PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
pm
2941-0878
2941-0886
UVK Verlag Tübingen
31
2005
161
GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.„Führerschein“ für Projektmanager
31
2005
Oliver Steeger
Der Meisterbrief weist Handwerker aus, die Approbation den Arzt, das Diplom den Ingenieur. Und Projektmanager? Ihnen bieten sich Zertifikate an, die ihre Kompetenz nachweisen. Diese Chance sollten sie nutzen, meint Dr. Werner Dostal, Leiter der Arbeitsgruppe Berufsforschung bei der Bundesagentur für Arbeit. Die Bescheinigung kann die Position auf dem Arbeitsmarkt deutlich verbessern. Allerdings: Das Zertifikat muss stichhaltige Angaben zur Qualifikation machen - und auch zu demjenigen, der es ausstellt. „Dreh- und Angelpunkt der Zertifikate ist ihre Glaubwürdigkeit“, betont der Nürnberger Qualifikationsforscher im Gespräch mit projektMANAGEMENT aktuell. Ist der Aussteller für seine Neutralität, Objektivität und Verlässlichkeit bekannt, können Zertifikate bei der Karriereplanung sogar mehr nützen als Arbeitszeugnisse.
pm1610044
44 KARRIERE „Führerschein“für Projektmanager „Projektmanagement-ZertifikatebietenVorteileaufdemArbeitsmarkt“ OliverSteeger DerMeisterbriefweistHandwerkeraus,dieApprobationdenArzt,dasDiplomdenIngenieur.UndProjektmanager? IhnenbietensichZertifikatean,dieihreKompetenznachweisen.DieseChancesolltensienutzen,meintDr.WernerDostal,LeiterderArbeitsgruppe BerufsforschungbeiderBundesagenturfürArbeit.DieBescheinigungkanndiePosition aufdemArbeitsmarktdeutlichverbessern.Allerdings: DasZertifikatmussstichhaltige AngabenzurQualifikationmachen-undauchzudemjenigen,deresausstellt.„Dreh-und AngelpunktderZertifikateistihreGlaubwürdigkeit“,betontderNürnbergerQualifikationsforscherimGesprächmitprojektMANAGEMENTaktuell.IstderAusstellerfürseineNeutralität,ObjektivitätundVerlässlichkeitbekannt,könnenZertifikatebeiderKarriereplanung sogarmehrnützenalsArbeitszeugnisse. Ein Blick in die Stellenseiten der großen Tageszeitungen zeigt: Projektmanagement-Qualifikationen werden in der Wirtschaft immer häufiger gefordert. Das ist richtig. Projektmanagement wird zunehmend zur Schlüsselqualifikation in Arbeitsfeldern, in denen geplant wird und Innovationen generiert werden. Immer mehr Mitarbeiter sind für Projektdurchführung und Projekterfolge verantwortlich und benötigen Projektmanagement-Kenntnisse. Das Problem für die Projektmanager besteht allerdings darin, diese Kenntnisse - also Theorie und auch Erfahrungen in der Praxis - nachzuweisen … Der Beruf „Projektmanager“ ist nicht geschützt, wie das bei anderen Berufen möglich ist, beispielsweise bei Ärzten oder Handwerksmeistern. Projektmanager haben keinen einheitlichen Meisterbrief und in der Regel kein staatliches Diplom. An die Stelle dieser Dokumente treten Zertifikate sehr unterschiedlicher Herkunft, die Kompetenz nachweisen sollen. Solche Zertifikate werden beispielsweise nach einem Lehrgang oder einer Prüfung ausgestellt. Projektmanager sollten sich also um den Erwerb von Zertifikaten bemühen? Zunächst einmal um eine gute Ausbildung. Viele, die sich im Projektmanagement qualifizieren, kommen aus der Praxis. Ihr Qualifizierungsbedarf ergibt sich aus ihrer aktuellen Tätigkeit. Sie wollen Wissen vertiefen oder verbreitern. Sie reflektieren ihr Wissen, verinnerlichen es und ordnen es ein. Auch werden Lücken gefüllt. Das ist ein guter Weg. Wichtig ist nur, dass diese berufliche Weiterbildung optimal dokumentiert wird. Und das geschieht mit Zertifikaten? Zertifikate sind im Allgemeinen ein empfehlenswerter Weg, Kompetenz und Erfahrung beim Arbeitgeber nachzuweisen. Generell erhalten Zertifikate auf dem Arbeits- Dr.WernerDostal,LeiterderArbeitsgruppeBerufsforschungbeiderBundesagenturfürArbeit: „Zertifikatefür ProjektmanagererhaltenaufdemArbeitsmarkteineimmer stärkereBedeutung.“ Foto: privat aktuell projekt M A N A G E M E NT 1/ 20 0 5 45 markt eine immer stärkere Bedeutung. Das betrifft nicht nur die Zertifikate, die zum Projektmanagement ausgestellt werden. Inwiefern erhalten sie eine stärkere Bedeutung? Die Erstauswahl von Bewerbungen erfolgt nach den eingereichten Unterlagen, denen ja Zertifikate beiliegen. Personalabteilungen wollen ihre Entscheidungen absichern und auf neutrale, objektive Argumente stützen. Ein Arbeitszeugnis, das ja keine negativen Aussagen beinhalten darf, kommt dafür nur bedingt in Frage. Also stützt man sich auf Zertifikate. Manche Seminaranbieter verleihen den Titel Projektmanager schon nach dem Besuch von