eJournals PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL 16/1

PROJEKTMANAGEMENT AKTUELL
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UVK Verlag Tübingen
31
2005
161 GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V.

Nachrichten

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2005
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48฀฀ NACHRICHTEN ■ Welche Folgen haben die Internationalisierung und die zunehmende Vernetzung von Automotive-Projekten und wie kann Projektmanagement helfen, die in letzter Zeit immer problematischer gewordene Produktqualität zu verbessern? Mit diesen Fragen haben sich bereits in der Vergangenheit mehrere GPM-Expertentagungen beschäftigt, letztmals im Oktober 2003 (siehe projektMA- NAGEMENTaktuell 1/ 2004, S. 15). Das Echo auf die damals diskutierten Fragen war größer als erwartet. Grund genug für die Organisatoren Prof. Hasso Reschke und Reinhard Wagner, mit Unterstützung der GPM-Fachgruppe Automotive-PM die erfolgreiche Tagungsreihe fortzusetzen. Am 10. und 11. November 2004 trafen sich in Darmstadt erneut rund 100 Experten, um sich über neueste Trends im Automotive- Projektmanagement aus erster Hand ein Bild zu machen. Hierbei bedienten sich die Veranstalter eines besonderen Highlights, um den Erfahrungsaustausch und das Networking zwischen den Teilnehmern zu fördern: In drei interaktiven Kleingruppen wurden in Form einer „Zukunftswerkstatt“ kritische Erfolgsfaktoren und innovative Konzepte für das Automotive-PM der kommenden Jahre diskutiert. Reinhard Wagner, der diese Methode initiiert und moderiert hat, berichtet dazu auf der gegenüberliegenden Seite. Viele Anregungen erhielten die Teilnehmer auch von den 18 Fachvorträgen der Tagung, von denen hier nur einige ausgewählte Einzelaspekte vorgestellt werden können. Nach Erhebungen der Mercer Management Consulting, über die deren Principal Christian Kleinhans berichtete, wächst der Weltmarkt für Automobile in den nächsten zehn Jahren weiter um durchschnittlich zwei bis drei Prozent pro Jahr. Von diesem Wachstum profitieren in erster Linie die Zulieferer, zu denen immer mehr Wertschöpfung verlagert wird. Eine Ausnahme machen lediglich Premiummarken, wie BMW und Audi, die im Gegensatz zu den meisten Massenherstellern ihre Eigenleistung weiter steigern werden. Selbst diese Firmen verlagern aber gleichzeitig immer mehr Entwicklungsdienstleistungen an Externe. Der Grad der Vernetzung mit und zwischen den Zulieferern nimmt daher bei allen Herstellern deutlich zu. Neben bereits etablierten Zusammenarbeitsformen wie Produktions- und Systemkooperationen kommen dabei auch innovative Geschäftsmodelle zum Zuge, wie z. B. „Spin-offs“ oder „Little OEMs“. Ein Unternehmen, das mit solchen Partnernetzwerken schon reichhaltige Erfahrungen gesammelt hat, ist die Bertrandt Projektgesellschaft mbH. Nach Ansicht ihres Projektmanagers Andreas Meyer-Eggers, Preisträger beim Deutschen PM- Award 2004, nimmt die Vernetzung sowohl innerhalb der Unternehmen selbst als auch zwischen industriellen Partnern zu. Für das Funktionieren solcher Netzwerke sind drei Gesichtspunkte ausschlaggebend: ❏ Die Menschen müssen mental bereit sein (oder durch kulturelle Veränderungen bereit gemacht werden), immer mehr Verantwortung in immer weniger festen Strukturen zu übernehmen. Die Anforderungen an sie steigen sowohl im „Fact-Skill“als auch im „Soft-Skill“-Bereich. ❏ Netzwerke lassen sich nur durch Anwendung übergreifender Standardprozesse beherrschen. Geregelte Prozesse erzeugen Vertrauen bei den Beteiligten und helfen, das vorhandene Wissen für ein Projekt zu bündeln, zu pflegen und auszutauschen. ❏ Auf der technologischen Seite erfordern Netzwerke die Sicherstellung von einheitlichen und durchgängigen Kommunikations- und Prozesstools, insbesondere