PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.„Erst der falsche Umgang mit Sachdifferenzen ist der Keim für schädliche Konflikte“
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Oliver Steeger
Konflikte sind alles andere als ein notwendiges Übel. Solange sie nicht, wie Expertin Daniela Mayrshofer im Interview warnt, „ausschließlich als Beziehungskonflikt interpretiert und behandelt werden“, befruchten sie das Projektteam. Schlägt die offene Diskussion dagegen in persönlichen Kleinkrieg um, dann passiert genau das, was Projektmanager fürchten: Die Arbeit wird blockiert. Schlimmstenfalls enden Projekte nicht am Ziel, sondern vor Gericht.
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8 REPORT 9 ���� ������� ������� ���� ������ ��������� ������ ������� ����� ���������� ��������� �������� ������ ������� ��������� ������ ���� �������� � � � � � � � � � ���������� ����������������� ���������������������������� ������������� K onflikte gehören zum Projekt wie das Salz in der Suppe. Und das ist zum Teil ganz gut so. Aus Differenzen in der Sache und aus kontroversen Diskussionen entwickeln sich oft kreative Lösungen. Konfliktbereitschaft hilft auch, die eigenen Interessen besser durchzusetzen. Und: Wer bei gegensätzlichen Interessen vermittelt, leistet einen Beitrag, dass das Projektergebnis eine breitere Basis findet. Ein gewisses Konfliktniveau beflügelt also die Gruppenleistung. Zu wenige Konflikte dagegen führen zu Stillstand, genau so, wie ein Übermaß an Konflikten leicht ins Chaos führt. Das Problem ist zumeist die gefährliche Dynamik, die den Konflikten innewohnt. Was einmal als wenig bedeutsame Meinungsverschiedenheit begann, kann zum Krieg bis aufs Messer werden. In seinem Buch „Konfliktmanagement“ hat Friedrich Glasl neun Eskalationsstufen beschrieben (siehe Grafik). Auf den ersten beiden Stufen verhärten sich die „Erst der falsche Umgang mit Sachdifferenzen ist der Keim für schädliche Konflikte“ Consensa-Chefin Daniela Mayrshofer tritt für eine vorbeugende Konfliktkultur ein Oliver Steeger Konflikte sind alles andere als ein notwendiges Übel. Solange sie nicht, wie Expertin Daniela Mayrshofer im Interview warnt, „ausschließlich als Beziehungskonflikt interpretiert und behandelt werden“, befruchten sie das Projektteam. Schlägt die offene Diskussion dagegen in persönlichen Kleinkrieg um, dann passiert genau das, was Projektmanager fürchten: Die Arbeit wird blockiert. Schlimmstenfalls enden Projekte nicht am Ziel, sondern vor Gericht. Standpunkte. Schwarzweiß-Denken zieht in die Diskussion ein. Auf der dritten Stufe haben die Parteien bereits erkannt, dass Reden nichts bringt; sie schaffen Fakten. Auf Stufe vier suchen sich die Parteien Anhänger und starten ihre Image-Kampagne. Über Gesichtsverluste, die sich die Parteien gegenseitig zufügen, Drohstrategien und begrenzte Vernichtungsschläge folgen auf Stufe acht Versuche, das feindliche System zu paralysieren, und auf Stufe neun folgt die totale Konfrontation bis hin zur Vernichtung um den Preis des eigenen Untergangs. Längst ist der Gegner kein Kollege oder Kunde mehr; er hat, wie Glasl feststellt, im Auge des Gegners keine „menschlichen Qualitäten“. So enden Projekte immer häufiger vor Gericht. Voraussetzung für ein konstruktives Konfliktmanagement: Die Konflikte dürfen nicht „persönlich werden“. Sie sollten rechtzeitig auf der Sachebene geklärt werden. Misslingt diese Rückkehr auf die Sachebene, dann können sie tatsächlich das Arbeitsklima vergiften und den Projekterfolg blockieren. Daniela Mayrshofer, die mit ihrem Beratungsteam ein eigenes Modell zur Konfliktbearbeitung entwickelt hat, versichert: „Projektleiter können eine Menge dazu beitragen, dass Konflikte ihrer Arbeit nützen und nicht schaden.“ Viele Projekte werden durch Konflikte behindert. Ihrer Einschätzung nach - wie viele Konflikte sind vermeidbar? 