eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 13/3

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
91
2002
133 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

In und aus Projekten lernen

91
2002
Elisabeth Stauber
Unbestritten und geläufig ist es, Projektmanagement als Methode zur Realisierung anspruchsvoller Vorhaben einzusetzen und deren Erfolg durch systematische Planung und Durchführung zu sichern. Projektarbeit kann darüber hinaus aber in Unternehmen einen weit höheren Nutzen bringen. Durch gezielte Lernprozesse, die in die Arbeit integriert sind, werden Personalentwicklung und Mitarbeiterförderung in wirkungsvollster Weise erfahrbar. Projektarbeit ist geeignet, alle Mitwirkenden in wesentlichen Kompetenzfeldern zu qualifizieren. Nicht nur fachbezogenes Wissen, sondern vor allem auch Schlüsselkompetenzen können nachhaltig gestärkt werden. Voraussetzung: Die Arbeit in Projekten ist als ein Lernprozess zu gestalten, in dem aus Erfolgen und aus Fehlern Schlüsse gezogen werden. In diesem Artikel werden geeignete Wege dafür aufgezeigt, dieses Entwicklungspotenzial in der Projektarbeit zu erschließen.
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P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 2 29 1. Einleitung „Die Zukunft kann man am besten voraussagen, indem man sie aktiv gestaltet“ - so ein mir überliefertes Zitat eines amerikanischen Managementtrainers. Wie können heutzutage Organisationen ihre Zukunft „voraussagen“ und vor allem ihre Zukunftsfähigkeit sicherstellen? In einer Umwelt, die geprägt ist von tief greifenden gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen, von zunehmender Konkurrenz - national, international und global, von beschleunigten und gravierenden Veränderungsprozessen? In einer Gesellschaft, in der sich die Einstellungen, Werte und Ansprüche der Menschen grundlegend gewandelt haben und auch weiterhin im Fluss sind? Die Antwort liefert das oben genannte Zitat: Unternehmen müssen ihre Zukunft aktiv in die Hand nehmen, sich den Herausforderungen des Wandels stellen. Sie müssen sich weiterentwickeln, lernen, anpassen und verändern können, also zu „lernenden Unternehmen“ werden. Lernende Unternehmen greifen Umweltveränderungen nicht nur auf, sondern sie nehmen selbst Einfluss auf die Weiterentwicklung ihrer Unternehmensumwelt, indem sie sich als offene und eingebettete Systeme begreifen. Dies bedeutet nicht nur ein Reagieren auf äußere Veränderungen, es erfordert auch das Antizipieren von Entwicklungen und ein aktives Gestalten dieser Prozesse - mit allen im Unternehmen tätigen Menschen, die bereit sind, daran mitzuwirken. Was liegt näher als Projektarbeit, wenn es um die praktische Bewältigung neuer Herausforderungen geht? Neuartige und komplexe Vorhaben sind in der Regel mit Risiken behaftet. Ob sie gelingen können, hängt entscheidend davon ab, wie planvoll, systematisch und umsichtig an die Aufgabe herangegangen wird. Projektmanagement als Arbeitsform liefert das Konzept und zugleich das Handwerkszeug dazu. Projektarbeit im lernenden Unternehmen kann aber noch weit mehr, als Geburtshilfe für das Gelingen ehrgeiziger Vorhaben zu leisten. Projektarbeit bietet allen daran Beteiligten vielfältige und hervorragende Chancen und Anlässe, im konkreten Handeln zu lernen - von der Zielfindung und Planung über die Durchführung bis zum Abschluss eines Projektes. Projektarbeit berührt und erfordert viele Kompetenzfelder, sie kann zugleich Personalentwicklung, Qualifizierung und Mitarbeiterförderung bedeuten. Voraussetzung dafür: Die Arbeit in Projekten ist als Lernprozess zu gestalten. In allen Phasen eines Projektes müssen Zeit und Raum für Reflexionsschritte in geeigneter Form geschaffen werden. Das gilt natürlich in besonderem Maße für die Abschlussphase von Projekten. Dieser Artikel widmet sich dem Anliegen, das Lernpotenzial in der Projektarbeit aufzuzeigen und zugleich praktische Wege zu erschließen, wie Lernen und Entwicklung in Projekten gefördert und gesichert werden kann. Mehrwert statt Mehraufwand ist dabei die Devise, d. h., es geht nicht um zeit- und kostenintensive Evaluationsdesigns zur „Beweisführung“, sondern um teilnehmerorientierte Strategien. Hintergrund ist die Erfahrung der Autorin, sowohl im eigenen Unternehmen als auch aus der Beobachtung externer Projekte, dass Evaluation, Reflexion, Lernen aus Erfolgen und aus Misserfolgen in aller Regel stark vernachlässigt werden. „Beinahe allen Projekten gemeinsam ist, dass sie enden, ohne dass man bewusst aus den Erfahrungen im Projekt lernt. (…) in vielen Organisationen gibt es schlichtweg keine Kultur, Fehler zu besprechen und daraus lernen zu dürfen.“ [9, S. 167] Dies bestätigt sich, betrachtet man einen Querschnitt der Fachliteratur zum Thema: In vielen Veröffentlichungen ist nichts, in nur wenigen sind brauchbare Ansätze zur Projektevaluation zu finden. Zeit für Veränderung! Elisabeth Stauber Unbestritten und geläufig ist es, Projektmanagement als Methode zur Realisierung anspruchsvoller Vorhaben einzusetzen und deren Erfolg durch systematische Planung und Durchführung zu sichern. Projektarbeit kann darüber hinaus aber in Unternehmen einen weit höheren Nutzen bringen. Durch gezielte Lernprozesse, die in die Arbeit integriert sind, werden Personalentwicklung und Mitarbeiterförderung in wirkungsvollster Weise erfahrbar. Projektarbeit ist geeignet, alle Mitwirkenden in wesentlichen Kompetenzfeldern zu qualifizieren. Nicht nur fachbezogenes Wissen, sondern vor allem auch Schlüsselkompetenzen können