PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Weltweite Wirtschaft honoriert Projektmanagement „made in Germany“
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Oliver Steeger
Im Juni trifft sich in Berlin die Projektmanagement-Szene zum IPMA-Weltkongress. Neben Fachdiskussionen steht erstmals internationales Projektmanagement-Benchmarking auf dem Kongressprogramm: Der „Internationale Projektmanagement Award“ wird verliehen. In der weltweiten Konkurrenz haben deutsche Projektmanager eine gute Startposition, meinen Beobachter. Lob und Anerkennung für „Projektmanager made in Germany“ kommen zumeist aus dem Ausland. Dort haben sich deutsche Projektmanager - hierzulande unbemerkt - einen guten Ruf erarbeitet.
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P R O J E K TMANA G E M E N T 2 / 2 0 0 2 8 REPORT Weltweite Wirtschaft honoriert Projektmanagement „made in Germany“ Hervorragende Ausbildung, saubere Methodik und gute Führung Oliver Steeger Im Juni trifft sich in Berlin die Projektmanagement-Szene zum IPMA-Weltkongress. Neben Fachdiskussionen steht erstmals internationales Projektmanagement-Benchmarking auf dem Kongressprogramm: Der „Internationale Projektmanagement Award“ wird verliehen. In der weltweiten Konkurrenz haben deutsche Projektmanager eine gute Startposition, meinen Beobachter. Lob und Anerkennung für „Projektmanagement made in Germany“ kommen zumeist aus dem Ausland. Dort haben sich deutsche Projektmanager - hierzulande unbemerkt - einen guten Ruf erarbeitet. D as schamvolle Neigen des Kopfes wird zum Reflex. In Sachen Wirtschaft halfterte Deutschland von Europas Lokomotive zum Bremser ab. Im weltweiten Ranking purzelte die einstige Vorzeigerepublik mit der starken Mark kräftig zurück. Selbst der deutsche Wirtschaftsnachwuchs gilt seit der PISA-Studie mehr als Schandfleck denn als Hoffnungsträger. Also beschämt Sack und Asche tragen, wenn im Juni rund 1.000 Projektmanager aus 40 Nationen nach Berlin einfliegen und sich die Welt des Projektmanagements in der Bundeshauptstadt trifft …? Fachleute haben beobachtet: Im Vergleich mit anderen Ländern spielt Deutschland in der Weltklasse, in manchen „Disziplinen“ könnten deutsche Projektmanager sogar Olympiamedaillen erringen. Die Gäste aus aller Welt wissen dies. Nur die Deutschen nicht. „Wir brauchen uns mit unserem Projektmanagement keineswegs zu verstecken“, fasst Projektmanagementexperte Klaus Pannenbäcker seine Beobachtungen zusammen. GPM-Vorstand und PM-Award-Manager Roland Ottmann stimmt zu: „Bei der Frage des Weltniveaus sollten wir unser Licht nicht immer unter den Scheffel stellen.“ Ähnlich resümiert Projektmanagementexperte Otto Zieglmeier seine internationalen Erfahrungen: „Man schätzt im Ausland häufig sowohl die Kompetenz als auch die Person deutscher Projektmanager.“ Die Propheten bleiben, wie so häufig, im eigenen Lande ungehört. Derweil man zwischen Flensburg und München bestenfalls mahnt, die deutsche Projektkompetenz nicht kleinzureden, zollt die Welt deutschen Projektmanagern offene Anerkennung. Auch die menschliche Sympathie haben die Projektmanager aus dem einstigen Wirtschaftswunderland gewonnen. Das hat man in Ägypten, Syrien, in der Ukraine, Russland und Kroatien begriffen. Hier stößt es noch immer bei der Wirtschaft auf taube Ohren. Konkrete Kennzahlen, wo und wie hoch deutsche Projektmanager im weltweiten Vergleich punkten, gibt es bislang nicht. Erstmals mit dem „Internationalen Projektmanagement Award“, der auf dem Projektmanagement-Weltkonkress verliehen wird, treten internationale Teams im Wettstreit an und lassen ihr Projektmanagement bewerten. Aus welcher Nation das Siegerteam kommen könnte - dazu schweigen sich die