eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 13/2

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2002
132 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

GPM intern

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P R O J E K TMANA G E M E N T 2 / 2 0 0 2 45 GPM INTERN „Brief und Siegel“ für Projektmanagement- Kompetenz ■ Der von Unternehmen viel gesuchte Projektmanager ist selten - selten zumindest auf dem Papier. Das Problem: Obwohl viele Projektleiter ihr Management-Handwerk gründlich gelernt haben, können sie ihre Qualifikation fast nie mit einem Diplom nachweisen. Sie reichen bei Bewerbungen Arbeitszeugnisse, Ausbildungsurkunden und Referenzarbeit ein, Indizien, die viele Personalchefs als unsicher bewerten. Die Personaler vermissen das von unabhängiger Hand ausgestellte Zeugnis, ein Gütesiegel, das Methodensicherheit und Führungsqualifikation der Projektmanager bescheinigt. Mit Zertifikaten hat die GPM-eigene Zertifizierungsstelle „PM-ZERT“ diese Lücke geschlossen. Fachleute dieser unabhängigen GPM-Organisationseinheit überprüfen die Kompetenzen von Projektmanagern und stellen ein Zertifikat aus, das in 30 Ländern anerkannt ist. Dieses Verfahren haben viele europäische Länder abgestimmt. Weltweit schlossen sich beispielsweise auch China, Ägypten, Indien und Russland an. „Ein international gültiger ,Projektmanagement-Führerschein’“, umschreibt GPM-Vorstand Dr. Ulrich Wolff das System. Bislang erwarben rund 750 deutsche Projektmanagement-Fachleute das „Gütesiegel“, allein im letzten Jahr rund 500, Tendenz stark steigend. „Ganze Unternehmen entschließen sich, ihre Projektleiter zertifizieren zu lassen“, erklärt Dr. Ulrich Wolff, „daran lesen wir ab, dass Projektmanagement eine Schlüsselqualifikation für unsere Zeit ist.“ So schicken beispielsweise Daimler- Chrysler, Union Investment, VIAG Interkom, Lufthansa Systems Group, Siemens, DFS Deutsche Flugsicherung, DHL, Deutsche Telekom und Thyssen Krupp ihre Projektmanager zu PM-ZERT. Als einen der Gründe für diesen Boom nennt Dr. Ulrich Wolff Sparzwänge in der Wirtschaft, die effizientes Projektmanagement erfordern. Für ihn steht fest: „Projektmanager mit Kompetenznachweis haben im Karrieremarkt einen klaren Vorsprung.“ Ein Vorsprung, der den Kandidaten allerdings viel Schweiß kostet. Leicht machen es ihnen die Zertifizierer („Assessoren“) nicht, den „Projektmanagement-Führerschein“ zu erwerben. Insgesamt vier Levels sowie ein Zusatzlevel für internationale Projektarbeit bieten sich an. Für den untersten Eingangslevel D wird lediglich das Projektmanagement-Fachwissen in einer fünfstündigen schriftlichen Prüfung abgecheckt. Für die weiteren Levels müssen Kandidaten sich kräftiger ins Zeug legen. Zusätzlich zu einem zweistündigen schriftlichen Wissenstest - der Inhabern des Level-D-Zertifikats erspart bleibt - nehmen sie beispielsweise an einem eintägigen Projektworkshop teil, in dem sie ihr Fachwissen „live“ demonstrieren, aber auch ihre Teamfähigkeit und ihr persönliches Führungsverhalten beweisen. Die Assessoren, selbst erfahrene Projektleiter, beobachten die Kandidaten bei der Arbeit und beurteilen beispielsweise deren soziale Kompetenz sowie ihre Fähigkeit, Probleme zu lösen, zu motivieren und zu kommunizieren. Zudem gehören - je nach Level - eine bis zu