PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
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GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.Von der Planungstechnik zur Managementmethodik
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2004
Astrid Pfeiffer
2004 wird die GPM 25 Jahre alt. Seit 1979 hat sie die Entwicklung des Projektmanagements in Deutschland maßgeblich gestaltet. Zeit für einen Rückblick über die Geschichte des Projektmanagements und einen Ausblick in die Zukunft. Im dritten Teil unserer Serie betrachten wir die Professionalisierung des Projektmanagements seit Ende der 80er Jahre. Die inhaltliche Entwicklung hin zur umfassenden Managementmethodik, aber auch die Rahmenbedingungen – Ausbildung, Zertifizierung und PM-Award – stehen im Mittelpunkt dieses Beitrags. Besonderes Augenmerk erhalten auch das Projektmanagement in der früheren DDR und das, was die neuen Bundesländer in die GPM einbrachten.
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3 REPORT Von der Planungstechnik zur Managementmethodik 25 Jahre GPM: Projektmanagement im Spiegel der Zeit - Teil 3 Astrid Pfeiffer 2004 wird die GPM 25 Jahre alt. Seit 1979 hat sie die Entwicklung des Projektmanagements in Deutschland maßgeblich gestaltet. Zeit für einen Rückblick über die Geschichte des Projektmanagements und einen Ausblick in die Zukunft. Im dritten Teil unserer Serie betrachten wir die Professionalisierung des Projektmanagements seit Ende der 80er Jahre. Die inhaltliche Entwicklung hin zur umfassenden Managementmethodik, aber auch die Rahmenbedingungen - Ausbildung, Zertifizierung und PM-Award - stehen im Mittelpunkt dieses Beitrags. Besonderes Augenmerk erhalten auch das Projektmanagement in der früheren DDR und das, was die neuen Bundesländer in die GPM einbrachten. S eit Mitte der 80er Jahre bis heute tat das Projektmanagement einen entscheidenden Sprung nach vorn: von der Planungstechnik zur umfassenden Managementkonzeption. Neue Methoden aus den unterschiedlichsten Bereichen erlangten Bedeutung. Die sachgerechte Definition von Anforderungen, der professionelle Umgang mit Änderungen, die Stakeholderanalyse, Projektbenchmarking, Reifegradmodelle und das Konfliktmanagement sind nur einige Beispiele dafür. Gleichzeitig wuchs die Zahl der Veröffentlichungen zum Projektmanagement auf ein vorher nie da gewesenes Ausmaß. Weltweit erkannten immer mehr Unternehmen: Wer am Markt bestehen will, hat zu professionellem Projektmanagement keine Alternative. Nicht mehr nur projektorientierte Abteilungen wie etwa Forschung und Entwicklung, sondern auch Bereiche wie Fertigung, IT und Marketing arbeiteten nun in Projektform. Gleichzeitig entwickelte sich Projektmanagement vielerorts zu einer anerkannten Alternative für die berufliche Karriere. Große Unternehmen wie Siemens, die Telekom oder die Lufthansa richteten gezielte Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Projektpersonal ein. Mit der Welle von Fusionen und Akquisitionen, die um die Jahrtausendwende ihren Höhepunkt erreichte, entwickelte sich multinationales Projektmanagement vielerorts zur Überlebensfrage, nicht nur bei fehlgeschlagenen Engagements wie der Übernahme von Rover durch BMW oder der Fusion von Daimler-Benz und Chrysler und deren Beteiligung bei Mitsubishi. Bei der Führung verteilter Teams erlangte das Internet, das in den 90er Jahren den Durchbruch schaffte, eine zentrale Rolle. Der IT-Boom schließlich sorgte dafür, dass der Begriff „Projektmanagement“ in aller Munde war. „Management by Projects“ war also hoffähig geworden - mit teils kuriosen Folgen: dem inflationären Gebrauch des Projektbegriffs und einer unglaublichen Vielfalt an