90 Prozent, vielleicht sogar 95 Prozent. Wie bitte? Die Zahl scheint angesichts der Lage vieler Projekte sehr hoch gegriffen … Nein, überhaupt nicht. Es kommt darauf an, was man unter vermeidbaren Konflikten versteht. Ich verstehe darunter die Konflikte, die Projektarbeit behindern und Projekte sogar zum Scheitern bringen. Dies liegt daran, dass die Wurzel vieler Konflikte in Unachtsamkeit, Missverständnissen und fehlender Kommunikation Die neun Stufen der Konfliktbehandlung nach Glasl: Art und Intensität eines Konflikts bestimmen, welche Strategien zur Konfliktbehandlung am erfolgversprechendsten eingesetzt werden können; Quelle: [1] aktuell projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 aktuell 8 REPORT 9 liegt. Der Rest sind in der Regel strukturelle und persönliche Konflikte. Zum Beispiel? In einem Unternehmen sollte Projektmanagement eingeführt werden. Der Leiter der Entwicklung und der Leiter der Organisation konnten sich nicht über wesentliche Punkte einigen; ihre persönliche Beziehung war, wie man sagt, durch „alte Geschichten“ vorbelastet. Auch die Unternehmensführung hat die Lage nicht geklärt und entschieden. Das Ergebnis war, dass das Projekt abgebrochen wurde, weil eben in diesem Konflikt nicht entschieden wurde. Die sachliche Auseinandersetzung wurde mit der persönlichen Ebene vermischt. Das hätte man verhindern können. Wie verhindern können? Indem man rechtzeitig sachlich und mit gegenseitiger Wertschätzung miteinander gesprochen hätte. Doch das können auch Spitzenführungskräfte nicht immer, wie ich feststelle. Diese Sichtweise entspricht dem neunstufigen Modell, das Friedrich Glasl in seinem Buch Konfliktmanagement beschreibt. Zunächst verhärten sich die Standpunkte, doch im Gespräch sind die Spannungen noch lösbar. Stufenweise eskaliert der Konflikt. Immer mehr gehen die persönliche Gesprächsbereitschaft, die Wertschätzung, der Wille zur Einigung verloren. Zuletzt bleibt die totale Konfrontation, bei der man um jeden Preis den Gegner vernichten möchte. Eben. Deutlich wird: Die Sachebene tritt in den Hintergrund, das Persönliche wird immer wichtiger. An einem bestimmten Punkt kann auch ein Schlichter den Konflikt nicht mehr lösen. Dann bleibt häufig nur der Weg zum Gericht. Empfehlen Sie hier eine effiziente Konfliktbehandlungsstruktur? Ich möchte noch einen weiteren Gedankenschritt tun. Aus meiner Erfahrung heraus können Projektleiter dadurch Konflikte vermeiden, dass sie sehr früh einige Regeln beachten und beherzigen. Was soll dies sein? Erstens, Konflikte gehören zum Projektmanagement. Sie fördern Projekte, wenn sie richtig auf der Sachebene ausgetragen werden. In Projekten wird fachübergreifend zusammengearbeitet … Ein gewisses Maß an Konfliktbereitschaft gehört zum Rüstzeug jedes Projektmanagers … das gehört zur Definition von Projekten … … und das bedeutet, dass unterschiedliche Blickrichtungen auf das Projekt wichtig und sinnvoll sind. Ein Entwicklungsspezialist beispielsweise wird bestimmte Fragen anders sehen als Marketingfachleute oder Produktionsplaner. Soll das Projekt optimal gelingen, müssen alle Blickwinkel berücksichtigt werden. Das setzt im Team Kreativität frei und verhilft zu guten Lösungen. Konflikte gehören zum Projektmanagement wie das Salz in die Suppe. Sie befördern, wenn sie richtig behandelt werden, die Projektarbeit. Folglich gehört ein gewisses Maß an Konfliktbereitschaft zum Rüstzeug des Projektmanagements. … jetzt das „aber“ … Genau! Es kommt darauf an, wie mit diesen Sachdifferenzen umgegangen wird. Erst der falsche Umgang mit den Sachdifferenzen ist der Keim für schädliche Konflikte. Ein Beispiel dafür: Bei vielen IT- und Organisationsprojekten werden unterschiedliche Gruppen im Unternehmen berührt. Das hätte ich gerne konkreter. Nehmen wir an, es wird eine neue Business-Software eingeführt. Das betrifft beispielsweise auch Arbeitsabläufe in der Buchhaltung, im Verkauf, in der Auftragsabwicklung und im Marketing. Konflikte entzünden sich mit einiger Wahrscheinlichkeit