eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 14/1

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
pm
2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
31
2003
141 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

GPM intern

31
2003
pm1410046
46฀฀ GPM฀INTERN P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 1 / 2 0 0 3 Dr.฀Ulrich฀Wolff฀zum฀GPM-Ehrenmitglied฀ ernannt  Projektmanagement-Ausbilder scheinen derzeit auf einer Insel der Seligen zu leben: Den Weiterbildungsmarkt haben rauhes Klima und Eistreiben erfasst. Eitel Sonnenschein dagegen bei Kursen zu Projektmanagement-Qualifizierungen. Von Wachstum um die 20 % ist die Rede, eine florierende Marktnische, in der auch der Lehrgang „Projektmanagement-Fachmann“ der GPM wächst und gedeiht. „Rund 3.500 PM-Fachleute hat die GPM bislang qualifiziert“, berichtet GPM-Vorstand Dr. Ulrich Wolff nicht ohne Stolz, „Tendenz stark steigend.“ Die Erfolgsbilanz des Lehrgangs vermeldete Dr. Ulrich Wolff auf der jüngsten GPM-Mitgliederversammlung - allerdings zum letzten Mal. Nach zwölf Jahren gab er den Vorsitz ab. Er schied aus dem Vorstand aus, eine dritte Wiederwahl gestattet die Satzung des Fachverbands nicht. Es befriedigt ihn, seinem Nachfolger ein gutes Erbe zu hinterlassen. Die Chancen stehen gut, dass der Vorstand im nächsten Jahr seinen Mitgliedern ähnlich gute Zahlen kundtut. Und er weiß, dass der Vorstand den Lehrgang weiterhin pflegen wird, eine beruhigende Gewissheit. Immerhin hat Dr. Ulrich Wolff den Lehrgang als federführender Projektleiter konzipiert, immer wieder aktualisiert und als zuständiger Vorstand betreut. Der PMF, sein „Baby“? Eher: Eines seiner Babies. Sein Lieblings-Baby? Vielleicht. „Es ist befriedigend, etwas zu initiieren, sich gemeinsam mit Mitstreitern für etwas einzusetzen und dann zu sehen, wie die Sache fruchtet“, meint er sachlich. Doch seine Mimik verrät: Es freut ihn, dass der PMF gewissermaßen erwachsen geworden ist und auf eigenen Füßen steht. So berichtet Dr. Ulrich Wolff mit sympathischer Zurückhaltung auch über die anderen Erfolge seiner zwölfjährigen Vorstandstätigkeit. Da sind die ständig steigende Mitgliederzahl des Fachverbands, der Aufbau der Geschäftsstellen von GPM und PM-ZERT in Nürnberg und der Weltkongress in Berlin. Beachtliches, meint er, was sich in den zwölf Jahren ereignet hat, was er mit seinen Kollegen und vielen Helfern „gestemmt“ hat. Bei aller Selbstbescheidung stellt Dr. Wolff sein Licht nicht unter den GPM-Mitglieder: ฀ 2.927 Davon฀Firmenmitglieder: ฀ 177 Teilnehmer฀am฀Lehrgang฀„Projektmanagement-Fachmann“: ฀ 4.003 Durch฀PM-Zert฀vergebene฀Projektmanagement-Zertifikate฀insgesamt: ฀ 1.615 ฀+ +++ +++ +++ +++ +++ + ฀+ +++ +++ +++ +++ +++ + Dr.฀Ulrich฀Wolff: ฀Zwölf฀Jahre฀im฀ Vorstand฀der฀GPM,฀zuletzt฀als฀Vorsitzender Foto: ฀privat Scheffel. Er hat einen angenehmen Weg gefunden, Fakten sprechen zu lassen - und dann anderen zu überlassen, darüber zu befinden. Eben dies haben die GPM-Mitglieder auf der jüngsten Versammlung getan. Sie ernannten den Weimarer Projektmanagement-Experten mit langem Applaus zum Ehrenmitglied, eine Anerkennung für das Engagement und Verdienst des Projektmanagement-Spezialisten. Diese Verdienste, so wissen ältere GPM-Mitglieder, erstrecken sich längst nicht nur auf die Projektleiter-Qualifizierung. Dr. Ulrich Wolff gilt als Projektmanagement-Pionier in der ehemaligen DDR, dann als Vermittler zwischen Ost und West, schließlich als ein energischer „Vereiniger“ der beiden deutschen Projektmanagement-Verbände. So war an die Wiedervereinigung Deutschlands noch gar nicht zu denken, da hat er bereits mit gleich gesinnten Kollegen Kontakte und Fachaustausch zwischen Projektmanagern aus West und Ost organisiert. 