dreißig Seiten lange Studienarbeit über ein selbst geleitetes Projekt sowie ein Prüfungsgespräch zum Procedere. Für die höheren Levels sind Methodenwissen und Führungsqualität nur die halbe Miete. Berufserfahrung spielt eine große Rolle bei der Zertifizierung. Je höher Projektmanager in der Level-Hierarchie klettern wollen, desto mehr Projekterfahrung müssen sie nachweisen. Derweil für den untersten „Level D“ (Zertifizierter Projektmanagement-Fachmann [GPM]) noch keine Erfahrung in Projekten nötig ist, steigen die Ansprüche mit jeder Stufe. So wird für den nächsthöheren Level C (Zertifizierter Projektleiter [GPM]) drei Jahre Projektmanagement-Praxis mit Leitungsverantwortung gefordert. Für den Level B (Zertifizierter Projektmanager [GPM]) erwarten die Assessoren fünf Jahre Erfahrung in komplexen Projekten, davon drei Jahre Leitungsverantwortung. Für den Zusatzlevel B* (Zertifizierter Internationaler Projektmanager) gelten fünf Jahre Erfahrung in komplexen internationalen Projekten mit drei Jahren Leitungsverantwortung als Bedingung. Dabei fallen für den Level B* interkulturelle Arbeit, Neben Fachwissen qualifizieren Erfahrung und Führungspersönlichkeit für die Projektmanagement-Zertifizierung. GPM-Mitglieder: 2.630 Davon Firmenmitglieder: 164 Teilnehmer am Lehrgang „Projektmanagement-Fachmann“: 2.964 Durch PM-Zert vergebene Projektmanagement-Zertifikate insgesamt: 839 + +++ +++ +++ +++ +++ + + +++ +++ +++ +++ +++ + Foto: Nokia P R O J E K TMANA G E M E N T 2 / 2 0 0 2 46 GPM INTERN hoch im Kurs. Manche Branchen müssen Kunden gegenüber sogar zunehmend den Beweis erbringen, dass ihre Mitarbeiter etwas vom Projektmanagement verstehen und firm bei Methoden und Vorgehensweisen sind. „Mitarbeiter, die ein unabhängiges Zertifikat mitbringen, haben da die besseren Karten“, betont Dr. Erhard Motzel, einer der Wegbereiter des Zertifizierungssystems und langjähriger Leiter von PM-ZERT. Zugleich unterstreicht er: „Die Zertifizierung ist keine Qualifizierungsmaßnahme, sondern ein Kompetenznachweis.“ Für diesen Nachweis spiele es keine Rolle, wo Projektmanager ihr Handwerk gelernt haben. Wichtig ist, dass sie es beherrschen - und zwar so, dass sie auch nach Jahren noch ihre Qualifikation nachweisen können. So reicht es bei dem untersten Level D aus, wenn Projektleiter ihre Kenntnisse ein einziges Mal auf die Probe stellen. Bei den darüber liegenden Levels werden sie alle drei Jahre (Level A: fünf Jahre) rezertifiziert, Kommunikationsfähigkeit und Führungsqualität besonders ins Gewicht. Auch müssen B*-Projektmanager sattelfest in englischer Sprache sein. So wird hier die gesamte Zertifizierung zweisprachig, in Deutsch und Englisch, vorgenommen. Für den höchsten Level A (Zertifizierter Projekt-Direktor [GPM]) werden fünf Jahre Erfahrung im Mehrprojektmanagement und Programm-Management erwartet, davon wiederum drei Jahre Leitungsverantwortung. Indes, mit diesem Level A werden nicht Projektmanager zertifiziert, die ein einzelnes Projekt leiten. Es gibt Spezialisten, die eine Reihe von Projekten überwachen und beispielsweise in Projekt- Stabsstellen arbeiten. Sie tragen Verantwortung für das gesamte Projektmanagement in Unternehmen oder einem Unternehmensbereich. Unter dem Strich, so meinen Experten, lohnt sich die Mühe für Prüflinge, Assessoren - und