eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 13/1

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
31
2002
131 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Versteckte Missverständnisse lassen internationale Projekte scheitern

31
2002
Oliver Steeger
Bis vor wenigen Jahren galten sie als Exoten und Abenteurer: Projektmanager im Auslandseinsatz. Brücken über den Nil bauen, Kraftwerke in Asien oder Staudämme in Gegenden, die für die meisten Kollegen „Terra incognita“ waren. Doch das ändert sich rasant. Internationale Projektarbeit wird zur Normalität. Es kann mittlerweile jeden Projektverantwortlichen erreichen. Und die meisten Manager erwischt es kalt. Verunsichert stehen sie einem internationalen Team gegenüber, das möglicherweise weltweit verteilt mit sehr unterschiedlichen Mentalitäten arbeitet. Fremdsprachen sind das geringste Problem. An den Konflikten zwischen den verschiedenen Arbeitsstilen und Mentalitäten können komplette Projekte Schiffbruch erleiden. Schlimmer noch: Versteckte Missverständnisse können das Vorhaben zum Albtraum werden lassen.
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P R O J E K TMANA G E M E N T 1 / 2 0 0 2 3 REPORT W ir können nicht zusammenarbeiten …“ 250 Stahlbrücken hat das Projektteam eines österreichischen Unternehmens für die Philippinen vorbereitet. Die Brücken in Modulbauweise sind fast fertig und sollen nach Fernost verschifft werden. Die Logistiker im österreichischen Team fordern die Daten an: Wo genau sollen die Brücken stehen? In welchem Hafen sollen sie umgeschlagen werden? Noch Wochen später fehlt es den nunmehr halb verzweifelten Planern an präzisen Angaben der philippinischen Partner. Die präzise Planung, erfahren sie später, kenne man dort nicht. Auf der anderen Seite des Globus verstand man schlichtweg die „Planungshysterie“ der Österreicher nicht: „Wir werden schon sehen, wie wir das auf die Reihe bekommen.“ „Wir können nicht zusammenarbeiten …“ In einem Telekommunikationsprojekt an der Elfenbeinküste sitzen Europäer und Afrikaner im Team. Für zehn Uhr ist ein Meeting angesetzt. Die Afrikaner sollen ihre Strategien und Entwürfe präsentieren. Der deutsche Projektleiter sitzt mit seinen französischen Kollegen im Besprechungsraum und wartet. Über Pünktlichkeit gehen die Meinungen auseinander. Eine halbe Stunde könne man nachsehen, meinen die Franzosen. Kurz vor elf reißt dem Projektleiter der Geduldsfaden. Mit rotem Kopf verlässt er den Besprechungsraum. Die Afrikaner kommen ihm gerade entgegen. „Zu spät“, blafft er und setzt die Sitzung für den nächsten Tag erneut an. „Ich kann auf die Arbeitsmentalität meines Gastlandes nur bedingt Rücksicht nehmen“, meint er später, „nämlich nur so lange, wie sie mein Projekt nicht gefährdet.“ „Wir können nicht zusammenarbeiten …“ In einem chinesisch-europäischen Joint-Venture-Projekt soll eine Oliver Steeger Bis vor wenigen Jahren galten sie als Exoten und Abenteurer: Projektmanager im Auslandseinsatz. Brücken über den Nil bauen, Kraftwerke in Asien oder Staudämme in Gegenden, die für die meisten Kollegen „Terra incognita“ waren. Doch das ändert sich rasant. Internationale Projektarbeit wird zur Normalität. Es kann mittlerweile jeden Projektverantwortlichen erreichen. Und die meisten Manager erwischt es kalt. Verunsichert stehen sie einem internationalen Team gegenüber, das möglicherweise weltweit verteilt mit sehr unterschiedlichen Mentalitäten arbeitet. Fremdsprachen sind das geringste Problem. An den Konflikten zwischen den verschiedenen Arbeitsstilen und Mentalitäten können komplette Projekte Schiffbruch erleiden. Schlimmer noch: Versteckte Missverständnisse können das Vorhaben zum Albtraum werden lassen. Foto: Lufthansa AG Versteckte Missverständnisse lassen internationale Projekte scheitern Nicht ohne Fallgruben: Internationale Projektarbeit auf dem Vormarsch Projektmanager auf und davon: Zunehmend zeichnen sich internationale