Berufsbildern und -bezeichnungen, die sich beispielsweise in den veröffentlichten Stellenanzeigen widerspiegelt. Fast jedes Unternehmen praktiziert heute sein eigenes Projektmanagement - und erschwert damit die notwendige Standardisierung, die Deutschland im internationalen Wettbewerb das Leben erleichtern würde. Fast jedes Unternehmen praktiziert heute sein eigenes Projektmanagement In methodischer Hinsicht stand das vergangene Jahrzehnt stark im Zeichen von vier Entwicklungslinien: Multiprojektmanagement und PM-orientiertes Unternehmen PM-Planungstools (abhängig vom Fortschritt bei den Personal Computern) Projektbenchmarking IT-Projektmanagement Beispielsweise war IT-Projektmanagement 1985 in den meisten deutschen Unternehmen eher nur ein Randthema. Ganz im Gegensatz zu heute. Heute spielen viele ursprünglich in der IT entstandene Methoden wie Reifegradmodelle, Software-Vorgehensmodelle, Requirements Management oder Agiles Projektmanagement sogar in Bereichen außerhalb der IT eine zunehmende Rolle. GPM als Motor in Deutschland Für die GPM hatte die Jahrestagung in Würzburg Ende 1983 den Umschwung gebracht: Sie ging auf Wachstumskurs (siehe Teil 2 der Artikelserie, Heft 2/ 2004). Das Interesse an Projektmanagement stieg immer mehr. Industrieunternehmen suchten den Kontakt zur GPM. Dem wachsenden Arbeitspensum begegnete die GPM mit der Neuorganisation der Geschäftsstelle und dem Umzug in eigene Büroräume in München im Jahr 1986. Highlights der folgenden Jahre waren das internatioprojekt M A N A G E M E NT 3/ 20 0 4 aktuell 4 REPORT ten in ebenso vielen Beiträgen das aktuelle PM-Wissen dar - ein bis dato einmaliges Werk. In der Folgezeit nahmen die deutsche Wiedervereinigung, Ausbildung und Zertifizierung sowie Großereignisse in der „Projektmanagementszene“ die Aufmerksamkeit der GPM voll in Anspruch. Der vorläufig letzte Höhepunkt war der Weltkongress 2002 in Berlin, der von Roland Ottmann nach Deutschland geholt und dann von der GPM unter seiner Federführung organisiert wurde. Mit dem PM-Award ist ein erheblicher Prestigegewinn verbunden Roland Ottmann, seit 1996 im GPM-Vorstand und seit 2002 dessen Vorsitzender, gilt nicht nur als Motor für den Weltkongress und für die Zertifizierung (siehe Interview). Auf seine Initiative geht auch der Deutsche Projektmanagement Award zurück. Gedacht als „Oscar“ für Projektteams, die Spitzenleistungen erzielen, wurde er 1997 erstmals vergeben. Ziel war, professionelles Projektmanagement zu fördern und Best Practice-Projekte zu identifizieren. Ottmann verknüpfte den TQM(Total Quality Management)-Gedanken, der ab der zweiten Hälfte der 80er Jahre entstand, mit dem PM-Award und übernahm die Systematik aus dem European Quality Award. Im Jahr 2001 schrieb die GPM gemeinsam mit der IPMA den Preis international aus. Die Preisträger geben im Rahmen des PM-Forums ihre Erfahrungen in Workshops und Vorträgen weiter. Mit dem Gewinn des Awards ist ein erheblicher Prestigegewinn verbunnale PM-Symposium zum Thema Projektmanagement- Software, das die GPM gemeinsam mit der INTERNET (Vorläufer der International Project Management Association IPMA) im Juni 1986 organisierte, sowie die Jahrestagungen der GPM. 1987 kamen 420 Teilnehmer zur Tagung nach Friedrichshafen - ein Rekord. Das Jahr 1987 brachte auch eine wichtige Aktualisierung und Erweiterung der schon 1970 begonnenen Normenreihe DIN 69900 ff. zu Begriffen der Projektwirtschaft. Maßgeblichen Anteil daran hatte die GPM-Fachgruppe „PM-Normen“ unter der Leitung von Gernot Waschek, der sich um dieses Thema große Verdienste erworben hat. Unter seiner Federführung wurde 2003 auch eine wesentliche personelle Verstärkung dieser GPM-Fachgruppe erreicht. In fünf Untergremien wird derzeit intensiv an einer Neugestaltung der PM-Normenfamilie gearbeitet. 