PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Aufgabenmix aus Projektberatung, zentralem Projektcontrolling und Multiprojektsteuerung
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Oliver Steeger
Wettbewerb durch Effizienz: Mit einem Paukenschlag setzte die Politik Mitte der neunziger Jahre zu einer grundlegenden Gesundheitsreform an. Binnen kurzer Zeit veränderte sie die Rahmenbedingungen für die Krankenkassen. Wettbewerb der Kassen und Wahlfreiheit für die Versicherten revolutionierten das Gesundheitswesen. Für die Versicherten ein spürbarer Wandel. Die meisten Kassen mussten sich für diese Welt „rüsten“. Auch die „Kaufmännische Krankenkasse KKH“ in Hannover bereitete sich vor. Das Traditionsunternehmen reorganisierte sich in einem Konzert aus vielen Projekten, brachte beispielsweise mehr Effizienz in ihren so genannten Leistungsbereich, wo Ärzte, Apotheken, Krankenhäuser, Therapeuten und Rehabilitationskliniken ihre Dienste abrechnen. Mehr Effizienz in Vertriebsstruktur, Servicenetz und Verwaltung, so eine der Maximen. Kaum ein Bereich der Hannoveraner Kasse mit ihren bundesweit 4.200 Mitarbeitern blieb (oder bleibt) ausgespart, ein gewaltiges Programm, das nach KKH-Meinung kaum eine andere gesetzliche Krankenversicherung so umfassend angegangen ist. Die Fäden des umfassenden Projektprogramms laufen im „Project Office“ des Unternehmens zusammen. - PM-aktuell-Redakteur Oliver Steeger stellt das Office vor.
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4 REPORT P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 2 5 P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 2 D ie Zahlen sprechen für sich. Bei rund vier Milliarden Euro Haushalt spart das Change- Management einen zweistelligen Millionenbetrag ein. Zudem hoben zusätzliche Professionalität und intelligente Vertragslösungen die Leistungsqualität für die Versicherten deutlich an. Die Projekte haben es der KKH ermöglicht, auf den neu gesteckten politischen Rahmen erfolgreich zu reagieren, heißt es bei der Kasse. Sie sieht sich in deutlich besserer Position. Die Versorgung der gesetzlich Versicherten sei verbessert, die Kasse habe im Markt deutlich als Dienstleister Stellung bezogen, die Sachbearbeitung sei ebenso optimiert worden wie das Controlling-System. Die Fäden des umfassenden Projektprogramms laufen im „Project Office“ des Unternehmens zusammen. Mit einer Kombination aus Beratung, zentralem Projekt- Controlling und Multiprojektsteuerung hilft das Office seinen jährlich rund vierzig Projekten auf die Sprünge. Was Projektmanagementexperten beeindruckt: Das Project Office der KKH ist in seiner Entwicklung weit vorangeschritten, weiter als ähnliche Offices in der Industrie. Das hat Walter Hüskes, Leiter des Offices, indirekt gemerkt. Die Einladungen mehren sich, auf Fachtagungen das Konzept zu präsentieren. Auch KKH- Vorstandsvorsitzender Ingo Kailuweit stellte jüngst das Office auf einem Expertenmeeting vor: Der Erfolg könne sich sehen lassen. In der KKH wurde, seit sechs AufgabenmixausProjektberatung,zentralemProjektcontrolling undMultiprojektsteuerung Das„ProjectOffice“derKKHgiltalsMusterbeispiel OliverSteeger WettbewerbdurchEffizienz: MiteinemPaukenschlagsetztediePolitikMittederneunziger JahrezueinergrundlegendenGesundheitsreforman.BinnenkurzerZeitverändertesie dieRahmenbedingungenfürdieKrankenkassen.WettbewerbderKassenundWahlfreiheitfürdieVersichertenrevolutioniertendasGesundheitswesen.FürdieVersichertenein spürbarerWandel.DiemeistenKassenmusstensichfürdieseWelt„rüsten“.Auchdie „KaufmännischeKrankenkasseKKH“inHannoverbereitetesichvor.DasTraditionsunternehmenreorganisiertesichineinemKonzertausvielenProjekten,brachtebeispielsweise mehrEffizienzinihrensogenanntenLeistungsbereich,woÄrzte,Apotheken,Krankenhäuser,TherapeutenundRehabilitationsklinikenihreDiensteabrechnen.MehrEffizienzin Vertriebsstruktur,ServicenetzundVerwaltung,soeinederMaximen.KaumeinBereichder HannoveranerKassemitihrenbundesweit4.200Mitarbeiternblieb(oderbleibt)ausgespart, eingewaltigesProgramm,dasnachKKH-MeinungkaumeineanderegesetzlicheKrankenversicherungsoumfassendangegangenist.DieFädendesumfassendenProjektprogrammslaufenim„ProjectOffice“desUnternehmenszusammen.