daran, dass die einzelnen Gruppen unterschiedliche, teilweise konträre Wünsche und Anforderungen an die Software und diese Abläufe haben. Wer diese Konflikte ignoriert oder über die Köpfe hinweg entscheidet, riskiert, dass die neue Software nicht akzeptiert wird und das Projekt daran scheitert. Daniela Mayrshofer (Jahrgang 1959) ist Betriebswirtschaftlerin und Soziologin. Sie war bei Siemens tätig, bevor sie 1987 in die Unternehmensberatung wechselte. Heute ist sie Inhaberin und Geschäftsführerin der Consensa Beratung Moderation Training in Hamburg. Zudem ist sie für die GPM aktiv, unter anderem als Assessorin für den Projektmanagement-Award. Mit ihrem Team bei Consensa hat sie ein Modell zur Konfliktbearbeitung entwickelt. aktuell projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 aktuell 10 REPORT 11 Was also tun? Die betroffenen Gruppen müssen in das Projekt einbezogen werden. Sie müssen ihre Erwartungen, Wünsche und Meinungen transparent machen können und feststellen, dass sie persönlich Einfluss auf den Prozess haben. Dafür gibt es doch die klassische Stakeholder-Analyse, und die wird doch recht häufig genutzt. Selbstverständlich ist die Stakeholder-Analyse wichtig. Wie aber dann mit den Stakeholdern umgegangen wird - das ist eine Frage der Arbeitskultur, der Konfliktkultur und der Rolle des Projektmanagers. Diese Faktoren entscheiden darüber, ob ein Konflikt eskaliert oder das Projekt fördert. Also ist der Projektmanager gefordert? Aber selbstverständlich! Inwiefern? Es ist seine Aufgabe, bei Sachdifferenzen die unterschiedlichen Meinungen und Interessen transparent zu machen. Er sollte also nachfragen und den Beteiligten Raum geben, ihre Meinung darzustellen und zu begründen. Er sollte nachfragen - statt bei strittigen Punkten selbst zu entscheiden oder die Differenzen schweigend zu übergehen. Sie weisen dem Projektleiter damit gewissermaßen die Rolle eines Moderators zu. Zunächst, ja. In solchen Fällen ist er Moderator. Seine Aufgabe ist es, unterschiedliche Meinungen, Wünsche und Forderungen transparent zu machen. Er sollte die Parteien bewegen, aufeinander zuzugehen, sich in die Position des Gegenübers einzufinden und die Sache aus dessen Perspektive zu betrachten. Und der Projektleiter hat noch eine weitere Aufgabe. Er hat im Team und im Projektumfeld für die entsprechende Arbeitsatmosphäre zu sorgen. Dazu gehört eine Atmosphäre gegenseitiger Wertschätzung und Partnerschaftlichkeit. Hier muss er Vorbild sein und buchstäblich von der ersten Stunde an das Klima prägen. Was ist der Vorteil davon? Gelingt es ihm, seine Rolle als Moderator zu begreifen und eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre zu schaffen - dann verhindert er, dass Konflikte auf die persönliche Ebene abrutschen. Dann wird der Kontrahent eben nicht als „Gegner“ gesehen, sondern als Partner, mit dem man eine gemeinsame Lösung finden muss und kann. Das alles gehört zu einer Grundfertigkeit, zu einer sozialen Kompetenz, die er dringend ins Projekt mitbringen sollte. Kann solch ein Vorgehen nicht darauf hinauslaufen, dass viel diskutiert und nichts entschieden wird? Natürlich wird ein Projektleiter entscheiden müssen, wenn Kontrahenten im Team sich nicht einigen können. Diese Entscheidung muss er aber transparent und für alle nachvollziehbar machen. Kann er selbst nicht entscheiden, muss er den Konflikt zur Entscheidung an den Lenkungsausschuss weiterreichen. Er muss auf jeden Fall eine Entscheidung herbeiführen wollen - auf welchem Weg auch immer. Es wird häufig beklagt, dass Projektleiter den Konflikten ausweichen oder die fruchtbare Diskussion durch zu schnelle eigene Entscheidungen unterbinden. Was überwiegt Ihrer Erfahrung nach mehr: Ausweichen oder zu frühes Durchgreifen? Das kann ich so nicht beantworten. Es gibt eine Gruppe von harmoniebedürftigen Projektleitern, die viel diskutieren und letztlich keine Entscheidung herbeiführen wollen. Zu einer