PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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2003
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Gesellschaft für ProjektmanagementProjektmanagement-Lichter
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38 P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 3 WISSEN 39 P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 3 glühender Verfechter von (lieber etwas mehr anstatt zu wenig) Strukturierung sein: Die meines Erachtens größten PM-Wissens- und -Kompetenz-Defizite bei unseren meist jüngeren PMF-Absolventen - quer durch alle Branchen und Organisationen - liegen nämlich bei der (Projekt-)Strukturierung. Aber nicht nur in der Projektarbeit, sondern auch bei allgemeinen Aufgabenstellungen oder Problemlösungen trifft man immer wieder auf den Mangel an Fähigkeit, gut zu strukturieren; ähnliche Erfahrungen lassen sich sogar bei den Zertifizierungsverfahren zur Kompetenzbestätigung durch PM-ZERT vermelden. Der überragende Vorteil der Strukturierung (selbst einer schlechten) ist, dass ihr a priori ein Rückkopplungseffekt innewohnt (wie die inhärente Sicherheit bei einer bestimmten Art von Kernreaktoren), der zu ihrer ständigen Verbesserung führt oder zumindest ihre Unzulänglichkeiten quasi automatisch erkennbar macht. Allerdings besteht natürlich auch bei übertriebener Strukturierung - wie bei der Prozessorientierung - die Gefahr der Zwängung durch Überstrapazierung oder zu starre Anwendung. Nur davor warnt Schelle meines Erachtens zu Recht. Obgleich Saynisch ICB und PM-KANON für PMinhaltlich umfassender als den PMBOK Guide hält, bemängelt er in der ICB und im PM-KANON eine Unterstrukturierung und logisch nicht eindeutige Gliederungen. Trotz Autoren- und Mitherausgeberschaft an beiden Werken stimme ich Saynisch in diesen Punkten zu; allerdings dürfen hier als „mildernde Umstände“ angeführt werden, dass sowohl die Unterbzw. Nichtstrukturierung der ICB als auch die logisch nicht eindeutige Gliederung des PM-KANONs (bezüglich der Gruppierung der PM-Elemente) ausschließlich aus historischen und einigungspolitischen Gründen heraus und zwecks pragmatischer Vorgehensweise und Harmonisierung entstanden sind. Bei der ICB hat man - weil man sich unter den verschiedenen beteiligten Ländervertretern nicht einigen konnte - bewusst auf eine Gruppierung verzichtet und als gemeinsame Lösung die „Sun Flower“ (Kreisform, ohne weitere Aufteilung oder Zuordnung der Elemente) geboren. Beim PM- KANON lehnten sich die Herausgeber aus Gründen der „Aufwärtskompatibilität“ und „Durchgängigkeit“ bewusst an die bereits lange Jahre existierende Gruppierung der PM-Elemente im GPM-Ausbildungsmaterial des PM-Fachmanns (PMF) an, um so nahtlos von der Grundausbildung im PM zur Selbsteinschätzung/ Fremdbewertung und schließlich zur Kompetenzbestätigung im Rahmen der Zertifizierung zu gelangen (Symbol Pyramide = PM-ZERT-Logo). Dieses „Opfer“ der unzulänglichen Gliederung des PM-KANONs hat sich für die GPM in Anbetracht des bisherigen Erfolgs ihrer Zertifizierungsstelle PM-ZERT allerdings bis heute in jeder Hinsicht gelohnt. Die hier nur kurz umrissene Durchgängigkeit ist einmalig innerhalb der IPMA und auf der ganzen Welt und das Geheimnis des