Herausforderungen für Projektleiter ab. P R O J E K TMANA G E M E N T 1 / 2 0 0 2 4 REPORT Chemieanlage hochgefahren werden. Der holländische Projektleiter weist einen chinesischen Ingenieur an, bestimmte Ventileinstellungen vorzunehmen. Um Tage verzögert sich der Betriebsstart. Immer wieder meldet die Anlage Störungen an den Ventilen. Bis der Projektleiter entdeckt, dass der Ingenieur die Einstellungen zwar vorgenommen hat, doch später wieder rückgängig machte. Kaum drehte der Projektleiter ihm den Rücken zu, nahm der Techniker die Regulierung wie selbstverständlich zurück. Der Grund: Der Projektleiter ist zwar kompetent, doch in der Hierarchie nicht ausdrücklich dem Ingenieur überstellt. Er hätte dessen Vorgesetzten bitten müssen, den Techniker anzuweisen. Wird in Europa Fachkompetenz honoriert, so ticken die Uhren in China anders. Wissen ist gut. Entscheidend aber ist, wo wer in der Hierarchie eines Unternehmens steht und wer was anweisen darf. Beratende Projektleiter ohne festen Platz in der Stufenleiter haben einen unsicheren Stand. Dreißig Nationen am runden Tisch eines Großprojekts „Wir können einfach nicht zusammenarbeiten …“ - der Stoßseufzer von Projektleitern im internationalen Projektgeschäft. Ein Seufzer, der zunehmend ungehört bleibt. Immer häufiger sitzen zwei, drei oder mehr Nationalitäten in einem Projektteam. Kollegen und Mitarbeiter aus sechzehn Nationen zählte beispielsweise ein Projektleiter, der für einen global agierenden Konzern die Software SAP R3 einführt. Jede Nation bringt ihre eigene Arbeitsmentalität mit - und fühlt sich fremd in der Kultur der anderen. „Interkulturelle Zusammenarbeit wird in den nächsten Jahren die größte Herausforderung für Projektmanager sein“, prognostiziert Professor Hasso Reschke von der Fachhochschule München. Die Entschuldigung „Mit denen kann man nicht zusammenarbeiten“ wird es künftig immer seltener geben. Die Welt wird zusammenarbeiten - müssen! Konzerne begreifen sich längst nicht mehr als an eine Nation gebunden. Sie bauen ein weltweites Netzwerk auf, das politische, wirtschaftliche oder ethnische Grenzen mühelos übergreift. Sie lagern nicht nur die Produktion in die Regionen aus, wo die Waren benötigt werden. Ganze Forschungsstätten und Entwicklungsabteilungen werden dort aufgebaut, wo die Standortbedingungen am günstigsten erscheinen. Auch die Zusammenarbeit mit internationalen Lieferanten gestaltet sich enger und beziehungsreicher. Nicht zuletzt: Selbst Projektleiter in Deutschland sind vor internationaler Projektarbeit nicht gefeit. Computerspezialisten und Wissenschaftler aus der ganzen Welt kommen nach Westeuropa, um hier an Projekten teilzunehmen. Ähnlich zeichnet sich ab, dass demnächst auch Managementspezialisten oder Fachingenieure außerhalb der alten Welt rekrutiert werden. Aus der Sicht des Projektmanagements ist die Welt mit ihren 192 Staaten, so scheint es, längst zu einem Dorf geschrumpft. Brückenschlag zwischen den Kulturen - aber wie? Der Brückenschlag zwischen den Arbeitskulturen wird zwar überall als Bereicherung gefeiert, hat aber auch seinen Preis. Haben Projektleiter schon bei nationalen Mitarbeitern Mühe, ein Team zu formen, können sich die kleinen Stolpersteine bei international-mixed Teams zu handfesten Problemen auswachsen. Wie arbeite ich im Team zusammen? Wie bewältige ich Konflikte? Wie pünktlich muss Pünktlichkeit sein? Wie genau plane ich? Wie risikofreudig bin ich? Spreche ich über meine Kompetenzen? Darf ich mich als Projektleiter mit Mitarbeitern „auf eine Stufe stellen“ - oder muss ich getreu den Hierarchieregeln Distanz wahren? Verliere ich mein Gesicht, wenn ich um Hilfe bitte? Jede Nation, scheint’s, beantwortet die Fragen anders. Was in Skandinavien als umgänglich und kooperativ gilt, wertet ein Asiate als unmissverständlichen Gesichtsverlust. So suchte ein schwedischer Projektleiter kollegialen Umgang mit seinen thailändischen Mitarbeitern. Die Ostbrücke über