Enterprise-Backbone-Systeme wie SAP R/ 3, Produktdaten-Management-Systeme, CAx-Systeme und Wissensmanagementlösungen. Bestätigt und ergänzt wurden diese Aussagen in Vorträgen von Mitarbeitern von DaimlerChrysler, Hella, Autoliv und EDAG. Eine zunehmende Bedeutung gewinnt auch die Frage, wie Qualität und Zuverlässigkeit in Automotive- Projekten erhöht werden können. Dr. Hubertus Tuczek, Geschäftsführer der Dräxlmaier Group, sieht die Lösung in einem ausgefeilten Simultaneous-Engineering-Prozess. Wichtige Merkmale dieses Prozesses sind GPM-Expertentagung: ฀„Trends฀im฀Automotive-Projektmanagement“ Günter฀Kittelberger฀hat฀bei฀Bosch฀den฀Projektmanagementprozess฀auf฀Basis฀des฀EFQM฀und฀des฀CMMI฀standardisiert Foto: ฀Siegfried฀Seibert Reinhard฀Wagner฀bei฀der฀Erläuterung฀des฀Ablaufs฀der฀Zukunftswerkstatt Foto: ฀Siegfried฀Seibert aktuell projekt฀ M A N A G E M E NT ฀ 1/ 20 0 5 49฀฀ vorausschauende Planung, Simulationstechniken zum Prüfen und Optimieren der konstruktiven Entwürfe sowie die intensive Synchronisation der technischen Arbeitsinhalte zwischen Autohersteller, Systementwickler und Komponentenlieferanten. Über einen weiter gehenden Ansatz berichtete Günter Kittelberger von der Robert Bosch GmbH. Projektmanagement ist dort einer von mehreren Bausteinen des Produktentstehungssystems. Das Produktentstehungssystem wiederum ist eines von drei auf den operativen Kernprozessen (Produktentstehung, Verkauf/ Marketing und Auftragsabwicklung) aufsetzenden Systemen. In diesen Systemen sind die Bausteine nach der Gliederung der EFQM (European Foundation for Quality Management) beschrieben. Außerdem hat Bosch als eines der ersten Unternehmen in Deutschland das aus dem IT-Bereich stammende CMMI- Modell als Reifegradmodell erfolgreich auf den Automotivebereich übertragen. Was bleibt als Fazit: Tagungen wie diese erfüllen eine immer wichtigere Rolle beim Austausch aktuellen, anwendungsbezogenen PM-Knowhows. Es bleibt zu hoffen, das die Veranstalter sich zu einer Fortsetzung dieses wichtigen „GPM-Schaufensters“ für die Automobilindustrie entschließen und sich Nachahmer für weitere PM-intensive Branchen finden. Siegfried฀Seibert,฀GPM ■ Die Zukunftswerkstatt ist eine innovative Methode, um in einer Gruppe zukunftsbezogene Probleme zu analysieren und konkrete Schritte zu deren Lösung zu erarbeiten. Die Grundeinstellung: Zukunft ist gestaltbar. Dabei sollen durch die Aktivierung möglichst vieler Teilnehmer Lösungen gefunden werden, die auch wirklich umsetzbar sind. In der Zukunftswerkstatt kommen dazu unterschiedliche Moderationsmethoden zum Einsatz. Sie sollen den Dialog zwischen den Teilnehmern anregen und helfen, besonders vielfältige und kreative Lösungsansätze zu erzeugen. Während der GPM-Expertentagung in Darmstadt stand die Zukunftswerkstatt unter dem Motto: „Die Zukunft des Automotive- Projektmanagements gestalten.“ In zwei halbtägigen Workshops erarbeiteten die Teilnehmer, was den Erfolg von Automotive-Projekten in 2010 maßgeblich beeinflussen wird, wie entsprechende Lösungsansätze in diesen Handlungsfeldern aussehen könnten und wie diese umzusetzen seien. In drei Arbeitsgruppen wurden folgende Haupthandlungsfelder bearbeitet: 1. Projektmanagement in vernetzten Strukturen/ im internationalen Kontext, 2. Social Skills/ Kommunikation sowie 3. Standardisierung und Verbesserung des Automotive-Projektmanagements. Im Folgenden sollen exemplarisch die Lösungs- und Umsetzungsaspekte des dritten Handlungsfeldes zusammengefasst werden. Die Frage einer Standardisierung des Automotive-Projektmanagements wurde kontrovers diskutiert. So existiert schon jetzt eine hohe Regelungsdichte in der Automobilindustrie und „weniger ist oft mehr“. Dennoch waren sich die Teilnehmer einig, dass gerade im unternehmensübergreifenden Kontext ein Mindestmaß an Standards die