bisherigen GPM/ PM-ZERT-Erfolgs. Weitere Informationen hierzu finden sich in der Neuauflage des PM-KANON 2002 [1] und in „Standards und Kompetenzmodelle im Projektmanagement“ [2]. Unvollständigkeit Schelles Kritik am PMBOK Guide mit der Auflistung der dort fehlenden Themen unterstütze ich ohne jegliche Abstriche. Die GPM kann sich glücklich schätzen, in Schelle einen so „profunden Wächter der Disziplin Projektmanagement“ in ihren Reihen zu haben. Seine Vorschläge sind bereits weitgehend in die oben bereits erwähnte Neuauflage des PM-KANON 2002 eingeflossen. Weiter gehende Hinweise sind in [1] und [2] enthalten. Nun sollten die damit eng verbundenen Werke des PMF und der ICB in entsprechender Weise nachziehen. Die Meinung von Saynisch, dass PM-Themen, die nicht zum Management eines einzelnen Projektes zählen, wie z. B. Multiprojektmanagement, Programm- und Portfoliomanagement, Project Office etc., nicht in den PMBOK Guide gehören, kann ich nicht nachvollziehen. Wenn dies mit der Logik des PMBOK Guide begründet werden soll, dann ist aus Sicht der PM-Praxis eben die Logik nicht mehr zeitgemäß und bedarf schleunigst einer Anpassung. Oder gibt das PMI demnächst einen PMBOK Guide, Teil 2, heraus? Fazit Die Wortspiele bei den Titelüberschriften der beiden Artikel laden mich (als alten Lateiner) zum Schmunzeln ein. Während der Titel von Schelle noch auf einem konkreten geographischen Hintergrund basiert, gerät der Titel von Saynisch zum reinen Aufruf „Projektmanager aller Länder, vereinigt Euch! “. Wie beschwerlich aber internationale Zusammenarbeit - vor allem im inhaltlichen Bereich - ist, wissen beide Autoren sehr genau, sowohl aus ihrer beruflichen Praxis als auch aus ihrer ehrenamtlichen Verbandsbzw. Normungsarbeit. Ich frage mich: Warum wollen oder sollen wir den zweiten Schritt vor dem ersten tun? Benchmarking zwischen PMI und IPMA (und/ oder einer oder mehreren ihrer Landesgesellschaften), zwischen völlig unterschiedlichen Organisationen und Denkwelten? Ich habe in der jüngsten Vergangenheit verschiedene Ansätze zur inhaltlichen Zusammenarbeit persönlich miterleben dürfen; diese waren nicht immer sehr ermutigend. Warum nicht Standardisierung und Harmonisierung im Projektmanagement zunächst im eigenen Land, in Deutschland? Dazu habe ich mehrere persönliche Versuche unternommen, zuletzt mit der oben bereits erwähnten Veröffentlichung „Standards und Kompetenzmodelle im Projektmanagement“ [2, Seiten 6 und 56]. Der meines Erachtens am dringendsten notwendige erste Schritt ist die Harmonisierung der in Deutschland existierenden unterschiedlichen PM-Standards für die verschiedenen „sozialen Systeme“: im PM tätige Personen (Individuen), Projektteams, Projektorientierte Organisationen/ Unternehmen und schließlich die Projektorientierte Gesellschaft. Hierzu gehören die GPM- Produkte PMF, PM-KANON, PM DELTA, Project Excellence sowie die unter wesentlicher Mitwirkung von GPM-Mitgliedern entstandenen DIN-Normen der Reihe 69 900. Die gegenwärtig allseits angestrebte Prozessorientierung böte die Chance, die unterschiedlichen PM-fachlichen Standards zusammenzuführen und weitgehend zu vereinheitlichen, zumindest aber abzugleichen und abzugrenzen und für die PM-Fachwelt in Deutschland transparenter und verständlicher zu machen. 