den Großen Belt in Dänemark ist Teil der festen Verbindung zwischen der dänischen Hauptstadt Kopenhagen und dem europäischen Festland. Die 2.694 Meter lange Hängebrücke wurde im Juni 1998 eröffnet. Foto: Hochtief P R O J E K TMANA G E M E N T 1 / 2 0 0 2 5 Die aber empfanden das freundliche Verhalten eines Vorgesetzten als unerträglich peinlich. Derweil es in Europa als schick gilt, sich hemdsärmelig über die Rang- und Hackordnung hinwegzusetzen, gibt die Hierarchie asiatischen Mitarbeitern Halt und Sicherheit. „Dort ist sie einer Jahrtausende alten Tradition entsprechend Zeichen der Ordnung und Harmonie“, erläutert Carsten Härtl, Experte für Interkulturelles bei der BASF Weiterbildung. „Versteckte Missverständnisse“ als Risiko Solche interkulturellen Risiken lassen sich nur schwer abschätzen. Am meisten fürchten Experten die „versteckten Missverständnisse“. Man meint, man habe sich verstanden - und hat trotzdem aneinander vorbeigeredet. Viel zu spät entpuppt sich das vermeintliche Agreement als Irrtum. Das, was scheinbar sicher war, wird als Konflikt entlarvt. Vermeintliche Absprachen und Zusagen stehen in Frage, Äußerungen werden relativiert, Termine nicht eingehalten, Vereinbarungen gefährdet. Der Projektleiter verliert den Boden unter den Füßen. Kolportiert wird die Anekdote über einen deutschen Projektmanager, der nach einem „Ja“ seines japanischen Geschäftspartners seinen Vertrag unter Dach und Fach wähnte. Tatsache aber war: Der Asiate hatte dem Europäer mit seinem „Ja“ nur bedeutet, dass er ihn und sein Anliegen verstanden hatte. Von einem Einverständnis in der Sache war, wie sich später herausstellte, noch keine Rede - und schon gar nicht davon, dass er in das Vertragswerk einwilligte. An solchen Missverständnissen und Kultur-Konflikten können ganze Projekte scheitern. Unter Experten macht das traurige Beispiel eines dänischen Unternehmens die Runde, das binnen zwei Jahren in Nordafrika eine Kläranlage bauen und daran eine Millionen Dollar verdienen wollte. Nach sechs Jahren war die Anlage noch immer nicht in Betrieb, die Verluste summierten sich auf sechs Millionen Dollar. Die Nordeuropäer hatten das Projektumfeld nicht berücksichtigt - und scheuten davor zurück, durch diskretes, im arabischen Raum übliches Bakschisch die Arbeiten geschmeidig zu halten. Eine internationale Arbeitsgemeinschaft unter der Federführung von HOCHTIEF war verantwortlich für den Unterbau, das heißt für die beiden Ankerblöcke und die beiden Pylonen. Mit einer Gesamthöhe von 281 Metern (27 Meter unter und 254 Meter über dem Wasser) sind die Pylonen fast so hoch wie der Eiffelturm. Herausforderung Projektmanagement: (Arbeits-)Kulturen aus aller Welt müssen Hand in Hand zusammenarbeiten. Foto: Hochtief Foto: Hochtief P R O J E K TMANA G E M E N T 1 / 2 0 0 2 6 REPORT Innere Logik anderer Arbeitsmentalität „Die Schwierigkeit beginnt damit, dass man gewohnte Erfahrungen eins zu eins auf andere Länder überträgt“, warnt Berater und Trainer Hans-Erland Hoffmann , der sich seit 1992 auf interkulturelles Projektmanagement spezialisiert hat. So gehen viele deutsche Projektmanager stillschweigend davon aus, dass andere Nationen ihre Vorstellungen von Effizienz, Zielorientierung, Pünktlichkeit, Planungsgenauigkeit, Aufgabenmanagement und Controlling teilen - ein ebenso hartnäckiger wie fataler Irrglaube. Schlimmer noch: Es fällt schwer, die innere Logik anderer Arbeitskulturen zu erkennen und als gleichwertig zu akzeptieren. Doch genau die Distanz zur eigenen Arbeitskultur sensibilisiert für das vermeintlich fremde Projektmanagement. Wer international arbeitet, muss sich und seine Vorgehensweise in Frage stellen können. Mitunter sind die Differenzen minimal, und doch können sie die Chemie im Team kippen lassen. In Finnland beispielsweise gehört es zum guten Ton, bei Präsentationen längere Pausen zu machen. Die stillen Minuten sollen dem Publikum ermöglichen, das Gesagte zu überdenken und zu verdauen. Deutsche Kollegen missverstehen das Schweigen als Signal, die Diskussion zu starten. Ohne es zu wissen (und es zu wollen), fallen sie den Skandinaviern ins Wort. „Zu solchen Misshelligkeiten kommt es übrigens nicht nur zwischen Finnen und Deutschen“, erklärt Hans-Erland Hoffmann, „auch zwischen den skandinavischen Ländern gibt es deutliche Unterschiede in der Arbeitskultur.