eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 15/2

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
61
2004
152 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Konzeptmanagement

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2004
Kerstin Osswald
Die Interactive-Media-Branche nimmt für sich in Anspruch, eine der kreativsten und innovativsten Branchen zu sein. Hier entstehen computerbasierte Anwendungen für Individual-Software, mobile Endgeräte, Internet, Intranet und weitere Plattformen, die in der Entwicklung hohe Anforderungen an zahlreiche unterschiedliche Disziplinen stellen. Die drastischen Marktveränderungen der nahen Vergangenheit haben allerdings vielen Unternehmen deutlich gezeigt, dass die rein inhaltliche Arbeit für einen unternehmerischen Erfolg oftmals nicht genügt. Aufgrund fehlender oder nicht klar definierter Vorgehens- und Steuerungsmodelle leiden heute viele Agenturen unter wirtschaftlichen Problemen. Und dies, obwohl sie in der Vergangenheit mitunter höchst kreative und prämierte Ergebnisse hervorbrachten. Das neuartige Vorgehensmodell SMART (Skalierbares Multimedia-Aufgaben-und-Ressourcenplanungs-Tool) stellt Interactive-Media-Unternehmen ein Rahmenwerk zur methodischen, strukturierten und transparenten Vorgehensweise zur Verfügung und bietet interdisziplinären Teams eine grundlegende Struktur für die professionelle Arbeit. Es wurde im Jahr 2002 mit dem Studienpreis der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) ausgezeichnet.
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28 WISSEN 29 1. Media System Design Sollen innovative und qualitativ hochwertige Lösungen für interaktive Medien entstehen, ist es erforderlich, dass sich neben IT-Kompetenzen noch zahlreiche weitere Disziplinen an einer Produktentwicklung beteiligen und in eine intensive Interaktion miteinander treten. Inhaltliche Konzeption, Redaktion, Marketing und Entwicklung der Benutzerschnittstelle sind nur einige Tätigkeitsbereiche, die im plattformübergreifenden Media System Design eine entscheidende Rolle spielen. In Abhängigkeit von den jeweiligen Inhalten und Projektschwerpunkten können darüber hinaus auch Psychologie, Didaktik oder Pädagogik wichtige Kompetenzen sein, die in die Projektarbeit integriert werden müssen. Dabei liegt die Hauptschwierigkeit darin, all diese Kompetenzen während des Projektverlaufs zu koordinieren, insbesondere da die Beteiligten über sehr individuelle Denkmodelle verfügen. Während sich beispielsweise der Psychologe mit dem Menschen beschäftigt, drehen sich beim Informatiker alle Überlegungen um die Maschine, den Computer. Ein jeder der beteiligten Fachbereiche verfolgt so seine individuellen Ziele und setzt unterschiedliche Vorgehensweisen und Methoden zur Zielerreichung ein. Für die Koordination der Beteiligten sind geeignete Managementinstrumente erforderlich Diese Tatsache stellt alle Beteiligten vor eine anspruchsvolle Aufgabe, denn speziell für das Management von Media-System-Design-Projekten und die Koordination der unterschiedlichen Spezialisten existieren kaum geeignete Managementinstrumente, die auf die individuellen Anforderungen der Branche zugeschnitten sind. Vorgehensmodelle aus anderen Bereichen, wie etwa der Informatik, berücksichtigen zwar technologische Aspekte, vernachlässigen aber weitgehend gestalterische, psychologische, emotionale und wirtschaftliche Bereiche. Sie eignen sich daher kaum für eine direkte Übertragung auf die Arbeitsprozesse in Interactive-Media- Unternehmen. Dies wird umso deutlicher, betrachtet man die übliche Vorgehensweise renommierter deutscher