1983 traf sich die Fachgruppe „Projektlenkung“ in Friedrichshütte mit Experten aus der West-GPM, darunter Klaus Pannenbäcker, Roland Gutsch und Prof. Sebastian Dworatschek. Der „westlastige“ Begriff Projektmanagement war im Osten Deutschlands mit eisernem Tabu belegt. Das hinderte die Experten nicht, bis spät in die Nacht eben doch zu diesem Thema zu diskutieren. Im Sommer 1990, kurz nach der Wende reiste er mit weiteren Fachkollegen nach Bremen, um westliches Projektmanagement-Knowhow aus erster Hand zu lernen. „Das war für uns eine wichtige Hilfeleistung der GPM“, meint er heute. 1990 gründete er mit Dr. Wolfgang Schallehn die GPM der DDR, sie wurde 1991 auf einer gemeinsamen Vorstandssitzung in Weimar mit der West-GPM zusammengeschlossen. Im gleichen Jahr rief er für die „Gesamt-GPM“ die Regionalgruppe Weimar/ Thüringen ins Leben und leitete sie bis 1996. In den Vorstand gewählt machte er die Ausbildung und Weiterbildung zu seiner Sache, ein Ressort, das sich mehrfach wandelte, aber immer in seiner Hand blieb. Weiterer Meilenstein: 1993 organisierte er als Projektleiter das Projektmanagement- Forum in Weimar, das erste GPM- 47฀฀ ฀ P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 1 / 2 0 0 3 Forum auf dem Boden der Neuen Bundesländer. Rund 500 Teilnehmer reisten in die Kulturstadt. Zufrieden und erstaunt zugleich sah er seit 1993 auch das zarte Pflänzchen „Lehrgang Projektmanagementfachmann“ wachsen. 1996 gab er mit seinem Team dem Lehrgang ein neues Konzept. Sozialkompetenz floss vermehrt in die Lehrinhalte ein, Übungen sollten den Praxistransfer verbessern, ein neues Lizenzmodell für größere Verbreitung sorgen. 35 Trainer wurden 1998 speziell für den Lehrgang ausgebildet und lizenziert (heute: 65 Trainer). Dann, im Januar 2000, absolvierte der eintausendste Projektmanagement-Fachmann das Curriculum, sieben Jahre nach dem Start. Im Sommer 2001 die Nachricht aus der Geschäftsstelle: Der zweitausendste Fachmann steht vor dem Abschluss. „Sieben Jahre haben wir für das erste Tausend gebraucht“, wunderte sich Dr. Ulrich Wolff, „nicht einmal zwei Jahre für das zweite Tausend.“ Das Projekt nahm Fahrt auf, das „Baby“ lernte allein zu laufen. Genug Zeit für etwas Neues, ein neues Projekt, ein neues Produkt. „Dieses Neue war dann die Zertifizierung“, berichtet Dr. Ulrich Wolff. Gemeinsam mit Dr. Erhard Motzel, Prof. Sebastian Dworatschek und Klaus Pannenbäcker ließ er sich zum Quartett der „Ur-Assessoren“ ausbilden, zu Fachleuten, die selbst Assessoren für ihre Aufgaben vorbereiten dürfen. Damit stieß er ein zweites Angebot der GPM an. Heute haben bereits 1.000 Projektmanager das Zertifikat der unabhängigen, GPM-eigenen Zertifizierungsstelle „PM ZERT“ erhalten. „Auch hier zeichnet sich ein großer Erfolg ab“, meint Dr. Ulrich Wolff. Das alles hätte sich