Entscheidung gehört ja auch, dass man sie mit breitem Kreuz vertritt. Es gibt eine Gruppe von harmoniebedürftigen Projektleitern, die viel diskutieren und nichts entscheiden Die eine Gruppe also kehrt Konflikte unter den Teppich. Das ist ihr Problem. Es macht keinen Sinn, Konflikte zu ignorieren, weil man die kontroverse Diskussion fürchtet. Durch diese Strategie werden Konflikte nur unter der Oberfläche gehalten. Sie tauchen an anderer Stelle wieder überraschend, auch unpassend auf. Dann haben sich die Positionen verhärtet, dann muss man die Menschen erst wieder zueinander führen, bevor man über die Sache reden kann. Das gleicht einer verschleppten Erkältung, die sich zu einer Bronchitis auswächst. Andere Projektleiter treten die Flucht nach vorne an. Sie greifen energisch in Konflikte ein und entscheiden. Das ist auch nicht besser. Zu dieser Gruppe gehören häufig erfolgsverwöhnte, rigorose Projektleiter, die Studium und Karriere im Überflug gemacht haben. Die schaffen Fakten ohne Gespräch. Die Folge: Stoppt der Projektleiter die Diskussion zu früh, hat er nun ein persönliches Problem mit dem, zu dessen Ungunsten er entschieden hat. Übrigens sind sowohl die harmoniesüchtigen als auch die rigorosen Projektleiter zumeist recht jung. Also unerfahren? Ja, unerfahren. Der Umgang mit Konflikten erfordert Erfahrung und persönliche Reife. Projektleiter müssen ihr eigenes Konfliktverhalten erkennen und durchschauen lernen. Manche behaupten, sie würden gar nicht erkennen, wo Konflikte verborgen schwelen. Sie wollen so etwas wie ein Frühwarnsystem … Zugegeben, dafür braucht man einigen Spürsinn. Häufig werden Symptome übersehen. Negativer „Flurfunk“ beispielsweise ist ein Indiz für Konflikte. Oder der nie endende Streit über die richtige Vorgehensweise. Oder es bilden sich im Projekt Sub-Systeme und Cliquen. Das sind Indizien. Da sollte der Projektleiter auf seine Intuition hören und die Indizien ernst nehmen. Aus den USA und Großbritannien erreicht uns eine größere Zahl von Modellen und Hilfsmitteln für das Konfliktmanagement. Das ist richtig. Sie zielen fast alle darauf ab, eine Winwin-Situation für die Konfliktparteien herzustellen - aktuell projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 aktuell 10 REPORT 11 gleich, ob sich die Parteien selbst oder mit einem unparteiischen Dritten einigen. Ziel ist es, den oftmals teuren Gang vor Gericht zu vermeiden. Durch eine präventive Konfliktkultur werden viele Konfliktbehandlungsinstrumente gar nicht erst benötigt Darauf zielt beispielsweise ADR oder ASR*, wie es in Europa genannt wird. Auch die Mediation geht in diese Richtung. Hier geht es um eine außergerichtliche Streitregelung beziehungsweise darum, präventiv tätig zu werden. Ich bin aber der Meinung, dass durch eine vorbeugende Konfliktkultur, wie ich sie beschrieben habe, viele dieser Instrumente gar nicht erst eingesetzt werden müssen. Andere Instrumente versuchen, früh eine Partnerschaft aufzubauen. Beispielsweise das Partnering-Modell, das aus der amerikanischen Baubranche stammt. In den angloamerikanischen Ländern ist das Collaborative Bargaining oder Interest-based Bargaining verbreitet. Diese Modelle betrachten Verhandlungen als einen auf Gegenseitigkeit beruhenden Problemlösungsprozess. Stark vereinfacht gesagt, suchen die Parteien nach Lösungen, die die Interessen aller zufrieden stellen. Zunächst wird im Gespräch das Problem erkannt. Informationen werden ausgetauscht und strittige Punkte eingekreist. Dann werden Alternativen gesucht und Konsequenzen dieser Alternativen diskutiert. In der letzten, dritten Stufe geht es darum, den besten Lösungsansatz so prägnant wie möglich zu formulieren, wobei der Nutzen für beide Parteien im Vordergrund steht. Dieses Interest-based Bargaining ist ein gutes Beispiel dafür, wie durch optimale Arbeitskultur, Transparenz und den Willen zur Entscheidung wirklich kreative Lösungen gefunden werden. Doch so ganz