1988 prägte der 9. INTERNET-Weltkongress in Glasgow die Arbeit der GPM. Sie unterstützte dessen Vorbereitung und GPM-Mitbegründer Roland Gutsch wurde in Glasgow zum INTERNET-Präsidenten gewählt. Mit ihm und dem späteren Präsidenten Klaus Pannenbäcker stellte die GPM zwei IPMA-Präsidenten, die mit einer Reihe aktiver Mitstreiter aus der GPM wesentlichen Anteil am Aufbau vieler nationaler PM-Organisationen außerhalb Deutschlands hatten. Mit einem gemeinsamen Projekt zur Erarbeitung von Ausbildungsmaterial leiteten die GPM und das Rationalisierungskuratorium der deutschen Wirtschaft (RKW) 1989 die Entwicklung einer systematischen Ausbildung ein. Im selben Jahr wurde das Handbuch Projektmanagement, seit 1987 in Arbeit, fertig. 44 Autoren stell- Foto: Oliver Steeger Mit dem IPMA Project Management World Congress 2002 in Berlin wurde der PM-Award der GPM auch international zum Erfolgsmodell: die strahlenden Gewinner 2002 von Fluor Daniel aktuell projekt M A N A G E M E NT 3/ 20 0 4 5 den. Im Jahr 2003 wurde die UBS AG (Schweiz) ausgezeichnet, 2002 Fluor Daniel aus den Niederlanden und 2001 die BMW AG. Ausbildung Mit dem PM-Fachmann (PMF) und dem PM-Kanon setzte die GPM Maßstäbe in der Aus- und Weiterbildung. Federführend bei der Entwicklung des PMF war ab 1991 zunächst das langjährige GPM-Vorstandsmitglied Klaus Pannenbäcker, der als Projektleiter für die erste und zweite Ausgabe dieses Standardwerks verantwortlich zeichnete. Den ersten beiden PMF-Generationen folgte ab 1996 der PMF III unter der Leitung des früheren GPM-Vorstandsvorsitzenden Dr. Ulrich Wolff. Dieses Projekt begann so, wie nach den Lehren der GPM eigentlich kein Projekt beginnen sollte: mit der Überzeugung, dass das Budget niemals reichen würde. Deshalb erledigten die meisten Teammitglieder ihre Arbeiten ehrenamtlich. Die Bereitschaft, Überlastung und Stress auf sich zu nehmen, führte schließlich zum Projekterfolg: Der Kosten- und der Terminrahmen wurde weitgehend eingehalten. Die PMF-Trainer arbeiten bis heute nach einem Franchising-Konzept. Diese Organisationsform trug dazu bei, dass sich die PMF-Ausbildung weithin verbreitete und der PMF in Deutschland zum Standard für die Qualifizierung von Projektmanagementpersonal wurde. Parallel dazu waren für die GPM zwei weitere Entwicklungen von großer Bedeutung: zum einen die Entwicklung der Zertifizierung ab Anfang der 90er Jahre, in deren Rahmen die GPM das international anerkannte „4-L-C“-Zertifizierungssystem schuf und die Zertifizierungsstelle PM-ZERT aufbaute (siehe hierzu die beiden Porträts von Ulrich Wolf und Klaus Pannenbäcker, zwei VeteranenderZertifizierung,inprojektMANAGEMENTaktuell 1/ 2003, S. 46, und 4/ 2003, S. 56), und zum anderen die Erweiterung der GPM im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung. Anzeige Dr. Ulrich Wolff, Wegbereiter der „GPM-Wiedervereinigung“ und des PM-Fachmanns, bei seiner Verabschiedung als GPM-Vorstandsvorsitzender im Oktober 2002. Foto: Oliver Steeger projekt M A N A G E M E NT 3/ 20 0 4 aktuell 6 REPORT Herr Ottmann, Sie haben die Entwicklung der GPM maßgeblich mit geprägt. Ihre Vorstandsarbeit begann in einer Phase, in der sich Projektmanagement stark veränderte: von der Planungstechnik zur umfassenden Managementmethodik. Inwieweit hat sich auch die GPM durch diesen Wandel geändert? Noch Mitte der 90er Jahre hatten wir einen starken Bezug zum Bau und Anlagenbau. Inzwischen stammen die meisten Mitglieder aus der IT- und TK-Branche und dem Dienstleistungssektor. In diesen Bereichen wächst die GPM überproportional. Vor zehn Jahren