eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 15/2

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
pm
2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
61
2004
152 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Konfliktmanagement in Projekten

61
2004
Heinz Schelle
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2 EDITORIAL 3 REPORT K onfliktmanagement in Projekten ist kein neues Thema. Schon im Jahre 1975 veröffentlichten Thamhain und Wilemon in den USA einen noch heute zitierten Aufsatz, in dem sie über ihre empirischen Untersuchungen zu den Ursachen von Konflikten in Projekten berichteten 1 . Auch in den folgenden Jahren befassten sich vor allem angelsächsische Autoren immer wieder mit der Thematik. Die Therapievorschläge blieben freilich in der Regel merkwürdig blutleer. Erst später wurden unter starkem Problemdruck praktikable, „beziehungsschonende und kostengünstige“ (Raberger) Konzepte entwickelt. Die Situation, die solche Konzepte für die Konfliktlösung erforderte, hat mir vor einiger Zeit ein Bekannter, der als Projektsteuerer von Bauprojekten tätig ist, sehr plastisch geschildert: „Vor einigen Jahren waren bei unserem traditionellen Neujahrsempfang fast ausschließlich Bauingenieure vertreten. Das hat sich radikal geändert: Jetzt sind vor allem Rechtsanwälte da.“ Mit anderen Worten: Die Streitigkeiten zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer haben erheblich zugenommen. Gerichtliche Auseinandersetzungen über zwei Instanzen (Landgericht und Oberlandesgericht) haben nach Angaben von Bernd Kochendörfer (Artikel „Mediation bei Bauprojekten: Eine klassische PM- Aufgabe im Rahmen von freiwilligen Konfliktlösungsverfahren“ in diesem Heft) aber eine durchschnittliche Dauer von über 27 Monaten. Das in der Öffentlichkeit bekannteste Konfliktlösungsverfahren, das auch bei Ehestreitigkeiten und Scheidungsverfahren seit langem praktiziert wird, ist wohl die Mediation. Über ihre Anwendung im Anlagenbau berichtet Albrecht Vock (Projektmanagement in einem mediativen Kooperationsmodell für das Anlagengeschäft) und geht auf Ablauf, Spielregeln, Vorteile und Voraussetzungen ein. Kochendörfer, einer der Herausgeber des Sammelbands „Mediation im Bauwesen“ (vgl. dazu die Buchbesprechung auf S. 38), gibt einen breiten Überblick über freiwillige Konfliktlösungsverfahren bei Streitigkeiten in Bauprojekten und behandelt vertieft die mediative Sachverständigenvermittlung, eine Variante der Mediation, bei der der Sachverstand des Mediators stärker in die Konsensfindung eingebunden wird. Neben den Verfahren, die erst einsetzen, wenn der Konflikt bereits da ist, gibt es auch einige Konzepte der Konfliktprävention wie Partnering und Ansätze zu Projektallianzen mit dem Oberziel, dauerhafte Geschäftsbeziehungen zu erhalten. Die Prävention steht auch im Mittelpunkt des Interviews, das Daniela Mayrshofer, im Berufsleben nicht mit Bau-, sondern mit Reorganisationsprojekten im weitesten Sinne befasst, unserer Zeitschrift gegeben hat. Sie betont sehr die kreativitätsfördernde Wirkung von Konflikten: „Konflikte gehören zum Projektmanagement wie das Salz in die Suppe. Sie befördern, wenn sie richtig behandelt werden, die Projektarbeit.“ Ihre Einstellung zu Instrumenten wie der Mediation ist durchaus positiv, gleichzeitig sieht sie aber als wichtige Aufgabe des Projektleiters die Vorbeugung. Hier ihr Credo: „Beugt der Projektleiter schädlichen Konflikten durch eine vertrauensvolle, partnerschaftliche Atmosphäre vor, macht er moderierend die verschiedenen Sichtweisen und Meinungen transparent, führt er aktiv Lösungen und Entscheidungen herbei - dann wird er viele dieser Instrumente nicht benötigen.“ Damit spricht sie der langfristigen Kulturänderung das Wort oder um mit Raberger und Gollenia zu sprechen: „Weg von der Brandbekämpfung und Übergang zu einer mit Leben erfüllten Konfliktlösungskultur …! Konfliktmanagement sollte Chefsache sein … und Chef ist der geschäftsführende Projektleiter! “ 2 Konfliktmanagement in Projekten 1 Thamhain, H. J.; Wilemon, D. L.: Diagnosing Conflict Determinants in Project Management. In: IEEE Transactions on Engineering Management. Vol. EM-22, Not. 1, February 1975, p. 35-44. 2 Gollenia, M. C.; Raberger, G.: Mediation aus der Sicht der Psychologie. In: Flucher, Th.; Kochendörfer, B.; Minckwitz, U. v.; Viering, M. G. (Hrsg.): Mediation im Bauwesen. Berlin 2003, S. 81. aktuell projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 aktuell