Anbieter. Eine umfangreiche Studie in 25 repräsentativen Unternehmen hat gezeigt, dass die Konzeption einer interaktiven Lösung oft sehr unstrukturiert stattfindet. Projektteams arbeiten häufig ohne vorgegebenes Regelwerk und in jedem Projekt unterschiedlich. Da aber die Komplexität im Entstehungsprozess eines innovativen computerbasierten Konzeptes stetig steigt, sind kompetente Projektplanung, strukturierte Durchführung, disziplinübergreifende Projektfortschrittskontrolle und darüber hinaus eine maximale Transparenz gegenüber dem Auftraggeber und allen Beteiligten dringend erforderlich. Konzeptmanagement als neue Führungsaufgabe beschäftigt sich mit der strukturierten und modellbasierten Planung, Überwachung und Steuerung von Projekten für interaktive Medien, die hohe konzeptionelle Anforderungen stellen und eine intensive Konzeptionsarbeit erfordern. Dabei werden neben Zeit- und Kostenkomponenten insbesondere auch die inhaltlichen Bereiche betrachtet, die in Media-System-Design-Projekten einen direkten Einfluss auf die Qualität der entstehenden Produkte haben. Untersuchungen und Studien zu diesem Thema leisten einen wichtigen Beitrag, die eher noch ad hoc geführten interdisziplinären Projekte besser planbar und steuerbar zu machen. Konzeptmanagement Strukturiertes Vorgehen in interdisziplinären Projekten für interaktive Medien Kerstin Osswald Die Interactive-Media-Branche nimmt für sich in Anspruch, eine der kreativsten und innovativsten Branchen zu sein. Hier entstehen computerbasierte Anwendungen für Individual- Software, mobile Endgeräte, Internet, Intranet und weitere Plattformen, die in der Entwicklung hohe Anforderungen an zahlreiche unterschiedliche Disziplinen stellen. Die drastischen Marktveränderungen der nahen Vergangenheit haben allerdings vielen Unternehmen deutlich gezeigt, dass die rein inhaltliche Arbeit für einen unternehmerischen Erfolg oftmals nicht genügt. Aufgrund fehlender oder nicht klar definierter Vorgehens- und Steuerungsmodelle leiden heute viele Agenturen unter wirtschaftlichen Problemen. Und dies, obwohl sie in der Vergangenheit mitunter höchst kreative und prämierte Ergebnisse hervorbrachten. Das neuartige Vorgehensmodell SMART (Skalierbares Multimedia-Aufgaben-und-Ressourcenplanungs-Tool) stellt Interactive-Media-Unternehmen ein Rahmenwerk zur methodischen, strukturierten und transparenten Vorgehensweise zur Verfügung und bietet interdisziplinären Teams eine grundlegende Struktur für die professionelle Arbeit. Es wurde im Jahr 2002 mit dem Studienpreis der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) ausgezeichnet. aktuell projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 aktuell 28 WISSEN 29 2. Vorgehensmodell SMART Ein Instrument zum Konzeptmanagement in interdisziplinären Projekten für interaktive Medien stellt das Vorgehensmodell SMART (Skalierbares Multimedia-Aufgaben-und-Ressourcenplanungs-Tool) dar. Es kombiniert neueste Erkenntnisse aus dem Bereich Projektmanagement mit etablierten disziplinübergreifenden Vorgehensweisen der Medienbranche und unterstützt die Entwicklung intelligenter, anwenderzentrierter Lösungen. Aufgrund seiner Flexibilität lässt sich SMART sowohl in großen als auch in kleinen Projekten einsetzen. Zudem ermöglicht es eine stufenlose Anpassung an unterschiedliche Projektausrichtungen. Grundlegend bietet das Vorgehensmodell drei Phasen, die ein Projekt zeitlich untergliedern, zehn Workflows, welche die Tätigkeitsbereiche inhaltlich beschreiben, fünfzig Artefakte (Konzeptzwischenergebnisse) und zahlreiche funktionale Rollen zur Definition der Zuständigkeiten. 