eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 14/3

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
91
2003
143 Gesellschaft für Projektmanagement

Projekt Controlling - eine vergessene Disziplin?

91
2003
Dieter S. Koreimann
Die Anwendung der Methoden des Project Controlling ist in der Praxis nach wie vor unterrepräsentiert, obwohl zahlreiche Projekte weder die zeitlichen noch die finanziellen und inhaltlichen Ziele erreichen. Mit diesem Beitrag soll die Notwendigkeit für ein systematisches Controlling hervorgehoben werden, wobei der Schwerpunkt auf einer pragmatisch anwendbaren Vorgehensweise liegt. Die Problematik einer mehrdimensionalen Controlling-Systematik, in die mehrere Instanzen und Funktionen eingebettet sind, wird ebenso behandelt wie die Checklisten der verschiedenen Kontrollobjekte, die als Leitfaden für die Kontrollverantwortung des Projektleiters und der Kontrollfunktionen dienen können.
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18฀฀ P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 3 / 2 0 0 3 WISSEN 19฀฀ ฀ P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 3 / 2 0 0 3 [6, S. 215]. Zwischen dem operativen und strategischen Controlling steht das dispositive Controlling, das sich auf die Abstimmung der Projektpläne und deren Interdependenzen bezieht, vor allem auf den Ausgleich der knappen Ressourcen. Allen drei Bereichen können vier Kontroll- und Steuerungsfelder zugeordnet werden: a) das formale Controlling, dessen Ziel auf die Einhaltung gesetzlicher, vertraglicher und betriebsinterner Vorschriften und Vereinbarungen gerichtet ist, z. B. die Einhaltung der Berichts-, Dokumentations- und Vertragsvorschriften sowie auf die formalen Aspekte des Vorgehensmodells (Reviewtermine, Protokollpflichten, schriftliche Vereinbarung der Rechte und Pflichten der Beteiligten, Delegationsauftrag, Projektauftrag); b) das inhaltliche Controlling, das sich im Wesentlichen auf die Zielerreichung, die Qualitätskontrolle, die sachliche Definition des Projektstrukturplans und der Arbeitspakete sowie auf die Termineinhaltung und den Personaleinsatz konzentriert; c) das finanzielle Controlling, das die Budgetierung, die Steuerung und Überwachung des Ressourcenverbrauchs in monetären Größen und die Kontrolle der Investitionen zum Gegenstand hat. Darüber hinaus hat das finanzielle Controlling die Aufgabe, Machbarkeitsstudien durchzuführen bzw. kritisch zu überprüfen sowie die Risiken durch entsprechende Umfeldanalysen zu bewerten und geeignete Präventivmaßnahmen auszuarbeiten; d) das Controlling der Unterstützungsfunktionen, das sich auf die Steuerung und Überwachung der Support-Funktionen bezieht, vor allem auf die Mitwirkung der sog. Beratergremien, die als „Beauftragte“ im Unternehmen definiert sind und Einfluss auf die Güte und Qualität eines Projekts nehmen (z. B. Datenschutz, Ergonomie, Datensicherheit, Arbeitsplatz- und Bürogestaltung). Die Gesamtheit der Controlling-Aktivitäten lässt sich gemäß Abb. 1 in zwei Hauptbereiche untergliedern. 3฀ Instanzen฀des฀Project฀Controlling Grundsätzlich ist das Project Controlling als Bestandteil des Unternehmens Controlling zu betrachten. Dadurch ergibt sich die Notwendigkeit der Einbettung des Project Controlling in die Unternehmensorganisation. Steinle et al. [7, S. 133 ff.] definieren die Mehrdimensionalität als kennzeichnendes Kriterium eines modernen Organisationskonzepts. Dabei steht die Koordinationsfunktion einer Vielzahl die Projekte bestimmender Einzelaufgaben sowie die Steuerung der organisatorischen Schnittstellen im Vordergrund. Die Abstimmung von Planung und Kontrolle erweist sich als ein zentrales Anliegen des Project Controlling, die mit