Fachleute aus. Den heimischen Bewerbern attestieren sie dennoch gute Chancen. Ein Grund: Im weltweiten Vergleich sind deutsche Projektmanager hervorragend qualifiziert. „Das Projektmanagement kann nur so gut sein, wie Projektverantwortliche vom Team und von Auftraggebern als Führungskraft anerkannt sind“, meint Klaus Pannenbäcker. Gerade der GPM-Standardlehrgang, der „Projektmanagement-Fachmann“, vermittle nicht nur Fachwissen, sondern trainiere auch die Führungspersönlichkeit. Deutsche Projektmanager brauchen den internationalen Vergleich nicht zu scheuen. Besonders die Kompetenz steht hoch im Kurs. Experte Klaus Pannenbäcker: „Einzigartig an dem deutschen Qualifizierungskonzept ist, dass wir nicht Methodiker fabrizieren, sondern zur Führungskraft heranbilden und praktisch qualifizieren.“ Foto: privat P R O J E K TMANA G E M E N T 2 / 2 0 0 2 9 Deutsche Unternehmen, die international operieren, fragen derzeit nach einer englischsprachigen GPM-Ausbildung zum Projektmanager. In Ungarn wurde der Projektmanagementfachmann eins zu eins übersetzt und übernommen. Pannenbäcker: „Ausbildung zum Projektmanagement haben viele. Einzigartig an unserem Weg ist, dass wir nicht Methodiker fabrizieren, sondern zur Führungskraft heranbilden und praktisch qualifizieren.“ So müsse jeder Absolvent des Lehrgangs (neben einer fünfstündigen Fachprüfung) ein eigenes Arbeitsprojekt bearbeiten. Wissen, praktische Erfahrung und persönliche Führungskompetenz bilden die Trias, mit der deutsche Projektmanager weltweit Renommee einholen. „Project Management made in Germany“ ist auch in anderer Hinsicht global im Aufwind. Deutsche Sorgfalt genießt hohes Ansehen. Profunde Methodenkenntnis im Projektmanagement und eine saubere Projektmanagement-Sprache schaffen zusätzlich Vertrauen und lassen beispielsweise Investoren, die sich nach der Projektleitung erkundigen, aufhorchen. Ein guter Projektmanager, heißt es, weiß, was er tut. Wenn da Projektfachleute aus England oder den USA an dem deutschen Kritisches Feedback aus anderen Kontinenten: „Objektverliebtheit“ sagt man deutschen Projektmanagern nach. Sie bewegen sich zu sehr im Spannungsfeld von Qualität und Terminen. Der Gedanke ans Geschäftliche bleibe dabei mitunter zurück. Budget und Profitabilität seien mehr Sache anderer Nationen. Foto: Hochtief Kollegen vorbeiziehen, hängt dies häufig auch mit dem Sprachenproblem zusammen. „Native Speaker gelten als erste Wahl“, hat Pannenbäcker beobachtet, „ein arges Handicap für die deutschen Projektmanager in internationalen Projekten.“ Weiterer Pluspunkt für deutsche Projektmanager: Sie haben verinnerlicht, Projektgeber ins Boot zu holen - ein Schachzug, mit dem sie internationale Konkurrenz ausstechen. „Deutsche gelten als harmonieorientierte Projektführer“, meint Pannenbäcker. So seien die Deutschen wesentlich zögerlicher mit Claimmanagement als beispielsweise Amerikaner. Statt Nachforderungen zu stellen, regeln sie vieles auf dem Weg der Kulanz und eines Ausgleichs am Projektende. Andere Nationen gehen wesentlich offensiver in Konflikte. Indes, im Ausland gelten deutsche Projektmanager nicht durchgängig als Musterknaben. Methodensicherheit, Umgänglichkeit und Kulanzdenken - eben diese Sympathiepunkte werfen schnell Schatten, wenn es um die Wirtschaftlichkeit eines Projekts geht. Deutsche stehen im Ruf, viele Geschäfte quasi mit Handschlag zu besiegeln - zu Lasten hieb- und stichfester Verträge und schriftlicher Vereinbarung. Eine gewisse „Objektver- P R O J E K TMANA G E M E N T 2 / 2 0 0 2 10 REPORT liebtheit“ und Freude am Technischen sagt man ihnen nach. Dabei bleibe mitunter der Gedanke ans Geschäftliche zurück. Sie bewegen sich zu sehr im Spannungsfeld von Qualität