nachhaltig gestärkt werden. Voraussetzung: Die Arbeit in Projekten ist als ein Lernprozess zu gestalten, in dem aus Erfolgen und aus Fehlern Schlüsse gezogen werden. In diesem Artikel werden geeignete Wege dafür aufgezeigt, dieses Entwicklungspotenzial in der Projektarbeit zu erschließen. In und aus Projekten lernen Projektarbeit im lernenden Unternehmen P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 2 30 WISSEN 2. Projektarbeit im lernenden Unternehmen 2.1 Was ist ein „lernendes Unternehmen“? Wie kann ein Unternehmen lernen? Lernen können doch nur die Menschen, die in einem Unternehmen arbeiten. Und wozu soll ein Unternehmen lernen? Es soll schließlich Gewinn erzielen und sich erfolgreich gegenüber der Konkurrenz behaupten - da bleibt doch keine Zeit für idealisierende Konzepte. Gebraucht werden MitarbeiterInnen, die kompetent und einsatzbereit sind und nicht erst experimentieren und lernen müssen. Ist die Rede vom „lernenden Unternehmen“ nicht einer der vielen „Mode-Konzepte“, die kommen und gehen und mehr Schaum schlagen als Wirkung erzeugen? Nein - die Idee des lernenden Unternehmens ist weder neu noch Schaumschlägerei. Sie ist die Offenlegung eines Grundprinzips in der Entwicklung des Menschen, der Natur sowie der vom Menschen geschaffenen Organisationen. Nur wer oder was lernt, sich verändernden Umweltbedingungen anzupassen und auf diese Einfluss zu nehmen, kann auf lange Sicht überleben. Daran kommen auch Unternehmen nicht vorbei. Natürlich lernen streng genommen nur die einzelnen Menschen in diesen Unternehmen. Entscheidend dabei ist aber, ob diese Lernprozesse geteilt und genutzt werden, sowohl auf der Ebene von Mitarbeitergruppen, die in sinnhaftem Bezug zueinander stehen, als auch auf der Ebene der Unternehmensprozesse und -strukturen (Organisationslernen). So schreibt Sattelberger, „dass lernende Organisationen individuelle mit teambezogenen und organisatorischen Lernprozessen verknüpfen und dabei Lernprozesse auf hohem Tiefenniveau anstelle von Oberflächenkosmetik realisieren …“ [11, S. 16]. Ebenso wenig wie ein Unternehmen es sich leisten kann, Ressourcen zu vergeuden, kann es sich leisten, Lernprozesse, Wissen und Erfahrungstiefe brachliegen zu lassen. Ein Unternehmen, das Rahmenbedingungen schafft für „geteiltes Lernen“, ist ein lernendes Unternehmen. Es sucht nach kontinuierlicher Entwicklung und Verbesserung und lernt aus Fehlern ebenso wie aus Erfolgen. 2.2 Welche Bedeutung kommt dabei der Projektarbeit zu? Der Projektbegriff wird gegenwärtig nahezu inflationär gebraucht, oft wie ein Etikett, das wenig mit dem Inhalt dessen, was „darin“ ist, zu tun hat. Unter einem Projekt verstehen wir entsprechend der DIN-Norm 69901 „ein Vorhaben, das im Wesentlichen durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, z. B. durch Zielvorgabe, durch zeitliche, finanzielle, personelle und andere Begrenzungen, durch Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben und durch projektspezifische Organisation“ [9, S. 13]. Graf-Götz und Glatz fassen die entscheidenden Kriterien dafür, eine Aufgabe als Projekt abzuwickeln, zusammen: Einmaligkeit und zeitliche Befristung, vorgegebenes Ziel, begrenzte Ressourcen, interdisziplinäre Zusammenarbeit im Team, Koordination einer Vielzahl von Aktivitäten [4, S. 163]. Der Begriff Projektmanagement wird sehr unterschiedlich definiert - als Führungskonzept zur Abwicklung von Projekten, als umfassende Arbeitsmethode, als Oberbegriff für alle anstehenden Planungs-, Überwachungs- und Steuerungsaufgaben in Projekten (Letzteres siehe [7, S. 4] sowie [2, S. 23]). Die DIN-Norm 69901 definiert Projektmanagement als „die Gesamtheit von Führungsaufgabe, -organisation, -techniken und -mitteln für die Abwicklung eines Projektes“. Zugleich steht der Begriff für einen umfassenden Arbeitsansatz, Welchen Nutzen bringt Projektmanagement? Nachhaltige Zielverfolgung und -erreichung Klare gemeinsame Basis für die Zusammenarbeit Verringertes Risiko/ weniger Ungewissheit Wirtschaftlicher Umgang mit Ressourcen (Zeit, Geld, Energie) Klar erkennbare Erfolge und Ergebnisse Ziele werden gut überdacht und mit allen Beteiligten geklärt Aufgaben und Termine werden sorgfältig geplant, die Verantwortlichkeiten festgelegt Das Umfeld wird berücksichtigt, Risiken/ Probleme werden frühzeitig erkannt Ressourcen werden kalkuliert, eingeteilt, geplant und überwacht Teilziele und erwünschte Ergebnisse werden konkretisiert Und worauf kommt es dabei an? Abb. 1: Projektmanagement, Nutzen und Anforderungen P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 2 31 ein methodisches Konzept für die Planung und Abwicklung einmaliger und komplexer Vorhaben. Unter Projektarbeit verstehen wir die tatsächliche praktische Ausgestaltung und Durchführung von Projekten in einem Unternehmen. Diese kann (und sollte) methodisch fundiert und sorgfältig organisiert erfolgen, findet in der Realität aber oft fehlerhaft und unsystematisch statt. Für ein Unternehmen, das neuartige und komplexe Vorhaben mit Erfolg bewältigen will, ist Projektmanagement ein unentbehrliches Arbeitskonzept mit vielfachem Nutzen, sofern entsprechende Grundprinzipien beachtet werden. Abb. 1 stellt Nutzen und Anforderungen einander gegenüber. Projektarbeit bedeutet für ein lernendes Unternehmen zudem eine wahre Fundgrube an Lerngelegenheiten und Entwicklungsmöglichkeiten. Denn die Arbeit in Projekten berührt sehr unterschiedliche Handlungs- und Kompetenzfelder, sie erfordert und fördert zugleich Fähigkeiten in den Bereichen Fach-, Methoden-, Persönlichkeits- und