dem zeitlichen Ablauf der einzelnen Phasen eines Projekts einhergeht. Steinle et al. definieren ein Phasenkonzept der Controlling-Aktivitäten und unterscheiden dabei drei Phasen:  Phase der konzeptionellen Planung und Grundgestaltung (Konzeptionsphase);  Phase der Systemgenerierung und Implementierung (Realisationsphase) und  Kontroll- und Abschlussphase (Reviewphase). Ordnet man das gesamte Spektrum der Controlling- Aktivitäten der Management-Pyramide [8, S. 156] zu, dann lässt sich ein abgestimmtes System des Programm-, Planungs- und Zielerreichungs-Controllings gemäß Abb. 2 ableiten. Die Aufgabengliederung der einzelnen Instanzen folgt dem Prinzip des „Feed-forward“ und „Feed-back“: Feed-forward bedeutet die durch die Kontrollstandards definierten Ziel- und Planungsvorgaben (Top down), während das Feed-back die Rückkopplung der betrieblichen aktuellen Werte und Ereignisse darstellt (Bottom up). Folgen diesem Regelkreis entlang dem zeitlichen Projektverlauf eine kontinuierliche Steuerung und Kontrolle, dann sind aus einem zeitnahen Plan-Ist- und Plan-Plan-Vergleich Abweichungen im Sinne eines Frühwarnsystems erkennbar, die ein rechtzeitiges Eingreifen zur Sicherstellung eines ordentlichen Projektverlaufs Project฀Controlling Steuerungsfunktion Kontrollfunktion Unterstützung Inhalt Formal Finanzen Abb.฀1: ฀Kernbereiche฀des฀Project฀Controlling 20฀฀ P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 3 / 2 0 0 3 WISSEN 21฀฀ ฀ P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 3 / 2 0 0 3 zulassen. Es ergibt sich aus ablauforganisatorischer Sicht eine arbeitsteilige Struktur des gesamten Project Controlling, dessen Szenario in Abb. 3 dargestellt ist. Alle genannten Instanzen sind direkt oder indirekt in das Project Controlling eingebunden, wobei eine differenzierte und abgestimmte Arbeitsteilung realisiert wird, deren wichtigste Aufgaben wie folgt bestimmt sind:  Die Projektleitung und das Projektteam sind primär mit der operativen Steuerung des Projekts beauftragt, wobei als Generalaufgabe die vereinbarte zielentsprechende Ergebnisrealisierung gilt.  Das Project Controlling erweist sich als eine Unterstützungs-Instanz, die den Rang einer Abteilung analog der innerbetrieblichen Revision einnehmen kann. Diese Instanz unterstützt die Projektleitung und das Projektteam auf allen Ebenen des betrieblichen zur Verfügung stellen. Es handelt sich dabei um die Funktionen Datenschutz, Datensicherheit, Büro- und Ablauforganisation, Betriebsrat, Ergonomie, Rechenzentrum, Benutzerunterstützung, Wartungsteams, Qualitätssicherung, Facility Management, Standards und Normung. Sie alle nehmen Einfluss auf das Projekt bzw. sind in ihren Bereichen von der Projektrealisierung direkt oder indirekt betroffen.  Die Fachabteilung bzw. die Auftraggeber nehmen im Rahmen des Project Controlling eine besondere Stellung ein: Sie sind verpflichtet, Teilergebnisse während der Projektentwicklung kritisch zu überprüfen. Dazu zählen nicht nur die laufenden Statusberichte des Teams, sondern vor allem die Ergebnisse der einzelnen Checkpoints oder Reviewtermine, insbesondere die Überprüfung des Pflichtenheftes und der Testvorbereitungen sowie die Analyse der Testergebnisse. Formal Inhalt Finanzen Support Strategisches฀Controlling: Programm-Management, Portfolio-Analysen Dispositives฀Controlling: Planungs-Management Operatives฀Controlling: Zielerreichungs- Management Abb.