Zusammenarbeit erleichtern kann. Man sollte existierende Standards (VDA 4.3, APQP etc.) vereinheitlichen und stufenweise um die Begrifflichkeiten im Automotive-Projektmanagement sowie um die wichtigsten Schnittstellen zwischen den Prozessabläufen in der Produktentstehung und dem Projektmanagement ergänzen. Projekt-Handbücher legen in unternehmensübergreifenden Automotive-Projekten den jeweils verwendeten Standard fest und geben den Beteiligten die für die Zusammenarbeit nötige Orientierung. Internetbasierte Portale können branchen- und projektspezifische Hilfsmittel (Programme, Formblätter, Checklisten etc.) zur Verfügung stellen und erleichtern so die Herausbildung von Standards. Unternehmensintern existiert eine Vielzahl von individuellen PM-Standards. Weit verbreitet sind Handbücher, Checklisten, Formulare und Verfahrensanweisungen für die Abläufe und die verschiedenen Rollen im Projektmanagement. Darüber hinaus haben die Teilnehmer im Workshop auch über positive Erfahrungen von Moderatoren-Netzwerken berichtet, die das PM-Know-how formell wie informell weiterentwickeln. Auch kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP) helfen, das Projektmanagement schrittweise an die veränderten Umfeldbedingungen anzupassen. Dynamisch bedeutet hier vor allem, das Projektmanagement an jedem „Gateway“ zu bewerten und entsprechende Optimierungsmöglichkeiten direkt (elektronisch unterstützt) in die jeweiligen Dokumente einzupflegen. Mit Reifegradmodellen, wie z. B. dem CMMI- Modell des SEI bzw. dem „Project Excellence“-Modell der GPM, könnte man die „Reife“ eines Unternehmens in der Anwendung von Projektmanagement feststellen und entsprechende Entwicklungsmaßnahmen (bis hin zur Zertifizierung der Projektmanager) einleiten. In der Automobilindustrie herrscht Nachholbedarf bei der Standardisierung des Projektmanagements. Automobilhersteller und große Zulieferer entwickeln ihre eigenen, unternehmensinternen Standards, eine übergreifende Initiative ist aber noch nicht erkennbar. Die Teilnehmer der Zukunftswerkstatt haben großes Interesse an einer weiteren Vertiefung des Themas gezeigt. Deshalb wird die Fachgruppe „Automotive-Projektmanagement“ der GPM dieses Thema aufgreifen, die Interessen der Branchenvertreter in einem Projekt ab Anfang 2005 bündeln und konkrete Empfehlungen erarbeiten. Interessenten können sich dazu gerne beim Verfasser melden. Reinhard฀Wagner, Euro-Engineering,฀ reinhard.wagner @euro-engineering.de Blick฀in฀die฀Darmstädter฀Zukunftswerkstatt: ฀Standardisierung฀im฀Automotive-PM projekt฀ M A N A G E M E NT ฀ 1/ 20 0 5 aktuell 53฀฀ Prolog Projektmanagement Georgstraße 76 · 26349 Jaderberg Telefon 0 44 54/ 82 21 · Telefax 0 44 54/ 5 32 www.prolog.de E-Mail info@prolog.de ■ Am 10. 9. 2004 diskutierten auf einer Veranstaltung der GPM-Fachgruppe „Projektvergleichstechnik“ in München zehn Fachleute über Lösungen der Datensammlung für Projektvergleiche in Unternehmen, die wiederholt ähnliche Projekte durchführen. Wenn im Projektmanagement quantitative Beurteilungen der Projektabwicklung als Ganzes erwünscht sind - z. B. bei der Zieldimensionierung und der abschließenden Ermittlung des Grades der Zielerreichung -, sind die Objektivität, Schnelligkeit und Kostengünstigkeit von Projektvergleichen als Beurteilungsverfahren unübertroffen. Ein besonderer Vorzug ist, dass Projektvergleiche auch die relative Effizienz der Projektabwicklung zeigen. Jedes Unternehmen kann sich mit wenig Aufwand für Projektvergleiche eine eigene Erfahrungsdatenbasis einrichten, die ganz den eigenen Bedürfnissen entspricht. Die Veranstaltung trug solche Bedürfnisse und Erfahrungen zusammen und zeigte einfache Lösungswege. Voraussetzung einer eigenen Erfahrungsdatei ist, dass das Unternehmen untereinander ähnliche Projekte durchführt und projekttypische Daten