2.1 Phasen und Workflows Der SMART-Prozess basiert auf einer iterativen Vorgehensweise. Die drei Phasen „Strategie“, „Kreation“ und „Konzeption“ unterteilen den Projektverlauf in zeitlich aufeinander folgende Abschnitte. Insbesondere in größeren Projekten lassen sich zusätzlich kürzere zeitliche Abschnitte (Iterationen) einplanen. Die Fertigstellung zuvor definierter Meilensteinergebnisse (Artefakte) kennzeichnet den Abschluss einer jeden Phase, mit jeder Iteration liegen die Artefakte in einer weiteren Entwicklungsstufe vor. Zehn verschiedene typisierte Arbeitsabläufe („Workflows“) strukturieren die Projekte Um die relevanten Tätigkeiten innerhalb eines Projektes näher zu beschreiben, stellt SMART die zehn Workflows „Anforderungsmanagement“, „Strategieentwicklung“, „Ideenfindung auf Metaebene“, „Definition der Funktionalitäten“, „Redaktion“, „Informationsarchitektur“, „Grafisches Konzept“, „Technisches Konzept“, „Qualitätsmanagement“ sowie „Zeit- und Kostenmanagement“ vor. Sie lassen sich phasenimmanent oder über mehrere Phasen hinweg planen (Tabelle 1). Zu Beginn und während eines Projektes steuert der Projektleiter den Schwerpunkt der Konzeptionsarbeit, in- Abb. 1: Phasen- und Workflow-Unterteilung SMART-Workflows Kurzbeschreibung Anforderungsmanagement Erhebung der Anforderungen, die von den beteiligten Stakeholdern (Kunde, Benutzer, Spezialisten, Dienstleister und beteiligte Teammitglieder) an die zu entwickelnde Lösung gestellt werden Strategieentwicklung Umsetzung der Projektziele in strategische Vorgaben für die Entwicklung eines praktikablen innovativen Konzepts Ideenfindung auf Metaebene Entwicklung möglichst neuartiger Leitideen und Konzeptansätze unabhängig vom eingesetzten Medium Definition der Funktionalitäten Modellierung der Systemfunktionalitäten in Abhängigkeit von den Benutzeranforderungen Redaktion Redaktionelles Konzept der Inhalte, Entwicklung verbindlicher Vorgaben für die Produktion einzelner Contentbestandteile Informationsarchitektur Gruppierung und Hierarchisierung der Funktionalitäten und redaktionellen Inhalte Grafisches Konzept Entwicklung grafischer User Interfaces, der Corporate Identity und des Erscheinungsbildes der Anwendung Technisches Konzept Bestimmung der informationstechnischen Ausstattung, Definition geeigneter Hard- und Software sowie verbindlicher Standards Zeit- und Kostenmanagement Projektplanung, Aufwandsschätzung, Angebotserstellung, Budgetplanung und Statusverfolgung Qualitätsmanagement Definition von Qualitätskriterien, Qualitätsüberwachung und -bewertung durch Testverfahren Tabelle 1: SMART-Workflows aktuell projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 aktuell 30 WISSEN 31 dem er einzelne Workflows verschiebt oder intensiviert, kürzt beziehungsweise verlängert. Ergeben sich zu einem späteren Zeitpunkt Änderungen für Zwischenergebnisse vorangegangener Phasen, so nimmt das Team bestimmte Tätigkeiten wieder auf, betreffende Workflows setzen erneut ein. Ein Rückschritt in vergangene und bereits abgeschlossene Phasen erübrigt sich durch diese Logik. 2.2 Artefakte Zwischenergebnisse, die im Verlauf der einzelnen Workflows entstehen, werden als Artefakte bezeichnet. Sie entstammen entweder einer der am Projekt beteiligten Disziplinen oder entstehen in enger Zusammenarbeit der Fachkompetenzen. Das SMART-Modell setzt etwa fünfzig beispielhafte Artefakte zueinander in Abhängigkeit und erläutert diese detailliert. Die Beschreibungen zeigen, welche anderen Zwischenergebnisse zur Erstellung eines bestimmten Artefakts benötigt werden und welche parallel zueinander entstehen. Anhand des Workflows „Grafisches Konzept“ sollen im Folgenden einige beispielhafte Artefakte vorgestellt werden. Moodboards, Kompositionen und Skizzen dienen der Visualisierung einer Idee. Während der Designannäherung entstehen einfache Kollagen und Farbkombinationen, verschiedene Skizzen und Entwürfe, die oft mit wenigen Strichen und häufig eher kleinformatig Bildideen oder Bildfolgen, grobe Textanordnungen und Kompositionsvarianten darstellen. Ziel ist die Visualisierung einer spezifischen Stimmung der zu entwickelnden Anwendung. Sobald mehrere Designansätze entstanden sind, welche das Look and Feel der Anwendung vermitteln, gilt es diese auf eine optimale Lösung zu reduzieren. Hierzu werden die Entwürfe weiter zu Designvorschlägen ausgearbeitet. Sie zeigen erstmalig die Verteilung der Elemente auf dem Bildschirm und markieren unterschiedliche Bereiche. Das Artefakt dient der schnellen Orientierung und unterstützt den Betrachter dabei, sich die grafische Lösung konkreter vorstellen zu können. Das Seitengrundraster schließlich definiert ein verbindliches Grundlayout für alle Seitentypen. Alle eingesetzten variablen und konstanten Elemente werden genau positioniert und vermaßt. Auf diese Weise unterstützt das Artefakt Komposition, Kommunikation und nicht zuletzt Wiederholbarkeit. Dialogdummies zeigen auf, welche Funktionalitäten das System bei Betätigen einer bestimmten Interaktionskomponente zur Verfügung stellt. Sie werden in der Regel als Wegwerf-Prototypen realisiert. In erster Linie dient dieses Artefakt der Überprüfung grafischer Entwürfe und findet daher vorwiegend Verwendung in Testings und Kundenpräsentationen. Der Visual Design Styleguide beinhaltet abschließend alle für die Produktion erforderlichen Richtlinien zur grafischen Umsetzung hinsichtlich verwendeter Schriften, Schnittgrößen, einzelner Gestaltungselemente und des Farbeinsatzes. Zwischenergebnissen des Projekts („Artefakte“) werden Rollen und zu ihrer Ausführung erforderliche Kompetenzen zugewiesen. 2.3 Rollen Jedem Artefakt ordnet SMART bestimmte Rollen zu. Diese Rollen beschreiben erforderliche Kompetenzen, die zur Erarbeitung des jeweiligen Zwischenergebnisses benötigt werden. Sie stellen gängige Zuständigkeitsbereiche der Interactive-Media-Branche dar, die im Rahmen der Vorstudie als solche identifiziert wurden, und sollten bei der Einführung des Modells angepasst oder ergänzt werden (Tabelle 2). Die Rollenbeschreibungen treffen eine Aussage darüber, welche Fähigkeiten zur Erarbeitung des jeweiligen Artefakts erforderlich sind. Sie bieten dadurch eine gute Arbeitsgrundlage für eine effektive Zusammenstellung des Projektteams. Die Ressourcenplanung durch Rollenvergabe ermöglicht eine komplette Projektplanung, ohne bereits verantwortliche Mitarbeiter benennen zu müssen. Erst in einem zweiten Schritt erfolgt die Zuordnung der Rollen zu realen Personen. So entsteht maximale Flexibilität, da durchaus mehrere Rollen in einer Person kombiniert werden beziehungsweise mehrere Personen die Aufgaben einer Rolle übernehmen können. Insbesondere für kleine, überschaubare Projekte, die innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums bearbeitet werden, bedarf es einer solchen Zusammenführung mehrerer Rollen. SMART liefert grundlegende Empfehlungen zur Rollenkombination, um sicherzustellen, dass ein mit mehreren Rollen betrauter Mitarbeiter tatsächlich über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. 