฀2: ฀Management-Aktivitäten฀des฀Controllings Instanz Aufgaben Projektleiter und Team Project Controlling Unternehmens- Controller Support- Abteilungen Fachabteilung Externe Berater Finanz- Controlling Project- Budget Kennzahlen- Analysen Portfolio- und Risiko- Analyse Kosten- Analyse Kosten- Umlagen Risiko- Szenarien Formal- Controlling V-Modell Standards Wert- Analysen Wirtschaftlichkeit Normen- Konformität Dokumentation Termine Team- Reviews Inhalts- Controlling Arbeitspakete Zielerreichung Budget- Analyse Earned Value Analyse Normen u. Standards Pflichtenheft Change Mgmt. Zielerreichung Abb.฀3: ฀Szenario฀des฀Project฀Controlling฀(Beispiele) Controllings, z. B. bei der Durchführung von Projekt-Reviews, der Bereitstellung repräsentativer Kennzahlen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse und den Methoden der Nutzenanalyse.  Das unternehmensweite Project Controlling, wahrgenommen durch den Unternehmens-Controller, konzentriert sich auf das strategische Projektportfolio, auf das Investitionsbudget (insbesondere bei Infrastruktur-Projekten) sowie auf alle Fragen, die mit der Ausrichtung des Unternehmens auf den Führungsstil „Management by Projects“ zusammenhängen. Dabei spielen unternehmensspezifische Organisationsmuster, z. B. Lenkungsgremien oder Ownership-Relationen eine besondere Rolle, da an sie derartige strategische Aufgaben delegiert werden können.  Die Unterstützungsfunktionen sind Teil der Projektorganisation, die ihr Fachwissen für die Projektrealisierung dem Team 20฀฀ P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 3 / 2 0 0 3 WISSEN 21฀฀ ฀ P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 3 / 2 0 0 3 Eine Besonderheit stellt die Einbeziehung des Aufraggebers bei kundenorientierten Projektrealisierungen dar. Inwieweit sie als formal legitimierte Controlling-Instanzen agieren, muss durch vertragliche Vereinbarungen zu Beginn eines Projekts geklärt werden. Allerdings kann beobachtet werden, dass im Rahmen so genannter Prosumer-Projekte (Producer/ Consumer) der Auftraggeber auch als Kontrollorgan mit definierten Rechten und Pflichten wirkt. 4฀ Aufgaben฀des฀Project฀Controlling In der Praxis kann oftmals beobachtet werden, dass das Project Controlling - sofern es überhaupt wahrgenommen wird - in viel zu späten Phasen des Projekts einsetzt, zumeist dann, wenn eklatante Fehlleistungen oder Kostenüberschreitungen im Finanzgebaren offenkundig werden. Das systematische Project Controlling beginnt dagegen bereits bei der Vorbzw. Machbarkeitsstudie und sollte Bestandteil der Projektumfeldanalyse sein. Die Feasibility-Studie klärt nicht nur die organisatorische und technische Machbarkeit, sondern ganz wesentlich auch die finanziellen Rahmenbedingungen, die bei größeren Portfolios wegen der oftmals notwendigen infrastrukturellen Investitionen als limitierender Faktor für die Zielerreichungsgarantie bzw. den sachlichen Inhalt und damit die Reichweite des Projekts wirken. 4.1฀ Milestones฀des฀Project฀Controlling Auch für das Project Controlling gelten analog den Checkpoints des Project Life Cycle wichtige Termine bzw. Zwischenergebnisse, die für den weiteren Fortgang des Projekts und damit die Projektsteuerung verbindlich sind. Liegt dem Entwicklungsprozess ein Phasenmodell zugrunde, dann bestimmen die Endtermine der einzelnen Phasen den jeweiligen Checkpoint (Review-Date) für das Controlling, und zwar in allen Bereichen, wie sie in Abb. 1 dargestellt wurden. Als besonders kritische Checkpoints für derartige Reviews gelten:  die „Go-Entscheidung“ zu Beginn des Projekts, die üblicherweise durch das Kick-off-Meeting bestimmt wird. Gegenstand der Überprüfung sind hier die organisatorischen und finanziellen Ziele sowie die operationalisierten Ziele, wie sie vom Auftraggeber vorgegeben wurden. Die Vorbereitung eines Kick-off- Meetings erfordert daher eine sorgfältige Kontrollaktivität, um zu verhindern, dass bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt unrealistische Projektziele