Sozialkompetenz, die im Arbeitsgeschehen untereinander sinnvoll verknüpft werden. So wird ganzheitliches Lernen durch Handeln im Arbeitsgeschehen ermöglicht. Was liegt also näher für ein lernendes Unternehmen, als Projektarbeit - neben dem Ziel optimaler Aufgabenerfüllung - auch auf allen Ebenen gezielt als Entwicklungsinstrument einzusetzen? Im Rahmen systematischer Personalentwicklung können einzelne MitarbeiterInnen gezielt in Projekten mitwirken, um ihre Kompetenzen zu erweitern. Teams und Gruppen können mit Projektmanagement gemeinsam neue Arbeitsformen erproben und ihre Kooperationsfähigkeit vertiefen. Das Unternehmen als Ganzes kann zentrale Erfahrungen aus der Projektarbeit auswerten und organisationale Verbesserungen auf Struktur- und Prozessebene in die Wege leiten. Die Abb. 2 veranschaulicht, in wie vielen Bereichen Kompetenzentwicklung durch Lernen in Prozessen der Projektarbeit stattfinden kann. Mit Hilfe von Projektarbeit können also wesentliche Personal- und Organisationsentwicklungsprozesse unterstützt und vorangetrieben werden. Dabei kommt es darauf an, die zentralen Entwicklungsvorhaben im Unternehmen in einem Gesamtzusammenhang zu sehen und dabei Wechselwirkungen aktiv zu fördern und zu nutzen. 2.3 Warum spielt Auswertung dabei eine tragende Rolle? Voraussetzung für diese erweiterte Nutzung der Projektarbeit im lernenden Unternehmen ist es, Zeit und Raum zu schaffen für „Denkpausen“, für Auswertungsprozesse im Arbeitsgeschehen. Kompetent planen ❏ Situations- und Umfeldanalyse ❏ Konzeptionsentwicklung ❏ Qualitätssicherung ❏ Problemlösung und Entscheidungsfindung ❏ Ressourceneinsatz Im Team zusammenarbeiten ❏ Führung und Motivation ❏ Kommunikation und Kooperation ❏ Konfliktlösung ❏ Effektive Besprechungen ❏ Moderation „Ein komplexes Vorhaben steht an.“ ➯ Projektmanagement ➯ Systemische Vorgehensweise Außenkontakte Wert schöpfend gestalten ❏ Vortrags- und Präsentationstechnik ❏ Öffentlichkeitsarbeit ❏ Verhandlungsführung ❏ Proaktives Handeln Effektiv und effizient arbeiten ❏ Prioritätensetzung und Zeitmanagement ❏ Arbeitstechniken ❏ Zielorientiertes Arbeiten/ Zielvereinbarungen Abb. 2: Aufgabenbereiche und Kompetenzfelder rund ums Projektmanagement P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 2 32 WISSEN „Projekte sind soziale Systeme, die ständig lernen und damit Erfahrungen und Wissen generieren. Das Problem ist, dass diese Erkenntnisse oft ungeplant und unreflektiert entstehen. … Ziel sollte es jedoch sein, das entstandene Know-how für das gesamte Projektteam und sogar für die gesamte Organisation verfügbar zu machen. Das geschieht mit Hilfe einer Systematisierung des Lernprozesses … durch regelmäßige Reflexionsschleifen innerhalb der Projektarbeit.“ [9, S. 20] In der Praxis werden jedoch viele, vielleicht die Mehrzahl der Projekte durchgeführt, ohne dass die damit verbundenen positiven und negativen Erfahrungen besprochen, geteilt und genutzt werden. Oft fehlt es an der Unternehmenskultur, Fehler zu besprechen und daraus zu lernen. Die Folgen fehlender Auswertung der Erfahrungen sind gravierend: ❏ Lernen findet, wenn überhaupt, nur auf individueller Ebene statt. ❏ Fehler und Unzulänglichkeiten wiederholen sich bei Folgeprojekten. ❏ Feedback, Anerkennung und Würdigung der Arbeit kommen zu kurz. ❏ Unzufriedenheit, Kritik und Verbesserungsansätze bleiben verdeckt. ❏ Die Motivation der Projektmitwirkenden wird nicht gefördert. ❏ Risiken und Handlungserfordernisse bleiben teilweise unerkannt. Daraus folgt, dass viele Chancen der Projektarbeit ungenutzt bleiben. Die Förderung einer Lernkultur durch Reflexions- und Auswertungsschleifen in und am Ende der Projektarbeit hilft, Gewinn aus den Erfahrungen zu ziehen. Die dafür benötigte Zeit und Energie sind gut investiert, da die erfolgenden Lernprozesse maßgeblich zum Gelingen weiterer Vorhaben beitragen können. Die folgende überlieferte Geschichte macht dies sehr anschaulich: Ein Spaziergänger begegnet im Wald zwei Waldarbeitern, die sich abmühen, einen Baum zu fällen. „Warum plagt ihr euch so ab? “, fragt er die Arbeiter. „Unsere Säge ist leider stumpf geworden“, so die Antwort. „Warum geht ihr nicht, die Säge zu schärfen? “, rät der freundliche Spaziergänger. „Dazu haben wir leider keine Zeit, wir müssen Bäume fällen“, entgegnen die beiden und fahren in ihrer Arbeit fort. „Die Säge zu schärfen“ bedeutet dagegen, sich diese Zeit zum Innehalten in der Arbeit zu nehmen, um die eigene Handlungskompetenz und damit auch die Arbeitseffektivität zu erhöhen. 2.4 Projekte als lernende Organisationen begreifen und gestalten Konsequent und hilfreich ist es, Projekte selbst als lernende Organisationen zu begreifen und die Projektarbeit dementsprechend zu gestalten. Dies hat insbesondere Einfluss auf den Stil, die Kultur in der Zusammenarbeit im Projekt. Mayrshöfer/ Kröger sehen als Erfordernisse für einen effektiven Lernprozess: ❏ „eine Atmosphäre, in der ungeklärte Fragen und Fehler als Lernchance gesehen werden (…), ❏ definierte Ziele und Standards und deren regelmäßige Reflexion und Überprüfung, ❏ ein regelmäßiges Erarbeiten von Verbesserungsmöglichkeiten und deren konsequente Umsetzung.