“ Bereits bei der Zusammenarbeit mit Nachbarländern können interkulturelle Konflikte das Arbeitsklima vergiften. So neigen die redegewandten Franzosen dazu, in Meetings zu springen, Nebenschauplätze zu eröffnen, Zusammenhänge zu suchen und auch unwesentliche Aspekte zur Diskussion zu stellen - eine Besprechungskultur, die deutsche Kollegen für ineffizient und ungeordnet halten. Hans-Erland Hoffmann: „Trotzdem kommen die Franzosen zu guten Besprechungsergebnissen und meistern ihre Projekte hervorragend.“ Dank internationalen Projektmanagements glückte das Lesotho Highlands Water Project. Der 1998 eingeweihte Katse- Damm im Bergland des Königreichs Lesotho ist das Herzstück des Wasserprojekts. Unter anderem war die deutsche HOCHTIEF Partnerin der internationalen Arbeitsgemeinschaft für die Damm- und Tunnelarbeiten. Foto: Hochtief P R O J E K TMANA G E M E N T 1 / 2 0 0 2 7 „Weshalb diese stundenlangen Abendessen …? “ Viele Wege führen zum Projekterfolg, wie Projektmanagementexperten mit internationaler Erfahrung betonen. Mitunter habe der Arbeitsstil anderer Kulturkreise eine innere Logik, die Außenstehenden verborgen bleibe. Amerikaner beispielsweise neigen dazu, Arbeitspläne und Anweisungen stark zu detaillieren - für Europäer ein häufig unverständlicher Aufwand. Der Grund aber ist, dass bedingt durch das amerikanische Ausbildungssystem gerade Mitarbeiter unterer Hierarchiestufen unzureichend qualifiziert sind und deshalb klare Anweisungen brauchen. So kennen Amerikaner beispielsweise nicht das duale Ausbildungssystem, das in Deutschland gute Facharbeiter heranbildet. Ein anderes Beispiel aus Frankreich: Deutsche Manager quälen sich mit den Einladungen zu stundenlangen Abendessen, bei denen selten Geschäftliches besprochen wird. Die innere Logik: Stärker als in Deutschland fußt die französische Wirtschaft auf persönlichen Beziehungen. Bei den üppigen Tischgesprächen loten Franzosen aus, ob sie ihrem Geschäftspartner persönlich vertrauen können und ob er über Kultur verfügt. „Intellektuelle Brillanz und rhetorisches Geschick genießen in Frankreich hohen Stellenwert“, weiß Hans-Erland Hoffmann. Eben diese Rhetorik und Sprachgeschmeidigkeit kann schnell zum Fallstrick in der Projektarbeit werden. Englisch gilt weltweit als Verkehrssprache. Das unterschiedliche Verständnis einzelner Begriffe allerdings programmiert Missverständnisse geradezu vor. Die Fremdsprachler meinen sich einig - und übersetzen das Gesagte missverständlich in ihre Muttersprache. „Bereits in der deutschen Sprache kann es zu Fehldeutungen kommen“, fügt Hans-Erland Hoffmann an. Unter der Aussage, dass „der Projektleiter jetzt die Mittel freigibt“, kann man verstehen, dass er die Budgetkompetenz hat - oder dass er die Mittel bereits freigegeben hat. Sensibilität für andere Mentalität entwickeln Das Problem vieler Projektmanager: Im Gegensatz zu anderen Führungskräften haben die Projektspezialisten im Auslandseinsatz kaum die Möglichkeit, sich kulturell zu akklimatisieren. Kaum angekommen müssen sie die Arbeiten starten. Es bleibt nur wenig Zeit, aus Fehlern und Fauxpas zu lernen und Erfahrungen zu sammeln. Ganz im Gegenteil: Die frühe Projektphase entscheidet über den Erfolgskurs des Vorhabens. Fehler rächen sich später. Und gerade in dieser Phase überblicken Projektmanager noch nicht die „don’ts and do’s“ ihrer Gastländer. Hans-Erland Hoffmann, Berater und Trainer (ANDALIA Businessgate) sowie Mitglied der GPM-Projektgruppe IPA NEMA: „Wer im wachsenden globalen Wettbewerb auch morgen bestehen will, muss heute dafür sorgen, dass die Besonderheiten internationaler Projekte genauso professionell angegangen werden, wie sein Projektmanagement zu Hause.