angekündigt werden und Erwartungen geweckt werden, die sich dann im Verlauf der Entwicklung als nicht realisierbar erweisen;  Pflichtenheft und konzeptionelles Design: Werden die Phasen „Systemanalyse“ und „System Design“ zu einer Phase „Konzeptionelles Design“ zusammengefasst, stellen das Pflichtenheft und dessen Überprüfung einen Meilenstein des Controllings dar. Als Hilfsmittel dienen die einschlägigen Normen (z. B. DIN 69 901 ff., ISO 10 006, DIN EN ISO 10 007). Das Pflichtenheft mit seinem Charakter als Dienstleistungsvertrag zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer (das ist das Entwicklungsteam) erfordert eine Überprüfung auf allen Ebenen des Controllings. Eine entsprechende Aufbereitung des Pflichtenhefts in die vier Hauptbestandteile Organisations-, Fach-, Technik- und Realisierungskonzept erleichtert die Überprüfung, insbesondere für den Auftraggeber, dessen Hauptinteresse das Fach- und Organisationskonzept sind. In der Regel beginnt mit dem Sign off des Pflichtenhefts (das ist die formale Akzeptanz der Lösungskonzeption) auch das „Software Freeze“ („Frozen Zone“), mit dem die Vereinbarungen über das Change Request Management festgelegt werden;  Vorbereitung Testphase: Nach Abschluss der Phase „Realisierung“ (Programmierung und Modultest) beginnt die Testphase, für deren Durchführung umfangreiche Vorbereitungen zu treffen sind. Die spezifischen Reviews beziehen sich dabei nicht nur auf die Code Inspection, sondern auch auf die Überprüfung des gesamten Testplans (z. B. Aufbau des Testsystems, Bereitstellung der Testdaten, Verfügbarkeit des Personals und der Rechenkapazitäten);  Durchführung des Integrationstests und die anschließende Freigabe zur Umstellung („Going Life“) stellen den letzten Checkpoint des Controllings während der Entwicklungsarbeiten dar. Die Überprüfung der Testergebnisse in fachlicher und technischer Sicht (z. B. Laufzeitverhalten, Antwortzeit, Durchsatz, Datensicherung) sowie die Korrektheit der Geschäftsprozesse bestimmen zugleich das Einverständnis der Auftraggeber. Als finanzielle Kontrolle erfolgt nach der erfolgten Umstellung die Projektabschlusskontrolle, Anzeige 22฀฀ P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 3 / 2 0 0 3 WISSEN 23฀฀ ฀ P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 3 / 2 0 0 3 die sich auf die Ermittlung der projektspezifischen Kennziffern konzentriert und damit die Voraussetzung für eine nachfolgende Wirtschaftlichkeitsanalyse bildet („Earned Value Analysis“). Bei Migrationsprojekten (z. B. SAP R/ 2 nach R/ 3) werden inhaltlich ähnliche Reviews empfohlen [9, S. 3-5], wobei allerdings die Phasenfolge etwas differenziert ist, z. B.: Customizing entsprechend den Anforderungen des Auftraggebers, Customizing Level für den Integrationstest, Customizing Test aller Geschäftsprozesse, Authorized Concept (i. e. das Pflichtenheft), Aufbau des Produktiv-Systems, Migration Phase 1 und Phase 2, Migration zum Produktiv-System und Projektabschlusskontrolle. Bedeutend für die Gesamtheit der Controlling-Aktivitäten ist ein von allen Projektbeteiligten bereits zu Beginn eines Projekts fest vereinbarter Review-Plan, in dem die Milestones des Controllings und die entsprechenden Kontrollobjekte definiert sind. Der Reviewplan ist ein Bestandteil des Projektplans, womit die logische Verbindung zwischen Planung und Kontrolle erreicht wird. 4.2฀ Kontrollobjekte In den Abbildungen 4 bis 7 werden beispielhaft einige typische Kontrollobjekte dargestellt, die als Leitfaden für den Aufbau eines Kontrollsystems dienen können. Die Checklisten erheben keinen Anspruch auf Vollstän- Checkliste Finanzkontrolle: Kontrollobjekte  Machbarkeitsstudie, Durchführung und Bewertung ฀฀ Risiko-Chancen-Analyse ฀฀ Investitionsbudget ฀฀ Benchmarking ฀฀ Kennzahlen-Analyse ฀฀ Early-Warning-Indikatoren ฀฀ Projektbudget, Plan-Ist-Vergleich, Prognosewerte ฀฀ Planfortschrittsergebnisse ฀฀ Kosten-Nutzen-Analyse ฀฀ Earned-Value-Analyse ฀฀ Bereitstellung und Quantifizierung der Bewertungsfaktoren ฀฀ Projektabschlussbewertung ฀฀ Kostenstellen-, Kostenartenanalyse ฀฀ Innerbetriebliche Verrechnungssätze ฀฀ Bewertung der Projektindikatoren Abb.