einverstanden mit dem Modell scheinen Sie nicht zu sein. Das Modell ist okay. Ich warne nur davor, sich allein mit Instrumenten für das Konfliktmanagement zu wappnen. Einige Projektmanager scheinen mehr diesen Instrumenten als ihrer eigenen sozialen Kompetenz, ihrer Intuition zu vertrauen. Ihnen sage ich, dass Konfliktlösung vor allem zwischenmenschliche Dimension hat. Da ist der Projektleiter als Mensch, nicht als Stratege und Techniker gefordert. Sie können Konflikte nicht mit Instrumenten bearbeiten wie die Terminplanung oder Risikoanalyse. Project Place GmbH 1/ 2 Seite quer + 4c (183 b × 125 h) Anzeige * Alternative Dispute Resolution ADR bzw. Außergerichtliche Streitregelung ASR aktuell projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 aktuell 12 REPORT 13 WISSEN Sind die Instrumente also wirkungslos? Nein, ganz gewiss nicht. Ich kenne Fälle, in denen wurden mit ihnen gute Wirkungen erzielt. Und ich meine auch, dass sie generell nützlich sind, wenn der Projektleiter vorher eine gute Basis durch sein Verhalten gelegt hat. Ich warne nur davor, Konflikte allein aus der technischen oder strategischen Richtung zu betrachten. Und wie gesagt: Beugt der Projektleiter schädlichen Konflikten durch eine vertrauensvolle, partnerschaftliche Atmosphäre vor, macht er moderierend die verschiedenen Sichtweisen und Meinungen transparent, führt er aktiv Lösungen und Entscheidungen herbei und steht dazu. Dann wird er viele dieser Instrumente nicht benötigen. Droht Gefahr, dass der Projektleiter sich angesichts der Instrumente und Werkzeuge, die ihm zu Gebote stehen, persönlich aus der Pflicht stiehlt? Unter Umständen ja. Ich vertrete die Auffassung, dass ein Projektmanager neben der wichtigen Methodenkenntnis drei persönliche Eigenschaften benötigt. Metaphorisch gesprochen braucht er Kopf, Herz und Bauch. Das Herz als Offenheit für die Projektbeteiligten. Den Kopf, um gute Entscheidungen herbeizuführen. Den Bauch, um zu diesen Entscheidungen fest zu stehen. Beim Thema Konfliktmanagement sind diese persönlichen Eigenschaften besonders gefragt. Die Realität in vielen Projekten sieht so aus, dass Projektleiter von Auftragnehmern unter Druck gesetzt werden und auch ihre Lieferanten unter Druck setzen müssen. Die Verhandlungen über Zeitbudget, Kosten und Leistungsumfang werden schärfer. In der Praxis erlaubt der wirtschaftliche Druck die gewünschte Partnerschaft nicht immer. Es gibt Projekte, bei denen der Zwang herrscht, Lieferanten bis zur Schmerzgrenze zu fordern. Diese Lieferanten sind dann, wenn beispielsweise bei Änderungen ihre Kooperation benötigt wird, nahezu handlungsunfähig. Sie müssen Nachforderungen stellen, aus denen Konflikte entstehen. Wenn Sie mich fragen: Als Projektleiter würde ich Projekte, bei denen sich nicht ein Mindestmaß an Partnerschaftlichkeit herstellen lässt, als zu riskant ablehnen. Meinen Sie, das sei so ohne weiteres möglich? Was nützt es, eine Strategie zu verfolgen, die dem Projektpartner keine Chance zum Überleben gibt? In diesem Fall riskiere ich, dass der Lieferant aufgrund des wirtschaftlichen Drucks das Handtuch wirft. Der Ausfall des Lieferanten kann das eigene Projekt dann aber erst recht gefährden. Literatur [1] Stipanowich, Th. J.: The Multi Door Contract and Other Possibilities. In: OHIO State Journal on Dispute Resolution, Volume 13, 1998 (published in cooperation with the ABA Section of Dispute Resolution) [2] Mayrshofer, Daniela; Ahrens, Stefanie: Konflikte im Projektmanagement. In: Schelle, H.; Reschke, H.; Schnopp, R.; Schub, A. (Hrsg.): Projekte erfolgreich managen. Loseblattwerk, Kapitel 6.5.3, November 1999 [3] Mayrshofer, Daniela; Kröger, Hubertus A.: Prozeßkompetenz in der Projektarbeit. 2001 [4] Glasl, F.: Konfliktmanagement: Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater. Stuttgart 1999 Anzeige 1/ 2 Seite hoch Klusa GmbH Anzeige aktuell projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 aktuell