“ Fremdsprachen sind nur die Eintrittskarte zu internationalem Projektmanagement: Gefühl für verschiedene Arbeitskulturen, Selbstkritik und Diplomatie gehören zu den „Soft Skills“ auf internationalen Baustellen. Foto: privat Foto: Hochtief P R O J E K TMANA G E M E N T 1 / 2 0 0 2 8 REPORT „Nur wenige Menschen haben die natürliche Gabe, sich spielend und mühelos in andere Kulturen einzupassen und sich dort auch zu behaupten“, meint Hans-Erland Hoffmann. Und: „Die Bereitschaft, seine eigenen Glaubenssätze zu hinterfragen, kostet Energie.“ Vielen Projektmanagern macht die Herausforderung Angst, unter dem Druck eines Projektes fremde Vorgehensweisen zu akzeptieren. Denn gerade die zielführende Effizienz und der Teamgeist, mit denen deutsche Projektmanager weltweit anecken, sind wichtige Erfolgsgaranten für das Projektmanagement. Doch letztlich gilt für interkulturelle Konflikte das, was auch für andere Konflikte gilt: Wichtig ist, sie zu erkennen. „Projektmanager sollten ihre Sensibilität für die anderen Arbeitsstile trainieren“, empfiehlt Hans-Erland Hoffmann. Der zweite Schritt ist, die Konflikte im Team beim Namen zu nennen und zu diskutieren. Erwartungen und „neuralgische Punkte“ erörtern und den Konsens suchen. Allein das Signal an die internationalen Kollegen, dass ihre Mentalität respektiert wird, kann den Konfliktknoten auflösen helfen. „Learning by doing“ nur bedingt tauglich Experten warnen davor, sich allein mit der „Learningby-doing“-Strategie auf internationale Projektarbeit vorzubereiten. Wer einfach ins kalte Wasser springt, riskiert Schaden, der sich nur schwer beheben lässt. Auch vorbereitende Lektüre und Erfahrungsaustausch mit Kollegen helfen nur bedingt. Was mit dem Intellekt verstanden und begriffen ist, muss noch lange nicht verinnerlicht sein. Unter dem Stress des Auslandsaufenthalts und des Projektstarts kann das Gelernte im Alltag schnell verloren gehen. „Ob man es wirklich verinnerlicht hat, kann eigentlich nur ein Rollenspiel zeigen“, erklärt Hans-Erland Hoffmann. Er stellt fest, dass viele Projektleiter trotz des Wissens um andere Mentalitäten unter Druck schnell wieder in ihr eigenes Muster zurückfallen - und es nicht einmal merken. Schlimmer noch: Nur selten macht die Umwelt sie darauf aufmerksam, dass sie mit ihrem Verhalten ungewollt Porzellan zerschmeißen. Entdecken sie es selbst, sind häufig schon Schäden entstanden. So ist es bei einigen Konzernen üblich, Projektmanager vor Vertragsgesprächen gründlich in die Verhandlungsmentalität ihrer Gastländer einzuweisen. Fachleute aus den Zielregionen coachen die Führungskräfte und spielen mit ihnen die Unterhandlung durch. Zu viel steht bei den Verhandlungen auf dem Spiel, das haben die Konzerne verstanden. Dagegen gehört ein ähnlich obligatorisches Projektleitercoaching für die Projektabwicklung zu den Ausnahmen. Auf die Herausforderung „Internationale Projektarbeit“ sind viele Weiterbildungsabteilungen nicht vorbereitet. Auch an den Kapazitäten scheitert häufig die optimale Vorbereitung der Projektleiter. „Wir sind bereits froh, wenn wir sie auf die Gefahr von interkulturellen Problemen und Konflikten aufmerksam machen können“, meint ein Weiterbildungsexperte. So müssen viele Projektleiter je nach Möglichkeit Training und Fortbildung in die eigene Hand nehmen. „Ein gutes, allgemeines Verhaltenstraining kann bereits für interkulturelle Problematik sensibilisieren“, hat Hans-Erland Hoffmann festgestellt, „hier kann man lernen, sein eigenes Verhalten zu hinterfragen, was sicherlich hilfreich ist.“ Bestmöglich seien Projektmanager damit allerdings nicht auf den internationalen Einsatz vorbereitet. An einem Verhaltenstraining, das den kulturspezifischen Verhältnissen der Zielregion Rechnung trage, führe letztlich kein Weg vorbei. ■