฀4: ฀Checkliste฀Finanzkontrolle: ฀Kontrollobjekte Checkliste Formalkontrolle: Kontrollobjekte  Dokumentenverwaltungssystem ฀฀ Aufbau und Struktur des Repository ฀฀ Inhalt, Aufbau und Objekte des Projektplans ฀฀ Vertragliche Abmachungen, Abstimmung mit Rechtsabteilung ฀฀ Einhaltung interner Standards und Normen, z. B. Projektleitfaden ฀฀ Protokolle durchgeführter Reviews ฀฀ Vereinbarungen mit dem Auftraggeber ฀฀ Teamorganisation, Einweisung in die Aufgaben ฀฀ Delegationsaufträge für Arbeitspakete ฀฀ Dokumentation durchgeführter Workshops und ฀฀฀฀฀ Qualifizierungsmaßnahmen ฀฀ Termin-Management ฀฀ Stellvertreterregelungen ฀฀ Schriftliche Vereinbarungen der Rechte und Pflichten der Projektmitarbeiter ฀฀ Absprachen mit dem Personalbzw. Betriebsrat ฀฀ Kommunikationsmatrix und Präsentationsstandards ฀฀ Letzter Termin des Statusreports und dessen Inhalt Abb.฀5: ฀Checkliste฀Formalkontrolle: ฀Kontrollobjekte Checkliste Inhaltskontrolle: Kontrollobjekte ฀฀ Vorgehensmodell, Phasengliederung, Migrationsplan ฀฀ Checkpoints und Reviewtermine ฀฀ Aktualität des Projektplans ฀฀ Zielvereinbarungen ฀฀ Operationalisierung der Ziele ฀฀ Qualitätskriterien und deren Quantifizierung ฀฀ Plan-Ist-Vergleich der aktuellen Situation ฀฀ Plan-Plan-Vergleich (Outlook) ฀฀ Restarbeitsvolumen in Manntagen ฀฀ Konfidenzintervall der Terminsituation ฀฀ Change Request Management Procedure ฀฀ Inhalt und Struktur des Pflichtenheftes ฀฀ Fachkonzept ฀฀ Organisationskonzept ฀฀ Technikkonzept ฀฀ Realisierungskonzept ฀฀ Absprachen (Genehmigungen) der Auftraggeber ฀฀ Arbeitspakete und deren inhaltliche Beschreibung ฀฀ Rückmeldungen der Projektmitarbeiter ฀฀ Einbindung der Unterstützungsfunktionen ฀฀ Datum des letzten Team-Meetings (Protokoll) Abb.฀6: ฀Checkliste฀Inhaltskontrolle: ฀Kontrollobjekte Checkliste Unterstützungsleistungen: Kontrollobjekte ฀฀ Absprachen mit dem Betriebsrat: Personalfunktion ฀฀ Gutachten und Fremdsupport: Finanzabteilung, Lenkungsgremium ฀฀ Verträge mit Externen: Rechtsabteilung ฀฀ Büro- und Arbeitsablaufsteuerung: Organisationsabteilung, Betriebsrat ฀฀ Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung: Ergonomie- Beauftragter ฀฀ Datenschutzbestimmungen: Datenschutz-Beauftragter ฀฀ Datensicherheit: Sicherheits-Beauftragter, Rechenzentrum ฀฀ IT-Konzept (DV-Topologie): Rechenzentrum ฀฀ Qualitätsstandards: Qualitätsbeauftragter ฀฀ Qualifizierungsmaßnahmen: Schulungsabteilung ฀฀ Beschaffungsmaßnahmen: Einkaufsbereich ฀฀ Raumgestaltung: Facilitiy Management, Büroorganisation Abb.฀7: ฀Checkliste฀Unterstützungsleistungen: ฀Kontrollobjekte 22฀฀ P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 3 / 2 0 0 3 WISSEN 23฀฀ ฀ P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 3 / 2 0 0 3 digkeit, zeigen jedoch in ihrer Gesamtheit die Komplexität und die Bedeutung des Project Controlling auf. Bei der finanziellen Kontrolle und Steuerung sind die projektspezifischen Indikatoren des finanziellen und leistungsmäßigen Status sowie deren Projektion über den Gesamtverlauf des Projekts von Bedeutung. Nur durch die Projektion der Indikatoren gelingt es, ein Frühwarnsystem zu etablieren, das rechtzeitige Steuerungsmaßnahmen zur Sicherung eines ordentlichen Projektverlaufs ermöglicht. Krüger et al. [10, S. 