auch für Unternehmen. Der Grund: In der Wirtschaft steht Projektmanagement ein Verfahren, das gleich bleibende Kompetenz sicherstellt. Sehr weit gefasst hat PM-ZERT diese Kompetenz, die sie von Projektmanagern und im Projektmanagement tätigen Personen erwartet. Neben den Grundlagen des Projektmanagements und dem Methodenwissen umfassen die Beurteilungskriterien weitere Schwerpunkte, darunter soziale Kompetenz, Organisationskompetenz, persönliches Verhalten bei der Projektarbeit und den allgemeinen Eindruck, den der Kandidat bei den Assessoren hinterlässt. „Dieser Katalog ist mit den 30 Projektmanagement-Fachverbänden, die die Zertifizierung weltweit anbieten, abgestimmt“, erläutert Dr. Erhard Motzel, „wer bei den internationalen Partnern das Zertifikat vorlegt, wird ohne weitere Nachfrage verstanden.“ Weitere Informationen: PM-ZERT- Geschäftsstelle, Tel.: 0911/ 3 93 14 88, E-Mail: pm-zert@gpm-ipma.de, sowie unter www.gpm-ipma.de, Rubrik „Zertifizierung“. O. Steeger ■ Zahlen und Gleichungen beschreiben die Welt. Nicht ganz. Projekte beispielsweise gehorchen nicht allein den Formeln auf kariertem Papier. „Vor mehr als 30 Jahren habe ich lange gebraucht, um mich von meinem Ingenieursglauben an allmächtige Differentialgleichungen zu lösen und mich dem weniger mathematischen Management zu öffnen“, meint Manfred Saynisch (Jahrgang 1936) nachdenklich. An seinem scharfen Blick für Logik hielt er allerdings fest, als er 1965 für das erste deutsche Satellitenprojekt „Heos-A“ Projektmanagement-Know-how aus den USA nach Deutschland holte. Aus erster Hand gewissermaßen. Die amerikanischen Planer des ersten atombetriebenen U-Boots POLARIS versorgten ihn mit den Techniken und Instrumenten des Projektmanagements, die sie eigens für dieses Projekt entworfen hatten - und damit das Projektmanagement „erfanden“. „Mich haben die unmathematischen, doch präzisen Planungswerkzeuge früh fasziniert“, sagt er. Eine Gratwanderung zwischen logischer Schlüssigkeit und Praxistauglichkeit. Damals schon. War er 1965 mit dem frisch im- Manfred Saynisch wirkte an Meilensteinen deutscher Industrieprojekte mit portierten Know-how aus den Staaten in Deutschland Projektmanagement-Pionier? „Vielleicht“, meint Saynisch, „jedenfalls gehörte ich zu den Ersten.“ Seither wirkte der überzeugte Entwicklungsingenieur und (bekehrte) Projektmanager an vorderster Front und trieb das bundesdeutsche Projektmanagement voran. Entscheidende Meilensteine der jüngsten Industriegeschichte und Projektmanagement-Entwicklung hat er begleitet, an Projekten mitgewirkt, die heute als Lehrbeispiele, vielleicht sogar als Legenden gelten. Beispielsweise Anfang der siebziger Jahre beim ARIANE-Raketenprojekt, dessen Management-Konzept er heute noch für mustergültig hält. Mit den Erfahrungen aus dem europäischen Renommierprojekt arbeitete Manfred Saynisch weiter und bereicherte sie um heute selbstverständliche PM-Methoden. Der gebürtige Sauerländer feilte an eigenen Projektmanagement-Konzepten und nutzte P R O J E K TMANA G E M E N T 2 / 2 0 0 2 46 GPM INTERN hoch im Kurs. Manche Branchen müssen Kunden gegenüber sogar zunehmend den Beweis erbringen, dass ihre Mitarbeiter etwas vom Projektmanagement verstehen und firm bei Methoden und Vorgehensweisen sind. „Mitarbeiter, die ein unabhängiges Zertifikat mitbringen, haben da die besseren Karten“, betont Dr. Erhard Motzel, einer der Wegbereiter des Zertifizierungssystems und langjähriger Leiter von PM-ZERT. Zugleich unterstreicht er: „Die Zertifizierung ist keine Qualifizierungsmaßnahme, sondern ein Kompetenznachweis.