3 Einsatzfelder Typisches Einsatzfeld für das Vorgehensmodell SMART sind Unternehmen, die Media-System-Design-Projekte durchführen. Seine Anpassbarkeit ermöglicht dabei einen Einsatz in Frontend-orientierten Unternehmen ebenso wie in Backend-orientierten Unternehmen oder generalistisch ausgerichteten Agenturen. Insbesondere Projekte, in denen zahlreiche externe Partner oder freie Mitarbeiter hinzugezogen werden oder die Projektbeteiligten häufig wechseln, erfordern in der Regel einen hohen Kommunikationsaufwand. Wichtig sind hier eine schnelle Einarbeitung, ein rasches und zuverlässiges Briefing sowie eine hohe Transparenz der Zuständigkeiten. Auch in verteilten und virtuell arbeitenden Teams kann SMART als geeignetes Instrument greifen. Viele Unternehmen scheuen sich allerdings davor, bereits in scheinbar überschaubaren Projekten nach einem Prozessmodell vorzugehen. Insbesondere die Projektbeteiligten befürchten einen Mehraufwand und ein hin- Abb. 2: Artefakte des Workflows „Grafisches Konzept“ aktuell projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 aktuell 30 WISSEN 31 derndes Rahmenwerk, das sie in ihren individuellen Methoden und Vorgehensweisen einschränkt. Dem wirkt SMART ganz bewusst entgegen, denn das Modell berücksichtigt die grundlegenden Anforderungen zahlreicher beteiligter Disziplinen. Bei Einführung des Modells in einem Unternehmen werden darüber hinaus Phasen, Workflows, Artefakte und Rollen in angeleiteten Workshops individuell an die Anforderungen des Unternehmens angepasst und bei Bedarf ergänzt. In intensivem Austausch definieren die Workshop-Beteiligten die Benennung eines jeden Artefaktes, um eine maximale Akzeptanz des Modells zu erreichen. So finden die Mitarbeiter ihren Kompetenzbereich und die etablierten Vorgehensweisen des Unternehmens in dem Modell wieder. Unter Umständen kann es hierbei sinnvoll sein, einen internen „SMART-Beauftragten“ zu definieren. Zusätzlich zum praktischen Nutzen für reale Projekte stellt das Vorgehensmodell eine sinnvolle Alternative in der Lehre dar. Betrachtet man neue Studiengänge, die zum Inhalt die Konzeption von interaktiven computerbasierten Lösungen haben, so fällt auf, dass die Management-Bestandteile der Lehre zu einem Großteil aus IT-Projektmanagement-Methodiken bestehen. Im Studiengang Media System Design des Fachbereichs Media an der Fachhochschule Darmstadt wurde in diesem Jahr erstmalig die Führungsaufgabe „Konzeptmanagement“ vorgestellt und als Bestandteil der vermittelten Projektmanagement-Inhalte aufgenommen. Der praktische Einsatz des Modells in verschiedenen Studienprojekten zeigt, dass auch sehr kleine Projekte mit bis zu sechs Teammitgliedern über einen Zeitraum von etwa vier Monaten vom Modelleinsatz profitieren können. 4 Ausblick Das Darmstädter Unternehmen „ion2s - buero fuer interaktion“ setzt das Vorgehensmodell SMART seit etwa einem Jahr erfolgreich ein. Nach einer behutsamen Modellanpassung und einer Einführung in freien Research- und Konzeptprojekten lassen sich heute wesentliche Verbesserungen identifizieren, die durch den Einsatz des Modells erzielt werden konnten. So lässt sich ein optimiertes Projektcontrolling insbesondere in Bezug auf Qualität und Effizienz feststellen. Der (bewusst eingeplante) intensive Austausch zwischen den beteiligten Disziplinen sowie die komplette und fortlaufende Dokumentation der Konzeptergebnisse lässt bei geringerem Aufwand eine gestiegene Qualität der entstehenden Konzepte erkennen. Zwischen Auftraggeber, Teammitgliedern und externen Beteiligten wird eine maximale Transparenz erzeugt. Der in der Praxis größte Nutzen entsteht allerdings eindeutig durch eine starke Beschleunigung der Projektplanung sowie eine schnellere Einarbeitung der Mitarbeiter. Die klare Zuteilung von Zuständigkeiten erleichtert