144 f.] nennen einige dieser Indikatoren, z. B.: (a) Realisierungsgrad (RG) = Geplanter Aufwand - Restaufwand Geplanter Aufwand (b) Fertigstellungsgrad (FG) = Verbrauchter Aufwand × 100 Geplanter Aufwand (c) Kostenfortschrittsindikator (KFI) = Aktueller Kostenverbrauch × 100 Geplante Kosten (d) Termin-Performance (TP) = RG × 100 FG (e) Kosten-Performance (KP) = RG × 100 KFI Aus der Übertragung derartiger Werte über den Life Cycle des Projekts hinweg lassen sich verschiedene Steuerungsmaßnahmen ableiten:  rechtzeitige Beeinflussung der Leistungs- und Kostenparameter;  Restrukturierungsmaßnahmen des Projekts durch: Reduzierung des Anspruchniveaus, zusätzliche Ressourcen, Konzentration auf Kernfunktionalitäten, Akzeptanz von Risiken durch geringeren Testaufwand, Modularisierung des Projekts;  Unterteilung des Projekts in selbständig implementierbare Teilprojekte, sofern dies sachlich-inhaltlich möglich ist;  Reorganisation des Teams und der Aufgaben der Teammitglieder. Unabhängig von der Art bzw. Kombination der gewählten Steuerungsmaßnahmen muss in einer solchen Situation eine erhöhte Aufmerksamkeit auf die Wirkung der Maßnahmen durch zeitlich kurzfristige Analysen der Indikatoren erfolgen. 4.3฀ Geteilte฀Verantwortung Die Vielzahl der Kontrollobjekte verdeutlicht, dass das Project Controlling nicht einheitlich auf eine Stelle oder gar Person delegiert werden kann. Vielmehr ist ein koordiniertes unternehmensweites Kontrollmanagement zu etablieren, wie dies auch bei allen übrigen Funktionen des Controllings der Fall ist (man vergleiche hierzu die Investitionskontrolle oder die innerbetriebliche Revision). Das Zusammenspiel von Instanzen, Stellen und Personen muss einer einheitlichen strategischen Ausrichtung folgen, dessen Grundlage eindeutige Vorgaben und u. U. Stellenbeschreibungspläne sind. Die Projektkontrolle folgt damit dem Prinzip der „Shared Responsibility“, d. h. der geteilten und gleichzeitig koordinierten Steuerung des Projektportfolios. Das Project Controlling beginnt bereits bei der Evaluierung möglicher Projektalternativen zur Lösung betrieblicher Probleme und Notwendigkeiten und folgt systematisch dem gesamten Lebenszyklus des einzelnen Projekts. Dabei geht es nicht nur um die Steuerung und Beeinflussung eines einzelnen Projekts oder des Projektportfolios, sondern auch um die Erarbeitung eines betrieblichen Kennziffernsystems auf der Basis empirischer Tatbestände, das als unverzichtbare Datenbasis für die Planung weiterer Projekte dient. Ohne empirische Datenbasis wird es kaum gelingen, von den oft zu beobachtenden utopischen Zielvorstellungen über Projekte abzurücken. Planung und Kontrolle erweisen sich somit als die tragenden Elemente einer zielorientierten rationalen Projektsteuerung. 5฀ Zusammenfassung฀und฀Thesen Die Unternehmensberatung Arthur D. Little [11, S. 363] postuliert eine Reihe von Maßnahmen, die für ein effektives Project Controlling erforderlich sind. Dazu gehören: 24฀฀ P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 3 / 2 0 0 3 WISSEN 25฀฀ ฀ P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 3 / 2 0 0 3  Einrichtung der Funktion eines Qualitätsmanagers, der die objektive Ergebnisqualität überprüft (z. B. inhaltliche Richtigkeit und Vollständigkeit von Dokumenten);  regelmäßige Überprüfung der Qualitätsindikatoren;  Initiierung eines regelmäßigen strukturierten Risk Management (Welche Risiken bestehen? Wie kann man sie vermeiden? Wie kann man Chancen nutzen? );  Erstellung eines „Stimmungsbarometers“, das die Motivation und die Einstellung jedes Projektbeteiligten zum Projekt und zu den Projektergebnissen erfasst;  Nutzung eines qualitativen Berichtswesens. Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen erforderlich:  ein abgestimmtes Organisationskonzept über die Rechte und Pflichten der einzelnen Kontrollorgane;  Einbindung der Fachabteilungen bzw. Auftraggeber in den Kontrollprozess;  Aktivierung der Beratergremien bezüglich ihrer Unterstützungsleistungen im Sinne von Bringschulden;  Speicherung, Verwaltung, Auswertung und Analyse der Kontrollergebnisse und Indikatoren im Repository und Erarbeitung von repräsentativen Kontrollstandards;  Aufbau eines Frühwarnsystems durch prognostische Projektion der Indikatoren;  Förderung und Sensibilisierung der Projektbeteiligten bezüglich der Bedeutung des Controllings im Hinblick auf den betrieblichen Ressourcenverbrauch;  Schulung der Projektbeteiligten in den modernen Methoden des Controllings, z. B. Nutzwertanalysen, Benchmarking, dynamische Investitionsrechnung, Balanced Score Card, Earned Value Analysis, Target Costing, Prozesskostenrechnung, Portfolio-Management, Szenario-Analysen. Das theoretische Instrumentarium ist weit gefächert. Es geht letzten Endes darum, das jeweils für das einzelne Unternehmen passende und systematisch anzuwendende Instrument auszuwählen und als Bestandteil eines Organisationskonzepts für die Projektsteuerung zu etablieren. Nur dadurch kann es gelingen, die Vielzahl „gescheiterter“ Projekte zu reduzieren und den ungeplanten und ungesteuerten Ressourcenverbrauch wieder in ökonomisch zu rechtfertigende Bahnen zu lenken.  Literatur [1]฀Etzel,฀H.-J./ Heilmann฀H./ Richter,฀R.฀(Hrsg.): ฀IT-Projektmanagement.฀Fallstricke฀und฀Erfolgsfaktoren.฀Heidelberg,฀ 2000 [2]฀Hillebrand,฀N.: ฀Projektumfeldanalyse฀effizient฀gemacht.฀ In: ฀Projektmanagement,฀11.฀Jg.,฀Nr.฀2,฀2000,฀S.฀26-31 [3]฀Kirsch,฀W./ Esser,฀W.฀M./ Gabele,฀E.: ฀Das฀Management฀ des฀geplanten฀Wandels฀von฀Organisationen.฀Stuttgart฀ 1979 [4]฀Computerwoche,฀Nr.฀24฀v.฀15.฀ 6.฀2001 [5]฀Seminar-Unterlage฀der฀Unilog฀Integrata฀AG: ฀Projekt฀ Controlling [6]฀Brecht,฀U.฀(Hrsg.): ฀Praxis-Lexikon฀Controlling.฀ Landsberg/ Lech฀2001 [7]฀Steinle,฀C./ Lawa,฀D./ Kraege,฀R.: ฀Projectcontrolling: ฀ Konzepte,฀Instrumente฀und฀Formen.฀In: ฀Steinle,฀C.฀et฀al.: ฀ Projektmanagement,฀3.฀Auflage,฀Frankfurt/ M.฀2001 [8]฀Koreimann,฀D.: ฀Management.฀7.฀Auflage,฀München,฀ Wien,฀1999 [9]฀Schlieper,฀P.,฀SAP฀(Hrsg.): ฀SAP฀Model฀Project฀Plan [10]฀Krüger,฀A./ Schmolke,฀G./ Vaupel,฀R.: ฀Projektmanagement฀als฀kundenorientierte฀Führungskonzeption.฀Stuttgart฀ 1999 [11]฀Voigt,฀V.: ฀Multi-฀und฀Single-Projektcontrolling฀am฀ Beispiel฀der฀Unternehmensberatung฀Arthur฀D.฀Little.฀In: ฀ Steinle฀et฀al.: ฀[7],฀S.฀352-369 [12]฀Koreimann,฀D.฀S.: ฀Projektmanagement.฀Technik,฀ Methodik,฀Soziale฀Kompetenz.฀Heidelberg฀2002 [13]฀Koreimann,฀D.฀S.฀: ฀Grundlagen฀der฀Software-Entwicklung.฀3.฀Auflage,฀München,฀Wien฀2000 Schlagwörter Frühwarnindikatoren,฀Portfoliomanagement,฀Programmmanagement,฀Projektcontrolling,฀Projektkennzahlen,฀ Projektsteuerung Autor Dr.฀Dieter฀S.฀Koreimann,฀Organisations-฀und฀Managementberatung.฀ Selbständiger฀Unternehmensberater฀ mit฀den฀Schwerpunktthemen฀Projektmanagement,฀Qualifizierung฀und฀ Coaching฀von฀Projektteams.฀Lehrbeauftragter฀und฀Fachbuchautor. Anschrift Zeisigweg฀5 D-71032฀Böblingen E-Mail: ฀koreimann@t-online.de 24฀฀ P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 3 / 2 0 0 3 WISSEN 25฀฀ ฀ P R O J E K TMANA G E M E N T ฀ 3 / 2 0 0 3 Neuorientierung฀oder฀ Glasperlenspiel? Kritik฀der฀systemtheoretischen฀Ansätze฀im฀Projektmanagement,฀Teil฀2 Günter฀Drews Der฀Autor฀setzte฀sich฀in฀Heft฀2/ 2003฀kritisch฀mit฀dem฀im฀„Arbeitskreis฀Neuorientierung฀im฀ Projektmanagement”฀der฀GPM฀eingeschlagenen฀Weg฀auseinander,฀eine฀Projektmanagementtheorie฀und฀-praxis฀auf฀systemtheoretischer฀Grundlage฀zu฀entwerfen.