und Terminen. Budget und Profitabilität seien mehr Sache anderer Nationen. US-amerikanische Projektmanager sehen sich in erster Linie als Vertragserfüller, dann erst als Macher, die technische Visionen umsetzen. „Auch beim Costreporting schneiden Deutsche im weltweiten Kontext unterdurchschnittlich ab“, ist Klaus Pannenbäcker überzeugt. Bei der Frage, was im Projekt an „Geldwert“ bereits erreicht sei, müssen deutsche Projektmanager häufig mit den Achseln zucken. Schon die Erkundigung nach dem bislang aufgezehrten Budget bringe manchen Projektverantwortlichen ins Rudern. Der in den anglo-amerikanischen Ländern selbstverständliche Begriff „earned value“ stelle hierzulande sogar langjährige Projektprofis vor ein Rätsel. Wie weit das Projekt fortgeschritten ist, das wissen sie, nicht aber, welchen wirtschaftlichen Wert sie bereits erreicht haben. Weiteres Indiz für das ausgeprägte Kostendenken anderer Projektmanagement-Nationen: Die Rolle des „Cost- Engineers“ ist hier unbekannt. Cost-Engineers sind eine Mischung aus Wirtschaftsingenieur und Buchhalter. Sie erstellen beispielsweise Kalkulationsgrundlagen für Einzelleistungen und Gewerke im Projekt. Die Kostentüftler können beispielsweise aus den Erfahrungen anderer Projekte zuverlässige Daten ermitteln, die der Kalkulation einzelner Arbeitspakete zugrunde gelegt werden. Auch beim Projektmonitoring spielen die Kostenspezialisten eine zentrale Rolle. „Cost-Engineers sind in anglo-amerikanischen Ländern häufig stellvertretende Projektleiter“, weist Klaus Pannenbäcker auf die hohe Position der Fachleute für Finanzielles hin. So hätten sich werden kann. „Das ist bei anglo-amerikanisch geprägten Projekten durchaus üblich, wenn die Arbeiten ins Stocken geraten“, weiß Klaus Pannenbäcker. Ein fliegender Tausch, der hier unmöglich wäre oder zumindest einem Pferdewechsel bei vollem Galopp gleichkäme. Für Amerikaner gilt: Ein in seinem aktuellen Projekt „verbrauchter“ Projektleiter ist willkommener Retter in einem anderen Projekt mit Schieflage. Deutsche Projektleiter führen tendenziell persönlicher - mit allen Vorteilen und Nachteilen. „Besonders die menschliche Komponente und die Nestwärme werden im Ausland honoriert“, hat Pannenbäcker festgestellt. Zugleich gelten Deutsche als angenehm berechenbar. Sie folgen immer, so pointierte ein ägyptischer Projektmanager gegenüber einem deutschen Kollegen, rechtwinklig den gekiesten Wegen. Sie wagen es nie, „quer“ über die Wiesen zu gehen. Der deutsche Kollege gab zurück: Bei aller Bescheidenheit, das wagen wir denn doch. Im Notfall. Und dann nur nachts. ■ Methodenkompetenz und Führungsqualität „made in Germany“ sind weltweit geschätzt. Deutsche Projektfachleute punkten mit Zuverlässigkeit und Sorgfalt. Foto: Hochtief rund 100.000 dieser hierzulande raren Spezialisten zu einem weltweiten Verband zusammengeschlossen und unterstützen sich in diesem Netzwerk gegenseitig beispielsweise mit Informationen über lokale Kosten und Preise. Als den Deutschen überlegen gelten andere Projektmanagement-Nationen auch beim Reporting. Das Berichtswesen in Deutschland gilt als sehr personenorientiert und wenig schematisiert. Derweil deutsche Projektmanager zu einer individuellen Handschrift neigen, arbeiten Amerikaner gerne mit eingängigen Graphiken und Symbolen. Das Ampel- Schema, das den Status von Teilprojekten wiedergibt, gilt als typisch amerikanisches Werkzeug: Bei „green“ ist alles im Lot. „Yellow“ bedeutet: „We have some trouble.“ Und Rotsignal vermeldet ein „we are blocked“. Nichts geht mehr. Diese Vereinfachung und Schematisierung machen Projekte extrem transparent und übersichtlich, sogar so übersichtlich, dass mitten im Projekt die Führungscrew ausgetauscht