-PM-aktuell-Redakteur OliverSteegerstelltdasOfficevor. IneinemKonzertausvielenProjektenbrachtedie„KaufmännischeKrankenkasseKKH“beispielsweisemehr EffizienzinihrensogenanntenLeistungsbereich,woÄrzte, Apotheken,Krankenhäuser,TherapeutenundRehabilitationsklinikenihreDiensteabrechnen. Foto: KKH REPORT 6 REPORT P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 2 7 P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 2 Jahren eifrig vorangebracht, ein mustergültiges Project Office eingerichtet. Angesichts der vielen gestemmten Projekte hat sich das Office bestens bewährt. BeimProjektstartBeratungnötig „Wir begleiten die Projekte vom Start bis zum Abschluss“, erklärt Walter Hüskes den KKH-Ansatz. Und: „Wir verstehen uns dabei als interner Dienstleister des Projektleiters, eines unserer Hauptkunden.“ Dahinter steht eine ganze Liste von Aufgaben, die das Office übernommen hat. Es schult, berät und coacht Projektleiter. Zentrales Projektcontrolling und Multiprojektmanagement kommen hinzu. Zudem entwickelt und überwacht das Office Projektmanagementmethoden und Standards und leistet Support bei der PM-Software. Ein rundes Programm, das sich das fünfköpfige Team zur Aufgabe gemacht hat. „In der Startphase des Projekts haben Projektleiter häufig Probleme und sehen sich zudem einer Vielzahl zeitgleich zu erledigender Aufgaben gegenüber“, erklärt Walter Hüskes, „hier sind Beratung und Coaching stark gefragt.“ Tatkräftige Schützenhilfe, um die Projekte anzuschieben: Zielbestimmung des Projekts, Hilfe, das Projekt in Vorgehensziele und Ergebnisziele zu strukturieren. Das Project Office unterstützt bei Qualifizierungen, bei der Risikoanalyse, bei der Umfeldanalyse und dabei, das Projektteam zusammenzustellen. „So werden auf Wunsch des Projektleiters auch komplette Teambuilding-Workshops moderiert“, erläutert Hüskes das umfassende Angebot. ZentralesProjektcontrollingim„ProjectOffice“ Sind die Projektplanungen in „trockenen Tüchern“, verändert sich die Blickperspektive auf das Projekt. Je weiter das Projekt voranschreitet, desto mehr löst zentrales Projektcontrolling die Beratung ab - und das unterscheidet das Project Office der KKH von vielen ähnlichen Stellen. „Wir unterstützen zwar weiterhin bei der Steuerung des Projektes“, so Hüskes, „doch „Wirverstehenunsdabeialsinterner DienstleisterdesProjektleiters,einem unsererHauptkunden.“WalterHüskes, Leiterdes„ProjectOffice“derKKH HatbereitsselbstaufExpertenkonferenzendas„ProjectOffice“vorgestellt-KKH-Vorstandsvorsitzender IngoKailuweit Foto: KKH Foto: KKH das Controlling der Projektpläne und der Statusberichte tritt in den späteren Phasen in den Vordergrund.“ Kurz: Die Experten des Office sehen sich als „Lotsen“, die dem Projektleiter (dem „Kapitän“) helfen, durch schwierige Gewässer zu manövrieren. Sie haben sich weit mehr vorgenommen als nur Support für Projektleiter, als Betreuung und auch Coaching dann, wenn Projektleiter sich überlastet fühlen. Seinen ungewöhnlichen Aufgabenmix aus Beratung und Controlling hat das Project Office der KKH übernommen aus der Abteilung „Unternehmensentwicklung und Controlling“, in die es eingebettet ist. Hier bildet das Office ein eigenständiges Team und orientiert sich an der Controlling-Mentalität, die sich in dem Unternehmen ausgeformt hat - und die sich heute auf drei Ebenen bezieht. Die erste Ebene: das Analysieren, Planen und Steuern - die klassischen Aufgaben des Projektmanagements, in dem Controlling als wichtiges Instrument gilt. Die zweite Ebene: Vereinbarungen treffen und einhalten. Auf dieser Ebene betrachtet die KKH das Controlling als eine Art Kommunikationsansatz und Führungsmethode. Als dritte Ebene kommt das vernetzte Arbeiten hinzu. Hier gilt Controlling als Denkweise und Verpflichtung, als eine Art Arbeitsphilosophie, die die KKH im Unternehmen festgezurrt sehen will. Lenkungsausschussistzweiter„Kunde“ „Nachdem ich auf Fachtagungen unseren Ansatz mit dem anderer Unternehmen verglichen habe, scheinen Servicegroßgeschrieben: MitProjektenverbessertedie KKHdieVersorgungdergesetzlichVersicherten. Foto: Bayer 6 REPORT P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 2 7 P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 2 wir die Aufgaben eines Offices in der Tat umfassender zu verstehen“, bestätigt Walter Hüskes. Noch haben die Experten den Begriff „Project Office“ vergleichsweise