฀Er฀kritisierte฀ eine฀systemische฀Verengung฀des฀theoretischen฀Bezugsrahmens,฀der฀andere฀fruchtbare,฀ in฀der฀Praxis฀bewährte฀Ansätze฀wie฀interpretative฀und฀handlungsorientierte฀Theorien฀aus฀ dem฀Blick฀verliert.฀Begrenzter฀neuer฀Erkenntnisgewinn฀und฀Fehlentwicklungen฀der฀„Neuen฀ Wege฀im฀Projektmanagement”฀wurden฀an฀den฀Beispielen฀Zielbildungsprozess฀und฀Projektabschluss฀analysiert.฀ Anhand฀der฀Theorie฀der฀Strukturierung฀von฀Giddens฀werden฀in฀diesem฀Heft฀die฀Grundzüge฀ eines฀handlungsorientierten฀Projektmanagements฀beschrieben฀und฀mit฀Beispielen฀(der฀ Theory฀of฀Constraints฀von฀Goldratt฀und฀der฀Accelerated฀Solution฀Environment™฀von฀Cap฀ Gemini฀Ernst฀&฀Young)฀in฀der฀Praxis฀bewährter฀Vorgehensweisen฀dargestellt,฀die฀belegen,฀ wie฀fruchtbar฀interpretative฀Ansätze฀für฀eine฀Projektmanagementpraxis฀nutzbar฀gemacht฀ werden฀können. 3฀ Alternative฀Ansätze Im Folgenden werden Ansätze diskutiert, die die „neuen Wege“ aus dem Blick verloren haben, und an zwei Beispielen die Fruchtbarkeit dieser Ansätze für eine Projektmanagementpraxis aufgezeigt. 3.1฀ Handlungsorientiertes฀Projektmanagement Systemtheoretische Ansätze sind weitgehend objektivistisch. Sie betrachten das Handeln der Akteure in einem System als von Systemzwängen determiniert und nur in engen Grenzen beeinflussbar. Demgegenüber stellen subjektivistische Ansätze die Handelnden in den Vordergrund. Sie sind akteurorientiert 2 [23, S. 1]. Ein handlungsorientiertes Projektmanagement verhilft den Akteuren wieder zu mehr Einflussmöglichkeiten gegenüber der Überbetonung von vermeintlichen Gesetzmäßigkeiten sozialer Systeme. Dabei decken sich handlungsorientierte Ansätze wie Rational-Choice- Theorien und verständnisorientierte Theorien von hermeneutischen Ansätzen bis zum modernen Wissensmanagement weitgehend mit Giddens’ Theorie der Strukturierung [24], sowohl was die Einschätzung des Verhältnisses von Akteuren zum sie umgebenden und von ihnen geschaffenen System betrifft als auch in Bezug auf die Einschätzung des Bewusstseins der Akteure von den Bedingungen, unter denen sie handeln. Giddens versucht, die Gegensätze zwischen objektivistischen Theorien und subjektivistischen Ansätzen aufzuheben. Das Verhältnis von System und Akteur wird als ein dialektisches Verhältnis interpretiert, in dem die von den Akteuren selbst gestalteten Strukturen auf diese zurückwirken und aus der Sicht der Handelnden zu unbeabsichtigten Folgen der eigenen Handlungen führen (ein Phänomen, das jedem Projektmanager geläufig sein dürfte). Die Akteure betrachtet Giddens als mit Bewusstheit ausgestattete Personen, das heißt, die Personen wissen über die Umstände ihres Handelns entweder implizit Bescheid, oder in Form eines diskursiven Wissens, das in der Lage ist, die Bedingungen des eigenen Handelns zu verbalisieren und Gründe dafür anzugeben 3 [24, S. 429]. Diese Bewusstheit und das diskursive Bewusstsein sind „immer begrenzt, zum einen durch das Unbewusste, zum anderen durch uneingestandene Bedingungen und unbeabsichtigte Folgen des Handelns. Die Untersu- 2 Der Ausdruck „akteurorientiert“ ist von Paul B. Hill übernommen. Er bezeichnet seine Rational-Choice-Theorie als akteurorientiert. 3 „Bewusstheit (‚knowledgeability‘): Alles, was die Akteure über die Umstände ihres eigenen Handelns und das anderer Akteure wissen (glauben) und worauf sie sich in der Produktion und Reproduktion dieses Handelns beziehen; hierbei handelt es sich sowohl um stillschweigendes als auch um diskursiv verfügbares Wissen.“ „Diskursives Bewusstsein: Was die Akteure über soziale Zusammenhänge, einschließlich der Bedingungen ihres eigenen Handelns, sagen oder verbal ausdrücken können; Bewusstsein, das eine diskursive Form hat.“ [24, S. 429]