56075 Koblenz Tel.: 02 61/ 2 87 25 20 Fax: 02 61/ 2 87 25 21 E-Mail: schoen@uni-koblenz.de