unscharf gefasst. Unter diesem Etikett handelt die Projektmanagementszene derzeit einen ganzen Korb von Organisationseinheiten, die sich - irgendwie - um das Projektmanagement im Unternehmen bemühen. Ein reines Backoffice für Routineaufgaben versteht sich ebenso als Office wie Servicestellen oder komplexe Stellen, die auch Multiprojektmanagement durchführen oder einen eigenen Pool von Projektleitern bereitstellen. Die KKH hat früh auf diese umfassende „Project-Office“-Struktur gesetzt und dabei manchen Kraftakt geleistet. Heute hat das Project Office - neben den Projektleitern - einen weiteren Kunden. Den Lenkungsausschuss mit Vorstand, Hauptabteilungsleiter und dem Abteilungsleiter „Unternehmensentwicklung und Controlling“, der als zentraler Ausschuss alle Projekte auf strategischer Ebene überwacht. Auch er lässt sich von dem Office informieren, um Vorhaben zu priorisieren, zu genehmigen und zu begleiten. Multiprojektmanagementfür„Cockpit-Sicht“ In einem ausgeklügelten System zur Multiprojektsteuerung laufen die Fäden einzelner Projekte zusammen. In dem zentralen Multiprojekt zeichnet sich ab, wo welches Projekt steht, welche Mitarbeiter wo eingebunden DankneuerMedikamenteundTherapientut’snichtmehr ganzsoweh.MitderGesundheitsreformsolldiemedizinischeVersorgungerschwinglichbleiben.DieKassenallerdingsstelltedieReformvorneueHerausforderungen. Foto: Bayer 8 REPORT P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 2 9 P R O J E K TMANA G E M E N T 4 / 2 0 0 2 ImBlick: Die„Kaufmännische KrankenkasseKKH“ Rund zwei Millionen Versicherte und ein Etat von über vier Milliarden Euro - die KKH ist nach eigenen Angaben die viertgrößte bundesweite gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland. Und eine traditionsreiche dazu. Ihre historische Spur geht zurück ins Jahr 1862. Kaufmannsgehilfen gründeten in Halle an der Saale den Kaufmännischen Verein, um Mitgliedern zu helfen, die durch Krankheit in Not geraten waren. 1890 formierte die Generalversammlung aus ihrem Verein eine Krankenkasse. Heute ist die KKH eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie bezeichnet sich als modernes, servicestarkes Dienstleistungsunternehmen mit schlanken Verwaltungsstrukturen und eindeutiger Zukunftsorientierung. Flächendeckend in allen Bundesländern vertreten, betreibt sie 114 KKH-Servicestellen und beschäftigt bundesweit rund 4.200 Mitarbeiter. sind, was überhaupt derzeit „läuft“. Dabei kann im Prinzip jede Führungskraft auf die Daten des Multiprojektsystems zurückgreifen. Nicht nur der Vorstand, auch Linienmanager und die Projektleiter selbst. Damit hält das Project Office die Verbindung zwischen den Projekten und dem Lenkungsausschuss, lässt Informationen fließen, vermittelt, berät und ebnet Wege. Insofern erlaubt das Multiprojekt eine zentrale Steuerung von Projekten. Wichtige Stichworte sind einheitliche Berichtsbasis, einheitliche Ermittlung des Ressourcenbedarfs, Übersicht über Abhängigkeiten zwischen Projekten und Ressourcen sowie ein laufender Abgleich der Planung mit dem Projekt-Portfolio. Walter Hüskes spricht von einer „Cockpit-Sicht für alle Führungskräfte“. Monatlich werde die Sicht aktualisiert, zudem bringt das Office vor jeder Sitzung des Lenkungsausschusses die Daten auf neuesten Stand. Vertrauenaufbauen Dem Lenkungsausschuss und zugleich den Projektleitern verpflichtet - da kann es zu Rollenkonflikten kommen. Kann es, wenn das Project Office nicht vorbeugt. Mit fairen Spielregeln und offener Kommunikation begegnet das Project Office der Gefahr. „Um Rollenkonflikte zu vermeiden oder nicht zwischen die Fronten zu geraten, muss man sich Vertrauen erarbeiten und es pflegen“, sagt Hüskes. Offenheit ist ein wichtiges Stichwort. Fordert beispielsweise ein Top-Manager Daten zu einem Projekt an, bekommt der agierende Projektleiter zuvor Nachricht. „Es kann ja sein, dass er gerade dabei ist, diese Daten zu aktualisieren“, erklärt Walter Hüskes. Bei allen Controlling-Aufgaben, die er neben dem Service in seinem Büro entfaltet, weiß er: Controlling heißt nicht kontrollieren. Sondern fördern. SchulungundBeratungvonProjektleiternistnureineAufgabedesProject Offices. RundzweiMillionenVersicherteundeinEtatvonübervierMilliardenEuro-die KaufmännischeKrankenkasseKKHinHannover Foto: KKH Foto: KKH