Delegation und Koordination und ist nicht zuletzt verantwortlich für die Zufriedenheit und Motivation der beteiligten Mitarbeiter. Die positiven Rückmeldungen der Projektbeteiligten und das starke Interesse von Partnern und Auftraggebern an der Vorgehensmethodik haben dazu geführt, dass derzeit eine Weiterentwicklung des Modells angedacht wird. Ziel aller Bestrebungen ist dabei die Bereitstellung einer praxistauglichen Software-Applikation mit Schnittstellen zu den gängigen Office-Werkzeugen als Arbeitsgrundlage für Projektleiter und Team.  Rollenbezeichnung Aufgabenbereich Anforderungsmanager Erfassung und Verfolgung der Stakeholderanforderungen Art Director Überwachung von Konzeption und Design Backend-Programmierer Programmierung, Datenbankanbindung Business-Stratege Geschäftsprozessoptimierung, Kundenberatung Creative Director Inhaltliche Verantwortung für die kreative Arbeit Daten- und Objektmodellierer Datenmanagement-Konzeption, objektorientierte Modellierung Frontend-Programmierer Clientseitige Programmierung, Prototyperstellung Informationsarchitekt Strukturierung der Inhalte und Funktionalitäten Konzepter Interdisziplinäre, medienübergreifende Konzeption Marketingstratege Konzeption der Markenkommunikation Marktanalytiker Studienplanung und -durchführung Projektkoordinator Unterstützung des Projektmanagers, Projektfortschrittskontrolle Projektleiter Projektmanagement Redakteur Inhaltliche (Content-)Konzeption Screendesigner Gestaltungskonzeption, Mockup-Erstellung Technischer Stratege Technische Konzeption Usability-Analytiker Planung und Durchführung von Usability-Tests Tabelle 2: SMART-Rollen aktuell projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 aktuell 32 WISSEN 33 Literatur [1] Osswald, K.: Konzeptmanagement: Interaktive Medien - Interdisziplinäre Projekte. Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg 2003, 200 S., ISBN 3540436073 [2] Beyer, H.; Holtzblatt, K.: Contextual Design: Defining Customer-Centered Systems. London 1998 [3] England, E./ Finney, A.: Managing Multimedia: Project Management for Interactive Media. Second Edition, Addison Wesley, Harlow (u. a.) 1999 [4] Franz, W./ Franz, J.: Multimedia Produktion: Das Handbuch für Management & Controlling, Redaktion & Konzeption, Screendesign & Storyboard, Qualitätssicherung. Pflaum, München (u. a.) 1998 [5] Jacobson, I., u. a.: The Unified Software Development Software. Addison-Wesley, Harlow (u. a.) 1999 [6] Lankau, R.: Webdesign und -publishing: Projektmanagement für Websites. Carl Hanser, München 2000 [7] Merx, O.: Qualitätssicherung bei Multimedia-Projekten. Springer, Berlin (u. a.) 1999 [8] Oestereich, B.: Objektorientierte Softwareentwicklung: Analyse und Design mit der Unified Modeling Language. 4., aktualisierte Auflage, Oldenbourg, München 1998 [9] Sawhney, M.: Vorgehensmodell für die Multimedia- Anwendungsentwicklung. Libri Books on Demand, Osnabrück 1995 [10] Schifman, R.; Heinrich, G.: Multimedia-Projektmanagement: Von der Idee zum Produkt. 2. Auflage, Springer, Berlin (u. a.) 2000 [11] Siegel, D.: Das Geheimnis erfolgreicher Websites: Projektmanagement im World Wide Web. Markt und Technik, Haar bei München 1998 [12] Strauss, R.: Managing Multimedia Projects. Focal Press, United States of America 1997 [13] Versteegen, G.: Projektmanagement mit dem Rational Unified Process. Springer, Berlin (u. a.) 2000 [14] Vichr, A.: Konzeption von Multimedia-Projekten. Horizont Deutscher Fachverlag, Frankfurt am Main 2000 [15] Wittmann, R.: Professionelle Planung und Durchführung von Internetprojekten. 