“ Für diesen Nachweis spiele es keine Rolle, wo Projektmanager ihr Handwerk gelernt haben. Wichtig ist, dass sie es beherrschen - und zwar so, dass sie auch nach Jahren noch ihre Qualifikation nachweisen können. So reicht es bei dem untersten Level D aus, wenn Projektleiter ihre Kenntnisse ein einziges Mal auf die Probe stellen. Bei den darüber liegenden Levels werden sie alle drei Jahre (Level A: fünf Jahre) rezertifiziert, Kommunikationsfähigkeit und Führungsqualität besonders ins Gewicht. Auch müssen B*-Projektmanager sattelfest in englischer Sprache sein. So wird hier die gesamte Zertifizierung zweisprachig, in Deutsch und Englisch, vorgenommen. Für den höchsten Level A (Zertifizierter Projekt-Direktor [GPM]) werden fünf Jahre Erfahrung im Mehrprojektmanagement und Programm-Management erwartet, davon wiederum drei Jahre Leitungsverantwortung. Indes, mit diesem Level A werden nicht Projektmanager zertifiziert, die ein einzelnes Projekt leiten. Es gibt Spezialisten, die eine Reihe von Projekten überwachen und beispielsweise in Projekt- Stabsstellen arbeiten. Sie tragen Verantwortung für das gesamte Projektmanagement in Unternehmen oder einem Unternehmensbereich. Unter dem Strich, so meinen Experten, lohnt sich die Mühe für Prüflinge, Assessoren - und auch für Unternehmen. Der Grund: In der Wirtschaft steht Projektmanagement ein Verfahren, das gleich bleibende Kompetenz sicherstellt. Sehr weit gefasst hat PM-ZERT diese Kompetenz, die sie von Projektmanagern und im Projektmanagement tätigen Personen erwartet. Neben den Grundlagen des Projektmanagements und dem Methodenwissen umfassen die Beurteilungskriterien weitere Schwerpunkte, darunter soziale Kompetenz, Organisationskompetenz, persönliches Verhalten bei der Projektarbeit und den allgemeinen Eindruck, den der Kandidat bei den Assessoren hinterlässt. „Dieser Katalog ist mit den 30 Projektmanagement-Fachverbänden, die die Zertifizierung weltweit anbieten, abgestimmt“, erläutert Dr. Erhard Motzel, „wer bei den internationalen Partnern das Zertifikat vorlegt, wird ohne weitere Nachfrage verstanden.“ Weitere Informationen: PM-ZERT- Geschäftsstelle, Tel.: 0911/ 3 93 14 88, E-Mail: pm-zert@gpm-ipma.de, sowie unter www.gpm-ipma.de, Rubrik „Zertifizierung“. O. Steeger ■ Zahlen und Gleichungen beschreiben die Welt. Nicht ganz. Projekte beispielsweise gehorchen nicht allein den Formeln auf kariertem Papier. „Vor mehr als 30 Jahren habe ich lange gebraucht, um mich von meinem Ingenieursglauben an allmächtige Differentialgleichungen zu lösen und mich dem weniger mathematischen Management zu öffnen“, meint Manfred Saynisch (Jahrgang 1936) nachdenklich. An seinem scharfen Blick für Logik hielt er allerdings fest, als er 1965 für das erste deutsche Satellitenprojekt „Heos-A“ Projektmanagement-Know-how aus den USA nach Deutschland holte. Aus erster Hand gewissermaßen. Die amerikanischen Planer des ersten atombetriebenen U-Boots POLARIS versorgten ihn mit den Techniken und Instrumenten des Projektmanagements, die sie eigens für dieses