38 P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 3 WISSEN 39 P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 3 Selbstverständlich dürfen bei all diesen Bemühungen die internationalen Entwicklungen im Projektmanagement nicht aus den Augen verloren, sondern müssen mitberücksichtigt werden. Literatur [1]Motzel,E.; Pannenbäcker,O.(Hrsg.): Projektmanagement-Kanon.DerdeutscheZugangzumProjectManagementBodyofKnowledge.ZweiteAuflage,RodererVerlag, Regensburg2002,ISBN3-89783-311-5,kostenloseDownload-VersionimInternetunter: www.gpm-ipma.de [2]Motzel,E.: StandardsundKompetenzmodelleimProjektmanagement.InSchelle,H.; Reschke,H.; Schnopp,R.; Schub,A.(Hrsg.): Projekteerfolgreichmanagen.Loseblattwerk,TÜV-Verlag,Köln1994ff.,Kapitel1.9,18.Aktualisierung,2001 Autor Dr.-Ing.ErhardMotzel,geboren1943 inMiltenberg/ Main; 1963-1969StudiumdesBauingenieurwesens,KonstruktiverIngenieurbauanderTechnischenHochschuleinDarmstadt, Dipl.-Ing.,1969-1976WissenschaftlicherMitarbeiter,Promotionzum Dr.-Ing.beiProf.Dr.-Ing.Dr.-Ing.E.h. K.KlöppelamInstitutfürStatikundStahlbau.1976-1999 AngestellterbeiderMannesmannDemagAG,Energie-und Umwelttechnik(vormalsMannesmannAnlagenbauAG)in DüsseldorfundFrankfurtamMain,zunächstalsBerechnungsingenieur,ab1980LeiterderAbteilungTechnische Dienste,OrganisationundDatenverarbeitung,LeiterProjekt-undProzessmanagement,ProkuristderNiederlassung Frankfurt. ZahlreicheVeröffentlichungenzurPraxisdesDV-gestützten ProjektmanagementsundzurFortschrittskontrolleimRohrleitungs-undAnlagenbau.HerausgeberdesFachbuchs „ProjektmanagementinderBaupraxisbeiindustriellen undöffentlichenBauprojekten“1993.MitautordeszweibändigenFach-undLehrbuchs„Projektmanagement-Fachmann“1997.Bis2000RedaktionsmitgliedderZeitschrift PROJEKTMANAGEMENT.MitherausgeberdesProjektmanagement-Kanons1998und2002.AutorverschiedenerArtikelzurQualifizierungundZertifizierungsowiezuStandards undKompetenzmodellenimProjektmanagement. 1988-1999GPM-VorstandinverschiedenenRessorts, GPM-VertreterimCouncilderIPMAInternationalProject ManagementAssociation.ProjektleiterderGPM-Baufachtagung1992.ZertifizierterPMF-Trainerundzugelassener PrüferfürdieQualifizierungslehrgänge„PM-Fachmann/ -frau(RKW/ GPM)“und„Projektkaufmann(GPM/ ITW)“, IPMA-Ur-AssessorfürdieZertifizierungvonProjektmanagern.1994/ 95AufbauderZertifizierungvonProjektmanagerninDeutschlandundGründungderZertifizierungsstelle PM-ZERT.1994-2001MitgliedimDIN-Normenausschuss NQSZ4für„Projektwirtschaft“undbis1998imBeiratder VDI-GesellschaftSystementwicklungundProjektgestaltung.1997-2000deutschesMitglieddesIPMACertification ValidationManagementBoard.Bis2002Vorsitzender desPM-ZERT-Lenkungsausschusses.Heute: PM-ZERT- AssessorundIPMA-Validator. Anschrift Isselstraße43 D-64297Darmstadt Tel.: 06151/ 943340 Fax: 06151/ 943342 E-Mail: dr.motzel@t-online.de 42 P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 3 WISSEN 43 NACHRICHTEN P R O J E K TMANA G E M E N T 3 / 2 0 0 3 „Projektmanagement-Oscar“anZüricherFinanzdienstleisterUBS Ein Projektteam des schweizerischen Finanzdienstleisters UBS (Zürich) hat den „IPMA International Project Management Award“ gewonnen. Das Projektteam hatte im vergangenen Jahr eine Software für Finanzanalyse und Kundenberatung erarbeitet. Das Vorhaben, dem