hatte die GPM etwa 1.000 Mitglieder, heute sind es bald 4.000. Projektmanagement ist ein heißes Eisen und gewinnt immer noch an Brisanz. Wir haben ein ausgezeichnetes Dienstleistungsportfolio geschaffen, das wir weiterentwickeln. Natürlich hat sich auch die GPM gewandelt, vom Büro mit einer Teilzeitkraft zum professionellen Geschäftsbetrieb mit Hauptgeschäfts- und Zertifizierungsstelle. Im Zuge dieser thematisch-inhaltlichen, aber auch der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen musste sich die GPM auf neue Anforderungen einstellen. Stichwort: Professionalisierung. Welche Maßnahmen haben Sie in die Wege geleitet, um die GPM fit für die Zukunft zu bekommen? Zum einen die Büroorganisation: Da haben wir nach dem Umzug ab der zweiten Jahreshälfte 2004 eine zukunftsorientierte Umgebung mit Wachstumspotenzial. Ein weiterer Bereich ist die neue Internetplattform, die bald den Außenauftritt und interne Abläufe verbessern wird. Die GPM ist die nationale Vereinigung der IPMA. Deshalb bietet sie ihre Dienstleistungen zweisprachig an. Wir haben die Weichen gestellt, um sie hin zu einer bilingualen Gesellschaft zu entwickeln. Die GPM ist außerdem Motor bei vielen internationalen Themen - bei den PM-Awards, der Zertifizierung von Projektpersonal, der Erstellung von Ausbildungskonzepten oder der Festlegung normativer Vorgaben. Sie haben den PM-Award ins Leben gerufen. Wie kamen Sie auf diese Idee? Durch Diskussionen mit Kollegen in der Fachgruppe „Berater im PM“ und mit meinen damaligen Vorstandskollegen. Da ist es wichtig, einige Namen zu nennen: Dietmar Lange, Günter Rackelmann und Heinz Schelle. In der ersten Runde hatten wir mit Uwe Techt, der leider wegen einer schweren Erkrankung seine Tätigkeit ruhen lassen musste, einen enormen Treiber. Sie hatten die Projektleitung für den Weltkongress in Berlin inne. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit diesem Event? Anfang 1998 habe ich nach GPM-interner Abstimmung bei der IPMA beantragt, den einwöchigen Weltkongress 2002 in Berlin durchzuführen und dort erstmals den IPMA International PM Award zu verleihen. Ich verbinde die besten Erinnerungen mit dem Kongress und der Zusammenarbeit im Team. Zuvor hatten wir ja zwei große Kongresse im gleichen Team durchgeführt und dabei viel gelernt. Dann haben wir Benchmarking mit den früheren Weltkongressen betrieben. Und wir haben mit Heinz Schelle und Hasso Reschke die Projektleiter aus dem Weltkongress 1979 in Garmisch-Partenkirchen und mit Alan Harpham (London 2000) und Gilles Caupin (Paris 1996) die Projektleiter der vormaligen Weltkongresse ins Team geholt. Für mich persönlich ist es ein Erfolg, dass ich zurzeit mit Mitstreitern aus diesem Team viele neue Themen bearbeiten kann. Zertifizierung ist seit Jahren ein großes Thema. Was hat sich aus Ihrer Sicht in diesem Bereich getan? Welche Herausforderungen sehen Sie? Mit der 4-L-C haben wir ein durchgängiges, international abgestimmtes Zertifizierungssystem geschaffen. Unsere Zertifizierungsstelle ist ausgezeichnet aufgestellt, nach ISO 9001 zertifiziert und durch IPMA validiert. Zurzeit bereiten wir die Akkreditierung vor. Das stellt organisatorisch die größte Herausforderung dar. Zusätzlich arbeiten wir an der Neufassung der Ausbildung. Wir können bald für jede Zertifizierungsstufe eine Ausbildung bzw. Vorbereitung anbieten. Dafür erstellen wir gerade die Konzepte und Unterlagen. Ab 2005 wird eine neue Generation von PM-Trainern dieses Konzept in Deutschland und international tragen. Als größte Herausforderung sehe ich die Erhaltung und den Ausbau der Qualität unserer Qualifizierungs- und Zertifizierungsleistungen. Wir haben in diesem Bereich ein enormes