“ [9, S. 39] Anzustreben ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, in dem Projekte als lernende Systeme, die in ihre Umwelt eingebettet sind, verstanden werden. Individuelles Lernen, Lernen in der Projektgruppe und Lernen im Unternehmen greifen ineinander. Hilfreich dabei sind die Vergegenwärtigung und Anwendung des Deming-Kreises der ständigen Verbesserung mit den Schritten: Planen - Handeln - Prüfen - Anpassen. All dies kann nur gelingen, wenn die Beteiligten, allen voran die Unternehmensleitung und die Projektleitung, dies ernsthaft wollen und persönlich sichtbar umsetzen. Zudem bedarf es unternehmens- und projektspezifisch geeigneter Wege und Methoden der Auswertung und Erfahrungssicherung. Diese werden im Folgenden aufgezeigt. 3. Reflexion und Auswertung in der Projektarbeit 3.1 Aufgaben, Anforderungen und Lernfelder in der Projektarbeit Projektarbeit bedeutet handlungsorientiertes Lernen durch das Bewältigen konkreter Anforderungen. In der Fachliteratur wird vom Projektlebenszyklus gesprochen, der sich in Phasen unterteilt, in denen jeweils bestimmte Aufgaben und Anforderungen zu leisten sind. Auf Basis der Phasenmodelle von Boy/ Dudeck/ Kuschel [2] sowie Schelle [12] lassen sich zentralen Aufgaben entsprechende Anforderungen und Lernfelder zuordnen (siehe Tabelle 1). Jede Phase in der Projektarbeit bringt also ihre eigenen Lernanforderungen und -chancen mit sich. Hinzu kommen Kompetenzfelder, die im Sinne von Schlüsselqualifikationen für die Projektarbeit in allen Phasen bedeutend sind. Auswertungsschleifen während und am Schluss der Projektarbeit lassen Stärken, Lernerfolge wie auch den weiteren Entwicklungsbedarf erkennen. Dabei sollte der Fokus der Auswertung gezielt auf die Felder und Bereiche gelenkt werden, die für das Unternehmen, für die Projektgruppe oder für einzelne ProjektmitarbeiterInnen von Relevanz sind. Das bedeutet, dass nicht extern standardisierte Evaluationsinstrumente übernommen werden, sondern unternehmensspezifische Auswertungsformen entwickelt werden müssen. 3.2 Grundlagen für eine qualifizierte Auswertung der Projektarbeit Begriffe und Bedeutungsgehalte zum Thema Auswertung: In Verbindung mit dem Thema Auswertung werden in der Fachliteratur wie in der Arbeitspraxis viele Begriffe teilweise synonym, teilweise mit unterschiedlichem Bedeutungsgehalt gebraucht, was oft zu Unklarheiten führt. Deshalb hier zunächst eine Abgrenzung und Definition dieser Begriffe. Unter Auswertung verstehen wir, eine Sache, einen Vorgang, ein Ereignis oder einen Prozess rückblickend und bewertend zu betrachten, um Stärken und Schwachpunkte zu erkennen und um daraus Schlussfolgerungen ziehen zu können. Dabei ergänzen sich Ergebnisauswertung und Erfahrungssicherung. Reflexion wird in Fremdwörterlexika übersetzt mit Begriffen wie: Nachdenken, Betrachtung, vergleichendes P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 2 33 und prüfendes Denken, Vertiefung in einen Gedankengang. Reflexion ist somit stets Bestandteil einer Auswertung; nicht jede Reflexion führt aber zu einem abschließenden Ergebnis oder zu einer Auswertung. Der Begriff Evaluation beinhaltet nach Meinhold „die Überprüfung oder die Bewertung einer Dienstleistung, eines Programms oder Modellversuchs“ [10, S. 54]. Evaluationen zielen darauf, den Erfolg, die Wirkung, Leistungsfähigkeit und/ oder die Resonanz des Untersuchungsgegenstandes möglichst „objektiv“ zu bewerten. Deshalb werden Evaluationen von außen stehenden Experten durchgeführt (= Fremdevaluation) und sind in der Regel zeit- und kostenaufwändig. In vielen Evaluationen geht es mehr um eine Rechtfertigung des Aufwands und um die Sicherung weiterer Vorhaben als um Entwicklung und Verbesserung. Zu unterscheiden sind Produkt- und Prozessevaluationen, wobei Erstere die Ergebnisse und Wirkungen eines Produktes (bzw. eines Projektes oder einer Dienstleistung) und Letztere den Verlauf eines Programms (oder Projektes) bewerten. Bei der Selbstevaluation bewerten die jeweiligen MitarbeiterInnen selbst ihre Arbeitsweise, ihre Ergebnisse bzw. Teilaspekte davon. Dies hat neben dem geringeren Aufwand einen entscheidenden Vorteil: „Da die Vorhaben zur Selbstevaluation auf freiwilliger Basis geplant und durchgeführt werden und die betroffenen Mitarbeiter selbst bestimmen, welche Fragestellung sie für bearbeitenswert halten, ist die Motivation der Beteiligten vergleichsweise hoch.“ [10, S. 55] Selbstevaluation bewirkt zugleich Selbstkontrolle und Qualifizierung und dient damit der Qualitätssicherung in der Arbeit. Hiltrud von Spiegel sieht Selbstevaluation als Teil methodischen Handelns im Sinne professionellen, systematischen Handelns: „Das Konzept der Selbstevaluation vereinigt … Anteile von Supervision und Evaluation … Wie in der Supervision geht es um Selbstreflexion und um fachlich begründetes, situationsentsprechendes, persönlichkeitsadäquates Handeln. Wie in der Evaluation geht es aber auch um die Optimierung der eigenen Arbeitsweise, um die Einführung von Innovationen und Projektphase Zentrale Schritte und Aufgaben Anforderungen und Lernfelder Projektauswahl ❏ Strategiebezogene und zielorientierte Entscheidung für ein Projekt ❏ Strategieentwicklung und Transfer in Projektvorhaben ❏ Kosten-Nutzen-Ermittlung ❏ Entscheidungsfindung unter mehrdimensionaler Perspektive Projektdefinition ❏ Auftragsklärung und Zielbestimmung ❏ Projektteam bilden und Rollen klären ❏ Projektumfeld und Risiken analysieren ❏ Projektstart ❏ Zielklärung und -operationalisierung ❏ Interessenkonflikte klären ❏ Teambildung/ -organisation ❏ Kooperationswege und -regeln klären ❏ Systemische und kontextbezogene Analyse der Projektbedingungen Projektplanung ❏ Projektstruktur-, Ablauf- und Terminplan erstellen ❏ Meilensteine setzen, Phasenmodell entwickeln ❏ Ressourceneinsatz und Kosten planen ❏ Strukturierte und systematische Planung der Aufgaben ❏ Sorgfältige Arbeits- und