kurzen Seminaren … Hier ist Misstrauen angebracht! Eine Berufsbezeichnung Projektmanager sollte erst verliehen werden, wenn der Unterricht ein halbes Jahr in Vollzeit gedauert hat. Wenn aber Berufsbezeichnungen so leichtfertig vergeben werden - wie sieht es dann um die Glaubwürdigkeit der Zertifikate aus? Eine allgemeine Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Der freie Markt entscheidet über den Wert einzelner Zertifikate. Dies geht sogar so weit, dass sich der Wert einzelner Zertifikate von Unternehmen zu Unternehmen unterscheidet. Wie darf ich das verstehen? Es geht letztlich um die Frage, ob die jeweiligen Zertifikate glaubwürdig für die Personalabteilungen sind. Die Institution, die sie ausstellt, muss einen guten Ruf haben und die nötige Objektivität, Neutralität und Verlässlichkeit dokumentieren. Es kommt also nicht nur darauf an, welche Kompetenzen in dem Zertifikat bescheinigt werden - sondern auch, wer diese Bescheinigung vornimmt? Richtig. Was sollte ein Zertifikat über die Weiterbildung aussagen? Wesentliche Inhalte, Dauer der Ausbildung und Teilnehmerauswahl. Die Kompetenztiefe muss aufgezeigt werden. Eine Note sollte dokumentieren, wie gut jemand abgeschnitten hat. Was sollte es über den Anbieter aussagen? Informationen, die das Image des Ausstellers stützen: seine internationalen Kooperationen beispielsweise. Wenn das Zertifikat für die Teilnahme an einem Qualifizierungsangebot ausgestellt wird, sollte auch verzeichnet werden, ob eine dritte Instanz dieses Angebot akkreditiert hat. Diese akkreditierende Instanz müsste als Institution oder als Person über eine entsprechende Reputation verfügen. Wie gehen Unternehmen bei der Bewertung einzelner Zertifikate vor? Vorteilhaft ist es in jedem Fall, wenn der Aussteller des Zertifikats in dem Unternehmen bekannt ist und einen guten Ruf hat. Zusätzlich spielen die individuellen Erfahrungen eine Rolle, die ein Unternehmen mit Trägern dieser Zertifikate gemacht hat. Häufig ist es so, dass ein Unternehmen probeweise einen oder zwei Träger eines Zertifikats einstellt und beobachtet, wie sie sich entwickeln. Überzeugen die Leistungen, wird auch das Zertifikat gestützt. Das meine ich damit, wenn ich sage, dass der Markt den Wert der Zertifikate frei verhandelt. So sehr die Zertifikate ein Segen für Projektmanager sind: Auf den ersten Blick scheint es eher ungewöhnlich, dass man allein mit Zertifikaten die Qualifikation für verantwortungsvolle Tätigkeiten wie Projektmanagement nachweisen kann. So ungewöhnlich ist dies gar nicht. Wie gesagt, viele Berufe und berufliche Tätigkeiten sind in Deutschland ungeschützt. Ungeschützt heißt: Jeder kann diese Berufsbezeichnung benutzen. Es hat seinerzeit beispielsweise eine lange Diskussion darüber gegeben, ob die Bezeichnung Ingenieur geschützt werden soll. Man hat sie nicht geschützt, dafür aber mit Zusätzen versehen, beispielsweise mit dem Diplom. „EineBerufsbezeichnungProjektmanagersollteerst verliehenwerden,wennderUnterrichteinhalbes Jahrgedauerthat.“ Wie sind die Aussichten, dass auf ähnlichem Weg die Grenzen auch für den Beruf Projektmanager enger gezogen werden? Solche Impulse gehen entweder von Arbeitgebern, ihren Vereinigungen oder von Berufs- oder Fachverbänden aus. Hier fällt ins Gewicht, welche Bedeutung diese Verbände haben und welchen Stellenwert der Beruf für die Wirtschaft hat. In jüngerer Vergangenheit haben IT-Verbände durchgesetzt, dass eine Reihe neuer IT-Berufe als Ausbildungsberufe anerkannt und geschützt werden. Welche Funktion haben bei solchen Prozessen die Fach- und Berufsverbände? Die Rolle dieser Verbände darf man nicht unterschätzen, gleich, ob es Verbände der Industrie oder Berufs- und Fachverbände sind. Von ihnen geht häufig die Initiative aus, und sie machen auch mit Öffentlichkeitsarbeit den nötigen Druck. Zumeist sind sie es auch, die die Berufsbilder definieren. Besteht die Chance, dass Projektmanagement zu einem Ausbildungsberuf wird? Man sollte die berufliche Weiterbildung nicht unterschätzen. Viele, die sich im Projektmanagement qualifizieren, kommen aus der Praxis. Ihr Qualifizierungsbedarf ergibt sich aus ihrer aktuellen Tätigkeit. Sie wollen Wissen vertiefen oder verbreitern. In der Weiterbildung reflektieren sie ihr Wissen, verinnerlichen es und ordnen es ein. Auch werden Lücken gefüllt. Das ist ein guter Weg. Wichtig ist nur, dass diese berufliche Weiterbildung detailliert und objektiv dokumentiert wird. projekt M A N A G E M E NT 1/ 20 0 5 aktuell