verwendet, z. B. Projektdauer und -kosten, idealerweise auch Qualität und Wirtschaftlichkeit der Objekte sowie Plan- und Istdaten. Einige Schlüsseldaten einer Reihe bisheriger Projekte müssen sich annähernd noch feststellen oder schätzen lassen. Aber welche Projektdaten sind wichtig und archivierungswürdig? Gibt es eine allgemeine Erfahrungsdatenstruktur für Projekte? Wie macht man die abgelegten, ungeordneten Daten bisheriger Projekte nutzbar? Welchen Aufwand verursacht die Bewertung? Was muss bei der Einrichtung einer Erfahrungsdatei beachtet werden? Große Hilfe bei diesen Fragen bietet das kostenlose Excel-Tool COM- PAR der GPM-Fachgruppe Projektvergleichstechnik, weil die Schlüsseldaten einer Projektabwicklung dort bereits vorgesehen und erläutert sind - in der Fachsprache sind es Basismerkmale, Kontrollmerkmale, Projektparameter und Zielgewichte. Diese Schlüsseldaten können flexibel in jedem Unternehmen nach eigenen Bedürfnissen definiert und ausgestaltet werden und bilden den Kern der Erfahrungsdatei. Beim Projektabschluss genügt dann eine einzige Arbeitsstunde, um die wenigen wichtigen Daten - etwa 20 - festzuhalten. COMPAR bietet aber auch genug freie Excel-Spalten, um zusätzliche Hilfsdaten aufzunehmen. Das können z. B. Kalenderdaten, Referenzdaten, Indices oder umzurechnende Nominaldaten sein. Eine Checkliste für Hilfsdaten und eine dazu passende Spalteneinteilung wurden auf dem Fachgruppentreffen vorgestellt. Die Archivierung der Schlüssel- und Hilfsdaten und der rechnerische Projektvergleich finden dann in einem einzigen Excel-Blatt statt, was den Aufbau und die dauerhafte Nutzung der Erfahrungsdatei erleichtert und beschleunigt. Die notwendige Ähnlichkeit der verglichenen Projekte führt nicht zu nennenswerten Schwierigkeiten, weil sie sich aus der Anwendung gleicher Projektparameter praktisch von selbst ergibt. Die ersten Erfahrungsdaten bisheriger Projekte sollten durch eine einzige, projektvertraute Person erfasst werden, die im Unternehmen die oft verstreuten Datenquellen aufspürt, die Daten zusammenträgt, bei Bedarf vereinheitlicht, fehlende Werte schätzt und die ersten Berechnungen ausführt. Dadurch werden schnell die notwendige Vergleichbarkeit der Daten und der wünschenswerte Dateiumfang von mindestens 30 Projekten erreicht. Für die erstmalige Einarbeitung einer Person in COMPAR wurden ein bis zwei Wochen Zeitbedarf genannt. Dabei kann man sich studienhalber zunächst auf ein erstes Projektsample von 5 bis 10 früheren Projekten beschränken, deren Schlüsseldaten in wenigen Tagen zusammengetragen werden können. Der Zeitbedarf späterer Routinevergleiche beträgt nur wenige Stunden und ist unabhängig von der vergrößerten Anzahl der Projekte. Erfahrungsdateien in COMPAR liefern quantitative Bewertungen der Schwere und Einhaltung von Kosten, Termin, Objekt, Qualität, Ablauf, Leistung sowie die zusammenfassende Projektgüte. Dabei bezeichnet die „Schwere“ ein Maß des Schwierigkeitsgrades und ergibt sich aus der COMPAR-Rechnung. Diese Bewertungen der Zielerreichung lassen sich überschneidungsfrei ergänzen durch Analysen der Projektmanagement- Ausprägung - z. B. mit PM DELTA compact -, die zusätzliche Anhaltspunkte für etwaige strukturelle Gründe des besseren oder schlechteren Abschneidens einzelner Gruppen von Projekten der Erfahrungsdatei liefern können. Für das Jahr 2005 wurde eine weitere Veranstaltung der GPM-Fachgruppe ins Auge gefasst. Neue Interessenten können sich per E-Mail vormerken lassen unter „projektvergleichstechnik@GPM-IPMA.de“. Informationen zur Fachgruppe enthält auch die GPM-Homepage unter www.gpm-ipma.de. Erwin฀v.฀Wasielewski Lösungen฀der฀Datensammlung฀für฀Projektvergleiche Projektkosten x x x x Sachumfang des Projekts Beispiel eines Projektvergleichs projekt฀ M A N A G E M E NT ฀ 1/ 20 0 5 aktuell