Wachstum verzeichnet und werden das noch steigern. Dafür muss die Organisation angepasst, erweitert und optimiert werden. Da müssen wir behutsam und dennoch konsequent vorgehen. Dieser Spagat ist die schwierigste Aufgabe überhaupt. Auf welche Erfolge im Zusammenhang mit der Professionalisierung der GPM sind Sie besonders stolz - persönlich, aber auch als Vertreter der GPM? Darauf, dass es uns gelungen ist, viele neue Mitglieder an die GPM heranzubringen und solide zu wachsen. Und dass die GPM ihren Platz in der IPMA als treibende Kraft ausgebaut hat. Besonders stolz machen mich unsere Mitarbeiter in der Hauptgeschäfts- und Zertifizierungsstelle. Sie sind zum Beispiel geschätzte Berater beim Aufbau von Zertifizierungsstellen oder bei der Optimierung von internen Standards und Abläufen. Andere National Associations der IPMA schicken ihre Mitarbeiter zu uns, um von uns zu lernen. Roland Ottmann: „Wir haben alle Weichen gestellt“ Roland Ottmann ist seit 1996 Mitglied des GPM-Vorstands, seit 2002 dessen Vorsitzender. Seit 1994 arbeitete der 43-Jährige aktiv bei der GPM mit - zunächst in den Fachgruppen PM- Berater, Mittelstand und PM-Trainer. Im Vorstand war er für die PM-Foren und Internationales verantwortlich. Er ist Initiator des PM-Awards und holte den Weltkongress 2002 nach Berlin. Foto: Siegfried Seibert aktuell projekt M A N A G E M E NT 3/ 20 0 4 7 Projektmanagement in den neuen Bundesländern Schon als zu Beginn der 60er Jahre die Netzplantechnik auf dem Vormarsch war, bildete sich in der damaligen DDR unter dem Dach der Ingenieursorganisation KdT (Kammer der Technik) eine Fachgruppe „Projektlenkung“. In einem zentralen Fernkurs Netzplantechnik wurden zahlreiche Fachleute geschult. Der Ausdruck „Management“ war in der früheren DDR verpönt Projektmanagement war in der DDR stark ideologisch gefärbt. Ulrich Wolff, der in Weimar lebte und arbeitete, blickt zurück: „Der Begriff Projektmanagement existierte nicht, der Begriff Projekt war nicht eingebürgert.“ Die Ausdrücke „Management“ und „Managementlehre“ waren verpönt, man sprach stattdessen von Leitungswissenschaft. Für soziale Kompetenz stand der Terminus „Sozialistische Menschenführung“. Vorhaben - etwa in den Bereichen Bau, Investitionen und Forschung - wurden von Generalauftragnehmern mit Koordinierungsfunktion abgewickelt. Ein so genannter „Auftragsleiter“ fungierte als Projektleiter. Dennoch: „Eine kompetente Nutzung von PM im heutigen umfassenden Sinn gab es nicht“, urteilt Wolff. Stattdessen wurden nur einzelne Elemente verwendet, etwa Netzplantechnik zu Ablauf- und Terminplanung und Ressourcenplanung mit selbst entwickelten DV-Programmen (z. B. das „Leipziger Programmpaket Netzplantechnik“ LEINET, ab 1968 in einer ersten Version verfügbar). Auch in der DDR wurde Projektmanagement eine Zeit lang auf die Netzplantechnik reduziert. Die weltweite Begeisterung der 60er Jahre für diese Technik hatte dort wie überall viele Versuche zur Folge. Doch die erhofften Effekte blieben aus, berichtet Wolfgang Schallehn. Schallehn promovierte schon 1970 in Leipzig über „Zufall in der Zeitplanung“. 1990 wurde er Vorstandsvorsitzender der GPM der DDR. Seit Mitte der 60er Jahre existierten trotz staatlicher Restriktionen wissenschaftliche Untersuchungen und praktische Erprobungen von Methoden (CPM, PERT, MPM etc.), entstanden aus der Initiative Einzelner. Themen waren unter anderem Ressourcenplanung, Mehrebenenmodellierung, Netzwerkkostenplanung sowie Leitungsmodelle. 