Projekt entworfen hatten - und damit das Projektmanagement „erfanden“. „Mich haben die unmathematischen, doch präzisen Planungswerkzeuge früh fasziniert“, sagt er. Eine Gratwanderung zwischen logischer Schlüssigkeit und Praxistauglichkeit. Damals schon. War er 1965 mit dem frisch im- Manfred Saynisch wirkte an Meilensteinen deutscher Industrieprojekte mit portierten Know-how aus den Staaten in Deutschland Projektmanagement-Pionier? „Vielleicht“, meint Saynisch, „jedenfalls gehörte ich zu den Ersten.“ Seither wirkte der überzeugte Entwicklungsingenieur und (bekehrte) Projektmanager an vorderster Front und trieb das bundesdeutsche Projektmanagement voran. Entscheidende Meilensteine der jüngsten Industriegeschichte und Projektmanagement-Entwicklung hat er begleitet, an Projekten mitgewirkt, die heute als Lehrbeispiele, vielleicht sogar als Legenden gelten. Beispielsweise Anfang der siebziger Jahre beim ARIANE-Raketenprojekt, dessen Management-Konzept er heute noch für mustergültig hält. Mit den Erfahrungen aus dem europäischen Renommierprojekt arbeitete Manfred Saynisch weiter und bereicherte sie um heute selbstverständliche PM-Methoden. Der gebürtige Sauerländer feilte an eigenen Projektmanagement-Konzepten und nutzte Als Gast beim „Club of Rome“ regte PM-Experte Manfred Saynisch an, Projektmanagement für gesellschaftliche Veränderungen nutzbar zu machen. Foto: privat P R O J E K TMANA G E M E N T 2 / 2 0 0 2 47 Beiden Ansätzen, so Saynisch, liege unterschiedliche Logik zugrunde. „Ich habe einen Weg gefunden, diese zwei Phasenansätze zu kombinieren“, berichtet er. Seine Forschungen werde er im Frühjahr vorstellen. Ohnehin begreift sich das GPM-Gründungsmitglied zugleich als Praktiker und Forscher. „Mein Ziel ist es, die Projektmanagement-Szene mit fachlichen Impulsen und Praxiserfahrungen auf systematischer Basis zu unterstützen“, erklärt er. Die Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis zieht sein Interesse immer wieder an. Unlogisch oder inkonsistent dürfen die Methoden, Strategien und Werkzeuge des Projektmanagements für den Zahlenmenschen Saynisch nicht sein. Umgekehrt gilt: Projektmanagement darf sich nicht von der Praxis entfernen. Ungenutzte Theorie ist totes Wissen. Und: Scheuklappen legt sich Saynisch nicht an. die ARIANE-Rakete entwickelte die MAN in München Turbopumpen für das Triebwerk. Das Unternehmen, das mit dem Auftrag zum fachgerechten Projektmanagement verpflichtet worden war, holte sich 1969 Saynisch ins Haus. Er baute zunächst das Projektcontrolling auf und leitete dann diese Abteilung. „Ich brachte Raumfahrterfahrung und PM-Wissen mit“, erklärt Saynisch. Die technische Herausforderung fasziniert ihn noch heute: Eine Hochleistungspumpe zu bauen, die binnen weniger Minuten flüssigen, minus 200 Grad Celsius kalten Treibstoff aus einem gewaltigen Tank in Raketentriebwerke presst und die zudem - Maxime in der Raumfahrt - extrem und zuverlässig und leichtgewichtig ist. Doch von der rein technischen Entwicklungsarbeit hatte sich Saynisch bereits entfernt. Er widmete sich dem Projektmanagement. Entwarf mit seiner Ingenieurspräzision neue Werkzeuge und Strategien. Als einer der Ersten führte er Anfang der siebziger Jahre die (heute völlig selbstverständliche) Kostenplanung und Kostenüberwachung ins Projektmanagement