das traditionsreiche Schweizer Institut unternehmensstrategische Bedeutung einräumt, gilt als Musterbeispiel für hervorragendes Projektmanagement. „Das Projekt stand unter hohem Termindruck und setzte großes Vertrauen zwischen den beteiligten Partnern voraus“, berichtet Projektleiterin Maria Koutintcheva. Beispielsweise musste die hochautomatisierte Software auf den Tag genau bereitstehen. Auch wuchs das Team binnen kurzer Zeit von 12 auf 35 Personen. „Das setzte wichtige Teambildungsprozesse voraus.“ Als Preisträger des Wettbewerbs platzierte sich zudem ein Projektteam von Dade Behring, Spezialist für medizinische Labor-Diagnostik. Das Team hatte ein vollautomatisches Diagnosegerät für Plasmaprotein-Analysen entwickelt. Auch dieses Projekt galt in dem Unternehmen als strategisch erstrangig: Mit dem neuen Produkt will der Hersteller (Ertrag 2001: 1,2 Milliarden Dollar) seine weltweite Marktposition sichern. „In dieses Entwicklungsprojekt haben wir unsere Kunden intensiv einbezogen“, erläutert Gerhard Gram vom Projektteam. In einem speziellen Costumer Advisory Board hatten acht Spezialisten aus Europa und den USA das Team beraten. - Verliehen wurde der Award auf einer Gala-Veranstaltung, die im Rahmen des „20. Internationalen Deutschen Projektmanagement Forums 2003“ (14. bis 17. Mai 2003, Würzburg) stattfand. Die GPM zeichnet jährlich in Kooperation mit der IPMA International Project Management Association vorbildliches Projektmanagement internationaler Unternehmen aus. Seit 1997 zählten zu den Gewinnern und Preisträgern unter anderem BMW, DaimlerChrysler, Deutsche Post, Lufthansa, Siemens und Joh. Vaillant. „Von den Leistungen der preisgekrönten Teams können andere Teams und Unternehmen lernen“, MitTrophäeundUrkundengeehrt: EinTeamdesschweizerischenFinanzdienstleistersUBS(Zürich)hatden„IPMAInternationalProjectManagementAward“ gewonnen. EinProjektteamvonDadeBehring,SpezialistfürmedizinischeLabor-Diagnostik, gingals„Pricewinner“ausdemWettbewerbhervor.DasTeamhatteeinvollautomatischesDiagnosegerätfürPlasmaprotein-Analysenentwickelt. erklärt GPM-Vorsitzender Roland Ottmann (MBA). Award-Director und GPM-Vorstand Otto Zieglmeier betont: „Mit unserem Award wollen wir jährlich die besten Projekte identifizieren, um die Vorgehensmodelle und Verfahrensweisen zu studieren und zu dokumentieren.“ In der Jury waren diesmal zusammengekommen: Alan Harpham - Chairman, Gilles Caupin, Jorge Encina, Roland Ottmann (MBA), Prof. Dr. Heinz Schelle, Dr. Hans Stromeyer, Stanislaw Sroka und Hans van Wieren. Zu den Unternehmen: UBS (www.ubs.ch), Zürich, ist aus der ehemaligen Bankgesellschaft und dem Schweizerischen Bankenverein hervorgegangen. Das Institut ist mit über 69.000 Mitarbeitern in fünfzig Ländern präsent. Die verwalteten Vermögen betragen auf Konzernstufe 1,5 Billionen Euro. Dade Behring (www.dadebehring.de) ist mit Erträgen von 1,2 Milliarden US-Dollar (2001) nach eigenen Angaben das größte Unternehmen, das sich ausschließlich auf klinische Diagnostik spezialisiert hat und Laborbedarf deckt. Das Unternehmen ist aus einer Fusion von Dade International und der Behring Diagnostik der Hoechst AG hervorgegangen und beruft sich auf über 100 Jahre Erfahrung in der Diagnostik. Foto: O.Steeger Foto: O.Steeger