Verantwortungsaufteilung ❏ Entscheidende Zwischenstationen und Teilergebnisse festlegen ❏ Realistische Zeitplanung und Ressourceneinteilung Projektdurchführung ❏ Erfolgreiche Kooperation in der Projektabwicklung ❏ Kosten-, Termin- und Ressourcenkontrolle ❏ Qualitätssicherung ❏ Projektsteuerung ❏ Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit ❏ Effektives Berichts- und Besprechungswesen, Dokumentation ❏ Kontinuierliches Controlling ❏ Konfliktlösung und Bewältigung von Projektkrisen ❏ Kritikfähigkeit und Feedbackprozesse ❏ Passende Steuerungsmaßnahmen Projektabschluss ❏ Projektauswertung und -abnahme ❏ Abschlussbericht und Ergebnispräsentation ❏ (Re-)Integration der ProjektmitarbeiterInnen ❏ Planung weiterer Schritte ❏ Würdigung der Erfolge ❏ Evaluation, Reflexion und Bewertung von Ergebnissen und Arbeitsweise ❏ Kundenorientierte Präsentation der Ergebnisse ❏ Antizipation erforderlicher Schritte über das Projektende hinaus ❏ Konsequenzen aus Erfolgen und Misserfolgen ziehen ❏ Abschluss und Neubeginn Tabelle 1: Projektphasen: Aufgaben, Anforderungen und Lernfelder P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 2 34 WISSEN Prozesse der Bewertung.“ [5, S. 266] Und an anderer Stelle: „Das Ziel der Selbstevaluation ist die Qualifizierung der beruflichen Handlungskompetenz.“ [14, S. 124] Aus der Betrachtung dieser Begriffe und ihrer Bedeutung ergeben sich die folgenden Empfehlungen: Eine qualifizierte und gewinnbringende Auswertung der Projektarbeit in Lernenden Unternehmen sollte Elemente der Evaluation und Selbstevaluation kombinieren und dabei Reflexionsprozesse - individuell und gemeinschaftlich - fördern. Es müssen unternehmensspezifische Mischformen entwickelt werden, die sowohl Aspekte der Fremdwie auch der Selbstbewertung beinhalten und Ergebnisse wie Erfahrungen in der Projektarbeit berücksichtigen. Unternehmensspezifisch standardisierte Teile der Auswertung sollten verbunden werden mit projektspezifischen und individuellen Schwerpunktsetzungen. Schwerpunktmäßig sollte die Auswertung der Projektarbeit dem Ansatz der Selbstevaluation folgen, denn Motivation und eigenes Lerninteresse der Beteiligten sind maßgeblich für wirkliche und nicht nur proklamierte Entwicklungsprozesse. Gegenstandsbereiche, Ebenen und Akteure bei der Auswertung: Eine Auswertung der Projektarbeit umfasst unterschiedliche Gegenstandsbereiche, die sich in so genannte „weiche“ und „harte“ Faktoren unterteilen lassen (siehe Tabelle 2). Durch die Herstellung eines Zusammenhangs zwischen den „weichen“ und den „harten“ Faktoren (sprich: Wie wurde gearbeitet und was wurde erreicht? ) findet Lernen statt; Konsequenzen und Erfolgsfaktoren für weitere Projekte können erarbeitet werden. Die Auswertung sollte auf verschiedenen Ebenen von und mit möglichst allen am Projekt beteiligten Akteuren vorgenommen werden, wobei die Inhalte sich nach deren Rolle und Funktion im Projekt ausrichten. Die jeweils unterschiedlichen Perspektiven, Erkenntnisinteressen und Verantwortlichkeiten von Projektmitarbeiter- Innen, Projektleitung und Auftraggeber müssen ihren Niederschlag in der Gestaltung der Auswertungsprozesse finden. Beispielhaft zeigt dies Tabelle 3 auf. Empfehlungen für die Auswahl geeigneter Auswertungsmethoden: Wie bereits eingehend betont, kommt es darauf an, die zur Unternehmenskultur, zum Projekt und zu den daran Beteiligten passenden Methoden und Formen der Auswertung zu finden. Für diesen Auswahlprozess empfehle ich ein systematisches und stufenweises Vorgehen (vgl. hierzu auch [3, S. 54]): ❏ Klärung und Festlegung der Zielsetzung der Auswertung: Was soll durch die Auswertung erreicht bzw. in Erfahrung gebracht werden? (Z. B. Verbesserung der Projektarbeit/ -ergebnisse, Förderung von Lernprozessen, Motivation, Qualitätssicherung im Projekt, Veränderungsprozesse fördern, Kommunikation und Kooperation verbessern, Methodenkompetenz erhöhen); ❏ Ermittlung der grundsätzlich infrage kommenden Methoden (z. B. Feedback-Runden, Workshops, Fragebögen und Checklisten, strukturierte Gespräche oder Interviews, Impulsplakate - ausführlicher siehe folgendes Kapitel); ❏ Betrachtung der situativen, unternehmensbzw. projektspezifischen Bedingungen, Festlegung der Auswahlkriterien (z. B. Erkenntnisinteresse, Zahl und Zusammensetzung der zu beteiligenden Personen, Zeitfaktor und Aufwand, Vorerfahrungen und Kultur, Expertise, Raum und Ort); „Weiche Faktoren“ „Harte Faktoren“ ❏ Qualität der Zusammenarbeit ❏ Qualität der Projektleitung ❏ Zufriedenheit der ProjektmitarbeiterInnen mit Arbeitsweise und Ergebnissen ❏ Erfahrungen mit eingesetzten Projektmanagementmethoden ❏ Qualifikationsbedarf und Lernerfolge in der Projektarbeit Feedback der Projektgruppe einholen, ergänzende Bewertung durch die Projektleitung ❏ Überprüfung der Zielerreichung: - Leistung - Umfang - Termin - Kosten und Ressourcen - Qualität - Einhaltung der Vorgaben - Effektivität der Arbeitsweise Abschlusssitzung von Projektleitung und Auftraggeber: Abgleich der Einschätzungen und Bewertungen Tabelle 2: Auswertung „weicher“ und „harter“ Faktoren Projektauswertung durch die ProjektmitarbeiterInnen durch die Projektleitung durch den Auftraggeber ❏ Individuell, eigeninitiativ, informell ❏ Mündlich und strukturiert, moderiert (z. B. Feedback-Runden) ❏ Schriftlich und systematisch (z. B. Fragebögen, Plakatabfrage) (Lern-)Erfahrungen, (Lern-)- Bedarf, Erfolge und Verbesserungsvorschläge, Feed-back an die Projektleitung ❏ Auswertung der Rückmeldungen der Projektgruppe ❏ Bewertung der Vorgehensweise im Projekt (insbesondere bei kritischen Ereignissen) ❏ Beurteilung der Projektergebnisse ❏ Austausch mit Auftraggeber Fazit und Konsequenzen für die Ausgestaltung der Rolle als Projektleitung, Verbesserungsvorschläge ❏ Auseinandersetzung mit den Rückmeldungen der Projektleitung ❏ Beurteilung der Projektergebnisse und des Projektverlaufs ❏ Austausch und Projektbilanz mit der Projektleitung Fazit und Konsequenzen: für Folgeprojekte, weitere Schritte, Verbesserung von Strukturen und Abläufen sowie für die Ausfüllung der Rolle als Auftraggeber Tabelle 3: Projektauswertung auf verschiedenen Ebenen P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 2 35 ❏ Gewichtung, Beurteilung und Auswahl der (bzw. Entwicklung von) geeigneten Methode(n) anhand der erarbeiteten Ziele, Bedingungen und Kriterien; ❏ Vorbereitung und Durchführung der Auswertungsmethode; ❏ Rückschau und Bewertung (am besten unter Beteiligung der Projektgruppe): War diese Methode geeignet, hilfreich, gewinnbringend? Sind Abwandlungen oder Ergänzungen sinnvoll? Die in die Wahl gezogenen Auswertungsmethoden sollten ferner so gestaltet und geprüft werden, dass sie ❏ auch offene Fragen beinhalten, denn geschlossene Fragen lassen zu wenig Spielraum für persönliche Aussagen; ❏ aktivierend wirken und geeignet sind, Kommunikations-, Reflexions- und Lernprozesse anzustoßen; ❏ in ausgewogener Form ein Lernen aus Fehlern und Gelungenem fördern (Äußerung von Kritik, Verbesserungsideen und Anerkennung anregen); ❏ den Austausch und Vergleich von Einschätzungen und Bewertungen aus unterschiedlichen Perspektiven (MitarbeiterInnen, Projektleitung, Auftraggeber, Stakeholder) ermöglichen. 4. Wege und Methoden der Projektauswertung 4.1 Basiszugänge für alle Projekte Offene Grundhaltung und Gesprächsbereitschaft: Eine offene Grundhaltung der Projektleitung und des unternehmensinternen Auftraggebers bildet die Basis des Projektlernens in der Organisation. Es müssen für alle Projektmitwirkenden klare Signale gesetzt werden, dass Lernen aus Problemen und Fehlern, Risikoanzeigen, weiterführende Fragen, Ideen und Verbesserungsvorschläge erwünscht sind und ein offenes Ohr finden. Qualität und Projekterfolg liegen - ungeachtet klar strukturierter Projektleitung - in der Verantwortung und Gestaltung aller Beteiligten und werden nicht erst im Nachhinein in das Projekt „hineingeprüft“. Regelmäßige Feedback-Prozesse: Gut durchgeführte Feedback-Prozesse verbessern die Zusammenarbeit in der Gruppe und fördern zugleich persönliches Lernen. Rückmeldungen sollten deshalb von der Projektleitung immer wieder, besonders (jedoch nicht ausschließlich) in kritischen Phasen und Situationen (Motivationsprobleme, Zeitverzug, Qualitätsdefizite, Kooperationsschwierigkeiten, Konflikte) eingeholt werden. Dies kann und sollte sowohl durch kurze Einzelkontakte als auch mittels Feedback-Runden in der Projektgruppe erfolgen. Das richtige Fingerspitzengefühl für Zeitpunkt und Art und Weise zu entwickeln ist Aufgabe und Anforderung an die Projektleitung. 4.2 Wähl- und kombinierbare Zugänge und Methoden Schriftliche Auswertung mit Hilfe von Fragebögen: Befragungen in schriftlicher Form haben, wenn sie ergänzend zu und nicht anstelle von mündlichem Feedback erfolgen, viele Vorteile: ❏ Meinungstendenzen und Schwerpunktaussagen lassen sich gut ermitteln, ❏ Vergleiche werden ermöglicht, ❏ Reflexion und Auswertung können in Ruhe und Sorgfalt erfolgen, ❏ Einschätzungen werden weniger durch die „Gruppenmeinung“ beeinflusst. Zu empfehlen sind Fragebögen, die skalierende Bewertungen mit offenen Fragen kombinieren, sodass Einschätzungen von den Befragten begründet werden und individuelle Anmerkungen dazu gemacht werden können. Dies erhöht freilich den Aufwand bei der Auswertung der Antworten, liefert aber weitaus aussagekräftigere Ergebnisse. Ein Abgleich der Einschätzungen aus verschiedenen Perspektiven kann wichtige Impulse für Lernprozesse geben. Schriftliche Befragungen sind gut kombinierbar mit anderen Methoden, z. B. können die Ergebnisse beim Projektabschluss- oder einem Folgetreffen vorgestellt und diskutiert, mit dem Auftraggeber durchgesprochen werden. Ein geeigneter Fragebogen, der die Ebenen der MitarbeiterInnen und der Projektleitung verbindet, ist in den Abbildungen 3 und 4 dargestellt. Workshop zur Zwischen- oder Abschlussauswertung: Bei der aktivierenden Arbeitsform eines Workshops wird die Auswertung von der Projektgruppe gemeinsam erarbeitet. Ein Auswertungsworkshop muss sorgfältig vorbereitet, klar strukturiert und gut moderiert sein, sei es durch die Projektleitung oder eine(n) externe(n) ModeratorIn. Eine sehr gute Hilfestellung dazu bieten Lipp und Will in ihrem Handbuch zur Workshoparbeit [8]. Abwechslungsreich, unter Berücksichtigung der Gruppendynamik und mit einem Schuss Kreativität gestaltet, wirkt ein Workshop motivierend und setzt Energien frei. Erfahrungen werden geteilt, Schlussfolgerungen und Verbesserungsansätze für die Projektarbeit gemeinsam entwickelt. In Workshops können Phasen der Einzelreflexion gut integriert werden, und es können weitere Personen, z. B. der Auftraggeber und Stakeholder, hinzugezogen und beteiligt werden. Workshops können in unterschiedlichen Zeitrahmen durchgeführt werden, auch in „Miniaturausgabe als Projekt-Zwischenstopp“. Auswertungsskalen zur Teamarbeit: Gelingende Kooperation im Projektteam kann gefördert werden, wenn zu passenden Zeitpunkten im Projektverlauf (und nicht erst bei Projektabschluss) die Qualität der Zusammenarbeit ausgewertet wird. Hierzu gibt es zahlreiche geeignete Arbeitshilfen; Schmidt und Berg [13, S. 288 ff.) stellen hierzu eine Reihe gut einsetzbarer Methoden vor. „Lessions-learned“-Methode: H. Kellner [6, S. 111 f.] schlägt diese Auswertungsmethode, die in zwei Schritten erfolgt, für den Projektabschluss vor. Zunächst werden in einem Brainstorming zu bestimmten Auswertungsfragen die Meinungen aus der gesamten Projektgruppe zusammengetragen. Daran anschließend werden Kleingruppen gebildet, die die fünf wichtigsten „Lektionen“, also Lernerfahrungen aus dem Projektverlauf und den damit erzielten Ergebnissen, erarbeiten sollen. Leitend dabei ist die Frage, welche Schlussfolgerungen und Empfehlungen aus der Projektarbeit für die Zukunft zu ziehen sind. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen werden verglichen und durchgesprochen. Das hierbei erarbeitete Gesamtergebnis kann wichtige Verbesserungsansätze für die Gestaltung weiterer Projekte oder Unternehmensabläufe geben. Impulsfragen/ Impulsplakate: Spezifisch auf das Projekt, das Unternehmen und die Gruppe ausgerichtete refle- P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 2 36 WISSEN xionsanregende Fragen werden auf Metaplantafeln als Impuls vorbereitet. In verschiedener Weise kann damit gearbeitet werden, z. B. ❏ als Wandzeitung/ Meinungsmarkt/ schriftliche Diskussion auf den Metaplanwänden, evtl. kombiniert mit dem Einsatz einer Bilderkartei, ❏ in Einzel- oder Kleingruppenarbeit mit anschließender Plenumpräsentation (auf Visualisierung achten), ❏ mit Auswertungsrunden in der Gesamtgruppe schrittweise zu den einzelnen Impulsfragen - mit stichwortartiger Visualisierung durch die/ den ModeratorIn. Checklisten und Bewertungsfragen für die Projektleitung: Vorbereitete Fragelisten helfen der Projektleitung, bei markanten Punkten und am Projektabschluss zu prüfen, ob wichtige Elemente/ Anforderungen in der Projektarbeit berücksichtigt und umgesetzt wurden. Solche Checklisten können unternehmensspezifisch entwickelt werden, oder es können Arbeitshilfen aus der Fachliteratur, gegebenenfalls nach Anpassung, verwendet werden. Unternehmen können auf diese Weise diejenigen Bereiche der Projektarbeit, die von besonderer Bedeutung für Kompetenzentwicklung sind, fokussieren. In Krämer-Stürzl [7, S. 111 f.] findet sich ein geeigneter Fragebogen zur Überprüfung der Kompetenzfelder, mit Hilfe dessen die Projektleitung Schwachpunkte erkennen und rechtzeitige Interventionen planen kann. „Project-Excellence“-Bewertungsmodell der GPM: Die deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) hat in Anlehnung an das EFQM-Modell ein umfassendes Projektbewertungssystem entwickelt, das für Unternehmen mit vielen Großprojekten lohnenswert sein kann, jedoch mit hohem Aufwand verbunden ist (siehe [12]). Weitere Methoden: Es gibt unzählige weitere Methoden und Ansätze, die verwendet und kombiniert werden können. Um nur eine kleine Auswahl anzuführen: ❏ Mind-Mapping, Projektauswertung Rückmeldung der Projektgruppenmitglieder Projekt: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teilprojekt/ Arbeitsgruppe: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Name: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (ggf. anonym) 1. Wie zufrieden sind Sie mit dem Projektstart, der Beschreibung der Aufgabenstellung sowie der Zielklärung? 1 2 3 4 5 6 sehr zufrieden nicht zufrieden Begründung/ Anmerkungen: 2. Wie zufrieden sind Sie mit der Betreuung des Projektes durch die Projektleitung? 1 2 3 4 5 6 sehr zufrieden nicht zufrieden Begründung/ Anmerkungen: 3. Wie zufrieden sind Sie mit der Zusammenarbeit und Kommunikation im Projekt? 1 2 3 4 5 6 sehr zufrieden nicht zufrieden Begründung/ Anmerkungen: 4. Wie gut war es Ihnen möglich, sich einzubringen und zum Projekterfolg/ zu den Ergebnissen beizutragen? 1 2 3 4 5 6 sehr gut sehr schlecht Begründung/ Anmerkungen: 5. Wie zufrieden sind Sie mit der Erreichung der inhaltlichen Projektziele und der Qualität der Ergebnisse? 1 2 3 4 5 6 sehr zufrieden sehr unzufrieden Begründung/ Anmerkungen: 6. Welche Methoden und Vorgehensweisen haben sich in diesem Projekt bewährt? Was war Ihrer Meinung nach besonders gut und hilfreich? 7. Welche Verbesserungen sollten bei der Planung und Durchführung künftiger Projekte erfolgen? Zum Abschluss: Möchten Sie darüber hinaus noch etwas anmerken? Vielen Dank für Ihre Rückmeldung! Abb. 3: Bogen zur Projektauswertung: Rückmeldung der Projektgruppenmitglieder P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 2 37 ❏ Interviews (auch Partner- oder Gruppen-Interview), ❏ Kartenabfragen, ❏ Bewertungen mittels Punkten/ Eintragungen auf Plakaten, ❏ „Fish-Pool“ oder „Aquarium“ (kleiner Kreis diskutiert für alle sichtbar in der Mitte, mit freiem Stuhl zum „Einklinken“), ❏ Arbeit mit einer Bilderkartei oder mit anderen kreativen Medien. Im Grunde können die unterschiedlichsten Methoden herangezogen und für die jeweils eigenen Zwecke abgewandelt werden. Oft sind „selbst gestrickte“ Zugänge die besten, wenn sie passend zur Ausgangssituation und mit etwas Mut zu Neuem gestaltet werden. Zu achten ist auf eine gute Moderation und auf Visualisierung, die zugleich der Ergebnissicherung dient. Auch müssen geeignete Konsequenzen aus den Ergebnissen abgeleitet und in konkrete Schritte umgesetzt werden. Projektauswertung Zusammenfassung der Rückmeldungen und Auswertung durch die Projektleitung Projekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Projektleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anzahl MitarbeiterInnen . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zufriedenheit der Projektgruppe mit dem Projektstart, der Beschreibung der Aufgabenstellung sowie der Zielklärung 1 2 3 4 5 6 sehr zufrieden (Verteilung jeweils eintragen) nicht zufrieden Begründungslinien der ProjektmitarbeiterInnen: Anmerkungen/ Schlussfolgerungen der Projektleitung: 2. Zufriedenheit der Projektgruppe mit der Betreuung durch die Projektleitung 1 2 3 4 5 6 sehr zufrieden nicht zufrieden Begründungslinien: Anmerkungen/ Schlussfolgerungen der Projektleitung: 3. Zufriedenheit der Projektgruppe mit der Kooperation und Kommunikation im Projekt 1 2 3 4 5 6 sehr zufrieden nicht zufrieden Begründungslinien: Anmerkungen/ Schlussfolgerungen der Projektleitung: 4. Möglichkeit der MitarbeiterInnen, sich einzubringen und zum Projekterfolg beizutragen 1 2 3 4 5 6 sehr gut sehr schlecht Begründungslinien: Anmerkungen/ Schlussfolgerungen der Projektleitung: 5. Zufriedenheit der Projektgruppe mit der Zielerreichung und der Qualität der Ergebnisse 1 2 3 4 5 6 sehr zufrieden nicht zufrieden Begründungslinien: Anmerkungen/ Schlussfolgerungen: 6. Methoden und Vorgehensweisen, die sich im Projekt bewährt haben, aus der Sicht der ProjektmitarbeiterInnen: : aus der Perspektive der Projektleitung: 7. Verbesserungsvorschläge für die Planung und Durchführung künftiger Projekte aus der Sicht der ProjektmitarbeiterInnen; aus der Perspektive der Projektleitung: 8. Darüber hinausgehende Anmerkungen und Fazit der Projektgruppenmitglieder: „Fazit“, wichtigste Schlussfolgerungen der Projektleitung: Abb. 4: Bogen zur Projektauswertung: Zusammenfassung der Rückmeldungen und Auswertung durch die Projektleitung P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 2 38 WISSEN 5. Zusammenfassung und Fazit Aus und in Projekten lernen - die darin liegenden Chancen aufzuzeigen und Wege des Projektlernens durch Auswertung zu eröffnen war Anliegen dieser Arbeit. Gut und gerne könnte man mehr zu diesem Thema ausführen, z. B. zu Prozessen der Teamentwicklung, Gruppendynamik und Potenzialförderung, die wesentlich für das Gelingen oder Scheitern eines Projektes sein können. Dass Reflexion und Auswertung nicht nur beim Abschluss von Projekten ihren Sinn und Platz haben, dass Lernprozesse vielmehr fortlaufend im Projektverlauf stattfinden, begleitet und gefördert werden können, wurde anhand der Projektphasen und der damit verbundenen Herausforderungen beschrieben. Entscheidend für wirkungsvolle Auswertungsprozesse ist der Wunsch weiterzukommen und aus den Erfahrungen zu lernen. Wo dieses Anliegen ernsthaft vorhanden ist, können auch geeignete Wege gesucht und gefunden werden. An Grundlagen und geeigneten Methoden mangelt es nicht, sie müssen nur für die Projektarbeit genutzt werden. Zu hoffen ist, dass sich die Idee des „lernenden Unternehmens“ auch nach und nach stärker in der Projektarbeit niederschlägt, indem Projekte selbst als lernende Organisationen begriffen und gestaltet werden. Erst dann können die darin liegenden Chancen voll für das Unternehmen erschlossen werden - auch für eine aktive Gestaltung deren Zukunft. ■ Literatur [1] Blom, H.: Sitzungen erfolgreich managen. Weinheim/ Basel 1999 [2] Boy, J./ Dudek, C./ Kuschel, S. : Projektmanagement. Offenbach 1997 [3] Domsch, M. E./ Harms, M./ Sticksel, P.: Bildungsbedarfsanalyse. Studienbrief des ZFUW, Kaiserslautern 2000 [4] Graf-Götz, F./ Glatz, H.: Organisation gestalten. Weinheim/ Basel 1999 [5] Heiner, M./ Meinhold, M./ Spiegel, H. v./ Staub-Bernasconi, S.: Methodisches Handeln in der Sozialen Arbeit. Freiburg i. B. 1994 [6] Kellner, H.: Ganz nach oben durch Projektmanagement. München/ Wien 2000 [7] Krämer-Stürzl, A.: Projektmanagement. Studienbrief des ZFUW, Kaiserslautern 2000 [8] Lipp, U./ Will, H.: Das große Workshop-Buch. Weinheim/ Basel 1996 [9] Mayrshofer D./ Kröger H. A.: Prozesskompetenz in der Projektarbeit. Hamburg 1999 [10] Meinhold M.: Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Sozialen Arbeit. Freiburg i. B. 1996 [11] Sattelberger, T.: Die Lernende Organisation. Wiesbaden 1996 [12] Schelle, H.: Projekte zum Erfolg führen. München 1999 [13] Schmidt E. R./ Berg, H. G.: Beraten mit Kontakt. Handbuch für die Gemeinde- und Organisationsberatung. Offenbach/ M. 1995 [14] Spiegel, H. v.: Aus Erfahrung lernen - Qualifizierung durch Selbstevaluation. Münster 1993 [15] Stürzl, W.: Potentialförderung durch Teamaktivitäten und Interventionstechniken. Studienbrief des ZFUW, Kaiserslautern 1998 Schlagwörter Lernen aus Projekten, Lernende Organisation, Projektabschluss, Projektbewertung, Projekterfolg, Zufriedenheit der Projektbeteiligten Autorin Elisabeth Stauber, Jahrgang 1962; Diplompädagogin, Aufbaustudium Personalentwicklung, Weiterbildung in Systemtherapie. Referentin für Personalentwicklung beim Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. und nebenberuflich Dozentin an der Ev. Fachhochschule für Sozialwesen Ludwigsburg-Reutlingen. Zuvor langjährige beraterisch-therapeutische Arbeit, Lehrtätigkeit und Leitung der Caritas im Landkreis Tübingen. Seit 5 Jahren haupt- und freiberufliche Arbeit in den Bereichen Fortbildung, Training und Coaching für Fach- und Führungskräfte, Projektberatung, Moderation und Konzeptentwicklung. Inhaltliche Schwerpunkte dabei: Projektmanagement, Selbstmanagement, Personalführung und -entwicklung, Future Research. Anschrift Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V. Bereich Bildung und Entwicklung Strombergstr. 11 D-70188 Stuttgart Tel.: 07 11/ 26 33-14 57 Fax: 07 11/ 26 33-12 87 E-Mail: stauber@caritas-dicvrs.de