ein. „Ich verband die Planungstechniken mit dem kaufmännischen Rechnungswesen“, erklärt er. Das integrierte Projektkostenkonzept mit Zeitplanung gilt bis heute als Grundlage des Projektcontrollings. Weiterer „Meilenstein“: 1984 Saynischs erste umfassende Darstellung des Konfigurationsmanagements, das erweiterte Änderungsmanagement. „Damit habe ich die Integration mit dem Projektmanagement aufgezeigt“, erklärt der Experte, der sich auch beim heute wichtigen Konfigurationsmanagement einen internationalen Ruf erworben hat. Ähnlich wirkte er am Fundament des Phasenkonzepts mit. Für dieses Konzept mit den heute verbreiteten Projektgliederungen und Meilensteinen nutzte er wieder die PM-Fundamente aus dem ARIANE-Projekt. Indes, gerade dieses bewährte Phasenkonzept scheint Saynisch noch nicht ausgereift. Logische Brüche, so meint er, erschweren den Umgang mit dem Modell. Das Problem: Derweil beispielsweise bei einer Produktentwicklung die einen Projektmanager in Produktphasen (Idee, Konzept, Entwicklung, Prototypen, Produktion …) denken, orientieren sich andere am Auftrag (Angebot, Vertragsverhandlung, Auftragserteilung …). sie bei weiteren Projekten. So beteiligte er sich an Meilensteinen deutscher Industrieentwicklung, beispielsweise am Großprojekt ISDN der Telekom, an einer Automobilfabrik, am „Schnellen Brüter“, am Großflughafen München oder beim „Tornado“-Kampfjet. In den neunziger Jahren half er dem russischen GAZprom-Konzern beim Aufbau seines Projektmanagements. Sechzig Top-Manager des 500.000-Mann- Unternehmens ließen sich bei ihm ausbilden. „Aus dem Kommunismus waren in Russland gute Planungsmethoden bekannt“, berichtet er, „doch bei der Kostenrechnung fehlte jegliches Know-how.“ Längst hat sich Saynisch mit Vorträgen, Seminaren, Workshops, Fachtagungen, Büchern und rund 100 Aufsätzen und Beiträgen Expertenruf erworben. Er unterrichtete an der Hochschule für Fernsehen und Film in München (Projektmanagement in der Medienwirtschaft), an der Technischen Universität München und an der Fachhochschule Merseburg. Zudem machte sich das Münchner Projektmanagement-Urgestein 1985 mit einem Beratungsbüro selbstständig. Für DaimlerChrysler, Hoechst, BMW, Mannesmann-DEMAG, Deutsche Post und Siemens war er tätig. Indes, wie viele andere Projektmanager „der ersten Stunde“ geriet Manfred Saynisch durch Zufall ans Projektmanagement. Der Entwicklungsingenieur beschäftigte sich bei den Münchner Junkers Flugzeug- und Motorenwerken mit Kernreaktor- Triebwerken für frühe Raumtransporter-Konzepte, den nie gebauten Vorläufern des Spaceshuttles. Ein Studienkollege brachte PM-Unterlagen aus den USA mit, Papiere, die er zwar durchblätterte, aber dann - mangels mathematischer Stringenz des Konzepts - zur Seite legte. „Als unser Unternehmen dann erstmals mit einem Satellitenprojekt Neuland betrat, war auch Projektmanagement gefordert“, erzählt Saynisch. Das Projektteam ging die Ausschreibungsunterlagen durch. Das Stichwort PERT - eine der ersten Netzplantechniken - fiel. Saynisch hatte davon in den Unterlagen seines Studienkollegen gelesen. „Und so bekam ich den Auftrag, diese Planung für unser Projekt aufzubauen.