1. Auflage, Smartbooks, Kilchberg 2001 Schlagwörter Interaktive Medien, Konzeptmanagement, Multimediasysteme, Vorgehensmodelle, Workflow-Unterstützung Autorin Kerstin Osswald ist Dipl. Media System Designerin mit Schwerpunkt Konzeption und Projektmanagement. Sie betreute in der Vergangenheit zahlreiche Projekte als freie Konzepterin für Interactive-Media-Unternehmen, Forschungsinstitute und öffentliche Einrichtungen. Seit 2001 ist sie für das Darmstädter Unternehmen „ion2s - buero fuer interaktion“ tätig, hauptverantwortlich für die Bereiche Research und Konzeptmanagement, und lehrt - vorwiegend projektbegleitend - im Fachbereich Media der University of Applied Science, Darmstadt. Anschrift ion2s - buero fuer interaktion Bleichstraße 26 D-64283 Darmstadt Tel.: 0 61 51/ 3 96 71-11 Fax: 0 61 51/ 3 96 71-22 E-Mail: kerstin.osswald@ion2s.com Wie Hersteller von Projektmanagementsoftware auf dieses Problem reagieren können! Die primäre Aussage des Beitrages von Meinders/ Gutberlet kann zusammengefasst werden mit dem kurzen Satz: „Die gesamte Projektplanung entspricht weder der aktuellen noch der zu erwartenden Realität.“ Sie ist ein Wunschdenken, das von einem optimalen Ablauf der Zukunft ausgeht. Fehler oder Probleme können nur entstehen, wenn diverse Aktivitäten vergessen oder nicht ausreichend mit Kapazitäten versehen wurden. Durch diese tausenden von Arbeitsschritten, Unmengen von Berichten, Texten und endlosen Gesprächen soll nur eines vermittelt werden: Sicherheit (manchmal ist es auch nur Zuversicht). Hier wird eindeutig „Masse statt Klasse“ produziert, das Prinzip „Viel hilft viel“ angewandt und durch möglichst vollständige Berichte an Entscheider der eigene Sicherheitsgurt angelegt. Das Management wird nicht mit der Möglichkeit „das wissen wir jetzt noch nicht“ oder „das lässt sich zum heutigen Zeitpunkt nicht oder nur sehr vage vorhersehen“ konfrontiert. So treffen während der wichtigsten Zeit eines Projektes, der Planungsphase, zwei Faktoren aufeinander. Zum einen der Planer, der durch eine möglichst detaillierte und umfassende Planung das Gefühl oder den Eindruck der absoluten Risikominimierung erweckt, und zum anderen der Manager, der genau das erwartet und fordert. Meinders und Gutberlet verweisen auf fehlende Flexibilität der Planungstools. Dies führt, kombiniert mit geringem Sachverstand bei Projektdesign und Projektstrukturierung, dazu, dass meistens keine Werkzeuge eingesetzt werden. Konfrontiert mit diesem Umstand hat cando vor vier Jahren begonnen, ein Verfahren zu entwickeln, das mit der Ungenauigkeit, die einer jeden Planung wie Pech anhaftet, umzugehen versteht. Dabei wird nicht von einer permanent gleich bleibenden Akkuratesse ausgegangen, vielmehr davon, dass eine Aktivität in der Zukunft sowohl zeitlich wie finanziell unpräzise angegeben werden kann, eben weil sie es ist. Das Programm informiert den Anwender über die Wahrscheinlichkeit, mit der die Planung eintritt. Eine solche Risiko- oder Wahrscheinlichkeitsberechnung ist näher an der Realität als scheinbar präzise Pläne. Auch das Problem der viel zu umfangreichen Planung wird etwas verringert. Bei dem im Beitrag geschilderten Maut-Projekt hätte cando sehr früh eine rote Lampe gezeigt. Das haben die in dem Projekt verwendeten Systeme sicher auch getan, nur sie wurden möglicherweise ignoriert oder zumindest falsch interpretiert. Dr. Thomas Schlereth, Vorstandsvorsitzender, cando AG, München, www.candoprojects.com Leserbrief zu „Wie Entwicklungsprojekte vor dem Scheitern bewahrt werden“, Heft 1/ 2004, Seiten 18-25 aktuell projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 projekt M A N A G E M E NT 2/ 20 0 4 aktuell