1985 gelang es endlich, unter dem Dach der KdT einen zentralen Fachausschuss „Projektlenkung“ zu gründen, erinnert sich Wolfgang Schallehn. Die Bezeichnung „Projektmanagement“ habe das KdT- Präsidium nicht akzeptiert. Faktisch habe es Projektmanagement aber gegeben. Die Investitionsabteilungen der Kombinate seien nach heutigem Verständnis Fachabteilungen für Projektmanagement gewesen. Einige hundert Großprojekte mit Investitionssummen bis zu mehreren Milliarden DM seien im Lauf der Jahre in der DDR realisiert worden. Aufbau der gemeinsamen GPM Nach dem Mauerbau gab es 1967 erste Ost-West-Kontakte beim INTERNET-Kongress in Wien. Dann folgte allerdings eine weitere Durststrecke. Ab 1972 liefen die Kontakte über die „Gesamtstaatlichen Seminare für Leitung und Netzplantechnik“ in der damaligen Tschechoslowakei. Vladimira Machova von der tschechoslowakischen Ingenieurorganisation hatte es geschafft, de facto einen Projektmanagement-Kongress der Ostblockländer zu organisieren - und Roland Gutsch fand dort alljährlich die Gelegenheit, den DDR-Vertretern aktuelle Informationen und Materialien zukommen zu lassen. Nach dem Fall der Mauer verlief die Entwicklung sehr schnell: Im Januar 1990 lud die GPM zu einem Treffen nach Garmisch-Partenkirchen ein. Im Februar 1990 gründeten Wolfgang Schallehn, Ulrich Wolff und andere die GPM der DDR sowie erste Regionalgruppen in Leipzig, Weimar und Dresden mit insgesamt 80 Mitgliedern. Im Juni 1990 organisierte Roland Gutsch für rund 30 Kollegen aus den neuen Bundesländern ein Transferprogramm Projektmanagement an der Universität Bremen. Im August 1990 schließlich fand in Weimar eine gemeinsame Vorstandssitzung statt. Dort wurden die Modalitäten einer Vereinigung der beiden GPM-Gesellschaften beschlossen und dann per 31. 12. 90 vollzogen. Im Frühjahr 1992 fiel die Entscheidung, das GPM-Forum 1993 in Weimar abzuhalten. Wolfgang Schallehn resümiert: „Ich bin ganz sicher, dass alle Teilnehmer dieses Forum in bester Erinnerung haben. Die Wirkung in den neuen Bundesländern litt allerdings sehr unter der allgemeinen Tendenz, dass das Projektmanagement von den (westdeutschen) Mutterfirmen dominiert wurde, die firmenübergreifende Kontakte ihrer „Ostmitarbeiter“ mehr oder weniger rigoros unterbanden.“ Bei der GPM ist trotz der nach wie vor noch nicht befriedigenden Rahmenbedingungen in den neuen Bundesländern von einer solchen Trennung in „Ost“ und „West“ nichts mehr zu spüren. Die GPM ist heute mit fast 4.000 Mitgliedern der führende Fachverband für Projektmanagement in Deutschland. Sie kooperiert als eines der wichtigsten Mitglieder der internationalen Dachorganisation IPMA weltweit mit anderen Fachverbänden. Die Geschäftsstelle, inzwischen von München nach Nürnberg verlegt, ist mit sechs Vollzeit- und neun Teilzeitkräften besetzt. Im Juli 2004 bezieht die GPM erneut ein größeres Domizil - mit 300 Quadratmetern Fläche und erstklassiger Infrastruktur. Die Weichen für die Zukunft sind gestellt. Im abschließenden vierten Teil dieser Beitragsreihe werfen wir in der nächsten Ausgabe einen Blick auf zukünftige Entwicklungslinien im Projektmanagement. Autorin Astrid Pfeiffer, Dipl.-Politologin und zertifizierte Projektmanagement-Fachfrau (GPM/ RKW, Certificated Project Management Practitioner GPM/ IPMA), war bereits während ihres Studiums als Journalistin bei der Süddeutschen Zeitung tätig. Nach einer Weiterbildung zur Webdesignerin arbeitete sie ab 1999 journalistisch und redaktionell unter anderem für das Wirtschaftsmagazin NETinvestor, das IT-Online-Magazin silicon.de und die Zeitung Die WELT. Als Journalistin hat sie sich in den vergangenen Jahren auf Projektmanagement-, IT- und Wirtschaftsthemen spezialisiert. Seit 2001 berät und unterstützt sie außerdem Unternehmen bei der Medienarbeit. Anschrift E-Mail: astrid.pfeiffer@muenchen-mail.de projekt M A N A G E M E NT 3/ 20 0 4 aktuell