“ Damit war der „strenggläubige“ Ingenieur Saynisch - freiwillig oder unfreiwillig - im Projektgeschäft. Für Manfred Saynisch: Der Weg in die GPM Netzplantechnik hat viel mit Mathematik zu tun. So sahen es Mitte der 60er Jahre zumindest Ingenieure, die Projektmanagement aus den USA importierten und in Deutschland aufbauten. Viele schlossen sich dem Fachverband „DGOR - Deutsche Gesellschaft für Operation Research“ an. Doch um 1979 erkannten sie: Das Projektmanagement, das aus der Netzplantechnik herangewachsen war, passte nicht mehr in den mathematisch orientierten Verband. „Wir waren über Netzplantechnik hinaus“, erklärt Manfred Saynisch, „wir mussten uns von den Mathematikern trennen und brauchten einen eigenen Verband.“ Damit war der Kerngedanke für die „GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.“ gelegt. 1979 gründete Manfred Saynisch die GPM mit. Im Rampenlicht des Vorstands allerdings stand er nie. „Ich habe mich bewusst auf die Entwicklung des Projektmanagements konzentriert und die Facharbeit gesucht.“ Der gebürtige Sauerländer unterstützte in München die GPM-Gremien und Fachgruppen - häufig im Schatten des Rampenlichts. So ist er beispielsweise seit über 25 Jahren Mitglied des DIN-Normenausschusses, Leiter der GPM-Fachgruppen „Neue Wege im Projektmanagement“ sowie Mitglied in der GPM-Gruppe „Projektmanagement-Berater“, die eng mit dem BDU Bund Deutscher Unternehmensberater kooperiert. Auch publizistisch hinterlässt Saynisch Spuren: rund 100 Artikel, Beiträge und Bücher, zudem als langjähriger deutscher Vertreter im internationalen Beirat der IPMA-Zeitschrift „International Journal of Projectmanagement“ sowie Beiratsmitglied der „Projektmanagement aktuell“. P R O J E K TMANA G E M E N T 2 / 2 0 0 2 48 GPM INTERN Gast bei einer Tagung des renommierten „Club of Rome“ und nachfolgenden Einzeldiskussionen regte Manfred Saynisch an, Projektmanagement für gesellschaftliche Veränderungen nutzbar zu machen. Der Hintergrund: In den 90er Jahren hat der Experte dazu beigetragen, Projektmanagement bei der Treuhand (später: Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben) einzuführen. In 500 Einzelprojekten sanierte die Behörde die ostdeutsche Industrie, schulte Mitarbeiter um und bereitete die einst maroden Betriebe auf den Verkauf vor. „Damals wurde das erste Mal in Deutschland eine große gesellschaftliche Aufgabe mit Projektmanagement gelöst“, erläutert Saynisch die PM-Dimension des Projekts, das 1997 zu den Preisträgern des „Deutschen Projektmanagement Awards“ der GPM zählte. O. Steeger Also, interdisziplinäres Arbeiten ist nicht nur gestattet, sondern gefordert. „Das Bild von unserer Welt und dem Menschen hat sich in den letzten Jahrzehnten stark geändert“, weiß er. Aber: „Viele Managementkonzepte und Prinzipien von heute orientieren sich an einem 50 bis 100 Jahre alten Verständnis von Mensch und Natur.“ So leitet er die GPM-Fachgruppe „Neue Wege im Projektmanagement“, in der Projektteams das neue Welt-Verständnis für das Projektmanagement auswerten. „Erkenntnisse aus Biologie, Physik, Philosophie und Sozialwissenschaften fließen in unsere Arbeit ein“, erklärt Saynisch. Impulse für seine Arbeit holte er sich bei dem Jahrhundert-Denker, Kybernetiker und Erkenntnistheoretiker Heinz von Foerster. Auch Ervin Laszlo, Vordenker globaler Lösungen und Gründungsmitglied des „Club of Rome“, steht Saynisch geistig Pate. Glanzlicht der Bemühungen um neue PM-Horizonte: Als