Dr. Ulrich Wolff vor 20 Jahren nicht träumen lassen, als er erstmals die Projektmanagement-Brücken von Weimar aus Richtung Westen schlug. Und erst recht nicht 1964, als er erstmals mit der Netzplantechnik in Berührung gekommen war. Er war Bauleiter und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der damaligen „Hochschule für Architektur und Bauwesen“ in Weimar und promovierte 1968 zum Thema „Kostenoptimierung in der Netzplantechnik“. Ein für die Planwirtschaft sehr theoretisches Gebiet, wie er mit leiser Ironie berichtet. „Wir kannten ja nur Festpreise“, erzählt Dr. Ulrich Wolff, „ob Sie einen Kubikmeter in Jena oder Rostock kauften - er kostete überall gleich viel.“ Milde gesagt: Keine gute Grundlage für Kostenrechnung. Bauprojektleiter in der DDR - unter Umgehung westlicher Begrifflichkeiten „Auftragsleiter“ genannt - mussten ohnehin andere Qualitäten beweisen. Beispielsweise Organisationstalent und Phantasie, um die Mangelware Baustoffe aus allen Gegenden herbeizuschaffen. Notfalls auch selbst hinter dem LKW-Steuer. Auf฀der฀jüngsten฀Mitgliederversammlung฀wurde฀der฀scheidende฀GPM-Vorsitzende฀Dr.฀Ulrich฀Wolff฀zum฀Ehrenmitglied฀ernannt.฀Auf฀dem฀Foto฀überreicht฀ihm฀ Vorstandsmitglied฀Günter฀Rackelmann฀(links)฀die฀Ernennungsurkunde. Foto: ฀Oliver฀Steeger 1971 wurde Dr. Wolff in Weimar zum Hochschuldozenten berufen, er begründete erstmals das Lehrgebiet Projektmanagement in der DDR. Mit dem Begriff „Leitung und Organisation der Bauproduktion“ umging man sorgfältig den politisch missliebigen Begriff Management. „Faktisch habe ich mich wahrscheinlich als einer der Ersten in der DDR wissenschaftlich mit dem Thema Projektmanagement beschäftigt“, berichtet Dr. Ulrich Wolff. Und als er 1973 nochmals zum Bau zurückkehrte und an der Rekonstruktion der Berliner Charite mitwirkte - da waren die Parallelen zum (westlichen) Projektmanagement kaum noch zu übersehen. Ab 1975 baute er an der Bauhaus-Universität in Weimar die Betriebswirtschaftsinformatik und das Projektmanagement auf - eben das Forschungsfeld, das der 65-Jährige bis heute leitet und demnächst auch an einen Nachfolger übergibt. „Was das Projektmanagement betrifft, so haben unsere Studenten heute die Zeichen der Zeit erkannt“, meint Dr. Ulrich Wolff. Angehende Bauingenieure und Architekten besuchen Projektmanagement-Lehrveranstaltungen, häufig zusätzlich oder als Wahlvertiefungsfach. Für die berufliche Weiterbildung der Bau-Fachleute leitet Dr. Ullrich Wolff seit 1998 die „Bauhaus Weiterbildungsakademie Weimar e.V.“, ein anerkanntes, so genanntes „An-Institut“ der Bauhaus-Universität, das sich mit derzeit vier Studiengängen unter anderem zum Projektmanagement an berufstätige Ingenieure richtet. Neben Projektmanagement stehen Fabrikplanung, Baumanagement und Bauwerkserhaltung auf dem Lehrplan. „Diese Akademie werde ich weiterhin leiten“, plant Dr. Ulrich Wolff. Und die GPM? „Da gibt es genug Aufgaben“, meint er. Beispielsweise den PMF-Lehrgang weiterentwickeln und aktualisieren, auch die Assessorentätigkeit weiterführen. Aber auch privat ist er aktiv im „Taubacher Männerchor“, der über Weimar hinaus einen guten Ruf genießt. Der scheidende GPM-Vorsitzende interpretiert den „Ruhestand“ eigenwillig - als die „Ruhe, etwas Neues zu beginnen.“ O.฀Steeger